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Allgemeine Zeitung, Nr. 17, 21. Januar 1929.

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erste Seite

[irrelevantes Material]


[Abbildung]
Nr. 17
AZ am Abend
[Spaltenumbruch]
8-Uhr-Abendblatt
Allgemeine Zeitung
132. Jahrgang
[Spaltenumbruch] München
Montag
21. Januar 1929
Druck und Verlag: Allgemeine Druckerei- und Verlags-Aktien-
Gesellschaft. München, Baaderstraße 1a.
/ Redaktion: München,
Baaderstr. 1a./ Telephon 25784, 28784 und 207319 / Postscheckkonto
München 8870 / Verantwortlich für den gesamten Inhalt:
Dr. Rolf Flügel. für Anzeigen M. Girisch. sämtliche in München
[Abbildung]
Die "A Z" erscheint an jed. Wochentag u. kostet im Einzelverkauf 20 Pfg., im
Abonnement 1. München durch d. Träg. M. 2. monatl. bzw. 50 Pfg. wöchentl.,
außerhalb Münchens u. durch b. Post M. 2.40 monatl./ Für D. Oesterr. beträgt
der Einzelpreis 20 Grosch., d. Abonnementpreis Sch. 4. monatl./ Anzeigen-
preis.
Die neunspaltige Millimeterzeile 15 Pfg. im Reklameteil M. 0.50


Der Wettbewerb des Münchner Bundes
Es wird Licht um den Bahnhofplatz
4500 Mark stehen an Preisen zur Verfügung

Ausschreibung noch Ende Januar * Münchner Künstler an die Front


Der Münchner Bund c. V. hat durch den Stadt-
rat, das Staatsministerium für Handel, Industrie
und Gewerbe, die Industrie- und Handelskam-
mer, den Fremdenverkehrsverband, Textil-Einzel-
handel, Reichsverband der Elektroinstallateure,
Kaufhaus Hermann Tietz und Freie Gastwirte-
Innung Mittel zur Verfügung gestellt bekommen,
einen Wettbewerb zu veranstalten. um die Frage
der Lichtreklame in München einer Klärung zu-
zuführen und Ideen für deren Durchführung für
die Allgemeinheit zu gewinnen.

Der Wettbewerb, der sich auf den Bahnhofplatz
und umliegende Straßen bezieht, wird Ende
[Spaltenumbruch] Januar
zur Ausschreibung gelangen, und zwar
für alle Künstler Münchens einschließlich Vororte
(Graphiker, Maler, Architekten u. dgl.). Es stehen
4500 K M. an Preisen zur Verfügung. Erster
Preis 1400 KM. Die Unterlagen sind sehr um-
fangreich und geben vom Stachus bis zur
Paul Heysestraße
die sämtlichen Ansichten
und Straßenbilder in Zeichnungen und Photos
wieder, Preis der Unterlagen 2 M. (zu erhalten
in der Geschäftsstelle des Münchner Bundes, Max
Josephstr. 2/0 r.; sie werden auch gegen Nach-
nahme oder Portoeinsendung von 2.50 M. zuge-
sand).

[Spaltenumbruch]

Im Zusammenhang mit dem Wettbewerb fin-
det ein Vortrag statt über die "Technischen Hilfs-
mittel der Reklamebeleuchtung und Lichtreklame",
deren optische und wirtschaftliche Grundlagen am
Freitag, 25. Januar, abends 8.15 Uhr im Hör-
saal 127 der Technischen Hochschule, Eingang XI,
Theresienstraße. Vortragender Herr Diplom-
ingenieur Rudolf Illersperger.

Wir werden auf das großzügige Projekt, das
ein Zeitbedürfnis ersten Ranges geworden ist und
geeignet erscheint, das Dunkel über München zu
lichten, noch ausführlich zurückkommen.

Schulkreuzer "Emden"
in Neapel
Freundschaftliche Gesten

Unter der Ueberschrift "Deutsch-
italienische Herzlichkeiten" bringt der Neapeler
"Mattino" die Nachricht, daß Admiral Nicastro
und Gemahlin im Admiralitätspalast in Neapel
am letzten Samstag nachmittag einen großen
Tee mit Tanz zu Ehren der deutschen Offiziere
und Seekadetten des Schulkreuzers "Emden"
gaben, wozu auch die Neapeler Gesellschaft ein-
geladen war.



Wirtschaftliche Sorgen
Vierköpfige Familie in den Tod

Eine Familientrgödie hat sich
in der Wiesbadenerstraße in Berlin-Friedenau
zugetragen. Dort wohnt der 47 Jahre alte Ver-
leger Scherer mit seiner 49 Jahre alten Ehe-
frau und zwei neun und sechs Jahre alten Kin-
dern. Scherer hatte für heute früh seine Freunde
zu sich gebeten. Als diese eintrafen, fanden sie
die Tür verschlossen. Die herbeigerufene Polizei
öffnete die Wohnung und fand alle vier
Personen mit Schußwunden im Kopf
und in der Brust tot
auf. Allem Anschein
nach hat Scherer seine Frau und seine Kinder
und dann sich selbst erschossen. Der Beweggrund
zur Tat ist noch nicht ermittelt.

Die Familientragödie ist auf wirtschaftliche
Sorgen des Verlegers Scherer zurückzuführen.
Scherer, der u. a. einen Theaterbilletthandel
unterhielt, hatte gestern abend alle Vorbereitungen
für die Tat getroffen. Wie die Ermittlungen er-
gaben, hat Scherer zuerst seine Frau, dann die
beiden Kinder durch Schüsse getötet.



Die Lage in Afghanistan

"Daily Mail" meldet aus
Lahore, Inayatullah hoffe, mit seinem Bruder
Amanullah zusammenzutreffen, um wil ihm das
Vorgehen gegen Hablbullah zu vereinbaren.

[irrelevantes Material] [Spaltenumbruch]
Diktatur und Streik
Sonderzüge zum Feldarbeiten

Primo de Rivera gegen streikende Bauarbeiter * Das Ultimatum


Ministerpräsident
Primo de Rivera hat der Presse eine Mitteilung
zugehen lassen, in der erklärt wird, daß die Ar-
beiter der im Aufbau begriffenen Internatio-
nalen Ausstellung für billigen Wohnungsbau un-
vermutet in den Streik getreten seien, und daß
bestimmt wird, daß diejenigen, die ihre Arbeit
[Spaltenumbruch] am Montag nicht wieder aufnehmen wollten, am
Dienstag endgültig entlassen und in
Sonderzügen nach den inneren Pro-
vinzen Spaniens befördert
würden,
um dort auf dem Felde zu arbeiten. Barcelona
könne unter den gegenwärtigen Umständen
Arbeitsscheuen und Unruhestiftern kein Obdach
gewähren.



Vier Wochen Verhandlungsdauer
Die Anklageschrift gegen Stinnes
und Genossen

Versuchter Betrug zum Schaden des Reiches


In der großen Schie-
dungsaffäre mit Kriegsanleihe-Neubesitz, in
der Hugo Stinnes jun. und der Berliner
Bankier Kuhnert die Hauptbeschuldigten
sind, hat der Staatsanwalt die von ihm ge-
trennt verfaßten Anklageschriften der Straf-
kammer des Landgerichts I Berlin mit dem
Antrage zugeleitet, gegen die Beschuldigten
das Hauptverfahren wegen ver-
suchten Betruges
zum Schaden des
Reiches vor dem Schöffengericht Berlin-
[Spaltenumbruch] Mitte zu eröffnen. Die eine Anklageschrift
trägt den Titel "Hugo Stinnes und Ge-
nossen", die andere "Kuhnert und Genossen".
Jede der beiden Anklageschriften umfaßt
100 Seiten Schreibmaschinen-Folio-Bogen
und für die beiden Hauptverhandlungen
rechnet die Staatsanwaltschaft mit einer
Verhandlungsdauer von vier Wochen.

Wetterbericht

Wetterlage unverändert.



Der vierte in kurzer Zeit
Wieder ein Gasrohrbruch in Duisburg

Personen nicht zu Schaden gekommen


Ein neuer Gasrohrbruch, und zwar der vierte in verhält-
nismäßig kurzer Zeit, wurde am Sonntag abend im Stadtteil Wanheimer-Ort
gemeldet. Dort nahmen Passanten an der Ecke Markus- und Nikolaistraße Gasgeruch
wahr. Sie benachrichtigten die zuständige Stelle und diese stellte im Beisein von Ver-
tretern der Ruhrgas-A.-G. zwei kleine Risse in der dort liegeuden Fern-
gasleitung
fest.

Die Polizeiverwaltung teilt dazu mit, daß die Ruhrgas-A.-G. sofort mit den erforder-
lichen Abdichtungsacbeiten begonnen hat. Personen sind nicht zu Schaden gekommen.

[Spaltenumbruch]
Wunschzettel

Nein -- um zu beweisen, was der Reichstag
sichten, prüfen, bearbeiten muß, soll man nicht
dickleibige Drucksachen zitieren, Drucksachen, deren
Titel schon abschrecken. Es ist als ein Beispiel
für diese Prüfungs- und Sichtungsarbeit, für den
rein büromäßigen Betrieb, den die Reichstags-
ausschüsse mit ihren Spezialisten aller Parteien
entfalten müssen, ein faßbareres Beispiel, wenn
man die (wieder ein abschreckender Titel) "Ueber-
sicht über Anträge von Ausschüssen des Reichs-
tags über Petitionen" durchblättert. Keine
Furcht -- es ist kein dickleibiges Druckwerk. Es
ist ein Schriftchen von 15 Seiten Umfang, das in
knappster, kürzester Form gegen 500 Petitio-
nen
enthält Das heißt Beschwerden, Wünsche,
Anregungen, Bitten, die einzelne an die höchste
entscheidende Instanz des Reiches, den Reichstag
gerichtet haben. Daß sich darunter zahlreiche un-
glückliche Erfinder befinden, daß man Wünsche
auf Straferlaß, Rechtsschuß usw. findet, ist eine
Selbstverständlichkeit. Aber auch andere Sorgen
werden hier aufgeführt. So macht Herr Leopold
Hoesse aus Mexiko "Vorschläge zur Bewässerung
bzw. Kultivierung der Wüste Sahara". Ein Ober-
ingenieur Flieger beschwert sich über den Herrn
Reichspräsidenten, Herr Willibald Kunze aus
Leipzig findet unter Nr. 1867 seine Petition wie-
der betreffend: "Wiedereinführung der Monarchie
u. a." Schließlich -- um die Auswahl zu Ende
zu führen, nicht weil das Material fehlte --
macht der Stadtoberinspektor Schulz in Wands-
beck "Vorschläge für Maßnahmen zur Verhütung
von Unfällen von Kindern, die durch Herunter-
rutschen an Treppengeländern entstehen."

Das sind auch Reichstagssorgen, denn bei jeder
Petition wird sorgfältig entschieden, ob man sie
der Reichsregierung "zur Erwägung" oder nur
"als Material" oder gar nur "zur Kenntnis-
nahme" überweisen, ob man über die Petition
hinweg "zur Tagesordnung übergehen", sie "als
erledigt erklären" oder "für ungeeignet zur Be-
ratung im Reichstag" bezeichnen soll. Immerhin
-- bei der Entscheidung über diese Wunschzettel
ist der Reichstag souverän, ist er höchste Instanz
und höchsten Instanzen, die mit keiner über-
geordneten Stelle mehr zu rechnen haben, fällt
die Entscheidung meist nicht allzu schwer. Was
aber den Komplex eigentlicher parlamentarischer
Arbeit ausmacht, ist nicht so leicht und bequem
zu entscheiden, denn dabei reiben sich meist eine
ganze Sammlung von Instanzen aneinander.
Daß sich, wenn man nach den Ferien über
Steuerfragen, Haushaltsplan und Finanzausgleich
beraten wird, die Reichsregierung mit dem
Reichsrat, der Reichsrat mit dem Reichstag ver-
uneinigen werden, kann als sicher unterstellt
werden. Die größere Sorge aber ist, wie sich bei
diesem ganzen Komplex die Parteien zu-
einander
verhalten werden, deren Gesamtheit
ja erst den Reichstag ausmacht.

Und hier ist man nicht sehr optimistisch auf-
gelegt, hier versagt auch, wenn es um die Par-
teien- und Wählerinteressen geht, jener Humor,
der die Berichterstattung über Petitionen manch-
mal auszeichnet. Man muß feststellen, daß mit
zunehmender Annäherung des Reichstagsbeginns
die Stimmung unter den Regierungsparteien
immer schärfer und schärfer wird. Die "Ger-
mania", das Berliner Zentrumsorgan, greift den
"Vorwärts" an, der "Vorwärts" attackiert die
"Germania". Das Gegeneinanderspielen von
Zentrum und Sozialdemokratie steht überhaupt
im Vordergrund der parlamentarischen Tätigkeit.
So sehr hat sich der Gegensatz verschärft, der
daraus entstand, daß die beiden Parteien sich
jahrelang um die Arbeiterwähler gestritten haben.

Man beobachtet als eine merkwürdige Erschei-
nung neuerdings in allen Zentrumsorganen
die immer bestimmtere Forderung, daß im jetzigen
Zeitpunkt und noch vor der Verabschiedung der
Steuervorlagen, die feste Große Koalition
kommen müsse. Das steht in einem Gegensatz zu
der bisherigen Haltung des Zentrums, weil ja
bei der Bildung des jetzigen Reichskabinetts und
weil noch lange nachher das Zentrum gar nicht
so große Begeisterung für den Gedanken zeigte,
die volle Verantwortung für die Regierungs-
arbeit zu tragen. Es steht auch in Widerspruch
zu dem Verhalten im Zentrum selbst, das sich
immer noch nicht auf eine bestimmte Persönlich-
keit für den Vorsitz der Reichstagsfraktion einigen
konnte, das also innerlich in Gruppen und Inter-
essenkreise gespalten ist. Aber man findet eine


[irrelevantes Material]


[Abbildung]
Nr. 17
AZ am Abend
[Spaltenumbruch]
8-Uhr-Abendblatt
Allgemeine Zeitung
132. Jahrgang
[Spaltenumbruch] München
Montag
21. Januar 1929
Druck und Verlag: Allgemeine Druckerei- und Verlagſ-Aktien-
Geſellſchaft. München, Baaderſtraße 1a.
/ Redaktion: München,
Baaderſtr. 1a./ Telephon 25784, 28784 und 207319 / Poſtſcheckkonto
München 8870 / Verantwortlich für den geſamten Inhalt:
Dr. Rolf Flügel. für Anzeigen M. Giriſch. ſämtliche in München
[Abbildung]
Die „A Z“ erſcheint an jed. Wochentag u. koſtet im Einzelverkauf 20 Pfg., im
Abonnement 1. München durch d. Träg. M. 2. monatl. bzw. 50 Pfg. wöchentl.,
außerhalb Münchens u. durch b. Poſt M. 2.40 monatl./ Für D. Oeſterr. beträgt
der Einzelpreis 20 Groſch., d. Abonnementpreis Sch. 4. monatl./ Anzeigen-
preis.
Die neunſpaltige Millimeterzeile 15 Pfg. im Reklameteil M. 0.50


Der Wettbewerb des Münchner Bundes
Es wird Licht um den Bahnhofplatz
4500 Mark ſtehen an Preiſen zur Verfügung

Ausſchreibung noch Ende Januar * Münchner Künſtler an die Front


Der Münchner Bund c. V. hat durch den Stadt-
rat, das Staatsminiſterium für Handel, Induſtrie
und Gewerbe, die Induſtrie- und Handelskam-
mer, den Fremdenverkehrsverband, Textil-Einzel-
handel, Reichsverband der Elektroinſtallateure,
Kaufhaus Hermann Tietz und Freie Gaſtwirte-
Innung Mittel zur Verfügung geſtellt bekommen,
einen Wettbewerb zu veranſtalten. um die Frage
der Lichtreklame in München einer Klärung zu-
zuführen und Ideen für deren Durchführung für
die Allgemeinheit zu gewinnen.

Der Wettbewerb, der ſich auf den Bahnhofplatz
und umliegende Straßen bezieht, wird Ende
[Spaltenumbruch] Januar
zur Ausſchreibung gelangen, und zwar
für alle Künſtler Münchens einſchließlich Vororte
(Graphiker, Maler, Architekten u. dgl.). Es ſtehen
4500 K M. an Preiſen zur Verfügung. Erſter
Preis 1400 KM. Die Unterlagen ſind ſehr um-
fangreich und geben vom Stachus bis zur
Paul Heyſeſtraße
die ſämtlichen Anſichten
und Straßenbilder in Zeichnungen und Photos
wieder, Preis der Unterlagen 2 M. (zu erhalten
in der Geſchäftsſtelle des Münchner Bundes, Max
Joſephſtr. 2/0 r.; ſie werden auch gegen Nach-
nahme oder Portoeinſendung von 2.50 M. zuge-
ſand).

[Spaltenumbruch]

Im Zuſammenhang mit dem Wettbewerb fin-
det ein Vortrag ſtatt über die „Techniſchen Hilfs-
mittel der Reklamebeleuchtung und Lichtreklame“,
deren optiſche und wirtſchaftliche Grundlagen am
Freitag, 25. Januar, abends 8.15 Uhr im Hör-
ſaal 127 der Techniſchen Hochſchule, Eingang XI,
Thereſienſtraße. Vortragender Herr Diplom-
ingenieur Rudolf Illerſperger.

Wir werden auf das großzügige Projekt, das
ein Zeitbedürfnis erſten Ranges geworden iſt und
geeignet erſcheint, das Dunkel über München zu
lichten, noch ausführlich zurückkommen.

Schulkreuzer „Emden“
in Neapel
Freundſchaftliche Geſten

Unter der Ueberſchrift „Deutſch-
italieniſche Herzlichkeiten“ bringt der Neapeler
„Mattino“ die Nachricht, daß Admiral Nicaſtro
und Gemahlin im Admiralitätspalaſt in Neapel
am letzten Samstag nachmittag einen großen
Tee mit Tanz zu Ehren der deutſchen Offiziere
und Seekadetten des Schulkreuzers „Emden“
gaben, wozu auch die Neapeler Geſellſchaft ein-
geladen war.



Wirtſchaftliche Sorgen
Vierköpfige Familie in den Tod

Eine Familientrgödie hat ſich
in der Wiesbadenerſtraße in Berlin-Friedenau
zugetragen. Dort wohnt der 47 Jahre alte Ver-
leger Scherer mit ſeiner 49 Jahre alten Ehe-
frau und zwei neun und ſechs Jahre alten Kin-
dern. Scherer hatte für heute früh ſeine Freunde
zu ſich gebeten. Als dieſe eintrafen, fanden ſie
die Tür verſchloſſen. Die herbeigerufene Polizei
öffnete die Wohnung und fand alle vier
Perſonen mit Schußwunden im Kopf
und in der Bruſt tot
auf. Allem Anſchein
nach hat Scherer ſeine Frau und ſeine Kinder
und dann ſich ſelbſt erſchoſſen. Der Beweggrund
zur Tat iſt noch nicht ermittelt.

Die Familientragödie iſt auf wirtſchaftliche
Sorgen des Verlegers Scherer zurückzuführen.
Scherer, der u. a. einen Theaterbilletthandel
unterhielt, hatte geſtern abend alle Vorbereitungen
für die Tat getroffen. Wie die Ermittlungen er-
gaben, hat Scherer zuerſt ſeine Frau, dann die
beiden Kinder durch Schüſſe getötet.



Die Lage in Afghaniſtan

„Daily Mail“ meldet aus
Lahore, Inayatullah hoffe, mit ſeinem Bruder
Amanullah zuſammenzutreffen, um wil ihm das
Vorgehen gegen Hablbullah zu vereinbaren.

[irrelevantes Material] [Spaltenumbruch]
Diktatur und Streik
Sonderzüge zum Feldarbeiten

Primo de Rivera gegen ſtreikende Bauarbeiter * Das Ultimatum


Miniſterpräſident
Primo de Rivera hat der Preſſe eine Mitteilung
zugehen laſſen, in der erklärt wird, daß die Ar-
beiter der im Aufbau begriffenen Internatio-
nalen Ausſtellung für billigen Wohnungsbau un-
vermutet in den Streik getreten ſeien, und daß
beſtimmt wird, daß diejenigen, die ihre Arbeit
[Spaltenumbruch] am Montag nicht wieder aufnehmen wollten, am
Dienstag endgültig entlaſſen und in
Sonderzügen nach den inneren Pro-
vinzen Spaniens befördert
würden,
um dort auf dem Felde zu arbeiten. Barcelona
könne unter den gegenwärtigen Umſtänden
Arbeitsſcheuen und Unruheſtiftern kein Obdach
gewähren.



Vier Wochen Verhandlungsdauer
Die Anklageſchrift gegen Stinnes
und Genoſſen

Verſuchter Betrug zum Schaden des Reiches


In der großen Schie-
dungsaffäre mit Kriegsanleihe-Neubeſitz, in
der Hugo Stinnes jun. und der Berliner
Bankier Kuhnert die Hauptbeſchuldigten
ſind, hat der Staatsanwalt die von ihm ge-
trennt verfaßten Anklageſchriften der Straf-
kammer des Landgerichts I Berlin mit dem
Antrage zugeleitet, gegen die Beſchuldigten
das Hauptverfahren wegen ver-
ſuchten Betruges
zum Schaden des
Reiches vor dem Schöffengericht Berlin-
[Spaltenumbruch] Mitte zu eröffnen. Die eine Anklageſchrift
trägt den Titel „Hugo Stinnes und Ge-
noſſen“, die andere „Kuhnert und Genoſſen“.
Jede der beiden Anklageſchriften umfaßt
100 Seiten Schreibmaſchinen-Folio-Bogen
und für die beiden Hauptverhandlungen
rechnet die Staatsanwaltſchaft mit einer
Verhandlungsdauer von vier Wochen.

Wetterbericht

Wetterlage unverändert.



Der vierte in kurzer Zeit
Wieder ein Gasrohrbruch in Duisburg

Perſonen nicht zu Schaden gekommen


Ein neuer Gasrohrbruch, und zwar der vierte in verhält-
nismäßig kurzer Zeit, wurde am Sonntag abend im Stadtteil Wanheimer-Ort
gemeldet. Dort nahmen Paſſanten an der Ecke Markus- und Nikolaiſtraße Gasgeruch
wahr. Sie benachrichtigten die zuſtändige Stelle und dieſe ſtellte im Beiſein von Ver-
tretern der Ruhrgas-A.-G. zwei kleine Riſſe in der dort liegeuden Fern-
gasleitung
feſt.

Die Polizeiverwaltung teilt dazu mit, daß die Ruhrgas-A.-G. ſofort mit den erforder-
lichen Abdichtungsacbeiten begonnen hat. Perſonen ſind nicht zu Schaden gekommen.

[Spaltenumbruch]
Wunſchzettel

Nein — um zu beweiſen, was der Reichstag
ſichten, prüfen, bearbeiten muß, ſoll man nicht
dickleibige Druckſachen zitieren, Druckſachen, deren
Titel ſchon abſchrecken. Es iſt als ein Beiſpiel
für dieſe Prüfungs- und Sichtungsarbeit, für den
rein büromäßigen Betrieb, den die Reichstags-
ausſchüſſe mit ihren Spezialiſten aller Parteien
entfalten müſſen, ein faßbareres Beiſpiel, wenn
man die (wieder ein abſchreckender Titel) „Ueber-
ſicht über Anträge von Ausſchüſſen des Reichs-
tags über Petitionen“ durchblättert. Keine
Furcht — es iſt kein dickleibiges Druckwerk. Es
iſt ein Schriftchen von 15 Seiten Umfang, das in
knappſter, kürzeſter Form gegen 500 Petitio-
nen
enthält Das heißt Beſchwerden, Wünſche,
Anregungen, Bitten, die einzelne an die höchſte
entſcheidende Inſtanz des Reiches, den Reichstag
gerichtet haben. Daß ſich darunter zahlreiche un-
glückliche Erfinder befinden, daß man Wünſche
auf Straferlaß, Rechtsſchuß uſw. findet, iſt eine
Selbſtverſtändlichkeit. Aber auch andere Sorgen
werden hier aufgeführt. So macht Herr Leopold
Hoeſſe aus Mexiko „Vorſchläge zur Bewäſſerung
bzw. Kultivierung der Wüſte Sahara“. Ein Ober-
ingenieur Flieger beſchwert ſich über den Herrn
Reichspräſidenten, Herr Willibald Kunze aus
Leipzig findet unter Nr. 1867 ſeine Petition wie-
der betreffend: „Wiedereinführung der Monarchie
u. a.“ Schließlich — um die Auswahl zu Ende
zu führen, nicht weil das Material fehlte —
macht der Stadtoberinſpektor Schulz in Wands-
beck „Vorſchläge für Maßnahmen zur Verhütung
von Unfällen von Kindern, die durch Herunter-
rutſchen an Treppengeländern entſtehen.“

Das ſind auch Reichstagsſorgen, denn bei jeder
Petition wird ſorgfältig entſchieden, ob man ſie
der Reichsregierung „zur Erwägung“ oder nur
„als Material“ oder gar nur „zur Kenntnis-
nahme“ überweiſen, ob man über die Petition
hinweg „zur Tagesordnung übergehen“, ſie „als
erledigt erklären“ oder „für ungeeignet zur Be-
ratung im Reichstag“ bezeichnen ſoll. Immerhin
— bei der Entſcheidung über dieſe Wunſchzettel
iſt der Reichstag ſouverän, iſt er höchſte Inſtanz
und höchſten Inſtanzen, die mit keiner über-
geordneten Stelle mehr zu rechnen haben, fällt
die Entſcheidung meiſt nicht allzu ſchwer. Was
aber den Komplex eigentlicher parlamentariſcher
Arbeit ausmacht, iſt nicht ſo leicht und bequem
zu entſcheiden, denn dabei reiben ſich meiſt eine
ganze Sammlung von Inſtanzen aneinander.
Daß ſich, wenn man nach den Ferien über
Steuerfragen, Haushaltsplan und Finanzausgleich
beraten wird, die Reichsregierung mit dem
Reichsrat, der Reichsrat mit dem Reichstag ver-
uneinigen werden, kann als ſicher unterſtellt
werden. Die größere Sorge aber iſt, wie ſich bei
dieſem ganzen Komplex die Parteien zu-
einander
verhalten werden, deren Geſamtheit
ja erſt den Reichstag ausmacht.

Und hier iſt man nicht ſehr optimiſtiſch auf-
gelegt, hier verſagt auch, wenn es um die Par-
teien- und Wählerintereſſen geht, jener Humor,
der die Berichterſtattung über Petitionen manch-
mal auszeichnet. Man muß feſtſtellen, daß mit
zunehmender Annäherung des Reichstagsbeginns
die Stimmung unter den Regierungsparteien
immer ſchärfer und ſchärfer wird. Die „Ger-
mania“, das Berliner Zentrumsorgan, greift den
„Vorwärts“ an, der „Vorwärts“ attackiert die
„Germania“. Das Gegeneinanderſpielen von
Zentrum und Sozialdemokratie ſteht überhaupt
im Vordergrund der parlamentariſchen Tätigkeit.
So ſehr hat ſich der Gegenſatz verſchärft, der
daraus entſtand, daß die beiden Parteien ſich
jahrelang um die Arbeiterwähler geſtritten haben.

Man beobachtet als eine merkwürdige Erſchei-
nung neuerdings in allen Zentrumsorganen
die immer beſtimmtere Forderung, daß im jetzigen
Zeitpunkt und noch vor der Verabſchiedung der
Steuervorlagen, die feſte Große Koalition
kommen müſſe. Das ſteht in einem Gegenſatz zu
der bisherigen Haltung des Zentrums, weil ja
bei der Bildung des jetzigen Reichskabinetts und
weil noch lange nachher das Zentrum gar nicht
ſo große Begeiſterung für den Gedanken zeigte,
die volle Verantwortung für die Regierungs-
arbeit zu tragen. Es ſteht auch in Widerſpruch
zu dem Verhalten im Zentrum ſelbſt, das ſich
immer noch nicht auf eine beſtimmte Perſönlich-
keit für den Vorſitz der Reichstagsfraktion einigen
konnte, das alſo innerlich in Gruppen und Inter-
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[0001] _ [Abbildung] Nr. 17 AZ am Abend 8-Uhr-Abendblatt Allgemeine Zeitung 132. Jahrgang München Montag 21. Januar 1929 Druck und Verlag: Allgemeine Druckerei- und Verlagſ-Aktien- Geſellſchaft. München, Baaderſtraße 1a. / Redaktion: München, Baaderſtr. 1a./ Telephon 25784, 28784 und 207319 / Poſtſcheckkonto München 8870 / Verantwortlich für den geſamten Inhalt: Dr. Rolf Flügel. für Anzeigen M. Giriſch. ſämtliche in München [Abbildung] Die „A Z“ erſcheint an jed. Wochentag u. koſtet im Einzelverkauf 20 Pfg., im Abonnement 1. München durch d. Träg. M. 2. monatl. bzw. 50 Pfg. wöchentl., außerhalb Münchens u. durch b. Poſt M. 2.40 monatl./ Für D. Oeſterr. beträgt der Einzelpreis 20 Groſch., d. Abonnementpreis Sch. 4. monatl./ Anzeigen- preis. Die neunſpaltige Millimeterzeile 15 Pfg. im Reklameteil M. 0.50 Der Wettbewerb des Münchner Bundes Es wird Licht um den Bahnhofplatz 4500 Mark ſtehen an Preiſen zur Verfügung Ausſchreibung noch Ende Januar * Münchner Künſtler an die Front München, 21. Januar Der Münchner Bund c. V. hat durch den Stadt- rat, das Staatsminiſterium für Handel, Induſtrie und Gewerbe, die Induſtrie- und Handelskam- mer, den Fremdenverkehrsverband, Textil-Einzel- handel, Reichsverband der Elektroinſtallateure, Kaufhaus Hermann Tietz und Freie Gaſtwirte- Innung Mittel zur Verfügung geſtellt bekommen, einen Wettbewerb zu veranſtalten. um die Frage der Lichtreklame in München einer Klärung zu- zuführen und Ideen für deren Durchführung für die Allgemeinheit zu gewinnen. Der Wettbewerb, der ſich auf den Bahnhofplatz und umliegende Straßen bezieht, wird Ende Januar zur Ausſchreibung gelangen, und zwar für alle Künſtler Münchens einſchließlich Vororte (Graphiker, Maler, Architekten u. dgl.). Es ſtehen 4500 K M. an Preiſen zur Verfügung. Erſter Preis 1400 KM. Die Unterlagen ſind ſehr um- fangreich und geben vom Stachus bis zur Paul Heyſeſtraße die ſämtlichen Anſichten und Straßenbilder in Zeichnungen und Photos wieder, Preis der Unterlagen 2 M. (zu erhalten in der Geſchäftsſtelle des Münchner Bundes, Max Joſephſtr. 2/0 r.; ſie werden auch gegen Nach- nahme oder Portoeinſendung von 2.50 M. zuge- ſand). Im Zuſammenhang mit dem Wettbewerb fin- det ein Vortrag ſtatt über die „Techniſchen Hilfs- mittel der Reklamebeleuchtung und Lichtreklame“, deren optiſche und wirtſchaftliche Grundlagen am Freitag, 25. Januar, abends 8.15 Uhr im Hör- ſaal 127 der Techniſchen Hochſchule, Eingang XI, Thereſienſtraße. Vortragender Herr Diplom- ingenieur Rudolf Illerſperger. Wir werden auf das großzügige Projekt, das ein Zeitbedürfnis erſten Ranges geworden iſt und geeignet erſcheint, das Dunkel über München zu lichten, noch ausführlich zurückkommen. Schulkreuzer „Emden“ in Neapel Freundſchaftliche Geſten Rom, 21. Jan. Unter der Ueberſchrift „Deutſch- italieniſche Herzlichkeiten“ bringt der Neapeler „Mattino“ die Nachricht, daß Admiral Nicaſtro und Gemahlin im Admiralitätspalaſt in Neapel am letzten Samstag nachmittag einen großen Tee mit Tanz zu Ehren der deutſchen Offiziere und Seekadetten des Schulkreuzers „Emden“ gaben, wozu auch die Neapeler Geſellſchaft ein- geladen war. Wirtſchaftliche Sorgen Vierköpfige Familie in den Tod Berlin, 21. Jan. Eine Familientrgödie hat ſich in der Wiesbadenerſtraße in Berlin-Friedenau zugetragen. Dort wohnt der 47 Jahre alte Ver- leger Scherer mit ſeiner 49 Jahre alten Ehe- frau und zwei neun und ſechs Jahre alten Kin- dern. Scherer hatte für heute früh ſeine Freunde zu ſich gebeten. Als dieſe eintrafen, fanden ſie die Tür verſchloſſen. Die herbeigerufene Polizei öffnete die Wohnung und fand alle vier Perſonen mit Schußwunden im Kopf und in der Bruſt tot auf. Allem Anſchein nach hat Scherer ſeine Frau und ſeine Kinder und dann ſich ſelbſt erſchoſſen. Der Beweggrund zur Tat iſt noch nicht ermittelt. Die Familientragödie iſt auf wirtſchaftliche Sorgen des Verlegers Scherer zurückzuführen. Scherer, der u. a. einen Theaterbilletthandel unterhielt, hatte geſtern abend alle Vorbereitungen für die Tat getroffen. Wie die Ermittlungen er- gaben, hat Scherer zuerſt ſeine Frau, dann die beiden Kinder durch Schüſſe getötet. Die Lage in Afghaniſtan London, 21. Jan. „Daily Mail“ meldet aus Lahore, Inayatullah hoffe, mit ſeinem Bruder Amanullah zuſammenzutreffen, um wil ihm das Vorgehen gegen Hablbullah zu vereinbaren. _ Diktatur und Streik Sonderzüge zum Feldarbeiten Primo de Rivera gegen ſtreikende Bauarbeiter * Das Ultimatum Barcelona, 21, Januar. Miniſterpräſident Primo de Rivera hat der Preſſe eine Mitteilung zugehen laſſen, in der erklärt wird, daß die Ar- beiter der im Aufbau begriffenen Internatio- nalen Ausſtellung für billigen Wohnungsbau un- vermutet in den Streik getreten ſeien, und daß beſtimmt wird, daß diejenigen, die ihre Arbeit am Montag nicht wieder aufnehmen wollten, am Dienstag endgültig entlaſſen und in Sonderzügen nach den inneren Pro- vinzen Spaniens befördert würden, um dort auf dem Felde zu arbeiten. Barcelona könne unter den gegenwärtigen Umſtänden Arbeitsſcheuen und Unruheſtiftern kein Obdach gewähren. Vier Wochen Verhandlungsdauer Die Anklageſchrift gegen Stinnes und Genoſſen Verſuchter Betrug zum Schaden des Reiches Berlin, 21. Januar. In der großen Schie- dungsaffäre mit Kriegsanleihe-Neubeſitz, in der Hugo Stinnes jun. und der Berliner Bankier Kuhnert die Hauptbeſchuldigten ſind, hat der Staatsanwalt die von ihm ge- trennt verfaßten Anklageſchriften der Straf- kammer des Landgerichts I Berlin mit dem Antrage zugeleitet, gegen die Beſchuldigten das Hauptverfahren wegen ver- ſuchten Betruges zum Schaden des Reiches vor dem Schöffengericht Berlin- Mitte zu eröffnen. Die eine Anklageſchrift trägt den Titel „Hugo Stinnes und Ge- noſſen“, die andere „Kuhnert und Genoſſen“. Jede der beiden Anklageſchriften umfaßt 100 Seiten Schreibmaſchinen-Folio-Bogen und für die beiden Hauptverhandlungen rechnet die Staatsanwaltſchaft mit einer Verhandlungsdauer von vier Wochen. Wetterbericht Wetterlage unverändert. Der vierte in kurzer Zeit Wieder ein Gasrohrbruch in Duisburg Perſonen nicht zu Schaden gekommen Duisburg. 21. Januar. Ein neuer Gasrohrbruch, und zwar der vierte in verhält- nismäßig kurzer Zeit, wurde am Sonntag abend im Stadtteil Wanheimer-Ort gemeldet. Dort nahmen Paſſanten an der Ecke Markus- und Nikolaiſtraße Gasgeruch wahr. Sie benachrichtigten die zuſtändige Stelle und dieſe ſtellte im Beiſein von Ver- tretern der Ruhrgas-A.-G. zwei kleine Riſſe in der dort liegeuden Fern- gasleitung feſt. Die Polizeiverwaltung teilt dazu mit, daß die Ruhrgas-A.-G. ſofort mit den erforder- lichen Abdichtungsacbeiten begonnen hat. Perſonen ſind nicht zu Schaden gekommen. Wunſchzettel (Von unſerer Berliner Schriftleitung) Nein — um zu beweiſen, was der Reichstag ſichten, prüfen, bearbeiten muß, ſoll man nicht dickleibige Druckſachen zitieren, Druckſachen, deren Titel ſchon abſchrecken. Es iſt als ein Beiſpiel für dieſe Prüfungs- und Sichtungsarbeit, für den rein büromäßigen Betrieb, den die Reichstags- ausſchüſſe mit ihren Spezialiſten aller Parteien entfalten müſſen, ein faßbareres Beiſpiel, wenn man die (wieder ein abſchreckender Titel) „Ueber- ſicht über Anträge von Ausſchüſſen des Reichs- tags über Petitionen“ durchblättert. Keine Furcht — es iſt kein dickleibiges Druckwerk. Es iſt ein Schriftchen von 15 Seiten Umfang, das in knappſter, kürzeſter Form gegen 500 Petitio- nen enthält Das heißt Beſchwerden, Wünſche, Anregungen, Bitten, die einzelne an die höchſte entſcheidende Inſtanz des Reiches, den Reichstag gerichtet haben. Daß ſich darunter zahlreiche un- glückliche Erfinder befinden, daß man Wünſche auf Straferlaß, Rechtsſchuß uſw. findet, iſt eine Selbſtverſtändlichkeit. Aber auch andere Sorgen werden hier aufgeführt. So macht Herr Leopold Hoeſſe aus Mexiko „Vorſchläge zur Bewäſſerung bzw. Kultivierung der Wüſte Sahara“. Ein Ober- ingenieur Flieger beſchwert ſich über den Herrn Reichspräſidenten, Herr Willibald Kunze aus Leipzig findet unter Nr. 1867 ſeine Petition wie- der betreffend: „Wiedereinführung der Monarchie u. a.“ Schließlich — um die Auswahl zu Ende zu führen, nicht weil das Material fehlte — macht der Stadtoberinſpektor Schulz in Wands- beck „Vorſchläge für Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen von Kindern, die durch Herunter- rutſchen an Treppengeländern entſtehen.“ Das ſind auch Reichstagsſorgen, denn bei jeder Petition wird ſorgfältig entſchieden, ob man ſie der Reichsregierung „zur Erwägung“ oder nur „als Material“ oder gar nur „zur Kenntnis- nahme“ überweiſen, ob man über die Petition hinweg „zur Tagesordnung übergehen“, ſie „als erledigt erklären“ oder „für ungeeignet zur Be- ratung im Reichstag“ bezeichnen ſoll. Immerhin — bei der Entſcheidung über dieſe Wunſchzettel iſt der Reichstag ſouverän, iſt er höchſte Inſtanz und höchſten Inſtanzen, die mit keiner über- geordneten Stelle mehr zu rechnen haben, fällt die Entſcheidung meiſt nicht allzu ſchwer. Was aber den Komplex eigentlicher parlamentariſcher Arbeit ausmacht, iſt nicht ſo leicht und bequem zu entſcheiden, denn dabei reiben ſich meiſt eine ganze Sammlung von Inſtanzen aneinander. Daß ſich, wenn man nach den Ferien über Steuerfragen, Haushaltsplan und Finanzausgleich beraten wird, die Reichsregierung mit dem Reichsrat, der Reichsrat mit dem Reichstag ver- uneinigen werden, kann als ſicher unterſtellt werden. Die größere Sorge aber iſt, wie ſich bei dieſem ganzen Komplex die Parteien zu- einander verhalten werden, deren Geſamtheit ja erſt den Reichstag ausmacht. Und hier iſt man nicht ſehr optimiſtiſch auf- gelegt, hier verſagt auch, wenn es um die Par- teien- und Wählerintereſſen geht, jener Humor, der die Berichterſtattung über Petitionen manch- mal auszeichnet. Man muß feſtſtellen, daß mit zunehmender Annäherung des Reichstagsbeginns die Stimmung unter den Regierungsparteien immer ſchärfer und ſchärfer wird. Die „Ger- mania“, das Berliner Zentrumsorgan, greift den „Vorwärts“ an, der „Vorwärts“ attackiert die „Germania“. Das Gegeneinanderſpielen von Zentrum und Sozialdemokratie ſteht überhaupt im Vordergrund der parlamentariſchen Tätigkeit. So ſehr hat ſich der Gegenſatz verſchärft, der daraus entſtand, daß die beiden Parteien ſich jahrelang um die Arbeiterwähler geſtritten haben. Man beobachtet als eine merkwürdige Erſchei- nung neuerdings in allen Zentrumsorganen die immer beſtimmtere Forderung, daß im jetzigen Zeitpunkt und noch vor der Verabſchiedung der Steuervorlagen, die feſte Große Koalition kommen müſſe. Das ſteht in einem Gegenſatz zu der bisherigen Haltung des Zentrums, weil ja bei der Bildung des jetzigen Reichskabinetts und weil noch lange nachher das Zentrum gar nicht ſo große Begeiſterung für den Gedanken zeigte, die volle Verantwortung für die Regierungs- arbeit zu tragen. Es ſteht auch in Widerſpruch zu dem Verhalten im Zentrum ſelbſt, das ſich immer noch nicht auf eine beſtimmte Perſönlich- keit für den Vorſitz der Reichstagsfraktion einigen konnte, das alſo innerlich in Gruppen und Inter- eſſenkreiſe geſpalten iſt. Aber man findet eine

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2023-01-02T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 17, 21. Januar 1929, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine17_1929/1>, abgerufen am 21.11.2024.