Allgemeine Zeitung, Nr. 18, 22. Januar 1929."AZ am Abend" Nr. 18 Dienstag, den 22. Januar Eine fidele Strafanstalt 21 Beamte von Sonnenburg auf der Anklagebank * Sträflinge als Zeugen * Einer, der seine Ruhe haben wollte In Sonnenburg begann gestern ein Pro- vom Inspektor bis zum Hilfsbeamten. Zeugen sind die Insassen des Zuchthauses, In der Strafanstalt Sonnenburg hatten Korruption und eine derartige Verbindung zwischen den Die Arbeit wird unter Aufsicht der Be- Liebesgaben an ihre Angehörigen nach Hause schicken konnten. Zwischen Be- Diese Zustände, erreichten aber ihren Um ihrer Forderung auf Amnestie Nach- Hungerstreik; eine Reihe von kriminellen Strafgefangenen In dieser Zeit waren die Zustände in der sich im Sonnenburger Anzeiger über Der Mann sagte, er habe zwölf Jahre abzu- Er schreibt u. a.: "Daß eine Strafanstaltsdirektion dem Dieser Schrei einer gequälten Gefangenen- reguläre Gegenoffensive gegen die neuen, scharfen Maßnahmen ein- Da taten sich die Gefangenen zusammen Nun steht diese Angelegenheit zur Ver- Berufungsverhandlung im Langenbach-Prozeß Um die Schuldfrage bei der Eisenbahnkatastrophe vom August 1926 Vor der 4. Straf- Die Vorgeschichte dieses Prozesses ist Am 12. August 1926 entgleiste bei der Das Erweiterte Schöffengericht des Amts- sechs Monaten Gefängnis. Das Gericht erblickte die Fahrlässigkeit darin, Am 4. April 1928 erfolgte vor dem Land- Freispruch unter Aufhebung des Urteils erster Jnstanz. Am 12. Oktober 1928 hob das Reichs- Die Freisprechung sei nicht schlüssig namentlich sei die Frage der Ausstellung König Galomons Lieblingsfrau Entdedung der Grabstätte * Das Hohe Lied der Gattentreue "Daily Mail" gibt eine Meldung des an Pracht die Tutanchamons noch Sie sei mit Gegenständen von wunderbarer von Salomon selbst geschrieben sei und die Tugenden seiner Lieblingsfrau Salomon zu vergiften. Der Papyrus schließt: Als Moti eintrat, Kammerspiele im Schauspielhaus. Am Mitt- Deutsche Stunde in Bayern Mittwoch, den 23. Januar 1929 6.45 Morgengymnastik. Ist der Traum ein Scheidungsgrund? Wenn man im Schlafe spricht, kann das [irrelevantes Material] „AZ am Abend“ Nr. 18 Dienstag, den 22. Januar Eine fidele Strafanſtalt 21 Beamte von Sonnenburg auf der Anklagebank * Sträflinge als Zeugen * Einer, der ſeine Ruhe haben wollte In Sonnenburg begann geſtern ein Pro- vom Inſpektor bis zum Hilfsbeamten. Zeugen ſind die Inſaſſen des Zuchthauſes, In der Strafanſtalt Sonnenburg hatten Korruption und eine derartige Verbindung zwiſchen den Die Arbeit wird unter Aufſicht der Be- Liebesgaben an ihre Angehörigen nach Hauſe ſchicken konnten. Zwiſchen Be- Dieſe Zuſtände, erreichten aber ihren Um ihrer Forderung auf Amneſtie Nach- Hungerſtreik; eine Reihe von kriminellen Strafgefangenen In dieſer Zeit waren die Zuſtände in der ſich im Sonnenburger Anzeiger über Der Mann ſagte, er habe zwölf Jahre abzu- Er ſchreibt u. a.: „Daß eine Strafanſtaltsdirektion dem Dieſer Schrei einer gequälten Gefangenen- reguläre Gegenoffenſive gegen die neuen, ſcharfen Maßnahmen ein- Da taten ſich die Gefangenen zuſammen Nun ſteht dieſe Angelegenheit zur Ver- Berufungsverhandlung im Langenbach-Prozeß Um die Schuldfrage bei der Eiſenbahnkataſtrophe vom Auguſt 1926 Vor der 4. Straf- Die Vorgeſchichte dieſes Prozeſſes iſt Am 12. Auguſt 1926 entgleiſte bei der Das Erweiterte Schöffengericht des Amts- ſechs Monaten Gefängnis. Das Gericht erblickte die Fahrläſſigkeit darin, Am 4. April 1928 erfolgte vor dem Land- Freiſpruch unter Aufhebung des Urteils erſter Jnſtanz. Am 12. Oktober 1928 hob das Reichs- Die Freiſprechung ſei nicht ſchlüſſig namentlich ſei die Frage der Ausſtellung König Galomons Lieblingsfrau Entdedung der Grabſtätte * Das Hohe Lied der Gattentreue „Daily Mail“ gibt eine Meldung des an Pracht die Tutanchamons noch Sie ſei mit Gegenſtänden von wunderbarer von Salomon ſelbſt geſchrieben ſei und die Tugenden ſeiner Lieblingsfrau Salomon zu vergiften. Der Papyrus ſchließt: Als Moti eintrat, Kammerſpiele im Schauſpielhaus. Am Mitt- Deutsche Stunde in Bayern Mittwoch, den 23. Januar 1929 6.45 Morgengymnaſtik. Iſt der Traum ein Scheidungsgrund? Wenn man im Schlafe ſpricht, kann das [irrelevantes Material] <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <pb facs="#f0010" n="10"/> <fw place="top" type="header">„AZ am Abend“ Nr. 18 Dienstag, den 22. Januar</fw><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine fidele Strafanſtalt</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">21 Beamte von Sonnenburg auf der Anklagebank * Sträflinge als Zeugen * Einer, der ſeine Ruhe haben wollte</hi> </p> </argument><lb/> <p>In Sonnenburg begann geſtern ein Pro-<lb/> zeß, wie er wohl vor deutſchen Gerichten<lb/> noch nicht ſtattgefunden hat. Angeklagt ſind<lb/> 21 Beamte der Strafanſtalt Sonnenburg.</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">vom Inſpektor bis zum Hilfsbeamten.</hi> </hi> </p><lb/> <p>Zeugen ſind die Inſaſſen des Zuchthauſes,<lb/> ſchwere Verbrecher, von denen viele zu le-<lb/> benslänglicher Strafe verurteilt ſind. Der<lb/> Prozeß wird unmögliche Zuſtände beleuch-<lb/> ten, die ſich durch viele Jahre in der Straf-<lb/> anſtalt entwickelt haben, bis ein neuer ener-<lb/> giſcher Direktor ihnen ein Ende machte. Die<lb/> Beamten ſind angeklagt teils des Diebſtahls,<lb/> teils der Hehlerei und der Verleitung zum<lb/> Meineide. Die Verhandlung findet vor dem<lb/> Großen Schöffengericht Küſtrin ſtatt und iſt<lb/> nach Sonnenburg in die Kirche des Zucht-<lb/> hauſes verlegt worden.</p><lb/> <p>In der Strafanſtalt Sonnenburg hatten<lb/> ſich Zuſtände herausgebildet, mit denen das<lb/> fidele Gefängnis in der Fledermaus kaum<lb/> mitkommen kann. Es war ſchließlich eine<lb/> derartige</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Korruption</hi> </hi> </p><lb/> <p>und eine derartige Verbindung zwiſchen den<lb/> Sträflingen und Beamten zuſtande gekom-<lb/> men, daß man nicht mehr wußte, wer der<lb/> eigentliche Herr dieſer Strafanſtalt war. Im<lb/> Zuchthauſe werden ehemalige Heeresbeſtände<lb/> umgearbeitet und dann wieder verwertet.<lb/> Eine Firma Schwarzſchild übernimmt von<lb/> der Juſtizverwaltung dieſe Beſtände und läßt<lb/> ſie durch Zuchthaus-Inſaſſen umarbeiten.</p><lb/> <p>Die Arbeit wird unter Aufſicht der Be-<lb/> amten gemacht. Wie dieſe Aufſicht durchge-<lb/> führt worden ſein muß, beweiſt, daß in<lb/> Sonnenburg ein ſchwunghafter Handel mit<lb/> Gegenſtänden aus dieſen Beſtänden getrie-<lb/> ben wurde. Ja, es ging ſo weit, das Zucht-<lb/> haus-Inſaſſen, und zwar ſolche, die zu lebens-<lb/> länglichem Zuchthaus verurteilt waren, aus<lb/> der Strafanſtalt heraus</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Liebesgaben an ihre Angehörigen</hi> </hi> </p><lb/> <p>nach Hauſe ſchicken konnten. Zwiſchen Be-<lb/> amten und Sträflingen herrſchte ein äußerſt<lb/> freundliches Verhältnis. Ein Reviſions-<lb/> beamter bemerkte einmal, als er das Zucht-<lb/> haus revidieren wollte, in einer in der Nähe<lb/> liegenden Kneipe zwei Aufſeher mit meh-<lb/> reren Zuchthäuslern, die ſangen und tranken.</p><lb/> <p>Dieſe Zuſtände, erreichten aber ihren<lb/> Höhepunkt, als <hi rendition="#g">Max Hölz,</hi> der Kommu-<lb/> niſtenführer, nach Sonnenburg kam. Hölz,<lb/> deſſen Fall ja ganz abſonderlich lag, erhielt<lb/> ſo viele Begünſtigungen, daß die anderen<lb/> politiſchen Gefangenen Krach machten und<lb/> die gleichen Vergünſtigungen für ſich in An-<lb/> ſpruch nahmen. Als dann die Amneſtie der<lb/> politiſchen Verbrecher nicht ſchnell genug<lb/> vom Reichstag angenommen wurde, wurde<lb/> großer Krawall verübt.</p><lb/> <p>Um ihrer Forderung auf Amneſtie Nach-<lb/> druck zu verleihen, begannen die politiſchen<lb/> Gefangenen einen</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Hungerſtreik;</hi> </hi> </p><lb/> <p>eine Reihe von kriminellen Strafgefangenen<lb/> ſchloſſen ſich ihnen an. Der Hungerſtreik<lb/> wurde beendet, als der Reichstag die Amne-<lb/> ſtie angenommen hatte. Jetzt ſetzte eine un-<lb/> geheure Enttäuſchung bei den anderen Ge-<lb/> ſangenen ein, denn dieſe Verbrecher waren<lb/> nicht amneſtiert worden. Es kam zu ſchweren<lb/> Ausſchreitungen, die ſich ſelbſt damit nicht<lb/> aus der Welt ſchaffen ließen, daß man den<lb/> Gefangenen nach Beendigung des Streiks<lb/> ſogar Zuſatznahrung gab.</p><lb/> <p>In dieſer Zeit waren die Zuſtände in der<lb/> Strafanſtalt ſelbſt einigen Gefangenen zuviel<lb/> geworden. Man wird es kaum für möglich<lb/> halten, aber es iſt das Tollſte an der gan-<lb/> zen Groteske: ein zu 12 Jahren Zuchthaus<lb/> Verurteilter brachte es fertig, das Manu-<lb/> ſkript eines Artikels unbeobachtet aus dem<lb/> Zuchthaus zu bringen und</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">ſich im Sonnenburger Anzeiger über<lb/> dieſe Zuſtände zu beſchweren.</hi> </hi> </p><lb/> <p>Der Mann ſagte, er habe zwölf Jahre abzu-<lb/> ſitzen — allerdings wie er glaubt, durch ein<lb/> Fehlurteil —, aber er verlangt, daß er Ruhe<lb/> bekäme. Dieſer Lärm und dieſer Krach, der<lb/> durch Hölz verurſacht wurde, laſſe ſich nicht<lb/> mit der ſtrengen Zuchthausordnung verein-<lb/> baren.</p><lb/> <p>Er ſchreibt u. a.:</p><lb/> <cit> <quote>„Daß eine Strafanſtaltsdirektion dem<lb/> rowdiehaften Treiben einer Anzahl Ge-<lb/> ſangener nicht entgegenwirkt, daß ſie durch<lb/> ihre Paſſivität die Rädelsführer geradezu<lb/> aufmuntert, in ihrem zügelloſen Treiben<lb/> fortzufahren, wie ſie geduldig zuhört, wie<lb/> Staat, Volk, Beamte, Gefangene maßlos<lb/> beſchimpt werden, daß ſie ſich weigert, die<lb/><cb/> geſetzwidrigen Zuſtände zu beſeitigen und<lb/> zu verhüten, das alles kann nicht zur Auf-<lb/> rechterhaltung der Zuchthausordnung, zur<lb/> geiſtigen und ſittlichen Hebung der Ge-<lb/> fangenen, zur Erziehung zu einem geord-<lb/> neten, geſetzmäßigen Leben dienen, wie es<lb/> ſo ſchön im § 5 der Dienſtpflichtordnung<lb/> heißt.“</quote> </cit><lb/> <cit> <quote>Dieſer Schrei einer gequälten Gefangenen-<lb/> ſeele verhallte nicht ungehört. Es wurde<lb/> ein Wechſel in der Direktion der Anſtalt vor-<lb/> genommen, und nun hörte auf einmal das<lb/> gute Leben auf. Die Skandalſzenen, die ſich<lb/> jetzt abſpielten, waren ungeheuerlich. Man<lb/> hörte auf der Straße, wie Beamte, die über<lb/> den Hof gingen, vom Fenſter aus beſchimpft<lb/> wurden. Es wurde eine</quote> </cit><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">reguläre Gegenoffenſive</hi> </hi> </p><lb/> <p>gegen die neuen, ſcharfen Maßnahmen ein-<lb/> geleitet, aber die Direktion gab nicht nach.<lb/><cb/> Die ganze Strenge der Hausordnung wurde<lb/> wieder eingeführt.</p><lb/> <p>Da taten ſich die Gefangenen zuſammen<lb/> und verfaßten eine Liſte der „Strolche“, wie<lb/> ſie die Beamten nannten. Auf dieſer Liſte<lb/> ſtanden etwa 40 Beamte, und zwar diejeni-<lb/> gen, die jetzt beſonders ſtreng waren. Es<lb/> wurde behauptet, daß dieſe Beamten mit<lb/> dem ehemaligen Heeresgut Schiebungen un-<lb/> ternommen hätten. Hausſuchungen bei den<lb/> Beſchuldigten hatten aber keinerlei Ergebnis,<lb/> und als Belaſtungszeugen gab es nur die Ge-<lb/> fangenen, darunter ein halbes Dutzend Le-<lb/> benslänglicher, die zum Termin zur Verneh-<lb/> mung geführt wurden.</p><lb/> <p>Nun ſteht dieſe Angelegenheit zur Ver-<lb/> handlung. Man hat damals die ſchwerſten<lb/> Verbrecher auf die verſchiedenen Strafanſtal-<lb/> ten im Lande verteilt. Jetzt rollen ſie von<lb/> überall heran, um Zeugnis gegen ihre<lb/> früheren Beamten abzulegen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Berufungsverhandlung<lb/> im Langenbach-Prozeß</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">Um die Schuldfrage bei der Eiſenbahnkataſtrophe vom Auguſt 1926</hi> </p> </argument><lb/> <dateline><hi rendition="#b">München,</hi> 21. Januar.</dateline><lb/> <p>Vor der 4. Straf-<lb/> kammer des Landgerichts München <hi rendition="#aq">I</hi> be-<lb/> gann geſtern die Berufungsverhandlung im<lb/> Langenbach-Prozeß unter dem Vorſitz des<lb/> Landgerichtsdirektors <hi rendition="#g">Eibecker</hi>. Die Ver-<lb/> teidigung liegt in den Händen des Rechts-<lb/> anwalts Bandorf.</p><lb/> <p>Die Vorgeſchichte dieſes Prozeſſes iſt<lb/> kurz folgende:</p><lb/> <p>Am 12. Auguſt 1926 entgleiſte bei der<lb/> Durchfahrt durch die Station Langenbach<lb/> bei Freiſing der beſchleunigte Perſonenzug<lb/> Regensburg—München. Das Unglück for-<lb/> derte zwölf Tote und 98 Verletzte. Urſache<lb/> der Kataſtrophe war das Abſpringen einer<lb/> Schraubenzwinge, durch die anläßlich des<lb/> Weichenumbaues des Einfahrtsgleiſes eine<lb/> Weichenzunge befeſtigt war. Verantwortlich<lb/> war der Rottenführer Johann <hi rendition="#g">Förtſch</hi>.</p><lb/> <p>Das Erweiterte Schöffengericht des Amts-<lb/> gerichts Freiſing verurteilte Förlſch am 10.<lb/> November 1927 nach dreitägiger Verhand-<lb/> lung wegen fahrläſſiger Tötung und fahr-<lb/> läſſiger Körperverletzung zu</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">ſechs Monaten Gefängnis.</hi> </hi> </p><lb/> <p>Das Gericht erblickte die Fahrläſſigkeit darin,<lb/> daß Förtſch zur Befeſtigung der Weichen-<lb/> zunge nicht, wie ſonſt üblich, eine paſſende<lb/> Laſche verwendet hatte, ſondern die Schrau-<lb/> benſpindel, die als Sicherungsvorrichtung<lb/> noch nicht erprobt war. Zumindeſt hätte er<lb/><cb/> wegen der Nichterprobung vorſichtig ſein<lb/> müſſen und den Zug nicht mit 75 Kilometer<lb/> Geſchwindigkeit die Stelle paſſieren laſſen<lb/> dürfen, alſo ein Langſamfahrtſignal aus-<lb/> ſtellen müſſen. Der Verurteilte legte Be-<lb/> rufung gegen dieſes Urteil ein.</p><lb/> <p>Am 4. April 1928 erfolgte vor dem Land-<lb/> gericht München <hi rendition="#aq">II</hi></p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Freiſpruch</hi> </hi> </p><lb/> <p>unter Aufhebung des Urteils erſter Jnſtanz.<lb/> In der Begründung hieß es: Das Anbrin-<lb/> gen der Zwinge ſei verfehlt und keine ge-<lb/> nügende Sicherheit geweſen, aber der An-<lb/> geklagte hätte doch der Meinung ſein kön-<lb/> nen, daß dieſe Sicherungsart den Zweck er-<lb/> fülle.</p><lb/> <p>Am 12. Oktober 1928 hob das Reichs-<lb/> gericht dies freiſprechende Urteil auf und<lb/> verwies die Sache an das Landgericht Mün-<lb/> chen <hi rendition="#aq">I</hi> mit der folgenden Begründung:</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Die Freiſprechung ſei nicht ſchlüſſig<lb/> begründet worden,</hi> </hi> </p><lb/> <p>namentlich ſei die Frage der Ausſtellung<lb/> eines Langſamfahrtſignals unentſchieden ge-<lb/> laſſen, weil nicht feſtgeſtellt wurde, inwie-<lb/> weit das Nichtausſtecken eines ſolchen Si-<lb/> gnals für das Unglück und ſeine Folgen ur-<lb/> ſächlich geweſen ſei. Die Rechtsgrundſätze<lb/> des urſächlichen Zuſammenhangs ſeien hier<lb/> verkannt worden.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">König Galomons Lieblingsfrau</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">Entdedung der Grabſtätte * Das Hohe Lied der Gattentreue</hi> </p> </argument><lb/> <cb/> <p>„Daily Mail“ gibt eine Meldung des<lb/> ägyptiſchen Blattes „Al Mokattam“ wieder,<lb/> wonach in Jeruſalem eine Grabſtätte mit<lb/> der Mumie der ägyptiſchen Lieblingsfrau<lb/> des Königs Salomo entdeckt worden ſein<lb/> ſoll. Die Grabkammer ſoll</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">an Pracht die Tutanchamons noch<lb/> übertrefſen.</hi> </hi> </p><lb/> <p>Sie ſei mit Gegenſtänden von wunderbarer<lb/> Schönheit und von großem Wert gefüllt.<lb/> Die Mumie liege in einem goldenen Sarge<lb/> und ſei in mit Edelſteinen verzierte Decken<lb/> gehüllt. An den Fingern trage ſie mehrere<lb/> Ringe, auf dem Kopf eine Krone mit<lb/> Saphiren, Smaragden und Perlen. Mit<lb/> der Mumie ſei eine hebräiſche Papyrus-<lb/> rolle begraben worden, die, wie man an-<lb/> nehme,</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">von Salomon ſelbſt geſchrieben</hi> </hi> </p><lb/> <p>ſei und die Tugenden ſeiner Lieblingsfrau<lb/> rühme. Dem Papyrus zufolge iſt die Frau<lb/> Salomons, deren Mädchenname Moti Ma-<lb/> ris war und die aus Memphis ſtammte, im<lb/> 36. Jahre ſeiner Herrſchaft geſtorben und<lb/> unter ihrem Palaſte begraben worden,<lb/> „nachdem ſie ſich für ihren Mann geopfert<lb/> hatte.“ Der Papyrus berichtet weiter, daß<lb/> König Salomo aus Liebe zu ihr in Aner-<lb/> kennung ihrer Treue und Selbſtaufopferung<lb/> ihr eigenhändig die herrlichen Krone aufs<lb/> Haupt geſetzt habe, die ihm von ſeinem<lb/> Volke am 25. Jahrestage ſeiner Thron-<lb/> beſteigung überreicht worden war. — Wei-<lb/> ter berichtet der Papyrus. Drei Monate vor<lb/> dem Tode der Lieblingsfrau ſei Amento,<lb/> der Vater der Frau Salomons, aus Aegyp-<lb/> ten gekommen, beladen mit Geſchenken, aber<lb/> in der geheimen Abſicht, Salomo vom<lb/> Throne zu ſtoßen und das Land im Namen<lb/><cb/> des Königs von Aegypten in Beſitz zu neh-<lb/> men. Eines Tages erſuchte Amento um eine<lb/> Privatunterhaltung mit Salomo, nachdem<lb/> er vorher ſeiner Tochter Moti befohlen habe,</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Salomon zu vergiften.</hi> </hi> </p><lb/> <p>Der Papyrus ſchließt: Als Moti eintrat,<lb/> Becher und Wein tragend, argwöhnte ich<lb/> nicht Verrat, obwohl ich bemerkte, daß ſie<lb/> totenbleich war. Als Moti den Wein in die<lb/> Becher goß, bemerkte ich, daß Amento ſeine<lb/> Hand nicht nach ſeinem Becher ausſtreckte.<lb/> Trotzdem hob ich, noch immer ohne Arg-<lb/> wohn, den Becher an meine Lippen. In<lb/> dieſem Augenblick entriß mir Moti, die ne-<lb/> ben mir ſtand, den Becher und trank den<lb/> Wein ſelbſt. Einige Minuten blieb ſie ſtehen,<lb/> der Vater floh mit einem Schrei der Wut<lb/> aus dem Zimmer. Kurz darauf ſank Moti<lb/> ſterbend in meine Arme. Der tückiſche<lb/> Amento verſuchte, ſich zu vergiſten. Aber<lb/> ſeine Tochter Moti, meine geliebte Frau,<lb/> rettete mein Leben unter Aufopferung ihres<lb/> eigenen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Kammerſpiele im Schauſpielhaus.</hi> </head><lb/> <p>Am Mitt-<lb/> woch, den 23. Januar wird Karl Zuckmayers<lb/> „<hi rendition="#g">Fröhlicher Weinberg</hi>“ mit Otto Framer<lb/> wieder in den Spielplan der Kammerſpiele auf-<lb/> genommen. Beginn 7½ Uhr. Das Stück wird<lb/> dann am Donnerstag, 24., Freitag, 25., und<lb/> Sonntag, 27. Januar, jeweils 7½ Uhr abends<lb/> wiederholt.</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Deutsche Stunde in Bayern</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p> <hi rendition="#g">Mittwoch, den 23. Januar 1929</hi> </p><lb/> <p>6.45 Morgengymnaſtik.<lb/> 12.55 Nürnberger Sendung: <hi rendition="#b">Mittagskonzert.</hi> Aus-<lb/> geführt mit Schallplatten im Muſikhaus<lb/> H. Bernhard, Nürnberg. Fürthorſtraße 35.<lb/> 15.30 Gedichte von Rainer Maria Rilke. Geſpro-<lb/> chen von Albert Fiſchel (Staatstheater<lb/> München).<lb/> 16.00 Unterhaltungskonzert des Kammerquarletts<lb/> Anny Roſenderger.<lb/> 17.00 Kinderſtunde.<lb/> 17.45 Jugendſtunde.<lb/> 19.00 Das öſterreichiſche Burgenland. Vortrag v.<lb/> Landeshauptmann Ludwig Leſer.<lb/> 19.30 Rheinlſcher Abend. Das Rundfunkorcheſter<lb/> unter Leitung von Kurt Paſtor. Mitwir-<lb/> kend Carlos Llach. Am Flügel: Richard<lb/> Staab.<lb/> 21.00 Leſeſtunde.<lb/> 21.30 Kammermuſikſtunde. Das Birkigt-Streich-<lb/> quartett.<lb/> 22.30 Abendmeldungen. Anſchließend bis 24.00<lb/> Tanzmuſik Kapelle Max Müller (Köln).<lb/> Uebertragung a. d. Odeon-Kaſino, München.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Iſt der Traum ein Scheidungsgrund?</hi> </head><lb/> <p>Wenn man im Schlafe ſpricht, kann das<lb/> bekanntlich recht peinlich werden, beſonders<lb/> wenn ein eiferſüchtiger Ehegatte ſchlaflos<lb/> lauſcht. Recht unerwünſchte Töne hörte ein<lb/> Bürger der Stadt Wentuky in Pennſylva-<lb/> nien namens Hermann Silbermann von<lb/> dem Bette ſeiner Gattin her. Die junge<lb/> Dame wiederholte in ihrem Schlaf mehrere<lb/> Male mit zärllichſter Stimme die Silbe<lb/> „Alph“ Da ein junger Herr, der Frau<lb/> Silbermann eifrig den Hof machte und auch<lb/> von ihr ſchon manche Gunſtbezeigung er-<lb/> halten hatte, auf dieſen Koſenamen hörte,<lb/> hielt der eiferſüchtige Ehemann die Schuld<lb/> ſeiner Frau für erwieſen, und beantragte<lb/> die Scheidung. Aber die amerikaniſchen<lb/> Richter waren nicht ſo hitzig wie der wut-<lb/> entbrannte Gatte. Sie erklärten, daß der<lb/> Traum kein genügender Beweis für einen<lb/> Ehemann ſei, und da ſich der jungen Frau<lb/> ſonſt nichts Schwerwiegendes nachweiſen<lb/> ließ, ſo wurde die Klage abgewieſen. Wie<lb/> die „Comoedie“ dazu bemerkt. iſt ein fran-<lb/> zöſiſches Gericht anderer Anſicht geweſen.<lb/> Es hat einmal eine Ehe geſchieden, weil der<lb/> Mann, der ſeine Frau offenſichtlich vernach-<lb/> läſſigte, im Schlaf die Namen mehrerer<lb/> Frauen ausſprach und dazu leidenſchaftliche<lb/> Liebkoſungen ſtammelte.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jAn" n="2"> <gap reason="insignificant"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0010]
„AZ am Abend“ Nr. 18 Dienstag, den 22. Januar
Eine fidele Strafanſtalt
21 Beamte von Sonnenburg auf der Anklagebank * Sträflinge als Zeugen * Einer, der ſeine Ruhe haben wollte
In Sonnenburg begann geſtern ein Pro-
zeß, wie er wohl vor deutſchen Gerichten
noch nicht ſtattgefunden hat. Angeklagt ſind
21 Beamte der Strafanſtalt Sonnenburg.
vom Inſpektor bis zum Hilfsbeamten.
Zeugen ſind die Inſaſſen des Zuchthauſes,
ſchwere Verbrecher, von denen viele zu le-
benslänglicher Strafe verurteilt ſind. Der
Prozeß wird unmögliche Zuſtände beleuch-
ten, die ſich durch viele Jahre in der Straf-
anſtalt entwickelt haben, bis ein neuer ener-
giſcher Direktor ihnen ein Ende machte. Die
Beamten ſind angeklagt teils des Diebſtahls,
teils der Hehlerei und der Verleitung zum
Meineide. Die Verhandlung findet vor dem
Großen Schöffengericht Küſtrin ſtatt und iſt
nach Sonnenburg in die Kirche des Zucht-
hauſes verlegt worden.
In der Strafanſtalt Sonnenburg hatten
ſich Zuſtände herausgebildet, mit denen das
fidele Gefängnis in der Fledermaus kaum
mitkommen kann. Es war ſchließlich eine
derartige
Korruption
und eine derartige Verbindung zwiſchen den
Sträflingen und Beamten zuſtande gekom-
men, daß man nicht mehr wußte, wer der
eigentliche Herr dieſer Strafanſtalt war. Im
Zuchthauſe werden ehemalige Heeresbeſtände
umgearbeitet und dann wieder verwertet.
Eine Firma Schwarzſchild übernimmt von
der Juſtizverwaltung dieſe Beſtände und läßt
ſie durch Zuchthaus-Inſaſſen umarbeiten.
Die Arbeit wird unter Aufſicht der Be-
amten gemacht. Wie dieſe Aufſicht durchge-
führt worden ſein muß, beweiſt, daß in
Sonnenburg ein ſchwunghafter Handel mit
Gegenſtänden aus dieſen Beſtänden getrie-
ben wurde. Ja, es ging ſo weit, das Zucht-
haus-Inſaſſen, und zwar ſolche, die zu lebens-
länglichem Zuchthaus verurteilt waren, aus
der Strafanſtalt heraus
Liebesgaben an ihre Angehörigen
nach Hauſe ſchicken konnten. Zwiſchen Be-
amten und Sträflingen herrſchte ein äußerſt
freundliches Verhältnis. Ein Reviſions-
beamter bemerkte einmal, als er das Zucht-
haus revidieren wollte, in einer in der Nähe
liegenden Kneipe zwei Aufſeher mit meh-
reren Zuchthäuslern, die ſangen und tranken.
Dieſe Zuſtände, erreichten aber ihren
Höhepunkt, als Max Hölz, der Kommu-
niſtenführer, nach Sonnenburg kam. Hölz,
deſſen Fall ja ganz abſonderlich lag, erhielt
ſo viele Begünſtigungen, daß die anderen
politiſchen Gefangenen Krach machten und
die gleichen Vergünſtigungen für ſich in An-
ſpruch nahmen. Als dann die Amneſtie der
politiſchen Verbrecher nicht ſchnell genug
vom Reichstag angenommen wurde, wurde
großer Krawall verübt.
Um ihrer Forderung auf Amneſtie Nach-
druck zu verleihen, begannen die politiſchen
Gefangenen einen
Hungerſtreik;
eine Reihe von kriminellen Strafgefangenen
ſchloſſen ſich ihnen an. Der Hungerſtreik
wurde beendet, als der Reichstag die Amne-
ſtie angenommen hatte. Jetzt ſetzte eine un-
geheure Enttäuſchung bei den anderen Ge-
ſangenen ein, denn dieſe Verbrecher waren
nicht amneſtiert worden. Es kam zu ſchweren
Ausſchreitungen, die ſich ſelbſt damit nicht
aus der Welt ſchaffen ließen, daß man den
Gefangenen nach Beendigung des Streiks
ſogar Zuſatznahrung gab.
In dieſer Zeit waren die Zuſtände in der
Strafanſtalt ſelbſt einigen Gefangenen zuviel
geworden. Man wird es kaum für möglich
halten, aber es iſt das Tollſte an der gan-
zen Groteske: ein zu 12 Jahren Zuchthaus
Verurteilter brachte es fertig, das Manu-
ſkript eines Artikels unbeobachtet aus dem
Zuchthaus zu bringen und
ſich im Sonnenburger Anzeiger über
dieſe Zuſtände zu beſchweren.
Der Mann ſagte, er habe zwölf Jahre abzu-
ſitzen — allerdings wie er glaubt, durch ein
Fehlurteil —, aber er verlangt, daß er Ruhe
bekäme. Dieſer Lärm und dieſer Krach, der
durch Hölz verurſacht wurde, laſſe ſich nicht
mit der ſtrengen Zuchthausordnung verein-
baren.
Er ſchreibt u. a.:
„Daß eine Strafanſtaltsdirektion dem
rowdiehaften Treiben einer Anzahl Ge-
ſangener nicht entgegenwirkt, daß ſie durch
ihre Paſſivität die Rädelsführer geradezu
aufmuntert, in ihrem zügelloſen Treiben
fortzufahren, wie ſie geduldig zuhört, wie
Staat, Volk, Beamte, Gefangene maßlos
beſchimpt werden, daß ſie ſich weigert, die
geſetzwidrigen Zuſtände zu beſeitigen und
zu verhüten, das alles kann nicht zur Auf-
rechterhaltung der Zuchthausordnung, zur
geiſtigen und ſittlichen Hebung der Ge-
fangenen, zur Erziehung zu einem geord-
neten, geſetzmäßigen Leben dienen, wie es
ſo ſchön im § 5 der Dienſtpflichtordnung
heißt.“
Dieſer Schrei einer gequälten Gefangenen-
ſeele verhallte nicht ungehört. Es wurde
ein Wechſel in der Direktion der Anſtalt vor-
genommen, und nun hörte auf einmal das
gute Leben auf. Die Skandalſzenen, die ſich
jetzt abſpielten, waren ungeheuerlich. Man
hörte auf der Straße, wie Beamte, die über
den Hof gingen, vom Fenſter aus beſchimpft
wurden. Es wurde eine
reguläre Gegenoffenſive
gegen die neuen, ſcharfen Maßnahmen ein-
geleitet, aber die Direktion gab nicht nach.
Die ganze Strenge der Hausordnung wurde
wieder eingeführt.
Da taten ſich die Gefangenen zuſammen
und verfaßten eine Liſte der „Strolche“, wie
ſie die Beamten nannten. Auf dieſer Liſte
ſtanden etwa 40 Beamte, und zwar diejeni-
gen, die jetzt beſonders ſtreng waren. Es
wurde behauptet, daß dieſe Beamten mit
dem ehemaligen Heeresgut Schiebungen un-
ternommen hätten. Hausſuchungen bei den
Beſchuldigten hatten aber keinerlei Ergebnis,
und als Belaſtungszeugen gab es nur die Ge-
fangenen, darunter ein halbes Dutzend Le-
benslänglicher, die zum Termin zur Verneh-
mung geführt wurden.
Nun ſteht dieſe Angelegenheit zur Ver-
handlung. Man hat damals die ſchwerſten
Verbrecher auf die verſchiedenen Strafanſtal-
ten im Lande verteilt. Jetzt rollen ſie von
überall heran, um Zeugnis gegen ihre
früheren Beamten abzulegen.
Berufungsverhandlung
im Langenbach-Prozeß
Um die Schuldfrage bei der Eiſenbahnkataſtrophe vom Auguſt 1926
München, 21. Januar.
Vor der 4. Straf-
kammer des Landgerichts München I be-
gann geſtern die Berufungsverhandlung im
Langenbach-Prozeß unter dem Vorſitz des
Landgerichtsdirektors Eibecker. Die Ver-
teidigung liegt in den Händen des Rechts-
anwalts Bandorf.
Die Vorgeſchichte dieſes Prozeſſes iſt
kurz folgende:
Am 12. Auguſt 1926 entgleiſte bei der
Durchfahrt durch die Station Langenbach
bei Freiſing der beſchleunigte Perſonenzug
Regensburg—München. Das Unglück for-
derte zwölf Tote und 98 Verletzte. Urſache
der Kataſtrophe war das Abſpringen einer
Schraubenzwinge, durch die anläßlich des
Weichenumbaues des Einfahrtsgleiſes eine
Weichenzunge befeſtigt war. Verantwortlich
war der Rottenführer Johann Förtſch.
Das Erweiterte Schöffengericht des Amts-
gerichts Freiſing verurteilte Förlſch am 10.
November 1927 nach dreitägiger Verhand-
lung wegen fahrläſſiger Tötung und fahr-
läſſiger Körperverletzung zu
ſechs Monaten Gefängnis.
Das Gericht erblickte die Fahrläſſigkeit darin,
daß Förtſch zur Befeſtigung der Weichen-
zunge nicht, wie ſonſt üblich, eine paſſende
Laſche verwendet hatte, ſondern die Schrau-
benſpindel, die als Sicherungsvorrichtung
noch nicht erprobt war. Zumindeſt hätte er
wegen der Nichterprobung vorſichtig ſein
müſſen und den Zug nicht mit 75 Kilometer
Geſchwindigkeit die Stelle paſſieren laſſen
dürfen, alſo ein Langſamfahrtſignal aus-
ſtellen müſſen. Der Verurteilte legte Be-
rufung gegen dieſes Urteil ein.
Am 4. April 1928 erfolgte vor dem Land-
gericht München II
Freiſpruch
unter Aufhebung des Urteils erſter Jnſtanz.
In der Begründung hieß es: Das Anbrin-
gen der Zwinge ſei verfehlt und keine ge-
nügende Sicherheit geweſen, aber der An-
geklagte hätte doch der Meinung ſein kön-
nen, daß dieſe Sicherungsart den Zweck er-
fülle.
Am 12. Oktober 1928 hob das Reichs-
gericht dies freiſprechende Urteil auf und
verwies die Sache an das Landgericht Mün-
chen I mit der folgenden Begründung:
Die Freiſprechung ſei nicht ſchlüſſig
begründet worden,
namentlich ſei die Frage der Ausſtellung
eines Langſamfahrtſignals unentſchieden ge-
laſſen, weil nicht feſtgeſtellt wurde, inwie-
weit das Nichtausſtecken eines ſolchen Si-
gnals für das Unglück und ſeine Folgen ur-
ſächlich geweſen ſei. Die Rechtsgrundſätze
des urſächlichen Zuſammenhangs ſeien hier
verkannt worden.
König Galomons Lieblingsfrau
Entdedung der Grabſtätte * Das Hohe Lied der Gattentreue
„Daily Mail“ gibt eine Meldung des
ägyptiſchen Blattes „Al Mokattam“ wieder,
wonach in Jeruſalem eine Grabſtätte mit
der Mumie der ägyptiſchen Lieblingsfrau
des Königs Salomo entdeckt worden ſein
ſoll. Die Grabkammer ſoll
an Pracht die Tutanchamons noch
übertrefſen.
Sie ſei mit Gegenſtänden von wunderbarer
Schönheit und von großem Wert gefüllt.
Die Mumie liege in einem goldenen Sarge
und ſei in mit Edelſteinen verzierte Decken
gehüllt. An den Fingern trage ſie mehrere
Ringe, auf dem Kopf eine Krone mit
Saphiren, Smaragden und Perlen. Mit
der Mumie ſei eine hebräiſche Papyrus-
rolle begraben worden, die, wie man an-
nehme,
von Salomon ſelbſt geſchrieben
ſei und die Tugenden ſeiner Lieblingsfrau
rühme. Dem Papyrus zufolge iſt die Frau
Salomons, deren Mädchenname Moti Ma-
ris war und die aus Memphis ſtammte, im
36. Jahre ſeiner Herrſchaft geſtorben und
unter ihrem Palaſte begraben worden,
„nachdem ſie ſich für ihren Mann geopfert
hatte.“ Der Papyrus berichtet weiter, daß
König Salomo aus Liebe zu ihr in Aner-
kennung ihrer Treue und Selbſtaufopferung
ihr eigenhändig die herrlichen Krone aufs
Haupt geſetzt habe, die ihm von ſeinem
Volke am 25. Jahrestage ſeiner Thron-
beſteigung überreicht worden war. — Wei-
ter berichtet der Papyrus. Drei Monate vor
dem Tode der Lieblingsfrau ſei Amento,
der Vater der Frau Salomons, aus Aegyp-
ten gekommen, beladen mit Geſchenken, aber
in der geheimen Abſicht, Salomo vom
Throne zu ſtoßen und das Land im Namen
des Königs von Aegypten in Beſitz zu neh-
men. Eines Tages erſuchte Amento um eine
Privatunterhaltung mit Salomo, nachdem
er vorher ſeiner Tochter Moti befohlen habe,
Salomon zu vergiften.
Der Papyrus ſchließt: Als Moti eintrat,
Becher und Wein tragend, argwöhnte ich
nicht Verrat, obwohl ich bemerkte, daß ſie
totenbleich war. Als Moti den Wein in die
Becher goß, bemerkte ich, daß Amento ſeine
Hand nicht nach ſeinem Becher ausſtreckte.
Trotzdem hob ich, noch immer ohne Arg-
wohn, den Becher an meine Lippen. In
dieſem Augenblick entriß mir Moti, die ne-
ben mir ſtand, den Becher und trank den
Wein ſelbſt. Einige Minuten blieb ſie ſtehen,
der Vater floh mit einem Schrei der Wut
aus dem Zimmer. Kurz darauf ſank Moti
ſterbend in meine Arme. Der tückiſche
Amento verſuchte, ſich zu vergiſten. Aber
ſeine Tochter Moti, meine geliebte Frau,
rettete mein Leben unter Aufopferung ihres
eigenen.
Kammerſpiele im Schauſpielhaus.
Am Mitt-
woch, den 23. Januar wird Karl Zuckmayers
„Fröhlicher Weinberg“ mit Otto Framer
wieder in den Spielplan der Kammerſpiele auf-
genommen. Beginn 7½ Uhr. Das Stück wird
dann am Donnerstag, 24., Freitag, 25., und
Sonntag, 27. Januar, jeweils 7½ Uhr abends
wiederholt.
Deutsche Stunde in Bayern
Mittwoch, den 23. Januar 1929
6.45 Morgengymnaſtik.
12.55 Nürnberger Sendung: Mittagskonzert. Aus-
geführt mit Schallplatten im Muſikhaus
H. Bernhard, Nürnberg. Fürthorſtraße 35.
15.30 Gedichte von Rainer Maria Rilke. Geſpro-
chen von Albert Fiſchel (Staatstheater
München).
16.00 Unterhaltungskonzert des Kammerquarletts
Anny Roſenderger.
17.00 Kinderſtunde.
17.45 Jugendſtunde.
19.00 Das öſterreichiſche Burgenland. Vortrag v.
Landeshauptmann Ludwig Leſer.
19.30 Rheinlſcher Abend. Das Rundfunkorcheſter
unter Leitung von Kurt Paſtor. Mitwir-
kend Carlos Llach. Am Flügel: Richard
Staab.
21.00 Leſeſtunde.
21.30 Kammermuſikſtunde. Das Birkigt-Streich-
quartett.
22.30 Abendmeldungen. Anſchließend bis 24.00
Tanzmuſik Kapelle Max Müller (Köln).
Uebertragung a. d. Odeon-Kaſino, München.
Iſt der Traum ein Scheidungsgrund?
Wenn man im Schlafe ſpricht, kann das
bekanntlich recht peinlich werden, beſonders
wenn ein eiferſüchtiger Ehegatte ſchlaflos
lauſcht. Recht unerwünſchte Töne hörte ein
Bürger der Stadt Wentuky in Pennſylva-
nien namens Hermann Silbermann von
dem Bette ſeiner Gattin her. Die junge
Dame wiederholte in ihrem Schlaf mehrere
Male mit zärllichſter Stimme die Silbe
„Alph“ Da ein junger Herr, der Frau
Silbermann eifrig den Hof machte und auch
von ihr ſchon manche Gunſtbezeigung er-
halten hatte, auf dieſen Koſenamen hörte,
hielt der eiferſüchtige Ehemann die Schuld
ſeiner Frau für erwieſen, und beantragte
die Scheidung. Aber die amerikaniſchen
Richter waren nicht ſo hitzig wie der wut-
entbrannte Gatte. Sie erklärten, daß der
Traum kein genügender Beweis für einen
Ehemann ſei, und da ſich der jungen Frau
ſonſt nichts Schwerwiegendes nachweiſen
ließ, ſo wurde die Klage abgewieſen. Wie
die „Comoedie“ dazu bemerkt. iſt ein fran-
zöſiſches Gericht anderer Anſicht geweſen.
Es hat einmal eine Ehe geſchieden, weil der
Mann, der ſeine Frau offenſichtlich vernach-
läſſigte, im Schlaf die Namen mehrerer
Frauen ausſprach und dazu leidenſchaftliche
Liebkoſungen ſtammelte.
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(2023-01-02T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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