Allgemeine Zeitung, Nr. 19, 16. Mai 1920.Allgemeine Zeitung 16. Mai 1920 [Spaltenumbruch]
Werk über die Pyrenäen. Auch er verdankt seinen Sieg indem Kampfe um das Erbe Schalls einem hochgestellten per- sönlichen Gönner, dem Prinzen Karl von Preußen. Im Jahre 1828 nahm die Neue Breslauer Zeitung, wie Die Jahre der Reaktion von 1850--1858 brachten na- Kunst und Literatur Hans Thoma als Dichter. Der große deutsche Maler Hans Thoma ist auch, was nicht Weniger bekannt ist, daß Hans Thoma auch auf lyrischem Ich forsche nicht, ich grüble nicht, Ich glaube nicht Was man mir auch sage, Mein Leben treib' ich ruhig hin, Mich kümmert nicht Das Ende meiner Tage. Allgemeine Zeitung 16. Mai 1920 [Spaltenumbruch]
Werk über die Pyrenäen. Auch er verdankt ſeinen Sieg indem Kampfe um das Erbe Schalls einem hochgeſtellten per- ſönlichen Gönner, dem Prinzen Karl von Preußen. Im Jahre 1828 nahm die Neue Breslauer Zeitung, wie Die Jahre der Reaktion von 1850—1858 brachten na- Kunſt und Literatur Hans Thoma als Dichter. Der große deutſche Maler Hans Thoma iſt auch, was nicht Weniger bekannt iſt, daß Hans Thoma auch auf lyriſchem Ich forſche nicht, ich grüble nicht, Ich glaube nicht Was man mir auch ſage, Mein Leben treib’ ich ruhig hin, Mich kümmert nicht Das Ende meiner Tage. <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <p><pb facs="#f0006" n="184"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung</hi> 16. Mai 1920</fw><lb/><cb/> Werk über die Pyrenäen. 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November 1843 zum erſtenmal nachdrücklich hinweiſt;<lb/> ſonſt aber zeigt ſich, wie Oehlke ſelbſt betont, in der inneren<lb/> wie in der äußeren Politik ein fortwährendes Schwanken<lb/> und Schaukeln. Dafür zeigte Herr v. Vaerſt viel Intereſſe<lb/> für die Verbeſſerung und insbeſondere für die Beſchleuni-<lb/> gung des Nachrichtendienſtes. Da die Berliner Zeitungen<lb/> am Tage nach ihrem Erſcheinen abends um 9 Uhr in Breslau<lb/> ankamen, ſo daß ſie den dortigen Redaktionen erſt am<lb/> Morgen des dritten Tages vorlagen, ließ er ſie von 1845 ab<lb/> durch beſondere Boten von Berlin mit der Bahn nach Frank-<lb/> furt a. d. Oder befördern, wo ſie noch an demſelben Abend<lb/> anlangten; von dort nach Bunzlau (etwa 160 Kilometer)<lb/> wurde eine Reiterlinie angelegt und ſo der vormittags<lb/> 3½ Uhr nach Breslau abgehende Zug erreicht, der die Zei-<lb/> tungen um die Mittagszeit nach Breslau brachte. 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Der Gedanke<lb/> einer ſchleſiſchen Sonderrepublik wird verworfen, zunächſt<lb/> aber auch der eines <hi rendition="#g">deutſchen</hi> Kaiſer- oder Königtums.<lb/> Der wahre Charakter Deutſchlands werde immer der einer<lb/> föderativen Republik bleiben müſſen, mit der ſich eine kon-<lb/> ſtitutionell-monarchiſche Derfaſſung der Einzelſtaaten wohl<lb/> vertrage. Ein Jahr ſpäter wird dann neuerdings die Ab-<lb/> lehnung der Kaiſerkrone durch Friedrich Wilhelm <hi rendition="#aq">IV.</hi> bitter<lb/> beklagt. Beſonders aktuell klingt, was die Breslauer Zei-<lb/> tung für den reinen Nationalſtaat und den Völkerbund<lb/> ſchreibt: in <hi rendition="#g">Poſen</hi> habe nach ihrer Meinung eine Volks-<lb/> abſtimmung über die Zugehörigkeit der einzelnen Kreiſe zu<lb/><hi rendition="#g">Polen</hi> oder zu Preußen entſcheiden: „In dem Großherzog-<lb/> tum <hi rendition="#g">Poſen</hi> laſſen ſich die Grenzen jetzt in ihrer Reinheit<lb/> nicht herſtellen. 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Aber neben dem unentſchiedenen leitenden Redakteur<lb/> Dr. Nimbs trat jetzt der entſchloſſene demokratiſche Mit-<lb/> arbeiter Dr. Julius Stein hervor, der Urheber der heute<lb/> wieder merkwürdig zeitgemäßen Steinſchen Anträge in der<lb/> preußiſchen Nationalverſammlung, über die das Miniſterium<lb/> Auerswald-Hanſemann zu Falle kam.</p><lb/> <p>Die Jahre der Reaktion von 1850—1858 brachten na-<lb/> türlich ein Abflauen des politiſchen Lebens in die Zeitung,<lb/> aber manchen zeitungstechniſchen Fortſchritt, wie die erſten<lb/> (Wolffſchen) Depeſchen im Jahre 1850, eine zweite Tages-<lb/> ausgabe (Mittagsblatt) im Jahre 1853, auch gelegentlich<lb/> einen journaliſtiſchen Triumph wie die vorſichtige Haltung<lb/> gegenüber der „Tatarennachricht“ vom Falle Sebaſtopols<lb/> und die Erhebung der Breslauer Zeitung zum Regierungs-<lb/><cb/> organ. 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Wenn<lb/> es eine gewaltige Leiſtung iſt, daß ein vielbeſchäftigter Ver-<lb/> leger und Redakteur ein ſolches Werk ſelber ſchreibt, noch<lb/> dazu in den Sturmtagen von Krieg und Revolution, ſo iſt<lb/> ſie hier vortrefflich gelungen. 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Wie ein Fels aus<lb/> längſt vergangenen Zeiten, da ſich die Welt noch im Geiſte der<lb/> Meiſter zu vollendeter Harmonie ründete, ſo ſteht Thoma im<lb/> wirren Strudel der Gegenwart. Schlicht, ungekünſtelt, ohne<lb/> jede Poſe, mit offenen Augen und offenem Herzen tritt der<lb/> Künſtler der Natur, die ihm Allmutter des Schaffens iſt, gegen-<lb/> über; in gleicher Weiſe ſteht der Dichter Thoma der unendlichen<lb/> Herrlichkeit, dem ewig neuen Erlebnis gegenüber, das ihm<lb/> Wald, Strom, Tal und Wieſen bedeuten.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Ich forſche nicht, ich grüble nicht,</l><lb/> <l>Ich glaube nicht</l><lb/> <l>Was man mir auch ſage,</l><lb/> <l>Mein Leben treib’ ich ruhig hin,</l><lb/> <l>Mich kümmert nicht</l><lb/> <l>Das Ende meiner Tage.</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [184/0006]
Allgemeine Zeitung 16. Mai 1920
Werk über die Pyrenäen. Auch er verdankt ſeinen Sieg in
dem Kampfe um das Erbe Schalls einem hochgeſtellten per-
ſönlichen Gönner, dem Prinzen Karl von Preußen.
Im Jahre 1828 nahm die Neue Breslauer Zeitung, wie
ſie ſich zuerſt genannt hatte, den Namen Breslauer Zeitung
an und ging vom viermaligen zum wöchentlich ſechsmaligen
Erſcheinen über. Die Politik ſpielt noch lange keine ernſt-
hafte Rolle; ſoweit Stellung genommen wird, wie z. B. zur
Braunſchweiger Revolution, geſchieht es in ärmlichſt gouver-
nementalem Sinne. In religiöſen und ſozialpolitiſchen Fra-
gen vertritt die Zeitung allerdings einen entſchieden fort-
ſchrittlichen Standpunkt, und ſie nimmt ſich mit Wärme der
Bewegung Johannes Ronges wie der Not der Spinner und
Weber im ſchleſiſchen Gebirge an, auf die ein Artikel vom
18. November 1843 zum erſtenmal nachdrücklich hinweiſt;
ſonſt aber zeigt ſich, wie Oehlke ſelbſt betont, in der inneren
wie in der äußeren Politik ein fortwährendes Schwanken
und Schaukeln. Dafür zeigte Herr v. Vaerſt viel Intereſſe
für die Verbeſſerung und insbeſondere für die Beſchleuni-
gung des Nachrichtendienſtes. Da die Berliner Zeitungen
am Tage nach ihrem Erſcheinen abends um 9 Uhr in Breslau
ankamen, ſo daß ſie den dortigen Redaktionen erſt am
Morgen des dritten Tages vorlagen, ließ er ſie von 1845 ab
durch beſondere Boten von Berlin mit der Bahn nach Frank-
furt a. d. Oder befördern, wo ſie noch an demſelben Abend
anlangten; von dort nach Bunzlau (etwa 160 Kilometer)
wurde eine Reiterlinie angelegt und ſo der vormittags
3½ Uhr nach Breslau abgehende Zug erreicht, der die Zei-
tungen um die Mittagszeit nach Breslau brachte. Das be-
deutete für die redaktionelle Verwertung in Breslau einen
Vorſprung um einen vollen Tag. Die Zeitung iſt denn auch
um dieſe Zeit ein blühendes Geſchäft. Eine hochintereſſante
Ertragsberechnung weiſt für 1846 folgende Zahlen auf:
1500 Stadtabonnenten 18,000 M., 2500 auswärtige Bezieher
16,000 M., 972 Seiten Inſerate zu je 480 Petitzeilen
45,000 M., zuſammen 79,000 M.; Druck und Papier 35,000
Mark, Honorare 10,000 M., abonnierte Zeitungen 3000 M.,
Expedition, Redaktion, Miete uſw. 6000 M., zuſammen
54,000 M., macht eine Reineinnahme von jährlich 25,000 M.
Am 20. Mai des Revolutionsjahres 1848 verkündet große
Fettſchrift den „erſten zenſurfreien Druck“. Der Gedanke
einer ſchleſiſchen Sonderrepublik wird verworfen, zunächſt
aber auch der eines deutſchen Kaiſer- oder Königtums.
Der wahre Charakter Deutſchlands werde immer der einer
föderativen Republik bleiben müſſen, mit der ſich eine kon-
ſtitutionell-monarchiſche Derfaſſung der Einzelſtaaten wohl
vertrage. Ein Jahr ſpäter wird dann neuerdings die Ab-
lehnung der Kaiſerkrone durch Friedrich Wilhelm IV. bitter
beklagt. Beſonders aktuell klingt, was die Breslauer Zei-
tung für den reinen Nationalſtaat und den Völkerbund
ſchreibt: in Poſen habe nach ihrer Meinung eine Volks-
abſtimmung über die Zugehörigkeit der einzelnen Kreiſe zu
Polen oder zu Preußen entſcheiden: „In dem Großherzog-
tum Poſen laſſen ſich die Grenzen jetzt in ihrer Reinheit
nicht herſtellen. Wir werden auch in Zukunft an den Sün-
den unſerer Väter zu büßen haben. Aber Polen und Deutſche
müſſen dieſe Strafe gemeinſam tragen, denn wir haben
gemeinſam geſündigt.“ Natürlich fehlte es nicht an ſcharfem
Widerſpruch gegen dieſe rein demokratiſche Polenpolitik, der
häufig in „Inſeraten“, d. h. in „Eingeſandten“ zu Worte
kam. Aber neben dem unentſchiedenen leitenden Redakteur
Dr. Nimbs trat jetzt der entſchloſſene demokratiſche Mit-
arbeiter Dr. Julius Stein hervor, der Urheber der heute
wieder merkwürdig zeitgemäßen Steinſchen Anträge in der
preußiſchen Nationalverſammlung, über die das Miniſterium
Auerswald-Hanſemann zu Falle kam.
Die Jahre der Reaktion von 1850—1858 brachten na-
türlich ein Abflauen des politiſchen Lebens in die Zeitung,
aber manchen zeitungstechniſchen Fortſchritt, wie die erſten
(Wolffſchen) Depeſchen im Jahre 1850, eine zweite Tages-
ausgabe (Mittagsblatt) im Jahre 1853, auch gelegentlich
einen journaliſtiſchen Triumph wie die vorſichtige Haltung
gegenüber der „Tatarennachricht“ vom Falle Sebaſtopols
und die Erhebung der Breslauer Zeitung zum Regierungs-
organ. Der neue politiſche Aufſchwung aber wird bezeichnet
durch den ſchon erwähnten Uebergang in den Verlag Tre-
wendt und die leitende Tätigkeit Dr. Steins vom 1. April
1859 ab. Nun beginnt die Tätigkeit der beſten Federn für
die Breslauer Zeitung, von denen nur Julius Rodenberg
und Dr. Alexander Meyer genannt ſein mögen. Im übrigen
können wir der weiteren Entwicklung der Zeitung an dieſer
Stelle leider nicht folgen. Vom Jahre 1896 an, in dem er
ſelbſt die Leitung des Blattes übernahm, beſchränkt ſich der
jetzige Verleger und Chefredakteur auf einen Ueberblick
mit Namen und Daten. Auch dieſe Kapitel ſind ein wert-
volles Stück Zeitungs- und Zeitgeſchichte; bis dahin aber iſt
das Jubiläumswerk Dr. Alfred Oehlkes das unterhaltendſte
und anziehendſte, das jemals geſchrieben worden iſt. Wenn
es eine gewaltige Leiſtung iſt, daß ein vielbeſchäftigter Ver-
leger und Redakteur ein ſolches Werk ſelber ſchreibt, noch
dazu in den Sturmtagen von Krieg und Revolution, ſo iſt
ſie hier vortrefflich gelungen. Das Buch iſt durch und durch
journaliſtiſch geſchrieben und das iſt ihm — die zünftigen
Herren Hiſtoriker mögen verzeihen — ausgezeichnet be-
kommen.
D … z
Kunſt und Literatur
Hans Thoma als Dichter.
Von Hans Gäfgen.
Der große deutſche Maler Hans Thoma iſt auch, was nicht
alle wiſſen, ein Meiſter des Wortes, ein Geſtalter der Sprache,
dem, was Urwüchſigkeit und Bildhaftigkeit des Ausdruckes an-
betrifft, wenige an die Seite zu ſtellen ſind. Seine bei Eugen
Diederichs in Jena erſchienenen Proſabücher „Die zwiſchen Zeit
und Ewigkeit unſicher flatternde Seele“, „Seeligkeit nach Wirr-
wahns Zeit“ und „Zufriedenheit“, ſein Erinnerungsbuch „Im
Herbſte des Lebens“ wie das zu ſeinem 80. Geburtstag erſchie-
nene Werk „Im Winter des Lebens“ ſind in weitere Kreiſe ein-
gedrungen.
Weniger bekannt iſt, daß Hans Thoma auch auf lyriſchem
Gebiete recht Beachtenswertes geſchaffen hat. Dr. Kurt Karl
Eberlein hat es in einem bei Reuß & Itta in Konſtanz er-
ſchienenen Bändchen: Hans Thoma „Gedichte und Gedanken“
unternommen, eine Auswahl aus den Gedichten, Tagebuch-
blättern und Sprüchen des Meiſters zu treffen. Der Karlsruher
Kunſthiſtoriker hat einen feinen, das Weſen Thomas trefflich
analyſierenden Aufſatz angefügt, der, ebenſo wie die ſtimmungs-
volle Widmung, erweiſt, daß hier eine Hand gewaltet hat, die
des Meiſters Schaffen in ſeinen tiefſten Regungen erfaßt und
erfüllt hat. Hans Thoma ſelbſt aber überraſcht in den Ge-
dichten durch ſeine ſeinem maleriſchen und zeichneriſchen Werk
kongeniale Erlebnisinnigkeit. Mit Recht weiſt Eberlein auf
die zahlreichen Fäden hin, die ſich zwiſchen dem Meiſter Albrecht
Dürer und Hans Thoma ſpannen. In ihrem Empfinden, ihrer
Auffaſſung der Welt und ihres Weſens ſind ſich beide innig
verwandt. Dürer wie Thoma lieben es, ſich nicht nur mit
Pinſel und Zeichenſtift, ſondern auch in Worten mit allem, was
ihre Tage durchzieht, auseinanderzuſetzen. Wie ein Fels aus
längſt vergangenen Zeiten, da ſich die Welt noch im Geiſte der
Meiſter zu vollendeter Harmonie ründete, ſo ſteht Thoma im
wirren Strudel der Gegenwart. Schlicht, ungekünſtelt, ohne
jede Poſe, mit offenen Augen und offenem Herzen tritt der
Künſtler der Natur, die ihm Allmutter des Schaffens iſt, gegen-
über; in gleicher Weiſe ſteht der Dichter Thoma der unendlichen
Herrlichkeit, dem ewig neuen Erlebnis gegenüber, das ihm
Wald, Strom, Tal und Wieſen bedeuten.
Ich forſche nicht, ich grüble nicht,
Ich glaube nicht
Was man mir auch ſage,
Mein Leben treib’ ich ruhig hin,
Mich kümmert nicht
Das Ende meiner Tage.
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(2023-04-24T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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