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Allgemeine Zeitung, Nr. 161, 9. Juni 1860.

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In der heutigen dritten Sitzung des Reichsraths
wurde auf die Mittheilung des Erzherzog-Präfidenten, daß ein Finanzcomite
von 21 Mitgliedern niedergesetzt werden dürfe, zur Wahl derselben geschritten,
welche auf folgende Reichsräthe fiel: Graf Andraffy, Graf Apponyi, Fürst
Anersperg, Graf Auersperg, Graf Clam, Fürst Colloredo, Dr. Hein,
Ritter v. Krainski, Edler v. Mayer, Graf Mailath, Graf Merkandin v.
Mocsonyi, Frhr. v. Reyer, Fürst Salm, Frhr. v. Salvotti, Fürst Schwar-
zenberg, Frhr. v. Sokcsevits, Dr. Strasser, Bischof Stroßmayer, Graf
Szecsen, Ritter v. Braniczanyi. (Oesterr. Ztg.)


Der Moniteur veröffentlicht mehrere Decrete, wo-
durch einige Departements ermächtigt werden Anlehen zu machen, oder sich
außerordentlich zu besteuern. Ein anderes Decret verordnet daß auf galva-
nischem Weg vergoldete oder versilberte Waaren künftighin mit einem beson-
dern Stempel versehen seyn müssen; die Stärke der Vergoldung oder Verfil-
berung braucht dagegen nicht mehr angegeben zu werden.

Der Constitutionnel bringt einen zweiten Artikel über den Einfluß
des vermehrten Zuflusses der edlen Metalle.

Das J. des Debats ist uns heute nicht zugegangen.

Der Siecle ruht von seinem gestrigen Hymnus auf Garibaldi aus.
In diesem feurigen Lobgesang wird Garibaldi als Apostel und Heros eines
neuen Princips gepriesen, dessen Triumph die Gestalt der Welt verändern
werde. Die Herrschaft von Neapel, Rom und von Oesterreich in Venedig werde
fallen. Die Dynastie der Bourbonen werde verschwinden, ihr Ende sey nahe.
Das neue Recht, daß die Völker ihre Häupter selbst wählen, erhebe sich, das
göttliche Recht der Könige gehe unter u. s. w.

Die französischen Blätter reproduciren die Rede vollständig, welche der
Prinz Regent in Danzig gehalten hat. Der Monde bemerkt hiezn, die Un-
ruhe in Preußen scheine sich zu legen, und die Artikel des Siecle über die
natürlichen Gränzen scheinen Preußen nicht allzu sehr erschreckt zu haben.

Die Corresp. Havas bringt folgende "zuverlässige" Nachrichten aus
Palermo, als Fortsetzung ihrer frühern Correspondenzen: In Folge des
Gefechts vom 27 Morgens, wobei Garibaldi an der Spitze der Alpenjäger
das Thor San Antonico mit dem Bayonnett nahm und bis in die Mitte der
Stadt vordrang, verließen die Truppen die Caserne San Antonio, den Cen-
tralplatz der vier Cantone und das Thor Marqueda, und sammelten sich im
Hauptquartier. Sie bildeten so eine Linie von der Francesco di Paula-Kirche
bis zu den Casernen der vier Winde, vor dem Staatsgefängniß. Abends
wurde diese Linie forcirt; General Lanza mußte sich in den k. Palast im Sü-
den der Stadt zurückziehen, und war so durch die ganze usurpirte Stadt von
der Citadelle getrennt. Dieß ist die Stellung der Truppen am 28 Morgens.
Im Laufe des Tags räumten sie noch die Gefänguisse, den Bagno, die Ca-
serne der vier Winde, und flüchteten an das Ende des Hafendamms, wo sie
die Boote der neapolitauischen Schiffe herbeiriefen, welche sie aufnahmen.
Abends eröffnen die Insurgenten ein heftiges Gewehrfeuer gegen das Schloß;
es gelingt ihnen vom erzbischöflichen Palast, von wo aus sie auf die Sol-
daten feuern, in das Schloß zu dringen, und die Soldaten müssen die
Gebäude verlassen wo sie sich bis jetzt gehalten hatten. In der Nacht
vom 29 d. werden die Truppen welche die Höhe von Monreale verlassen
haben, und zwischen den Capucinern und dem Dorf Olivezza campiren, fort-
während von bewaffneten Bauern und Bergbewohnern geneckt, und können daher
dem General Lanza im k. Schloß nicht zu Hülfe eilen. 29 Mai. Die Truppen hal-
ten sich noch im Schloß und in der Citadelle, während Garibaldi im Stadt-
haus Maßregeln zur Fortsetzung des Kampfes trifft. Er decretirt die Bil-
dung einer Nationalgarde, die Eröffnung einer Nationalsubscription; serner
erläßt er mit dem städtischen Ausschuß eine Ordonnanz, wornach jedes Ver-
brechen des Diebstahls oder Mordes oder Plünderns mit dem Tod bestraft
wird. Ein amderes Decret verbietet anders als unter der Leitung eines Chefs
sich mit Waffen in der Straße blicken zu lassen. Es ist ferner verboten die
Sbirren zu verfolgen. Ein provisorischer Ausschuß ist mit den Werbungen
beauftragt. Doctor Vincenz Macalessa ist zum Commissär von Girgenti er-
nannt. Ein Brief von dort sagt: Die Truppen hätten mit den Einwohnern
fraternisirt. Die Insurgenten fanden in der Caserne der Gefängnisse vier
Kanonen und einen Zwölspfünder. Die fünf Dampfer welche am 28 Mai
nach der Terminibay abgegangen waren, kommen nach Palermo zurück, ohne
daß es ihnen möglich gewesen wäre ihre 1000 Mann zu landen. Boote
bringen sie nach der Citadelle zurück. Abends machen diese Truppen
einen vergeblichen Versuch dem General Lanza zu Hülfe zu eilen.
Schwestern des St. Vincenzvereins sind im Laufe des Tags von Neapel angekom-
men, um die Berwundeten zu pflegen, können aber nicht in die Stadt und kehren
an Bord des französischen Dampfavisos "Monette" nach Neapel zurück. Um
9 Uhr Abends fängt die Citadelle ihr Feuer wieder an, und eine ungeheure
Feuersbrunst bricht in der Nähe des St. Dominikplatzes aus. Man schätzt die
Zahl der seit dem 27 d. 6 Uhr Morgens auf die Stadt geschleuderten Bom-
ben auf 3000. Ueber 100 sind auf die Markthallen gefallen und haben alle
Buden zerstört. 30 Mai. Die Truppen welche der amtlichen Zeitung zu-
folge den Garibaldianern nachsetzten, kommen von Parco zurück, und werden
an der Porta reale von den Insurgenten unter La Massa empfangen. Der
Präsident des Ausschusses in der Stadt zeigt an, daß der Postverkehr von
morgen an wieder beginnen wird. Eine Proclamation Garibaldi's ruft alle
Sicilianer zu den Waffen. Um 2 Uhr kommt ein Wagen mit einer wei-
ßen Fahne beim Landungsplatz der Quarantäne an. General Letizia
und der Brigadier Christiano steigen aus, und gehen mit Garibaldi an
Bord des englischen Schiffs "Hannibal," wo außer Admiral Mundy
sich noch die Commandanten des französischen Schiffs "Vanban," und der
amerikanischen Fregatte "Irokese" sich befinden. General Latizie erklärt:
er sey beauftragt einen Waffenstillstand zu verlangen, und schlägt folgende
Bedingungen vor: Beibehaltung der beiderseitigen Stellungen, Erlaubniß
den Verwundeten beizustehen, sie auf die Flotte zu bringen, und Lebensmittel
in das Armenhaus zu schaffen. Ferner verlangt er: die Stadtbehörde soll an
den königl. Commissär eine Bittschrift richten, um die Octroyirung der nöthi-
gen Reformen und Landesinstitutionen zu erbitten. Garibaldi gibt den ersten
Punkt zu, will aber von dem letzten nichts wissen, und die Verhandlungen
werden abgebrochen. Während des Waffenstillstands werden die Verwunde-
ten der Armee auf die Schiffe gebracht. In der Stadt werden Barricaden
gebaut; alle Männer sind bewaffnet; Priester und Mönche halten Ansprachen
von den Barricaden, um den Muth des Volks zu entflammen. 31 Mai. Um
Mittag hat das Feuer nicht wieder begonnen. Man spricht von einem drei-
tägigen Waffenstillstand...

Der Bericht der Corr. Bullier, den wir gestern als Telegramm nach
den Pariser Blättern im Auszug bereits mitgetheilt, lautet: Neapel, 2 Jun.
Der Waffenstillstand soll bis morgen Sonntag um 12 Uhr Mittag verlän-
gert werden. General Letizia hat die Waffenruhe mit Erlaubniß Garibal-
di's benutzt, um sich nach Neapel zu begeben. Er ist angekommen und hat
eine lange Unterredung mit dem König gehabt; dieser hat die Wiederauf-
nahme des Bombardements anbefohlen, sowie der Waffenstillstand zu Ende
läuft. Mehrere mit Wurfgeschossen beladene Schiffe begeben sich in diesem Augen-
blick nach Palermo um die Kriegsschiffe mit Vorrath zu versehen und auch das Fort
Castellamare. Garibaldi hat, wie es scheint, nicht perfönlicb die Waffenruhe
unterzeichnet. Hr. Presti, den er zum Staatsminister ernannt hat, para-
phirte das Document im Namen des Dictators. Garibaldi hat mehrere
Verordnungen veröffentlicht. Eine derselben verfügt daß die Post in Sicilien
ihren Dienst wieder beginne. Es gibt somit eine Regierung in Palermo,
und es ist merkwürdig geung daß während die neapolitanischen Generale in
Parlermo Garibaldi als Excellenz behandeln, die Royalisten in Neapel ihn
einen Piraten und Flibustier schelten. Der Dictator Siciliens scheint den
Waffenstillstand mit Vergnügen angenommen zu haben. Mehrere seiner
Waffengenossen entgegneten: die Neapolitaner werden Zeit haben Verstär-
kung herbeizuführen. Um so besser, erwiederte Garibaldi, je mehr Sol-
daten man uns zuführt umsomehr werden wir haben. Er schickte den
Neapolitanern, die im Palast Royal eingeschlossen sind Lebensmittel zu und diese
wären ohne seine Hülfe Hunger gestorben. Garibaldi zählt stark auf die Defec-
tionen zu seinen Gunsten. Die neapolitanischen Soldaten die in sein Lager
gekommen, werden wie Brüder behandelt, und die da nicht gegen ihre Waffen-
genossen kämpfen wollen stellen das Gewehr hin und sind frei. Dieses groß-
müthige Benehmen schafft Garibaldi zahlreiche Freunde.

Handels- und Börsennachrichten.

Württemb. 41/2proc. Oblig. b. R. 1041/2 G.;
31/2proc. 953/4 G.; bad. 41/2proc. Obl. 1021/2 G.; 4proc. 993/4 G.; 31/2proc. von 1842
931/2 P.; 41/2proc. Pf. Max.-E.-A. b. R. 951/4 G.; Rhein-Rahe-B. 421/2 G.; bad.
50fl.-L. 88 P.; 35fl.-L. 521/2 P.; kurh. 40Thlr.-L. b. R. 42 G.; gr. heff.
50fl.-L. b. R. 1221/4 P.; 25fl.-L. 331/2 G.; nass. 25fl.-L. b. R. 33 G.; Ansb.-Gunzenh.
7fl.-L. 9 5/8 P.; preuß. Friedrichsd'or fl. 9.57-58; holl. 10fl.-Stücke fl. 9.881/2-391/2;
Randdneaten fl. 5.29-30; 20Fr.-St. fl. 9.181/2-191/2; engl. Sov. fl. 11.88-42.

Amsterdam k. S. 993/4 G., 31/2proc. I. S. 99 7/8 G.;
Berlin k. S. 105 1/8 G., 4proc. I. S. 105 1/8 G.; Bremen k. S. --; Frankfurt k. S. 100 P.,
99 7/8 G.; 2proc. I. S. 99 7/8 G.; Genua k. S. 921/2 G.; Hamburg k. S. 881/4 P.,
88 1/8 G., 3proc. I. S. 88 1/8 G.; Leipzig k. S. 105 G., 4proc. I. S. 105 1/8 G.;
Livorno k. S. 96 5/8 G.; London k. S. 117 1/8 P., 4proc. I. S. 117 G.; Lyon I. S.
31/2proc. I. S. 92 7/8 G.; Mailand k. S. 92 7/8 G., 4proc. I. S. 93 G.; Mar-
seille 31/2proc. I. S. 92 7/8 G.; Neapel k. S. --; Paris k. S. 93 G., 31/2proc.
I. S. 931/4 P., 93 1/8 G.; Benedig k. S. 114 5/8 G.; Wien k. S. 88 P.;
bayer. Oblig. 31/2proc. --, 4proc. 99 G., 41/2proc. 102 P., 41/2proc.
halbjährig 1021/4 P.; Grundrenten-Ablösungs-Oblig. 99 G.; österr. National-
Anl. 681/2 G.; bayer. Bankactien mit Div. I. Sem 807 P.; bayer. Ostbahn-Actien
1013/4 P., mit 25 Procent Einzahlung 101 P.; Actien der mech. Baumw.-Spinn.
u. Weberei 190 G., Baumwoll-Spinn. am Stadtbach 164 G., detto 5proc. Partial-
Obl. 1021/2 G., Baumwoll-Feinspinnerei 95 P., 94 G., detto 5proc. Partial-Oblig.
101 G., mech. Weberei am Fichtelbach 114 P., der Haunstetter Weberei 96 P.,
mech. Baumwoll-Spinn. Kempten 108 G., detto 5proc. Partial-Oblig. 101 G.,
mech. Baumwoll-Spinn- u. Weberei Bamberg 97 G., mech. Baumwoll-Spinnerei
Bayreuth, Zins vom 1 Jul. 119 G., mech. Baumwoll-Spinnerei Blaichach 130
P., Gasbeleuchtungsgesellschaft Augsburg 132 G, detto München 1021/2 G.,
Maschinenfabrik Augsburg 98 P., 95 G.


Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges.
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.

In der heutigen dritten Sitzung des Reichsraths
wurde auf die Mittheilung des Erzherzog-Präfidenten, daß ein Finanzcomité
von 21 Mitgliedern niedergeſetzt werden dürfe, zur Wahl derſelben geſchritten,
welche auf folgende Reichsräthe fiel: Graf Andráffy, Graf Apponyi, Fürſt
Anersperg, Graf Auersperg, Graf Clam, Fürſt Colloredo, Dr. Hein,
Ritter v. Krainski, Edler v. Mayer, Graf Mailath, Graf Merkandin v.
Mocſónyi, Frhr. v. Reyer, Fürſt Salm, Frhr. v. Salvotti, Fürſt Schwar-
zenberg, Frhr. v. Sokcſevits, Dr. Straſſer, Biſchof Stroßmayer, Graf
Szecſén, Ritter v. Braniczanyi. (Oeſterr. Ztg.)


Der Moniteur veröffentlicht mehrere Decrete, wo-
durch einige Departements ermächtigt werden Anlehen zu machen, oder ſich
außerordentlich zu beſteuern. Ein anderes Decret verordnet daß auf galva-
niſchem Weg vergoldete oder verſilberte Waaren künftighin mit einem beſon-
dern Stempel verſehen ſeyn müſſen; die Stärke der Vergoldung oder Verfil-
berung braucht dagegen nicht mehr angegeben zu werden.

Der Conſtitutionnel bringt einen zweiten Artikel über den Einfluß
des vermehrten Zufluſſes der edlen Metalle.

Das J. des Débats iſt uns heute nicht zugegangen.

Der Siècle ruht von ſeinem geſtrigen Hymnus auf Garibaldi aus.
In dieſem feurigen Lobgeſang wird Garibaldi als Apoſtel und Heros eines
neuen Princips geprieſen, deſſen Triumph die Geſtalt der Welt verändern
werde. Die Herrſchaft von Neapel, Rom und von Oeſterreich in Venedig werde
fallen. Die Dynaſtie der Bourbonen werde verſchwinden, ihr Ende ſey nahe.
Das neue Recht, daß die Völker ihre Häupter ſelbſt wählen, erhebe ſich, das
göttliche Recht der Könige gehe unter u. ſ. w.

Die franzöſiſchen Blätter reproduciren die Rede vollſtändig, welche der
Prinz Regent in Danzig gehalten hat. Der Monde bemerkt hiezn, die Un-
ruhe in Preußen ſcheine ſich zu legen, und die Artikel des Siècle über die
natürlichen Gränzen ſcheinen Preußen nicht allzu ſehr erſchreckt zu haben.

Die Correſp. Havas bringt folgende „zuverläſſige“ Nachrichten aus
Palermo, als Fortſetzung ihrer frühern Correſpondenzen: In Folge des
Gefechts vom 27 Morgens, wobei Garibaldi an der Spitze der Alpenjäger
das Thor San Antonico mit dem Bayonnett nahm und bis in die Mitte der
Stadt vordrang, verließen die Truppen die Caſerne San Antonio, den Cen-
tralplatz der vier Cantone und das Thor Marqueda, und ſammelten ſich im
Hauptquartier. Sie bildeten ſo eine Linie von der Francesco di Paula-Kirche
bis zu den Caſernen der vier Winde, vor dem Staatsgefängniß. Abends
wurde dieſe Linie forcirt; General Lanza mußte ſich in den k. Palaſt im Sü-
den der Stadt zurückziehen, und war ſo durch die ganze uſurpirte Stadt von
der Citadelle getrennt. Dieß iſt die Stellung der Truppen am 28 Morgens.
Im Laufe des Tags räumten ſie noch die Gefänguiſſe, den Bagno, die Ca-
ſerne der vier Winde, und flüchteten an das Ende des Hafendamms, wo ſie
die Boote der neapolitauiſchen Schiffe herbeiriefen, welche ſie aufnahmen.
Abends eröffnen die Inſurgenten ein heftiges Gewehrfeuer gegen das Schloß;
es gelingt ihnen vom erzbiſchöflichen Palaſt, von wo aus ſie auf die Sol-
daten feuern, in das Schloß zu dringen, und die Soldaten müſſen die
Gebäude verlaſſen wo ſie ſich bis jetzt gehalten hatten. In der Nacht
vom 29 d. werden die Truppen welche die Höhe von Monreale verlaſſen
haben, und zwiſchen den Capucinern und dem Dorf Olivezza campiren, fort-
während von bewaffneten Bauern und Bergbewohnern geneckt, und können daher
dem General Lanza im k. Schloß nicht zu Hülfe eilen. 29 Mai. Die Truppen hal-
ten ſich noch im Schloß und in der Citadelle, während Garibaldi im Stadt-
haus Maßregeln zur Fortſetzung des Kampfes trifft. Er decretirt die Bil-
dung einer Nationalgarde, die Eröffnung einer Nationalſubſcription; ſerner
erläßt er mit dem ſtädtiſchen Ausſchuß eine Ordonnanz, wornach jedes Ver-
brechen des Diebſtahls oder Mordes oder Plünderns mit dem Tod beſtraft
wird. Ein amderes Decret verbietet anders als unter der Leitung eines Chefs
ſich mit Waffen in der Straße blicken zu laſſen. Es iſt ferner verboten die
Sbirren zu verfolgen. Ein proviſoriſcher Ausſchuß iſt mit den Werbungen
beauftragt. Doctor Vincenz Macaleſſa iſt zum Commiſſär von Girgenti er-
nannt. Ein Brief von dort ſagt: Die Truppen hätten mit den Einwohnern
fraterniſirt. Die Inſurgenten fanden in der Caſerne der Gefängniſſe vier
Kanonen und einen Zwölſpfünder. Die fünf Dampfer welche am 28 Mai
nach der Terminibay abgegangen waren, kommen nach Palermo zurück, ohne
daß es ihnen möglich geweſen wäre ihre 1000 Mann zu landen. Boote
bringen ſie nach der Citadelle zurück. Abends machen dieſe Truppen
einen vergeblichen Verſuch dem General Lanza zu Hülfe zu eilen.
Schweſtern des St. Vincenzvereins ſind im Laufe des Tags von Neapel angekom-
men, um die Berwundeten zu pflegen, können aber nicht in die Stadt und kehren
an Bord des franzöſiſchen Dampfaviſos „Monette“ nach Neapel zurück. Um
9 Uhr Abends fängt die Citadelle ihr Feuer wieder an, und eine ungeheure
Feuersbrunſt bricht in der Nähe des St. Dominikplatzes aus. Man ſchätzt die
Zahl der ſeit dem 27 d. 6 Uhr Morgens auf die Stadt geſchleuderten Bom-
ben auf 3000. Ueber 100 ſind auf die Markthallen gefallen und haben alle
Buden zerſtört. 30 Mai. Die Truppen welche der amtlichen Zeitung zu-
folge den Garibaldianern nachſetzten, kommen von Parco zurück, und werden
an der Porta reale von den Inſurgenten unter La Maſſa empfangen. Der
Präſident des Ausſchuſſes in der Stadt zeigt an, daß der Poſtverkehr von
morgen an wieder beginnen wird. Eine Proclamation Garibaldi’s ruft alle
Sicilianer zu den Waffen. Um 2 Uhr kommt ein Wagen mit einer wei-
ßen Fahne beim Landungsplatz der Quarantäne an. General Letizia
und der Brigadier Chriſtiano ſteigen aus, und gehen mit Garibaldi an
Bord des engliſchen Schiffs „Hannibal,“ wo außer Admiral Mundy
ſich noch die Commandanten des franzöſiſchen Schiffs „Vanban,“ und der
amerikaniſchen Fregatte „Irokeſe“ ſich befinden. General Latizie erklärt:
er ſey beauftragt einen Waffenſtillſtand zu verlangen, und ſchlägt folgende
Bedingungen vor: Beibehaltung der beiderſeitigen Stellungen, Erlaubniß
den Verwundeten beizuſtehen, ſie auf die Flotte zu bringen, und Lebensmittel
in das Armenhaus zu ſchaffen. Ferner verlangt er: die Stadtbehörde ſoll an
den königl. Commiſſär eine Bittſchrift richten, um die Octroyirung der nöthi-
gen Reformen und Landesinſtitutionen zu erbitten. Garibaldi gibt den erſten
Punkt zu, will aber von dem letzten nichts wiſſen, und die Verhandlungen
werden abgebrochen. Während des Waffenſtillſtands werden die Verwunde-
ten der Armee auf die Schiffe gebracht. In der Stadt werden Barricaden
gebaut; alle Männer ſind bewaffnet; Prieſter und Mönche halten Anſprachen
von den Barricaden, um den Muth des Volks zu entflammen. 31 Mai. Um
Mittag hat das Feuer nicht wieder begonnen. Man ſpricht von einem drei-
tägigen Waffenſtillſtand...

Der Bericht der Corr. Bullier, den wir geſtern als Telegramm nach
den Pariſer Blättern im Auszug bereits mitgetheilt, lautet: Neapel, 2 Jun.
Der Waffenſtillſtand ſoll bis morgen Sonntag um 12 Uhr Mittag verlän-
gert werden. General Letizia hat die Waffenruhe mit Erlaubniß Garibal-
di’s benutzt, um ſich nach Neapel zu begeben. Er iſt angekommen und hat
eine lange Unterredung mit dem König gehabt; dieſer hat die Wiederauf-
nahme des Bombardements anbefohlen, ſowie der Waffenſtillſtand zu Ende
läuft. Mehrere mit Wurfgeſchoſſen beladene Schiffe begeben ſich in dieſem Augen-
blick nach Palermo um die Kriegsſchiffe mit Vorrath zu verſehen und auch das Fort
Caſtellamare. Garibaldi hat, wie es ſcheint, nicht perfönlicb die Waffenruhe
unterzeichnet. Hr. Preſti, den er zum Staatsminiſter ernannt hat, para-
phirte das Document im Namen des Dictators. Garibaldi hat mehrere
Verordnungen veröffentlicht. Eine derſelben verfügt daß die Poſt in Sicilien
ihren Dienſt wieder beginne. Es gibt ſomit eine Regierung in Palermo,
und es iſt merkwürdig geung daß während die neapolitaniſchen Generale in
Parlermo Garibaldi als Excèllenz behandeln, die Royaliſten in Neapel ihn
einen Piraten und Flibuſtier ſchelten. Der Dictator Siciliens ſcheint den
Waffenſtillſtand mit Vergnügen angenommen zu haben. Mehrere ſeiner
Waffengenoſſen entgegneten: die Neapolitaner werden Zeit haben Verſtär-
kung herbeizuführen. Um ſo beſſer, erwiederte Garibaldi, je mehr Sol-
daten man uns zuführt umſomehr werden wir haben. Er ſchickte den
Neapolitanern, die im Palaſt Royal eingeſchloſſen ſind Lebensmittel zu und dieſe
wären ohne ſeine Hülfe Hunger geſtorben. Garibaldi zählt ſtark auf die Defec-
tionen zu ſeinen Gunſten. Die neapolitaniſchen Soldaten die in ſein Lager
gekommen, werden wie Brüder behandelt, und die da nicht gegen ihre Waffen-
genoſſen kämpfen wollen ſtellen das Gewehr hin und ſind frei. Dieſes groß-
müthige Benehmen ſchafft Garibaldi zahlreiche Freunde.

Handels- und Börſennachrichten.

Württemb. 4½proc. Oblig. b. R. 104½ G.;
3½proc. 95¾ G.; bad. 4½proc. Obl. 102½ G.; 4proc. 99¾ G.; 3½proc. von 1842
93½ P.; 4½proc. Pf. Max.-E.-A. b. R. 95¼ G.; Rhein-Rahe-B. 42½ G.; bad.
50fl.-L. 88 P.; 35fl.-L. 52½ P.; kurh. 40Thlr.-L. b. R. 42 G.; gr. heff.
50fl.-L. b. R. 122¼ P.; 25fl.-L. 33½ G.; naſſ. 25fl.-L. b. R. 33 G.; Ansb.-Gunzenh.
7fl.-L. 9⅝ P.; preuß. Friedrichsd’or fl. 9.57-58; holl. 10fl.-Stücke fl. 9.88½-39½;
Randdneaten fl. 5.29-30; 20Fr.-St. fl. 9.18½-19½; engl. Sov. fl. 11.88-42.

Amſterdam k. S. 99¾ G., 3½proc. I. S. 99⅞ G.;
Berlin k. S. 105⅛ G., 4proc. I. S. 105⅛ G.; Bremen k. S. —; Frankfurt k. S. 100 P.,
99⅞ G.; 2proc. I. S. 99⅞ G.; Genua k. S. 92½ G.; Hamburg k. S. 88¼ P.,
88⅛ G., 3proc. I. S. 88⅛ G.; Leipzig k. S. 105 G., 4proc. I. S. 105⅛ G.;
Livorno k. S. 96⅝ G.; London k. S. 117⅛ P., 4proc. I. S. 117 G.; Lyon I. S.
3½proc. I. S. 92⅞ G.; Mailand k. S. 92⅞ G., 4proc. I. S. 93 G.; Mar-
ſeille 3½proc. I. S. 92⅞ G.; Neapel k. S. —; Paris k. S. 93 G., 3½proc.
I. S. 93¼ P., 93⅛ G.; Benedig k. S. 114⅝ G.; Wien k. S. 88 P.;
bayer. Oblig. 3½proc. —, 4proc. 99 G., 4½proc. 102 P., 4½proc.
halbjährig 102¼ P.; Grundrenten-Ablöſungs-Oblig. 99 G.; öſterr. National-
Anl. 68½ G.; bayer. Bankactien mit Div. I. Sem 807 P.; bayer. Oſtbahn-Actien
101¾ P., mit 25 Procent Einzahlung 101 P.; Actien der mech. Baumw.-Spinn.
u. Weberei 190 G., Baumwoll-Spinn. am Stadtbach 164 G., detto 5proc. Partial-
Obl. 102½ G., Baumwoll-Feinſpinnerei 95 P., 94 G., detto 5proc. Partial-Oblig.
101 G., mech. Weberei am Fichtelbach 114 P., der Haunſtetter Weberei 96 P.,
mech. Baumwoll-Spinn. Kempten 108 G., detto 5proc. Partial-Oblig. 101 G.,
mech. Baumwoll-Spinn- u. Weberei Bamberg 97 G., mech. Baumwoll-Spinnerei
Bayreuth, Zins vom 1 Jul. 119 G., mech. Baumwoll-Spinnerei Blaichach 130
P., Gasbeleuchtungsgeſellſchaft Augsburg 132 G, detto München 102½ G.,
Maſchinenfabrik Augsburg 98 P., 95 G.


Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges.
Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.
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[2693/0013] Wien, 6 Jun. In der heutigen dritten Sitzung des Reichsraths wurde auf die Mittheilung des Erzherzog-Präfidenten, daß ein Finanzcomité von 21 Mitgliedern niedergeſetzt werden dürfe, zur Wahl derſelben geſchritten, welche auf folgende Reichsräthe fiel: Graf Andráffy, Graf Apponyi, Fürſt Anersperg, Graf Auersperg, Graf Clam, Fürſt Colloredo, Dr. Hein, Ritter v. Krainski, Edler v. Mayer, Graf Mailath, Graf Merkandin v. Mocſónyi, Frhr. v. Reyer, Fürſt Salm, Frhr. v. Salvotti, Fürſt Schwar- zenberg, Frhr. v. Sokcſevits, Dr. Straſſer, Biſchof Stroßmayer, Graf Szecſén, Ritter v. Braniczanyi. (Oeſterr. Ztg.) Paris, 8 Jun. Der Moniteur veröffentlicht mehrere Decrete, wo- durch einige Departements ermächtigt werden Anlehen zu machen, oder ſich außerordentlich zu beſteuern. Ein anderes Decret verordnet daß auf galva- niſchem Weg vergoldete oder verſilberte Waaren künftighin mit einem beſon- dern Stempel verſehen ſeyn müſſen; die Stärke der Vergoldung oder Verfil- berung braucht dagegen nicht mehr angegeben zu werden. Der Conſtitutionnel bringt einen zweiten Artikel über den Einfluß des vermehrten Zufluſſes der edlen Metalle. Das J. des Débats iſt uns heute nicht zugegangen. Der Siècle ruht von ſeinem geſtrigen Hymnus auf Garibaldi aus. In dieſem feurigen Lobgeſang wird Garibaldi als Apoſtel und Heros eines neuen Princips geprieſen, deſſen Triumph die Geſtalt der Welt verändern werde. Die Herrſchaft von Neapel, Rom und von Oeſterreich in Venedig werde fallen. Die Dynaſtie der Bourbonen werde verſchwinden, ihr Ende ſey nahe. Das neue Recht, daß die Völker ihre Häupter ſelbſt wählen, erhebe ſich, das göttliche Recht der Könige gehe unter u. ſ. w. Die franzöſiſchen Blätter reproduciren die Rede vollſtändig, welche der Prinz Regent in Danzig gehalten hat. Der Monde bemerkt hiezn, die Un- ruhe in Preußen ſcheine ſich zu legen, und die Artikel des Siècle über die natürlichen Gränzen ſcheinen Preußen nicht allzu ſehr erſchreckt zu haben. Die Correſp. Havas bringt folgende „zuverläſſige“ Nachrichten aus Palermo, als Fortſetzung ihrer frühern Correſpondenzen: In Folge des Gefechts vom 27 Morgens, wobei Garibaldi an der Spitze der Alpenjäger das Thor San Antonico mit dem Bayonnett nahm und bis in die Mitte der Stadt vordrang, verließen die Truppen die Caſerne San Antonio, den Cen- tralplatz der vier Cantone und das Thor Marqueda, und ſammelten ſich im Hauptquartier. Sie bildeten ſo eine Linie von der Francesco di Paula-Kirche bis zu den Caſernen der vier Winde, vor dem Staatsgefängniß. Abends wurde dieſe Linie forcirt; General Lanza mußte ſich in den k. Palaſt im Sü- den der Stadt zurückziehen, und war ſo durch die ganze uſurpirte Stadt von der Citadelle getrennt. Dieß iſt die Stellung der Truppen am 28 Morgens. Im Laufe des Tags räumten ſie noch die Gefänguiſſe, den Bagno, die Ca- ſerne der vier Winde, und flüchteten an das Ende des Hafendamms, wo ſie die Boote der neapolitauiſchen Schiffe herbeiriefen, welche ſie aufnahmen. Abends eröffnen die Inſurgenten ein heftiges Gewehrfeuer gegen das Schloß; es gelingt ihnen vom erzbiſchöflichen Palaſt, von wo aus ſie auf die Sol- daten feuern, in das Schloß zu dringen, und die Soldaten müſſen die Gebäude verlaſſen wo ſie ſich bis jetzt gehalten hatten. In der Nacht vom 29 d. werden die Truppen welche die Höhe von Monreale verlaſſen haben, und zwiſchen den Capucinern und dem Dorf Olivezza campiren, fort- während von bewaffneten Bauern und Bergbewohnern geneckt, und können daher dem General Lanza im k. Schloß nicht zu Hülfe eilen. 29 Mai. Die Truppen hal- ten ſich noch im Schloß und in der Citadelle, während Garibaldi im Stadt- haus Maßregeln zur Fortſetzung des Kampfes trifft. Er decretirt die Bil- dung einer Nationalgarde, die Eröffnung einer Nationalſubſcription; ſerner erläßt er mit dem ſtädtiſchen Ausſchuß eine Ordonnanz, wornach jedes Ver- brechen des Diebſtahls oder Mordes oder Plünderns mit dem Tod beſtraft wird. Ein amderes Decret verbietet anders als unter der Leitung eines Chefs ſich mit Waffen in der Straße blicken zu laſſen. Es iſt ferner verboten die Sbirren zu verfolgen. Ein proviſoriſcher Ausſchuß iſt mit den Werbungen beauftragt. Doctor Vincenz Macaleſſa iſt zum Commiſſär von Girgenti er- nannt. Ein Brief von dort ſagt: Die Truppen hätten mit den Einwohnern fraterniſirt. Die Inſurgenten fanden in der Caſerne der Gefängniſſe vier Kanonen und einen Zwölſpfünder. Die fünf Dampfer welche am 28 Mai nach der Terminibay abgegangen waren, kommen nach Palermo zurück, ohne daß es ihnen möglich geweſen wäre ihre 1000 Mann zu landen. Boote bringen ſie nach der Citadelle zurück. Abends machen dieſe Truppen einen vergeblichen Verſuch dem General Lanza zu Hülfe zu eilen. Schweſtern des St. Vincenzvereins ſind im Laufe des Tags von Neapel angekom- men, um die Berwundeten zu pflegen, können aber nicht in die Stadt und kehren an Bord des franzöſiſchen Dampfaviſos „Monette“ nach Neapel zurück. Um 9 Uhr Abends fängt die Citadelle ihr Feuer wieder an, und eine ungeheure Feuersbrunſt bricht in der Nähe des St. Dominikplatzes aus. Man ſchätzt die Zahl der ſeit dem 27 d. 6 Uhr Morgens auf die Stadt geſchleuderten Bom- ben auf 3000. Ueber 100 ſind auf die Markthallen gefallen und haben alle Buden zerſtört. 30 Mai. Die Truppen welche der amtlichen Zeitung zu- folge den Garibaldianern nachſetzten, kommen von Parco zurück, und werden an der Porta reale von den Inſurgenten unter La Maſſa empfangen. Der Präſident des Ausſchuſſes in der Stadt zeigt an, daß der Poſtverkehr von morgen an wieder beginnen wird. Eine Proclamation Garibaldi’s ruft alle Sicilianer zu den Waffen. Um 2 Uhr kommt ein Wagen mit einer wei- ßen Fahne beim Landungsplatz der Quarantäne an. General Letizia und der Brigadier Chriſtiano ſteigen aus, und gehen mit Garibaldi an Bord des engliſchen Schiffs „Hannibal,“ wo außer Admiral Mundy ſich noch die Commandanten des franzöſiſchen Schiffs „Vanban,“ und der amerikaniſchen Fregatte „Irokeſe“ ſich befinden. General Latizie erklärt: er ſey beauftragt einen Waffenſtillſtand zu verlangen, und ſchlägt folgende Bedingungen vor: Beibehaltung der beiderſeitigen Stellungen, Erlaubniß den Verwundeten beizuſtehen, ſie auf die Flotte zu bringen, und Lebensmittel in das Armenhaus zu ſchaffen. Ferner verlangt er: die Stadtbehörde ſoll an den königl. Commiſſär eine Bittſchrift richten, um die Octroyirung der nöthi- gen Reformen und Landesinſtitutionen zu erbitten. Garibaldi gibt den erſten Punkt zu, will aber von dem letzten nichts wiſſen, und die Verhandlungen werden abgebrochen. Während des Waffenſtillſtands werden die Verwunde- ten der Armee auf die Schiffe gebracht. In der Stadt werden Barricaden gebaut; alle Männer ſind bewaffnet; Prieſter und Mönche halten Anſprachen von den Barricaden, um den Muth des Volks zu entflammen. 31 Mai. Um Mittag hat das Feuer nicht wieder begonnen. Man ſpricht von einem drei- tägigen Waffenſtillſtand... Der Bericht der Corr. Bullier, den wir geſtern als Telegramm nach den Pariſer Blättern im Auszug bereits mitgetheilt, lautet: Neapel, 2 Jun. Der Waffenſtillſtand ſoll bis morgen Sonntag um 12 Uhr Mittag verlän- gert werden. General Letizia hat die Waffenruhe mit Erlaubniß Garibal- di’s benutzt, um ſich nach Neapel zu begeben. Er iſt angekommen und hat eine lange Unterredung mit dem König gehabt; dieſer hat die Wiederauf- nahme des Bombardements anbefohlen, ſowie der Waffenſtillſtand zu Ende läuft. Mehrere mit Wurfgeſchoſſen beladene Schiffe begeben ſich in dieſem Augen- blick nach Palermo um die Kriegsſchiffe mit Vorrath zu verſehen und auch das Fort Caſtellamare. Garibaldi hat, wie es ſcheint, nicht perfönlicb die Waffenruhe unterzeichnet. Hr. Preſti, den er zum Staatsminiſter ernannt hat, para- phirte das Document im Namen des Dictators. Garibaldi hat mehrere Verordnungen veröffentlicht. Eine derſelben verfügt daß die Poſt in Sicilien ihren Dienſt wieder beginne. Es gibt ſomit eine Regierung in Palermo, und es iſt merkwürdig geung daß während die neapolitaniſchen Generale in Parlermo Garibaldi als Excèllenz behandeln, die Royaliſten in Neapel ihn einen Piraten und Flibuſtier ſchelten. Der Dictator Siciliens ſcheint den Waffenſtillſtand mit Vergnügen angenommen zu haben. Mehrere ſeiner Waffengenoſſen entgegneten: die Neapolitaner werden Zeit haben Verſtär- kung herbeizuführen. Um ſo beſſer, erwiederte Garibaldi, je mehr Sol- daten man uns zuführt umſomehr werden wir haben. Er ſchickte den Neapolitanern, die im Palaſt Royal eingeſchloſſen ſind Lebensmittel zu und dieſe wären ohne ſeine Hülfe Hunger geſtorben. Garibaldi zählt ſtark auf die Defec- tionen zu ſeinen Gunſten. Die neapolitaniſchen Soldaten die in ſein Lager gekommen, werden wie Brüder behandelt, und die da nicht gegen ihre Waffen- genoſſen kämpfen wollen ſtellen das Gewehr hin und ſind frei. Dieſes groß- müthige Benehmen ſchafft Garibaldi zahlreiche Freunde. Handels- und Börſennachrichten. Frankfurt a. M., 7 Jun. Württemb. 4½proc. Oblig. b. R. 104½ G.; 3½proc. 95¾ G.; bad. 4½proc. Obl. 102½ G.; 4proc. 99¾ G.; 3½proc. von 1842 93½ P.; 4½proc. Pf. Max.-E.-A. b. R. 95¼ G.; Rhein-Rahe-B. 42½ G.; bad. 50fl.-L. 88 P.; 35fl.-L. 52½ P.; kurh. 40Thlr.-L. b. R. 42 G.; gr. heff. 50fl.-L. b. R. 122¼ P.; 25fl.-L. 33½ G.; naſſ. 25fl.-L. b. R. 33 G.; Ansb.-Gunzenh. 7fl.-L. 9⅝ P.; preuß. Friedrichsd’or fl. 9.57-58; holl. 10fl.-Stücke fl. 9.88½-39½; Randdneaten fl. 5.29-30; 20Fr.-St. fl. 9.18½-19½; engl. Sov. fl. 11.88-42. Augsburg, 8 Jun. Amſterdam k. S. 99¾ G., 3½proc. I. S. 99⅞ G.; Berlin k. S. 105⅛ G., 4proc. I. S. 105⅛ G.; Bremen k. S. —; Frankfurt k. S. 100 P., 99⅞ G.; 2proc. I. S. 99⅞ G.; Genua k. S. 92½ G.; Hamburg k. S. 88¼ P., 88⅛ G., 3proc. I. S. 88⅛ G.; Leipzig k. S. 105 G., 4proc. I. S. 105⅛ G.; Livorno k. S. 96⅝ G.; London k. S. 117⅛ P., 4proc. I. S. 117 G.; Lyon I. S. 3½proc. I. S. 92⅞ G.; Mailand k. S. 92⅞ G., 4proc. I. S. 93 G.; Mar- ſeille 3½proc. I. S. 92⅞ G.; Neapel k. S. —; Paris k. S. 93 G., 3½proc. I. S. 93¼ P., 93⅛ G.; Benedig k. S. 114⅝ G.; Wien k. S. 88 P.; bayer. Oblig. 3½proc. —, 4proc. 99 G., 4½proc. 102 P., 4½proc. halbjährig 102¼ P.; Grundrenten-Ablöſungs-Oblig. 99 G.; öſterr. National- Anl. 68½ G.; bayer. Bankactien mit Div. I. Sem 807 P.; bayer. Oſtbahn-Actien 101¾ P., mit 25 Procent Einzahlung 101 P.; Actien der mech. Baumw.-Spinn. u. Weberei 190 G., Baumwoll-Spinn. am Stadtbach 164 G., detto 5proc. Partial- Obl. 102½ G., Baumwoll-Feinſpinnerei 95 P., 94 G., detto 5proc. Partial-Oblig. 101 G., mech. Weberei am Fichtelbach 114 P., der Haunſtetter Weberei 96 P., mech. Baumwoll-Spinn. Kempten 108 G., detto 5proc. Partial-Oblig. 101 G., mech. Baumwoll-Spinn- u. Weberei Bamberg 97 G., mech. Baumwoll-Spinnerei Bayreuth, Zins vom 1 Jul. 119 G., mech. Baumwoll-Spinnerei Blaichach 130 P., Gasbeleuchtungsgeſellſchaft Augsburg 132 G, detto München 102½ G., Maſchinenfabrik Augsburg 98 P., 95 G. Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges. Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-02-11T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 161, 9. Juni 1860, S. 2693. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine161_1860/13>, abgerufen am 24.11.2024.