Allgemeine Zeitung, Nr. 164, 12. Juni 1860.[Spaltenumbruch]
über den Antrag des Grafen Barkoczi, zuerst die Dringlichkeit des Regie- Heute nehmen der Kaiser und die Kaiserin ihren Sommeraufenthalt zu Triest, 8 Jun. Aus Messina wird gemeldet: österreichischen Schiffen Triest, 8 Jun. Neueste Ueberlandpost. Schanghai, 17 April. Der Bern, 10 Jun. Die Genfer Revue meldet als zuverlässig daß Paris, 10 Jun. Der Moniteur veröffentlicht folgende Depesche Im Constitutionnel findet sich folgende Note: "Man scheint sich Der Siecle bringt einen Artikel mit der Ueberschrift "die Bourbonen Der Monde scheint ebenfalls der Ansicht daß Garibaldi von Sicilien Der Courrier du Dimanche erklärt ziemlich unverholen daß die Marseille, 9 Jun. Ein Correspondent schreibt von der Rhede von Marseille, 10 Jun. Vier Kriegsschiffe sind von Toulon nach Neapel Rom, 8 Jun. Gestern ist der Commandeur Martino, neapolitanischer Turin, 10 Jun. Marschall Vaillant wird Dienstag erwartet. Die Turin, 10 Jun. Der Senat hat den Abtretungsvertrag über Sa- Handelsberichte. || Frankfurt a. M., 10 Jun. Die eben abgelaufene Börsenwoche hielt * Breslau, 8 Jun. Seit mehreren Jahren machen wir die Erfahrung daß Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges. Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. [Spaltenumbruch]
über den Antrag des Grafen Barkoczi, zuerſt die Dringlichkeit des Regie- Heute nehmen der Kaiſer und die Kaiſerin ihren Sommeraufenthalt zu Trieſt, 8 Jun. Aus Meſſina wird gemeldet: öſterreichiſchen Schiffen Trieſt, 8 Jun. Neueſte Ueberlandpoſt. Schanghai, 17 April. Der Bern, 10 Jun. Die Genfer Revue meldet als zuverläſſig daß Paris, 10 Jun. Der Moniteur veröffentlicht folgende Depeſche Im Conſtitutionnel findet ſich folgende Note: „Man ſcheint ſich Der Siècle bringt einen Artikel mit der Ueberſchrift „die Bourbonen Der Monde ſcheint ebenfalls der Anſicht daß Garibaldi von Sicilien Der Courrier du Dimanche erklärt ziemlich unverholen daß die Marſeille, 9 Jun. Ein Correſpondent ſchreibt von der Rhede von Marſeille, 10 Jun. Vier Kriegsſchiffe ſind von Toulon nach Neapel Rom, 8 Jun. Geſtern iſt der Commandeur Martino, neapolitaniſcher Turin, 10 Jun. Marſchall Vaillant wird Dienſtag erwartet. Die Turin, 10 Jun. Der Senat hat den Abtretungsvertrag über Sa- Handelsberichte. || Frankfurt a. M., 10 Jun. Die eben abgelaufene Börſenwoche hielt * Breslau, 8 Jun. Seit mehreren Jahren machen wir die Erfahrung daß Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges. Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div n="1"> <div type="jPoliticalNews" n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0013" n="2741"/><cb/> über den Antrag des Grafen Barkoczi, zuerſt die Dringlichkeit des Regie-<lb/> rungsentwurfs zu einer neuen Grundbuchsordnung zu unterſuchen, eine über-<lb/> aus lebhafte Debatte, an der ſich namentlich der Juſtizminiſter, Frhr. v. Lichten<lb/> fels und Graf Hartig betheiligten. Die ungariſchen Reichsräthe nahmen<lb/> dabei Anlaß ſpeciell von den Bedürfniſſen Ungarns, insbeſondere von der<lb/> Commaſſation zu ſprechen, das öſterreichiſche Beamtenthum in Ungarn zu<lb/> tadeln, und die Sprachenfrage anzuregen. Kurz die Debatte nahm einen<lb/> Anlauf ſich von dem rein fachlichen Gegenſtand zu einer allgemeinen politi-<lb/> ſchen Explication zu erheben. Näheres folgt im Hauptblatt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Heute nehmen der Kaiſer und die Kaiſerin ihren Sommeraufenthalt zu<lb/> Laxenburg. Fürſt Retimo Vicenzo Ruffo iſt ſammt Gefolge aus Palermo<lb/> hier eingetroffen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Trieſt,</hi> 8 Jun.</dateline> <p>Aus Meſſina wird gemeldet: öſterreichiſchen Schiffen<lb/> ſeyen von dort lebenden Familien bis zu 8 Pf. St. (pro Perſon?) den Tag<lb/> geboten worden, wenn ſie einen Monat im Hafen liegen bleiben wollten.<lb/> (O. <hi rendition="#g">Bl.</hi>)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Trieſt,</hi> 8 Jun.</dateline> <p>Neueſte Ueberlandpoſt. <hi rendition="#g">Schanghai,</hi> 17 April. 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(O. <hi rendition="#g">Bl.</hi>)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Bern,</hi> 10 Jun.</dateline> <p>Die <hi rendition="#g">Genfer Revue</hi> meldet als zuverläſſig daß<lb/> die definitive franzöſiſche Beſitzergreifung Savoyens nächſten Donnerſtag<lb/> ſtattfindet. Die Truppen ſollen nach Anneci, St. Julien und ſelbſt bis nach<lb/> Bonneville und Thonon gezogen werden. (<hi rendition="#g">Frkf. Bl.</hi>)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 10 Jun.</dateline> <p>Der <hi rendition="#g">Moniteur</hi> veröffentlicht folgende Depeſche<lb/> aus Cagliari vom 9 Juni: „Am 6 wurde eine Convention zwiſchen den<lb/> königl. Commiſſären und Garibaldi unterzeichnet. Achtzehntauſend Neapo-<lb/> litaner haben dieſen Morgen ihre Stellungen mit ihren Waffen geräumt,<lb/> und lagern am Hafendamm um ſofort abzugehen. Die Citadelle wird nach<lb/> Einſchiffung der Truppen und Austauſch der Gefangenen geräumt werden.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Im <hi rendition="#g">Conſtitutionnel</hi> findet ſich folgende Note: „Man ſcheint ſich<lb/> heute in Paris viel mit den in einer Turiner Depeſche enthaltenen Nachrichten<lb/> abgegeben zu haben. Sie iſt indeſſen ſo abgefaßt daß über den Charakter der<lb/> vom Commandanten des engliſchen Geſchwaders ergriffenen Maßregel kein<lb/> Zweifel beſtehen kann. Indem er ſich im Fort Caſtellamare feſtſetzte, hat der<lb/> engliſche Admiral ohne Zweifel nur den von den Unterzeichnern der Capitu-<lb/> lation ausgedrückten Wünſchen nachgegeben. Seine augenblickliche Anwe-<lb/> ſenheit an dieſem Punkt konnte als eine nothwendige Bürgſchaft der vollſtändigen<lb/> Ausführung der beiderſeits angenommenen Bedingungen angeſehen werden.<lb/> Auf Seiten der neapolitaniſchen Armee konnte man befürchten die Räumung<lb/> möchte durch irgendeine unvorhergeſehene Bewegung des ſiegreichen Aufſtands<lb/> geſtört werden, während man auf Garibaldi’s Seite befürchten konnte die<lb/> Räumung möchte nicht dem Uebereinkommen gemäß geſchehen. Bemerken wir<lb/> ferner daß es auf den erſten Anblick nicht unmöglich iſt daß der Commandant<lb/> des engliſchen Geſchwaders aufgefordert wurde das Fort Caftellamare zu be-<lb/> ſetzen, da die erſte Zuſammenkunft zwiſchen den Generalen Lanza und Gari-<lb/> baldi an Bord der „Hannibal“ ſtattfand.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Der <hi rendition="#g">Si<hi rendition="#aq">è</hi>cle</hi> bringt einen Artikel mit der Ueberſchrift „die Bourbonen<lb/> von Neapel,“ in welchem der Sturz derſelben vorhergeſagt wird. 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Kein Menſch vermöge mehr den Sturz des Alten in Eu-<lb/> ropa aufzuhalten, welcher der Freiheit der Völker vorhergehen werde.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Marſeille,</hi> 9 Jun.</dateline> <p>Ein Correſpondent ſchreibt von der Rhede von<lb/> Palermo vom 3: Vor ſeiner Einſchiffung ſey er durch die Stadt gegangen; die<lb/> Straßen ſeyen entpflaſtert, und wurden von 300 Barricaden verſperrt, wovon<lb/> mehrere aus ungeheuren Blöcken erbaut ſeyen. An jenem Tag hielten ſich<lb/> die Soldaten nur noch im k. Schloß und in der Citadelle, auch im Finanz-<lb/> palaſt, der Polizeipräfectur und der erzbiſchöflichen Wohnung; aber den Trup-<lb/> pen giengen die Lebensmittel aus, das mehreremale angegriffene Finanzh<hi rendition="#aq">ô</hi>tel<lb/><cb/> ſollte 20 bis 30 Millionen enthalten, welche theils Privatleuten, theils der<lb/> Regierung gehörten. Die Garniſon hatte verſprochen zu capituliren wenn<lb/> man das Schloß ſchonen wollte. 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Je weniger<lb/> dieſe bei ihrer Unzuverläſſigkeit und ihren fortwährenden Widerſprüchen das Publi-<lb/> cum in Stand ſetzen ſich über den Verlauf der Dinge ein ſicheres Urtheil zu bil-<lb/> den, deſto mehr gewöhnt man ſich ſie zu ignoriren. Das was urſprünglich be-<lb/> ſtimmt war die öffentliche Auſmerkſamkeit vorzugsweiſe in einzelnen Momenten zu<lb/> feſſeln, ſinkt ſonach zur Alltäglichkeit herab, und wird kaum mehr beachtet. Ja es<lb/> gibt Momente wo man ſich auf dem Wunſch ertappt wieder in die guten alten<lb/> Zeiten verſetzt worden zu ſeyn, wo wir zwar noch keine blitzähnlichen, dafür aber<lb/> zuverläſſigere und weniger begriffs- und ſinnverwirende Verkehrsmittel beſaßen.<lb/> So kann die herrlichſte Erfindung durch Mißbrauch entweiht, und denen für die ſie<lb/> zum Segen gereichen ſollte verleidet werden! Uebrigens hat man es aufgegeben<lb/> die Räthſel der großen Politik von Tag zu Tag ergründen zu wollen. Da die<lb/> italieniſche Frage ſich nur allmählich abwickelt, die orientaliſche mehr in den Hinter-<lb/> grund tritt, ſo wendet ſich der Blick näher liegenden Erſcheinungen zu. Da tritt<lb/> uns denn vor allem die kaum mehr zu bezweifelnde erfreuliche Thatſache entgegen<lb/> daß die drohende äußere Gefahr endlich jene Einigung der deutſchen Regierungen<lb/> zu Stande bringt die längſt in den Wünſchen ihrer Völker lag, die aber dem be-<lb/> kümmerten Auge des Patrioten mehr und mehr zu entſchwinden drohte. In eini-<lb/> gem Zuſammenhang mit dieſer Erſcheinung, und als eine weitere Bürgſchaft für<lb/> dieſelbe, ſehen wir jene erſten Keime conſtitutioneller Entwicklung welche in der<lb/> Schaffung des verſtärkten Reichsraths für Oeſterreich liegen, ſich ſchon im Beginn<lb/> ſeiner Wirkſamkeit viel raſcher und lebendiger entfalten als die Freunde gehofft und<lb/> die Gegner gefürchtet hatten. Der Ernſt und die Entſchiedenheit womit die<lb/> Berufenen an ihre große Aufgabe gehen, die feſte und verſöhnliche Geſinnung<lb/> die dabei an den Tag tritt, die Liberalität mit welcher die Regierung für freien<lb/> Spielraum der Berathungen und für unverkümmerte Oeffentlichkeit ſorgt, dieß alles<lb/> ſcheint eine glückliche Löſung zu verdürgen. Vor allem möge die Herſtellung geord-<lb/> neter Finanzzuſtände raſch und kräftig in Angriff genommen werden. Auf dieſer<lb/> Grundlage wird der übrige Ban ſich um ſo leichter erheben und um ſo ſicherer<lb/> ruhen können. Die günſtigen Ausſichten für die Neugeſtaltung der öſterreichiſchen<lb/> Verhältniſſe blieben in dieſer Woche nicht ohne Einfluß auf die Stimmung der Börſe,<lb/> zumal dieſelbe, wie ſchon demerkt, ſich von den Einwirkungen der äußeren Politik<lb/> weniger beherrſchen ließ. Die Curſe haben ſämmtlich einen, wenn gleich nicht ſehr<lb/> erheblichen, Fortſchritt gemacht, und wurden nur durch den neueſten Rückgang der<lb/> Pariſer Rentencurſe in ihrer weitern Beſſerung gehemmt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>* <hi rendition="#b">Breslau,</hi> 8 Jun.</dateline> <p>Seit mehreren Jahren machen wir die Erfahrung daß<lb/> unſer Wollmarkt — ſey auch die Conjunctur ſchlecht oder gut — einen ſehr raſchen<lb/> Verlauf nimmt. Man darf das wohl dem Umſtand zuſchreiben daß die Producenten,<lb/> durch tranrige Erfahrung gewitzigt, nicht mehr ſo unangemeſſene Forderungen wie<lb/> in frühern Jahren ſtellen, und daß dadurch das Geſchäft erleichtert wird. Dießmal<lb/> trug zur ſchnellen Beendigung des Marktes auch das weſentlich bei daß ein großer<lb/> Theil (man darf die Hälfte annehmen) theils früher verkauft, theils aber auch in<lb/> den Tagen vor dem Markt bei den Producenten zu Hauſe aufgeſucht und gekauft<lb/> worden war. Außerdem hatte man auch, trotz allem polizeilichen Berbot, ſo manche<lb/> Partie unter der Hand weggegeben. So ſahen wir denn ein unverhältnißmäßig<lb/> kleines Quantum am Markt, und dieſes ward, ſobald nur der Morgen des erſten<lb/> Verkaufstags da war, ſo lebhaft geſucht, daß Nachmittags faſt alles geräumt war.<lb/> Känfer und Berkäufer waren darüber einverſtanden daß ein Steigen von 10 Thlru.<lb/> per Centner gegen voriges Jahr feſtſtehe, und ſo machte ſich denn die Sache immer<lb/> in wenig Minuten. Die Preiſe waren für die beſten Schuren 130 Thlr., für die<lb/> geringſten 70 Thlr., und das meiſte gieng in der Mitte dieſer Extreme ab. Ueber<lb/> die Wäſche und die gute Behandlung der Waare ſprachen ſich die Käufer anerkennend<lb/> und zufrieden aus. Der Begehr war übrigens viel größer als das Angebot, und<lb/> es kamen insbeſondere diejenigen zu kurz welche zu ſpät hier eingetroffen waren.<lb/> Der Ruhm der ſchleſiſchen Wolle hat ſich übrigens auf dieſem Markt aufs neue<lb/> glänzend bewährt, und wir dürfen für ihre Zukunft nicht in Sorgen ſeyn. Mit<lb/> dem Geſagten deute ich auf die in der neueſten Zeit ſtattgehabten Vorgänge in<lb/> unſerer Merinozucht. Das Streben nach Reichwolligkeit hat zwar einzelne auf Irr-<lb/> wege geführt, die Maſſe unſerer Züchter aber und vornehmlich die Koryphäen wandeln<lb/> auf ſicherer Bahn, und ſuchen und finden die Mittel zur Vermehrung der Wollmenge<lb/> in den eigenen Stämmen, bewahren damit das edle Blut und ſichern die Zukunft<lb/> unſeres Erzeugniſſes. Wie bildſam das Schaf hinſichtlich der von ihm zu ziehenden<lb/> Producte iſt, ſehen wir mit Bewunderung in unſern vorzüglichſten Heerden, wo<lb/> wir ſchon jetzt einen Wollreichthum und eine Ausbildung der Körperformen finden<lb/> die man bei dem Electoralſchaf kaum für möglich gehalten hat. So iſt denn ſchon<lb/> eine namhafte Menge von Schäfereien um 50 Proc., ja mehr, in ihrer Wollproduction<lb/> geſtiegen, ohne die Zahl der Thiere vermehrt zu haben. Wozu wir uns dabei noch<lb/> beſonders Glück zu wünſchen haben, das iſt die notoriſche Abnahme der Traber-<lb/> krankheit, die man endlich bei vorſichtiger und verſtändiger Züchtung völlig zu be-<lb/> ſeitigen hoffen darf.</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jEditorialStaff" n="1"> <p> <hi rendition="#c">Verantwortliche Redaction: <hi rendition="#aq">Dr.</hi> G. <hi rendition="#g">Kolb.</hi> <hi rendition="#aq">Dr.</hi> A. 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über den Antrag des Grafen Barkoczi, zuerſt die Dringlichkeit des Regie-
rungsentwurfs zu einer neuen Grundbuchsordnung zu unterſuchen, eine über-
aus lebhafte Debatte, an der ſich namentlich der Juſtizminiſter, Frhr. v. Lichten
fels und Graf Hartig betheiligten. Die ungariſchen Reichsräthe nahmen
dabei Anlaß ſpeciell von den Bedürfniſſen Ungarns, insbeſondere von der
Commaſſation zu ſprechen, das öſterreichiſche Beamtenthum in Ungarn zu
tadeln, und die Sprachenfrage anzuregen. Kurz die Debatte nahm einen
Anlauf ſich von dem rein fachlichen Gegenſtand zu einer allgemeinen politi-
ſchen Explication zu erheben. Näheres folgt im Hauptblatt.
Heute nehmen der Kaiſer und die Kaiſerin ihren Sommeraufenthalt zu
Laxenburg. Fürſt Retimo Vicenzo Ruffo iſt ſammt Gefolge aus Palermo
hier eingetroffen.
Trieſt, 8 Jun. Aus Meſſina wird gemeldet: öſterreichiſchen Schiffen
ſeyen von dort lebenden Familien bis zu 8 Pf. St. (pro Perſon?) den Tag
geboten worden, wenn ſie einen Monat im Hafen liegen bleiben wollten.
(O. Bl.)
Trieſt, 8 Jun. Neueſte Ueberlandpoſt. Schanghai, 17 April. Der
engliſche Geſandte erklärte in Folge der Erwiederung der Chineſen auf das
Ultimatum: wenn die Chineſen alle übrigen Bedingungen des Ultimatums
annehmen, werde auf der geforderten Entſchädigung nicht beſtanden werden,
im andern Fall ſollen die Feindſeligkeiten ſogleich beginnen. Die Rebellen
haben ſich aus der Gegend von Hangeſow zurückgezogen. Um dem zunehmen-
den Unweſen der Rebellen in der Nähe von Canton zu ſteuern, ſind 70,000
Mann kaiſerliche Truppen ausgeſchickt worden. Fürſt Meto, ein Gegner
der Fremden in Japan, iſt im offenen Aufftand gegen die dortige Regierung.
Man hegt große Beſorgniß wegen der Sicherheit der fremden Geſandt-
ſchaften und Niederlaſſungen. — Calcutta, 4 Mai. Die Lords Canning
und Clyde wurden am 20 hier erwartet. Letzterer kehrt nach England zu-
rück, und wird durch Sir Hugh Roſe erſetzt. In Madras hat ein Meeting
gegen die Finanzplane Wilſons ſtattgefunden. (O. Bl.)
Bern, 10 Jun. Die Genfer Revue meldet als zuverläſſig daß
die definitive franzöſiſche Beſitzergreifung Savoyens nächſten Donnerſtag
ſtattfindet. Die Truppen ſollen nach Anneci, St. Julien und ſelbſt bis nach
Bonneville und Thonon gezogen werden. (Frkf. Bl.)
Paris, 10 Jun. Der Moniteur veröffentlicht folgende Depeſche
aus Cagliari vom 9 Juni: „Am 6 wurde eine Convention zwiſchen den
königl. Commiſſären und Garibaldi unterzeichnet. Achtzehntauſend Neapo-
litaner haben dieſen Morgen ihre Stellungen mit ihren Waffen geräumt,
und lagern am Hafendamm um ſofort abzugehen. Die Citadelle wird nach
Einſchiffung der Truppen und Austauſch der Gefangenen geräumt werden.“
Im Conſtitutionnel findet ſich folgende Note: „Man ſcheint ſich
heute in Paris viel mit den in einer Turiner Depeſche enthaltenen Nachrichten
abgegeben zu haben. Sie iſt indeſſen ſo abgefaßt daß über den Charakter der
vom Commandanten des engliſchen Geſchwaders ergriffenen Maßregel kein
Zweifel beſtehen kann. Indem er ſich im Fort Caſtellamare feſtſetzte, hat der
engliſche Admiral ohne Zweifel nur den von den Unterzeichnern der Capitu-
lation ausgedrückten Wünſchen nachgegeben. Seine augenblickliche Anwe-
ſenheit an dieſem Punkt konnte als eine nothwendige Bürgſchaft der vollſtändigen
Ausführung der beiderſeits angenommenen Bedingungen angeſehen werden.
Auf Seiten der neapolitaniſchen Armee konnte man befürchten die Räumung
möchte durch irgendeine unvorhergeſehene Bewegung des ſiegreichen Aufſtands
geſtört werden, während man auf Garibaldi’s Seite befürchten konnte die
Räumung möchte nicht dem Uebereinkommen gemäß geſchehen. Bemerken wir
ferner daß es auf den erſten Anblick nicht unmöglich iſt daß der Commandant
des engliſchen Geſchwaders aufgefordert wurde das Fort Caftellamare zu be-
ſetzen, da die erſte Zuſammenkunft zwiſchen den Generalen Lanza und Gari-
baldi an Bord der „Hannibal“ ſtattfand.
Der Siècle bringt einen Artikel mit der Ueberſchrift „die Bourbonen
von Neapel,“ in welchem der Sturz derſelben vorhergeſagt wird. Die ita-
lieniſche Revolution werde ihren Gang vollenden und Neapel im Süden an-
greifen, da ſie den Kirchenſtaat jetzt nicht durchſchreiten könne.
Der Monde ſcheint ebenfalls der Anſicht daß Garibaldi von Sicilien
nach Calabrien übergehen wird, und bemerkt daß die Auflöſung der neapoli-
taniſchen Armee im raſchen Fortſchreiten begriffen iſt.
Der Courrier du Dimanche erklärt ziemlich unverholen daß die
friedlichen Verſicherungen des Staatsminiſters Fould im Widerſpruch mit den
Thatſachen ſtehen. Kein Menſch vermöge mehr den Sturz des Alten in Eu-
ropa aufzuhalten, welcher der Freiheit der Völker vorhergehen werde.
Marſeille, 9 Jun. Ein Correſpondent ſchreibt von der Rhede von
Palermo vom 3: Vor ſeiner Einſchiffung ſey er durch die Stadt gegangen; die
Straßen ſeyen entpflaſtert, und wurden von 300 Barricaden verſperrt, wovon
mehrere aus ungeheuren Blöcken erbaut ſeyen. An jenem Tag hielten ſich
die Soldaten nur noch im k. Schloß und in der Citadelle, auch im Finanz-
palaſt, der Polizeipräfectur und der erzbiſchöflichen Wohnung; aber den Trup-
pen giengen die Lebensmittel aus, das mehreremale angegriffene Finanzhôtel
ſollte 20 bis 30 Millionen enthalten, welche theils Privatleuten, theils der
Regierung gehörten. Die Garniſon hatte verſprochen zu capituliren wenn
man das Schloß ſchonen wollte. Garibaldi hatte angenommen. (T. Hav.)
Marſeille, 10 Jun. Vier Kriegsſchiffe ſind von Toulon nach Neapel
abgegangen. Der Genueſer Handelscourier ſagt: die Räumung der Lom-
bardei durch die Franzoſen ſey beendet. (T. Hav.)
Rom, 8 Jun. Geſtern iſt der Commandeur Martino, neapolitaniſcher
Geſandter in Rom, von Gaëta zurückgekehrt, und heute nach Paris abgereist.
(T. Havas.)
Turin, 10 Jun. Marſchall Vaillant wird Dienſtag erwartet. Die
Zolllinie nach Savoyen hin iſt feſtgelegt. Die erſte franzöſiſche Linie iſt bei
Lanslebourg, die zweite bei St. Jean Maurienne; die ſardiniſche Linie iſt
bei Suſa. (T. Hav.)
Turin, 10 Jun. Der Senat hat den Abtretungsvertrag über Sa-
voyen und Nizza mit 92 gegen 10 Stimmen genehmigt. (Schw. M.)
Handelsberichte.
|| Frankfurt a. M., 10 Jun. Die eben abgelaufene Börſenwoche hielt
ſich ziemlich unabhängig von dem Einfluß der politiſchen Telegramme. Je weniger
dieſe bei ihrer Unzuverläſſigkeit und ihren fortwährenden Widerſprüchen das Publi-
cum in Stand ſetzen ſich über den Verlauf der Dinge ein ſicheres Urtheil zu bil-
den, deſto mehr gewöhnt man ſich ſie zu ignoriren. Das was urſprünglich be-
ſtimmt war die öffentliche Auſmerkſamkeit vorzugsweiſe in einzelnen Momenten zu
feſſeln, ſinkt ſonach zur Alltäglichkeit herab, und wird kaum mehr beachtet. Ja es
gibt Momente wo man ſich auf dem Wunſch ertappt wieder in die guten alten
Zeiten verſetzt worden zu ſeyn, wo wir zwar noch keine blitzähnlichen, dafür aber
zuverläſſigere und weniger begriffs- und ſinnverwirende Verkehrsmittel beſaßen.
So kann die herrlichſte Erfindung durch Mißbrauch entweiht, und denen für die ſie
zum Segen gereichen ſollte verleidet werden! Uebrigens hat man es aufgegeben
die Räthſel der großen Politik von Tag zu Tag ergründen zu wollen. Da die
italieniſche Frage ſich nur allmählich abwickelt, die orientaliſche mehr in den Hinter-
grund tritt, ſo wendet ſich der Blick näher liegenden Erſcheinungen zu. Da tritt
uns denn vor allem die kaum mehr zu bezweifelnde erfreuliche Thatſache entgegen
daß die drohende äußere Gefahr endlich jene Einigung der deutſchen Regierungen
zu Stande bringt die längſt in den Wünſchen ihrer Völker lag, die aber dem be-
kümmerten Auge des Patrioten mehr und mehr zu entſchwinden drohte. In eini-
gem Zuſammenhang mit dieſer Erſcheinung, und als eine weitere Bürgſchaft für
dieſelbe, ſehen wir jene erſten Keime conſtitutioneller Entwicklung welche in der
Schaffung des verſtärkten Reichsraths für Oeſterreich liegen, ſich ſchon im Beginn
ſeiner Wirkſamkeit viel raſcher und lebendiger entfalten als die Freunde gehofft und
die Gegner gefürchtet hatten. Der Ernſt und die Entſchiedenheit womit die
Berufenen an ihre große Aufgabe gehen, die feſte und verſöhnliche Geſinnung
die dabei an den Tag tritt, die Liberalität mit welcher die Regierung für freien
Spielraum der Berathungen und für unverkümmerte Oeffentlichkeit ſorgt, dieß alles
ſcheint eine glückliche Löſung zu verdürgen. Vor allem möge die Herſtellung geord-
neter Finanzzuſtände raſch und kräftig in Angriff genommen werden. Auf dieſer
Grundlage wird der übrige Ban ſich um ſo leichter erheben und um ſo ſicherer
ruhen können. Die günſtigen Ausſichten für die Neugeſtaltung der öſterreichiſchen
Verhältniſſe blieben in dieſer Woche nicht ohne Einfluß auf die Stimmung der Börſe,
zumal dieſelbe, wie ſchon demerkt, ſich von den Einwirkungen der äußeren Politik
weniger beherrſchen ließ. Die Curſe haben ſämmtlich einen, wenn gleich nicht ſehr
erheblichen, Fortſchritt gemacht, und wurden nur durch den neueſten Rückgang der
Pariſer Rentencurſe in ihrer weitern Beſſerung gehemmt.
* Breslau, 8 Jun. Seit mehreren Jahren machen wir die Erfahrung daß
unſer Wollmarkt — ſey auch die Conjunctur ſchlecht oder gut — einen ſehr raſchen
Verlauf nimmt. Man darf das wohl dem Umſtand zuſchreiben daß die Producenten,
durch tranrige Erfahrung gewitzigt, nicht mehr ſo unangemeſſene Forderungen wie
in frühern Jahren ſtellen, und daß dadurch das Geſchäft erleichtert wird. Dießmal
trug zur ſchnellen Beendigung des Marktes auch das weſentlich bei daß ein großer
Theil (man darf die Hälfte annehmen) theils früher verkauft, theils aber auch in
den Tagen vor dem Markt bei den Producenten zu Hauſe aufgeſucht und gekauft
worden war. Außerdem hatte man auch, trotz allem polizeilichen Berbot, ſo manche
Partie unter der Hand weggegeben. So ſahen wir denn ein unverhältnißmäßig
kleines Quantum am Markt, und dieſes ward, ſobald nur der Morgen des erſten
Verkaufstags da war, ſo lebhaft geſucht, daß Nachmittags faſt alles geräumt war.
Känfer und Berkäufer waren darüber einverſtanden daß ein Steigen von 10 Thlru.
per Centner gegen voriges Jahr feſtſtehe, und ſo machte ſich denn die Sache immer
in wenig Minuten. Die Preiſe waren für die beſten Schuren 130 Thlr., für die
geringſten 70 Thlr., und das meiſte gieng in der Mitte dieſer Extreme ab. Ueber
die Wäſche und die gute Behandlung der Waare ſprachen ſich die Käufer anerkennend
und zufrieden aus. Der Begehr war übrigens viel größer als das Angebot, und
es kamen insbeſondere diejenigen zu kurz welche zu ſpät hier eingetroffen waren.
Der Ruhm der ſchleſiſchen Wolle hat ſich übrigens auf dieſem Markt aufs neue
glänzend bewährt, und wir dürfen für ihre Zukunft nicht in Sorgen ſeyn. Mit
dem Geſagten deute ich auf die in der neueſten Zeit ſtattgehabten Vorgänge in
unſerer Merinozucht. Das Streben nach Reichwolligkeit hat zwar einzelne auf Irr-
wege geführt, die Maſſe unſerer Züchter aber und vornehmlich die Koryphäen wandeln
auf ſicherer Bahn, und ſuchen und finden die Mittel zur Vermehrung der Wollmenge
in den eigenen Stämmen, bewahren damit das edle Blut und ſichern die Zukunft
unſeres Erzeugniſſes. Wie bildſam das Schaf hinſichtlich der von ihm zu ziehenden
Producte iſt, ſehen wir mit Bewunderung in unſern vorzüglichſten Heerden, wo
wir ſchon jetzt einen Wollreichthum und eine Ausbildung der Körperformen finden
die man bei dem Electoralſchaf kaum für möglich gehalten hat. So iſt denn ſchon
eine namhafte Menge von Schäfereien um 50 Proc., ja mehr, in ihrer Wollproduction
geſtiegen, ohne die Zahl der Thiere vermehrt zu haben. Wozu wir uns dabei noch
beſonders Glück zu wünſchen haben, das iſt die notoriſche Abnahme der Traber-
krankheit, die man endlich bei vorſichtiger und verſtändiger Züchtung völlig zu be-
ſeitigen hoffen darf.
Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges.
Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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