Allgemeine Zeitung, Nr. 160, 8. Juni 1860.[Spaltenumbruch]
welches mehr als 200 Patrioten zur sechsmonatlichen Verbannung nach der Chambery. Der Gouverneur der Provinz Chambery hat an die Chambery, 30 Mai. "Mein Herr! Wir nahen dem glücklichen Augen- Der Erzbischof richtete an den Klerus seiner Diöcese folgende Adresse: Chambery, 28 Mai. Mein Herr, die Vereinigung von Savoyen mit Frank- Mailand, 2 Jun. Unsere Italianissimi sind sehr unzufrieden daß viele Ionische Inseln. Korfu, 19 Mai. Die Nachrichten aus Sicilien haben auf den joni- Türkei. * Damaskus, 17 Mai. Unsere Nachrichten aus Bagdad reichen Neueste Posten. München, 6 Jun. + Zur Berichtigung einer in Nr. 145 der @ München, 7 Jun. Weiteren Nachrichten aus Darmstadt zu- Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges. Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. [Spaltenumbruch]
welches mehr als 200 Patrioten zur ſechsmonatlichen Verbannung nach der Chambery. Der Gouverneur der Provinz Chambery hat an die Chambery, 30 Mai. „Mein Herr! Wir nahen dem glücklichen Augen- Der Erzbiſchof richtete an den Klerus ſeiner Diöceſe folgende Adreſſe: Chambery, 28 Mai. Mein Herr, die Vereinigung von Savoyen mit Frank- Mailand, 2 Jun. Unſere Italianiſſimi ſind ſehr unzufrieden daß viele Ioniſche Inſeln. Korfu, 19 Mai. Die Nachrichten aus Sicilien haben auf den joni- Türkei. * Damaskus, 17 Mai. Unſere Nachrichten aus Bagdad reichen Neueſte Poſten. München, 6 Jun. + Zur Berichtigung einer in Nr. 145 der ʘ München, 7 Jun. Weiteren Nachrichten aus Darmſtadt zu- Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges. Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung. <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0008" n="2672"/><cb/> welches mehr als 200 Patrioten zur ſechsmonatlichen Verbannung nach der<lb/> Inſel Portoferrajo und zur Kerkerhaft verurtheilte, wörtlich ſagte: „zu<lb/> warme Gefühle für das Vaterland hegen!“</p> </div> <div type="jArticle" n="3"><lb/> <dateline> <hi rendition="#b">Chambery.</hi> </dateline> <p>Der Gouverneur der Provinz Chambery hat an die<lb/> Syndiken folgendes Rundſchreiben erlaſſen:</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Chambery,</hi> 30 Mai. „Mein Herr! 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Auf die Befeſtigung Pola’s verwendet Oeſter-<lb/> reich große Summen, und die Arbeiten werden beſchleunigt. In Mailand<lb/> herrſcht großer Enthuſiasmus für Garibaldi, und ſchon klagt man über die<lb/> Unthätigkeit Cavours. Die Landbewohner leiden viel. Sie beklagen den<lb/> Verluſt des öſterreichiſchen Syſtems, welches ſehr milde war, jetzt ſind ſie von<lb/> Steuern erdrückt. (<hi rendition="#g">Ami de la Religion.</hi>)</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ioniſche Inſeln.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Korfu,</hi> 19 Mai.</dateline> <p>Die Nachrichten aus Sicilien haben auf den joni-<lb/> ſchen Inſeln eine bedeutende Aufregung hervorgerufen, und unter den zahlreichen<lb/> Unzufriedenen allerlei ſanguiniſche Hoffnungen erzeugt, deren Verwirklichung<lb/> in das Reich der griechiſchen Träume gehört. 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So iſt unter andern kürzlich ein<lb/> franzöſiſcher Schützling, ein ehrbarer und friedlicher Mann, durchgeprügelt<lb/> worden, weil er während des Ramadans auf der Straße ſeine Cigarette ge-<lb/> raucht hatte. — Der Bruder und andere Verwandte Omer Paſcha’s ſind am<lb/><cb/> 7 d. mit 60 ſchönen dem Ex-Serdar Ekrem gehörenden Pferden abgereist.<lb/> Der berühmte Schech Farhan, Oberhaupt des großen Stammes Schammar-<lb/> Dſcherba, gibt ihnen das Geleite. — Die Diebe welche dem Venetianer <hi rendition="#aq">Dr.</hi><lb/> Nani ſeine ſämmtlichen Erſparniſſe geraubt haben, ſind in Perſien aufgegrif-<lb/> fen worden. Es fragt ſich nur ob <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Nani ſein Eigenthum wieder erhält,<lb/> oder ob es, wie ſchon oft der Fall geweſen, nur in andere Hände geräth, und<lb/> die urſprünglichen Diebe ſich damit die Freiheit erkaufen. — Am 5 d. erfolgte<lb/> hier in Damaskus, wie gewöhnlich, die Abreiſe des Paſcha’s welcher die Pilger<lb/> nach Mekka zu geleiten hat. 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Während ſeines Aufenthalts hatte er Gelegenheit die intereſſanteſten Orte<lb/> und Perſönlichkeiten der Stadt zu beſuchen, und iſt namentlich von Abdel Kader aufs<lb/> freundlichſte empfangen worden. Die hieſigen Iſraeliten haben ihm zu Ehren<lb/> im Hauſe des Hrn. Raphael Levi ein großes Feſt veranſtaltet. Er iſt am 8 d.<lb/> nach Baalbek und Beyrut abgereist, wo er bereits am 13ten eingetroffen iſt.<lb/> — Seit dem 10ten d. M. befinden ſich auch der Graf von Paris und der<lb/> Herzog von Chartres hier, welche unter belgiſchem Schutz als HH. v. Veil-<lb/> lers reiſen. Ihr Gefolge iſt ziemlich zahlreich; darunter befinden ſich na-<lb/> mentlich der Marquis v. Beauvoir, Hr. Maurain, der Arzt le Clerc, Hr.<lb/> v. Segur ꝛc. Die erlauchten Reiſenden wollten nicht in der Stadt ſelbſt<lb/> wohnen, obgleich der belgiſche Conſul ihnen ſein Haus zur Verfügung ge-<lb/> ſtellt hatte; ſie zogen es vor in einem Garten außerhalb der Stadt unter<lb/> Zelten zu bleiben. Der Seriasker hat ihnen gleich nach ihrer Ankunft eine<lb/> Ehrenwache zugetheilt, beſtehend aus 4 Ordonnanzunterofficieren und eini-<lb/> gen Soldaten, und am folgenden Tage perſönlich ſeine Aufwartung gemacht.<lb/> Vom franzöſiſchen Conſul haben ſie nicht den geringſten Dienſt angenommen,<lb/> die Anerbietungen des griechiſchen dagegen lehnten ſie nicht ab.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Neueſte Poſten.</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">München,</hi> 6 Jun.</dateline> <p>+ Zur Berichtigung einer in Nr. 145 der<lb/> Allg. 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B. die gegen ſonſt viel größere Strenge<lb/> bei der Einberufung zum Militärdienſt, das Verbleiben der meiſten Theologen<lb/> auf den Lyceen — alſo nicht bloß keine auffallende Minderung, ſondern im<lb/> Gegentheil eine Mehrung der Geſammtzahl, welche als eine um ſo erfreu-<lb/> lichere erſcheinen muß, da ſie vornehmlich durch die Zunahme des Fremden-<lb/> beſuchs herbeigeführt worden iſt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>ʘ <hi rendition="#b">München,</hi> 7 Jun.</dateline> <p>Weiteren Nachrichten aus Darmſtadt zu-<lb/> folge ſollte der Beſuch JJ. MM. des Königs und der Königin in der Pfalz<lb/> noch etwas früher als anfänglich beabſichtigt erfolgen, indem dieſelben ſchon<lb/> morgen, am 9 d., nach Speyer ſich begeben wollten. Da der Prinz-Regent<lb/> von Preußen erſt am 11 zu Baden-Baden eintreffen wird, ſo wird auch die<lb/> Abreiſe Sr. Maj. des Königs Max dahin um etliche Tage ſpäter erfolgen,<lb/> die nun zu dem Ausflug nach der Pfalz benützt werden. Morgen früh wird<lb/> Se. Maj. König Ludwig, der geſtern Abend wieder hier eingetroffen iſt, eben<lb/> dahin zu mehrmonatlichem Aufenthalt abreiſen. — Der feierlichen Fron-<lb/> leichnamsproceſſion, bei welcher der in Folge ſeines mehrwöchentlichen Auf-<lb/> enthalts in der wohlthätigen Gebirgsluft von Reichenhall ſichtlich wieder nach<lb/> ſeiner ſchweren Erkrankung erſtarkte Erzbiſchof Gregor von München-Freiſing<lb/> ſelbſt das Allerheiligſte trug, wohnten außer dem Prinzen Luitpold, der die<lb/> Stelle Sr. Maj. des Königs vertrat, und dem Prinzen Adalbert, auch die<lb/> ſämmtlichen HH. Miniſter, die Staatsräthe im ordentlichen Dienſt, die Ge-<lb/> neralität, dann Deputationen aller Miniſterien, der Kreisregierung, der<lb/> übrigen höchſten Gerichts- und Verwaltungsbehörden, der Univerſität, der<lb/> Akademie der bildenden Künſte, der beiden ſtädtiſchen Collegien, die beiden<lb/> HH. Bürgermeiſter der Hauptſtadt an der Spitze u. ſ. w., bei. 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welches mehr als 200 Patrioten zur ſechsmonatlichen Verbannung nach der
Inſel Portoferrajo und zur Kerkerhaft verurtheilte, wörtlich ſagte: „zu
warme Gefühle für das Vaterland hegen!“
Chambery.Der Gouverneur der Provinz Chambery hat an die
Syndiken folgendes Rundſchreiben erlaſſen:
Chambery, 30 Mai. „Mein Herr! Wir nahen dem glücklichen Augen-
blick unſerer definitiven Einverleibung in Frankreich, das wird für ganz Savoyen
ein nationaler Feſttag ſeyn, und um dem allgemeinen Wunſche zu entſprechen,
haben wir, der Gouverneur von Annecy und ich, es für ſchicklich gehalten ſolgende
Berfügungen zu treffen: 1) die Proclamation des Senatsconſults, welche die Ein-
verleibung Savoyens in Frankreich erklärt, ſoll in jeder Gemeinde ſofort nach
ihrem Eintreffen bekannt gemacht werden. 2) Dieſe Bekanntmachung ſoll mit
der größtmöglichen Feierlichkeit geſchehen und in allen Ortſchaften durch Böller-
ſchüſſe angezeigt werden. 3) Die franzöſiſche Nationalfahne ſoll ſofort auf allen
Gemeindehäuſern aufgezogen werden. 4) Der erſte Sonntag nach dieſer Bekannt-
machung ſoll ein Nationalfeſttag ſeyn. 5) Dieſes ewig denkwürdige Feſt ſoll früy
Morgens überall durch Böllerſchüſſe oder ſonſtige möglichſt viel Eclat machende
Mittel verkündet werden ꝛc.“
Der Erzbiſchof richtete an den Klerus ſeiner Diöceſe folgende Adreſſe:
Chambery, 28 Mai. Mein Herr, die Vereinigung von Savoyen mit Frank-
reich war lange Gegenſtand einſtimmiger Wünſche der Bevölkerung; jetzt wo ſie
ausgeſprochen werden ſoll, müſſen wir Gott dafür danken; aber gleichzeitig muß
man den Schutz des Himmels für die Zukunft anrufen, und inbrünſtig bitten daß
dieſes wichtige Ereigniß günſtig ſey für Religion und Seelenheil. Wir fordern
Sie deßhalb auf, an dem Tag welchen die Localbehörde feſtſetzen wird, ein Tedeum
zu ſingen, gefolgt von Ertheilung des Segens mit dem „Domine salvum fac
Imperatorem nostrum Napoleonem“ und dem Gebet: „Quaesumus, omni-
potens Deus ut famulus tuus Napoleon, Imperator noster etc. Sie
werden ſich deßhalb mit dem Communalrath verſtändigen. Es würde den kano-
niſchen Regeln widerſprechen außerhalb der kirchlichen Ceremonien zu läuten, um
den Anſchluß anzuzeigen, aber Sie können erlauben daß während des Tedeums ſo
feierlich als man wünſcht geläutet werde. Ich bin mit aufrichtiger Ergebenheit ꝛc.
† Alexis, Erzbiſchof.
Mailand, 2 Jun.Unſere Italianiſſimi ſind ſehr unzufrieden daß viele
franzöſiſche Officiere nach Venedig giengen, um dieſe Stadt zu ſehen bevor ſie
Italien verlaſſen. Marſchall Vaillant hatte die Erlaubniß dazu ertheilt; der
öſterreichiſche Generalſtab wurde in Kenntniß geſetzt und die franzöſiſchen Offi-
ciere wurden im ganzen Venetianiſchen aufs beſte aufgenommen. Man arbeitet
fortwährend an den Feſtungswerken von Verona, wo man Redouten nach dem
Muſter jener von Sebaſtopol aufführt. Jeden Tag langen gezogene Kanonen
an, um die alten zu erſetzen. Auf die Befeſtigung Pola’s verwendet Oeſter-
reich große Summen, und die Arbeiten werden beſchleunigt. In Mailand
herrſcht großer Enthuſiasmus für Garibaldi, und ſchon klagt man über die
Unthätigkeit Cavours. Die Landbewohner leiden viel. Sie beklagen den
Verluſt des öſterreichiſchen Syſtems, welches ſehr milde war, jetzt ſind ſie von
Steuern erdrückt. (Ami de la Religion.)
Ioniſche Inſeln.
Korfu, 19 Mai.Die Nachrichten aus Sicilien haben auf den joni-
ſchen Inſeln eine bedeutende Aufregung hervorgerufen, und unter den zahlreichen
Unzufriedenen allerlei ſanguiniſche Hoffnungen erzeugt, deren Verwirklichung
in das Reich der griechiſchen Träume gehört. Der Lord Obercommiſſär und
ſeine Trabanten halten ſcharfe Wacht, und jede Kundgebung von Unzufrieden-
heit, jede Aeußerung des Nationalgefühls wird ſogleich unterdrückt und un-
nachſichtlich geahndet. Das Polizeiſyſtem iſt hier ſo gut ausgebildet als dieß
nur irgendwo in einem deſpotiſch regierten Staat der Fall ſeyn kann, und da
man diejenigen genan kennt denen man eine Auflehnung gegen die engliſche
Herrſchaft zutrauen darf, ſo werden ſie ſorgfältig überwacht und dadurch un-
ſchädlich gemacht. Der Lord Obercommiſſär regiert hier nicht viel beſſer als
ein türkiſcher Paſcha, und ſeine Untergebenen verſtehen es ſehr gut die Rolle
der Kawaſſen zu ſpielen. Was die Jonier am meiſten empört, iſt die ſchroffe
Rückſichtsloſigkeit und Verachtung mit der ihnen die Engländer bei jeder Ge-
legenheit begegnen. So hat man ihnen in der jüngſten Zeit, wo ſie nach dem
Vorgang der Italiener das Nationalitätsprincip und das von der engliſchen
Preſſe ſo warm bevorwortete Recht der Selbſtbeſtimmung geltend machen
wollten, die Entgegnung zugeſchleudert ſie hätten keine Nationalität, ſondern
ſeyen ein zuſammengewürfeltes Gefindel, das es ſich zur Ehre anrechnen
müſſe wenn ſich ein Engländer mit ihm befaſſen möge. (Fr. Poſtztg.)
Türkei.
* Damaskus, 17 Mai.Unſere Nachrichten aus Bagdad reichen
bis 25 April; ſie melden daß die Bevölkerung der Stadt ſich mit dem neuen
Muſchir Muſtapha Paſcha unzufrieden zeige, da er den ganzen Tag nichts
thue als beten, alle Angelegenheiten ſeinem Stellvertreter und dem Rath über-
laſſe, die eingebornen Beamten vor die Thüre ſetze und an ihre Stellen ſeine
Günſtlinge ernenne die ſich nur mit dem Fett des Volks mäſten wollen. Seit
der Abreiſe Omer Paſcha’s, ſagt der Briefſteller, erhebt die fanatiſche Partei
wieder kühn ihr Haupt, und läßt ihren Groll beſonders an den Rayas aus,
welche auf alle Weiſe mißhandelt werden. So iſt unter andern kürzlich ein
franzöſiſcher Schützling, ein ehrbarer und friedlicher Mann, durchgeprügelt
worden, weil er während des Ramadans auf der Straße ſeine Cigarette ge-
raucht hatte. — Der Bruder und andere Verwandte Omer Paſcha’s ſind am
7 d. mit 60 ſchönen dem Ex-Serdar Ekrem gehörenden Pferden abgereist.
Der berühmte Schech Farhan, Oberhaupt des großen Stammes Schammar-
Dſcherba, gibt ihnen das Geleite. — Die Diebe welche dem Venetianer Dr.
Nani ſeine ſämmtlichen Erſparniſſe geraubt haben, ſind in Perſien aufgegrif-
fen worden. Es fragt ſich nur ob Dr. Nani ſein Eigenthum wieder erhält,
oder ob es, wie ſchon oft der Fall geweſen, nur in andere Hände geräth, und
die urſprünglichen Diebe ſich damit die Freiheit erkaufen. — Am 5 d. erfolgte
hier in Damaskus, wie gewöhnlich, die Abreiſe des Paſcha’s welcher die Pilger
nach Mekka zu geleiten hat. Die Anzahl der Wallfahrer die zugleich türkiſche
Unterthanen ſind, iſt heuer ſehr klein; überhaupt hat ſie, wie man bemerken
konnte, ſeit dem Krimkrieg bedeutend abgenommen. Indeß nehmen etwa tau-
ſend fremde Pilgrime, meiſt Perſer, Dagheſtaner und Indier an der heurigen
Wallfahrt Theil. In Ermangelung einer größern Anzahl Pilger findet der
fromme Moslim jedoch ſeinen Troſt in dem heiligen Oel, den Pechfackeln und der
Fahne des Propheten, die, mit Militärmuſik, unter Voraustritt der vornehm-
ſten Ulemas ꝛc., in Proceſſion in der Stadt herumgetragen werden, nicht auf
einmal, ſondern an verſchiedenen Tagen. Die Pilger ſelbſt treten ihre Reiſe
erſt 4 bis 5 Tage nach dem Paſcha-Führer an, damit dieſer mittlerweile die
nöthigen Vorkehrungen für die Sicherheit der Karawane treffen kann. — Frhr.
Nath. v. Rothſchild iſt von Jeruſalem, Tiberias und Saffet am 2 d. hier eingetrof-
fen. Während ſeines Aufenthalts hatte er Gelegenheit die intereſſanteſten Orte
und Perſönlichkeiten der Stadt zu beſuchen, und iſt namentlich von Abdel Kader aufs
freundlichſte empfangen worden. Die hieſigen Iſraeliten haben ihm zu Ehren
im Hauſe des Hrn. Raphael Levi ein großes Feſt veranſtaltet. Er iſt am 8 d.
nach Baalbek und Beyrut abgereist, wo er bereits am 13ten eingetroffen iſt.
— Seit dem 10ten d. M. befinden ſich auch der Graf von Paris und der
Herzog von Chartres hier, welche unter belgiſchem Schutz als HH. v. Veil-
lers reiſen. Ihr Gefolge iſt ziemlich zahlreich; darunter befinden ſich na-
mentlich der Marquis v. Beauvoir, Hr. Maurain, der Arzt le Clerc, Hr.
v. Segur ꝛc. Die erlauchten Reiſenden wollten nicht in der Stadt ſelbſt
wohnen, obgleich der belgiſche Conſul ihnen ſein Haus zur Verfügung ge-
ſtellt hatte; ſie zogen es vor in einem Garten außerhalb der Stadt unter
Zelten zu bleiben. Der Seriasker hat ihnen gleich nach ihrer Ankunft eine
Ehrenwache zugetheilt, beſtehend aus 4 Ordonnanzunterofficieren und eini-
gen Soldaten, und am folgenden Tage perſönlich ſeine Aufwartung gemacht.
Vom franzöſiſchen Conſul haben ſie nicht den geringſten Dienſt angenommen,
die Anerbietungen des griechiſchen dagegen lehnten ſie nicht ab.
Neueſte Poſten.
München, 6 Jun.+ Zur Berichtigung einer in Nr. 145 der
Allg. Ztg. verfrüht veröffentlichten Angabe über die Frequenz im gegen-
wärtigen Sommerhalbjahr an der hieſigen Univerſität kann nach nunmehr
völlig beendigter Inſcription aus zuverläſſiger Quelle folgendes bemerkt
werden: Im vergangenen Winterſemeſter befanden ſich hier 1209, im
Sommer 1859 dagegen 1162 Studierende ſämmtlicher fünf Facultäten.
Gegenwärtig ſind deren 1199 wirklich immatriculirt, wozu noch fünfzehn bis
zwanzig kommen dürften, deren Aufnahme wegen ungenügender Erfüllung
der Vorbedingungen bisher beanſtandet werden mußte. Daraus ergibt ſich,
und zwar trotz verſchiedener Verhältniſſe, welche ungünſtig auf die Frequenz
der Studierenden wirken müſſen — z. B. die gegen ſonſt viel größere Strenge
bei der Einberufung zum Militärdienſt, das Verbleiben der meiſten Theologen
auf den Lyceen — alſo nicht bloß keine auffallende Minderung, ſondern im
Gegentheil eine Mehrung der Geſammtzahl, welche als eine um ſo erfreu-
lichere erſcheinen muß, da ſie vornehmlich durch die Zunahme des Fremden-
beſuchs herbeigeführt worden iſt.
ʘ München, 7 Jun.Weiteren Nachrichten aus Darmſtadt zu-
folge ſollte der Beſuch JJ. MM. des Königs und der Königin in der Pfalz
noch etwas früher als anfänglich beabſichtigt erfolgen, indem dieſelben ſchon
morgen, am 9 d., nach Speyer ſich begeben wollten. Da der Prinz-Regent
von Preußen erſt am 11 zu Baden-Baden eintreffen wird, ſo wird auch die
Abreiſe Sr. Maj. des Königs Max dahin um etliche Tage ſpäter erfolgen,
die nun zu dem Ausflug nach der Pfalz benützt werden. Morgen früh wird
Se. Maj. König Ludwig, der geſtern Abend wieder hier eingetroffen iſt, eben
dahin zu mehrmonatlichem Aufenthalt abreiſen. — Der feierlichen Fron-
leichnamsproceſſion, bei welcher der in Folge ſeines mehrwöchentlichen Auf-
enthalts in der wohlthätigen Gebirgsluft von Reichenhall ſichtlich wieder nach
ſeiner ſchweren Erkrankung erſtarkte Erzbiſchof Gregor von München-Freiſing
ſelbſt das Allerheiligſte trug, wohnten außer dem Prinzen Luitpold, der die
Stelle Sr. Maj. des Königs vertrat, und dem Prinzen Adalbert, auch die
ſämmtlichen HH. Miniſter, die Staatsräthe im ordentlichen Dienſt, die Ge-
neralität, dann Deputationen aller Miniſterien, der Kreisregierung, der
übrigen höchſten Gerichts- und Verwaltungsbehörden, der Univerſität, der
Akademie der bildenden Künſte, der beiden ſtädtiſchen Collegien, die beiden
HH. Bürgermeiſter der Hauptſtadt an der Spitze u. ſ. w., bei. Eine un-
geheure Menge von Fremden aus der Nähe und Ferne war hieher geſtrömt.
Das Wetter begünſtigte ſie.
Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges.
Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.
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(2022-02-11T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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