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Allgemeine Zeitung, Nr. 169, 17. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] Pflicht und der Einheit des Gehorsams. Dieß sind drei Einheiten welche allent-
halben in der Monarchie gleich seyn müssen, und ich nenne sie die staatsrechtliche
Einheit. Für privatrechtliche Einheiten, welche auf Einfömigkeit hinausgehen, ver-
möchte ich nicht das Wort zu führeu. Ueberall in den verschiedenen Provinzen wer-
den sich verschiedene Verhältnisse zeigen welche Unterschiede nothwendig machen,
und in dieser Beziehung trete ich dem Antrag des Reichraths Fürsten v. Salm
bei. In Bezug auf die Sprachenfrage lege ich mein Glanbensbekenntniß dahin ab:
ich erkenne jedem Menschen das Necht zu die Sprache die seine eigene angeborne
ist zu sprechen. Es ist seine Sache daß er sich dann mit den andern, in fremder
Zunge Redenden verständigt. Dieses Recht spreche ich aber auch unserem Son-
verän zu. Allerhöchstderselbe ist ein Deutscher, und gleich väterlich besorgt für alle
seine Völker, welche Sprache sie auch reden. Aber er muß auch das Recht haben
selbst in der Sprache zu sprechen die seine angeborne ist, weil jedweder seiner Un-
terthanen das gleiche Recht haben soll, und niemanden wohl beifallen wird dem
Souvetän weniger Rechte zuzugestehen, als die Unterthanen für sich in Auspruch
nehmen. Meine Meinung ist daß die Sprache für den Gesammtstaat die deutsche
seyn müsse. Weiland Se Maj. der Kaiser und König Franz I haben wohl für
Italien eine Ausnahme gemacht und ich habe nichts dagegen daß sie bleibe, weil
die Erfahrung zeigte daß dieß keine üblen Folgen mit sich brachte. Die italiemsche
Sprache hat aber auch den Vorzug daß sie schon früher weiter ausgebildet war als
die deutsche; man konnte sich daher nicht der deutschen Sprache bedienen, weil jene
mehr dem Zeitgeist folgte. Es sind aber auch häufig Verordnungen, namentlich
von der allgemeinen Hofkammer und dem Finanzministerium, in deutscher Sprache
nach Italien hinausgegeben worden, und es hat sich niemand darüber beschwert;
wohl aber war es Pflicht daß die deutsche Verordnung in die Landessprache über-
setzt wurde. Dieses Recht nun muß ich Sr. Majestät vindiciren, und ich glaube
daher daß, sowie in allen Kronläudern jedem einzelnen Unterthan das Wort des
Souveräns in seiner Landessprache klar gemacht werden muß, auch für den letzte-
ren, wie schon erwähnt, das Recht zu wahren ist nur in seiner Muttersprache zu
sprechen." Graf Clam-Martinitz: "Er werde sich nicht gestatten auf die Ar-
gumente welche pro und contra angeführt wurden, zurückzukommen, glaube aber
einen Umstand berühren zu müssen, nämlich das von dem Vorredner Grafen Hartig
so richtig aufgegriffene Wort "Einheit" nicht gleichbedeutend mit Einsörmigkeit. Ich
bedaure übrigens sehr daß hohe und wichtige Begriffe und Principien, welche, gleich
der Sprachenfrage, in dieser Allgemeinheit hingestellt, nur als Schlagworte dienen
können, in die heutige Debatte hineingezogen wurden. Was für mich erheben-
des, überzeugendes und verpflichtendes in dem Gedauken der Einheit liegt, steht
viel zu hoch, als daß ich die Argumente dazu aus der Grundbuchsordnung nehmen
könnte, oder daß die Grundbuchsordnung hiezu den Anlaß geben würde. Ich halte
es nicht für richtig solche Argumente in die vorliegende Verhandlung hineinzuziehen,
und dieß ist der einzige Umstand dessen ich Erwähnung zu thun für nothwendig erachtete.
Schließlich tritt der Redner unbedingt dem Antrag des Reicheraths Fürsten zu Salm bei,
nach dessen Formulirung festgesetzt wird daß dem Comite keine Instruction zu geben wäre,
zumal alle Fragen so wichtig, umfangreich und mit andern Fragepunkten von gleicher
Vedeutsamkeit verflochten sind, daß sie in der Plenarversammlung selbst nicht bewältigt
werden könnten." Frhr. v. Lichtenfels: "Wenn der Antrag des Reichsraths Fürsten
v. Salm dahin gemeint sey es sollten sowohl die Vorfragen als auch der Gegenstand in
merito
und im Detail ohne Instruction dem Comite zur Beurtheilung übergeben
werden, schließe er sich diesem Antrag gleichfalls an." Graf Barkoczy: "Er müsse
fich gegen den Antrag des Reichsraths Frhrn. v. Lichtenfels aussprechen, wenn der-
selbe beabsichtige das Comite zu verhalten jedenfalls in die Details des Entwurfs ein-
zugehen, denn seiner Ueberzengung nach könne sich dasselbe nicht in die detaillirte Be-
rathung eines Gegenstands einlassen, dessen Durchführung voraussichtlich unmöglich seyn
werde. Keiner der Reduer habe den Begriff der Einheit der Monarchie in der weit-
greifenden Bedeutung aufgefaßt wie der Reichsrath Frhr. v. Lichtenfels, welcher meine
daß die Einheit, für die wir alle einstünden und die zunächst in der Uebereinstimmung
in politischen Dingen liege, auch auf die administrativen Maßregeln auszudehuen sey.
Er müsse die Frage aufwerfen: wie man jene der politischen Einheit mit der Grund-
buchsordnung in Verbindung bringen wolle? Er könne sich nicht versagen wenigstens
im allgemeinen die Erklärung abzugeben daß er gegen die Auslegung des Begriffs
der Einheit im Sinn des Reichsraths Frhrn. v. Lichtenfels stimmen müsse, und stets
stimmen werde. Auch er halte die politische Einheit für nothwendig, für eine Lebens-
aufgabe; er vermöge sie aber keineswegs in dem Sinn aufzufassen daß auch jede
administrative Maßregel in der einen Provinz so sevn müsse wie in der andern.
Die Unausführbarkeit der Einheit in letzterem Sinn finde in der Gemeinde-Ordnung
den besten Beweis, und er müsse hiebei als Beispiel auch die vor kurzem bei einer
landwirthschaftlichen Gesellschaft zur Verathung gekommene Wasserrechtsfrage berühren.
In Oesterreich seyen seit einer Reihe von vierzig Jahren über diesen Gegenstand viel-
fache Vorschläge gemacht worden. Viele Körperschaften hätten denselden wiederholt
angeregt, und alle Ministerien seyen überzeugt gewesen daß die Lösung der Wasser-
rechtsfrage für Oesterreich äußerst wünschenswerth, ja unumgänglich nothwendig sey.
Alle hierauf bezüglichen Gesetze der europäischen Staaten habe man geprüft, die ge-
lehrtesten Forschungen und Studien angestellt und dieselben jahrelang fortgesetzt.
Gleichwohl habe die Landwirthschaftsgesellschaft die Erfahrung gemacht daß es mit
einer gleichsörmigen Gesetzgebung über diese Frage in Oesterreich nicht gehe, weil die
Donau ein anderer Fluß sey als der Po; weil bei den verschiedenen Flüssen auch
ganz verschiedene Verhältnisse und Gefichtspunkte ins Auge gefaßt werden müßten,
und daher verschiedene gesetzliche Bestimmungen erforderlich seyen. So wie es mit
dem auf eine und dieselbe Grundlage basirten Wasserrechtsgesetze geschehen, welches
in einem Jahr gänzlich beseitigt worden sey, so würde es auch der Grundbuchs-
ordnung und andern Gesetzen ergehen die auf solcher Vasis beruhen. Darum erkläre
er sich, wenn der Antrag des Fürsten v. Salm dahin verstanden werden solle daß
das Comite verpflichtet seyn werde in alle Details einzugehen, gegen diesen Antrag.
Wirde derselbe aber dahin ausgelegt daß es dem Comite freistehe die Vorfrage
gründlich zu erlebigen und dann vorläufig der hohen Versammlung darüber Bericht zu
erstatten, so würde er keinen Anstand nehmen sich demselben ebenfalls anzuschließen."
Gras Hartig fand sich, um jedem Mißoerständniß über seine Ansicht in der Sprachen-
frage vorzudeugen, zu der erläuternden Bemerkung veranlaßt daß, wenn er gesagt
habe er vindicire mit aller Krost dem Sonverän das Recht in seiner Spracht zu
sprechen, er diesem Recht auch die Pflicht der Orgone des Monarchen zur Seite ge-
stellt habe sich jedem Umerthan in dessen eigener Sprache verständlich zu machen.
Graf Apponyi: "Wenn ich in alle Details einzugehen die Absicht hätte die durch
den Hrn. Vortedner Grafen Bakoczy angeregt worden sind, und auf welche von
[Spaltenumbruch] Seite des Hrn. Justizministers die Erwiederung zu geben augesirebt wurde, so würde
ich unwillkütlich auch in das Wesen der Sache hineingerissen werden. Eine Diecus-
sion hierüber halte ich aber nicht nur vorlänfig für verfrüht, sondern ich hätte die-
selbe im Interesse des Zwecks den wir vor Augen haben vermieden gewünscht. Es
find heute Fragen von großer Wichtigkeit und Zartheit berührt worden -- Fragen
deren Lösung ich nicht im Wege des Kampfs, sondern im Wege der Verständigung
und Annäherung gelöst haben wollte. Eine Annäherung und Verständigung selbst,
bevor noch jene welche die Fragen anregten ihre gegenseitigen Ansichten vollkommen
kennen, und sie gegenseitig erläutert haben, ist unausführbar. Die Fragen der
Nationalität, der Sprache, der Einheit und Einförmigkeit aus Anlaß der Grund-
buchsordnung zu entscheiden, halte ich für ein gewagtes Spiel. Wenn ich solglich
auf vieles was heute gesagt worden ist die Antwort schuldig bleibe, so thue ich es
durchaus nicht als wenn ich mit manchen Aeußerungen mich zufrieden stellen könnte
welche gefallen sind. Ich thue es im Interesse unserer Aufgabe; ich thue es um
jeden vorzeitigen Conflict zu vermeiden der dieser unserer Aufgabe im Wege siehen
könnte. Nach diesen wenigen Worten erlaube ich mir an den Erzherzog Reichsraths-
präsidenten die ergebene Bitte zu stellen, und auch an den hochverehrten Reichsrath
das gleiche Ersuchen zu richten, daß man diese Diecussion wo möglich beendigen und
im Sinn des von dem Fürsten v. Salm gestellten Antrags Beschluß fassen möge.
Ich glaube daß man durch diesen Antrag selbst jenen welche einigen Vorfragen nicht
präjudicirt haben wollen, und auch jenen welche das Comite in die Lage zu setzen
beabsichtigen über die Vorfragen zu berathen, gerecht werden dürfte." Hierauf er-
suchte der Erzherzog Reichsrathspräsident diejenigen Mitglieder welche den Schluß
der Discussion wünschten sich zu erheben. Nachdem die ganze Versammlung sich er-
hoben, erklärte Se. kaiserl. Hoheit die Debatte für geschlossen, und forderte die Ver-
sammlung auf über die Frage: ob ein Comite zu bilden sey welchem keine Insiruction
zu geben wäre, welches also das ganze Gesetz als Vorlage in Arbeit zu nehmen und
seine Meinung frei und offen auszusprechen hätte, mit Ja und Nein abzustimmen.
Hierauf wurde zum Namensaufruf über die Frage der Bildung des Comite's ge-
schritten, und hiebei die Frage: daß zur Vorberathung der Grundbuchsordnung ein
aus sieben Mitgliedern gebildetes Comite, dem keine Instruction zu geben wäre, ge-
wählt werden solle, einstimmig bejaht. Das Ergebniß der Abstimmung ist bereits
gemeldet.

Großbritannien.

Der Levant Herald hatte eine Geschichte über den Herzog
von Brabant in die Welt geschickt, die für den letztern etwas ungünstig gedeutet
werden konnte. Sie war so erzählt daß man glauben konnte der Herzog habe
dem Sultan kostbare Tschibuks gewissermaßen abgedrungen. Jetzt erklärt
die türkische Gesandtschaft in London in allen Blättern jene Darstellung sey eine
Berdrehung der folgenden Thatsachen: Während eines Dejeauner, das der
Sultan dem Prinzen zu Ehren im Kiosk der süßen Gewässer gegeben, hatte
Se. kaif. Maj. den Herzog gebeten die Pfeifen, die er im Emirghianpalast
geraucht hatte, als Andenken anzunehmen. Der Herzog nahm sie an, und
somit war das Geschenk und dessen Annahme eine reine persönliche Höflichkeit,
wie sie an allen Höfen vorkommt.

Der jetzt wieder vielbesprochene "Great Eastern" hat in den letzten Tagen
seine angekündigte pro[verlorenes Material - Zeichen fehlt]fahrt in den Canal hinaus gemacht, aber was die
Schnelligkeit betrifft die er erreichen kann, ist sie nichts weniger als glänzend
ausgefallen. Im Maximum erreichten die Schaufelräder 101/2, machte die
Schraube 39 Umdrehungen, wodurch die Geschwindigkeit des Schiffes auf 123/4
Knoten per Stunde gebracht wurde. Das war, wie gesagt, das Maximum,
während bei einer früheren Probefahrt, wie man sich erinnern wird, das Schiff
seine 16 Knoten in der Stunde zurückgelegt hatte. Nun hat sich seildem
allerdings ein ganzer Wald von Seegewächsen an den Boden des Riesen-
schiffes augelegt, aber diesem Umstand allein den gewaltigen Unterschied der
Schnelligkeit zuzuschreiben, würde doch eine gar zu gewagte Annahme seyn.
Wahrscheinlicher ist es daß die in den Maschinen vorgenommenen Aenderun-
gen der Schnelligkeit Eintrag thaten, während sie auf größere Sicherheit be-
rechnet waren. Im übrigen hielt sich das Schiff vortrefflich, und sind auch
die Einrichtungen für die Passagiere um vieles verbessert. Doch wird es von
Southampton nach New-York schwerlich viel weniger als zehn Tage brauchen.

(Aus der Pariser Corresp. der Literary News.) In der Umgebung
des Palais Royal glaubt man allgemein daß Prinz Napoleon zum künftigen
König beider Sicilien bestimmt ist, und dadurch würden zwei sich entgegen-
gesetzte starke Gefühle beruhigt werden: der Ehrgeiz des Prinzen Jerome,
und die Angst der Kaiserin. In der Entourage der letztern nennt
man Plon-plon flüsternd nicht anders als "Richard III." Aber darin sind
die Kaiserin und ihr Gemahl nicht einerlei Meinung. Er liebt seinen Vetter
wirklich, kann nicht lange ohne ihn seyn, und steht unter dessen Einfluß;
während seine Gemahlin bei dem bloßen Namen von Jerome's Sohn zittert,
welcher allerdings gegen die Kaiserin Eugenie niemals freundlich gewesen
ist. . . . Mittlerweile arbeitet der Kaiser mit äußerstem Fleiß an seinem
"Leben des Julius Cäsar," und diefer Tage äußerte er gegen Hrn. Troplong,
den Senatspräsidenten, mit einem mehr als gewöhnlich zornigen Zupfen
seines Schnurrbarts: "Tacitus war ein schnöder Verleumder." Hr. Trop-
long gab natürlich mit einem Bückling seine Zustimmung, und die beiden
Autoren einigten sich leicht in ihrer Verachtung des berühmten alten Rö-
mers, welcher Lesern dieses Schlags freilich nie recht gefallen wollte.



[irrelevantes Material]

[Spaltenumbruch] Pflicht und der Einheit des Gehorſams. Dieß ſind drei Einheiten welche allent-
halben in der Monarchie gleich ſeyn müſſen, und ich nenne ſie die ſtaatsrechtliche
Einheit. Für privatrechtliche Einheiten, welche auf Einfömigkeit hinausgehen, ver-
möchte ich nicht das Wort zu führeu. Ueberall in den verſchiedenen Provinzen wer-
den ſich verſchiedene Verhältniſſe zeigen welche Unterſchiede nothwendig machen,
und in dieſer Beziehung trete ich dem Antrag des Reichraths Fürſten v. Salm
bei. In Bezug auf die Sprachenfrage lege ich mein Glanbensbekenntniß dahin ab:
ich erkenne jedem Menſchen das Necht zu die Sprache die ſeine eigene angeborne
iſt zu ſprechen. Es iſt ſeine Sache daß er ſich dann mit den andern, in fremder
Zunge Redenden verſtändigt. Dieſes Recht ſpreche ich aber auch unſerem Son-
verän zu. Allerhöchſtderſelbe iſt ein Deutſcher, und gleich väterlich beſorgt für alle
ſeine Völker, welche Sprache ſie auch reden. Aber er muß auch das Recht haben
ſelbſt in der Sprache zu ſprechen die ſeine angeborne iſt, weil jedweder ſeiner Un-
terthanen das gleiche Recht haben ſoll, und niemanden wohl beifallen wird dem
Souvetän weniger Rechte zuzugeſtehen, als die Unterthanen für ſich in Auſpruch
nehmen. Meine Meinung iſt daß die Sprache für den Geſammtſtaat die deutſche
ſeyn müſſe. Weiland Se Maj. der Kaiſer und König Franz I haben wohl für
Italien eine Ausnahme gemacht und ich habe nichts dagegen daß ſie bleibe, weil
die Erfahrung zeigte daß dieß keine üblen Folgen mit ſich brachte. Die italiemſche
Sprache hat aber auch den Vorzug daß ſie ſchon früher weiter ausgebildet war als
die deutſche; man konnte ſich daher nicht der deutſchen Sprache bedienen, weil jene
mehr dem Zeitgeiſt folgte. Es ſind aber auch häufig Verordnungen, namentlich
von der allgemeinen Hofkammer und dem Finanzminiſterium, in deutſcher Sprache
nach Italien hinausgegeben worden, und es hat ſich niemand darüber beſchwert;
wohl aber war es Pflicht daß die deutſche Verordnung in die Landesſprache über-
ſetzt wurde. Dieſes Recht nun muß ich Sr. Majeſtät vindiciren, und ich glaube
daher daß, ſowie in allen Kronläudern jedem einzelnen Unterthan das Wort des
Souveräns in ſeiner Landesſprache klar gemacht werden muß, auch für den letzte-
ren, wie ſchon erwähnt, das Recht zu wahren iſt nur in ſeiner Mutterſprache zu
ſprechen.“ Graf Clam-Martinitz: „Er werde ſich nicht geſtatten auf die Ar-
gumente welche pro und contra angeführt wurden, zurückzukommen, glaube aber
einen Umſtand berühren zu müſſen, nämlich das von dem Vorredner Grafen Hartig
ſo richtig aufgegriffene Wort „Einheit“ nicht gleichbedeutend mit Einſörmigkeit. Ich
bedaure übrigens ſehr daß hohe und wichtige Begriffe und Principien, welche, gleich
der Sprachenfrage, in dieſer Allgemeinheit hingeſtellt, nur als Schlagworte dienen
können, in die heutige Debatte hineingezogen wurden. Was für mich erheben-
des, überzeugendes und verpflichtendes in dem Gedauken der Einheit liegt, ſteht
viel zu hoch, als daß ich die Argumente dazu aus der Grundbuchsordnung nehmen
könnte, oder daß die Grundbuchsordnung hiezu den Anlaß geben würde. Ich halte
es nicht für richtig ſolche Argumente in die vorliegende Verhandlung hineinzuziehen,
und dieß iſt der einzige Umſtand deſſen ich Erwähnung zu thun für nothwendig erachtete.
Schließlich tritt der Redner unbedingt dem Antrag des Reicheraths Fürſten zu Salm bei,
nach deſſen Formulirung feſtgeſetzt wird daß dem Comité keine Inſtruction zu geben wäre,
zumal alle Fragen ſo wichtig, umfangreich und mit andern Fragepunkten von gleicher
Vedeutſamkeit verflochten ſind, daß ſie in der Plenarverſammlung ſelbſt nicht bewältigt
werden könnten.“ Frhr. v. Lichtenfels: „Wenn der Antrag des Reichsraths Fürſten
v. Salm dahin gemeint ſey es ſollten ſowohl die Vorfragen als auch der Gegenſtand in
merito
und im Detail ohne Inſtruction dem Comité zur Beurtheilung übergeben
werden, ſchließe er ſich dieſem Antrag gleichfalls an.“ Graf Bárkoczy: „Er müſſe
fich gegen den Antrag des Reichsraths Frhrn. v. Lichtenfels ausſprechen, wenn der-
ſelbe beabſichtige das Comité zu verhalten jedenfalls in die Details des Entwurfs ein-
zugehen, denn ſeiner Ueberzengung nach könne ſich dasſelbe nicht in die detaillirte Be-
rathung eines Gegenſtands einlaſſen, deſſen Durchführung vorausſichtlich unmöglich ſeyn
werde. Keiner der Reduer habe den Begriff der Einheit der Monarchie in der weit-
greifenden Bedeutung aufgefaßt wie der Reichsrath Frhr. v. Lichtenfels, welcher meine
daß die Einheit, für die wir alle einſtünden und die zunächſt in der Uebereinſtimmung
in politiſchen Dingen liege, auch auf die adminiſtrativen Maßregeln auszudehuen ſey.
Er müſſe die Frage aufwerfen: wie man jene der politiſchen Einheit mit der Grund-
buchsordnung in Verbindung bringen wolle? Er könne ſich nicht verſagen wenigſtens
im allgemeinen die Erklärung abzugeben daß er gegen die Auslegung des Begriffs
der Einheit im Sinn des Reichsraths Frhrn. v. Lichtenfels ſtimmen müſſe, und ſtets
ſtimmen werde. Auch er halte die politiſche Einheit für nothwendig, für eine Lebens-
aufgabe; er vermöge ſie aber keineswegs in dem Sinn aufzufaſſen daß auch jede
adminiſtrative Maßregel in der einen Provinz ſo ſevn müſſe wie in der andern.
Die Unausführbarkeit der Einheit in letzterem Sinn finde in der Gemeinde-Ordnung
den beſten Beweis, und er müſſe hiebei als Beiſpiel auch die vor kurzem bei einer
landwirthſchaftlichen Geſellſchaft zur Verathung gekommene Waſſerrechtsfrage berühren.
In Oeſterreich ſeyen ſeit einer Reihe von vierzig Jahren über dieſen Gegenſtand viel-
fache Vorſchläge gemacht worden. Viele Körperſchaften hätten denſelden wiederholt
angeregt, und alle Miniſterien ſeyen überzeugt geweſen daß die Löſung der Waſſer-
rechtsfrage für Oeſterreich äußerſt wünſchenswerth, ja unumgänglich nothwendig ſey.
Alle hierauf bezüglichen Geſetze der europäiſchen Staaten habe man geprüft, die ge-
lehrteſten Forſchungen und Studien angeſtellt und dieſelben jahrelang fortgeſetzt.
Gleichwohl habe die Landwirthſchaftsgeſellſchaft die Erfahrung gemacht daß es mit
einer gleichſörmigen Geſetzgebung über dieſe Frage in Oeſterreich nicht gehe, weil die
Donau ein anderer Fluß ſey als der Po; weil bei den verſchiedenen Flüſſen auch
ganz verſchiedene Verhältniſſe und Gefichtspunkte ins Auge gefaßt werden müßten,
und daher verſchiedene geſetzliche Beſtimmungen erforderlich ſeyen. So wie es mit
dem auf eine und dieſelbe Grundlage baſirten Waſſerrechtsgeſetze geſchehen, welches
in einem Jahr gänzlich beſeitigt worden ſey, ſo würde es auch der Grundbuchs-
ordnung und andern Geſetzen ergehen die auf ſolcher Vaſis beruhen. Darum erkläre
er ſich, wenn der Antrag des Fürſten v. Salm dahin verſtanden werden ſolle daß
das Comité verpflichtet ſeyn werde in alle Details einzugehen, gegen dieſen Antrag.
Wirde derſelbe aber dahin ausgelegt daß es dem Comité freiſtehe die Vorfrage
gründlich zu erlebigen und dann vorläufig der hohen Verſammlung darüber Bericht zu
erſtatten, ſo würde er keinen Anſtand nehmen ſich demſelben ebenfalls anzuſchließen.“
Graſ Hartig fand ſich, um jedem Mißoerſtändniß über ſeine Anſicht in der Sprachen-
frage vorzudeugen, zu der erläuternden Bemerkung veranlaßt daß, wenn er geſagt
habe er vindicire mit aller Kroſt dem Sonverän das Recht in ſeiner Spracht zu
ſprechen, er dieſem Recht auch die Pflicht der Orgone des Monarchen zur Seite ge-
ſtellt habe ſich jedem Umerthan in deſſen eigener Sprache verſtändlich zu machen.
Graf Apponyi: „Wenn ich in alle Details einzugehen die Abſicht hätte die durch
den Hrn. Vortedner Grafen Bákoczy angeregt worden ſind, und auf welche von
[Spaltenumbruch] Seite des Hrn. Juſtizminiſters die Erwiederung zu geben augeſirebt wurde, ſo würde
ich unwillkütlich auch in das Weſen der Sache hineingeriſſen werden. Eine Diecuſ-
ſion hierüber halte ich aber nicht nur vorlänfig für verfrüht, ſondern ich hätte die-
ſelbe im Intereſſe des Zwecks den wir vor Augen haben vermieden gewünſcht. Es
find heute Fragen von großer Wichtigkeit und Zartheit berührt worden — Fragen
deren Löſung ich nicht im Wege des Kampfs, ſondern im Wege der Verſtändigung
und Annäherung gelöst haben wollte. Eine Annäherung und Verſtändigung ſelbſt,
bevor noch jene welche die Fragen anregten ihre gegenſeitigen Anſichten vollkommen
kennen, und ſie gegenſeitig erläutert haben, iſt unausführbar. Die Fragen der
Nationalität, der Sprache, der Einheit und Einförmigkeit aus Anlaß der Grund-
buchsordnung zu entſcheiden, halte ich für ein gewagtes Spiel. Wenn ich ſolglich
auf vieles was heute geſagt worden iſt die Antwort ſchuldig bleibe, ſo thue ich es
durchaus nicht als wenn ich mit manchen Aeußerungen mich zufrieden ſtellen könnte
welche gefallen ſind. Ich thue es im Intereſſe unſerer Aufgabe; ich thue es um
jeden vorzeitigen Conflict zu vermeiden der dieſer unſerer Aufgabe im Wege ſiehen
könnte. Nach dieſen wenigen Worten erlaube ich mir an den Erzherzog Reichsraths-
präſidenten die ergebene Bitte zu ſtellen, und auch an den hochverehrten Reichsrath
das gleiche Erſuchen zu richten, daß man dieſe Diecuſſion wo möglich beendigen und
im Sinn des von dem Fürſten v. Salm geſtellten Antrags Beſchluß faſſen möge.
Ich glaube daß man durch dieſen Antrag ſelbſt jenen welche einigen Vorfragen nicht
präjudicirt haben wollen, und auch jenen welche das Comité in die Lage zu ſetzen
beabſichtigen über die Vorfragen zu berathen, gerecht werden dürfte.“ Hierauf er-
ſuchte der Erzherzog Reichsrathspräſident diejenigen Mitglieder welche den Schluß
der Discuſſion wünſchten ſich zu erheben. Nachdem die ganze Verſammlung ſich er-
hoben, erklärte Se. kaiſerl. Hoheit die Debatte für geſchloſſen, und forderte die Ver-
ſammlung auf über die Frage: ob ein Comité zu bilden ſey welchem keine Inſiruction
zu geben wäre, welches alſo das ganze Geſetz als Vorlage in Arbeit zu nehmen und
ſeine Meinung frei und offen auszuſprechen hätte, mit Ja und Nein abzuſtimmen.
Hierauf wurde zum Namensaufruf über die Frage der Bildung des Comité’s ge-
ſchritten, und hiebei die Frage: daß zur Vorberathung der Grundbuchsordnung ein
aus ſieben Mitgliedern gebildetes Comité, dem keine Inſtruction zu geben wäre, ge-
wählt werden ſolle, einſtimmig bejaht. Das Ergebniß der Abſtimmung iſt bereits
gemeldet.

Großbritannien.

Der Levant Herald hatte eine Geſchichte über den Herzog
von Brabant in die Welt geſchickt, die für den letztern etwas ungünſtig gedeutet
werden konnte. Sie war ſo erzählt daß man glauben konnte der Herzog habe
dem Sultan koſtbare Tſchibuks gewiſſermaßen abgedrungen. Jetzt erklärt
die türkiſche Geſandtſchaft in London in allen Blättern jene Darſtellung ſey eine
Berdrehung der folgenden Thatſachen: Während eines Déjeûner, das der
Sultan dem Prinzen zu Ehren im Kiosk der ſüßen Gewäſſer gegeben, hatte
Se. kaif. Maj. den Herzog gebeten die Pfeifen, die er im Emirghianpalaſt
geraucht hatte, als Andenken anzunehmen. Der Herzog nahm ſie an, und
ſomit war das Geſchenk und deſſen Annahme eine reine perſönliche Höflichkeit,
wie ſie an allen Höfen vorkommt.

Der jetzt wieder vielbeſprochene „Great Eaſtern“ hat in den letzten Tagen
ſeine angekündigte pro[verlorenes Material – Zeichen fehlt]fahrt in den Canal hinaus gemacht, aber was die
Schnelligkeit betrifft die er erreichen kann, iſt ſie nichts weniger als glänzend
ausgefallen. Im Maximum erreichten die Schaufelräder 10½, machte die
Schraube 39 Umdrehungen, wodurch die Geſchwindigkeit des Schiffes auf 12¾
Knoten per Stunde gebracht wurde. Das war, wie geſagt, das Maximum,
während bei einer früheren Probefahrt, wie man ſich erinnern wird, das Schiff
ſeine 16 Knoten in der Stunde zurückgelegt hatte. Nun hat ſich ſeildem
allerdings ein ganzer Wald von Seegewächſen an den Boden des Rieſen-
ſchiffes augelegt, aber dieſem Umſtand allein den gewaltigen Unterſchied der
Schnelligkeit zuzuſchreiben, würde doch eine gar zu gewagte Annahme ſeyn.
Wahrſcheinlicher iſt es daß die in den Maſchinen vorgenommenen Aenderun-
gen der Schnelligkeit Eintrag thaten, während ſie auf größere Sicherheit be-
rechnet waren. Im übrigen hielt ſich das Schiff vortrefflich, und ſind auch
die Einrichtungen für die Paſſagiere um vieles verbeſſert. Doch wird es von
Southampton nach New-York ſchwerlich viel weniger als zehn Tage brauchen.

(Aus der Pariſer Correſp. der Literary News.) In der Umgebung
des Palais Royal glaubt man allgemein daß Prinz Napoleon zum künftigen
König beider Sicilien beſtimmt iſt, und dadurch würden zwei ſich entgegen-
geſetzte ſtarke Gefühle beruhigt werden: der Ehrgeiz des Prinzen Jérome,
und die Angſt der Kaiſerin. In der Entourage der letztern nennt
man Plon-plon flüſternd nicht anders als „Richard III.“ Aber darin ſind
die Kaiſerin und ihr Gemahl nicht einerlei Meinung. Er liebt ſeinen Vetter
wirklich, kann nicht lange ohne ihn ſeyn, und ſteht unter deſſen Einfluß;
während ſeine Gemahlin bei dem bloßen Namen von Jérome’s Sohn zittert,
welcher allerdings gegen die Kaiſerin Eugenie niemals freundlich geweſen
iſt. . . . Mittlerweile arbeitet der Kaiſer mit äußerſtem Fleiß an ſeinem
„Leben des Julius Cäſar,“ und diefer Tage äußerte er gegen Hrn. Troplong,
den Senatspräſidenten, mit einem mehr als gewöhnlich zornigen Zupfen
ſeines Schnurrbarts: „Tacitus war ein ſchnöder Verleumder.“ Hr. Trop-
long gab natürlich mit einem Bückling ſeine Zuſtimmung, und die beiden
Autoren einigten ſich leicht in ihrer Verachtung des berühmten alten Rö-
mers, welcher Leſern dieſes Schlags freilich nie recht gefallen wollte.



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&#x017F;ion hierüber halte ich aber nicht nur vorlänfig für verfrüht, &#x017F;ondern ich hätte die-<lb/>
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[2826/0014] Pflicht und der Einheit des Gehorſams. Dieß ſind drei Einheiten welche allent- halben in der Monarchie gleich ſeyn müſſen, und ich nenne ſie die ſtaatsrechtliche Einheit. Für privatrechtliche Einheiten, welche auf Einfömigkeit hinausgehen, ver- möchte ich nicht das Wort zu führeu. Ueberall in den verſchiedenen Provinzen wer- den ſich verſchiedene Verhältniſſe zeigen welche Unterſchiede nothwendig machen, und in dieſer Beziehung trete ich dem Antrag des Reichraths Fürſten v. Salm bei. In Bezug auf die Sprachenfrage lege ich mein Glanbensbekenntniß dahin ab: ich erkenne jedem Menſchen das Necht zu die Sprache die ſeine eigene angeborne iſt zu ſprechen. Es iſt ſeine Sache daß er ſich dann mit den andern, in fremder Zunge Redenden verſtändigt. Dieſes Recht ſpreche ich aber auch unſerem Son- verän zu. Allerhöchſtderſelbe iſt ein Deutſcher, und gleich väterlich beſorgt für alle ſeine Völker, welche Sprache ſie auch reden. Aber er muß auch das Recht haben ſelbſt in der Sprache zu ſprechen die ſeine angeborne iſt, weil jedweder ſeiner Un- terthanen das gleiche Recht haben ſoll, und niemanden wohl beifallen wird dem Souvetän weniger Rechte zuzugeſtehen, als die Unterthanen für ſich in Auſpruch nehmen. Meine Meinung iſt daß die Sprache für den Geſammtſtaat die deutſche ſeyn müſſe. Weiland Se Maj. der Kaiſer und König Franz I haben wohl für Italien eine Ausnahme gemacht und ich habe nichts dagegen daß ſie bleibe, weil die Erfahrung zeigte daß dieß keine üblen Folgen mit ſich brachte. Die italiemſche Sprache hat aber auch den Vorzug daß ſie ſchon früher weiter ausgebildet war als die deutſche; man konnte ſich daher nicht der deutſchen Sprache bedienen, weil jene mehr dem Zeitgeiſt folgte. Es ſind aber auch häufig Verordnungen, namentlich von der allgemeinen Hofkammer und dem Finanzminiſterium, in deutſcher Sprache nach Italien hinausgegeben worden, und es hat ſich niemand darüber beſchwert; wohl aber war es Pflicht daß die deutſche Verordnung in die Landesſprache über- ſetzt wurde. Dieſes Recht nun muß ich Sr. Majeſtät vindiciren, und ich glaube daher daß, ſowie in allen Kronläudern jedem einzelnen Unterthan das Wort des Souveräns in ſeiner Landesſprache klar gemacht werden muß, auch für den letzte- ren, wie ſchon erwähnt, das Recht zu wahren iſt nur in ſeiner Mutterſprache zu ſprechen.“ Graf Clam-Martinitz: „Er werde ſich nicht geſtatten auf die Ar- gumente welche pro und contra angeführt wurden, zurückzukommen, glaube aber einen Umſtand berühren zu müſſen, nämlich das von dem Vorredner Grafen Hartig ſo richtig aufgegriffene Wort „Einheit“ nicht gleichbedeutend mit Einſörmigkeit. Ich bedaure übrigens ſehr daß hohe und wichtige Begriffe und Principien, welche, gleich der Sprachenfrage, in dieſer Allgemeinheit hingeſtellt, nur als Schlagworte dienen können, in die heutige Debatte hineingezogen wurden. Was für mich erheben- des, überzeugendes und verpflichtendes in dem Gedauken der Einheit liegt, ſteht viel zu hoch, als daß ich die Argumente dazu aus der Grundbuchsordnung nehmen könnte, oder daß die Grundbuchsordnung hiezu den Anlaß geben würde. Ich halte es nicht für richtig ſolche Argumente in die vorliegende Verhandlung hineinzuziehen, und dieß iſt der einzige Umſtand deſſen ich Erwähnung zu thun für nothwendig erachtete. Schließlich tritt der Redner unbedingt dem Antrag des Reicheraths Fürſten zu Salm bei, nach deſſen Formulirung feſtgeſetzt wird daß dem Comité keine Inſtruction zu geben wäre, zumal alle Fragen ſo wichtig, umfangreich und mit andern Fragepunkten von gleicher Vedeutſamkeit verflochten ſind, daß ſie in der Plenarverſammlung ſelbſt nicht bewältigt werden könnten.“ Frhr. v. Lichtenfels: „Wenn der Antrag des Reichsraths Fürſten v. Salm dahin gemeint ſey es ſollten ſowohl die Vorfragen als auch der Gegenſtand in merito und im Detail ohne Inſtruction dem Comité zur Beurtheilung übergeben werden, ſchließe er ſich dieſem Antrag gleichfalls an.“ Graf Bárkoczy: „Er müſſe fich gegen den Antrag des Reichsraths Frhrn. v. Lichtenfels ausſprechen, wenn der- ſelbe beabſichtige das Comité zu verhalten jedenfalls in die Details des Entwurfs ein- zugehen, denn ſeiner Ueberzengung nach könne ſich dasſelbe nicht in die detaillirte Be- rathung eines Gegenſtands einlaſſen, deſſen Durchführung vorausſichtlich unmöglich ſeyn werde. Keiner der Reduer habe den Begriff der Einheit der Monarchie in der weit- greifenden Bedeutung aufgefaßt wie der Reichsrath Frhr. v. Lichtenfels, welcher meine daß die Einheit, für die wir alle einſtünden und die zunächſt in der Uebereinſtimmung in politiſchen Dingen liege, auch auf die adminiſtrativen Maßregeln auszudehuen ſey. Er müſſe die Frage aufwerfen: wie man jene der politiſchen Einheit mit der Grund- buchsordnung in Verbindung bringen wolle? Er könne ſich nicht verſagen wenigſtens im allgemeinen die Erklärung abzugeben daß er gegen die Auslegung des Begriffs der Einheit im Sinn des Reichsraths Frhrn. v. Lichtenfels ſtimmen müſſe, und ſtets ſtimmen werde. Auch er halte die politiſche Einheit für nothwendig, für eine Lebens- aufgabe; er vermöge ſie aber keineswegs in dem Sinn aufzufaſſen daß auch jede adminiſtrative Maßregel in der einen Provinz ſo ſevn müſſe wie in der andern. Die Unausführbarkeit der Einheit in letzterem Sinn finde in der Gemeinde-Ordnung den beſten Beweis, und er müſſe hiebei als Beiſpiel auch die vor kurzem bei einer landwirthſchaftlichen Geſellſchaft zur Verathung gekommene Waſſerrechtsfrage berühren. In Oeſterreich ſeyen ſeit einer Reihe von vierzig Jahren über dieſen Gegenſtand viel- fache Vorſchläge gemacht worden. Viele Körperſchaften hätten denſelden wiederholt angeregt, und alle Miniſterien ſeyen überzeugt geweſen daß die Löſung der Waſſer- rechtsfrage für Oeſterreich äußerſt wünſchenswerth, ja unumgänglich nothwendig ſey. Alle hierauf bezüglichen Geſetze der europäiſchen Staaten habe man geprüft, die ge- lehrteſten Forſchungen und Studien angeſtellt und dieſelben jahrelang fortgeſetzt. Gleichwohl habe die Landwirthſchaftsgeſellſchaft die Erfahrung gemacht daß es mit einer gleichſörmigen Geſetzgebung über dieſe Frage in Oeſterreich nicht gehe, weil die Donau ein anderer Fluß ſey als der Po; weil bei den verſchiedenen Flüſſen auch ganz verſchiedene Verhältniſſe und Gefichtspunkte ins Auge gefaßt werden müßten, und daher verſchiedene geſetzliche Beſtimmungen erforderlich ſeyen. So wie es mit dem auf eine und dieſelbe Grundlage baſirten Waſſerrechtsgeſetze geſchehen, welches in einem Jahr gänzlich beſeitigt worden ſey, ſo würde es auch der Grundbuchs- ordnung und andern Geſetzen ergehen die auf ſolcher Vaſis beruhen. Darum erkläre er ſich, wenn der Antrag des Fürſten v. Salm dahin verſtanden werden ſolle daß das Comité verpflichtet ſeyn werde in alle Details einzugehen, gegen dieſen Antrag. Wirde derſelbe aber dahin ausgelegt daß es dem Comité freiſtehe die Vorfrage gründlich zu erlebigen und dann vorläufig der hohen Verſammlung darüber Bericht zu erſtatten, ſo würde er keinen Anſtand nehmen ſich demſelben ebenfalls anzuſchließen.“ Graſ Hartig fand ſich, um jedem Mißoerſtändniß über ſeine Anſicht in der Sprachen- frage vorzudeugen, zu der erläuternden Bemerkung veranlaßt daß, wenn er geſagt habe er vindicire mit aller Kroſt dem Sonverän das Recht in ſeiner Spracht zu ſprechen, er dieſem Recht auch die Pflicht der Orgone des Monarchen zur Seite ge- ſtellt habe ſich jedem Umerthan in deſſen eigener Sprache verſtändlich zu machen. Graf Apponyi: „Wenn ich in alle Details einzugehen die Abſicht hätte die durch den Hrn. Vortedner Grafen Bákoczy angeregt worden ſind, und auf welche von Seite des Hrn. Juſtizminiſters die Erwiederung zu geben augeſirebt wurde, ſo würde ich unwillkütlich auch in das Weſen der Sache hineingeriſſen werden. Eine Diecuſ- ſion hierüber halte ich aber nicht nur vorlänfig für verfrüht, ſondern ich hätte die- ſelbe im Intereſſe des Zwecks den wir vor Augen haben vermieden gewünſcht. Es find heute Fragen von großer Wichtigkeit und Zartheit berührt worden — Fragen deren Löſung ich nicht im Wege des Kampfs, ſondern im Wege der Verſtändigung und Annäherung gelöst haben wollte. Eine Annäherung und Verſtändigung ſelbſt, bevor noch jene welche die Fragen anregten ihre gegenſeitigen Anſichten vollkommen kennen, und ſie gegenſeitig erläutert haben, iſt unausführbar. Die Fragen der Nationalität, der Sprache, der Einheit und Einförmigkeit aus Anlaß der Grund- buchsordnung zu entſcheiden, halte ich für ein gewagtes Spiel. Wenn ich ſolglich auf vieles was heute geſagt worden iſt die Antwort ſchuldig bleibe, ſo thue ich es durchaus nicht als wenn ich mit manchen Aeußerungen mich zufrieden ſtellen könnte welche gefallen ſind. Ich thue es im Intereſſe unſerer Aufgabe; ich thue es um jeden vorzeitigen Conflict zu vermeiden der dieſer unſerer Aufgabe im Wege ſiehen könnte. Nach dieſen wenigen Worten erlaube ich mir an den Erzherzog Reichsraths- präſidenten die ergebene Bitte zu ſtellen, und auch an den hochverehrten Reichsrath das gleiche Erſuchen zu richten, daß man dieſe Diecuſſion wo möglich beendigen und im Sinn des von dem Fürſten v. Salm geſtellten Antrags Beſchluß faſſen möge. Ich glaube daß man durch dieſen Antrag ſelbſt jenen welche einigen Vorfragen nicht präjudicirt haben wollen, und auch jenen welche das Comité in die Lage zu ſetzen beabſichtigen über die Vorfragen zu berathen, gerecht werden dürfte.“ Hierauf er- ſuchte der Erzherzog Reichsrathspräſident diejenigen Mitglieder welche den Schluß der Discuſſion wünſchten ſich zu erheben. Nachdem die ganze Verſammlung ſich er- hoben, erklärte Se. kaiſerl. Hoheit die Debatte für geſchloſſen, und forderte die Ver- ſammlung auf über die Frage: ob ein Comité zu bilden ſey welchem keine Inſiruction zu geben wäre, welches alſo das ganze Geſetz als Vorlage in Arbeit zu nehmen und ſeine Meinung frei und offen auszuſprechen hätte, mit Ja und Nein abzuſtimmen. Hierauf wurde zum Namensaufruf über die Frage der Bildung des Comité’s ge- ſchritten, und hiebei die Frage: daß zur Vorberathung der Grundbuchsordnung ein aus ſieben Mitgliedern gebildetes Comité, dem keine Inſtruction zu geben wäre, ge- wählt werden ſolle, einſtimmig bejaht. Das Ergebniß der Abſtimmung iſt bereits gemeldet. Großbritannien. London. Der Levant Herald hatte eine Geſchichte über den Herzog von Brabant in die Welt geſchickt, die für den letztern etwas ungünſtig gedeutet werden konnte. Sie war ſo erzählt daß man glauben konnte der Herzog habe dem Sultan koſtbare Tſchibuks gewiſſermaßen abgedrungen. Jetzt erklärt die türkiſche Geſandtſchaft in London in allen Blättern jene Darſtellung ſey eine Berdrehung der folgenden Thatſachen: Während eines Déjeûner, das der Sultan dem Prinzen zu Ehren im Kiosk der ſüßen Gewäſſer gegeben, hatte Se. kaif. Maj. den Herzog gebeten die Pfeifen, die er im Emirghianpalaſt geraucht hatte, als Andenken anzunehmen. Der Herzog nahm ſie an, und ſomit war das Geſchenk und deſſen Annahme eine reine perſönliche Höflichkeit, wie ſie an allen Höfen vorkommt. Der jetzt wieder vielbeſprochene „Great Eaſtern“ hat in den letzten Tagen ſeine angekündigte pro_ fahrt in den Canal hinaus gemacht, aber was die Schnelligkeit betrifft die er erreichen kann, iſt ſie nichts weniger als glänzend ausgefallen. Im Maximum erreichten die Schaufelräder 10½, machte die Schraube 39 Umdrehungen, wodurch die Geſchwindigkeit des Schiffes auf 12¾ Knoten per Stunde gebracht wurde. Das war, wie geſagt, das Maximum, während bei einer früheren Probefahrt, wie man ſich erinnern wird, das Schiff ſeine 16 Knoten in der Stunde zurückgelegt hatte. Nun hat ſich ſeildem allerdings ein ganzer Wald von Seegewächſen an den Boden des Rieſen- ſchiffes augelegt, aber dieſem Umſtand allein den gewaltigen Unterſchied der Schnelligkeit zuzuſchreiben, würde doch eine gar zu gewagte Annahme ſeyn. Wahrſcheinlicher iſt es daß die in den Maſchinen vorgenommenen Aenderun- gen der Schnelligkeit Eintrag thaten, während ſie auf größere Sicherheit be- rechnet waren. Im übrigen hielt ſich das Schiff vortrefflich, und ſind auch die Einrichtungen für die Paſſagiere um vieles verbeſſert. Doch wird es von Southampton nach New-York ſchwerlich viel weniger als zehn Tage brauchen. (Aus der Pariſer Correſp. der Literary News.) In der Umgebung des Palais Royal glaubt man allgemein daß Prinz Napoleon zum künftigen König beider Sicilien beſtimmt iſt, und dadurch würden zwei ſich entgegen- geſetzte ſtarke Gefühle beruhigt werden: der Ehrgeiz des Prinzen Jérome, und die Angſt der Kaiſerin. In der Entourage der letztern nennt man Plon-plon flüſternd nicht anders als „Richard III.“ Aber darin ſind die Kaiſerin und ihr Gemahl nicht einerlei Meinung. Er liebt ſeinen Vetter wirklich, kann nicht lange ohne ihn ſeyn, und ſteht unter deſſen Einfluß; während ſeine Gemahlin bei dem bloßen Namen von Jérome’s Sohn zittert, welcher allerdings gegen die Kaiſerin Eugenie niemals freundlich geweſen iſt. . . . Mittlerweile arbeitet der Kaiſer mit äußerſtem Fleiß an ſeinem „Leben des Julius Cäſar,“ und diefer Tage äußerte er gegen Hrn. Troplong, den Senatspräſidenten, mit einem mehr als gewöhnlich zornigen Zupfen ſeines Schnurrbarts: „Tacitus war ein ſchnöder Verleumder.“ Hr. Trop- long gab natürlich mit einem Bückling ſeine Zuſtimmung, und die beiden Autoren einigten ſich leicht in ihrer Verachtung des berühmten alten Rö- mers, welcher Leſern dieſes Schlags freilich nie recht gefallen wollte. _

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 169, 17. Juni 1860, S. 2826. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine169_1860/14>, abgerufen am 21.11.2024.