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Allgemeine Zeitung, Nr. 165, 13. Juni 1860.

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AUGSBURG. Das Abonnement,
weiches je vierteljährlich und halb-
jährlich angenommen wird, beträgt in
Bayern vierteljährlich 4 fl. 45 kr.
Vereinsmünze.

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Allgemeine Zeitung.
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inserate werden von der Expedition
aufgenommen und der Raum einer
dreispaltigen Colonelzeile berechnet:
im Hauptblatt mit 12 kr., in der
Beilage mit 9 kr.



Mittwoch Nr. 165. 13 Junius 1860.


Correspondenzen sind an die Redaction, Inserate dagegen an die Expedition der Allgemeinen Zeitung zu adresstren.
Man abonnirt bei allen Postämtern Deutschlands Oesterreichs und der Schweiz; für Frankreich, Sardinien. Spanien und Portugal bei G. A. Alexandre in Strasburg, Paris bei demselben,
2 Cour du Commerce St. Andre des Arts, und bei der deutschen Buchhandlung von F. Klincksieck, Nr. 11 rue de Lille, oder bei dem Postamt in Karlsruhe; für England bei Wilhams & Norgate,
14 Henriette-Street. Covent-Garden in London für Nordamerika bei dem königl. preussischen Postamt Cöln oder Westermann & Comp. in New-York; für Italien bei den k. k. Postämtern zu
Innsbruck, Verona, Venedig, Triest und Mailand; im Kirchenstaat und den Herzogthumern Lucca, Modena. Parma und Toscana bei Buchhändler H. F. Münster in Verona. für Neapel und
Sicilien bei Buchhändler Albert Detken in Neapel: für Griechenland, Türkei und die Levante etc. beim k. k. Postamt in Triest.



Da die Bestimmungen über die Benützung der königl. bayerischen Posten gestatten auch nachträgliche Bestellungen auf Zeitungen mit vierteljähriger Abon-
nementsdauer für den zweiten und dritten Monat des Vierteljahres anzunehmen, wenn die Verleger ihre Einwilligung dazu geben, so zeigen wir hiermit an
daß die k. Oberpostamts-Zeitungs-Expedition dahier Bestellungen von auswärtigen Postämtern auf die Monate Mai und Junius bereitwillig erledigen werde.



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Uebersicht.
Die Einnahme Palermo's. II.
Deutschland. München (die Kunstanstalt von Piloty und Löhle);
Aus Oberbayern (Bad Reichenhall); Darmstadt (Toast des Minister-
präsidenten von Dalwigk); Hanau (die französische Gemeinde); Hamburg
(Graf Borries und die öffentliche Meinung. Legate. Diplomatischer Personen-
wechsel. Lebhafter Schiffsverkehr. Die Kunstausstellung); Hannover (aus
der zweiten Kammer); Berlin (der verweigerte Fackelzug. Grabdenkmal für
Wentzel); Vom Jun (die Reichsräthe aus Tirol und Vorarlberg); Wien
(aus dem Bericht der Staatsschuldencommission. Die Edictalvorladung des
Hrn. M. v. Haber. Reichsrathssitzung. Aus dem Staatsvoranschlag); Triest
(das Linienschiff "Kaiser." Ausgrabungen in Pola. Der Rettungsapparat
des Piloten Nasso. Die Familie Bruck. Kaiserin Maria Anna in Abazia
erwartet).
Schweiz. Genf (die Einverleibung Savoyens. Das Gesetz über die
Militärtaxe).
Großbritannien. Parlamentsverhandlungen. (Die Beschießung
Palermo's. Die diplomatischen Beziehungen zu Rom. Der Sklavenhandel.)
Frankreich. Bertrauen und Mißtrauen. Die Pflicht gegen das
Rheinland. Die inspirirten Broschüren. Urtheile Alexander v. Humboldts
über Philarete Chasles. Die Zusammenkunft in Baden. Hr. Picard über die
Berwarnungen. Hr. Gueroult außer Gunst.
Italien. Turin (Gräfin Stakelberg +. Der Dampfer "Utile."
Dotation der sardinischen Krone. Verfolgung des Klerus. Brief des Erz-
bischofs von Turin); Genna (der amerikanische Clipper "Swallow" mit
Freischärlern ausgelaufen. Zwei andere Schiffe von Cagliari erwartet. Be-
richt Garibaldi's über die Gefechte bei Calatafimi, Alcamo und Partenico.
Der "Generaladjutant" Türr; Mailand (Vaillant. Abmarsch der Fran-
zosen. Die außerordentlichen Steuern. Manzoni. Brescia).
Rußland und Polen. St. Petersburg (Circulardepesche
Gortschakoffs).


Die Einnahme Palermo's.
II.

Ich habe
die ganze Nacht vor lauter Ermattung kein Auge aufgethan, und höre jetzt
daß das Bombardement heftiger als während des Tags unterhalten worden.
Auf der Straße gibt's Jubelrufe; es sind politische Gefangene, die eben
freigemacht worden sind, nachdem das Gefängniß di Vicariato und die dabei
liegenden Casernen von den Truppen geräumt worden waren. Damit ist die
Verbindung zwischen den Truppen im Castell und der Piazza Reale vollends
abgeschnitten.

Eine andere Neuigkeit ist daß die in Monreale stehenden Truppen nach
der Stadt hereingezogen wurden, und daß dieses jetzt von ficilianischen Ban-
den besetzt ist. Das war eben Garibaldi's Meisterzug daß er den Gegner
zwang seine Kraft zu zersplittern, und da dieser den Haß der Bevölkerung
fürchten mußte, konnte er es nie wagen kleine Detaschements auszuschicken
postirte 4000 -- 5000 Mann nach Monreale, und eben so viele längs der
Straße von Parco nach Piana, um dort, wie sie glaubten, die Verfolgung
Garibaldi's zu betreiben. Da auch die Citadelle und der Weg nach dem
[Spaltenumbruch] Molo starke Besatzungen erheischten, war für die Vertheidigung der Stadt
freilich nicht viel übrig geblieben.

Jetzt ist's merkwürdig still. Von den Kriegsschiffen fällt kein Schuß,
und die Citadelle befleißigt sich gleichfalls größerer Mäßigung.

28 Mai, Mittags. Ich komme eben aus dem Hauptquartier von
der Piazza del Pretorio, wo mir das Räthsel vom Schweigen der Kriegs-
schiffe erklärt wurde. Admiral Mundy schickt seinen Flaggenlieutenant, Hrn.
Willmot, dreimal täglich ans Land, um sich beim brittischen Consul zu erkun-
digen wie's steht. Heute früh hatte Hr. Willmot noch einen andern Auftrag.
Der neapolitanische Commodore war nämlich zeitig des Morgens an Bord
des "Hannibal" gekommen, und erbat sich des Admirals Vermittlung um
von General Garibaldi einen Waffenstillstand zu erwirken, und zugleich von
ihm die Erlaubniß zu erhalten daß zwei Generale von den im königl. Palast
eingeschlossenen Truppen sich durch die Stadt zum Admiral verfügen dürfen.
Admiral Mundy erwiederte: er könne sich zu keiner Vermittlung verstehen
bevor Citadelle und Kriegsschiffe nicht ihr Feuer eingestellt hätten. Der Com-
modore sagte alles zu, doch könne er nur für seine Schiffe einstehen, denn
der Commandirende der Citadelle stehe über ihm. Darauf hin versprach
Admiral Mundy die Botschaft des Commodore an Garibaldi zu befördern.
Der Commodore seinerseits stellte sofort das Feuer seiner Schiffe ein. Die
Citadelle dagegen wollte sich zwar nicht ganz zum Schweigen bequemen, schoß
aber auch von da an in längeren Pausen. Nun zeigte das Entgegenkommen
des Commodore ziemlich klar daß die Neapolitaner sich nicht sehr behaglich
fühlten; trotzdem willigte Garibaldi mit seiner gewohnten Großherzigkeit un-
verweilt in den gewünschten Waffenstillstand und in die Passage der beiden
Generale durch die Stadt. Gleichzeitig befahl er den Seinigen die Feind-
seligkeiten einzustellen. Das hieß die Großmuth etwas weit treiben.

Außer den Neapolitanern scheinen heute noch ganz andere Leute an den
Fall Palermo's zu glauben. Auf dem Wege nach dem Hauptquartier gesellte
sich diesen Morgen der französische Consul zu mir. Er habe Garibaldi
wichtiges mitzutheilen. Und so giengen wir denn zusammen hin. Wir trafen
den General wieder bei der Fontäne. Ich stellte ihm meinen Begleiter vor,
morauf dieser ihn beiseite führte, ihm im Namen seiner Regierung zu dem
glücklichen Erfolg seines Unternehmens Glück wünschte, ihn der Sympathien
Frankreichs versicherte, und sonst gewaltige Elcquenz entfaltete, die auf den
ehrlichen Soldaten in der rothen Flanellblouse, der, wenn auch gerade kein
Diplomat, doch etwas Menschenkenner ist, blutwenig Eindruck gemacht
haben mag.

Auch auf dem flachen Land äußert sich der Fall Palermo's, denn von
allen Seiten kommen Banden ohne Zahl herangerückt, und umschwärmen die
Regii -- wie hier die königlichen Truppen allgemein genannt werden -- so
gewaltig, daß eine bei Piana und Corleone zurückgebliebene Abtheilung von
1500--1600 Mann in Gefahr schwebt aufgehoben zu werden. Nur die Pa-
lermitaner bleiben hinter allen Erwartungen zurück. Sie sind faul, schwatzen
ewig, werden zehnmal im Tag von neapolitanischer Cavallerie erschreckt, die
nirgend zu sehen ist, und denken nicht daran, wie voriges Jahr die Mailänder,
ordentliche Fürsorge für die Kranken und Verwundeten zu treffen. Daran
ist nicht Mangel an gutem Willen, sondern erschrecklicher Ueberfluß an Pas-
sivität schuld. Dafür bessern sich die Picciotti und bekommen Passion fürs
Barricadenbauen und Straßengefecht, während -- wie dieß überall der Fall
ist -- die Disciplin der Neapolitauer, je länger der Straßenkampf währt,
desto stärker gelockert wird. Beweis dafür ist daß mit jeder Stunde mehr
Deserteure herüber kommen. Die in den Hospitälern Vorgefundenen einge-
rechnet, befinden sich ihrer jetzt wohl an 1000 Mann bei Garibaldi. Er be-
fahl sie gut zu behandeln, und ich bemerke nichts von Gehässigkeit gegen sie;
desto eifriger macht das Volk auf die Polizeileute Jagd. Und doch ist auch
von diesen bisher nur einer getödtet worden, er hatte auf die welche ihn ver-
haften wollten gefeuert.

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AUGSBURG. Das Abonnement,
weiches je vierteljährlich und halb-
jährlich angenommen wird, beträgt in
Bayern vierteljährlich 4 fl. 45 kr.
Vereinsmünze.

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Allgemeine Zeitung.
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inserate werden von der Expedition
aufgenommen und der Raum einer
dreispaltigen Colonelzeile berechnet:
im Hauptblatt mit 12 kr., in der
Beilage mit 9 kr.



Mittwoch Nr. 165. 13 Junius 1860.


Correſpondenzen ſind an die Redaction, Inſerate dagegen an die Expedition der Allgemeinen Zeitung zu adreſſtren.
Man abonnirt bei allen Postämtern Deutschlands Oesterreichs und der Schweiz; für Frankreich, Sardinien. Spanien und Portugal bei G. A. Alexandre in Strasburg, Paris bei demselben,
2 Cour du Commerce St. André des Arts, und bei der deutschen Buchhandlung von F. Klincksieck, Nr. 11 rue de Lille, oder bei dem Postamt in Karlsruhe; für England bei Wilhams & Norgate,
14 Henriette-Street. Covent-Garden in London für Nordamerika bei dem königl. preussischen Postamt Cöln oder Westermann & Comp. in New-York; für Italien bei den k. k. Postämtern zu
Innsbruck, Verona, Venedig, Triest und Mailand; im Kirchenstaat und den Herzogthumern Lucca, Modena. Parma und Toscana bei Buchhändler H. F. Münster in Verona. für Neapel und
Sicilien bei Buchhändler Albert Detken in Neapel: für Griechenland, Türkei und die Levante etc. beim k. k. Postamt in Triest.



Da die Beſtimmungen über die Benützung der königl. bayeriſchen Poſten geſtatten auch nachträgliche Beſtellungen auf Zeitungen mit vierteljähriger Abon-
nementsdauer für den zweiten und dritten Monat des Vierteljahres anzunehmen, wenn die Verleger ihre Einwilligung dazu geben, ſo zeigen wir hiermit an
daß die k. Oberpoſtamts-Zeitungs-Expedition dahier Beſtellungen von auswärtigen Poſtämtern auf die Monate Mai und Junius bereitwillig erledigen werde.



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Ueberſicht.
Die Einnahme Palermo’s. II.
Deutſchland. München (die Kunſtanſtalt von Piloty und Löhle);
Aus Oberbayern (Bad Reichenhall); Darmſtadt (Toaſt des Miniſter-
präſidenten von Dalwigk); Hanau (die franzöſiſche Gemeinde); Hamburg
(Graf Borries und die öffentliche Meinung. Legate. Diplomatiſcher Perſonen-
wechſel. Lebhafter Schiffsverkehr. Die Kunſtausſtellung); Hannover (aus
der zweiten Kammer); Berlin (der verweigerte Fackelzug. Grabdenkmal für
Wentzel); Vom Jun (die Reichsräthe aus Tirol und Vorarlberg); Wien
(aus dem Bericht der Staatsſchuldencommiſſion. Die Edictalvorladung des
Hrn. M. v. Haber. Reichsrathsſitzung. Aus dem Staatsvoranſchlag); Trieſt
(das Linienſchiff „Kaiſer.“ Ausgrabungen in Pola. Der Rettungsapparat
des Piloten Naſſo. Die Familie Bruck. Kaiſerin Maria Anna in Abazia
erwartet).
Schweiz. Genf (die Einverleibung Savoyens. Das Geſetz über die
Militärtaxe).
Großbritannien. Parlamentsverhandlungen. (Die Beſchießung
Palermo’s. Die diplomatiſchen Beziehungen zu Rom. Der Sklavenhandel.)
Frankreich. Bertrauen und Mißtrauen. Die Pflicht gegen das
Rheinland. Die inſpirirten Broſchüren. Urtheile Alexander v. Humboldts
über Philarète Chasles. Die Zuſammenkunft in Baden. Hr. Picard über die
Berwarnungen. Hr. Guéroult außer Gunſt.
Italien. Turin (Gräfin Stakelberg †. Der Dampfer „Utile.“
Dotation der ſardiniſchen Krone. Verfolgung des Klerus. Brief des Erz-
biſchofs von Turin); Genna (der amerikaniſche Clipper „Swallow“ mit
Freiſchärlern ausgelaufen. Zwei andere Schiffe von Cagliari erwartet. Be-
richt Garibaldi’s über die Gefechte bei Calatafimi, Alcamo und Partenico.
Der „Generaladjutant“ Türr; Mailand (Vaillant. Abmarſch der Fran-
zoſen. Die außerordentlichen Steuern. Manzoni. Breſcia).
Rußland und Polen. St. Petersburg (Circulardepeſche
Gortſchakoffs).


Die Einnahme Palermo’s.
II.

Ich habe
die ganze Nacht vor lauter Ermattung kein Auge aufgethan, und höre jetzt
daß das Bombardement heftiger als während des Tags unterhalten worden.
Auf der Straße gibt’s Jubelrufe; es ſind politiſche Gefangene, die eben
freigemacht worden ſind, nachdem das Gefängniß di Vicariato und die dabei
liegenden Caſernen von den Truppen geräumt worden waren. Damit iſt die
Verbindung zwiſchen den Truppen im Caſtell und der Piazza Reale vollends
abgeſchnitten.

Eine andere Neuigkeit iſt daß die in Monreale ſtehenden Truppen nach
der Stadt hereingezogen wurden, und daß dieſes jetzt von ficilianiſchen Ban-
den beſetzt iſt. Das war eben Garibaldi’s Meiſterzug daß er den Gegner
zwang ſeine Kraft zu zerſplittern, und da dieſer den Haß der Bevölkerung
fürchten mußte, konnte er es nie wagen kleine Detaſchements auszuſchicken
poſtirte 4000 — 5000 Mann nach Monreale, und eben ſo viele längs der
Straße von Parco nach Piana, um dort, wie ſie glaubten, die Verfolgung
Garibaldi’s zu betreiben. Da auch die Citadelle und der Weg nach dem
[Spaltenumbruch] Molo ſtarke Beſatzungen erheiſchten, war für die Vertheidigung der Stadt
freilich nicht viel übrig geblieben.

Jetzt iſt’s merkwürdig ſtill. Von den Kriegsſchiffen fällt kein Schuß,
und die Citadelle befleißigt ſich gleichfalls größerer Mäßigung.

28 Mai, Mittags. Ich komme eben aus dem Hauptquartier von
der Piazza del Pretorio, wo mir das Räthſel vom Schweigen der Kriegs-
ſchiffe erklärt wurde. Admiral Mundy ſchickt ſeinen Flaggenlieutenant, Hrn.
Willmot, dreimal täglich ans Land, um ſich beim brittiſchen Conſul zu erkun-
digen wie’s ſteht. Heute früh hatte Hr. Willmot noch einen andern Auftrag.
Der neapolitaniſche Commodore war nämlich zeitig des Morgens an Bord
des „Hannibal“ gekommen, und erbat ſich des Admirals Vermittlung um
von General Garibaldi einen Waffenſtillſtand zu erwirken, und zugleich von
ihm die Erlaubniß zu erhalten daß zwei Generale von den im königl. Palaſt
eingeſchloſſenen Truppen ſich durch die Stadt zum Admiral verfügen dürfen.
Admiral Mundy erwiederte: er könne ſich zu keiner Vermittlung verſtehen
bevor Citadelle und Kriegsſchiffe nicht ihr Feuer eingeſtellt hätten. Der Com-
modore ſagte alles zu, doch könne er nur für ſeine Schiffe einſtehen, denn
der Commandirende der Citadelle ſtehe über ihm. Darauf hin verſprach
Admiral Mundy die Botſchaft des Commodore an Garibaldi zu befördern.
Der Commodore ſeinerſeits ſtellte ſofort das Feuer ſeiner Schiffe ein. Die
Citadelle dagegen wollte ſich zwar nicht ganz zum Schweigen bequemen, ſchoß
aber auch von da an in längeren Pauſen. Nun zeigte das Entgegenkommen
des Commodore ziemlich klar daß die Neapolitaner ſich nicht ſehr behaglich
fühlten; trotzdem willigte Garibaldi mit ſeiner gewohnten Großherzigkeit un-
verweilt in den gewünſchten Waffenſtillſtand und in die Paſſage der beiden
Generale durch die Stadt. Gleichzeitig befahl er den Seinigen die Feind-
ſeligkeiten einzuſtellen. Das hieß die Großmuth etwas weit treiben.

Außer den Neapolitanern ſcheinen heute noch ganz andere Leute an den
Fall Palermo’s zu glauben. Auf dem Wege nach dem Hauptquartier geſellte
ſich dieſen Morgen der franzöſiſche Conſul zu mir. Er habe Garibaldi
wichtiges mitzutheilen. Und ſo giengen wir denn zuſammen hin. Wir trafen
den General wieder bei der Fontäne. Ich ſtellte ihm meinen Begleiter vor,
morauf dieſer ihn beiſeite führte, ihm im Namen ſeiner Regierung zu dem
glücklichen Erfolg ſeines Unternehmens Glück wünſchte, ihn der Sympathien
Frankreichs verſicherte, und ſonſt gewaltige Elcquenz entfaltete, die auf den
ehrlichen Soldaten in der rothen Flanellblouſe, der, wenn auch gerade kein
Diplomat, doch etwas Menſchenkenner iſt, blutwenig Eindruck gemacht
haben mag.

Auch auf dem flachen Land äußert ſich der Fall Palermo’s, denn von
allen Seiten kommen Banden ohne Zahl herangerückt, und umſchwärmen die
Regii — wie hier die königlichen Truppen allgemein genannt werden — ſo
gewaltig, daß eine bei Piana und Corleone zurückgebliebene Abtheilung von
1500—1600 Mann in Gefahr ſchwebt aufgehoben zu werden. Nur die Pa-
lermitaner bleiben hinter allen Erwartungen zurück. Sie ſind faul, ſchwatzen
ewig, werden zehnmal im Tag von neapolitaniſcher Cavallerie erſchreckt, die
nirgend zu ſehen iſt, und denken nicht daran, wie voriges Jahr die Mailänder,
ordentliche Fürſorge für die Kranken und Verwundeten zu treffen. Daran
iſt nicht Mangel an gutem Willen, ſondern erſchrecklicher Ueberfluß an Paſ-
ſivität ſchuld. Dafür beſſern ſich die Picciotti und bekommen Paſſion fürs
Barricadenbauen und Straßengefecht, während — wie dieß überall der Fall
iſt — die Disciplin der Neapolitauer, je länger der Straßenkampf währt,
deſto ſtärker gelockert wird. Beweis dafür iſt daß mit jeder Stunde mehr
Deſerteure herüber kommen. Die in den Hoſpitälern Vorgefundenen einge-
rechnet, befinden ſich ihrer jetzt wohl an 1000 Mann bei Garibaldi. Er be-
fahl ſie gut zu behandeln, und ich bemerke nichts von Gehäſſigkeit gegen ſie;
deſto eifriger macht das Volk auf die Polizeileute Jagd. Und doch iſt auch
von dieſen bisher nur einer getödtet worden, er hatte auf die welche ihn ver-
haften wollten gefeuert.

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[0001] AUGSBURG. Das Abonnement, weiches je vierteljährlich und halb- jährlich angenommen wird, beträgt in Bayern vierteljährlich 4 fl. 45 kr. Vereinsmünze. Allgemeine Zeitung. inserate werden von der Expedition aufgenommen und der Raum einer dreispaltigen Colonelzeile berechnet: im Hauptblatt mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr. Mittwoch Nr. 165. 13 Junius 1860. Correſpondenzen ſind an die Redaction, Inſerate dagegen an die Expedition der Allgemeinen Zeitung zu adreſſtren. Man abonnirt bei allen Postämtern Deutschlands Oesterreichs und der Schweiz; für Frankreich, Sardinien. Spanien und Portugal bei G. A. Alexandre in Strasburg, Paris bei demselben, 2 Cour du Commerce St. André des Arts, und bei der deutschen Buchhandlung von F. Klincksieck, Nr. 11 rue de Lille, oder bei dem Postamt in Karlsruhe; für England bei Wilhams & Norgate, 14 Henriette-Street. Covent-Garden in London für Nordamerika bei dem königl. preussischen Postamt Cöln oder Westermann & Comp. in New-York; für Italien bei den k. k. Postämtern zu Innsbruck, Verona, Venedig, Triest und Mailand; im Kirchenstaat und den Herzogthumern Lucca, Modena. Parma und Toscana bei Buchhändler H. F. Münster in Verona. für Neapel und Sicilien bei Buchhändler Albert Detken in Neapel: für Griechenland, Türkei und die Levante etc. beim k. k. Postamt in Triest. Da die Beſtimmungen über die Benützung der königl. bayeriſchen Poſten geſtatten auch nachträgliche Beſtellungen auf Zeitungen mit vierteljähriger Abon- nementsdauer für den zweiten und dritten Monat des Vierteljahres anzunehmen, wenn die Verleger ihre Einwilligung dazu geben, ſo zeigen wir hiermit an daß die k. Oberpoſtamts-Zeitungs-Expedition dahier Beſtellungen von auswärtigen Poſtämtern auf die Monate Mai und Junius bereitwillig erledigen werde. Augsburg, Jun. 1860. Expedition der Allgemeinen Zeitung. Ueberſicht. Die Einnahme Palermo’s. II. Deutſchland. München (die Kunſtanſtalt von Piloty und Löhle); Aus Oberbayern (Bad Reichenhall); Darmſtadt (Toaſt des Miniſter- präſidenten von Dalwigk); Hanau (die franzöſiſche Gemeinde); Hamburg (Graf Borries und die öffentliche Meinung. Legate. Diplomatiſcher Perſonen- wechſel. Lebhafter Schiffsverkehr. Die Kunſtausſtellung); Hannover (aus der zweiten Kammer); Berlin (der verweigerte Fackelzug. Grabdenkmal für Wentzel); Vom Jun (die Reichsräthe aus Tirol und Vorarlberg); Wien (aus dem Bericht der Staatsſchuldencommiſſion. Die Edictalvorladung des Hrn. M. v. Haber. Reichsrathsſitzung. Aus dem Staatsvoranſchlag); Trieſt (das Linienſchiff „Kaiſer.“ Ausgrabungen in Pola. Der Rettungsapparat des Piloten Naſſo. Die Familie Bruck. Kaiſerin Maria Anna in Abazia erwartet). Schweiz. Genf (die Einverleibung Savoyens. Das Geſetz über die Militärtaxe). Großbritannien. Parlamentsverhandlungen. (Die Beſchießung Palermo’s. Die diplomatiſchen Beziehungen zu Rom. Der Sklavenhandel.) Frankreich. Bertrauen und Mißtrauen. Die Pflicht gegen das Rheinland. Die inſpirirten Broſchüren. Urtheile Alexander v. Humboldts über Philarète Chasles. Die Zuſammenkunft in Baden. Hr. Picard über die Berwarnungen. Hr. Guéroult außer Gunſt. Italien. Turin (Gräfin Stakelberg †. Der Dampfer „Utile.“ Dotation der ſardiniſchen Krone. Verfolgung des Klerus. Brief des Erz- biſchofs von Turin); Genna (der amerikaniſche Clipper „Swallow“ mit Freiſchärlern ausgelaufen. Zwei andere Schiffe von Cagliari erwartet. Be- richt Garibaldi’s über die Gefechte bei Calatafimi, Alcamo und Partenico. Der „Generaladjutant“ Türr; Mailand (Vaillant. Abmarſch der Fran- zoſen. Die außerordentlichen Steuern. Manzoni. Breſcia). Rußland und Polen. St. Petersburg (Circulardepeſche Gortſchakoffs). Die Einnahme Palermo’s. II. (Coreſp. der Times.) Palermo, 28 Mai, Morgens. Ich habe die ganze Nacht vor lauter Ermattung kein Auge aufgethan, und höre jetzt daß das Bombardement heftiger als während des Tags unterhalten worden. Auf der Straße gibt’s Jubelrufe; es ſind politiſche Gefangene, die eben freigemacht worden ſind, nachdem das Gefängniß di Vicariato und die dabei liegenden Caſernen von den Truppen geräumt worden waren. Damit iſt die Verbindung zwiſchen den Truppen im Caſtell und der Piazza Reale vollends abgeſchnitten. Eine andere Neuigkeit iſt daß die in Monreale ſtehenden Truppen nach der Stadt hereingezogen wurden, und daß dieſes jetzt von ficilianiſchen Ban- den beſetzt iſt. Das war eben Garibaldi’s Meiſterzug daß er den Gegner zwang ſeine Kraft zu zerſplittern, und da dieſer den Haß der Bevölkerung fürchten mußte, konnte er es nie wagen kleine Detaſchements auszuſchicken poſtirte 4000 — 5000 Mann nach Monreale, und eben ſo viele längs der Straße von Parco nach Piana, um dort, wie ſie glaubten, die Verfolgung Garibaldi’s zu betreiben. Da auch die Citadelle und der Weg nach dem Molo ſtarke Beſatzungen erheiſchten, war für die Vertheidigung der Stadt freilich nicht viel übrig geblieben. Jetzt iſt’s merkwürdig ſtill. Von den Kriegsſchiffen fällt kein Schuß, und die Citadelle befleißigt ſich gleichfalls größerer Mäßigung. 28 Mai, Mittags. Ich komme eben aus dem Hauptquartier von der Piazza del Pretorio, wo mir das Räthſel vom Schweigen der Kriegs- ſchiffe erklärt wurde. Admiral Mundy ſchickt ſeinen Flaggenlieutenant, Hrn. Willmot, dreimal täglich ans Land, um ſich beim brittiſchen Conſul zu erkun- digen wie’s ſteht. Heute früh hatte Hr. Willmot noch einen andern Auftrag. Der neapolitaniſche Commodore war nämlich zeitig des Morgens an Bord des „Hannibal“ gekommen, und erbat ſich des Admirals Vermittlung um von General Garibaldi einen Waffenſtillſtand zu erwirken, und zugleich von ihm die Erlaubniß zu erhalten daß zwei Generale von den im königl. Palaſt eingeſchloſſenen Truppen ſich durch die Stadt zum Admiral verfügen dürfen. Admiral Mundy erwiederte: er könne ſich zu keiner Vermittlung verſtehen bevor Citadelle und Kriegsſchiffe nicht ihr Feuer eingeſtellt hätten. Der Com- modore ſagte alles zu, doch könne er nur für ſeine Schiffe einſtehen, denn der Commandirende der Citadelle ſtehe über ihm. Darauf hin verſprach Admiral Mundy die Botſchaft des Commodore an Garibaldi zu befördern. Der Commodore ſeinerſeits ſtellte ſofort das Feuer ſeiner Schiffe ein. Die Citadelle dagegen wollte ſich zwar nicht ganz zum Schweigen bequemen, ſchoß aber auch von da an in längeren Pauſen. Nun zeigte das Entgegenkommen des Commodore ziemlich klar daß die Neapolitaner ſich nicht ſehr behaglich fühlten; trotzdem willigte Garibaldi mit ſeiner gewohnten Großherzigkeit un- verweilt in den gewünſchten Waffenſtillſtand und in die Paſſage der beiden Generale durch die Stadt. Gleichzeitig befahl er den Seinigen die Feind- ſeligkeiten einzuſtellen. Das hieß die Großmuth etwas weit treiben. Außer den Neapolitanern ſcheinen heute noch ganz andere Leute an den Fall Palermo’s zu glauben. Auf dem Wege nach dem Hauptquartier geſellte ſich dieſen Morgen der franzöſiſche Conſul zu mir. Er habe Garibaldi wichtiges mitzutheilen. Und ſo giengen wir denn zuſammen hin. Wir trafen den General wieder bei der Fontäne. Ich ſtellte ihm meinen Begleiter vor, morauf dieſer ihn beiſeite führte, ihm im Namen ſeiner Regierung zu dem glücklichen Erfolg ſeines Unternehmens Glück wünſchte, ihn der Sympathien Frankreichs verſicherte, und ſonſt gewaltige Elcquenz entfaltete, die auf den ehrlichen Soldaten in der rothen Flanellblouſe, der, wenn auch gerade kein Diplomat, doch etwas Menſchenkenner iſt, blutwenig Eindruck gemacht haben mag. Auch auf dem flachen Land äußert ſich der Fall Palermo’s, denn von allen Seiten kommen Banden ohne Zahl herangerückt, und umſchwärmen die Regii — wie hier die königlichen Truppen allgemein genannt werden — ſo gewaltig, daß eine bei Piana und Corleone zurückgebliebene Abtheilung von 1500—1600 Mann in Gefahr ſchwebt aufgehoben zu werden. Nur die Pa- lermitaner bleiben hinter allen Erwartungen zurück. Sie ſind faul, ſchwatzen ewig, werden zehnmal im Tag von neapolitaniſcher Cavallerie erſchreckt, die nirgend zu ſehen iſt, und denken nicht daran, wie voriges Jahr die Mailänder, ordentliche Fürſorge für die Kranken und Verwundeten zu treffen. Daran iſt nicht Mangel an gutem Willen, ſondern erſchrecklicher Ueberfluß an Paſ- ſivität ſchuld. Dafür beſſern ſich die Picciotti und bekommen Paſſion fürs Barricadenbauen und Straßengefecht, während — wie dieß überall der Fall iſt — die Disciplin der Neapolitauer, je länger der Straßenkampf währt, deſto ſtärker gelockert wird. 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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 165, 13. Juni 1860, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine165_1860/1>, abgerufen am 21.11.2024.