Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung, Nr. 17, 24. April 1915.

Bild:
<< vorherige Seite

Allgemeine Zeitung 24. April 1915.
[Spaltenumbruch] eigentlichen Kurzeit, wie alljährlich so auch dieses Jahr, am 16. April
begonnen. Um diese Zeit, und auch schon früher, wenn die warmen
Strahlen der Frühlingssonne die Knospen und Blüten im Park
und im Frauenwald hervorlocken und die Vögel anfangen fröh-
lich ihre Lieder zu schmettern, dann beginnt der Zustrom der Gäste.
Im Frühlingskleide ist Bad Nauheim ganz besonders reizvoll und
wer es einmal darin gesehen hat, der wird stets bestrebt bleiben,
um diese Zeit wieder zu ihm zurückzukehren. Auch sollen ja die
Frühjahrskuren, wie festgestellt ist, von noch größerer Wirkung sein
als die Kuren zu anderen Jahreszeiten, und gar mancher Stamm-
gast von Bad Nauheim kann das Frühjahr kaum erwarten, damit
er mit seiner gewohnten Kur beginnen kann. In diesem Jahre ist
dies mehr denn je der Fall. In den Herzen Unzähliger lebt die
Sehnsucht nach Ruhe, nach Ausspannen und Erholung. Der Krieg
mit seinen Schrecken, seinen Aufregungen und der oft ungewohnten
Arbeit, die er für viele bringt, stellt große Anforderungen an die
Gesundheit der einzelnen Menschen, und wer es ermöglichen kann,
der sollte sich für kommende Zeiten stärken. Welcher Platz wäre
hierzu wohl geeigneter als Bad-Nauheim! Kaum ein zweiter Bade-
ort entspricht mehr dem Bedürfnis der Heilungsuchenden. Die wun-
dervolle Lage der Stadt am Fuße des Johannisberges, die ausge-
dehnten Parkanlagen (780 Morgen), die sich stundenlang hinziehen-
den Wälder, die kräftige, reine Luft, dies alles ist wie geschaffen zur
Erholung, zur Beruhigung angegriffener und erschütterter Nerven.
In diesem Jahre ist das Kurleben den Winter hindurch so lebhaft
gewesen wie noch nie. Eines der staatlichen Badehäuser war ge-
öffnet und hatte vollauf zu tun. Die vielen Feldzugsteil-
nehmer
-- Offiziere und Mannschaften --, die mit Herzkrank-
heiten, Rheumatismus usw. gekommen waren, oder auch um ihre
Glieder nach Verwundungen und Knochenbrüchen zu stärken, hatten
außerordentlich günstige Erfolge ihrer Kuren, die ihnen von der
Bade- und Kurverwaltung völlig frei gewährt werden, zu verzeich-
nen. In vielen Fällen konnte in dem medizinisch-diagnostischen
Institut, das unter der Leitung von Professor Dr. Weber steht,
durch Röntgendurchleuchtungen, Elektrokardiogramme und photo-
graphische Pulsuntersuchungen der günstige Erfolg der Bäder ein-
wandfrei festgestellt werden.

Die drei Sprudel Bad-Nauheims gehören zu den kohlensäure-
reichsten Deutschlands. In den neun modernen Badehäusern mit
387 Wannen können täglich bis zu 6000 Bädern abgegeben werden,
und zwar Sol-, Thermalsprudel-, Sprudel-, ferner
die aus den salzarmen Wässern der Trink- und Mineralquellen be-
reiteten Brunnenbäder. Letztere eignen sich besonders für
hautempfindliche Kranke. Das Wasser der Sprudel- und Sprudel-
strombäder fließt, in badefertiger Wärme aus dem Erdinnern kom-
mend, durch eigenen Druck in die Wanne, es braucht nicht geputzt
und nicht angewärmt zu werden und bleibt daher vor Verlust an
Kohlensäure bewahrt.

Sehr lebhaft hat sich die Trinkkur in den letzten Jahren
entwickelt und sie ist jetzt, nach Fertigstellung der prächtigen neuen
Anlagen, die mit einem Kostenaufwand von 600,000 M. in Huf-
eisenform um einen künstlichen Weiher herumgebaut worden sind,



[irrelevantes Material]
[Spaltenumbruch]

in immer weiterem Aufschwung begriffen. Die Wandelhallen, zu
deren Nischen die Trinkquellen hingeleitet wurden, sind 260 Meter
lang und ermöglichen auch bei schlechtem Wetter ein angenehmes
Spazierengehen bei den Klängen des Frühkonzertes.

An ferneren Kurmitteln sind zu nennen die über 1000 Meter
langen Gradierwerke, das vorzüglich eingerichtete Inhala-
torium,
das bereits oben erwähnte medizinisch-dia-
gnostische Institut
(Elektrokardiographie, photographische
Pulszeichnung usw.), Röntgenkabinett mit Herz-
zeichenapparat und Unipulsapparat, Radium-
Emanatorium,
ein ganz außerordentlich reich mit Zander-
und Herzapparaten ausgestattetes medico-mechanisches
Zanderinstitut, Schweizer Milchkuranstalt
usw.

Den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Verkehrs bildet das Kur-
haus, das, hoch und frei gelegen; den prachtvollen alten Kurpark be-
herrscht. Von seiner Terrasse aus sieht man über weite Wiesen-
flächen zwischen prächtigen Baumgruppen hindurch die Sprudel
springen und die roten Dächer der Badehäuser durch das Grün
leuchten. Die vorzüglichen Konzerte des Winderstein-Orchesters
(Leizig), die entweder auf der Terrasse oder in dem 1500 Personen
fassenden Konzerthause stattfinden, bilden einen Hauptanziehungs-
punkt für das Kurpublikum. Im Theatersaal sind viermal wöchent-
lich sehr gute Vorstellungen, die sich großer Beliebtheit erfreuen.
Auch für alle möglichen Unterhaltungen und Abwechslungen ande-
rer Art ist die Kurdirektion stets eifrig bemüht. Die Tennisplätze
suchen, was Schönheit der Lage und tadellose Instandhaltung an-
betrifft, ihresgleichen, ebenso der weite Golfplatz mit seinem ent-
zückenden Golfhaus. Zum Rudern und Angeln bietet der 40 Morgen
große Teich Gelegenheit.

Im Jahre 1913 wurde Bad-Nauheim von 35,000 Kurgästen
besucht und es sind 480,000 Bäder abgegeben worden.



[irrelevantes Material]

Allgemeine Zeitung 24. April 1915.
[Spaltenumbruch] eigentlichen Kurzeit, wie alljährlich ſo auch dieſes Jahr, am 16. April
begonnen. Um dieſe Zeit, und auch ſchon früher, wenn die warmen
Strahlen der Frühlingsſonne die Knoſpen und Blüten im Park
und im Frauenwald hervorlocken und die Vögel anfangen fröh-
lich ihre Lieder zu ſchmettern, dann beginnt der Zuſtrom der Gäſte.
Im Frühlingskleide iſt Bad Nauheim ganz beſonders reizvoll und
wer es einmal darin geſehen hat, der wird ſtets beſtrebt bleiben,
um dieſe Zeit wieder zu ihm zurückzukehren. Auch ſollen ja die
Frühjahrskuren, wie feſtgeſtellt iſt, von noch größerer Wirkung ſein
als die Kuren zu anderen Jahreszeiten, und gar mancher Stamm-
gaſt von Bad Nauheim kann das Frühjahr kaum erwarten, damit
er mit ſeiner gewohnten Kur beginnen kann. In dieſem Jahre iſt
dies mehr denn je der Fall. In den Herzen Unzähliger lebt die
Sehnſucht nach Ruhe, nach Ausſpannen und Erholung. Der Krieg
mit ſeinen Schrecken, ſeinen Aufregungen und der oft ungewohnten
Arbeit, die er für viele bringt, ſtellt große Anforderungen an die
Geſundheit der einzelnen Menſchen, und wer es ermöglichen kann,
der ſollte ſich für kommende Zeiten ſtärken. Welcher Platz wäre
hierzu wohl geeigneter als Bad-Nauheim! Kaum ein zweiter Bade-
ort entſpricht mehr dem Bedürfnis der Heilungſuchenden. Die wun-
dervolle Lage der Stadt am Fuße des Johannisberges, die ausge-
dehnten Parkanlagen (780 Morgen), die ſich ſtundenlang hinziehen-
den Wälder, die kräftige, reine Luft, dies alles iſt wie geſchaffen zur
Erholung, zur Beruhigung angegriffener und erſchütterter Nerven.
In dieſem Jahre iſt das Kurleben den Winter hindurch ſo lebhaft
geweſen wie noch nie. Eines der ſtaatlichen Badehäuſer war ge-
öffnet und hatte vollauf zu tun. Die vielen Feldzugsteil-
nehmer
— Offiziere und Mannſchaften —, die mit Herzkrank-
heiten, Rheumatismus uſw. gekommen waren, oder auch um ihre
Glieder nach Verwundungen und Knochenbrüchen zu ſtärken, hatten
außerordentlich günſtige Erfolge ihrer Kuren, die ihnen von der
Bade- und Kurverwaltung völlig frei gewährt werden, zu verzeich-
nen. In vielen Fällen konnte in dem mediziniſch-diagnoſtiſchen
Inſtitut, das unter der Leitung von Profeſſor Dr. Weber ſteht,
durch Röntgendurchleuchtungen, Elektrokardiogramme und photo-
graphiſche Pulsunterſuchungen der günſtige Erfolg der Bäder ein-
wandfrei feſtgeſtellt werden.

Die drei Sprudel Bad-Nauheims gehören zu den kohlenſäure-
reichſten Deutſchlands. In den neun modernen Badehäuſern mit
387 Wannen können täglich bis zu 6000 Bädern abgegeben werden,
und zwar Sol-, Thermalſprudel-, Sprudel-, ferner
die aus den ſalzarmen Wäſſern der Trink- und Mineralquellen be-
reiteten Brunnenbäder. Letztere eignen ſich beſonders für
hautempfindliche Kranke. Das Waſſer der Sprudel- und Sprudel-
ſtrombäder fließt, in badefertiger Wärme aus dem Erdinnern kom-
mend, durch eigenen Druck in die Wanne, es braucht nicht geputzt
und nicht angewärmt zu werden und bleibt daher vor Verluſt an
Kohlenſäure bewahrt.

Sehr lebhaft hat ſich die Trinkkur in den letzten Jahren
entwickelt und ſie iſt jetzt, nach Fertigſtellung der prächtigen neuen
Anlagen, die mit einem Koſtenaufwand von 600,000 M. in Huf-
eiſenform um einen künſtlichen Weiher herumgebaut worden ſind,



[irrelevantes Material]
[Spaltenumbruch]

in immer weiterem Aufſchwung begriffen. Die Wandelhallen, zu
deren Niſchen die Trinkquellen hingeleitet wurden, ſind 260 Meter
lang und ermöglichen auch bei ſchlechtem Wetter ein angenehmes
Spazierengehen bei den Klängen des Frühkonzertes.

An ferneren Kurmitteln ſind zu nennen die über 1000 Meter
langen Gradierwerke, das vorzüglich eingerichtete Inhala-
torium,
das bereits oben erwähnte mediziniſch-dia-
gnoſtiſche Inſtitut
(Elektrokardiographie, photographiſche
Pulszeichnung uſw.), Röntgenkabinett mit Herz-
zeichenapparat und Unipulsapparat, Radium-
Emanatorium,
ein ganz außerordentlich reich mit Zander-
und Herzapparaten ausgeſtattetes medico-mechaniſches
Zanderinſtitut, Schweizer Milchkuranſtalt
uſw.

Den Mittelpunkt des geſellſchaftlichen Verkehrs bildet das Kur-
haus, das, hoch und frei gelegen; den prachtvollen alten Kurpark be-
herrſcht. Von ſeiner Terraſſe aus ſieht man über weite Wieſen-
flächen zwiſchen prächtigen Baumgruppen hindurch die Sprudel
ſpringen und die roten Dächer der Badehäuſer durch das Grün
leuchten. Die vorzüglichen Konzerte des Winderſtein-Orcheſters
(Leizig), die entweder auf der Terraſſe oder in dem 1500 Perſonen
faſſenden Konzerthauſe ſtattfinden, bilden einen Hauptanziehungs-
punkt für das Kurpublikum. Im Theaterſaal ſind viermal wöchent-
lich ſehr gute Vorſtellungen, die ſich großer Beliebtheit erfreuen.
Auch für alle möglichen Unterhaltungen und Abwechslungen ande-
rer Art iſt die Kurdirektion ſtets eifrig bemüht. Die Tennisplätze
ſuchen, was Schönheit der Lage und tadelloſe Inſtandhaltung an-
betrifft, ihresgleichen, ebenſo der weite Golfplatz mit ſeinem ent-
zückenden Golfhaus. Zum Rudern und Angeln bietet der 40 Morgen
große Teich Gelegenheit.

Im Jahre 1913 wurde Bad-Nauheim von 35,000 Kurgäſten
beſucht und es ſind 480,000 Bäder abgegeben worden.



[irrelevantes Material]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jLocal" n="1">
        <div xml:id="a02a" next="#a02b" type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0018" n="Seite 264.[264]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung</hi> 24. April 1915.</fw><lb/><cb/>
eigentlichen Kurzeit, wie alljährlich &#x017F;o auch die&#x017F;es Jahr, am 16. April<lb/>
begonnen. Um die&#x017F;e Zeit, und auch &#x017F;chon früher, wenn die warmen<lb/>
Strahlen der Frühlings&#x017F;onne die Kno&#x017F;pen und Blüten im Park<lb/>
und im Frauenwald hervorlocken und die Vögel anfangen fröh-<lb/>
lich ihre Lieder zu &#x017F;chmettern, dann beginnt der Zu&#x017F;trom der Gä&#x017F;te.<lb/>
Im Frühlingskleide i&#x017F;t Bad Nauheim ganz be&#x017F;onders reizvoll und<lb/>
wer es einmal darin ge&#x017F;ehen hat, der wird &#x017F;tets be&#x017F;trebt bleiben,<lb/>
um die&#x017F;e Zeit wieder zu ihm zurückzukehren. Auch &#x017F;ollen ja die<lb/>
Frühjahrskuren, wie fe&#x017F;tge&#x017F;tellt i&#x017F;t, von noch größerer Wirkung &#x017F;ein<lb/>
als die Kuren zu anderen Jahreszeiten, und gar mancher Stamm-<lb/>
ga&#x017F;t von Bad Nauheim kann das Frühjahr kaum erwarten, damit<lb/>
er mit &#x017F;einer gewohnten Kur beginnen kann. In die&#x017F;em Jahre i&#x017F;t<lb/>
dies mehr denn je der Fall. In den Herzen Unzähliger lebt die<lb/>
Sehn&#x017F;ucht nach Ruhe, nach Aus&#x017F;pannen und Erholung. Der Krieg<lb/>
mit &#x017F;einen Schrecken, &#x017F;einen Aufregungen und der oft ungewohnten<lb/>
Arbeit, die er für viele bringt, &#x017F;tellt große Anforderungen an die<lb/>
Ge&#x017F;undheit der einzelnen Men&#x017F;chen, und wer es ermöglichen kann,<lb/>
der &#x017F;ollte &#x017F;ich für kommende Zeiten &#x017F;tärken. Welcher Platz wäre<lb/>
hierzu wohl geeigneter als Bad-Nauheim! Kaum ein zweiter Bade-<lb/>
ort ent&#x017F;pricht mehr dem Bedürfnis der Heilung&#x017F;uchenden. Die wun-<lb/>
dervolle Lage der Stadt am Fuße des Johannisberges, die ausge-<lb/>
dehnten Parkanlagen (780 Morgen), die &#x017F;ich &#x017F;tundenlang hinziehen-<lb/>
den Wälder, die kräftige, reine Luft, dies alles i&#x017F;t wie ge&#x017F;chaffen zur<lb/>
Erholung, zur Beruhigung angegriffener und er&#x017F;chütterter Nerven.<lb/>
In die&#x017F;em Jahre i&#x017F;t das Kurleben den Winter hindurch &#x017F;o lebhaft<lb/>
gewe&#x017F;en wie noch nie. Eines der &#x017F;taatlichen Badehäu&#x017F;er war ge-<lb/>
öffnet und hatte vollauf zu tun. Die vielen <hi rendition="#g">Feldzugsteil-<lb/>
nehmer</hi> &#x2014; Offiziere und Mann&#x017F;chaften &#x2014;, die mit Herzkrank-<lb/>
heiten, Rheumatismus u&#x017F;w. gekommen waren, oder auch um ihre<lb/>
Glieder nach Verwundungen und Knochenbrüchen zu &#x017F;tärken, hatten<lb/>
außerordentlich gün&#x017F;tige Erfolge ihrer Kuren, die ihnen von der<lb/>
Bade- und Kurverwaltung völlig frei gewährt werden, zu verzeich-<lb/>
nen. In vielen Fällen konnte in dem medizini&#x017F;ch-diagno&#x017F;ti&#x017F;chen<lb/>
In&#x017F;titut, das unter der Leitung von Profe&#x017F;&#x017F;or Dr. Weber &#x017F;teht,<lb/>
durch Röntgendurchleuchtungen, Elektrokardiogramme und photo-<lb/>
graphi&#x017F;che Pulsunter&#x017F;uchungen der gün&#x017F;tige Erfolg der Bäder ein-<lb/>
wandfrei fe&#x017F;tge&#x017F;tellt werden.</p><lb/>
          <p>Die drei Sprudel Bad-Nauheims gehören zu den kohlen&#x017F;äure-<lb/>
reich&#x017F;ten Deut&#x017F;chlands. In den neun modernen Badehäu&#x017F;ern mit<lb/>
387 Wannen können täglich bis zu 6000 Bädern abgegeben werden,<lb/>
und zwar <hi rendition="#g">Sol-, Thermal&#x017F;prudel-, Sprudel-,</hi> ferner<lb/>
die aus den &#x017F;alzarmen Wä&#x017F;&#x017F;ern der Trink- und Mineralquellen be-<lb/>
reiteten <hi rendition="#g">Brunnenbäder.</hi> Letztere eignen &#x017F;ich be&#x017F;onders für<lb/>
hautempfindliche Kranke. Das Wa&#x017F;&#x017F;er der Sprudel- und Sprudel-<lb/>
&#x017F;trombäder fließt, in badefertiger Wärme aus dem Erdinnern kom-<lb/>
mend, durch eigenen Druck in die Wanne, es braucht nicht geputzt<lb/>
und nicht angewärmt zu werden und bleibt daher vor Verlu&#x017F;t an<lb/>
Kohlen&#x017F;äure bewahrt.</p><lb/>
          <p>Sehr lebhaft hat &#x017F;ich die <hi rendition="#g">Trinkkur</hi> in den letzten Jahren<lb/>
entwickelt und &#x017F;ie i&#x017F;t jetzt, nach Fertig&#x017F;tellung der prächtigen neuen<lb/>
Anlagen, die mit einem Ko&#x017F;tenaufwand von 600,000 M. in Huf-<lb/>
ei&#x017F;enform um einen kün&#x017F;tlichen Weiher herumgebaut worden &#x017F;ind,</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="jAn" n="2">
          <gap reason="insignificant"/>
        </div>
        <cb/>
        <div xml:id="a02b" prev="#a02a" type="jArticle" n="2">
          <p>in immer weiterem Auf&#x017F;chwung begriffen. Die Wandelhallen, zu<lb/>
deren Ni&#x017F;chen die Trinkquellen hingeleitet wurden, &#x017F;ind 260 Meter<lb/>
lang und ermöglichen auch bei &#x017F;chlechtem Wetter ein angenehmes<lb/>
Spazierengehen bei den Klängen des Frühkonzertes.</p><lb/>
          <p>An ferneren Kurmitteln &#x017F;ind zu nennen die über 1000 Meter<lb/>
langen <hi rendition="#g">Gradierwerke,</hi> das vorzüglich eingerichtete <hi rendition="#g">Inhala-<lb/>
torium,</hi> das bereits oben erwähnte <hi rendition="#g">medizini&#x017F;ch-dia-<lb/>
gno&#x017F;ti&#x017F;che In&#x017F;titut</hi> (Elektrokardiographie, photographi&#x017F;che<lb/>
Pulszeichnung u&#x017F;w.), <hi rendition="#g">Röntgenkabinett mit Herz-<lb/>
zeichenapparat und Unipulsapparat, Radium-<lb/>
Emanatorium,</hi> ein ganz außerordentlich reich mit Zander-<lb/>
und Herzapparaten ausge&#x017F;tattetes <hi rendition="#g">medico-mechani&#x017F;ches<lb/>
Zanderin&#x017F;titut, Schweizer Milchkuran&#x017F;talt</hi> u&#x017F;w.</p><lb/>
          <p>Den Mittelpunkt des ge&#x017F;ell&#x017F;chaftlichen Verkehrs bildet das Kur-<lb/>
haus, das, hoch und frei gelegen; den prachtvollen alten Kurpark be-<lb/>
herr&#x017F;cht. Von &#x017F;einer Terra&#x017F;&#x017F;e aus &#x017F;ieht man über weite Wie&#x017F;en-<lb/>
flächen zwi&#x017F;chen prächtigen Baumgruppen hindurch die Sprudel<lb/>
&#x017F;pringen und die roten Dächer der Badehäu&#x017F;er durch das Grün<lb/>
leuchten. Die vorzüglichen Konzerte des Winder&#x017F;tein-Orche&#x017F;ters<lb/>
(Leizig), die entweder auf der Terra&#x017F;&#x017F;e oder in dem 1500 Per&#x017F;onen<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;enden Konzerthau&#x017F;e &#x017F;tattfinden, bilden einen Hauptanziehungs-<lb/>
punkt für das Kurpublikum. Im Theater&#x017F;aal &#x017F;ind viermal wöchent-<lb/>
lich &#x017F;ehr gute Vor&#x017F;tellungen, die &#x017F;ich großer Beliebtheit erfreuen.<lb/>
Auch für alle möglichen Unterhaltungen und Abwechslungen ande-<lb/>
rer Art i&#x017F;t die Kurdirektion &#x017F;tets eifrig bemüht. Die Tennisplätze<lb/>
&#x017F;uchen, was Schönheit der Lage und tadello&#x017F;e In&#x017F;tandhaltung an-<lb/>
betrifft, ihresgleichen, eben&#x017F;o der weite Golfplatz mit &#x017F;einem ent-<lb/>
zückenden Golfhaus. Zum Rudern und Angeln bietet der 40 Morgen<lb/>
große Teich Gelegenheit.</p><lb/>
          <p>Im Jahre 1913 wurde Bad-Nauheim von 35,000 Kurgä&#x017F;ten<lb/>
be&#x017F;ucht und es &#x017F;ind 480,000 Bäder abgegeben worden.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jAnnouncements" n="1">
        <gap reason="insignificant"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[Seite 264.[264]/0018] Allgemeine Zeitung 24. April 1915. eigentlichen Kurzeit, wie alljährlich ſo auch dieſes Jahr, am 16. April begonnen. Um dieſe Zeit, und auch ſchon früher, wenn die warmen Strahlen der Frühlingsſonne die Knoſpen und Blüten im Park und im Frauenwald hervorlocken und die Vögel anfangen fröh- lich ihre Lieder zu ſchmettern, dann beginnt der Zuſtrom der Gäſte. Im Frühlingskleide iſt Bad Nauheim ganz beſonders reizvoll und wer es einmal darin geſehen hat, der wird ſtets beſtrebt bleiben, um dieſe Zeit wieder zu ihm zurückzukehren. Auch ſollen ja die Frühjahrskuren, wie feſtgeſtellt iſt, von noch größerer Wirkung ſein als die Kuren zu anderen Jahreszeiten, und gar mancher Stamm- gaſt von Bad Nauheim kann das Frühjahr kaum erwarten, damit er mit ſeiner gewohnten Kur beginnen kann. In dieſem Jahre iſt dies mehr denn je der Fall. In den Herzen Unzähliger lebt die Sehnſucht nach Ruhe, nach Ausſpannen und Erholung. Der Krieg mit ſeinen Schrecken, ſeinen Aufregungen und der oft ungewohnten Arbeit, die er für viele bringt, ſtellt große Anforderungen an die Geſundheit der einzelnen Menſchen, und wer es ermöglichen kann, der ſollte ſich für kommende Zeiten ſtärken. Welcher Platz wäre hierzu wohl geeigneter als Bad-Nauheim! Kaum ein zweiter Bade- ort entſpricht mehr dem Bedürfnis der Heilungſuchenden. Die wun- dervolle Lage der Stadt am Fuße des Johannisberges, die ausge- dehnten Parkanlagen (780 Morgen), die ſich ſtundenlang hinziehen- den Wälder, die kräftige, reine Luft, dies alles iſt wie geſchaffen zur Erholung, zur Beruhigung angegriffener und erſchütterter Nerven. In dieſem Jahre iſt das Kurleben den Winter hindurch ſo lebhaft geweſen wie noch nie. Eines der ſtaatlichen Badehäuſer war ge- öffnet und hatte vollauf zu tun. Die vielen Feldzugsteil- nehmer — Offiziere und Mannſchaften —, die mit Herzkrank- heiten, Rheumatismus uſw. gekommen waren, oder auch um ihre Glieder nach Verwundungen und Knochenbrüchen zu ſtärken, hatten außerordentlich günſtige Erfolge ihrer Kuren, die ihnen von der Bade- und Kurverwaltung völlig frei gewährt werden, zu verzeich- nen. In vielen Fällen konnte in dem mediziniſch-diagnoſtiſchen Inſtitut, das unter der Leitung von Profeſſor Dr. Weber ſteht, durch Röntgendurchleuchtungen, Elektrokardiogramme und photo- graphiſche Pulsunterſuchungen der günſtige Erfolg der Bäder ein- wandfrei feſtgeſtellt werden. Die drei Sprudel Bad-Nauheims gehören zu den kohlenſäure- reichſten Deutſchlands. In den neun modernen Badehäuſern mit 387 Wannen können täglich bis zu 6000 Bädern abgegeben werden, und zwar Sol-, Thermalſprudel-, Sprudel-, ferner die aus den ſalzarmen Wäſſern der Trink- und Mineralquellen be- reiteten Brunnenbäder. Letztere eignen ſich beſonders für hautempfindliche Kranke. Das Waſſer der Sprudel- und Sprudel- ſtrombäder fließt, in badefertiger Wärme aus dem Erdinnern kom- mend, durch eigenen Druck in die Wanne, es braucht nicht geputzt und nicht angewärmt zu werden und bleibt daher vor Verluſt an Kohlenſäure bewahrt. Sehr lebhaft hat ſich die Trinkkur in den letzten Jahren entwickelt und ſie iſt jetzt, nach Fertigſtellung der prächtigen neuen Anlagen, die mit einem Koſtenaufwand von 600,000 M. in Huf- eiſenform um einen künſtlichen Weiher herumgebaut worden ſind, _ in immer weiterem Aufſchwung begriffen. Die Wandelhallen, zu deren Niſchen die Trinkquellen hingeleitet wurden, ſind 260 Meter lang und ermöglichen auch bei ſchlechtem Wetter ein angenehmes Spazierengehen bei den Klängen des Frühkonzertes. An ferneren Kurmitteln ſind zu nennen die über 1000 Meter langen Gradierwerke, das vorzüglich eingerichtete Inhala- torium, das bereits oben erwähnte mediziniſch-dia- gnoſtiſche Inſtitut (Elektrokardiographie, photographiſche Pulszeichnung uſw.), Röntgenkabinett mit Herz- zeichenapparat und Unipulsapparat, Radium- Emanatorium, ein ganz außerordentlich reich mit Zander- und Herzapparaten ausgeſtattetes medico-mechaniſches Zanderinſtitut, Schweizer Milchkuranſtalt uſw. Den Mittelpunkt des geſellſchaftlichen Verkehrs bildet das Kur- haus, das, hoch und frei gelegen; den prachtvollen alten Kurpark be- herrſcht. Von ſeiner Terraſſe aus ſieht man über weite Wieſen- flächen zwiſchen prächtigen Baumgruppen hindurch die Sprudel ſpringen und die roten Dächer der Badehäuſer durch das Grün leuchten. Die vorzüglichen Konzerte des Winderſtein-Orcheſters (Leizig), die entweder auf der Terraſſe oder in dem 1500 Perſonen faſſenden Konzerthauſe ſtattfinden, bilden einen Hauptanziehungs- punkt für das Kurpublikum. Im Theaterſaal ſind viermal wöchent- lich ſehr gute Vorſtellungen, die ſich großer Beliebtheit erfreuen. Auch für alle möglichen Unterhaltungen und Abwechslungen ande- rer Art iſt die Kurdirektion ſtets eifrig bemüht. Die Tennisplätze ſuchen, was Schönheit der Lage und tadelloſe Inſtandhaltung an- betrifft, ihresgleichen, ebenſo der weite Golfplatz mit ſeinem ent- zückenden Golfhaus. Zum Rudern und Angeln bietet der 40 Morgen große Teich Gelegenheit. Im Jahre 1913 wurde Bad-Nauheim von 35,000 Kurgäſten beſucht und es ſind 480,000 Bäder abgegeben worden. _

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2023-04-24T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine17_1915
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine17_1915/18
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 17, 24. April 1915, S. Seite 264.[264]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine17_1915/18>, abgerufen am 23.11.2024.