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Allgemeine Zeitung, Nr. 164, 12. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] in den militärischen Uebungen schon in den Schulen. Es wird also eine Art
schweizerischer Volksbewaffnung angestrebt, und so etwas thut auch wahrlich
noth; denn mit unsern jetzt vorhandenen 100,000 Mann können wir schwer-
lich den Kampf gegen den Erbfeind bestehen; wenn es aber dahin kommt daß
die ganze männliche Bevölkerung den Gebrauch der Waffen kennt und darin
geübt ist, dürfte es auch dem östlichen Koloß nicht so leicht seyn mit uns an-
zubinden. Eine weitere Maßregel welche die Stände endlich getroffen, ist
die Aufhebung der Prügelstrafe, welche, von drei Ständen -- Priestern,
Bürgern und Bauern -- beschlossen, nur die königl. Sanction erwartet, da-
mit auch dieses Schandmal ausgemerzt werde. Die Bürger und Bauern
sprachen sich einstimmig für die Aufhebung der Prügelstrafe aus; im Priester-
stande wollten 9 Mitglieder sie behalten; aber, obwohl in der Adelskammer
eigentlich nur zwei Vertheidiger des Prügelstocks auftraten, ein Garde-
hauptmann und der jetzige Kriegsfiscal, früher Regimentsauditeur bei der
Garde, konnte doch unter den Rittern der Stock eine Mehrheit von nur 2
Stimmen gewinnen. Daß die Nation am liebsten gesehen hätte wenn der
Corporalstock schon längst weggeworfen wäre, erleidet keinen Zweifel. --
Von unserm berühmten afrikanischen Reisenden Ch. Andersson, welcher im
Innern von Afrika schwer erkrankt darniederlag, ist die erfreuliche Nachricht
eingegangen daß sein Freund Gräme ihn aufgesucht und nach der Missions-
station Richtenfeldt im Damaralande gebracht habe, von wo Andersson, dessen
Gesundheitszustand sich indessen gebessert, nach der Capstadt abgehen wollte.
-- Für Garibaldi ist in Stockholm eine Subscription eröffnet. Manche
Damen haben sogar ihren Schmuck aufgeopfert.



China.

Eine Correspondenz des Moniteur aus Schanghai vom 17 April theilt
die Antwort des Pekinger Cabinets auf das französische Ultimatum mit. Sie
lautet:

"Peking, Ende März 1860. Der große Rath hat gestern die Depesche Ew.
Excellenz (des Gouverneurs der beiden Kiang) mit einem amtlichen Schreiben des
französischen Botschafters erhalten, welcher, da er nach seiner Aussage von den chinesi-
schen Behörden verhindert wurde sich nach der Hauptstadt zu begeben, als er in
der Absicht die Vertragsratification auszutauschen sich im Laufe des fünsten Mon-
des des vorigen Jahrs an die Mündung des Peiho begab, die Rückzahlung der
Kriegskosten und eine Entschädigung für den Angriff auf eines seiner Schiffe ver-
langt. Der große Nath findet daß China sich bei dieser Gelegenheit nicht treulos
benommen hat; denn die Engländer sind es welche, trotz der Besehle die wir das
Recht hatten ihnen zu ertheilen, mit einer Armee an den Eingang des Flusses von
Tien-Tsin kamen, um die zur Vertheidigung aufgerichteten Hindernisse zu zerstören.
Die Franzosen und die Amerikaner haben sich nicht zu ihnen gesellt; auch beeilten sich
die Hafenbehörden, bei ihnen um Auskunft bitten zu lassen und ihren Schiffen vor-
zuschreiben die Straße von Petang einzuschlagen, um sich nach der Hauptstadt zu
begeben; da aber das französische Schiff schon abgegangen war, so konnten nur die
Amerikaner nach Petang kommen um ihren Vertrag auszutauschen; die Ursache
war daß die Franzosen versäumt hatten uns amtlich anzuzeigen daß sie im Ge-
folge der Amerikaner
gekommen waren. Uebrigens hat Ew. Excellenz nach
Abfahrt der Franzosen ihnen durch eine nach Schanghai gerichtete Depesche ange-
zeigt daß sie, da sie nicht an dem Angriff theilgenommen hätten, ihren Vertrag
austauschen könnten, wenn sie den Wunsch ausdrückten, und sich wie die Amerika-
ner nach Petang begäben. Die Archive bestätigen dieß. Was den Paragraph der
Zahlung von Entschädigungen für den Angriff und die Zerstörung eines Schiffes so
wie der Kriegskosten betreffend angeht, wie sollten wir ihre Schiffe angegriffen und
zerstört haben, da die Franzosen den Engländern doch nicht bei ihren Feindseligkeiten
gegen die Chinesen geholfen haben? Und wenn man von Schadloshaltungen und
Kriegsentschädigungen spricht, so hat China in den letzten Jahren sicherlich Millio-
nen über Millionen für Krieg ausgegeben, und wenn es sich um gegenseitige Rück-
zahlungen handelte, so würde das was man von China fordern könnte gewiß noch
nicht die Hälfte von dem seyn was ihm selbst zukäme. Da übrigens Frankreich im
vorigen Jahre nachdrücklich um die Gleichstellung seines Handels mit dem amerikanischen
in Betreff der Zölle von Tai-Wan und andern Häfen nachgesucht hat, so hat der
große Kaiser, der immer voll Mitgefühl für die Ausländer ist, sie nur mit freigebi-
ger Menschlichkeit behandelt und für den Handel nur Sorgfalt besitzt, nicht beach-
ten wollen daß der französische Vertrag noch nicht ausgetauscht war, sondern hat
geruht auch auf die Franzosen die den Amerikanern bewilligten Vortheile auszu-
dehnen. Hieß das nicht sie mit Großmuth behandeln? Und jetzt kommen die
Frauzosen, und statt dankbar zu seyn, sprechen sie im Gegentheil von Entschuldi-
gungen Angriffen, Entschädigungen und Kriegskosten, indem sie noch obendrein in
ihrer Depesche eine Frist dafür ansetzen, offenbar lauter eben so extravagante wie
unerhörte und unvernünstige Dinge. Was den Paragraph die permanente Resi-
denz in Peking betreffend angeht, so findet der große Rath daß der französische
Vertrag kein Wort davon sagt; denn der Art. 2 setzt nur fest daß, "im Fall eine
andere Macht in ihren Vertrag schriebe daß sie Gesandte oder Botschafter in un-
sere Hauptstadt schicken würde, Frankreich dasselbe thun könnte.... Nun aber als
England im vorigen Jahre dringend hierauf bestand, wurde ihm von den kaiserl.
Commissären Kuei und andern kategorisch geantwortet: dieß sey unmöglich. Die
Franzosen haben sich also gar nicht darum zu kümmern. Bleibt noch ihr Verlan-
gen nach dem Norden kommen zu dürfen, um die Ratification ihres Vertrags aus-
zutauschen. Und in dieser Beziehung ist zu sagen daß, wenn die Franzosen sich der
Bedingung unterwerfen wollen daß Ew. Excellenz mit ihnen in Schanghai, we-
gen dessen was im Vertrag seine volle und ganze Geltung haben soll, in Unter-
handlung tritt, sie offenbar dazu ermächtigt werden können, nachdem man über
alles sich verständigt hat und keine Einwendungen mehr von irgendeiner Seite
gemacht werden, wohlverstanden daß sie dem Vertrag gemäß nur wenig Leute und
keine Kriegsschiffe mit sich bringen. In diesem Fall wird China nicht verfehleu
sie schicklich zu behandeln, vorausgesetzt daß sie die Straße von Petang einschlagen.
[Spaltenumbruch] Kommen sie aber mit Kriegsschiffen, und erscheinen sie vor Taku, so haben sie offen-
bar nicht die aufrichtige Absicht die Ratificationen ihres Vertrags auszutauschen,
sondern werden von schlechten Gesinnungen geleitet. Um zu vermeiden daß dieß
nicht zu Argwohn, zu Feindschaft und andern Uebelständen Anlaß gibt, ist es daher
nothwendig daß Ew. Excellenz das Vorstehende dem Botschafter Frankreichs kund
thue." Die Correspondenz des Moniteur fügt hinzu: der englische Gesandte habe
eine ähnliche Antwort erhalten, worauf die beiden Bevollmächtigten die comman-
direnden Generale und Admirale aufforderten sich über die nöthigen Maßregeln zu
verständigen, um die chinesische Regierung mit Gewalt zur Einhaltung ihrer Ver-
pflichtungen zu zwingen.


Telegraphische Berichte.

Der Klerus von Piacenza weigerte
sich die Escorte des Militärs bei der Fronleichnamsprocession anzu-
nehmen. Zwanzig Priester der Domkirche wurden verhaftet und nach
Turin gebracht.

Oesterr. 5proc. Rational-Anleibe 58 3/8 ;
5proc. Metall. 50 7/8 P.; Bankactien 758; Lotterie-Anlehensloose von 1854 74;
von 1858 933/4; von 1860 721/2; Ludwigsh.-Bexbacher E.-B.-A. 123; bayer.
Ostb.-Actien 1011/4 P.; voll eingezahlt 101 3/8 P.; öfterr. Credit-Mobilier-Actien 165.
Wechselcurse: Paris 931/4 P.; London 1163/4; Wien 88 1/8 .

5proc. Anleihe 104; 31/2proc. Staatsschuldscheine
84; Ludwigshafen-Bexbacher E.-B.-A. 1231/4.

Oesterr. 5proc. National-Anleihe 79.60; 5proc. Metall.
69.75; Lotterie-Anlehensloose von 1854 99.25; von 1858 105.75; von 1860
95.75; Bankactien 862; öfterr. Credit-Mobilieractien 186.60: Donaudampfschiff-
fahrtsactien 439; Staatsbahnactien 267.50; Nordbahnactien 187.20. Wechsel-
curse:
Augsburg 3 Monat 112.30; London 131.

3proc. Consols 95 5/8 .

3proc. Rente 68.35; span. 3proc. 47 1/8 ; Staatsbahn-
Actien 518; Credit Mobilier 657; sehr fest.

5proc. National-Anleihe 56; span. 13/4proc.
37; 21/2proc. Int. 64, hier Abendgeschäft; Credit --; National 583/4.



Neueste Posten.

(Officielle Mittheilung aus der Bundestags-
sitzung vom 8 Jun.) Von dem großherzoglich badischen Gesandten wurde
zur Anzeige gebracht daß der Großherzog den Generalmajor Dreyer, un-
ter Charakterisirung als Generallieutenant, zum Stellvertreter des Gouver-
neurs der Bundesfestung Rastatt ernannt habe. Ferner gab der Gesandte
der fünfzehnten Stimme Kenntniß von einer zwischen Oldenburg und der freien
Städte Lübeck und Bremen abgeschlossenen Uebereinkunft über Stellung der
Artillerie in der zweiten Division des zehnten Armeecorps. Beide Anzeigen
wurden der Militärcommission überwiesen. Von dem handelspolitischen
Ausschuß wurde über den in der Sitzung vom 23 Febr. d. J. von Bayern,
Königreich Sachsen, Württemberg, Kurhessen, Großherzogthum Hessen,
Nassau, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Altenburg gestellten, die Einfüh-
rung gleichen Maßes und Gewichts in allen Bundesstaaten bezielenden An-
trag Vorlage gemacht. Von der Ansicht ausgehend daß diese Angelegenheit
zur Zuständigkeit der Bundesversammlung gehört, auch die Einheit des deut-
schen Maß- und Gewichtssystems zur Förderung der materiellen Interessen
höchst wünschenswerth, die Frage aber: ob und in welcher Weise dieselbe als
ausführbar erscheine? technischer Natur ist, beantragte der Ausschuß: am
Sitze der Bundesversammlung eine Commission von Sachverständigen zur
Ausarbeitung eines Gutachtens wegen Einführung gleichen Maßes und Ge-
wichtes in allen Bundesstaaten und zu Eröffnung von Vorschlägen über die am
zweckmäßigsten zu wählenden Systeme, sowie die zu Einführung derselben er-
forderlichen Maßregeln niederzusetzen, auch zu diesem Ende das geeignete Er-
suchen wegen Abordnung sachverständiger Commissäre an die hohen Regierun-
gen zu richten. Hierbei wunde unterstellt daß sich hiedurch zugleich für die-
jenigen Regierungen welche den Antrag nicht eingebracht haben, auch ohne
vorgängige Aufforderung hiezu die Gelegenheit ergeben werde ihre Ansichten
über die Bedürfnißfrage, sowie über die Mittel der Ausführung zu äußern.
Die Abstimmung über diesen Antrag wurde auf eine spätere Sitzung ver-
tagt. Endlich wurde über eine die Bundesfestungen betreffende Angelegen-
heit Berathung gepflogen, auch der Familie eines vormaligen Marinebedien-
steten eine außerordentliche Unterstützung bewilligt.

Die Anwesenheit der Kaiserin-Mutter von
Rußland am hiesigen Hof war dießmal nur von sehr kurzer Dauer. Donner-
stag Abend langte die hohe Dame von Rorschach über Friedrichshafen auf
dem Bahnhof zu Cannstatt an, und verfügte sich von da nach der kronprinz-
lichen Villa bei Berg, und gestern Nachmittags 1 Uhr fuhr sie in Begleitung
des Kronprinzen und der Kronprinzessin mit königlichen Pferden über Böb-
lingen nach Wildbad, während ein Theil ihres Gefolges schon Vormittags
den Schnellzug der Eisenbahn bis Mühlacker benützt und sich von da per
Post nach Wildbald begeben hatte. Der Aufenthalt der Kaiserin sowie des
Kronprinzen und der Kronprinzessin im Wildbad wird von längerer
Dauer seyn.

In der gestrigen Reichsrathssitzung entspann sich

[Spaltenumbruch] in den militäriſchen Uebungen ſchon in den Schulen. Es wird alſo eine Art
ſchweizeriſcher Volksbewaffnung angeſtrebt, und ſo etwas thut auch wahrlich
noth; denn mit unſern jetzt vorhandenen 100,000 Mann können wir ſchwer-
lich den Kampf gegen den Erbfeind beſtehen; wenn es aber dahin kommt daß
die ganze männliche Bevölkerung den Gebrauch der Waffen kennt und darin
geübt iſt, dürfte es auch dem öſtlichen Koloß nicht ſo leicht ſeyn mit uns an-
zubinden. Eine weitere Maßregel welche die Stände endlich getroffen, iſt
die Aufhebung der Prügelſtrafe, welche, von drei Ständen — Prieſtern,
Bürgern und Bauern — beſchloſſen, nur die königl. Sanction erwartet, da-
mit auch dieſes Schandmal ausgemerzt werde. Die Bürger und Bauern
ſprachen ſich einſtimmig für die Aufhebung der Prügelſtrafe aus; im Prieſter-
ſtande wollten 9 Mitglieder ſie behalten; aber, obwohl in der Adelskammer
eigentlich nur zwei Vertheidiger des Prügelſtocks auftraten, ein Garde-
hauptmann und der jetzige Kriegsfiscal, früher Regimentsauditeur bei der
Garde, konnte doch unter den Rittern der Stock eine Mehrheit von nur 2
Stimmen gewinnen. Daß die Nation am liebſten geſehen hätte wenn der
Corporalſtock ſchon längſt weggeworfen wäre, erleidet keinen Zweifel. —
Von unſerm berühmten afrikaniſchen Reiſenden Ch. Andersſon, welcher im
Innern von Afrika ſchwer erkrankt darniederlag, iſt die erfreuliche Nachricht
eingegangen daß ſein Freund Gräme ihn aufgeſucht und nach der Miſſions-
ſtation Richtenfeldt im Damaralande gebracht habe, von wo Andersſon, deſſen
Geſundheitszuſtand ſich indeſſen gebeſſert, nach der Capſtadt abgehen wollte.
— Für Garibaldi iſt in Stockholm eine Subſcription eröffnet. Manche
Damen haben ſogar ihren Schmuck aufgeopfert.



China.

Eine Correſpondenz des Moniteur aus Schanghai vom 17 April theilt
die Antwort des Pekinger Cabinets auf das franzöſiſche Ultimatum mit. Sie
lautet:

Peking, Ende März 1860. Der große Rath hat geſtern die Depeſche Ew.
Excellenz (des Gouverneurs der beiden Kiang) mit einem amtlichen Schreiben des
franzöſiſchen Botſchafters erhalten, welcher, da er nach ſeiner Ausſage von den chineſi-
ſchen Behörden verhindert wurde ſich nach der Hauptſtadt zu begeben, als er in
der Abſicht die Vertragsratification auszutauſchen ſich im Laufe des fünſten Mon-
des des vorigen Jahrs an die Mündung des Peiho begab, die Rückzahlung der
Kriegskoſten und eine Entſchädigung für den Angriff auf eines ſeiner Schiffe ver-
langt. Der große Nath findet daß China ſich bei dieſer Gelegenheit nicht treulos
benommen hat; denn die Engländer ſind es welche, trotz der Beſehle die wir das
Recht hatten ihnen zu ertheilen, mit einer Armee an den Eingang des Fluſſes von
Tien-Tſin kamen, um die zur Vertheidigung aufgerichteten Hinderniſſe zu zerſtören.
Die Franzoſen und die Amerikaner haben ſich nicht zu ihnen geſellt; auch beeilten ſich
die Hafenbehörden, bei ihnen um Auskunft bitten zu laſſen und ihren Schiffen vor-
zuſchreiben die Straße von Petang einzuſchlagen, um ſich nach der Hauptſtadt zu
begeben; da aber das franzöſiſche Schiff ſchon abgegangen war, ſo konnten nur die
Amerikaner nach Petang kommen um ihren Vertrag auszutauſchen; die Urſache
war daß die Franzoſen verſäumt hatten uns amtlich anzuzeigen daß ſie im Ge-
folge der Amerikaner
gekommen waren. Uebrigens hat Ew. Excellenz nach
Abfahrt der Franzoſen ihnen durch eine nach Schanghai gerichtete Depeſche ange-
zeigt daß ſie, da ſie nicht an dem Angriff theilgenommen hätten, ihren Vertrag
austauſchen könnten, wenn ſie den Wunſch ausdrückten, und ſich wie die Amerika-
ner nach Petang begäben. Die Archive beſtätigen dieß. Was den Paragraph der
Zahlung von Entſchädigungen für den Angriff und die Zerſtörung eines Schiffes ſo
wie der Kriegskoſten betreffend angeht, wie ſollten wir ihre Schiffe angegriffen und
zerſtört haben, da die Franzoſen den Engländern doch nicht bei ihren Feindſeligkeiten
gegen die Chineſen geholfen haben? Und wenn man von Schadloshaltungen und
Kriegsentſchädigungen ſpricht, ſo hat China in den letzten Jahren ſicherlich Millio-
nen über Millionen für Krieg ausgegeben, und wenn es ſich um gegenſeitige Rück-
zahlungen handelte, ſo würde das was man von China fordern könnte gewiß noch
nicht die Hälfte von dem ſeyn was ihm ſelbſt zukäme. Da übrigens Frankreich im
vorigen Jahre nachdrücklich um die Gleichſtellung ſeines Handels mit dem amerikaniſchen
in Betreff der Zölle von Taï-Wan und andern Häfen nachgeſucht hat, ſo hat der
große Kaiſer, der immer voll Mitgefühl für die Ausländer iſt, ſie nur mit freigebi-
ger Menſchlichkeit behandelt und für den Handel nur Sorgfalt beſitzt, nicht beach-
ten wollen daß der franzöſiſche Vertrag noch nicht ausgetauſcht war, ſondern hat
geruht auch auf die Franzoſen die den Amerikanern bewilligten Vortheile auszu-
dehnen. Hieß das nicht ſie mit Großmuth behandeln? Und jetzt kommen die
Frauzoſen, und ſtatt dankbar zu ſeyn, ſprechen ſie im Gegentheil von Entſchuldi-
gungen Angriffen, Entſchädigungen und Kriegskoſten, indem ſie noch obendrein in
ihrer Depeſche eine Friſt dafür anſetzen, offenbar lauter eben ſo extravagante wie
unerhörte und unvernünſtige Dinge. Was den Paragraph die permanente Reſi-
denz in Peking betreffend angeht, ſo findet der große Rath daß der franzöſiſche
Vertrag kein Wort davon ſagt; denn der Art. 2 ſetzt nur feſt daß, „im Fall eine
andere Macht in ihren Vertrag ſchriebe daß ſie Geſandte oder Botſchafter in un-
ſere Hauptſtadt ſchicken würde, Frankreich dasſelbe thun könnte.... Nun aber als
England im vorigen Jahre dringend hierauf beſtand, wurde ihm von den kaiſerl.
Commiſſären Kuei und andern kategoriſch geantwortet: dieß ſey unmöglich. Die
Franzoſen haben ſich alſo gar nicht darum zu kümmern. Bleibt noch ihr Verlan-
gen nach dem Norden kommen zu dürfen, um die Ratification ihres Vertrags aus-
zutauſchen. Und in dieſer Beziehung iſt zu ſagen daß, wenn die Franzoſen ſich der
Bedingung unterwerfen wollen daß Ew. Excellenz mit ihnen in Schanghai, we-
gen deſſen was im Vertrag ſeine volle und ganze Geltung haben ſoll, in Unter-
handlung tritt, ſie offenbar dazu ermächtigt werden können, nachdem man über
alles ſich verſtändigt hat und keine Einwendungen mehr von irgendeiner Seite
gemacht werden, wohlverſtanden daß ſie dem Vertrag gemäß nur wenig Leute und
keine Kriegsſchiffe mit ſich bringen. In dieſem Fall wird China nicht verfehleu
ſie ſchicklich zu behandeln, vorausgeſetzt daß ſie die Straße von Petang einſchlagen.
[Spaltenumbruch] Kommen ſie aber mit Kriegsſchiffen, und erſcheinen ſie vor Taku, ſo haben ſie offen-
bar nicht die aufrichtige Abſicht die Ratificationen ihres Vertrags auszutauſchen,
ſondern werden von ſchlechten Geſinnungen geleitet. Um zu vermeiden daß dieß
nicht zu Argwohn, zu Feindſchaft und andern Uebelſtänden Anlaß gibt, iſt es daher
nothwendig daß Ew. Excellenz das Vorſtehende dem Botſchafter Frankreichs kund
thue.“ Die Correſpondenz des Moniteur fügt hinzu: der engliſche Geſandte habe
eine ähnliche Antwort erhalten, worauf die beiden Bevollmächtigten die comman-
direnden Generale und Admirale aufforderten ſich über die nöthigen Maßregeln zu
verſtändigen, um die chineſiſche Regierung mit Gewalt zur Einhaltung ihrer Ver-
pflichtungen zu zwingen.


Telegraphiſche Berichte.

Der Klerus von Piacenza weigerte
ſich die Escorte des Militärs bei der Fronleichnamsproceſſion anzu-
nehmen. Zwanzig Prieſter der Domkirche wurden verhaftet und nach
Turin gebracht.

Oeſterr. 5proc. Rational-Anleibe 58⅜;
5proc. Metall. 50⅞ P.; Bankactien 758; Lotterie-Anlehenslooſe von 1854 74;
von 1858 93¾; von 1860 72½; Ludwigsh.-Bexbacher E.-B.-A. 123; bayer.
Oſtb.-Actien 101¼ P.; voll eingezahlt 101⅜ P.; öfterr. Credit-Mobilier-Actien 165.
Wechſelcurſe: Paris 93¼ P.; London 116¾; Wien 88⅛.

5proc. Anleihe 104; 3½proc. Staatsſchuldſcheine
84; Ludwigshafen-Bexbacher E.-B.-A. 123¼.

Oeſterr. 5proc. National-Anleihe 79.60; 5proc. Metall.
69.75; Lotterie-Anlehenslooſe von 1854 99.25; von 1858 105.75; von 1860
95.75; Bankactien 862; öfterr. Credit-Mobilieractien 186.60: Donaudampfſchiff-
fahrtsactien 439; Staatsbahnactien 267.50; Nordbahnactien 187.20. Wechſel-
curſe:
Augsburg 3 Monat 112.30; London 131.

3proc. Conſols 95⅝.

3proc. Rente 68.35; ſpan. 3proc. 47⅛; Staatsbahn-
Actien 518; Credit Mobilier 657; ſehr feſt.

5proc. National-Anleihe 56; ſpan. 1¾proc.
37; 2½proc. Int. 64, hier Abendgeſchäft; Credit —; National 58¾.



Neueſte Poſten.

(Officielle Mittheilung aus der Bundestags-
ſitzung vom 8 Jun.) Von dem großherzoglich badiſchen Geſandten wurde
zur Anzeige gebracht daß der Großherzog den Generalmajor Dreyer, un-
ter Charakteriſirung als Generallieutenant, zum Stellvertreter des Gouver-
neurs der Bundesfeſtung Raſtatt ernannt habe. Ferner gab der Geſandte
der fünfzehnten Stimme Kenntniß von einer zwiſchen Oldenburg und der freien
Städte Lübeck und Bremen abgeſchloſſenen Uebereinkunft über Stellung der
Artillerie in der zweiten Diviſion des zehnten Armeecorps. Beide Anzeigen
wurden der Militärcommiſſion überwieſen. Von dem handelspolitiſchen
Ausſchuß wurde über den in der Sitzung vom 23 Febr. d. J. von Bayern,
Königreich Sachſen, Württemberg, Kurheſſen, Großherzogthum Heſſen,
Naſſau, Sachſen-Meiningen und Sachſen-Altenburg geſtellten, die Einfüh-
rung gleichen Maßes und Gewichts in allen Bundesſtaaten bezielenden An-
trag Vorlage gemacht. Von der Anſicht ausgehend daß dieſe Angelegenheit
zur Zuſtändigkeit der Bundesverſammlung gehört, auch die Einheit des deut-
ſchen Maß- und Gewichtsſyſtems zur Förderung der materiellen Intereſſen
höchſt wünſchenswerth, die Frage aber: ob und in welcher Weiſe dieſelbe als
ausführbar erſcheine? techniſcher Natur iſt, beantragte der Ausſchuß: am
Sitze der Bundesverſammlung eine Commiſſion von Sachverſtändigen zur
Ausarbeitung eines Gutachtens wegen Einführung gleichen Maßes und Ge-
wichtes in allen Bundesſtaaten und zu Eröffnung von Vorſchlägen über die am
zweckmäßigſten zu wählenden Syſteme, ſowie die zu Einführung derſelben er-
forderlichen Maßregeln niederzuſetzen, auch zu dieſem Ende das geeignete Er-
ſuchen wegen Abordnung ſachverſtändiger Commiſſäre an die hohen Regierun-
gen zu richten. Hierbei wunde unterſtellt daß ſich hiedurch zugleich für die-
jenigen Regierungen welche den Antrag nicht eingebracht haben, auch ohne
vorgängige Aufforderung hiezu die Gelegenheit ergeben werde ihre Anſichten
über die Bedürfnißfrage, ſowie über die Mittel der Ausführung zu äußern.
Die Abſtimmung über dieſen Antrag wurde auf eine ſpätere Sitzung ver-
tagt. Endlich wurde über eine die Bundesfeſtungen betreffende Angelegen-
heit Berathung gepflogen, auch der Familie eines vormaligen Marinebedien-
ſteten eine außerordentliche Unterſtützung bewilligt.

Die Anweſenheit der Kaiſerin-Mutter von
Rußland am hieſigen Hof war dießmal nur von ſehr kurzer Dauer. Donner-
ſtag Abend langte die hohe Dame von Rorſchach über Friedrichshafen auf
dem Bahnhof zu Cannſtatt an, und verfügte ſich von da nach der kronprinz-
lichen Villa bei Berg, und geſtern Nachmittags 1 Uhr fuhr ſie in Begleitung
des Kronprinzen und der Kronprinzeſſin mit königlichen Pferden über Böb-
lingen nach Wildbad, während ein Theil ihres Gefolges ſchon Vormittags
den Schnellzug der Eiſenbahn bis Mühlacker benützt und ſich von da per
Poſt nach Wildbald begeben hatte. Der Aufenthalt der Kaiſerin ſowie des
Kronprinzen und der Kronprinzeſſin im Wildbad wird von längerer
Dauer ſeyn.

In der geſtrigen Reichsrathsſitzung entſpann ſich

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[2740/0012] in den militäriſchen Uebungen ſchon in den Schulen. Es wird alſo eine Art ſchweizeriſcher Volksbewaffnung angeſtrebt, und ſo etwas thut auch wahrlich noth; denn mit unſern jetzt vorhandenen 100,000 Mann können wir ſchwer- lich den Kampf gegen den Erbfeind beſtehen; wenn es aber dahin kommt daß die ganze männliche Bevölkerung den Gebrauch der Waffen kennt und darin geübt iſt, dürfte es auch dem öſtlichen Koloß nicht ſo leicht ſeyn mit uns an- zubinden. Eine weitere Maßregel welche die Stände endlich getroffen, iſt die Aufhebung der Prügelſtrafe, welche, von drei Ständen — Prieſtern, Bürgern und Bauern — beſchloſſen, nur die königl. Sanction erwartet, da- mit auch dieſes Schandmal ausgemerzt werde. Die Bürger und Bauern ſprachen ſich einſtimmig für die Aufhebung der Prügelſtrafe aus; im Prieſter- ſtande wollten 9 Mitglieder ſie behalten; aber, obwohl in der Adelskammer eigentlich nur zwei Vertheidiger des Prügelſtocks auftraten, ein Garde- hauptmann und der jetzige Kriegsfiscal, früher Regimentsauditeur bei der Garde, konnte doch unter den Rittern der Stock eine Mehrheit von nur 2 Stimmen gewinnen. Daß die Nation am liebſten geſehen hätte wenn der Corporalſtock ſchon längſt weggeworfen wäre, erleidet keinen Zweifel. — Von unſerm berühmten afrikaniſchen Reiſenden Ch. Andersſon, welcher im Innern von Afrika ſchwer erkrankt darniederlag, iſt die erfreuliche Nachricht eingegangen daß ſein Freund Gräme ihn aufgeſucht und nach der Miſſions- ſtation Richtenfeldt im Damaralande gebracht habe, von wo Andersſon, deſſen Geſundheitszuſtand ſich indeſſen gebeſſert, nach der Capſtadt abgehen wollte. — Für Garibaldi iſt in Stockholm eine Subſcription eröffnet. 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Der große Nath findet daß China ſich bei dieſer Gelegenheit nicht treulos benommen hat; denn die Engländer ſind es welche, trotz der Beſehle die wir das Recht hatten ihnen zu ertheilen, mit einer Armee an den Eingang des Fluſſes von Tien-Tſin kamen, um die zur Vertheidigung aufgerichteten Hinderniſſe zu zerſtören. Die Franzoſen und die Amerikaner haben ſich nicht zu ihnen geſellt; auch beeilten ſich die Hafenbehörden, bei ihnen um Auskunft bitten zu laſſen und ihren Schiffen vor- zuſchreiben die Straße von Petang einzuſchlagen, um ſich nach der Hauptſtadt zu begeben; da aber das franzöſiſche Schiff ſchon abgegangen war, ſo konnten nur die Amerikaner nach Petang kommen um ihren Vertrag auszutauſchen; die Urſache war daß die Franzoſen verſäumt hatten uns amtlich anzuzeigen daß ſie im Ge- folge der Amerikaner gekommen waren. Uebrigens hat Ew. Excellenz nach Abfahrt der Franzoſen ihnen durch eine nach Schanghai gerichtete Depeſche ange- zeigt daß ſie, da ſie nicht an dem Angriff theilgenommen hätten, ihren Vertrag austauſchen könnten, wenn ſie den Wunſch ausdrückten, und ſich wie die Amerika- ner nach Petang begäben. Die Archive beſtätigen dieß. Was den Paragraph der Zahlung von Entſchädigungen für den Angriff und die Zerſtörung eines Schiffes ſo wie der Kriegskoſten betreffend angeht, wie ſollten wir ihre Schiffe angegriffen und zerſtört haben, da die Franzoſen den Engländern doch nicht bei ihren Feindſeligkeiten gegen die Chineſen geholfen haben? Und wenn man von Schadloshaltungen und Kriegsentſchädigungen ſpricht, ſo hat China in den letzten Jahren ſicherlich Millio- nen über Millionen für Krieg ausgegeben, und wenn es ſich um gegenſeitige Rück- zahlungen handelte, ſo würde das was man von China fordern könnte gewiß noch nicht die Hälfte von dem ſeyn was ihm ſelbſt zukäme. Da übrigens Frankreich im vorigen Jahre nachdrücklich um die Gleichſtellung ſeines Handels mit dem amerikaniſchen in Betreff der Zölle von Taï-Wan und andern Häfen nachgeſucht hat, ſo hat der große Kaiſer, der immer voll Mitgefühl für die Ausländer iſt, ſie nur mit freigebi- ger Menſchlichkeit behandelt und für den Handel nur Sorgfalt beſitzt, nicht beach- ten wollen daß der franzöſiſche Vertrag noch nicht ausgetauſcht war, ſondern hat geruht auch auf die Franzoſen die den Amerikanern bewilligten Vortheile auszu- dehnen. Hieß das nicht ſie mit Großmuth behandeln? Und jetzt kommen die Frauzoſen, und ſtatt dankbar zu ſeyn, ſprechen ſie im Gegentheil von Entſchuldi- gungen Angriffen, Entſchädigungen und Kriegskoſten, indem ſie noch obendrein in ihrer Depeſche eine Friſt dafür anſetzen, offenbar lauter eben ſo extravagante wie unerhörte und unvernünſtige Dinge. Was den Paragraph die permanente Reſi- denz in Peking betreffend angeht, ſo findet der große Rath daß der franzöſiſche Vertrag kein Wort davon ſagt; denn der Art. 2 ſetzt nur feſt daß, „im Fall eine andere Macht in ihren Vertrag ſchriebe daß ſie Geſandte oder Botſchafter in un- ſere Hauptſtadt ſchicken würde, Frankreich dasſelbe thun könnte.... Nun aber als England im vorigen Jahre dringend hierauf beſtand, wurde ihm von den kaiſerl. Commiſſären Kuei und andern kategoriſch geantwortet: dieß ſey unmöglich. Die Franzoſen haben ſich alſo gar nicht darum zu kümmern. Bleibt noch ihr Verlan- gen nach dem Norden kommen zu dürfen, um die Ratification ihres Vertrags aus- zutauſchen. Und in dieſer Beziehung iſt zu ſagen daß, wenn die Franzoſen ſich der Bedingung unterwerfen wollen daß Ew. Excellenz mit ihnen in Schanghai, we- gen deſſen was im Vertrag ſeine volle und ganze Geltung haben ſoll, in Unter- handlung tritt, ſie offenbar dazu ermächtigt werden können, nachdem man über alles ſich verſtändigt hat und keine Einwendungen mehr von irgendeiner Seite gemacht werden, wohlverſtanden daß ſie dem Vertrag gemäß nur wenig Leute und keine Kriegsſchiffe mit ſich bringen. In dieſem Fall wird China nicht verfehleu ſie ſchicklich zu behandeln, vorausgeſetzt daß ſie die Straße von Petang einſchlagen. Kommen ſie aber mit Kriegsſchiffen, und erſcheinen ſie vor Taku, ſo haben ſie offen- bar nicht die aufrichtige Abſicht die Ratificationen ihres Vertrags auszutauſchen, ſondern werden von ſchlechten Geſinnungen geleitet. Um zu vermeiden daß dieß nicht zu Argwohn, zu Feindſchaft und andern Uebelſtänden Anlaß gibt, iſt es daher nothwendig daß Ew. Excellenz das Vorſtehende dem Botſchafter Frankreichs kund thue.“ Die Correſpondenz des Moniteur fügt hinzu: der engliſche Geſandte habe eine ähnliche Antwort erhalten, worauf die beiden Bevollmächtigten die comman- direnden Generale und Admirale aufforderten ſich über die nöthigen Maßregeln zu verſtändigen, um die chineſiſche Regierung mit Gewalt zur Einhaltung ihrer Ver- pflichtungen zu zwingen. Telegraphiſche Berichte. ⠇ München, 11 Jun. Der Klerus von Piacenza weigerte ſich die Escorte des Militärs bei der Fronleichnamsproceſſion anzu- nehmen. Zwanzig Prieſter der Domkirche wurden verhaftet und nach Turin gebracht. * Frankfurt a. M., 11 Jun. Oeſterr. 5proc. Rational-Anleibe 58⅜; 5proc. Metall. 50⅞ P.; Bankactien 758; Lotterie-Anlehenslooſe von 1854 74; von 1858 93¾; von 1860 72½; Ludwigsh.-Bexbacher E.-B.-A. 123; bayer. Oſtb.-Actien 101¼ P.; voll eingezahlt 101⅜ P.; öfterr. Credit-Mobilier-Actien 165. Wechſelcurſe: Paris 93¼ P.; London 116¾; Wien 88⅛. * Berlin, 11 Jun. 5proc. Anleihe 104; 3½proc. Staatsſchuldſcheine 84; Ludwigshafen-Bexbacher E.-B.-A. 123¼. . Wien, 11 Jun. Oeſterr. 5proc. National-Anleihe 79.60; 5proc. Metall. 69.75; Lotterie-Anlehenslooſe von 1854 99.25; von 1858 105.75; von 1860 95.75; Bankactien 862; öfterr. Credit-Mobilieractien 186.60: Donaudampfſchiff- fahrtsactien 439; Staatsbahnactien 267.50; Nordbahnactien 187.20. Wechſel- curſe: Augsburg 3 Monat 112.30; London 131. * London, 11 Jun. 3proc. Conſols 95⅝. * Paris, 11 Jun. 3proc. Rente 68.35; ſpan. 3proc. 47⅛; Staatsbahn- Actien 518; Credit Mobilier 657; ſehr feſt. * Amſterdam, 11 Jun. 5proc. National-Anleihe 56[FORMEL]; ſpan. 1¾proc. 37[FORMEL]; 2½proc. Int. 64, hier Abendgeſchäft; Credit —; National 58¾. Neueſte Poſten. * Frankfurt a. M. (Officielle Mittheilung aus der Bundestags- ſitzung vom 8 Jun.) Von dem großherzoglich badiſchen Geſandten wurde zur Anzeige gebracht daß der Großherzog den Generalmajor Dreyer, un- ter Charakteriſirung als Generallieutenant, zum Stellvertreter des Gouver- neurs der Bundesfeſtung Raſtatt ernannt habe. Ferner gab der Geſandte der fünfzehnten Stimme Kenntniß von einer zwiſchen Oldenburg und der freien Städte Lübeck und Bremen abgeſchloſſenen Uebereinkunft über Stellung der Artillerie in der zweiten Diviſion des zehnten Armeecorps. Beide Anzeigen wurden der Militärcommiſſion überwieſen. Von dem handelspolitiſchen Ausſchuß wurde über den in der Sitzung vom 23 Febr. d. J. von Bayern, Königreich Sachſen, Württemberg, Kurheſſen, Großherzogthum Heſſen, Naſſau, Sachſen-Meiningen und Sachſen-Altenburg geſtellten, die Einfüh- rung gleichen Maßes und Gewichts in allen Bundesſtaaten bezielenden An- trag Vorlage gemacht. Von der Anſicht ausgehend daß dieſe Angelegenheit zur Zuſtändigkeit der Bundesverſammlung gehört, auch die Einheit des deut- ſchen Maß- und Gewichtsſyſtems zur Förderung der materiellen Intereſſen höchſt wünſchenswerth, die Frage aber: ob und in welcher Weiſe dieſelbe als ausführbar erſcheine? techniſcher Natur iſt, beantragte der Ausſchuß: am Sitze der Bundesverſammlung eine Commiſſion von Sachverſtändigen zur Ausarbeitung eines Gutachtens wegen Einführung gleichen Maßes und Ge- wichtes in allen Bundesſtaaten und zu Eröffnung von Vorſchlägen über die am zweckmäßigſten zu wählenden Syſteme, ſowie die zu Einführung derſelben er- forderlichen Maßregeln niederzuſetzen, auch zu dieſem Ende das geeignete Er- ſuchen wegen Abordnung ſachverſtändiger Commiſſäre an die hohen Regierun- gen zu richten. Hierbei wunde unterſtellt daß ſich hiedurch zugleich für die- jenigen Regierungen welche den Antrag nicht eingebracht haben, auch ohne vorgängige Aufforderung hiezu die Gelegenheit ergeben werde ihre Anſichten über die Bedürfnißfrage, ſowie über die Mittel der Ausführung zu äußern. Die Abſtimmung über dieſen Antrag wurde auf eine ſpätere Sitzung ver- tagt. Endlich wurde über eine die Bundesfeſtungen betreffende Angelegen- heit Berathung gepflogen, auch der Familie eines vormaligen Marinebedien- ſteten eine außerordentliche Unterſtützung bewilligt. ** Stuttgart, 11 Jun. Die Anweſenheit der Kaiſerin-Mutter von Rußland am hieſigen Hof war dießmal nur von ſehr kurzer Dauer. Donner- ſtag Abend langte die hohe Dame von Rorſchach über Friedrichshafen auf dem Bahnhof zu Cannſtatt an, und verfügte ſich von da nach der kronprinz- lichen Villa bei Berg, und geſtern Nachmittags 1 Uhr fuhr ſie in Begleitung des Kronprinzen und der Kronprinzeſſin mit königlichen Pferden über Böb- lingen nach Wildbad, während ein Theil ihres Gefolges ſchon Vormittags den Schnellzug der Eiſenbahn bis Mühlacker benützt und ſich von da per Poſt nach Wildbald begeben hatte. Der Aufenthalt der Kaiſerin ſowie des Kronprinzen und der Kronprinzeſſin im Wildbad wird von längerer Dauer ſeyn. Wien, 9 Jun. In der geſtrigen Reichsrathsſitzung entſpann ſich

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 164, 12. Juni 1860, S. 2740. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine164_1860/12>, abgerufen am 21.11.2024.