Allgemeine Zeitung, Nr. 15, 16. Januar 1924.Allgemeine Zeitung Nr. 15 Mittwoch, den 16. Januar 1924. [Spaltenumbruch]
MÜNCHENER STADTZEITUNG Die Zukunft des Fremdenverkehrs In der Dienstagstadtratsitzung machte rk. St. Die Pensionen sind fast leer Im Hochland war der Verkehr an den Weih- Wir müssen zu einer pfleglichen Behandlung Wir müssen von den maßgebenden Stellen Der Referent beantragte, sich mit diesen Aus- In der Aussprache erklärte St. R. Weiß St. R. Nußbaum (V. S. P.) bestätigte die Bürgermeister Schmid erinnerte daran, daß St. R. Dr. Jodlbauer (liberale Bürgerpar- Bürgermeister Dr. Küfner hob der Be- Die Anträge der Referenten wurden einstim- Ein alter Zopf. Ein Dringlichkeitsantrag der Wenn Rapporte unumgänglich nötig sind, muß Der Antrag ging an den Werkausschuß. Konzertverein München Die am 15. Januar abgehaltene ordent- Die künstlerische Tätigkeit des Vereins in der Von besonderer Bedeutung für die Zukunft ist Ministerialdirektor Dr. Attinger +. Dr. Johann Attinger, Ministerialdirek- Ministerialdirektor Attinger stammt aus Augs- Zusammenschluß der Kleinaktionäre. Die kom- Der Mieterschutzverband München und Umgebung hat seine Beziehungen zu Rechtsanwalt A. Ludwig Ueberdruckgeldscheine bleiben gültig. Entgegen den Ehrlicher Finder gesucht! Der Direktor der 1. Ausweis für meine Tätigkeit als stellv. Lan- Vor Mißbrauch der Papiere wird gewarnt. Kleine Zeitung Geboren: Karl Hermann (S.); Siegfried Verlobt: Martin Schlesinger und Lise Vermählt: Victor Graf v. Schlieben und Gestorben: Clara Weber geb. Kirch; Gärt- Unfall. Das Auto, in dem heute vormittag die Frostsalbe ist keine Butter. Ein Landwirt, der Verhaftung eines ehemaligen Kommunisten Nach Schluß der gestern im Löwenbräukeller Diese Verhaftung beweist wieder einmal, wie [Spaltenumbruch] Der Meister des jüngsten Tages 15 "So gehen Sie doch! Um Gottes willen, ver- Es war zu spät, um zu gehen. Jetzt war es Hinter ihm kam Dinas Bruder zum Vorschein, Ich sah ihm ins Gesicht, -- wie ähnlich er in "Sie sind noch da?" sagte er mit einer eiskalten 8. Ich hatte mich gefaßt. Es war mir in dem Doktor Gorski machte den Versuch, das, was "Felix!" mahnte er und wies mit einer beschwö- "Es ist am besten so, Doktor, wozu die Sache Er nannte mich -- gegen seine sonstige Ge- Aber Felix hielt ihn zurück. "Ich bitte Sie, zu bleiben, Doktor," sagte er. Doktor Gorski schien den Sinn dieser Be- Ich sah und beobachtete das alles mit einem rein "Viel Zeit wird uns leider nicht bleiben," be- "Darin begegnen sich unsere Wünsche," sagte Doktor Gorski rückte unruhig auf seiner "Solgrub und Doktor Gorski sind meine Ich fuhr zusammen. Darauf war ich nicht vor- "Ich war, als ich Ihnen diese Unterredung er- "Zurückzunehmen? Wozu das, Herr Rittmei- "Habe ich das so zu verstehen, daß Ihre Schwe- "Gewiß, Herr Rittmeister." "Dann bitte ich Sie, fortzufahren." Ueber seine Lippen glitt ein knabenhaft selbst- Allgemeine Zeitung Nr. 15 Mittwoch, den 16. Januar 1924. [Spaltenumbruch]
MÜNCHENER STADTZEITUNG Die Zukunft des Fremdenverkehrs In der Dienstagſtadtratſitzung machte rk. St. Die Penſionen ſind faſt leer Im Hochland war der Verkehr an den Weih- Wir müſſen zu einer pfleglichen Behandlung Wir müſſen von den maßgebenden Stellen Der Referent beantragte, ſich mit dieſen Aus- In der Ausſprache erklärte St. R. Weiß St. R. Nußbaum (V. S. P.) beſtätigte die Bürgermeiſter Schmid erinnerte daran, daß St. R. Dr. Jodlbauer (liberale Bürgerpar- Bürgermeiſter Dr. Küfner hob der Be- Die Anträge der Referenten wurden einſtim- Ein alter Zopf. Ein Dringlichkeitsantrag der Wenn Rapporte unumgänglich nötig ſind, muß Der Antrag ging an den Werkausſchuß. Konzertverein München Die am 15. Januar abgehaltene ordent- Die künſtleriſche Tätigkeit des Vereins in der Von beſonderer Bedeutung für die Zukunft iſt Miniſterialdirektor Dr. Attinger †. Dr. Johann Attinger, Miniſterialdirek- Miniſterialdirektor Attinger ſtammt aus Augs- Zuſammenſchluß der Kleinaktionäre. Die kom- Der Mieterſchutzverband München und Umgebung hat ſeine Beziehungen zu Rechtsanwalt A. Ludwig Ueberdruckgeldſcheine bleiben gültig. Entgegen den Ehrlicher Finder geſucht! Der Direktor der 1. Ausweis für meine Tätigkeit als ſtellv. Lan- Vor Mißbrauch der Papiere wird gewarnt. Kleine Zeitung Geboren: Karl Hermann (S.); Siegfried Verlobt: Martin Schleſinger und Liſe Vermählt: Victor Graf v. Schlieben und Geſtorben: Clara Weber geb. Kirch; Gärt- Unfall. Das Auto, in dem heute vormittag die Froſtſalbe iſt keine Butter. Ein Landwirt, der Verhaftung eines ehemaligen Kommuniſten Nach Schluß der geſtern im Löwenbräukeller Dieſe Verhaftung beweiſt wieder einmal, wie [Spaltenumbruch] Der Meiſter des jüngſten Tages 15 „So gehen Sie doch! Um Gottes willen, ver- Es war zu ſpät, um zu gehen. Jetzt war es Hinter ihm kam Dinas Bruder zum Vorſchein, Ich ſah ihm ins Geſicht, — wie ähnlich er in „Sie ſind noch da?“ ſagte er mit einer eiskalten 8. Ich hatte mich gefaßt. Es war mir in dem Doktor Gorski machte den Verſuch, das, was „Felix!“ mahnte er und wies mit einer beſchwö- „Es iſt am beſten ſo, Doktor, wozu die Sache Er nannte mich — gegen ſeine ſonſtige Ge- Aber Felix hielt ihn zurück. „Ich bitte Sie, zu bleiben, Doktor,“ ſagte er. Doktor Gorski ſchien den Sinn dieſer Be- Ich ſah und beobachtete das alles mit einem rein „Viel Zeit wird uns leider nicht bleiben,“ be- „Darin begegnen ſich unſere Wünſche,“ ſagte Doktor Gorski rückte unruhig auf ſeiner „Solgrub und Doktor Gorski ſind meine Ich fuhr zuſammen. Darauf war ich nicht vor- „Ich war, als ich Ihnen dieſe Unterredung er- „Zurückzunehmen? Wozu das, Herr Rittmei- „Habe ich das ſo zu verſtehen, daß Ihre Schwe- „Gewiß, Herr Rittmeiſter.“ „Dann bitte ich Sie, fortzufahren.“ Ueber ſeine Lippen glitt ein knabenhaft ſelbſt- <TEI> <text> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <pb facs="#f0004" n="4"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Allgemeine Zeitung</hi> Nr. 15 Mittwoch, den 16. Januar 1924.</fw><lb/> <cb/> </div> </div> </div> </div> <div type="jLocal" n="1"> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">MÜNCHENER STADTZEITUNG</hi> </hi> </hi> </head><lb/> <div type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Zukunft<lb/> des Fremdenverkehrs</hi> </head><lb/> <p>In der Dienstagſtadtratſitzung machte rk. St.<lb/> R. Dr. <hi rendition="#g">Konrad</hi> bemerkenswerte Mitteilungen<lb/> über die <hi rendition="#g">Gefährdung des Fremden-<lb/> verkehrs</hi> in München und im bayeriſchen<lb/> Hochland. Der Zeitpunkt, wo München und das<lb/> Hochland um ihre Stellung im Fremdenverkehr<lb/> ſchwer ringen müſſen, ſcheint nahe zu ſein. Schon<lb/> in der abgelaufenen Fremdenſaiſon machten ſich<lb/> Anzeichen für eine <hi rendition="#g">Abwanderung des<lb/> Fremdenverkehrs</hi> in andere Gebiete be-<lb/> merkbar. Nun ſind die Valutaſchranken gefallen<lb/> und die Konkurrenz der ausländiſchen Fremden-<lb/> verkehrsgebiete macht ſich jetzt ſchon ſtark geltend.<lb/> Die kommenden Monate werden eine kritiſche<lb/> Situation bringen.</p><lb/> <p><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Die Penſionen ſind faſt leer</hi></hi><lb/> nur Dauermieter der Hotels in der Nähe des<lb/> Bahnhofes ſind leidlich beſetzt, aber nur von<lb/> Durchgangsreiſenden, die vielleicht <hi rendition="#g">eine</hi> Nacht<lb/> bleiben, in der inneren Stadt ſind die Ho-<lb/> tels ſchlecht beſetzt und es zeigt ſich bereits die<lb/> Umwandlung von Fremdenzimmern in Büros.<lb/><hi rendition="#g">Die Zahl der Ausländer iſt ſehr ge-<lb/> ring geworden</hi>.</p><lb/> <p>Im Hochland war der Verkehr an den Weih-<lb/> nachtsfeiertagen etwas beſſer, bei weitem aber<lb/> nicht ſo wie im Vorjahr. Das gibt zu denken,<lb/> auch wenn man zugibt, daß die Entwicklung ge-<lb/> wiſſermaßen zwangsläufig iſt, vielleicht auch nur<lb/> vorübergehend in dem Maß ungünſtig. Da aber<lb/> dem Fremdenverkehr doch große Gefahren er-<lb/> wachſen können, iſt es notwendig, rechtzeitig Vor-<lb/> kehrungen zu treffen. Alle maßgebenden Stellen<lb/> und Behörden müſſen von der üblichen rein ge-<lb/> fühlsmäßigen Beurteilung des Fremdenverkehrs<lb/> ſich frei machen und zu einer objektiven Wür-<lb/> digung des Fremdenverkehrs und ſeiner wirt-<lb/> ſchaftlichen Bedeutung zurückkehren. Damit muß<lb/> eine vernünftige Fremdenverkehrspolitik Platz<lb/> greifen, welche die Wichtigkeit des Fremdenver-<lb/> kehrs für München und das Oberland richtig<lb/> einſchätzt. Notwendig iſt vor allem auch die<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Beſeitigung der künſtlichen Hemmniſſe</hi></hi><lb/> und die Wiederauſrichtung eines Fremdenver-<lb/> kehrs, wie er vor dem Kriege beſtand, Beſeiti-<lb/> gung namentlich der Hinderniſſe, die Bayern eine<lb/> Sonderſtellung gegenüber dem ganzen übrigen<lb/> Reich gegeben haben, ob dieſe Hemmniſſe nun<lb/> polizeilicher oder fiskaliſcher Natur ſind.</p><lb/> <p>Wir müſſen zu einer pfleglichen Behandlung<lb/> des Fremdenverkehrs auch auf anderen Gebieten<lb/> zurückkehren, insbeſondere auch hinſichtlich des<lb/> Bahn- und Poſtverkehrs, der Fahrplangeſtaltung<lb/> uſw. Der Fahrplanreferent und Vizepräſident<lb/> der Handelskammer Kommerzienrat S. <hi rendition="#g">Frän-<lb/> kel</hi> hat in der „Frf. Ztg.“ über die <hi rendition="#g">Ausge-<lb/> ſtaltung des internationalen<lb/> Durchgangsverkehrs</hi> ſich geäußert und<lb/> dabei klar dargelegt, wie wenig die Geſtaltung<lb/> dieſer Fahrpläne einer planmäßigen Ausnützung<lb/> unſerer günſtigen zentralen Lage in Mitteleuro-<lb/> pa, namentlich ſoweit München in Betracht<lb/> kommt, Rechnung trägt. Auf den großen Linien,<lb/> deren natürlicher Schnittpunkt München iſt, als<lb/> den natürlich gegebenen feſten Verkehrsverbin-<lb/> dungen iſt der Verkehr im Nachlaſſen. Er iſt<lb/> abgewandert, z. T. auf andere innerdeutſche Li-<lb/> nien, zum großen Teil auf außerdeutſche Linien,<lb/> Oeſterreich und der Schweiz. Beſonders ſtief-<lb/> mütterlich wird die Brennerlinie behandelt, die<lb/> von jeher für München von beſonderer Bedeu-<lb/> ttung war.</p><lb/> <p>Wir müſſen von den maßgebenden Stellen<lb/> mit Nachdruck Abhilfe verlangen, in erſter Linie<lb/> von der Zweigſtelle Bayern des Reichsverkehrs-<lb/> miniſteriums. Was die anderen Dinge anlangt,<lb/> ſo iſt die <hi rendition="#g">Wohnſteuer für die Aus-<lb/> länder</hi> auf die einfachen Sätze abgebaut, die<lb/> Theater haben ihre Differenzierung aufgehoben,<lb/> die Aufenthaltsgebühren ſind ermäßigt und wer-<lb/> den neu geregelt. Aber immer noch beſteht der<lb/> Zwang für den in München übernachtenden Aus-<lb/><cb/> länder, ſich der <hi rendition="#g">Polizei vorzuſtellen,</hi><lb/> noch immer finden die beſonderen Kontrollen in<lb/> den Hotels ſtatt. Alle dieſe Dinge müſſen fallen<lb/> und können auch fallen. Denn je ſtärker der<lb/> Fremdenverkehr aus natürlichen Gründen zurück-<lb/> geht, deſto notwendiger iſt eine Beſeitigung der<lb/> künſtlichen Hinderniſſe, die im übrigen deutſchen<lb/> Wirtſchaftsgetriebe nicht beſtehen.</p><lb/> <p>Der Referent beantragte, ſich mit dieſen Aus-<lb/> führungen einverſtanden zu erklären und das Re-<lb/> ferat zu ermächtigen, im Sinne der Fränkelſchen<lb/> Anregungen Antrag dahin zu ſtellen, daß alle<lb/> Verkehrseinſchränkungen und -unſtimmigkeiten<lb/> beſeitigt werden, daß die guten Verbindungen<lb/> — auch über den Brenner wieder hergeſtellt wer-<lb/> den, daß namentlich <hi rendition="#g">die nur für Bayern<lb/> giltigen Beſchränkungen fallen</hi> und<lb/> beſonders der polizeiliche Vorſtellzwang für über-<lb/> nachtende Ausländer wegkommt.</p><lb/> <p>In der <hi rendition="#g">Ausſprache</hi> erklärte St. R. <hi rendition="#g">Weiß</hi><lb/> (D. D. P.) Zuſtimmung. Die Erwerbskreiſe jam-<lb/> mern bereits über die Verſchlechterung der Ver-<lb/> hältniſſe. Der demokratiſche Sprecher regte an,<lb/> den ſtarken Paßverkehr nach Tirol und Salzburg<lb/> zu erleichtern oder doch die Handhabung der<lb/> Paßvorſchriften beim Uebergang entgegenkom-<lb/> mender zu geſtalten; von einem lebhafteren Wech-<lb/> ſelverkehr würden auch unſere bayeriſchen Grenz-<lb/> orte Vorteil ziehen.</p><lb/> <p>St. R. <hi rendition="#g">Nußbaum</hi> (V. S. P.) beſtätigte die<lb/> Klagen der Hotelbeſitzer und betonte, die Haupt-<lb/> ſchuld liege an der allgemeinen Politik in Bay-<lb/> ern. Solange Fremde Gefahr laufen, hier wieder<lb/> behandelt zu werden, wie es erſt jüngſt wieder<lb/> einem angeſehenen chriſtlichen Geſchäftsmann aus<lb/> Ungarn widerfuhr, bleiben ſie eben mehr und<lb/> mehr aus.</p><lb/> <p>Bürgermeiſter <hi rendition="#g">Schmid</hi> erinnerte daran, daß<lb/> Herr Fränkl ſelbſt das Opfer eines Ueberfalls<lb/> war.</p><lb/> <p>St. R. Dr. <hi rendition="#g">Jodlbauer</hi> (liberale Bürgerpar-<lb/> tei) betonte, daß noch andere Faktoren am Rück-<lb/> gang des Fremdenverkehrs mitwirken, vor allem<lb/> die volkswirtſchaftlich elemenente Umgeſtaltung<lb/> unſerer Währung. Die Ueberanloriſierung hat<lb/> eine Ablenkung des innerdeutſchen Verkehrs nach<lb/> dem Süden, nach der Schweiz und Italien zur<lb/> Folge. Wir brauchen daher eine Herabſetzung<lb/> des algemeinen Preisniveaus.</p><lb/> <p>Bürgermeiſter Dr. <hi rendition="#g">Küfner</hi> hob der Be-<lb/> deutung des Fremdenverkehrs für die aktive<lb/> Geſtaltung der Zahlungsbilanz (Import von<lb/> fremdem Geld als Erſatz für den Export von<lb/> Waren hervor, ſowie die Notwendigkeit einer<lb/> einheitlichen Stellungnahme aller Kreiſe zur<lb/> Fremdenverkehrsfrage.</p><lb/> <p>Die Anträge der Referenten wurden einſtim-<lb/> mig angenommen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Ein alter Zopf.</hi> </head><lb/> <p>Ein Dringlichkeitsantrag der<lb/> D. D. P. verlangt vom Stadtrat, den Aemtern<lb/> und Werken der Stadtgemeinde den Auftrag zu<lb/> urteilen, Beamte, Angeſtellte und Arbeiter an<lb/> ihren dienſtfreien Tagen oder Zeiten mit Vor-<lb/> ſtellungen und Rapporten, wie ſie beſonders bei<lb/> der ſtädtiſchen Straßenbahn gegen das Fahrper-<lb/> ſonal zur Unſitte geworden ſind, in Zukunft<lb/> zu verſchonen.</p><lb/> <p>Wenn Rapporte unumgänglich nötig ſind, muß<lb/> eine Ablöſung vom Dienſt möglich ſein, damit<lb/> verhindert wird, daß der Gerufene ſeinen frei-<lb/> en Tag der ſehr oft an Stelle des Sonntags<lb/> trifft, einbüßt.</p><lb/> <p>Der Antrag ging an den Werkausſchuß.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Konzertverein München</hi> </head><lb/> <p>Die am 15. Januar abgehaltene <hi rendition="#g">ordent-<lb/> liche Mitglieder-Verſammlung</hi> des<lb/> Konzertvereins München, eröffnete für die Zu-<lb/> kunſt des Vereins in finanzieller, künſtleriſcher<lb/> und organiſatoriſcher Hinſicht erfreuliche Ausſich-<lb/> ten. Zwar iſt — wie ja auch bei anderen Organi-<lb/> ſationen ähnlicher Art — der Mitgliederſtand<lb/> unter den mannigfachen ungünſtigen Einwirkun-<lb/> gen der letzten Jahre erheblich geſunken; aber die<lb/> bange <hi rendition="#g">Sorge um die Exiſtenz</hi> des Vereins<lb/><cb/> überhaupt erſcheint endlich <hi rendition="#g">gebannt</hi> dank tat-<lb/> kräftiger Hilfe der Stadt und des Staatsmini-<lb/> ſteriums.</p><lb/> <p>Die künſtleriſche Tätigkeit des Vereins in der<lb/> zwei Jahre umfaſſenden Berichtszeit iſt bekannt;<lb/> ſchwer empfunden dürfte der Rücktritt des lang-<lb/> jährigen Schatzmeiſters Kommerzienrates <hi rendition="#g">Büh-<lb/> ler</hi> werden.</p><lb/> <p>Von beſonderer Bedeutung für die Zukunft iſt<lb/> ein <hi rendition="#g">Vertrag mit dem Staatsminiſte-<lb/> rium</hi> für Unterricht und Kultus vom 4. Januar<lb/> die den Verein hinſichtlich der künſtleriſchen und<lb/> wirtſchaftlichen Betriebsführung einer gewiſſen<lb/> Kontrolle dieſer Behörde unterſtellt und u. a.<lb/> auch den koſtenloſen <hi rendition="#g">aushilfsweiſen</hi> Aus-<lb/> tauſch von Muſikern des Vereins und der<lb/> Staatstheater vorſieht. Eine Neuerung in den<lb/> Statuten ſtellt ferner die Beiziehungsmöglich-<lb/> keit des Betriebsrates zu den Sitzungen der<lb/> Vereinsorgane dar, ſofern Angelegenheiten der<lb/> Orcheſtermitglieder zur Beratung ſtehen. Eine<lb/> gewiſſe Schwerfälligkeit bei der Behandlung wei-<lb/> tterer Satzungsänderungen trat inſoferne zutage,<lb/> als man ſich nicht entſchließen konnte, den ſoge-<lb/> nannten „<hi rendition="#g">Vorſtandsrat</hi>“ zu eliminieren. Ob<lb/> ein weiterer, nicht durchgedrungener Antrag, an<lb/> die Spitze des Muſikausſchuſſes nicht den erſten<lb/> Kapellmeiſter, ſondern eine neutrale und weniger<lb/> exponierte Perſönlichkeit zu ſtellen, im Grunde<lb/> nicht manches für ſich gehabt hätte, mag dahin<lb/> geſtellt bleiben. Im übrigen dürfte die Zuſam-<lb/> menſetzung dieſes Ausſchuſſes, der ſich außer dem<lb/> Präſidenten Dr. von Hausegger, dem General-<lb/> muſikdirektor Knappertsbuſch und dem Rechts-<lb/> rat Dr. Kronenberger aus den Vorſtänden der<lb/> Konzert- und Chorgeſellſchaften und des Lehrer-<lb/> geſangvereins bildet, einige Gewähr für die Ar-<lb/> beit des Vereins bieten, umſomehr, als auch die<lb/> Beſetzung des eigentlichen Vorſtandes — mit dem<lb/> Herren Prof. Dr. Fiſcher, Dr. von Hausegger,<lb/> Rechtsrat Hörburger, Stadtrat Mauerer, Bür-<lb/> germeiſter Schmid, Geheimrat Dr. Schulmann,<lb/> Dr. Wamsler und Kommerzienrat Zentz — glück-<lb/> lich erſcheint.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Miniſterialdirektor Dr. Attinger †.</hi> </head><lb/> <p>Dr. <hi rendition="#g">Johann Attinger,</hi> Miniſterialdirek-<lb/> tor beim Staatsminiſterium für Landwirtſchaft<lb/> iſt heute, nachdem er ſich im Krankenhaus Nym-<lb/> phenburg einer Operation unterziehen mußte. im<lb/> 57. Lebensjahre an Herzlähmung plötzlich ge-<lb/> ſtorben.</p><lb/> <p>Miniſterialdirektor Attinger ſtammt aus Augs-<lb/> burg und widmete ich dem Studium der Vete-<lb/> rinärwiſſenſchaft. Am 1. April 1920 wurde er<lb/> zum Miniſterialdirektor befördert. Im Weltkrieg<lb/> war Dr. Attinger vom Januar 1915 bis Januar<lb/> 1916 als Oberſtabsveterinär beim Generalkom-<lb/> mando J. A. K. tätig. Jm Januar 1916 wurde<lb/> er nach München berufen, um die bayeriſche<lb/> Fleiſchverſorgung zu leiten. Miniſterialdirektor<lb/> Dr. Attinger hat ſich um die Hebung der Vieh-<lb/> zucht in Bayern große Verdienſte erworben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Zuſammenſchluß der Kleinaktionäre.</hi> </head><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">kom-<lb/> mende Zuſammenlegung</hi> der Aktien<lb/> zwecks Umſtellung des Papierkapitals auf Gold-<lb/> mark bedeutet für die meiſten Kleinaktionäre den<lb/><hi rendition="#g">Verluſt des Vermögens</hi>. Nur in den<lb/> ſeltenſten Fällen wird der Kleinaktionär ſoviel<lb/> Aktien beſitzen, daß er für dieſe Goldmarkaktien<lb/> erhält. Er muß alſo ſeine Aktien um einen Spott-<lb/> preis hergeben Auch der Beſuch der Generalver-<lb/> ſammlungen zur Wahrung ſeiner Intereſſen iſt<lb/> unmöglich. Dies will für ihn die Kleinaktionär-<lb/> Vereinigung beſorgen. Anmeldungen nimmt ent-<lb/> gegen der vorläufige Vorſitzende Rechtsanwalt<lb/> Dr. rer. pol. Theilhaber, Promenadeplatz 10/2.<lb/> Weitere Mitteilungen erfolgen durch Inſerat.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Mieterſchutzverband München und Umgebung</hi> </head><lb/> <p>hat ſeine Beziehungen zu Rechtsanwalt A. <hi rendition="#g">Ludwig</hi><lb/> gelöſt. Als neuer Syndikus des Verbandes iſt Rechts-<lb/> anwalt <hi rendition="#aq">Dr.</hi> L. <hi rendition="#g">Beuario</hi> beſtellt. Die Vorſtands-<lb/> geſchäfte leitet der 2. Vorſitzende, Herr G. <hi rendition="#g">Spitz</hi>.<lb/> Rechtsauskünfte und Übernahme koſtenloſer Ver-<lb/> tretungen in Mietſtreitſachen in <hi rendition="#g">der Geſchäfts-<lb/> ſtelle: Gewerkſchaftshaus, Zimmer</hi> 26/1.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Ueberdruckgeldſcheine bleiben gültig.</hi> </head><lb/> <p>Entgegen den<lb/> ſeit einigen Tagen verbreiteten Gerüchten, daß die<lb/><cb/> Ueberdruckgeldſcheine aufgerufen und keine vollgültigen<lb/> Zahlungsmittel mehr ſeien, wird ausdrücklich darauf<lb/> hingewieſen, daß das Ueberdruckgeld nach wie vor<lb/> gültig bleibt. Bis auf weiteres iſt jedermann ver-<lb/> pflichtet, Ueberdruckſcheine in Zahlung zu nehmen,<lb/> oder er ſetzt ſich allen Unannehmlichkeiten aus, die<lb/> mit der Zurückweiſung eines geſetzlichen Zahlungs-<lb/> mittels verbunden ſind.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Ehrlicher Finder geſucht!</hi> </head><lb/> <p>Der Direktor der<lb/> Kreisleitung der Techniſchen Nothilfe Major a. D.<lb/> Max <hi rendition="#g">Pflaumer</hi> hat am 11. Januar 1924 zwi-<lb/> ſchen 4.50 nachm. und 5.05 nachm. auf dem Wege<lb/> Schützenſtraße 12, Trambahnhalteſtelle Bahnhof<lb/> bis Auguſtenſtraße 3 ſeine Brieftaſche mit nach-<lb/> ſtehendem Inhalt verloren:</p><lb/> <p>1. Ausweis für meine Tätigkeit als ſtellv. Lan-<lb/> desleiter der Techniſchen Nothilfe Bayern mit<lb/> Stempel des bayeriſchen Staatsminiſteriums des<lb/> Innern und der Unterſchrift „Schweyer“. 2. Aus-<lb/> weis als Kreisleiter der Techniſchen Nothilfe Mün-<lb/> chen mit Lichtbild, Stempel der Landesleitung der<lb/> T.R.B. und der Unterſchrift „Koch“. Beide auf<lb/> graue Leinwand aufgezogen. 3. Gelber Führer-<lb/> ausweis des Notbannes München.</p><lb/> <p>Vor Mißbrauch der Papiere wird gewarnt.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Kleine Zeitung</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Geboren:</hi> </head><lb/> <p>Karl <hi rendition="#g">Hermann</hi> (S.); Siegfried<lb/><hi rendition="#g">Pories</hi> (T.).</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Verlobt:</hi> </head><lb/> <p>Martin <hi rendition="#g">Schleſinger</hi> und Liſe<lb/><hi rendition="#g">Gerſtle;</hi> Dentiſt Alois <hi rendition="#g">Rupp</hi> und Annie<lb/><hi rendition="#g">Gleißner</hi>.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Vermählt:</hi> </head><lb/> <p>Victor Graf v. <hi rendition="#g">Schlieben</hi> und<lb/> Frau Laura geb. Mayer.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Geſtorben:</hi> </head><lb/> <p>Clara <hi rendition="#g">Weber</hi> geb. Kirch; Gärt-<lb/> nereibeſitzerstöchterchen Peperl <hi rendition="#g">Brandl;</hi> Ober-<lb/> ſekretärsgattin Carolina <hi rendition="#g">Spanner</hi> geb. Wald-<lb/> müller; Haſnermeiſter Karl <hi rendition="#g">Bruckner;</hi> Leut-<lb/> nant der Landespolizei Joſef <hi rendition="#g">Gaßner</hi>.</p> </div> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Unfall.</hi> </head><lb/> <p>Das Auto, in dem heute vormittag die<lb/><hi rendition="#g">Söhne des verſtorbenen Geheim-<lb/> rates Dr. Schweninger</hi> zur Trauerfeier<lb/> nach dem Oſtfriedhof fahren wollten, ſtieß mit<lb/> einem Laſtwagen zuſammen. Der jüngere Sohn<lb/> Schweningers wurde durch Glasſplitter leicht ver-<lb/> letzt und mußte ärztliche Hilfe aufſuchen. - Die<lb/> Trauerfeier erlitt durch den Unfall eine Ver-<lb/> zögerung.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Froſtſalbe iſt keine Butter.</hi> </head><lb/> <p>Ein Landwirt, der<lb/> aus der franzöſiſchen und ſpaniſchen Fremdenle-<lb/> gion geflohen iſt, ſtahl am Brenner angekommen,<lb/> im Zug ein Paket, in dem er Lebensmittel ver-<lb/> mutete. Als er es in München öffnete ſah er ſich<lb/> getäuſcht. Das Paket enthielt 5 Kilo <hi rendition="#g">Froſt-<lb/> ſalbe</hi>. Beim Verkauf derſelben wurde er feſt-<lb/> genommen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Verhaftung eines ehemaligen Kommuniſten</hi> </head><lb/> <p>Nach Schluß der geſtern im Löwenbräukeller<lb/> abgehaltenen Reichsgründungsfeier der Deutſch-<lb/> nationalen Mittelpartei bildeten die <hi rendition="#g">National-<lb/> ſozialiſten,</hi> die an der Feier teilgenommen<lb/> hatten, einen Demonſtrationszug und marſchier-<lb/> ten unter Abſingung von Liedern gegen den Bahn-<lb/> hofplatz. In der Nähe des Hauptbahnhofes löſte<lb/> die <hi rendition="#g">Polizei</hi> den Zug auf und <hi rendition="#g">verhaftete<lb/> den Führer,</hi> einen Techniker namens <hi rendition="#g">Kell-<lb/> ner</hi>. Dabei wurde die intereſſante Feſtſtellung<lb/> gemacht, daß der <hi rendition="#g">Verhaftete mit dem aus<lb/> der Räterepublik her bekannten ein-<lb/> geſchriebenen Mitglied der kom-<lb/> muniſtiſchen Partei Kellner iden-<lb/> tiſch iſt</hi>. Sein Name war in den Apriltagen<lb/> des Jahres 1919 wiederholt unter Aufrufen er-<lb/> ſchienen, ſo zum letztenmal auch am 24. April 1919.</p><lb/> <p>Dieſe Verhaftung beweiſt wieder einmal, wie<lb/> ſich unter der Flagge vaterländiſcher Betätigung<lb/> auch unſaubere Elemente ſammeln, und gibt<lb/> denen Recht, die behaupten, daß ſich unter den<lb/> Nationalſozialiſten in zahlreichen Fällen der gleiche<lb/> Typ unangenehm bemerkbar macht, der in den<lb/> Revolutionstagen 1918 und 1919 unter linksradi-<lb/> kaler Flagge die Straßen Münchens beherrſchte.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Meiſter des jüngſten Tages</hi> </head><lb/> <argument> <p>15<lb/><hi rendition="#b">Roman</hi></p> </argument><lb/> <byline> <hi rendition="#b">von <hi rendition="#g">Leo Perutz</hi></hi> </byline><lb/> <p>„So gehen Sie doch! Um Gottes willen, ver-<lb/> ſchwinden Sie, raſch!“</p><lb/> <p>Es war zu ſpät, um zu gehen. Jetzt war es<lb/> zu ſpät.</p><lb/> <p>Hinter ihm kam Dinas Bruder zum Vorſchein,<lb/> er ſchob den Doktor beiſeite und ſtand vor mir.</p><lb/> <p>Ich ſah ihm ins Geſicht, — wie ähnlich er in<lb/> dieſem Augenblick ſeiner Schweſter war. Das<lb/> gleiche fremdartig geformte Oval des Geſichtes,<lb/> derſelbe eigenwillige Zug um die Lippen —</p><lb/> <p>„Sie ſind noch da?“ ſagte er mit einer eiskalten<lb/> Höflichkeit, die furchtbar von des Doktors leiden-<lb/> ſchaftlichem Ausbruch abſtach. „Ich hatte damit<lb/> nicht gerechnet. Das trifft ſich gut, da können wir<lb/> ja die Sache gleich ins reine bringen.“</p><lb/> <p> <hi rendition="#c">8.</hi> </p><lb/> <p>Ich hatte mich gefaßt. Es war mir in dem<lb/> Augenblick, da Dinas Bruder ins Zimmer getreten<lb/> war, klar geworden, daß der, dem ich da gegen-<lb/> überſtand, mein Todfeind war. Daß es ſinnlos<lb/> geweſen wäre, vor dieſer Unterredung die Flucht<lb/> zu ergreifen, und daß der Kampf ausgefochten<lb/> werden mußte. Aber um was es ging, das hätte<lb/> ich in dieſer Sekunde nicht ſagen können. Ich<lb/> wußte nichts, als daß ich bleiben und dem Gegner<lb/> die Stirne zeigen mußte, was immer auch kom-<lb/> men mochte.</p><lb/> <p>Doktor Gorski machte den Verſuch, das, was<lb/> ſich vorbereitete, in der letzten Minute noch zu ver-<lb/> hindern.</p><lb/> <cb/> <p>„Felix!“ mahnte er und wies mit einer beſchwö-<lb/> renden und vorwurfsvollen Gebärde auf den ſchot-<lb/> tiſchen Plaid, den man über den Toten gebreitet<lb/> hatte. „Bedenken Sie doch, wo wir ſind! Muß das<lb/> denn jetzt geſchehen und gerade hier?“</p><lb/> <p>„Es iſt am beſten ſo, Doktor, wozu die Sache<lb/> verſchieben?“ ſagte Felix, ohne die Augen von mir<lb/> zu wenden. „Es trifft ſich wirklich gut, daß der<lb/> Herr Rittmeiſter noch hier iſt.“</p><lb/> <p>Er nannte mich — gegen ſeine ſonſtige Ge-<lb/> pflogenheit — bei meiner militäriſchen Charge.<lb/> Ich wußte, was das zu bedeuten hatte. Doktor<lb/> Gorski ſtand noch einen Augenblick lang unſchlüſ-<lb/> ſig zwiſchen uns, dann zuckte er die Achſeln und<lb/> ging zur Türe, um uns allein zu laſſen.</p><lb/> <p>Aber Felix hielt ihn zurück.</p><lb/> <p>„Ich bitte Sie, zu bleiben, Doktor,“ ſagte er.<lb/> „Es kann einer der Fälle eintreten, in denen ſich<lb/> die Anweſenheit eines Dritten als nützlich zu er-<lb/> weiſen pflegt.“</p><lb/> <p>Doktor Gorski ſchien den Sinn dieſer Be-<lb/> merkung nicht gleich zu verſtehen. Er ſah mich mit<lb/> einem verlegenen Blick an, der um Entſchuldigung<lb/> zu bitten ſchien, daß er ſich zum Zeugen dieſer<lb/> Unterredung machte. Schließlich ließ er ſich auf der<lb/> äußerſten Kante des Schreibtiſches nieder in einer<lb/> Haltung, die zum Ausdruck brachte, daß er bereit<lb/> ſei, jederzeit, falls es etwa gewünſcht werden<lb/> ſollte, das Zimmer zu verlaſſen. Das war für den<lb/> Ingenieur, den niemand zum Bleiben aufgefor-<lb/> dert hatte, das Zeichen, gleichfalls Platz zu neh-<lb/> men. Er nahm den einzigen Stuhl, der ſich im<lb/> Zimmer befand, für ſich in Beſchlag, ſteckte auf<lb/> umſtändliche Art, indem er nur zwei Finger der<lb/> linken Hand dazu benützte, ſeine Zigarette in<lb/><cb/> Brand und tat, als wäre ſein Verbleiben im Zim-<lb/> mer eine Sache, deren Berechtigung von keiner<lb/> Seite in Zweifel gezogen werden konnte.</p><lb/> <p>Ich ſah und beobachtete das alles mit einem rein<lb/> ſachlichen Intereſſe, ich war jetzt vollkommen ruhig<lb/> und Herr meiner Nerven und wartete gelaſſen auf<lb/> das, was kommen ſollte. Aber eine Minute lang<lb/> geſchah nichts. Felix ſtand über Eugen Biſchoffs<lb/> Leiche gebeugt, ich ſah ſein Geſicht nicht, aber es<lb/> ſchien mir, als hätte er mit Ergriffenheit zu<lb/> kämpfen, als wäre er außerſtande, die Maske un-<lb/> natürlicher Ruhe noch länger zu tragen. Einen<lb/> Augenblick lang glaubte ich, daß er ſich von ſeiner<lb/> Bewegung überwältigt über den Toten werfen,<lb/> und daß die Szene mit dieſem Gefühlsausbruch<lb/> ihr Ende nehmen werde. Aber nichts dergleichen<lb/> geſchah. Er richtete ſich auf, und das Geſicht, das<lb/> er mir zuwandte, trug den Ausdruck vollkom-<lb/> mener Beherrſchung. Er hatte, das ſah ich nun,<lb/> nur die Decke, die zu Boden geglitten war, von<lb/> neuem über den Kopf des Toten gebreitet. —</p><lb/> <p>„Viel Zeit wird uns leider nicht bleiben,“ be-<lb/> gann er nun, und aus ſeiner Stimme war weder<lb/> Erſchütterung noch Erregung zu hören. „In<lb/> einer halben Stunde etwa wird die polizeiliche<lb/> Kommiſſion hier ſein und ich möchte bis dahin<lb/> unſere Angelegenheit in Ordnung gebracht haben.“</p><lb/> <p>„Darin begegnen ſich unſere Wünſche,“ ſagte<lb/> ich mit einem Blick auf den Ingenieur. „Ich<lb/> glaube, daß die Zahl der Zeugen vollkommen aus-<lb/> reicht, da, wie ich ſehe, beide Herren die Güte hat-<lb/> ten, ſich für dieſe Unterredung zu unſerer Ver-<lb/> fügung zu halten.“</p><lb/> <p>Doktor Gorski rückte unruhig auf ſeiner<lb/> Schreibtiſchkante hin und her, aber der Ingenieur<lb/><cb/> hatte die Unverfrorenheit, zu meinen Worten zu-<lb/> ſtimmend mit dem Kopf zu nicken.</p><lb/> <p>„Solgrub und Doktor Gorski ſind meine<lb/> Freunde,“ bemerkte Felix. „Ich lege Wert darauf,<lb/> daß ſie ein möglichſt klares Bild der Sachlage er-<lb/> halten, und werde ihnen keinen der Umſtände, die<lb/> in dieſes Bild gehören, verſchweigen. Auch nicht<lb/> die Tatſache. Herr Rittmeiſter, daß Dina vor vier<lb/> Jahren Ihre Geliebte geweſen iſt.“</p><lb/> <p>Ich fuhr zuſammen. Darauf war ich nicht vor-<lb/> bereitet geweſen. Aber meine Beſtürzung währte<lb/> nur ganz kurze Zeit, und ein paar Sekunden<lb/> ſpäter hatte ich jedes Wort meiner Antwort über-<lb/> dacht.</p><lb/> <p>„Ich war, als ich Ihnen dieſe Unterredung er-<lb/> möglichte, auf Attacken gefaßt, aber nicht darauf,<lb/> daß ſie ſich gegen eine Frau richten würden, die<lb/> mir hochſteht“, ſagte ich. „Ich habe nicht die<lb/> Abſicht, das zuzulaſſen. Ich muß Sie bitten,<lb/> den Ausdruck, den Sie gewählt haben —“</p><lb/> <p>„Zurückzunehmen? Wozu das, Herr Rittmei-<lb/> ſter? Er entſpricht, wie ich Ihnen verſichern<lb/> kann, vollkommen Dinas Auffaſſung.“</p><lb/> <p>„Habe ich das ſo zu verſtehen, daß Ihre Schwe-<lb/> ſter Sie ermächtigt hat?“</p><lb/> <p>„Gewiß, Herr Rittmeiſter.“</p><lb/> <p>„Dann bitte ich Sie, fortzufahren.“</p><lb/> <p>Ueber ſeine Lippen glitt ein knabenhaft ſelbſt-<lb/> bewußtes Lächeln der Genugtuung, weil dieſer<lb/> erſte Gang ſo völlig zu ſeinem Vorteil abgelau-<lb/> fen war. Aber dieſes Lächeln verſchwand ſo-<lb/> gleich wieder aus ſeinem Geſicht, und der Ton-<lb/> in dem er weiterſprach, blieb unverändert kor-<lb/> rekt und beinahe verbindlich:<lb/> (Fortſetzung folgt.)</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0004]
Allgemeine Zeitung Nr. 15 Mittwoch, den 16. Januar 1924.
MÜNCHENER STADTZEITUNG
Die Zukunft
des Fremdenverkehrs
In der Dienstagſtadtratſitzung machte rk. St.
R. Dr. Konrad bemerkenswerte Mitteilungen
über die Gefährdung des Fremden-
verkehrs in München und im bayeriſchen
Hochland. Der Zeitpunkt, wo München und das
Hochland um ihre Stellung im Fremdenverkehr
ſchwer ringen müſſen, ſcheint nahe zu ſein. Schon
in der abgelaufenen Fremdenſaiſon machten ſich
Anzeichen für eine Abwanderung des
Fremdenverkehrs in andere Gebiete be-
merkbar. Nun ſind die Valutaſchranken gefallen
und die Konkurrenz der ausländiſchen Fremden-
verkehrsgebiete macht ſich jetzt ſchon ſtark geltend.
Die kommenden Monate werden eine kritiſche
Situation bringen.
Die Penſionen ſind faſt leer
nur Dauermieter der Hotels in der Nähe des
Bahnhofes ſind leidlich beſetzt, aber nur von
Durchgangsreiſenden, die vielleicht eine Nacht
bleiben, in der inneren Stadt ſind die Ho-
tels ſchlecht beſetzt und es zeigt ſich bereits die
Umwandlung von Fremdenzimmern in Büros.
Die Zahl der Ausländer iſt ſehr ge-
ring geworden.
Im Hochland war der Verkehr an den Weih-
nachtsfeiertagen etwas beſſer, bei weitem aber
nicht ſo wie im Vorjahr. Das gibt zu denken,
auch wenn man zugibt, daß die Entwicklung ge-
wiſſermaßen zwangsläufig iſt, vielleicht auch nur
vorübergehend in dem Maß ungünſtig. Da aber
dem Fremdenverkehr doch große Gefahren er-
wachſen können, iſt es notwendig, rechtzeitig Vor-
kehrungen zu treffen. Alle maßgebenden Stellen
und Behörden müſſen von der üblichen rein ge-
fühlsmäßigen Beurteilung des Fremdenverkehrs
ſich frei machen und zu einer objektiven Wür-
digung des Fremdenverkehrs und ſeiner wirt-
ſchaftlichen Bedeutung zurückkehren. Damit muß
eine vernünftige Fremdenverkehrspolitik Platz
greifen, welche die Wichtigkeit des Fremdenver-
kehrs für München und das Oberland richtig
einſchätzt. Notwendig iſt vor allem auch die
Beſeitigung der künſtlichen Hemmniſſe
und die Wiederauſrichtung eines Fremdenver-
kehrs, wie er vor dem Kriege beſtand, Beſeiti-
gung namentlich der Hinderniſſe, die Bayern eine
Sonderſtellung gegenüber dem ganzen übrigen
Reich gegeben haben, ob dieſe Hemmniſſe nun
polizeilicher oder fiskaliſcher Natur ſind.
Wir müſſen zu einer pfleglichen Behandlung
des Fremdenverkehrs auch auf anderen Gebieten
zurückkehren, insbeſondere auch hinſichtlich des
Bahn- und Poſtverkehrs, der Fahrplangeſtaltung
uſw. Der Fahrplanreferent und Vizepräſident
der Handelskammer Kommerzienrat S. Frän-
kel hat in der „Frf. Ztg.“ über die Ausge-
ſtaltung des internationalen
Durchgangsverkehrs ſich geäußert und
dabei klar dargelegt, wie wenig die Geſtaltung
dieſer Fahrpläne einer planmäßigen Ausnützung
unſerer günſtigen zentralen Lage in Mitteleuro-
pa, namentlich ſoweit München in Betracht
kommt, Rechnung trägt. Auf den großen Linien,
deren natürlicher Schnittpunkt München iſt, als
den natürlich gegebenen feſten Verkehrsverbin-
dungen iſt der Verkehr im Nachlaſſen. Er iſt
abgewandert, z. T. auf andere innerdeutſche Li-
nien, zum großen Teil auf außerdeutſche Linien,
Oeſterreich und der Schweiz. Beſonders ſtief-
mütterlich wird die Brennerlinie behandelt, die
von jeher für München von beſonderer Bedeu-
ttung war.
Wir müſſen von den maßgebenden Stellen
mit Nachdruck Abhilfe verlangen, in erſter Linie
von der Zweigſtelle Bayern des Reichsverkehrs-
miniſteriums. Was die anderen Dinge anlangt,
ſo iſt die Wohnſteuer für die Aus-
länder auf die einfachen Sätze abgebaut, die
Theater haben ihre Differenzierung aufgehoben,
die Aufenthaltsgebühren ſind ermäßigt und wer-
den neu geregelt. Aber immer noch beſteht der
Zwang für den in München übernachtenden Aus-
länder, ſich der Polizei vorzuſtellen,
noch immer finden die beſonderen Kontrollen in
den Hotels ſtatt. Alle dieſe Dinge müſſen fallen
und können auch fallen. Denn je ſtärker der
Fremdenverkehr aus natürlichen Gründen zurück-
geht, deſto notwendiger iſt eine Beſeitigung der
künſtlichen Hinderniſſe, die im übrigen deutſchen
Wirtſchaftsgetriebe nicht beſtehen.
Der Referent beantragte, ſich mit dieſen Aus-
führungen einverſtanden zu erklären und das Re-
ferat zu ermächtigen, im Sinne der Fränkelſchen
Anregungen Antrag dahin zu ſtellen, daß alle
Verkehrseinſchränkungen und -unſtimmigkeiten
beſeitigt werden, daß die guten Verbindungen
— auch über den Brenner wieder hergeſtellt wer-
den, daß namentlich die nur für Bayern
giltigen Beſchränkungen fallen und
beſonders der polizeiliche Vorſtellzwang für über-
nachtende Ausländer wegkommt.
In der Ausſprache erklärte St. R. Weiß
(D. D. P.) Zuſtimmung. Die Erwerbskreiſe jam-
mern bereits über die Verſchlechterung der Ver-
hältniſſe. Der demokratiſche Sprecher regte an,
den ſtarken Paßverkehr nach Tirol und Salzburg
zu erleichtern oder doch die Handhabung der
Paßvorſchriften beim Uebergang entgegenkom-
mender zu geſtalten; von einem lebhafteren Wech-
ſelverkehr würden auch unſere bayeriſchen Grenz-
orte Vorteil ziehen.
St. R. Nußbaum (V. S. P.) beſtätigte die
Klagen der Hotelbeſitzer und betonte, die Haupt-
ſchuld liege an der allgemeinen Politik in Bay-
ern. Solange Fremde Gefahr laufen, hier wieder
behandelt zu werden, wie es erſt jüngſt wieder
einem angeſehenen chriſtlichen Geſchäftsmann aus
Ungarn widerfuhr, bleiben ſie eben mehr und
mehr aus.
Bürgermeiſter Schmid erinnerte daran, daß
Herr Fränkl ſelbſt das Opfer eines Ueberfalls
war.
St. R. Dr. Jodlbauer (liberale Bürgerpar-
tei) betonte, daß noch andere Faktoren am Rück-
gang des Fremdenverkehrs mitwirken, vor allem
die volkswirtſchaftlich elemenente Umgeſtaltung
unſerer Währung. Die Ueberanloriſierung hat
eine Ablenkung des innerdeutſchen Verkehrs nach
dem Süden, nach der Schweiz und Italien zur
Folge. Wir brauchen daher eine Herabſetzung
des algemeinen Preisniveaus.
Bürgermeiſter Dr. Küfner hob der Be-
deutung des Fremdenverkehrs für die aktive
Geſtaltung der Zahlungsbilanz (Import von
fremdem Geld als Erſatz für den Export von
Waren hervor, ſowie die Notwendigkeit einer
einheitlichen Stellungnahme aller Kreiſe zur
Fremdenverkehrsfrage.
Die Anträge der Referenten wurden einſtim-
mig angenommen.
Ein alter Zopf.
Ein Dringlichkeitsantrag der
D. D. P. verlangt vom Stadtrat, den Aemtern
und Werken der Stadtgemeinde den Auftrag zu
urteilen, Beamte, Angeſtellte und Arbeiter an
ihren dienſtfreien Tagen oder Zeiten mit Vor-
ſtellungen und Rapporten, wie ſie beſonders bei
der ſtädtiſchen Straßenbahn gegen das Fahrper-
ſonal zur Unſitte geworden ſind, in Zukunft
zu verſchonen.
Wenn Rapporte unumgänglich nötig ſind, muß
eine Ablöſung vom Dienſt möglich ſein, damit
verhindert wird, daß der Gerufene ſeinen frei-
en Tag der ſehr oft an Stelle des Sonntags
trifft, einbüßt.
Der Antrag ging an den Werkausſchuß.
Konzertverein München
Die am 15. Januar abgehaltene ordent-
liche Mitglieder-Verſammlung des
Konzertvereins München, eröffnete für die Zu-
kunſt des Vereins in finanzieller, künſtleriſcher
und organiſatoriſcher Hinſicht erfreuliche Ausſich-
ten. Zwar iſt — wie ja auch bei anderen Organi-
ſationen ähnlicher Art — der Mitgliederſtand
unter den mannigfachen ungünſtigen Einwirkun-
gen der letzten Jahre erheblich geſunken; aber die
bange Sorge um die Exiſtenz des Vereins
überhaupt erſcheint endlich gebannt dank tat-
kräftiger Hilfe der Stadt und des Staatsmini-
ſteriums.
Die künſtleriſche Tätigkeit des Vereins in der
zwei Jahre umfaſſenden Berichtszeit iſt bekannt;
ſchwer empfunden dürfte der Rücktritt des lang-
jährigen Schatzmeiſters Kommerzienrates Büh-
ler werden.
Von beſonderer Bedeutung für die Zukunft iſt
ein Vertrag mit dem Staatsminiſte-
rium für Unterricht und Kultus vom 4. Januar
die den Verein hinſichtlich der künſtleriſchen und
wirtſchaftlichen Betriebsführung einer gewiſſen
Kontrolle dieſer Behörde unterſtellt und u. a.
auch den koſtenloſen aushilfsweiſen Aus-
tauſch von Muſikern des Vereins und der
Staatstheater vorſieht. Eine Neuerung in den
Statuten ſtellt ferner die Beiziehungsmöglich-
keit des Betriebsrates zu den Sitzungen der
Vereinsorgane dar, ſofern Angelegenheiten der
Orcheſtermitglieder zur Beratung ſtehen. Eine
gewiſſe Schwerfälligkeit bei der Behandlung wei-
tterer Satzungsänderungen trat inſoferne zutage,
als man ſich nicht entſchließen konnte, den ſoge-
nannten „Vorſtandsrat“ zu eliminieren. Ob
ein weiterer, nicht durchgedrungener Antrag, an
die Spitze des Muſikausſchuſſes nicht den erſten
Kapellmeiſter, ſondern eine neutrale und weniger
exponierte Perſönlichkeit zu ſtellen, im Grunde
nicht manches für ſich gehabt hätte, mag dahin
geſtellt bleiben. Im übrigen dürfte die Zuſam-
menſetzung dieſes Ausſchuſſes, der ſich außer dem
Präſidenten Dr. von Hausegger, dem General-
muſikdirektor Knappertsbuſch und dem Rechts-
rat Dr. Kronenberger aus den Vorſtänden der
Konzert- und Chorgeſellſchaften und des Lehrer-
geſangvereins bildet, einige Gewähr für die Ar-
beit des Vereins bieten, umſomehr, als auch die
Beſetzung des eigentlichen Vorſtandes — mit dem
Herren Prof. Dr. Fiſcher, Dr. von Hausegger,
Rechtsrat Hörburger, Stadtrat Mauerer, Bür-
germeiſter Schmid, Geheimrat Dr. Schulmann,
Dr. Wamsler und Kommerzienrat Zentz — glück-
lich erſcheint.
Miniſterialdirektor Dr. Attinger †.
Dr. Johann Attinger, Miniſterialdirek-
tor beim Staatsminiſterium für Landwirtſchaft
iſt heute, nachdem er ſich im Krankenhaus Nym-
phenburg einer Operation unterziehen mußte. im
57. Lebensjahre an Herzlähmung plötzlich ge-
ſtorben.
Miniſterialdirektor Attinger ſtammt aus Augs-
burg und widmete ich dem Studium der Vete-
rinärwiſſenſchaft. Am 1. April 1920 wurde er
zum Miniſterialdirektor befördert. Im Weltkrieg
war Dr. Attinger vom Januar 1915 bis Januar
1916 als Oberſtabsveterinär beim Generalkom-
mando J. A. K. tätig. Jm Januar 1916 wurde
er nach München berufen, um die bayeriſche
Fleiſchverſorgung zu leiten. Miniſterialdirektor
Dr. Attinger hat ſich um die Hebung der Vieh-
zucht in Bayern große Verdienſte erworben.
Zuſammenſchluß der Kleinaktionäre.
Die kom-
mende Zuſammenlegung der Aktien
zwecks Umſtellung des Papierkapitals auf Gold-
mark bedeutet für die meiſten Kleinaktionäre den
Verluſt des Vermögens. Nur in den
ſeltenſten Fällen wird der Kleinaktionär ſoviel
Aktien beſitzen, daß er für dieſe Goldmarkaktien
erhält. Er muß alſo ſeine Aktien um einen Spott-
preis hergeben Auch der Beſuch der Generalver-
ſammlungen zur Wahrung ſeiner Intereſſen iſt
unmöglich. Dies will für ihn die Kleinaktionär-
Vereinigung beſorgen. Anmeldungen nimmt ent-
gegen der vorläufige Vorſitzende Rechtsanwalt
Dr. rer. pol. Theilhaber, Promenadeplatz 10/2.
Weitere Mitteilungen erfolgen durch Inſerat.
Der Mieterſchutzverband München und Umgebung
hat ſeine Beziehungen zu Rechtsanwalt A. Ludwig
gelöſt. Als neuer Syndikus des Verbandes iſt Rechts-
anwalt Dr. L. Beuario beſtellt. Die Vorſtands-
geſchäfte leitet der 2. Vorſitzende, Herr G. Spitz.
Rechtsauskünfte und Übernahme koſtenloſer Ver-
tretungen in Mietſtreitſachen in der Geſchäfts-
ſtelle: Gewerkſchaftshaus, Zimmer 26/1.
Ueberdruckgeldſcheine bleiben gültig.
Entgegen den
ſeit einigen Tagen verbreiteten Gerüchten, daß die
Ueberdruckgeldſcheine aufgerufen und keine vollgültigen
Zahlungsmittel mehr ſeien, wird ausdrücklich darauf
hingewieſen, daß das Ueberdruckgeld nach wie vor
gültig bleibt. Bis auf weiteres iſt jedermann ver-
pflichtet, Ueberdruckſcheine in Zahlung zu nehmen,
oder er ſetzt ſich allen Unannehmlichkeiten aus, die
mit der Zurückweiſung eines geſetzlichen Zahlungs-
mittels verbunden ſind.
Ehrlicher Finder geſucht!
Der Direktor der
Kreisleitung der Techniſchen Nothilfe Major a. D.
Max Pflaumer hat am 11. Januar 1924 zwi-
ſchen 4.50 nachm. und 5.05 nachm. auf dem Wege
Schützenſtraße 12, Trambahnhalteſtelle Bahnhof
bis Auguſtenſtraße 3 ſeine Brieftaſche mit nach-
ſtehendem Inhalt verloren:
1. Ausweis für meine Tätigkeit als ſtellv. Lan-
desleiter der Techniſchen Nothilfe Bayern mit
Stempel des bayeriſchen Staatsminiſteriums des
Innern und der Unterſchrift „Schweyer“. 2. Aus-
weis als Kreisleiter der Techniſchen Nothilfe Mün-
chen mit Lichtbild, Stempel der Landesleitung der
T.R.B. und der Unterſchrift „Koch“. Beide auf
graue Leinwand aufgezogen. 3. Gelber Führer-
ausweis des Notbannes München.
Vor Mißbrauch der Papiere wird gewarnt.
Kleine Zeitung
Geboren:
Karl Hermann (S.); Siegfried
Pories (T.).
Verlobt:
Martin Schleſinger und Liſe
Gerſtle; Dentiſt Alois Rupp und Annie
Gleißner.
Vermählt:
Victor Graf v. Schlieben und
Frau Laura geb. Mayer.
Geſtorben:
Clara Weber geb. Kirch; Gärt-
nereibeſitzerstöchterchen Peperl Brandl; Ober-
ſekretärsgattin Carolina Spanner geb. Wald-
müller; Haſnermeiſter Karl Bruckner; Leut-
nant der Landespolizei Joſef Gaßner.
Unfall.
Das Auto, in dem heute vormittag die
Söhne des verſtorbenen Geheim-
rates Dr. Schweninger zur Trauerfeier
nach dem Oſtfriedhof fahren wollten, ſtieß mit
einem Laſtwagen zuſammen. Der jüngere Sohn
Schweningers wurde durch Glasſplitter leicht ver-
letzt und mußte ärztliche Hilfe aufſuchen. - Die
Trauerfeier erlitt durch den Unfall eine Ver-
zögerung.
Froſtſalbe iſt keine Butter.
Ein Landwirt, der
aus der franzöſiſchen und ſpaniſchen Fremdenle-
gion geflohen iſt, ſtahl am Brenner angekommen,
im Zug ein Paket, in dem er Lebensmittel ver-
mutete. Als er es in München öffnete ſah er ſich
getäuſcht. Das Paket enthielt 5 Kilo Froſt-
ſalbe. Beim Verkauf derſelben wurde er feſt-
genommen.
Verhaftung eines ehemaligen Kommuniſten
Nach Schluß der geſtern im Löwenbräukeller
abgehaltenen Reichsgründungsfeier der Deutſch-
nationalen Mittelpartei bildeten die National-
ſozialiſten, die an der Feier teilgenommen
hatten, einen Demonſtrationszug und marſchier-
ten unter Abſingung von Liedern gegen den Bahn-
hofplatz. In der Nähe des Hauptbahnhofes löſte
die Polizei den Zug auf und verhaftete
den Führer, einen Techniker namens Kell-
ner. Dabei wurde die intereſſante Feſtſtellung
gemacht, daß der Verhaftete mit dem aus
der Räterepublik her bekannten ein-
geſchriebenen Mitglied der kom-
muniſtiſchen Partei Kellner iden-
tiſch iſt. Sein Name war in den Apriltagen
des Jahres 1919 wiederholt unter Aufrufen er-
ſchienen, ſo zum letztenmal auch am 24. April 1919.
Dieſe Verhaftung beweiſt wieder einmal, wie
ſich unter der Flagge vaterländiſcher Betätigung
auch unſaubere Elemente ſammeln, und gibt
denen Recht, die behaupten, daß ſich unter den
Nationalſozialiſten in zahlreichen Fällen der gleiche
Typ unangenehm bemerkbar macht, der in den
Revolutionstagen 1918 und 1919 unter linksradi-
kaler Flagge die Straßen Münchens beherrſchte.
Der Meiſter des jüngſten Tages
15
Roman
von Leo Perutz
„So gehen Sie doch! Um Gottes willen, ver-
ſchwinden Sie, raſch!“
Es war zu ſpät, um zu gehen. Jetzt war es
zu ſpät.
Hinter ihm kam Dinas Bruder zum Vorſchein,
er ſchob den Doktor beiſeite und ſtand vor mir.
Ich ſah ihm ins Geſicht, — wie ähnlich er in
dieſem Augenblick ſeiner Schweſter war. Das
gleiche fremdartig geformte Oval des Geſichtes,
derſelbe eigenwillige Zug um die Lippen —
„Sie ſind noch da?“ ſagte er mit einer eiskalten
Höflichkeit, die furchtbar von des Doktors leiden-
ſchaftlichem Ausbruch abſtach. „Ich hatte damit
nicht gerechnet. Das trifft ſich gut, da können wir
ja die Sache gleich ins reine bringen.“
8.
Ich hatte mich gefaßt. Es war mir in dem
Augenblick, da Dinas Bruder ins Zimmer getreten
war, klar geworden, daß der, dem ich da gegen-
überſtand, mein Todfeind war. Daß es ſinnlos
geweſen wäre, vor dieſer Unterredung die Flucht
zu ergreifen, und daß der Kampf ausgefochten
werden mußte. Aber um was es ging, das hätte
ich in dieſer Sekunde nicht ſagen können. Ich
wußte nichts, als daß ich bleiben und dem Gegner
die Stirne zeigen mußte, was immer auch kom-
men mochte.
Doktor Gorski machte den Verſuch, das, was
ſich vorbereitete, in der letzten Minute noch zu ver-
hindern.
„Felix!“ mahnte er und wies mit einer beſchwö-
renden und vorwurfsvollen Gebärde auf den ſchot-
tiſchen Plaid, den man über den Toten gebreitet
hatte. „Bedenken Sie doch, wo wir ſind! Muß das
denn jetzt geſchehen und gerade hier?“
„Es iſt am beſten ſo, Doktor, wozu die Sache
verſchieben?“ ſagte Felix, ohne die Augen von mir
zu wenden. „Es trifft ſich wirklich gut, daß der
Herr Rittmeiſter noch hier iſt.“
Er nannte mich — gegen ſeine ſonſtige Ge-
pflogenheit — bei meiner militäriſchen Charge.
Ich wußte, was das zu bedeuten hatte. Doktor
Gorski ſtand noch einen Augenblick lang unſchlüſ-
ſig zwiſchen uns, dann zuckte er die Achſeln und
ging zur Türe, um uns allein zu laſſen.
Aber Felix hielt ihn zurück.
„Ich bitte Sie, zu bleiben, Doktor,“ ſagte er.
„Es kann einer der Fälle eintreten, in denen ſich
die Anweſenheit eines Dritten als nützlich zu er-
weiſen pflegt.“
Doktor Gorski ſchien den Sinn dieſer Be-
merkung nicht gleich zu verſtehen. Er ſah mich mit
einem verlegenen Blick an, der um Entſchuldigung
zu bitten ſchien, daß er ſich zum Zeugen dieſer
Unterredung machte. Schließlich ließ er ſich auf der
äußerſten Kante des Schreibtiſches nieder in einer
Haltung, die zum Ausdruck brachte, daß er bereit
ſei, jederzeit, falls es etwa gewünſcht werden
ſollte, das Zimmer zu verlaſſen. Das war für den
Ingenieur, den niemand zum Bleiben aufgefor-
dert hatte, das Zeichen, gleichfalls Platz zu neh-
men. Er nahm den einzigen Stuhl, der ſich im
Zimmer befand, für ſich in Beſchlag, ſteckte auf
umſtändliche Art, indem er nur zwei Finger der
linken Hand dazu benützte, ſeine Zigarette in
Brand und tat, als wäre ſein Verbleiben im Zim-
mer eine Sache, deren Berechtigung von keiner
Seite in Zweifel gezogen werden konnte.
Ich ſah und beobachtete das alles mit einem rein
ſachlichen Intereſſe, ich war jetzt vollkommen ruhig
und Herr meiner Nerven und wartete gelaſſen auf
das, was kommen ſollte. Aber eine Minute lang
geſchah nichts. Felix ſtand über Eugen Biſchoffs
Leiche gebeugt, ich ſah ſein Geſicht nicht, aber es
ſchien mir, als hätte er mit Ergriffenheit zu
kämpfen, als wäre er außerſtande, die Maske un-
natürlicher Ruhe noch länger zu tragen. Einen
Augenblick lang glaubte ich, daß er ſich von ſeiner
Bewegung überwältigt über den Toten werfen,
und daß die Szene mit dieſem Gefühlsausbruch
ihr Ende nehmen werde. Aber nichts dergleichen
geſchah. Er richtete ſich auf, und das Geſicht, das
er mir zuwandte, trug den Ausdruck vollkom-
mener Beherrſchung. Er hatte, das ſah ich nun,
nur die Decke, die zu Boden geglitten war, von
neuem über den Kopf des Toten gebreitet. —
„Viel Zeit wird uns leider nicht bleiben,“ be-
gann er nun, und aus ſeiner Stimme war weder
Erſchütterung noch Erregung zu hören. „In
einer halben Stunde etwa wird die polizeiliche
Kommiſſion hier ſein und ich möchte bis dahin
unſere Angelegenheit in Ordnung gebracht haben.“
„Darin begegnen ſich unſere Wünſche,“ ſagte
ich mit einem Blick auf den Ingenieur. „Ich
glaube, daß die Zahl der Zeugen vollkommen aus-
reicht, da, wie ich ſehe, beide Herren die Güte hat-
ten, ſich für dieſe Unterredung zu unſerer Ver-
fügung zu halten.“
Doktor Gorski rückte unruhig auf ſeiner
Schreibtiſchkante hin und her, aber der Ingenieur
hatte die Unverfrorenheit, zu meinen Worten zu-
ſtimmend mit dem Kopf zu nicken.
„Solgrub und Doktor Gorski ſind meine
Freunde,“ bemerkte Felix. „Ich lege Wert darauf,
daß ſie ein möglichſt klares Bild der Sachlage er-
halten, und werde ihnen keinen der Umſtände, die
in dieſes Bild gehören, verſchweigen. Auch nicht
die Tatſache. Herr Rittmeiſter, daß Dina vor vier
Jahren Ihre Geliebte geweſen iſt.“
Ich fuhr zuſammen. Darauf war ich nicht vor-
bereitet geweſen. Aber meine Beſtürzung währte
nur ganz kurze Zeit, und ein paar Sekunden
ſpäter hatte ich jedes Wort meiner Antwort über-
dacht.
„Ich war, als ich Ihnen dieſe Unterredung er-
möglichte, auf Attacken gefaßt, aber nicht darauf,
daß ſie ſich gegen eine Frau richten würden, die
mir hochſteht“, ſagte ich. „Ich habe nicht die
Abſicht, das zuzulaſſen. Ich muß Sie bitten,
den Ausdruck, den Sie gewählt haben —“
„Zurückzunehmen? Wozu das, Herr Rittmei-
ſter? Er entſpricht, wie ich Ihnen verſichern
kann, vollkommen Dinas Auffaſſung.“
„Habe ich das ſo zu verſtehen, daß Ihre Schwe-
ſter Sie ermächtigt hat?“
„Gewiß, Herr Rittmeiſter.“
„Dann bitte ich Sie, fortzufahren.“
Ueber ſeine Lippen glitt ein knabenhaft ſelbſt-
bewußtes Lächeln der Genugtuung, weil dieſer
erſte Gang ſo völlig zu ſeinem Vorteil abgelau-
fen war. Aber dieſes Lächeln verſchwand ſo-
gleich wieder aus ſeinem Geſicht, und der Ton-
in dem er weiterſprach, blieb unverändert kor-
rekt und beinahe verbindlich:
(Fortſetzung folgt.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-12-19T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |