Allgemeine Zeitung, Nr. 15, 18. Januar 1929.Freitag, den 18. Januar "AZ am Abend" Nr. 15 [Spaltenumbruch] Wann werden Strafen für Amberg, 17. Januar.Kindsmißhandlung erhöht Nur 6 Monate Gesängnis Eine Bestie in Menschengestalt ist der Vier Mädchen Würzburg, 17. Januar.durch Kohlengas vergiftet Rettung im letzten Augenblick Wie der "Würzburger Generalanzeiger" Durch Versagen einer am Hausschlot an- Seinen Kollegen Wien, 17. Januar.im Gerichtssaal erschossen Der Mordprozeß gegen den Redakteur Pöffl Der auf vier Tage berechnete Mordprozeß Die Verhandlung erfuhr gestern nachmit- Der Film "Die Hellseherin" bleibt verboten Die Filmoberprüfstelle hat das von der Auch der Winter in Berchtesgaden lockt!
[Abbildung]
Ein Ski-Paradies, das Steinerne Meer mit Schönfeldspitze Ein Maler und sein Modell [Spaltenumbruch]
Tragödie in der Londoner Boheme Es gibt noch eine Boheme in London: Don Quichottes der Boheme gibt. Atkinson war der Sohn eines Bergmanns viel Enthusiasmus und wenig Geld entwickelte er sich zu einem Maler, dessen Das Unglück hieß Dolores und war außergewöhnliche Schönheit. Atkinson verliebte sich, wie viele andere vor überlebte die Enttäuschung nicht. Man fand ihn, eine Bettdecke über den Kopf Die schöne Dolores aber fanden die Re- "Er hätte mein Sohn sein können," sagte Dolores. Lloyd George -- Präsident der Republik England Die amerikanische Astrologin Belle Bart Konzert-Vorschau Am Sonntag, den 20. Januar, finden statt: Abends 8 Uhr im Odeon das Meisterkon- Karten bei Bauer, Halbreiter, Schmid, im Kammerspiele im Schauspielhaus. Es ist der Deutsche Stunde in Bayern Samstag, den 19. Januar 1929. 6.45 Morgengymnastik. 11.45 Im Bedarfsfalle Nachtrag zum Schnee- bericht. 14.30 Unterhaltungskonzert. Ausgef. mit Schall- platten vom Musikhaus Alfred Schmid Nachf. (Unico Hensel), München, Residenz- straße 7. Deutsche Pioniere im Ausland. 15.30 Eine Viertelftunde Deutsche Volksgeschichte. 16.00 Unterhaltungskonzert des Kammerquartetts Anny Rosenberger. Mitwirkend: Ema- nuel Gianna (Bariton) -- Am Flügel: Richard Staab. 17.30 Das Volk und seine Kulturkräfte. Vor- trag von Dr. Franz Bernauer. 18.00 Schrammelkonzert Karl Weiß -- Josef Riederer -- Max Rotbahler. 18.35 Arbeitsmarktbericht. 19.00 Funkbriefkasten. 19.30 Lesestunde. Moderne norwegische Litera- tur. Kampf um den Fisch -- Ein Kapitel aus dem Roman "Die Lofotfischer" von Johanna Bojer. -- Gelesen von Rud. Hoch. 20.00 Heiterer Abend. 22.20 Abendmelbungen. 22.45--24.00 Tanzmusik Kapelle Heinrich Frick. Uebertragung aus der Galerie Arkadia, München 0.30--1.30 Nachtkonzert des Rundfunktrios. Wenn ein Hahn nicht krähen will Seltsame Dinge ereignen sich in Holly- [irrelevantes Material]
Freitag, den 18. Januar „AZ am Abend“ Nr. 15 [Spaltenumbruch] Wann werden Strafen für Amberg, 17. Januar.Kindsmißhandlung erhöht Nur 6 Monate Geſängnis Eine Beſtie in Menſchengeſtalt iſt der Vier Mädchen Würzburg, 17. Januar.durch Kohlengas vergiftet Rettung im letzten Augenblick Wie der „Würzburger Generalanzeiger“ Durch Verſagen einer am Hausſchlot an- Seinen Kollegen Wien, 17. Januar.im Gerichtsſaal erſchoſſen Der Mordprozeß gegen den Redakteur Pöffl Der auf vier Tage berechnete Mordprozeß Die Verhandlung erfuhr geſtern nachmit- Der Film „Die Hellſeherin“ bleibt verboten Die Filmoberprüfſtelle hat das von der Auch der Winter in Berchtesgaden lockt!
[Abbildung]
Ein Ski-Paradies, das Steinerne Meer mit Schönfeldſpitze Ein Maler und ſein Modell [Spaltenumbruch]
Tragödie in der Londoner Bohême Es gibt noch eine Bohême in London: Don Quichottes der Bohême gibt. Atkinſon war der Sohn eines Bergmanns viel Enthuſiasmus und wenig Geld entwickelte er ſich zu einem Maler, deſſen Das Unglück hieß Dolores und war außergewöhnliche Schönheit. Atkinſon verliebte ſich, wie viele andere vor überlebte die Enttäuſchung nicht. Man fand ihn, eine Bettdecke über den Kopf Die ſchöne Dolores aber fanden die Re- „Er hätte mein Sohn ſein können,“ ſagte Dolores. Lloyd George — Präſident der Republik England Die amerikaniſche Aſtrologin Belle Bart Konzert-Vorschau Am Sonntag, den 20. Januar, finden ſtatt: Abends 8 Uhr im Odeon das Meiſterkon- Karten bei Bauer, Halbreiter, Schmid, im Kammerſpiele im Schauſpielhaus. Es iſt der Deutsche Stunde in Bayern Samstag, den 19. Januar 1929. 6.45 Morgengymnaſtik. 11.45 Im Bedarfsfalle Nachtrag zum Schnee- bericht. 14.30 Unterhaltungskonzert. Ausgef. mit Schall- platten vom Muſikhaus Alfred Schmid Nachf. (Unico Henſel), München, Reſidenz- ſtraße 7. Deutſche Pioniere im Ausland. 15.30 Eine Viertelftunde Deutſche Volksgeſchichte. 16.00 Unterhaltungskonzert des Kammerquartetts Anny Roſenberger. Mitwirkend: Ema- nuel Gianna (Bariton) — Am Flügel: Richard Staab. 17.30 Das Volk und ſeine Kulturkräfte. Vor- trag von Dr. Franz Bernauer. 18.00 Schrammelkonzert Karl Weiß — Joſef Riederer — Max Rotbahler. 18.35 Arbeitsmarktbericht. 19.00 Funkbriefkaſten. 19.30 Leſeſtunde. Moderne norwegiſche Litera- tur. Kampf um den Fiſch — Ein Kapitel aus dem Roman „Die Lofotfiſcher“ von Johanna Bojer. — Geleſen von Rud. Hoch. 20.00 Heiterer Abend. 22.20 Abendmelbungen. 22.45—24.00 Tanzmuſik Kapelle Heinrich Frick. Uebertragung aus der Galerie Arkadia, München 0.30—1.30 Nachtkonzert des Rundfunktrios. Wenn ein Hahn nicht krähen will Seltſame Dinge ereignen ſich in Holly- [irrelevantes Material]
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Schon in dem letzten<lb/> Horoſkop Lloyd Georges hatte Miß Bart<lb/> die Umwandlung der engliſchen Monarchie<lb/> in eine Republik geweisſagt, nun wiederholt<lb/> ſie, da ſich die Weltgeſchichte unbegreiflicher-<lb/> weiſe geirrt hat, ihren ſibylliſchen Spruch.</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#aq">Konzert-Vorschau</hi> </head><lb/> <p>Am Sonntag, den 20. Januar, finden ſtatt:<lb/> 7½ Uhr im Herkulesſaal der Mozart-Abend des<lb/><hi rendition="#g">Münchner Streichquartetts</hi>.</p><lb/> <p>Abends 8 Uhr im Odeon das <hi rendition="#g">Meiſterkon-<lb/> zert zugunſten der Altershilfe</hi> (unter<lb/> dem Protektorat des Herrn Miniſterpräſidenten<lb/> Dr. Held). Leitung: Staatskapellmeiſter Karl<lb/> Elmendorff. Mitwirkende: Kammerſängerin Eliſa-<lb/> beth Feuge, Kammerſängerin Luiſe Willer, Kam-<lb/> merſänger Paul Bender, Staatsopernſänger Ju-<lb/> lius Patzak, Kammerſänger Wilhelm Rode, das<lb/> Studeny-Quartett unter Mitwirkung von Kam-<lb/> mervirtuos Prof. Karl Wagner.</p><lb/> <p>Karten bei Bauer, Halbreiter, Schmid, im<lb/> Amtl. Bayer. Reiſebüro und an der Abendkaſſe.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p><hi rendition="#b">Kammerſpiele im Schauſpielhaus.</hi> Es iſt der<lb/> Direktion im Schauſpielhaus gelungen, <hi rendition="#g">Karl<lb/> Valentin</hi> und <hi rendition="#g">Lisl Karlſtadt</hi> für ein<lb/> Gaſtſpiel zu gewinnen. Die Künſtler werden am<lb/> Sonntag, den 20. Januar, nach „Charleys Tante“,<lb/> mit Heinz Rühmann in der Titelrolle, die<lb/> „<hi rendition="#g">Rundfunkſzene</hi>“ ſpielen. Beginn: 3½ Uhr.</p> </div><lb/> <cb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#u"> <hi rendition="#aq">Deutsche Stunde in Bayern</hi> </hi> </hi> </head><lb/> <list> <item>Samstag, den 19. Januar 1929.<lb/> 6.45 Morgengymnaſtik.<lb/> 11.45 Im Bedarfsfalle Nachtrag zum Schnee-<lb/> bericht.<lb/> 14.30 Unterhaltungskonzert. Ausgef. mit Schall-<lb/> platten vom Muſikhaus Alfred Schmid<lb/> Nachf. (Unico Henſel), München, Reſidenz-<lb/> ſtraße 7. 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Schließ-<lb/> lich zitierte man einen Tierſtimmenimitator,<lb/> der dem Hahn etwas vorkrähen mußte;<lb/> man hoffte; das würde den Böswilligen<lb/> zum Erwidern anregen; aber er legte nur<lb/> den Kopf auf die Seite und ſtarrte die<lb/> menſchliche Konkurrenz verblüfft an.<lb/> Schließlich kam man auf die Idee, der Hahn<lb/> würde antworten, wenn er den Kräher nicht<lb/> ſehen würde. Der Mann ging auf die<lb/> Straße und krähte dort aus Leibeskräften<lb/> weiter, — gerade jedoch als der Hahn An-<lb/> ſtalten machte, endlich zu erwidern, brach<lb/> das Krähen plötzlich ab. Es ſtellte ſich dann<lb/> heraus, daß ein Poliziſt den Mann ver-<lb/> haftet hatte, weil er ihn für — geiſtesgeſtört<lb/> hielt!</p> </div><lb/> <div type="jAn" n="2"> <gap reason="insignificant"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0009]
Freitag, den 18. Januar „AZ am Abend“ Nr. 15
Wann werden Strafen für
Kindsmißhandlung erhöht
Nur 6 Monate Geſängnis
Amberg, 17. Januar.
Eine Beſtie in Menſchengeſtalt iſt der
verheiratete Hirte Ludwig Breit-
ſchacht in Degerndorf. Er ſchlug mit einem
ſtarken Fichtenſtecken, an dem ſich noch zahl-
reiche Stücke abgehackter Aeſte befanden,
ſeine ſechsjährige Tochter aus Wut
darüber, daß ſie ihm nicht ſofort Waſſer
holte, ſo lange auf den Kopf, bis der Prügel
abbrach. Schließlich warf er das Kind auf
die Straße, wo es bewußtlos liegen blieb.
So oft es ſich wieder erheben wollte, ſtieß er
es mit dem Fuß nieder. Das Kind erlitt
einen Schlüſſelbeinbruch. Breitſchacht war
vom Schöffengericht Amberg wegen Körper-
verletzung zu ſechs Monaten Gefängnis ver-
urteilt worden. Die von ihm eingelegte
Berufung wurde nun verworfen.
Vier Mädchen
durch Kohlengas vergiftet
Rettung im letzten Augenblick
Würzburg, 17. Januar.
Wie der „Würzburger Generalanzeiger“
aus Schonungen berichtet, vernahm die Frau
eines hier wohnenden Schweinfurter Ange-
ſtellten in einer der letzten Nächte aus dem
anſtoßenden Schlafzimmer ihrer Kinder ein
Röcheln, das ſie und ihren Mann zur Nach-
ſchau veranlaßte. Zu ihrem Schrecken nah-
men die Eltern wahr, daß ihre vier Mäd-
chen im Alter bis zu 20 Jahren teilweiſe
bewußtlos waren. Mit Hilfe eines Arztes
gelang es, die Kinder, die ſich ſtark erbre-
chen mußten, wieder auf den Weg der Beſſe-
rung zu bringen.
Durch Verſagen einer am Hausſchlot an-
gebrachten Windklappfahne waren die durch
Brikettfeuerung im Ofen erzeugten Kohlen-
gaſe vom Kamin aus wieder in das Zimmer
zurückgedrängt worden.
Seinen Kollegen
im Gerichtsſaal erſchoſſen
Der Mordprozeß gegen den Redakteur
Pöffl
Wien, 17. Januar.
Der auf vier Tage berechnete Mordprozeß
gegen den früheren Redakteur des „Neuen
Wiener Journals“ Oskar Pöffl, der
im Juni 1928 im Verlaufe einer Gerichts-
verhandlung ſeinen früheren Kollegen, den
Redakteur des „Neuen Wiener Journals“
Bruno Wolf durch vier Revolverſchüſſe
tötete, hat begonnen. 40 Zeugen, vorwie-
gend Journaliſten, ſind geladen.
Die Verhandlung erfuhr geſtern nachmit-
tag dadurch eine vorzeitige Unterbrechung,
daß der eine Verteidiger Dr. Gürtig durch
Gerichtsbeſchluß ſeiner Tätigkeit als Vertei-
diger des Angeklagten Pöffl enthoben
wurde, weil er wiederholt der Mahnung des
Vorſitzenden, ſich in ſeiner Frageſtellung auf
das Prozeßthema zu beſchränken nicht Folge
leiſtete.
Der Film „Die Hellſeherin“
bleibt verboten
Die Filmoberprüfſtelle hat das von der
Filmprüfſtelle ausgeſprochene Verbot des
Filmes „Die Hellſeherin“ in dem die durch
ihren Prozeß in Inſterburg bekannt gewor-
dene Frau Günther-Geffers die Rolle der
Hellſeherin ſpielt, beſtätigt. Kriminalrat
Gennat vom Berliner Polizeipräſidium er-
klärte als Sachverſtändiger, daß die Krimi-
nalpolizei nach dem Kriege ein beſonderes
Verſuchsdezernat eingerichtet habe, in dem
alle die Fälle nachgeprüft worden ſeien, in
denen angeblich der Tatbeſtand durch Hell-
ſeherei aufgeklärt ſein ſolle. Die Nach-
prüfung aller dieſer Fälle ſei aber negativ
verlaufen. Gerade Frau Günther-Geffers
habe in der letzten Zeit verſchiedentlich ver-
ſucht, Kriminalfälle aufzuklären, jedoch ſtets
ohne Erfolg. Bei jedem großen Kriminal-
fall werde die Kriminalpolizei von Hell-
ſehern, Aſtrologen, Radiologen uſw. über-
laufen, die als unerwünſchte Mitarbeiter
angeſehen werden und der Kriminalpolizei
durch falſche Spuren ungeheure Arbeit ver-
urſachten. Man könne ſogar direkt von
einer Hellſehereiinduſtrie ſprechen. Die
Filmoberprüſſtelle kam nach längerer Bera-
tung zu einer Beſtätigung des Verbotes,
weil der Film geeignet ſei, die Oeffentlich-
keit irre zu führen.
Auch der Winter in Berchtesgaden lockt!
[Abbildung Ein Ski-Paradies, das Steinerne Meer mit Schönfeldſpitze]
Ein Maler und ſein Modell
Tragödie in der Londoner Bohême
Es gibt noch eine Bohême in London:
Der Tod des zwanzigjährigen Malers
Atkinſon vor dem Gasofen ſeines Ate-
liers hat eine Tragödie von Kunſt, Armut
und Liebe ans Licht gebracht, die alle
Elemente jener totgeglaubten Welt enthält.
Wer die wohlgenährten Beſucher der Künſt-
lerkneipen von Chelſea, des Studio-Klubs
oder der berühmten Kunſtſpelunke „Zum
Schinkenbein“ geſehen hat, mußte zu der
Ueberzeugung kommen, daß die Zeit des
Hungerns für die Kunſt endgültig vorbei
iſt. Und wer gar die Literatenkreiſe von
Bloomsbury kennt, trägt ſich längſt mit dem
Verdacht, daß auch die letzten Reſte von
„Künſtlerleben“ purer Snobbismus ſind.
Doch die Geſchichte des jungen Malers be-
weiſt, daß es immer noch arme Ritter der
Kunſt,
Don Quichottes der Bohême
gibt.
Atkinſon war der Sohn eines Bergmanns
in Rotherham. Schon als Kind erregten
ſeine Zeichnungen allgemeine Aufmerkſam-
keit. Während er das Handwerk eines An-
ſtreichers und Schilderzeichners erlernte,
malte er in ſeiner Freizeit Aquarelle. Als
während des Generalſtreiks im Jahre 1926
die Arbeit ruhte, beſchloß er, ſie ganz auf-
zugeben und auf gut Glück nach London zu
gehen. Er legte die Reiſe zu Fuß zurück und
hielt ſich zunächſt durch Schildermalen über
Waſſer. Es gelang ihm bald, einige kleine
Bilder zu verkaufen, und nach einem Jahre
beſaß er ein Atelier in Chelſea, dem Künſt-
lerquartier von London. Mit
viel Enthuſiasmus und wenig Geld
entwickelte er ſich zu einem Maler, deſſen
Bilder zwar ſelten gekauft, aber immerhin
ſchon beſprochen wurden. Ein Kunſthändler,
der ihn gelegentlich unterſtützte, erklärt, daß
Atkinſon in kurzer Zeit bekannt, ja be-
rühmt geworden wäre, da er ein ungewöhn-
liches Talent beſaß. Doch auf der Schwelle
des Erfolges begann ſein Unglück.
Das Unglück hieß Dolores und war
eine ſtadtbekannte Schönheit, die in unzäh-
ligen Bildern und Skulpturen verewigt
worden iſt. Dolores iſt ein Modell und ver-
dient es zu ſein. Sie iſt nicht mehr jung —
ſie gibt ſelbſt 36 Jahre zu — aber das er-
höht nur ihre
außergewöhnliche Schönheit.
Atkinſon verliebte ſich, wie viele andere vor
ihm, auf den erſten Blick in Dolores. Er
malte ſie, bedichtete ſie mit durchaus anſehn-
lichen Verſen und machte ihr Geſchenke, die
ſeine geringen Erſparniſſe und ſeinen noch
geringeren Kredit bald erſchöpften. Die
Reporter behaupten, er habe ſie heiraten
wollen, aber das iſt ſicherlich eine Erfin-
dung, die der Geſchichte einen Rahmen von
Wohlanſtändigkeit geben ſoll, ohne den das
engliſche Publikum ſich nicht getrauen würde,
den jungen Selbſtmörder offen zu bemit-
leiden. Es ging um mehr als einen zurück-
gewieſenen Heiratsantrag. Dolores teilte
des Malers Atelierwohnung und mußte bald
die letzte Zigarette, das letzte Stück Brot
mit ihm teilen. Sie hielt die Armut nicht
lange aus und verſchwand eines Tages, um
zu einem beſſer ſituierten Künſtler zu zie-
hen. Der Zwanzigjährige
überlebte die Enttäuſchung nicht.
Man fand ihn, eine Bettdecke über den Kopf
gezogen, über die geöffneten Hähne des
Gasofens gelehnt. Er war tot, und ſein
Vater, der Bergmann, erbt nur ein paar
Bilder und ein Bündel ſeltſamer Liebes-
gedichte.
Die ſchöne Dolores aber fanden die Re-
porter in einer kleinen Kirche kniend, ange-
tan mit einem neuen Pelzmantel. Sie blieb
in dieſer Stellung, bis ſich die Kirche geleert
hatte und der Geiſtliche verwundert auf ſie
zutrat. Da brach ſie ohnmächtig zuſammen.
Später, vor einer Taſſe Kaffee, erzählte ſie,
haftig rauchend, jedem, der es hören wollte,
die Geſchichte eines jungen Malers.
„Er hätte mein Sohn ſein können,“
ſagte Dolores.
Lloyd George — Präſident
der Republik England
Die amerikaniſche Aſtrologin Belle Bart
hatte für 1928 dem großen engliſchen
Staatsmann Lloyd George das Horoſkop
geſtellt. Sie kommt dabei zu dem kühnen
Schluß, daß Lloyd George im Laufe des
Jahres 1929 zu den höchſten Ehren gelan-
gen wird, und zwar ſtellt ſie die phanta-
ſtiſche Prophezeiung auf, daß England —
Republik und Lloyd George der erſte Prä-
ſident werden wird. Schon in dem letzten
Horoſkop Lloyd Georges hatte Miß Bart
die Umwandlung der engliſchen Monarchie
in eine Republik geweisſagt, nun wiederholt
ſie, da ſich die Weltgeſchichte unbegreiflicher-
weiſe geirrt hat, ihren ſibylliſchen Spruch.
Konzert-Vorschau
Am Sonntag, den 20. Januar, finden ſtatt:
7½ Uhr im Herkulesſaal der Mozart-Abend des
Münchner Streichquartetts.
Abends 8 Uhr im Odeon das Meiſterkon-
zert zugunſten der Altershilfe (unter
dem Protektorat des Herrn Miniſterpräſidenten
Dr. Held). Leitung: Staatskapellmeiſter Karl
Elmendorff. Mitwirkende: Kammerſängerin Eliſa-
beth Feuge, Kammerſängerin Luiſe Willer, Kam-
merſänger Paul Bender, Staatsopernſänger Ju-
lius Patzak, Kammerſänger Wilhelm Rode, das
Studeny-Quartett unter Mitwirkung von Kam-
mervirtuos Prof. Karl Wagner.
Karten bei Bauer, Halbreiter, Schmid, im
Amtl. Bayer. Reiſebüro und an der Abendkaſſe.
Kammerſpiele im Schauſpielhaus. Es iſt der
Direktion im Schauſpielhaus gelungen, Karl
Valentin und Lisl Karlſtadt für ein
Gaſtſpiel zu gewinnen. Die Künſtler werden am
Sonntag, den 20. Januar, nach „Charleys Tante“,
mit Heinz Rühmann in der Titelrolle, die
„Rundfunkſzene“ ſpielen. Beginn: 3½ Uhr.
Deutsche Stunde in Bayern
Samstag, den 19. Januar 1929.
6.45 Morgengymnaſtik.
11.45 Im Bedarfsfalle Nachtrag zum Schnee-
bericht.
14.30 Unterhaltungskonzert. Ausgef. mit Schall-
platten vom Muſikhaus Alfred Schmid
Nachf. (Unico Henſel), München, Reſidenz-
ſtraße 7. Deutſche Pioniere im Ausland.
15.30 Eine Viertelftunde Deutſche Volksgeſchichte.
16.00 Unterhaltungskonzert des Kammerquartetts
Anny Roſenberger. Mitwirkend: Ema-
nuel Gianna (Bariton) — Am Flügel:
Richard Staab.
17.30 Das Volk und ſeine Kulturkräfte. Vor-
trag von Dr. Franz Bernauer.
18.00 Schrammelkonzert Karl Weiß — Joſef
Riederer — Max Rotbahler.
18.35 Arbeitsmarktbericht.
19.00 Funkbriefkaſten.
19.30 Leſeſtunde. Moderne norwegiſche Litera-
tur. Kampf um den Fiſch — Ein Kapitel
aus dem Roman „Die Lofotfiſcher“ von
Johanna Bojer. — Geleſen von Rud. Hoch.
20.00 Heiterer Abend.
22.20 Abendmelbungen.
22.45—24.00 Tanzmuſik Kapelle Heinrich Frick.
Uebertragung aus der Galerie Arkadia,
München
0.30—1.30 Nachtkonzert des Rundfunktrios.
Wenn ein Hahn
nicht krähen will
Seltſame Dinge ereignen ſich in Holly-
wood in Zuſammenhang mit dem Sprech-
film. Kürzlich ſollte in einem Bilde ein
Hahn krähen — aber er tat es nicht. Schließ-
lich zitierte man einen Tierſtimmenimitator,
der dem Hahn etwas vorkrähen mußte;
man hoffte; das würde den Böswilligen
zum Erwidern anregen; aber er legte nur
den Kopf auf die Seite und ſtarrte die
menſchliche Konkurrenz verblüfft an.
Schließlich kam man auf die Idee, der Hahn
würde antworten, wenn er den Kräher nicht
ſehen würde. Der Mann ging auf die
Straße und krähte dort aus Leibeskräften
weiter, — gerade jedoch als der Hahn An-
ſtalten machte, endlich zu erwidern, brach
das Krähen plötzlich ab. Es ſtellte ſich dann
heraus, daß ein Poliziſt den Mann ver-
haftet hatte, weil er ihn für — geiſtesgeſtört
hielt!
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(2022-03-29T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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