Allgemeine Zeitung, Nr. 18, 22. Januar 1929."AZ am Abend" Nr. 18 Dienstag, den 22. Januar [Spaltenumbruch] Dreifaches Gaunerspiel EIN BANKNOTENROMAN (22. Fortsetzung) Der Ire setzte seinen Hut auf. "Rupert, Steinmann tat es und seufzte: "Jetzt, wo Frank beruhigte ihn: "Tröste dich. Du "Wenn du mir das gelobst," freute sich "Ich gelob' es!" lachte Frank. "Nun aber Der Assessor trug das Paket schon sorgsam 7. Das Stiftungsfest war längst in vollem An dem Aufsehen, das sein Erscheinen er- Lund trat auf die Gesellschaft zu. Der "Ich begreife wirklich nicht --", entgegnete "Fragen Sie mich unter vier Augen. "Muki, du fängst an, mir gewaltig zu "Ich habe den Baron Thott immer sehr "Keine." "Ich muß gestehen, das ist mir mehr als Lund machte eine äußerst steife Verbeu- "Nein," erklärte Estrup. "Morgen ist ja "Also wirklich!!" rief der Ire unmutig. "Darf ich mir erlauben, verehrter Herr "Vielen Dank für Ihre Liebenswürdigkeit. "So nehmen Sie doch Ihr Geld in der "Es handelt sich um einen -- ziemlich "Dann fordern Sie doch die alte Zu- "Ist auch unmöglich," erklärte Morris. "Da müssen Sie aber früh dort aufbre- "Schon vor fünf? Das ist mir zu früh. "Tun Sie das, lieber Morris. Wenn Sie Morris lachte und sagte: "Ich danke "Ist denn der Ire so wohlhabend?" fragte, "O, die Familie Morris ist eine reiche, "Zudem wird er wohl auch Steinmanns Lund war hinzugetreten. Er warf sich "Ach, der Aermste!" rief die alte Dame "Ja, das ist Unglück im Glück," meinte "Und solche Summe!" sagte die alte "Fünfundzwanzigtausend!" glaubte je- "Ja, hat denn Steinmann kürzlich ein "-- und bar bezahlt bekommen. Das "Und noch ein bißchen mehr! "Das erste, was ich höre." "Die ganze Stadt spricht aber davon, [irrelevantes Material] „AZ am Abend“ Nr. 18 Dienstag, den 22. Januar [Spaltenumbruch] Dreifaches Gaunerspiel EIN BANKNOTENROMAN (22. Fortſetzung) Der Ire ſetzte ſeinen Hut auf. „Rupert, Steinmann tat es und ſeufzte: „Jetzt, wo Frank beruhigte ihn: „Tröſte dich. Du „Wenn du mir das gelobſt,“ freute ſich „Ich gelob’ es!“ lachte Frank. „Nun aber Der Aſſeſſor trug das Paket ſchon ſorgſam 7. Das Stiftungsfeſt war längſt in vollem An dem Aufſehen, das ſein Erſcheinen er- Lund trat auf die Geſellſchaft zu. Der „Ich begreife wirklich nicht —“, entgegnete „Fragen Sie mich unter vier Augen. „Muki, du fängſt an, mir gewaltig zu „Ich habe den Baron Thott immer ſehr „Keine.“ „Ich muß geſtehen, das iſt mir mehr als Lund machte eine äußerſt ſteife Verbeu- „Nein,“ erklärte Eſtrup. „Morgen iſt ja „Alſo wirklich!!“ rief der Ire unmutig. „Darf ich mir erlauben, verehrter Herr „Vielen Dank für Ihre Liebenswürdigkeit. „So nehmen Sie doch Ihr Geld in der „Es handelt ſich um einen — ziemlich „Dann fordern Sie doch die alte Zu- „Iſt auch unmöglich,“ erklärte Morris. „Da müſſen Sie aber früh dort aufbre- „Schon vor fünf? Das iſt mir zu früh. „Tun Sie das, lieber Morris. Wenn Sie Morris lachte und ſagte: „Ich danke „Iſt denn der Ire ſo wohlhabend?“ fragte, „O, die Familie Morris iſt eine reiche, „Zudem wird er wohl auch Steinmanns Lund war hinzugetreten. Er warf ſich „Ach, der Aermſte!“ rief die alte Dame „Ja, das iſt Unglück im Glück,“ meinte „Und ſolche Summe!“ ſagte die alte „Fünfundzwanzigtauſend!“ glaubte je- „Ja, hat denn Steinmann kürzlich ein „— und bar bezahlt bekommen. Das „Und noch ein bißchen mehr! „Das erſte, was ich höre.“ „Die ganze Stadt ſpricht aber davon, [irrelevantes Material] <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0012" n="12"/> <fw place="top" type="header">„AZ am Abend“ Nr. 18 Dienstag, den 22. Januar</fw><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#b">Dreifaches Gaunerspiel</hi><lb/> EIN BANKNOTENROMAN</head><lb/> <byline>von A. M. FREY</byline><lb/> <argument> <p>(22. Fortſetzung)</p> </argument><lb/> <cb/> <p>Der Ire ſetzte ſeinen Hut auf. „Rupert,<lb/> du mußt mir noch deine ſämtlichen Schlüſſel<lb/> aushändigen; denn die nächſten Tage werde<lb/> ich hier der alleinige Herr ſein.“</p><lb/> <p>Steinmann tat es und ſeufzte: „Jetzt, wo<lb/> es intereſſant wird, bin ich kalt geſtellt.“</p><lb/> <p>Frank beruhigte ihn: „Tröſte dich. Du<lb/> kommſt ſchon zu deinem Nervenkitzel. Am<lb/> Tage der Schlacht ſollſt du wieder zugegen<lb/> ſein.“</p><lb/> <p>„Wenn du mir das gelobſt,“ freute ſich<lb/> der Maler, „dann gehe ich beinahe leichten<lb/> Herzens in den Turm.“</p><lb/> <p>„Ich gelob’ es!“ lachte Frank. „Nun aber<lb/> kann der Gefangenentransport beginnen.<lb/> Nimm Abſchied, Rupert, bis zur großen<lb/> Stunde! — Lund, vergeſſen Sie die einge-<lb/> wickelten Liebesgaben nicht!“</p><lb/> <p>Der Aſſeſſor trug das Paket ſchon ſorgſam<lb/> auf den Händen. Die drei Männer verließen<lb/> die Wohnung.</p><lb/> <p> <hi rendition="#c">7.<lb/><hi rendition="#g">Der Köder</hi>.</hi> </p><lb/> <p>Das Stiftungsfeſt war längſt in vollem<lb/> Gang, als Lund das Muſeum betrat. Er<lb/> hatte bis ſpät abends zu tun gehabt, um<lb/> ſich für den morgigen Vormittag frei zu<lb/> machen, der mit dem großen Experiment<lb/> ausgefüllt ſein würde.</p><lb/> <p>An dem Aufſehen, das ſein Erſcheinen er-<lb/> regte, merkte er bald, daß er der gefeierte<lb/> Held der Stunde war. Leute, die ſich ſonſt<lb/> wenig um ihn gekümmert hatten, winkten<lb/> ihm freundlich oder achtungsvoll zu. Ein<lb/> Lächeln der Befriedigung glitt über ſein Ge-<lb/> ſicht, als er Morris in einem größeren<lb/> Kreiſe bemerkte. Sein Verbündeter hatte<lb/> offenbar gut manövriert: unter den ihn<lb/> Umgebenden befanden ſich viele von jenen,<lb/> die den beiden Männern verdächtig erſcheinen<lb/> mußten.</p><lb/> <p>Lund trat auf die Geſellſchaft zu. Der<lb/><cb/> erſte, der ihn mit krähender Stimme be-<lb/> grüßte, war Baron Thott: „Na, Lund, ha-<lb/> ben Ihre Folterknechte dem armen Stein-<lb/> mann noch kein Geſtändnis abgepreßt?“ Da<lb/> ſich der Angeredete mit Achſelzucken be-<lb/> gnügte, fuhr der Kleine fort: „Ich glaube,<lb/> ſo wenig wie Herr Morris an Steinmanns<lb/> Schuld. War denn ich — oder bin ich etwa<lb/> der geſuchte Betrüger? Nein, alles Unſinn!<lb/> Ich habe mir den Fall gründlich überlegt<lb/> und bin zu einer ganz eigenen Anſicht ge-<lb/> kommen. Fahnden Sie nur weiter, lieber<lb/> Lund, aber fahnden Sie in anderer — oh,<lb/> in durchaus anderer Atmoſphäre als in die-<lb/> ſer hier!“ Damit machte er eine großartige<lb/> Geſte und erklärte dann geheimnisvoll: „—<lb/> oder vielmehr, fahnden Sie lieber überhaupt<lb/> nicht!“</p><lb/> <p>„Ich begreife wirklich nicht —“, entgegnete<lb/> der Aſſeſſor.</p><lb/> <p>„Fragen Sie mich unter vier Augen.<lb/> Dann will ich Rede ſtehen. Und dann<lb/> mögen Sie handeln, wenn Sie zu handeln<lb/> da noch vermögen.“</p><lb/> <p>„Muki, du fängſt an, mir gewaltig zu<lb/> imponieren,“ meinte Eſtrup gemacht ernſt-<lb/> haft.</p><lb/> <p>„Ich habe den Baron Thott immer ſehr<lb/> ernſt genommen,“ miſchte ſich Morris ins<lb/> Geſpräch, „und wäre begierig, ſeine Hypo-<lb/> theſe zu hören. — A propos, Herr Aſſeſſor,<lb/> iſt keine Wendung eingetreten?“</p><lb/> <p>„Keine.“</p><lb/> <p>„Ich muß geſtehen, das iſt mir mehr als<lb/> peinlich. Es tut mir leid — für Sie und<lb/> mich. Da werde ich mich wohl genötigt<lb/> ſehen, auf eigene Fauſt zu operieren. Denn<lb/> ich muß hier öffentlich erklären, daß ich an<lb/> meines Freundes Schuld ſo wenig glauben<lb/> kann, wie ich an die meines Lehrers Ter-<lb/> ſchak geglaubt habe.“</p><lb/> <p>Lund machte eine äußerſt ſteife Verbeu-<lb/><cb/> gung. „Ich habe bereits gemutmaßt, hier<lb/> würden ſich unſere Wege trennen,“ entgeg-<lb/> nete er offiziell. Morris drehte ihm brüsk<lb/> den Rücken und erklärte den anderen:<lb/> „Gleich übermorgen, wenn ich von meinen<lb/> Bekannten aus Lyngby zurück bin, werde<lb/> ich beginnen. Ah — gut, daß ich daran<lb/> denke! Weiß einer der Herren, ob morgen<lb/> die Banken offen ſind?“</p><lb/> <p>„Nein,“ erklärte Eſtrup. „Morgen iſt ja<lb/> geſetzlicher Feiertag.“</p><lb/> <p>„Alſo wirklich!!“ rief der Ire unmutig.<lb/> „Das iſt mir aber höchſt fatal.“</p><lb/> <p>„Darf ich mir erlauben, verehrter Herr<lb/> Morris, mich als Ihren Bankier anzubieten,<lb/> falls Sie Mammon nötig haben?“ tat<lb/> Muki ſich wichtig.</p><lb/> <p>„Vielen Dank für Ihre Liebenswürdigkeit.<lb/> Aber es handelt ſich gerade um das Gegen-<lb/> teil. Ich habe mein ganzes Reiſegeld bei<lb/> mir, und da ich über Nacht in Lyngby zu<lb/> bleiben gedenke, iſt es mir ſehr unangenehm,<lb/> in der Wohnung, die doch jetzt — nach Stein-<lb/> manns Inhaftnahme — leer ſtehen wird,<lb/> einen größeren Betrag zurückzulaſſen.“</p><lb/> <p>„So nehmen Sie doch Ihr Geld in der<lb/> Brieftaſche mit, das iſt das einfachſte,“<lb/> meinte Eſtrup.</p><lb/> <p>„Es handelt ſich um einen — ziemlich<lb/> großen Betrag, und ſolche Summen führe<lb/> ich ungern bei mir.“</p><lb/> <p>„Dann fordern Sie doch die alte Zu-<lb/> geherin Steinmanns auf, den Feiertag über<lb/> in der Wohnung zu bleiben und die Nacht<lb/> dazu. Die Alte betreut Ihre Schätze beſſer<lb/> als ein Drache von Beruf,“ lachte der Lega-<lb/> tionsrat.</p><lb/> <p>„Iſt auch unmöglich,“ erklärte Morris.<lb/> „Ich habe ihr bereits für morgen Urlaub<lb/> gegeben. Sie will den Feiertag bei ihrer<lb/> derheirateten Tochter auf dem Lande zu-<lb/> bringen und iſt heute ſchon abgereiſt. —<lb/> Ich ſehe: mir bleibt nichts anderes übrig,<lb/> als mit dem letzten Zug morgen wieder<lb/> heim zu fahren.“</p><lb/> <p>„Da müſſen Sie aber früh dort aufbre-<lb/> chen,“ warf der kleine Baron ein. „Scheuß-<lb/> liche Zugverbindung. Kenne das! Habe<lb/> leider da oben eine Jagd gepachtet. Der<lb/> erſte Zug geht vor fünf Uhr.“</p><lb/> <p>„Schon vor fünf? Das iſt mir zu früh.<lb/><cb/> Was tue ich? Da mache ich den Ausflug<lb/> lieber im Auto.“</p><lb/> <p>„Tun Sie das, lieber Morris. Wenn Sie<lb/> ſolche Reichtümer zu hüten haben, können<lb/> Sie ſich die Ausgabe ruhig leiſten,“ meckerte<lb/> Muki.</p><lb/> <p>Morris lachte und ſagte: „Ich danke<lb/> Ihnen für die Auskunft. Entſchuldigen Sie<lb/> mich jetzt, dort drüben ſteht Profeſſor Ter-<lb/> ſchak, den will ich begrüßen. Er iſt ja zum<lb/> erſteg Male ſeit ſeinem Mißgeſchick wieder<lb/> in Geſellſchaft.“</p><lb/> <p>„Iſt denn der Ire ſo wohlhabend?“ fragte,<lb/> nach Franks Weggang, eine alte Dame, die<lb/> ſehr intereſſiert zugehört hatte.</p><lb/> <p>„O, die Familie Morris iſt eine reiche,<lb/> über die ganze Welt verſtreute Familie,“<lb/> ſchrie der kleine Baron.</p><lb/> <p>„Zudem wird er wohl auch Steinmanns<lb/> Gelder in Verwahrung haben,“ mutmaßte<lb/> Eſtrup.</p><lb/> <p>Lund war hinzugetreten. Er warf ſich<lb/> ſtreng in die Bruſt. „Da irren Sie, Herr<lb/> Legationsrat. Die hat das Gericht beſchlag-<lb/> nahmt.“</p><lb/> <p>„Ach, der Aermſte!“ rief die alte Dame<lb/> pathetiſch. „Was nützt es ihm jetzt, daß er<lb/> ſein neues Bild ſo gut verkauft hat.“</p><lb/> <p>„Ja, das iſt Unglück im Glück,“ meinte<lb/> Uſſing trocken.</p><lb/> <p>„Und ſolche Summe!“ ſagte die alte<lb/> Dame, ihren Kopf ſchief zur Seite legend.<lb/> „Mein Növöh malt doch auch recht hübſche<lb/> Bilder, aber zwanzigtauſend Kronen hat<lb/> ihm noch keiner geboten.“</p><lb/> <p>„Fünfundzwanzigtauſend!“ glaubte je-<lb/> mand verbeſſern zu müſſen.</p><lb/> <p>„Ja, hat denn Steinmann kürzlich ein<lb/> Bild verkauft —?“ fragte Lund und ſpielte<lb/> den finſter Erſtaunten.</p><lb/> <p>„— und bar bezahlt bekommen. Das<lb/> wiſſen Sie nicht? Sonſt weiß die Polizet<lb/> doch alles über unſereinen.“</p><lb/> <p>„Und noch ein bißchen mehr!</p><lb/> <p>„Das erſte, was ich höre.“</p><lb/> <p>„Die ganze Stadt ſpricht aber davon,<lb/> keifte die alte Dame, entrüſtet darüber, wie<lb/> einer ſo wenig orientiert ſein konnte.<lb/> (Fortſetzung folgt)</p> </div> </div><lb/> <div type="jAnnouncements" n="1"> <gap reason="insignificant"/> </div> </body> </text> </TEI> [12/0012]
„AZ am Abend“ Nr. 18 Dienstag, den 22. Januar
Dreifaches Gaunerspiel
EIN BANKNOTENROMAN
von A. M. FREY
(22. Fortſetzung)
Der Ire ſetzte ſeinen Hut auf. „Rupert,
du mußt mir noch deine ſämtlichen Schlüſſel
aushändigen; denn die nächſten Tage werde
ich hier der alleinige Herr ſein.“
Steinmann tat es und ſeufzte: „Jetzt, wo
es intereſſant wird, bin ich kalt geſtellt.“
Frank beruhigte ihn: „Tröſte dich. Du
kommſt ſchon zu deinem Nervenkitzel. Am
Tage der Schlacht ſollſt du wieder zugegen
ſein.“
„Wenn du mir das gelobſt,“ freute ſich
der Maler, „dann gehe ich beinahe leichten
Herzens in den Turm.“
„Ich gelob’ es!“ lachte Frank. „Nun aber
kann der Gefangenentransport beginnen.
Nimm Abſchied, Rupert, bis zur großen
Stunde! — Lund, vergeſſen Sie die einge-
wickelten Liebesgaben nicht!“
Der Aſſeſſor trug das Paket ſchon ſorgſam
auf den Händen. Die drei Männer verließen
die Wohnung.
7.
Der Köder.
Das Stiftungsfeſt war längſt in vollem
Gang, als Lund das Muſeum betrat. Er
hatte bis ſpät abends zu tun gehabt, um
ſich für den morgigen Vormittag frei zu
machen, der mit dem großen Experiment
ausgefüllt ſein würde.
An dem Aufſehen, das ſein Erſcheinen er-
regte, merkte er bald, daß er der gefeierte
Held der Stunde war. Leute, die ſich ſonſt
wenig um ihn gekümmert hatten, winkten
ihm freundlich oder achtungsvoll zu. Ein
Lächeln der Befriedigung glitt über ſein Ge-
ſicht, als er Morris in einem größeren
Kreiſe bemerkte. Sein Verbündeter hatte
offenbar gut manövriert: unter den ihn
Umgebenden befanden ſich viele von jenen,
die den beiden Männern verdächtig erſcheinen
mußten.
Lund trat auf die Geſellſchaft zu. Der
erſte, der ihn mit krähender Stimme be-
grüßte, war Baron Thott: „Na, Lund, ha-
ben Ihre Folterknechte dem armen Stein-
mann noch kein Geſtändnis abgepreßt?“ Da
ſich der Angeredete mit Achſelzucken be-
gnügte, fuhr der Kleine fort: „Ich glaube,
ſo wenig wie Herr Morris an Steinmanns
Schuld. War denn ich — oder bin ich etwa
der geſuchte Betrüger? Nein, alles Unſinn!
Ich habe mir den Fall gründlich überlegt
und bin zu einer ganz eigenen Anſicht ge-
kommen. Fahnden Sie nur weiter, lieber
Lund, aber fahnden Sie in anderer — oh,
in durchaus anderer Atmoſphäre als in die-
ſer hier!“ Damit machte er eine großartige
Geſte und erklärte dann geheimnisvoll: „—
oder vielmehr, fahnden Sie lieber überhaupt
nicht!“
„Ich begreife wirklich nicht —“, entgegnete
der Aſſeſſor.
„Fragen Sie mich unter vier Augen.
Dann will ich Rede ſtehen. Und dann
mögen Sie handeln, wenn Sie zu handeln
da noch vermögen.“
„Muki, du fängſt an, mir gewaltig zu
imponieren,“ meinte Eſtrup gemacht ernſt-
haft.
„Ich habe den Baron Thott immer ſehr
ernſt genommen,“ miſchte ſich Morris ins
Geſpräch, „und wäre begierig, ſeine Hypo-
theſe zu hören. — A propos, Herr Aſſeſſor,
iſt keine Wendung eingetreten?“
„Keine.“
„Ich muß geſtehen, das iſt mir mehr als
peinlich. Es tut mir leid — für Sie und
mich. Da werde ich mich wohl genötigt
ſehen, auf eigene Fauſt zu operieren. Denn
ich muß hier öffentlich erklären, daß ich an
meines Freundes Schuld ſo wenig glauben
kann, wie ich an die meines Lehrers Ter-
ſchak geglaubt habe.“
Lund machte eine äußerſt ſteife Verbeu-
gung. „Ich habe bereits gemutmaßt, hier
würden ſich unſere Wege trennen,“ entgeg-
nete er offiziell. Morris drehte ihm brüsk
den Rücken und erklärte den anderen:
„Gleich übermorgen, wenn ich von meinen
Bekannten aus Lyngby zurück bin, werde
ich beginnen. Ah — gut, daß ich daran
denke! Weiß einer der Herren, ob morgen
die Banken offen ſind?“
„Nein,“ erklärte Eſtrup. „Morgen iſt ja
geſetzlicher Feiertag.“
„Alſo wirklich!!“ rief der Ire unmutig.
„Das iſt mir aber höchſt fatal.“
„Darf ich mir erlauben, verehrter Herr
Morris, mich als Ihren Bankier anzubieten,
falls Sie Mammon nötig haben?“ tat
Muki ſich wichtig.
„Vielen Dank für Ihre Liebenswürdigkeit.
Aber es handelt ſich gerade um das Gegen-
teil. Ich habe mein ganzes Reiſegeld bei
mir, und da ich über Nacht in Lyngby zu
bleiben gedenke, iſt es mir ſehr unangenehm,
in der Wohnung, die doch jetzt — nach Stein-
manns Inhaftnahme — leer ſtehen wird,
einen größeren Betrag zurückzulaſſen.“
„So nehmen Sie doch Ihr Geld in der
Brieftaſche mit, das iſt das einfachſte,“
meinte Eſtrup.
„Es handelt ſich um einen — ziemlich
großen Betrag, und ſolche Summen führe
ich ungern bei mir.“
„Dann fordern Sie doch die alte Zu-
geherin Steinmanns auf, den Feiertag über
in der Wohnung zu bleiben und die Nacht
dazu. Die Alte betreut Ihre Schätze beſſer
als ein Drache von Beruf,“ lachte der Lega-
tionsrat.
„Iſt auch unmöglich,“ erklärte Morris.
„Ich habe ihr bereits für morgen Urlaub
gegeben. Sie will den Feiertag bei ihrer
derheirateten Tochter auf dem Lande zu-
bringen und iſt heute ſchon abgereiſt. —
Ich ſehe: mir bleibt nichts anderes übrig,
als mit dem letzten Zug morgen wieder
heim zu fahren.“
„Da müſſen Sie aber früh dort aufbre-
chen,“ warf der kleine Baron ein. „Scheuß-
liche Zugverbindung. Kenne das! Habe
leider da oben eine Jagd gepachtet. Der
erſte Zug geht vor fünf Uhr.“
„Schon vor fünf? Das iſt mir zu früh.
Was tue ich? Da mache ich den Ausflug
lieber im Auto.“
„Tun Sie das, lieber Morris. Wenn Sie
ſolche Reichtümer zu hüten haben, können
Sie ſich die Ausgabe ruhig leiſten,“ meckerte
Muki.
Morris lachte und ſagte: „Ich danke
Ihnen für die Auskunft. Entſchuldigen Sie
mich jetzt, dort drüben ſteht Profeſſor Ter-
ſchak, den will ich begrüßen. Er iſt ja zum
erſteg Male ſeit ſeinem Mißgeſchick wieder
in Geſellſchaft.“
„Iſt denn der Ire ſo wohlhabend?“ fragte,
nach Franks Weggang, eine alte Dame, die
ſehr intereſſiert zugehört hatte.
„O, die Familie Morris iſt eine reiche,
über die ganze Welt verſtreute Familie,“
ſchrie der kleine Baron.
„Zudem wird er wohl auch Steinmanns
Gelder in Verwahrung haben,“ mutmaßte
Eſtrup.
Lund war hinzugetreten. Er warf ſich
ſtreng in die Bruſt. „Da irren Sie, Herr
Legationsrat. Die hat das Gericht beſchlag-
nahmt.“
„Ach, der Aermſte!“ rief die alte Dame
pathetiſch. „Was nützt es ihm jetzt, daß er
ſein neues Bild ſo gut verkauft hat.“
„Ja, das iſt Unglück im Glück,“ meinte
Uſſing trocken.
„Und ſolche Summe!“ ſagte die alte
Dame, ihren Kopf ſchief zur Seite legend.
„Mein Növöh malt doch auch recht hübſche
Bilder, aber zwanzigtauſend Kronen hat
ihm noch keiner geboten.“
„Fünfundzwanzigtauſend!“ glaubte je-
mand verbeſſern zu müſſen.
„Ja, hat denn Steinmann kürzlich ein
Bild verkauft —?“ fragte Lund und ſpielte
den finſter Erſtaunten.
„— und bar bezahlt bekommen. Das
wiſſen Sie nicht? Sonſt weiß die Polizet
doch alles über unſereinen.“
„Und noch ein bißchen mehr!
„Das erſte, was ich höre.“
„Die ganze Stadt ſpricht aber davon,
keifte die alte Dame, entrüſtet darüber, wie
einer ſo wenig orientiert ſein konnte.
(Fortſetzung folgt)
_
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-01-02T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |