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Allgemeine Zeitung, Nr. 19, 8. Mai 1915.

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Allgemeine Zeitung 8. Mai 1915.
[Spaltenumbruch]
"Meine hellen Seheraugen tauch' ich ein im ew'gen Lichte.
Und vor meine Seele treten zukunftstrunkene Gesichte.
Durch das euch verhüllte Dunkel totenschwang'rer ferner Zeiten
Seh' ich eine hohe Göttin nah und immer näher schreiten.
Dich, o Zwanzigstes seit Christi, wassenklirrend und bewundert,
Wird die Nachwelt einstmal nennen das germanische Jahrhundert!
Deutsches Volk, die weite Erde wird vor dir im Staub erzittern,
Denn Gericht wirst du bald halten mit den Feinden in Gewittern.
Englands unberührten Boden wird dein starker Fuß zerstampfen,
Ueberall wird auf zum Himmel hoch das Blut der Feinde dampfen;
Und den tönernen Giganten Rußland stürzest du zerborsten,
In der Ostsee reichen Landen wird der deutsche Adler horsten.
Oesterreich, du totgeglaubtes, eh' die zwanzig Jahr vergehen,
Wirst du stolz und jugendkräftig vor den vielen Völkern stehen.
Und sie werden dich erzitternd, beugend sich vor deinem Ruhm,
Herrscherin des Ostens nennen, zweites deutsches Kaisertum.
Mit des neuen Polens Krone wird sich stolz ein Habsburg kränzen,
Unter ihm in junger Freiheit wird die Ukeraina glänzen.
O geliebtes Volk, ich höre stimmen schon die Zimbeln, Geigen
Und die Pauken und Trompeten zu dem großen Siegesreigen.
Freue dich der Heldenzeiten, das Geschick ist dir verbündet --
Fürchte nichts von deinen Feinden, Wahrheit hab' ich Dir verkündet!"

*

Die Liller Kriegszeitung, der wir obigen Abdruck entnehmen,
setzt demselben hinzu: Schon oft haben sich Dichter als Seher er-
wiesen. Selten aber berührte eine Prophezeiung in ihrer ins
einzelne gehenden Genauigkeit unheimlicher als diese, die Robert
Hamerling 25 Jahre vor dem großen Kriege zu Papier gebracht
hat. Gott wolle, daß er bis zum letzten recht behielte! Hamerlings
Gedicht hat zuerst die Newyorker Staatszeitung veröffentlicht.
Merkwürdigerweise ist es jedoch selbst in den vollständigen Aus-
gaben der Werke Hamerlings nicht zu finden.



Kriegs-Literatur.
England. Seine staatliche und politische Ent-
wicklung und der Krieg gegen Deutschland.
Von
Eduard Meyer, Geh. Regierungsrat und ordentlichem Professor
der Geschichte an der Universität Berlin. 1.--5. Auflage. Verlag
der J. G. Cottaschen Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart und
Berlin. Geheftet 4 Mark.

Eduard Meyer, der als Historiker von den fernsten Zeiten des
Altertums her die Geschichte der Völker beherrscht und mit ge-
schärftem Weitblick die großen Linien zu erkennen vermag, die
den Gang des Weltgeschehens durchziehen, ist in erster Linie be-
rufen, die tiefsten, innersten Ursachen der Entstehung des großen
Krieges von einer höheren Warte aus zu betrachten, als es in
Artikeln und Broschüren vom Tag und für den Tag oder durch
Aktenstücke aus der jüngsten Vergangenheit geschehen kann. Seine
Ausführungen über den Charakter des englischen Staates und
seiner inneren wie äußeren Politik in Geschichte und Gegenwart
lassen den heutigen Krieg als deren notwendige Folge erkennen
und als einen Wendepunkt in der Gesamtgeschichte aller Völker.
Die Welt, in der wir gelebt haben, ist am 1. August 1914 ver-
sunken, und mehr als für irgend einen anderen Staat ist jetzt für
England das "Sein oder Nichtsein" die Frage. Die durch klare
Sachlichkeit und anschauliche Darstellung auch der wirtschaftlichen
Verhältnisse ausgezeichnete Schrift des berühmten Berliner Ge-
lehrten wird im In- und Auslande das lebhafteste Interesse bei
allen denen finden, die das gewaltige Völkerringen unserer Tage
in seinem universalen Zusammenhange verstehen wollen.

Franz Rakoczi und sein Kampf für Ungarns Freiheit 1703
bis 1711.
Von Freiherrn von Hengelmüller. 1. Band. Ge-
heftet 6.50 M. (Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt.)

Ein romantischer Nimbus umgibt noch heute die Gestalt des
großen ungarischen "Rebellen", dessen Name die feurigen Klänge
des Rakoczi-Marsches in unserer Erinnerung wachruft. Aber
dieser Nimbus läßt im allgemeinen keine recht klare Vorstellung
von dem Manne selbst aufkommen. Rakoczi war durchaus nicht
ein abenteuernder Rebell, ein patriotischer Räuberhauptmann
höheren Stils, sondern er war ein großer Herr vom höchsten Adel,
mächtigem Grundbesitz und großen Reichtümern, der mit dem
Kaiser in Wien Krieg führte und Verhandlungen pflog als "Macht
zu Macht". Tüchtig als Krieger, besonnen und maßvoll als
Diplomat, ist er volkstümlich geworden, weil er seine ganze Per-
sönlichkeit und Existenz einsetzte für Freiheit und Wohl der durch
die törichte Politik des Wiener Kabinetts geknechteten und ge-
quälten Ungarn. In der deutschen geschichtlichen Literatur fehlte
bisher eine eingehende Darstellung der Kämpfe, die Franz Rakoczi
gegen Oesterreich führte und die doch zu den wichtigsten Episoden
in der Geschichte der Doppelmonarchie gehören. Diese Lücke füllt
jetzt Freiherr von Hengelmüller mit seinem auf zwei Bände an-
gelegten Werk aus. Rakoczi selbst, die Persönlichkeiten seiner An-
[Spaltenumbruch] hänger und Gegner, die Kämpfe mit ihrem wechselvollen Kriegs-
glück, die Minen und Gegenminen europäischer Politik, die im Zu-
sammenhang mit dem ungarischen Aufstand geführt wurden, der
ganze kulturelle Zustand des damaligen Ungarn -- das alles tritt
uns plastisch aus dem Werk entgegen, das, auf gründlichen archivali-
schen Studien aufgebaut, durchweg von der warmen, aber nicht
einseitig vorurteilsvollen Liebe des echten ungarischen Patrioten
beseelt ist und das so für Historiker und Geschichtsfreunde eine
ebenso belehrende wie fesselnde Gabe bedeutet.

Der deutschen Seele Trost. Weltliche und geistliche Gedichte,
gesammelt von Will Vesper. geb. M 2.--. C. H. Becksche
Verlagsbuchhandlung Oskar Beck, München.

Was unsere größten Dichter in Stunden eigener Not oder in
Zeiten der Bedrängnis unseres ganzen Volkes, in Stunden innerer
Erhebung und Erbauung als tiefste Trostgedanken gefunden und in
unsterbliche Formen gebannt haben, ist in einem soeben erschienenen,
auch äußerlich hübsch ausgestatteten Bändchen "Der deutschen Seele
Trost. Weltliche und geistliche Gedichte" zu einem einheitlichen Werk
zusammengestellt. Was könnte berufener sein, Trost und Kraft zu
geben in einer Zeit, wo die größten Schicksale die Seele des ein-
zelnen und des ganzen deutschen Volkes erschüttern? -- Der In-
halt und Aufbau des Buches ist durch die fünf Abschnitte: Trost in
Gott; Trost in der Natur; Lebensmut; Vom Tode; Freiheit und
Vaterland, genügend gekennzeichnet. Jeder dieser Abschnitte ist so
geordnet, daß er zu dem anderen innerlich hinüberleitet. So wirkt
das Buch bei aller Mannigfaltigkeit der Gedanken über die höchsten
Güter und Fragen des Lebens doch wie ein einziger gewaltiger
Trostgesang, den die deutsche Seele sich selber gesungen hat. --
Nichts Idealeres kann man unseren Truppen ins Feld schicken, nichts
Tröstenderes den Daheimgebliebenen oder den Verwundeten in die
Hand geben. Vor allem ist das Bändchen auch als Konfirmations-
geschenk zu empfehlen.

Eine Karte des Mittelmeeres in schöner Ausführung ist das
jüngste Erzeugnis der Kartographischen Anstalt G. Freytag &
Berndt, G. m. b. H., Wien VII., die in G. Freytags Karte der
Länder des Mittelmeeres 1:5 Mill., 55:100 Zentimeter groß,
Preis 1 M, eine vorzügliche Uebersicht dieses für die Geschichte wie
für Handel und Industrie einer ganzen Reihe von Völkern hoch-
wichtigen Gebietes gibt. Westlich reicht die in sechs Farben ge-
druckte Karte so weit, daß ganz Spanien noch zur Darstellung ge-
langt und Casablanca sowie die Stadt Marokko noch ersichtlich sind,
östlich erscheint das ganze Schwarze Meer, Syrien bis Aleppo und
Damaskus und Palästina über das Tote Meer hinaus, nördlich



[irrelevantes Material]
Allgemeine Zeitung 8. Mai 1915.
[Spaltenumbruch]
„Meine hellen Seheraugen tauch’ ich ein im ew’gen Lichte.
Und vor meine Seele treten zukunftstrunkene Geſichte.
Durch das euch verhüllte Dunkel totenſchwang’rer ferner Zeiten
Seh’ ich eine hohe Göttin nah und immer näher ſchreiten.
Dich, o Zwanzigſtes ſeit Chriſti, waſſenklirrend und bewundert,
Wird die Nachwelt einſtmal nennen das germaniſche Jahrhundert!
Deutſches Volk, die weite Erde wird vor dir im Staub erzittern,
Denn Gericht wirſt du bald halten mit den Feinden in Gewittern.
Englands unberührten Boden wird dein ſtarker Fuß zerſtampfen,
Ueberall wird auf zum Himmel hoch das Blut der Feinde dampfen;
Und den tönernen Giganten Rußland ſtürzeſt du zerborſten,
In der Oſtſee reichen Landen wird der deutſche Adler horſten.
Oeſterreich, du totgeglaubtes, eh’ die zwanzig Jahr vergehen,
Wirſt du ſtolz und jugendkräftig vor den vielen Völkern ſtehen.
Und ſie werden dich erzitternd, beugend ſich vor deinem Ruhm,
Herrſcherin des Oſtens nennen, zweites deutſches Kaiſertum.
Mit des neuen Polens Krone wird ſich ſtolz ein Habsburg kränzen,
Unter ihm in junger Freiheit wird die Ukeraina glänzen.
O geliebtes Volk, ich höre ſtimmen ſchon die Zimbeln, Geigen
Und die Pauken und Trompeten zu dem großen Siegesreigen.
Freue dich der Heldenzeiten, das Geſchick iſt dir verbündet —
Fürchte nichts von deinen Feinden, Wahrheit hab’ ich Dir verkündet!“

*

Die Liller Kriegszeitung, der wir obigen Abdruck entnehmen,
ſetzt demſelben hinzu: Schon oft haben ſich Dichter als Seher er-
wieſen. Selten aber berührte eine Prophezeiung in ihrer ins
einzelne gehenden Genauigkeit unheimlicher als dieſe, die Robert
Hamerling 25 Jahre vor dem großen Kriege zu Papier gebracht
hat. Gott wolle, daß er bis zum letzten recht behielte! Hamerlings
Gedicht hat zuerſt die Newyorker Staatszeitung veröffentlicht.
Merkwürdigerweiſe iſt es jedoch ſelbſt in den vollſtändigen Aus-
gaben der Werke Hamerlings nicht zu finden.



Kriegs-Literatur.
England. Seine ſtaatliche und politiſche Ent-
wicklung und der Krieg gegen Deutſchland.
Von
Eduard Meyer, Geh. Regierungsrat und ordentlichem Profeſſor
der Geſchichte an der Univerſität Berlin. 1.—5. Auflage. Verlag
der J. G. Cottaſchen Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart und
Berlin. Geheftet 4 Mark.

Eduard Meyer, der als Hiſtoriker von den fernſten Zeiten des
Altertums her die Geſchichte der Völker beherrſcht und mit ge-
ſchärftem Weitblick die großen Linien zu erkennen vermag, die
den Gang des Weltgeſchehens durchziehen, iſt in erſter Linie be-
rufen, die tiefſten, innerſten Urſachen der Entſtehung des großen
Krieges von einer höheren Warte aus zu betrachten, als es in
Artikeln und Broſchüren vom Tag und für den Tag oder durch
Aktenſtücke aus der jüngſten Vergangenheit geſchehen kann. Seine
Ausführungen über den Charakter des engliſchen Staates und
ſeiner inneren wie äußeren Politik in Geſchichte und Gegenwart
laſſen den heutigen Krieg als deren notwendige Folge erkennen
und als einen Wendepunkt in der Geſamtgeſchichte aller Völker.
Die Welt, in der wir gelebt haben, iſt am 1. Auguſt 1914 ver-
ſunken, und mehr als für irgend einen anderen Staat iſt jetzt für
England das „Sein oder Nichtſein“ die Frage. Die durch klare
Sachlichkeit und anſchauliche Darſtellung auch der wirtſchaftlichen
Verhältniſſe ausgezeichnete Schrift des berühmten Berliner Ge-
lehrten wird im In- und Auslande das lebhafteſte Intereſſe bei
allen denen finden, die das gewaltige Völkerringen unſerer Tage
in ſeinem univerſalen Zuſammenhange verſtehen wollen.

Franz Rákóczi und ſein Kampf für Ungarns Freiheit 1703
bis 1711.
Von Freiherrn von Hengelmüller. 1. Band. Ge-
heftet 6.50 M. (Stuttgart, Deutſche Verlagsanſtalt.)

Ein romantiſcher Nimbus umgibt noch heute die Geſtalt des
großen ungariſchen „Rebellen“, deſſen Name die feurigen Klänge
des Rákóczi-Marſches in unſerer Erinnerung wachruft. Aber
dieſer Nimbus läßt im allgemeinen keine recht klare Vorſtellung
von dem Manne ſelbſt aufkommen. Rákóczi war durchaus nicht
ein abenteuernder Rebell, ein patriotiſcher Räuberhauptmann
höheren Stils, ſondern er war ein großer Herr vom höchſten Adel,
mächtigem Grundbeſitz und großen Reichtümern, der mit dem
Kaiſer in Wien Krieg führte und Verhandlungen pflog als „Macht
zu Macht“. Tüchtig als Krieger, beſonnen und maßvoll als
Diplomat, iſt er volkstümlich geworden, weil er ſeine ganze Per-
ſönlichkeit und Exiſtenz einſetzte für Freiheit und Wohl der durch
die törichte Politik des Wiener Kabinetts geknechteten und ge-
quälten Ungarn. In der deutſchen geſchichtlichen Literatur fehlte
bisher eine eingehende Darſtellung der Kämpfe, die Franz Rákóczi
gegen Oeſterreich führte und die doch zu den wichtigſten Epiſoden
in der Geſchichte der Doppelmonarchie gehören. Dieſe Lücke füllt
jetzt Freiherr von Hengelmüller mit ſeinem auf zwei Bände an-
gelegten Werk aus. Rákóczi ſelbſt, die Perſönlichkeiten ſeiner An-
[Spaltenumbruch] hänger und Gegner, die Kämpfe mit ihrem wechſelvollen Kriegs-
glück, die Minen und Gegenminen europäiſcher Politik, die im Zu-
ſammenhang mit dem ungariſchen Aufſtand geführt wurden, der
ganze kulturelle Zuſtand des damaligen Ungarn — das alles tritt
uns plaſtiſch aus dem Werk entgegen, das, auf gründlichen archivali-
ſchen Studien aufgebaut, durchweg von der warmen, aber nicht
einſeitig vorurteilsvollen Liebe des echten ungariſchen Patrioten
beſeelt iſt und das ſo für Hiſtoriker und Geſchichtsfreunde eine
ebenſo belehrende wie feſſelnde Gabe bedeutet.

Der deutſchen Seele Troſt. Weltliche und geiſtliche Gedichte,
geſammelt von Will Veſper. geb. M 2.—. C. H. Beckſche
Verlagsbuchhandlung Oskar Beck, München.

Was unſere größten Dichter in Stunden eigener Not oder in
Zeiten der Bedrängnis unſeres ganzen Volkes, in Stunden innerer
Erhebung und Erbauung als tiefſte Troſtgedanken gefunden und in
unſterbliche Formen gebannt haben, iſt in einem ſoeben erſchienenen,
auch äußerlich hübſch ausgeſtatteten Bändchen „Der deutſchen Seele
Troſt. Weltliche und geiſtliche Gedichte“ zu einem einheitlichen Werk
zuſammengeſtellt. Was könnte berufener ſein, Troſt und Kraft zu
geben in einer Zeit, wo die größten Schickſale die Seele des ein-
zelnen und des ganzen deutſchen Volkes erſchüttern? — Der In-
halt und Aufbau des Buches iſt durch die fünf Abſchnitte: Troſt in
Gott; Troſt in der Natur; Lebensmut; Vom Tode; Freiheit und
Vaterland, genügend gekennzeichnet. Jeder dieſer Abſchnitte iſt ſo
geordnet, daß er zu dem anderen innerlich hinüberleitet. So wirkt
das Buch bei aller Mannigfaltigkeit der Gedanken über die höchſten
Güter und Fragen des Lebens doch wie ein einziger gewaltiger
Troſtgeſang, den die deutſche Seele ſich ſelber geſungen hat. —
Nichts Idealeres kann man unſeren Truppen ins Feld ſchicken, nichts
Tröſtenderes den Daheimgebliebenen oder den Verwundeten in die
Hand geben. Vor allem iſt das Bändchen auch als Konfirmations-
geſchenk zu empfehlen.

Eine Karte des Mittelmeeres in ſchöner Ausführung iſt das
jüngſte Erzeugnis der Kartographiſchen Anſtalt G. Freytag &
Berndt, G. m. b. H., Wien VII., die in G. Freytags Karte der
Länder des Mittelmeeres 1:5 Mill., 55:100 Zentimeter groß,
Preis 1 M, eine vorzügliche Ueberſicht dieſes für die Geſchichte wie
für Handel und Induſtrie einer ganzen Reihe von Völkern hoch-
wichtigen Gebietes gibt. Weſtlich reicht die in ſechs Farben ge-
druckte Karte ſo weit, daß ganz Spanien noch zur Darſtellung ge-
langt und Caſablanca ſowie die Stadt Marokko noch erſichtlich ſind,
öſtlich erſcheint das ganze Schwarze Meer, Syrien bis Aleppo und
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[Seite 286.[286]/0012] Allgemeine Zeitung 8. Mai 1915. „Meine hellen Seheraugen tauch’ ich ein im ew’gen Lichte. Und vor meine Seele treten zukunftstrunkene Geſichte. Durch das euch verhüllte Dunkel totenſchwang’rer ferner Zeiten Seh’ ich eine hohe Göttin nah und immer näher ſchreiten. Dich, o Zwanzigſtes ſeit Chriſti, waſſenklirrend und bewundert, Wird die Nachwelt einſtmal nennen das germaniſche Jahrhundert! Deutſches Volk, die weite Erde wird vor dir im Staub erzittern, Denn Gericht wirſt du bald halten mit den Feinden in Gewittern. Englands unberührten Boden wird dein ſtarker Fuß zerſtampfen, Ueberall wird auf zum Himmel hoch das Blut der Feinde dampfen; Und den tönernen Giganten Rußland ſtürzeſt du zerborſten, In der Oſtſee reichen Landen wird der deutſche Adler horſten. Oeſterreich, du totgeglaubtes, eh’ die zwanzig Jahr vergehen, Wirſt du ſtolz und jugendkräftig vor den vielen Völkern ſtehen. Und ſie werden dich erzitternd, beugend ſich vor deinem Ruhm, Herrſcherin des Oſtens nennen, zweites deutſches Kaiſertum. Mit des neuen Polens Krone wird ſich ſtolz ein Habsburg kränzen, Unter ihm in junger Freiheit wird die Ukeraina glänzen. O geliebtes Volk, ich höre ſtimmen ſchon die Zimbeln, Geigen Und die Pauken und Trompeten zu dem großen Siegesreigen. Freue dich der Heldenzeiten, das Geſchick iſt dir verbündet — Fürchte nichts von deinen Feinden, Wahrheit hab’ ich Dir verkündet!“ * Die Liller Kriegszeitung, der wir obigen Abdruck entnehmen, ſetzt demſelben hinzu: Schon oft haben ſich Dichter als Seher er- wieſen. Selten aber berührte eine Prophezeiung in ihrer ins einzelne gehenden Genauigkeit unheimlicher als dieſe, die Robert Hamerling 25 Jahre vor dem großen Kriege zu Papier gebracht hat. Gott wolle, daß er bis zum letzten recht behielte! Hamerlings Gedicht hat zuerſt die Newyorker Staatszeitung veröffentlicht. Merkwürdigerweiſe iſt es jedoch ſelbſt in den vollſtändigen Aus- gaben der Werke Hamerlings nicht zu finden. Kriegs-Literatur. England. Seine ſtaatliche und politiſche Ent- wicklung und der Krieg gegen Deutſchland. Von Eduard Meyer, Geh. Regierungsrat und ordentlichem Profeſſor der Geſchichte an der Univerſität Berlin. 1.—5. Auflage. Verlag der J. G. Cottaſchen Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart und Berlin. Geheftet 4 Mark. Eduard Meyer, der als Hiſtoriker von den fernſten Zeiten des Altertums her die Geſchichte der Völker beherrſcht und mit ge- ſchärftem Weitblick die großen Linien zu erkennen vermag, die den Gang des Weltgeſchehens durchziehen, iſt in erſter Linie be- rufen, die tiefſten, innerſten Urſachen der Entſtehung des großen Krieges von einer höheren Warte aus zu betrachten, als es in Artikeln und Broſchüren vom Tag und für den Tag oder durch Aktenſtücke aus der jüngſten Vergangenheit geſchehen kann. Seine Ausführungen über den Charakter des engliſchen Staates und ſeiner inneren wie äußeren Politik in Geſchichte und Gegenwart laſſen den heutigen Krieg als deren notwendige Folge erkennen und als einen Wendepunkt in der Geſamtgeſchichte aller Völker. Die Welt, in der wir gelebt haben, iſt am 1. Auguſt 1914 ver- ſunken, und mehr als für irgend einen anderen Staat iſt jetzt für England das „Sein oder Nichtſein“ die Frage. Die durch klare Sachlichkeit und anſchauliche Darſtellung auch der wirtſchaftlichen Verhältniſſe ausgezeichnete Schrift des berühmten Berliner Ge- lehrten wird im In- und Auslande das lebhafteſte Intereſſe bei allen denen finden, die das gewaltige Völkerringen unſerer Tage in ſeinem univerſalen Zuſammenhange verſtehen wollen. Franz Rákóczi und ſein Kampf für Ungarns Freiheit 1703 bis 1711. Von Freiherrn von Hengelmüller. 1. Band. Ge- heftet 6.50 M. (Stuttgart, Deutſche Verlagsanſtalt.) Ein romantiſcher Nimbus umgibt noch heute die Geſtalt des großen ungariſchen „Rebellen“, deſſen Name die feurigen Klänge des Rákóczi-Marſches in unſerer Erinnerung wachruft. Aber dieſer Nimbus läßt im allgemeinen keine recht klare Vorſtellung von dem Manne ſelbſt aufkommen. Rákóczi war durchaus nicht ein abenteuernder Rebell, ein patriotiſcher Räuberhauptmann höheren Stils, ſondern er war ein großer Herr vom höchſten Adel, mächtigem Grundbeſitz und großen Reichtümern, der mit dem Kaiſer in Wien Krieg führte und Verhandlungen pflog als „Macht zu Macht“. Tüchtig als Krieger, beſonnen und maßvoll als Diplomat, iſt er volkstümlich geworden, weil er ſeine ganze Per- ſönlichkeit und Exiſtenz einſetzte für Freiheit und Wohl der durch die törichte Politik des Wiener Kabinetts geknechteten und ge- quälten Ungarn. In der deutſchen geſchichtlichen Literatur fehlte bisher eine eingehende Darſtellung der Kämpfe, die Franz Rákóczi gegen Oeſterreich führte und die doch zu den wichtigſten Epiſoden in der Geſchichte der Doppelmonarchie gehören. Dieſe Lücke füllt jetzt Freiherr von Hengelmüller mit ſeinem auf zwei Bände an- gelegten Werk aus. Rákóczi ſelbſt, die Perſönlichkeiten ſeiner An- hänger und Gegner, die Kämpfe mit ihrem wechſelvollen Kriegs- glück, die Minen und Gegenminen europäiſcher Politik, die im Zu- ſammenhang mit dem ungariſchen Aufſtand geführt wurden, der ganze kulturelle Zuſtand des damaligen Ungarn — das alles tritt uns plaſtiſch aus dem Werk entgegen, das, auf gründlichen archivali- ſchen Studien aufgebaut, durchweg von der warmen, aber nicht einſeitig vorurteilsvollen Liebe des echten ungariſchen Patrioten beſeelt iſt und das ſo für Hiſtoriker und Geſchichtsfreunde eine ebenſo belehrende wie feſſelnde Gabe bedeutet. Der deutſchen Seele Troſt. Weltliche und geiſtliche Gedichte, geſammelt von Will Veſper. geb. M 2.—. C. H. Beckſche Verlagsbuchhandlung Oskar Beck, München. Was unſere größten Dichter in Stunden eigener Not oder in Zeiten der Bedrängnis unſeres ganzen Volkes, in Stunden innerer Erhebung und Erbauung als tiefſte Troſtgedanken gefunden und in unſterbliche Formen gebannt haben, iſt in einem ſoeben erſchienenen, auch äußerlich hübſch ausgeſtatteten Bändchen „Der deutſchen Seele Troſt. Weltliche und geiſtliche Gedichte“ zu einem einheitlichen Werk zuſammengeſtellt. Was könnte berufener ſein, Troſt und Kraft zu geben in einer Zeit, wo die größten Schickſale die Seele des ein- zelnen und des ganzen deutſchen Volkes erſchüttern? — Der In- halt und Aufbau des Buches iſt durch die fünf Abſchnitte: Troſt in Gott; Troſt in der Natur; Lebensmut; Vom Tode; Freiheit und Vaterland, genügend gekennzeichnet. Jeder dieſer Abſchnitte iſt ſo geordnet, daß er zu dem anderen innerlich hinüberleitet. So wirkt das Buch bei aller Mannigfaltigkeit der Gedanken über die höchſten Güter und Fragen des Lebens doch wie ein einziger gewaltiger Troſtgeſang, den die deutſche Seele ſich ſelber geſungen hat. — Nichts Idealeres kann man unſeren Truppen ins Feld ſchicken, nichts Tröſtenderes den Daheimgebliebenen oder den Verwundeten in die Hand geben. Vor allem iſt das Bändchen auch als Konfirmations- geſchenk zu empfehlen. Eine Karte des Mittelmeeres in ſchöner Ausführung iſt das jüngſte Erzeugnis der Kartographiſchen Anſtalt G. Freytag & Berndt, G. m. b. H., Wien VII., die in G. Freytags Karte der Länder des Mittelmeeres 1:5 Mill., 55:100 Zentimeter groß, Preis 1 M, eine vorzügliche Ueberſicht dieſes für die Geſchichte wie für Handel und Induſtrie einer ganzen Reihe von Völkern hoch- wichtigen Gebietes gibt. Weſtlich reicht die in ſechs Farben ge- druckte Karte ſo weit, daß ganz Spanien noch zur Darſtellung ge- langt und Caſablanca ſowie die Stadt Marokko noch erſichtlich ſind, öſtlich erſcheint das ganze Schwarze Meer, Syrien bis Aleppo und Damaskus und Paläſtina über das Tote Meer hinaus, nördlich _

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2023-04-24T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 19, 8. Mai 1915, S. Seite 286.[286]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine19_1915/12>, abgerufen am 03.12.2024.