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Allgemeine Zeitung, Nr. 19, 8. Mai 1915.

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München.
Allgemeine Zeitung
Nummer 19.
München, Samstag, 08. Mai 1915.
118. Jahrgang.
Erscheint einmal wöchentlich.
[Spaltenumbruch]
Die Allgemeine Zeitung kostet für München durch Trägerin und
Zeitungsgeschäfte monatlich Mk. 1.--, durch alle deutschen Post-
anstalten monatlich Mk. 1.50, unter Streisband in Deutschland und
Oesterreich-Ungarn Mk. 2.--, ins Ausland M. 2.25.
Die Hauptexpedition, Müllerstr. 27, alle Buchhandlungen, Zeitungs-
expeditionen und Postanstalten nehmen Bestellungen entgegen.
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Inseratenpreise: die viergespaltene Ronpareillezeile 50 Pfg.,
Reklamezeile 1 Mk. 50 Pfg.; bei Wiederholungen entsprechenden
Rabatt. Münchener Lokalanzeigen nach aufliegendem Tarif.
Inserate nehmen entgegen die Hauptexpedition München, Müller-
straße 27/29, und alle Annoncen-Expeditionen.
Telephon: Redaktion, Expedition und Verlag Amt München 23821.
Redaktion und Expedition: München, Müllerstraße 27/29.
Inhalt:

[Spaltenumbruch]
Seite
Kriegs-Chronik.
Der Feind im Westen -- Der
Feind im Osten -- England --
Türkei _ _ 277
Politik und Wirtschaft
Englands innere Kämpfe. Von
Dr. Frhrn. v. Mackay _ _ 282
[Spaltenumbruch]
Seite
Theater und Musik
Münchener Konzerte. Von H. _ _ 284
Kunst und Literatur:
Krieg und Geist _ _ 284
Gesellschaft für künstlerische Kultur.
Von Dr. Max Zerbst _ _ 285
[Spaltenumbruch]
Feuilleton
_ _ Seite
Die schwere Weltenstunde. Gedicht
von Wolfgang Oskar _ _ 285
Deutschlands Zukunft. Gedicht von
Robert Hamerling _ _ 285
Kriegs-Literatur _ _ 286
Ban unseren Hochschulen _ _ 288
Handel und Industrie _ _ 289



Kriegs-Chronik.
[Spaltenumbruch]
Der Feind im Westen.

Gleich die ersten Tage des Wonnemonats Mai haben uns
herrliche Siege in Ost und West, in Nord und Süd gebracht. Wäh-
rend unsere Feinde stets mit einer gewissen komischen Feierlichkeit
ihre Offensive ankündigen, hat sich die deutsche Offensive nach un-
auffälligen, aber gründlicheren Vorbereitungen völlig unerwartet
und mit einem Schlage der staunenden Welt kundgetan. Das Mär-
chen von der Ermüdung und der Zermürbung der deutschen Truppen
ist ausgeträumt, und unsere Feinde haben erfahren müssen, daß
wir heute noch so rüstig sind wie in den ersten Kriegsmonaten,
nicht nur um unseren Heimatsboden zu verteidigen, sondern auch
um den Kampf mit Erfolg auf feindlichem Gebiete auszufechten.
Was nun speziell die Vorgänge auf der langen Front im Westen
betrifft, so ist der Haupterfolg der vergangenen Woche mit dem
einen Namen Ypern gekennzeichnet. Wir lassen aber zunächst
die Telegramme über die jenem siegreichen Tage vorausgehenden
Kämpfe folgen:

*

30. April:

An der Küste herrschte rege feindliche Fliegertätig-
keit.
Fliegerbomben richteten in Ostende erheblichen Schaden an
Häusern an. Die Festung Dünkirchen wurde gestern von uns
unter Artilleriefeuer genommen. In Flandern verlief der Tag
ohne besondere Ereignisse. Nachts griff der Feind zwischen Steen-
straate und Het Sas an. Das Gefecht dauert noch an. Die Brücken-
köpfe auf dem westlichen Kanalufer bei den Orten Steenstraate und
Het Sas sind von uns ausgebaut und fest in unserer Hand.

Oestlich des Kanals nördlich von Ypern versuchten Zuaven
und Turkos unseren rechten Flügel anzugreifen. Ihr Angriff brach
in unserem Feuer zusammen. In der Champagne nördlich
von Le Mesnil konnten die Franzosen nichts von der ihnen
vorgestern entrissenen Stellung wiedergewinnen. Die 1000 Meter
breite und 300 Meter tiefe Befestigungsgruppe ist von uns in ihrem
vollen Umfang umgebaut und wird gehalten. In den Argon-
nen
erstürmten unsere Truppen nördlich von Le Fours de Paris
einen feindlichen Schützengraben, nahmen 1 Offizier und 30 Mann
gefangen und hielten das eroberte Gelände gegen mehrfache feind-
liche Gegenangriffe. Bei Cornay am Ostrande der Argonnen
stürzte ein feindliches Flugzeug ab; die Insassen sind tot.

Zwischen Maas und Mosel griffen die Franzosen gestern
die von uns eroberten Stellungen auf den Maashöhen erfolglos
an. Auch nördlich von Flirey scheiterte ein feindlicher Angriff
unter starken Verlusten.

[Spaltenumbruch]

Bei den Kämpfen auf den Maashöhen vom 24. bis 28. April
haben die Franzosen allein an Gefangenen 43 Offiziere, darunter
3 Regimentskommandeure, und rund 4000 Mann verloren. Die
Küstenbefestigung Harwich an der englischen Ostküste wurde heute
nacht mit Bomben belegt.

1. Mai.

Die gestern gemeldeten Kämpfe auf dem westlichen Kanalufer
nordwestlich von Ypern endeten mit einem sehr verlustreichen
Mißerfolg des Feindes. Oestlich des Kanals, nördlich von Ypern,
stieß der Feind mehrmals vergeblich vor. Die Festung Dün-
kirchen
wurde weiter unter Artilleriefeuer gehalten.

Zwischen Maas und Mosel kam es zu Infanteriekämpfen
nur in der Gegend zwischen Ailly und Apremont. Die französischen
Angriffe scheiterten gänzlich unter starken Verlusten.

Am 29. April wurde Reims in Erwiderung auf die Be-
schießung unserer rückwärtigen Ruheortschaften mit einigen Granaten
beworfen. Da der Feind die Bedeutung dieses unseres Vorgehens
sehr gut kennt, würde es ihm leicht sein, Reims vor einer Be-
schießung zu bewahren.

Der Feind verlor gestern wieder drei Flugzeuge. Ein eng-
lisches Flugzeug
wurde südwestlich von Thielt herunter-
geschossen,
ein anderes Flugzeug wurde bei Wieltje nordöstlich
von Ypern, zum Absturz gebracht und zusammengeschossen. Das
dritte Flugzeug wurde aus einem feindlichen Geschwader heraus
bei Nieder-Sulzbach im Elsaß zur Landung gezwungen.

2. Mai:

In Flandern versuchte der Gegner nach sehr starker Artil-
lerievorbereitung wiederum gegen unsere neue Stellung nordöstlich
von Ypern anzurennen, und zwar griffen die Franzosen zwischen
Kanal und Straße Ypern--St. Julien energisch, die Engländer öst-
lich davon matt an. Die Bemühungen waren namentlich infolge
unseres sehr wirksamen Flanken- und Rückenfeuers aus Gegend
von Broodseind und Beldhock gänzlich erfolglos. Drei Maschinen-
gewehre blieben in unseren Händen.

In den Argonnen machten unsere Angriffe nördlich von
Le Four de Paris gute Fortschritte. Trotz heftigster Gegenwehr
verloren die Franzosen mehrere Gräben und 156 Gefangene.

Zwischen Maas und Mosel kam es nur im Priester-
walde
zu heftigen Kämpfen, wo die Franzosen mehrere Male in
großen Massen angriffen. Wir schlugen diese Angriffe, die stellen-
weise bis in unsere Gräben gelangten, unter starken Verlusten für
den Feind ab und machten 90 Gefangene.

München.
Allgemeine Zeitung
Nummer 19.
München, Samstag, 08. Mai 1915.
118. Jahrgang.
Erſcheint einmal wöchentlich.
[Spaltenumbruch]
Die Allgemeine Zeitung koſtet für München durch Trägerin und
Zeitungsgeſchäfte monatlich Mk. 1.—, durch alle deutſchen Poſt-
anſtalten monatlich Mk. 1.50, unter Streiſband in Deutſchland und
Oeſterreich-Ungarn Mk. 2.—, ins Ausland M. 2.25.
Die Hauptexpedition, Müllerſtr. 27, alle Buchhandlungen, Zeitungs-
expeditionen und Poſtanſtalten nehmen Beſtellungen entgegen.
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Inſeratenpreiſe: die viergeſpaltene Ronpareillezeile 50 Pfg.,
Reklamezeile 1 Mk. 50 Pfg.; bei Wiederholungen entſprechenden
Rabatt. Münchener Lokalanzeigen nach aufliegendem Tarif.
Inſerate nehmen entgegen die Hauptexpedition München, Müller-
ſtraße 27/29, und alle Annoncen-Expeditionen.
Telephon: Redaktion, Expedition und Verlag Amt München 23821.
Redaktion und Expedition: München, Müllerſtraße 27/29.
Inhalt:

[Spaltenumbruch]
Seite
Kriegs-Chronik.
Der Feind im Weſten — Der
Feind im Oſten — England —
Türkei _ _ 277
Politik und Wirtſchaft
Englands innere Kämpfe. Von
Dr. Frhrn. v. Mackay _ _ 282
[Spaltenumbruch]
Seite
Theater und Muſik
Münchener Konzerte. Von H. _ _ 284
Kunſt und Literatur:
Krieg und Geiſt _ _ 284
Geſellſchaft für künſtleriſche Kultur.
Von Dr. Max Zerbſt _ _ 285
[Spaltenumbruch]
Feuilleton
_ _ Seite
Die ſchwere Weltenſtunde. Gedicht
von Wolfgang Oskar _ _ 285
Deutſchlands Zukunft. Gedicht von
Robert Hamerling _ _ 285
Kriegs-Literatur _ _ 286
Ban unſeren Hochſchulen _ _ 288
Handel und Induſtrie _ _ 289



Kriegs-Chronik.
[Spaltenumbruch]
Der Feind im Weſten.

Gleich die erſten Tage des Wonnemonats Mai haben uns
herrliche Siege in Oſt und Weſt, in Nord und Süd gebracht. Wäh-
rend unſere Feinde ſtets mit einer gewiſſen komiſchen Feierlichkeit
ihre Offenſive ankündigen, hat ſich die deutſche Offenſive nach un-
auffälligen, aber gründlicheren Vorbereitungen völlig unerwartet
und mit einem Schlage der ſtaunenden Welt kundgetan. Das Mär-
chen von der Ermüdung und der Zermürbung der deutſchen Truppen
iſt ausgeträumt, und unſere Feinde haben erfahren müſſen, daß
wir heute noch ſo rüſtig ſind wie in den erſten Kriegsmonaten,
nicht nur um unſeren Heimatsboden zu verteidigen, ſondern auch
um den Kampf mit Erfolg auf feindlichem Gebiete auszufechten.
Was nun ſpeziell die Vorgänge auf der langen Front im Weſten
betrifft, ſo iſt der Haupterfolg der vergangenen Woche mit dem
einen Namen Ypern gekennzeichnet. Wir laſſen aber zunächſt
die Telegramme über die jenem ſiegreichen Tage vorausgehenden
Kämpfe folgen:

*

30. April:

An der Küſte herrſchte rege feindliche Fliegertätig-
keit.
Fliegerbomben richteten in Oſtende erheblichen Schaden an
Häuſern an. Die Feſtung Dünkirchen wurde geſtern von uns
unter Artilleriefeuer genommen. In Flandern verlief der Tag
ohne beſondere Ereigniſſe. Nachts griff der Feind zwiſchen Steen-
ſtraate und Het Sas an. Das Gefecht dauert noch an. Die Brücken-
köpfe auf dem weſtlichen Kanalufer bei den Orten Steenſtraate und
Het Sas ſind von uns ausgebaut und feſt in unſerer Hand.

Oeſtlich des Kanals nördlich von Ypern verſuchten Zuaven
und Turkos unſeren rechten Flügel anzugreifen. Ihr Angriff brach
in unſerem Feuer zuſammen. In der Champagne nördlich
von Le Mesnil konnten die Franzoſen nichts von der ihnen
vorgeſtern entriſſenen Stellung wiedergewinnen. Die 1000 Meter
breite und 300 Meter tiefe Befeſtigungsgruppe iſt von uns in ihrem
vollen Umfang umgebaut und wird gehalten. In den Argon-
nen
erſtürmten unſere Truppen nördlich von Le Fours de Paris
einen feindlichen Schützengraben, nahmen 1 Offizier und 30 Mann
gefangen und hielten das eroberte Gelände gegen mehrfache feind-
liche Gegenangriffe. Bei Cornay am Oſtrande der Argonnen
ſtürzte ein feindliches Flugzeug ab; die Inſaſſen ſind tot.

Zwiſchen Maas und Moſel griffen die Franzoſen geſtern
die von uns eroberten Stellungen auf den Maashöhen erfolglos
an. Auch nördlich von Flirey ſcheiterte ein feindlicher Angriff
unter ſtarken Verluſten.

[Spaltenumbruch]

Bei den Kämpfen auf den Maashöhen vom 24. bis 28. April
haben die Franzoſen allein an Gefangenen 43 Offiziere, darunter
3 Regimentskommandeure, und rund 4000 Mann verloren. Die
Küſtenbefeſtigung Harwich an der engliſchen Oſtküſte wurde heute
nacht mit Bomben belegt.

1. Mai.

Die geſtern gemeldeten Kämpfe auf dem weſtlichen Kanalufer
nordweſtlich von Ypern endeten mit einem ſehr verluſtreichen
Mißerfolg des Feindes. Oeſtlich des Kanals, nördlich von Ypern,
ſtieß der Feind mehrmals vergeblich vor. Die Feſtung Dün-
kirchen
wurde weiter unter Artilleriefeuer gehalten.

Zwiſchen Maas und Moſel kam es zu Infanteriekämpfen
nur in der Gegend zwiſchen Ailly und Apremont. Die franzöſiſchen
Angriffe ſcheiterten gänzlich unter ſtarken Verluſten.

Am 29. April wurde Reims in Erwiderung auf die Be-
ſchießung unſerer rückwärtigen Ruheortſchaften mit einigen Granaten
beworfen. Da der Feind die Bedeutung dieſes unſeres Vorgehens
ſehr gut kennt, würde es ihm leicht ſein, Reims vor einer Be-
ſchießung zu bewahren.

Der Feind verlor geſtern wieder drei Flugzeuge. Ein eng-
liſches Flugzeug
wurde ſüdweſtlich von Thielt herunter-
geſchoſſen,
ein anderes Flugzeug wurde bei Wieltje nordöſtlich
von Ypern, zum Abſturz gebracht und zuſammengeſchoſſen. Das
dritte Flugzeug wurde aus einem feindlichen Geſchwader heraus
bei Nieder-Sulzbach im Elſaß zur Landung gezwungen.

2. Mai:

In Flandern verſuchte der Gegner nach ſehr ſtarker Artil-
lerievorbereitung wiederum gegen unſere neue Stellung nordöſtlich
von Ypern anzurennen, und zwar griffen die Franzoſen zwiſchen
Kanal und Straße Ypern—St. Julien energiſch, die Engländer öſt-
lich davon matt an. Die Bemühungen waren namentlich infolge
unſeres ſehr wirkſamen Flanken- und Rückenfeuers aus Gegend
von Broodſeind und Beldhock gänzlich erfolglos. Drei Maſchinen-
gewehre blieben in unſeren Händen.

In den Argonnen machten unſere Angriffe nördlich von
Le Four de Paris gute Fortſchritte. Trotz heftigſter Gegenwehr
verloren die Franzoſen mehrere Gräben und 156 Gefangene.

Zwiſchen Maas und Moſel kam es nur im Prieſter-
walde
zu heftigen Kämpfen, wo die Franzoſen mehrere Male in
großen Maſſen angriffen. Wir ſchlugen dieſe Angriffe, die ſtellen-
weiſe bis in unſere Gräben gelangten, unter ſtarken Verluſten für
den Feind ab und machten 90 Gefangene.

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[0003] München.Allgemeine Zeitung Nummer 19. München, Samstag, 08. Mai 1915. 118. Jahrgang. Erſcheint einmal wöchentlich. Die Allgemeine Zeitung koſtet für München durch Trägerin und Zeitungsgeſchäfte monatlich Mk. 1.—, durch alle deutſchen Poſt- anſtalten monatlich Mk. 1.50, unter Streiſband in Deutſchland und Oeſterreich-Ungarn Mk. 2.—, ins Ausland M. 2.25. Die Hauptexpedition, Müllerſtr. 27, alle Buchhandlungen, Zeitungs- expeditionen und Poſtanſtalten nehmen Beſtellungen entgegen. [Abbildung] Inſeratenpreiſe: die viergeſpaltene Ronpareillezeile 50 Pfg., Reklamezeile 1 Mk. 50 Pfg.; bei Wiederholungen entſprechenden Rabatt. Münchener Lokalanzeigen nach aufliegendem Tarif. Inſerate nehmen entgegen die Hauptexpedition München, Müller- ſtraße 27/29, und alle Annoncen-Expeditionen. Telephon: Redaktion, Expedition und Verlag Amt München 23821. Redaktion und Expedition: München, Müllerſtraße 27/29. Inhalt: Seite Kriegs-Chronik. Der Feind im Weſten — Der Feind im Oſten — England — Türkei _ _ 277 Politik und Wirtſchaft Englands innere Kämpfe. Von Dr. Frhrn. v. Mackay _ _ 282 Seite Theater und Muſik Münchener Konzerte. Von H. _ _ 284 Kunſt und Literatur: Krieg und Geiſt _ _ 284 Geſellſchaft für künſtleriſche Kultur. Von Dr. Max Zerbſt _ _ 285 Feuilleton _ _ Seite Die ſchwere Weltenſtunde. Gedicht von Wolfgang Oskar _ _ 285 Deutſchlands Zukunft. Gedicht von Robert Hamerling _ _ 285 Kriegs-Literatur _ _ 286 Ban unſeren Hochſchulen _ _ 288 Handel und Induſtrie _ _ 289 Kriegs-Chronik. Der Feind im Weſten. Gleich die erſten Tage des Wonnemonats Mai haben uns herrliche Siege in Oſt und Weſt, in Nord und Süd gebracht. Wäh- rend unſere Feinde ſtets mit einer gewiſſen komiſchen Feierlichkeit ihre Offenſive ankündigen, hat ſich die deutſche Offenſive nach un- auffälligen, aber gründlicheren Vorbereitungen völlig unerwartet und mit einem Schlage der ſtaunenden Welt kundgetan. Das Mär- chen von der Ermüdung und der Zermürbung der deutſchen Truppen iſt ausgeträumt, und unſere Feinde haben erfahren müſſen, daß wir heute noch ſo rüſtig ſind wie in den erſten Kriegsmonaten, nicht nur um unſeren Heimatsboden zu verteidigen, ſondern auch um den Kampf mit Erfolg auf feindlichem Gebiete auszufechten. Was nun ſpeziell die Vorgänge auf der langen Front im Weſten betrifft, ſo iſt der Haupterfolg der vergangenen Woche mit dem einen Namen Ypern gekennzeichnet. Wir laſſen aber zunächſt die Telegramme über die jenem ſiegreichen Tage vorausgehenden Kämpfe folgen: * 30. April: An der Küſte herrſchte rege feindliche Fliegertätig- keit. Fliegerbomben richteten in Oſtende erheblichen Schaden an Häuſern an. Die Feſtung Dünkirchen wurde geſtern von uns unter Artilleriefeuer genommen. In Flandern verlief der Tag ohne beſondere Ereigniſſe. Nachts griff der Feind zwiſchen Steen- ſtraate und Het Sas an. Das Gefecht dauert noch an. Die Brücken- köpfe auf dem weſtlichen Kanalufer bei den Orten Steenſtraate und Het Sas ſind von uns ausgebaut und feſt in unſerer Hand. Oeſtlich des Kanals nördlich von Ypern verſuchten Zuaven und Turkos unſeren rechten Flügel anzugreifen. Ihr Angriff brach in unſerem Feuer zuſammen. In der Champagne nördlich von Le Mesnil konnten die Franzoſen nichts von der ihnen vorgeſtern entriſſenen Stellung wiedergewinnen. Die 1000 Meter breite und 300 Meter tiefe Befeſtigungsgruppe iſt von uns in ihrem vollen Umfang umgebaut und wird gehalten. In den Argon- nen erſtürmten unſere Truppen nördlich von Le Fours de Paris einen feindlichen Schützengraben, nahmen 1 Offizier und 30 Mann gefangen und hielten das eroberte Gelände gegen mehrfache feind- liche Gegenangriffe. Bei Cornay am Oſtrande der Argonnen ſtürzte ein feindliches Flugzeug ab; die Inſaſſen ſind tot. Zwiſchen Maas und Moſel griffen die Franzoſen geſtern die von uns eroberten Stellungen auf den Maashöhen erfolglos an. Auch nördlich von Flirey ſcheiterte ein feindlicher Angriff unter ſtarken Verluſten. Bei den Kämpfen auf den Maashöhen vom 24. bis 28. April haben die Franzoſen allein an Gefangenen 43 Offiziere, darunter 3 Regimentskommandeure, und rund 4000 Mann verloren. Die Küſtenbefeſtigung Harwich an der engliſchen Oſtküſte wurde heute nacht mit Bomben belegt. 1. Mai. Die geſtern gemeldeten Kämpfe auf dem weſtlichen Kanalufer nordweſtlich von Ypern endeten mit einem ſehr verluſtreichen Mißerfolg des Feindes. Oeſtlich des Kanals, nördlich von Ypern, ſtieß der Feind mehrmals vergeblich vor. Die Feſtung Dün- kirchen wurde weiter unter Artilleriefeuer gehalten. Zwiſchen Maas und Moſel kam es zu Infanteriekämpfen nur in der Gegend zwiſchen Ailly und Apremont. Die franzöſiſchen Angriffe ſcheiterten gänzlich unter ſtarken Verluſten. Am 29. April wurde Reims in Erwiderung auf die Be- ſchießung unſerer rückwärtigen Ruheortſchaften mit einigen Granaten beworfen. Da der Feind die Bedeutung dieſes unſeres Vorgehens ſehr gut kennt, würde es ihm leicht ſein, Reims vor einer Be- ſchießung zu bewahren. Der Feind verlor geſtern wieder drei Flugzeuge. Ein eng- liſches Flugzeug wurde ſüdweſtlich von Thielt herunter- geſchoſſen, ein anderes Flugzeug wurde bei Wieltje nordöſtlich von Ypern, zum Abſturz gebracht und zuſammengeſchoſſen. Das dritte Flugzeug wurde aus einem feindlichen Geſchwader heraus bei Nieder-Sulzbach im Elſaß zur Landung gezwungen. 2. Mai: In Flandern verſuchte der Gegner nach ſehr ſtarker Artil- lerievorbereitung wiederum gegen unſere neue Stellung nordöſtlich von Ypern anzurennen, und zwar griffen die Franzoſen zwiſchen Kanal und Straße Ypern—St. Julien energiſch, die Engländer öſt- lich davon matt an. Die Bemühungen waren namentlich infolge unſeres ſehr wirkſamen Flanken- und Rückenfeuers aus Gegend von Broodſeind und Beldhock gänzlich erfolglos. Drei Maſchinen- gewehre blieben in unſeren Händen. In den Argonnen machten unſere Angriffe nördlich von Le Four de Paris gute Fortſchritte. Trotz heftigſter Gegenwehr verloren die Franzoſen mehrere Gräben und 156 Gefangene. Zwiſchen Maas und Moſel kam es nur im Prieſter- walde zu heftigen Kämpfen, wo die Franzoſen mehrere Male in großen Maſſen angriffen. Wir ſchlugen dieſe Angriffe, die ſtellen- weiſe bis in unſere Gräben gelangten, unter ſtarken Verluſten für den Feind ab und machten 90 Gefangene.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2023-04-24T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 19, 8. Mai 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine19_1915/3>, abgerufen am 21.11.2024.