Allgemeine Zeitung, Nr. 19, 23. Januar 1929.WIRTSCHAFT & BÖRSE Börsen-Dämmerung "Es fehlt nicht an Stimmen, die eine wei- (Börsenbetrachtung der "AZ" vom Die Kursstürze nehmen nach und nach Mit nichten, naiver Leser, dem ist -- gott- Der Kehraus, der momentan in den Hat sich dann das Kursniveau genügend Und die Moral von der Geschichte! Zum Zusammenbruch der Berliner Bankfirma G. Löwenberg & Co. Der Bankzusammenbruch Unter den Linden Der flüchtige Alleininhaber, Dr. J. Lewin, Die Höhe der Wechselfälschungen und der not- Erste Dollar-Freigabe bei Nordlloyd Beim Norddeutschen Lloyd sind nunmehr Es handelt sich noch nicht um eine Ab- Epple & Buxbaum, Augsburg Werk-Verkauf Die gestrige G.-V. ermächtigte die Ver- Ueber die Verkaufsverhandlungen, die noch J. H. Hammersen A.-G. Osnabrück Bei der Gesellschaft ist mit einem Dividen- Opposition gegen Adler-Sanierung Gegen die beabsichtigte Sanierung bei den MÜNCHENER BÖRSE Die heutige Börse Tendenz: Ruhig An der heutigen Auf dem Terminmarkte war der Verkehr In der Gruppe der variablen Werte Auf dem Versicherungsmarkte konn- Bei den Immobilienaktien liegen Neu- Restquoten liegen unregelmäßig, zum Teil BERLINER BÖRSE Amtlicher Verkehr Tendenz: Beruhigt Die starken Rück- geglückten Gewinntransaktionen zu Geld zu Die Geldverhältnisse sind enorm flüssig Bei den Banken konnten Reichsbank- Schiffahrtswerte lustlos. Hapag schwä- In der Gruppe der Montanpapiere lie- Von Warenhausaktien sind Karstadt Bier-Spritwerte ohne Belebung, Schult- Sehr lebhaft gefragt bleiben Otapi, welche Polyphon in kleinen Posten gefragt bei 425. Kaliaktien leicht aufgebessert. Aschersleben Einiges Geschäft in Farben bei 2563/4. Automobilpapiere wenig verändert. Elektroaktien etwas erholt bei kleineren A.E.G. 177 Geringfügige Deckungen bewirkten ein Höher- Zellstoffaktien wenig beachtet. Feld- In der Gruppe der diversen Papiere Neubesitzanleihe 14 1/8 . Im Verlaufe trat eine katastrophale Verflauung Nachbörse Tendenz: Kurseinbrüche An der Nachbört hörte man noch folgende [Tabelle] DER BÖRSENKIEBITZ 23. JanuarIn dem Maße als die deutschen Börsen ver- Im übrigen sind manche deutsche Aktien auf Frankfurter Kurse [Tabelle] BERLINER BÖRSENKURSE vom 22. Januar 1928 in Reichsmarkprozenten [Tabelle] AMTLICHER KURSBERICHT DER MÜNCHNER BÖRSE vom 22. Januar 1928 in Reichsmarkprozenten [Tabelle] WIRTSCHAFT & BÖRSE Börſen-Dämmerung „Es fehlt nicht an Stimmen, die eine wei- (Börſenbetrachtung der „AZ“ vom Die Kursſtürze nehmen nach und nach Mit nichten, naiver Leſer, dem iſt — gott- Der Kehraus, der momentan in den Hat ſich dann das Kursniveau genügend Und die Moral von der Geſchichte! Zum Zuſammenbruch der Berliner Bankfirma G. Löwenberg & Co. Der Bankzuſammenbruch Unter den Linden Der flüchtige Alleininhaber, Dr. J. Lewin, Die Höhe der Wechſelfälſchungen und der not- Erſte Dollar-Freigabe bei Nordlloyd Beim Norddeutſchen Lloyd ſind nunmehr Es handelt ſich noch nicht um eine Ab- Epple & Buxbaum, Augsburg Werk-Verkauf Die geſtrige G.-V. ermächtigte die Ver- Ueber die Verkaufsverhandlungen, die noch J. H. Hammerſen A.-G. Osnabrück Bei der Geſellſchaft iſt mit einem Dividen- Oppoſition gegen Adler-Sanierung Gegen die beabſichtigte Sanierung bei den MÜNCHENER BÖRSE Die heutige Börse Tendenz: Ruhig An der heutigen Auf dem Terminmarkte war der Verkehr In der Gruppe der variablen Werte Auf dem Verſicherungsmarkte konn- Bei den Immobilienaktien liegen Neu- Reſtquoten liegen unregelmäßig, zum Teil BERLINER BÖRSE Amtlicher Verkehr Tendenz: Beruhigt Die ſtarken Rück- geglückten Gewinntransaktionen zu Geld zu Die Geldverhältniſſe ſind enorm flüſſig Bei den Banken konnten Reichsbank- Schiffahrtswerte luſtlos. Hapag ſchwä- In der Gruppe der Montanpapiere lie- Von Warenhausaktien ſind Karſtadt Bier-Spritwerte ohne Belebung, Schult- Sehr lebhaft gefragt bleiben Otapi, welche Polyphon in kleinen Poſten gefragt bei 425. Kaliaktien leicht aufgebeſſert. Aſchersleben Einiges Geſchäft in Farben bei 256¾. Automobilpapiere wenig verändert. Elektroaktien etwas erholt bei kleineren A.E.G. 177 Geringfügige Deckungen bewirkten ein Höher- Zellſtoffaktien wenig beachtet. Feld- In der Gruppe der diverſen Papiere Neubeſitzanleihe 14⅛. Im Verlaufe trat eine kataſtrophale Verflauung Nachbörse Tendenz: Kurseinbrüche An der Nachbört hörte man noch folgende [Tabelle] DER BÖRSENKIEBITZ 23. JanuarIn dem Maße als die deutſchen Börſen ver- Im übrigen ſind manche deutſche Aktien auf Frankfurter Kurse [Tabelle] BERLINER BÖRSENKURSE vom 22. Januar 1928 in Reichsmarkprozenten [Tabelle] AMTLICHER KURSBERICHT DER MÜNCHNER BÖRSE vom 22. Januar 1928 in Reichsmarkprozenten [Tabelle] <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0007"/> <div type="jFinancialNews" n="1"> <head> <hi rendition="#aq">WIRTSCHAFT & BÖRSE</hi> </head><lb/> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Börſen-Dämmerung</hi> </head><lb/> <cit> <quote>„Es fehlt nicht an Stimmen, die eine wei-<lb/> tere Senkung des Kursniveaus als den ein-<lb/> zig möglichen Ausweg aus der verfahrenen<lb/> Situation begrüßen würden, und in der<lb/> Tat beſteht bei den führenden Kreiſen eine<lb/> Art freiwilliger Abſtinenz, die man, wenn<lb/> man ganz ſchwarz ſehen will, als <hi rendition="#g">die<lb/> Ruhe vor dem Sturm</hi> bezeichnen kann.<lb/> Jedenfalls tut man gut, weiter Gewehr bei<lb/> Fuß zu ſtehen und der Dinge zu harren, die<lb/> da kommen werden. —</quote> </cit><lb/> <p> <hi rendition="#c">(Börſenbetrachtung der „AZ“ vom<lb/> 12. Januar 1929.)</hi> </p><lb/> <p>Die Kursſtürze nehmen nach und nach<lb/> Ausmaße an, die das Intereſſe weiterer<lb/> Kreiſe nach den Börſenſälen hinlenken. Lau-<lb/> fen auch längſt keine Kundenengagements<lb/> mehr, jeder hat mehr oder weniger aus<lb/> einer beſſeren oder ſchlimmeren Zeit — wie<lb/> man es nennen will — Aktien herüber ge-<lb/> rettet in ſeinen Schreibtiſch oder in ſein<lb/> Bankſafe. Und mancher blättert noch ab und<lb/> zu aus lieber alter Gewohnheit Börſenbericht<lb/> und Kurszettel ſeiner Zeitung ein wenig<lb/> durch. Lieſt nun der Laie von Kurs „ein-<lb/> brüchen“, Baiſſen, Leerabgaben uſw., ſo<lb/> drängt ſich ihm wohl der bange Gedanke<lb/> auf, es müſſe doch wohl recht ſchlecht um<lb/> uns ſtehen, wenn die Kurſe derart weichen.</p><lb/> <p>Mit nichten, naiver Leſer, dem iſt — gott-<lb/> lob — nicht immer ſo. Abgeſehen von un-<lb/> ſerer prekären wirtſchaftlichen Lage und den<lb/> drohenden Bedrückungen der Reparations-<lb/> „Endregelung“ iſt Polen, in dieſem Falle<lb/> Deutſchland, noch nicht verloren.</p><lb/> <p>Der Kehraus, der momentan in den<lb/> Börſenräumen gehalten wird, richtet ſich<lb/> gegen ganz beſtimmte Leute. In der doch<lb/> immerhin ſich über einige Monate erſtrecken-<lb/> den Hauſſe des vorigen Herbſtes hatten ſich<lb/> — trotz aller gegenteiligen Verſicherungen —<lb/> viele große Engagements an Stellen ange-<lb/> ſammelt, die nicht ganz geſund auf der<lb/> Bruſt waren. Der durch den Bericht des<lb/> Reparationsagenten hervorgerufene Ten-<lb/> denzumſchwung brachte dieſe Stellen in<lb/> Nöten und ſo wiederholte ſich denn momen-<lb/> tan das zur Genüge bekannte Börſenmanö-<lb/> ver des „Abſchlachtens“ fauler Kunden. Wer<lb/> nicht unbedingt finanziell potent iſt, muß<lb/> daran glauben, und ſolange nicht der letzte<lb/> Schwachmatikus aus ſeinen angeſpannten<lb/> Engagements und häufig auch gleichzeitig<lb/> aus den Börſenſälen für immer „heraus“<lb/> iſt, wird keine Ruhe.</p><lb/> <p>Hat ſich dann das Kursniveau genügend<lb/> weit geſenkt und das Unwetter ſich ver-<lb/> zogen, dann lächelt wieder die Sonne, als ob<lb/> nichts vorgefallen wäre.</p><lb/> <p>Und die Moral von der Geſchichte!<lb/><hi rendition="#g">Spekuliere nicht, wenn du kein<lb/> Geld haſt.</hi></p><lb/> <byline>J. <hi rendition="#g">Badmann.</hi></byline> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Zum Zuſammenbruch der Berliner<lb/> Bankfirma G. Löwenberg & Co.</hi> </head><lb/> <p>Der Bankzuſammenbruch Unter den Linden<lb/> ſtellt ſich als einer der bedeutendſten Finanzkata-<lb/> ſtrophen der letzten Jahre dar. 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Dollar eingegangen.<lb/> was im weſentlichen den Gegenwert für die<lb/> ſeinerzeit beſchlagnahmten <hi rendition="#g">Hoboken-<lb/> Piers</hi> darſtellt.</p><lb/> <p>Es handelt ſich noch nicht um eine Ab-<lb/> ſchlagszahlung auf die geſamte Freigabefor-<lb/> derung, da die Entſchädigung der genannten<lb/> Piers auf Grund eines <hi rendition="#g">Sonderverfah-<lb/> rens</hi> erfolgte. In der jetzt erhaltenen<lb/> Summe ſind <hi rendition="#g">Zinſen</hi> von rund ½ Mill.<lb/> Dollar enthalten; das Verfahren wegen Ent-<lb/> ſchädigung der beſchlagnahmten Schiffe<lb/> nimmt ſeinen Fortgang.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Epple & Buxbaum, Augsburg<lb/> Werk-Verkauf</hi> </head><lb/> <p>Die geſtrige G.-V. ermächtigte die Ver-<lb/> waltung zum <hi rendition="#g">Verkaufe</hi> des <hi rendition="#g">Werkes</hi> <hi rendition="#aq">I</hi><lb/> zur Verringerung der eingetretenen Verluſte<lb/> und nahm verſchiedene neue Aufſichtsrats-<lb/> wahlen vor.</p><lb/> <p>Ueber die Verkaufsverhandlungen, die noch<lb/> im Gange ſind, hörte man nichts Näheres.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>J. H. Hammerſen A.-G. Osnabrück</head><lb/> <p>Bei der Geſellſchaft iſt mit einem <hi rendition="#g">Dividen-<lb/> denrückgang</hi> (i. 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Der<lb/> Abſchluß der Allgemeinen Elektrizitätsgeſellſchaft<lb/> wird allgemein nicht ungünſtig kommentiert, und<lb/> man begreift ſehr wohl, daß die Geſellſchaft<lb/> ebenſo eine um 1 bis 2 Prozent höhere Dividende<lb/> hätte verteilen können. In der Reparations-<lb/> angelegenheit wird viel debattiert; man iſt ſich<lb/> allgemein darüber im klaren, daß die kommende<lb/> Endlöſung naturgemäß ſchwere Belaſtungen<lb/> bringen wird. Geſtern lag erſtmals die Pariſer<lb/> Börſe wieder einmal etwas ſchwächer, und man<lb/> hofft, daß der eine oder der andere Spekulant ſich<lb/> vielleicht wieder dem deutſchen Markt angeſichts<lb/> der geſunkenen Kurſe zuwenden wird.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Geldverhältniſſe</hi> ſind enorm flüſſig<lb/> und erſten Firmen wird Tagesgeld ſchon mit<lb/> 3½ Prozent angeboten. 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Tietz gehalten bei 285½.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Bier-Spritwerte</hi> ohne Belebung, Schult-<lb/> heiß 297, Oſtwerke 249.</p><lb/> <p>Sehr lebhaft gefragt bleiben <hi rendition="#g">Otapi,</hi> welche<lb/> mit 69⅞ einſetzten und ſpäter über 70 gingen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Polyphon</hi> in kleinen Poſten gefragt bei 425.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Kaliaktien</hi> leicht aufgebeſſert. Aſchersleben<lb/> 279. Salzdetfurth 512¼ und Weſteregeln 286½.</p><lb/> <p>Einiges Geſchäft in <hi rendition="#g">Farben</hi> bei 256¾.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Automobilpapiere</hi> wenig verändert.<lb/> Daimler 52⅚, Nationale Auto 41⅝, Adler 54½.<lb/> Beſſer gehalten heute Bayeriſche Motorenwerke<lb/> bei 218½.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Elektroaktien</hi> etwas erholt bei kleineren<lb/> Käufen der Spekulation und des Auslandes.</p><lb/> <p>A.E.G. 177<lb/> Bergmann 219<lb/> Gesfürel 242<lb/> Schuckert 232<lb/> Siemens 396½.</p><lb/> <p>Geringfügige Deckungen bewirkten ein Höher-<lb/> gehen der Kurſe in der <hi rendition="#g">Kunſtſeiden-<lb/> gruppe.</hi> Glanzſtoff 483½, Bemberg 436<lb/> (plus 2½), Stöhr 219.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Zellſtoffaktien</hi> wenig beachtet. Feld-<lb/> mühle 226 (minus 2), Waldhof 275, Aſchzell 194.</p><lb/> <p>In der Gruppe der <hi rendition="#g">diverſen Papiere</hi><lb/> wurden Deutſche Linoleum um 5 Prozent höher<lb/> bei 336, Deſſauer Gas unverändert 217½, Ber-<lb/> ger ſchwach mit 390. Svenska verloren 5½ und<lb/> gingen auf 493 zurück.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Neubeſitzanleihe</hi> 14⅛.</p><lb/> <p>Im Verlaufe trat eine kataſtrophale Verflauung<lb/> ein.</p><lb/> <byline>B.</byline> </div> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Nachbörse</hi> </hi> </hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#aq">Tendenz: <hi rendition="#b">Kurseinbrüche</hi></hi> </p> </argument><lb/> <p>An der Nachbört hörte man noch folgende<lb/><hi rendition="#g">Kurſe:</hi></p><lb/> <table> <row> <cell/> </row> </table> </div> <div type="jComment" n="2"> <head>DER BÖRSENKIEBITZ</head><lb/> <dateline> <hi rendition="#b">23. 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WIRTSCHAFT & BÖRSE
Börſen-Dämmerung
„Es fehlt nicht an Stimmen, die eine wei-
tere Senkung des Kursniveaus als den ein-
zig möglichen Ausweg aus der verfahrenen
Situation begrüßen würden, und in der
Tat beſteht bei den führenden Kreiſen eine
Art freiwilliger Abſtinenz, die man, wenn
man ganz ſchwarz ſehen will, als die
Ruhe vor dem Sturm bezeichnen kann.
Jedenfalls tut man gut, weiter Gewehr bei
Fuß zu ſtehen und der Dinge zu harren, die
da kommen werden. —
(Börſenbetrachtung der „AZ“ vom
12. Januar 1929.)
Die Kursſtürze nehmen nach und nach
Ausmaße an, die das Intereſſe weiterer
Kreiſe nach den Börſenſälen hinlenken. Lau-
fen auch längſt keine Kundenengagements
mehr, jeder hat mehr oder weniger aus
einer beſſeren oder ſchlimmeren Zeit — wie
man es nennen will — Aktien herüber ge-
rettet in ſeinen Schreibtiſch oder in ſein
Bankſafe. Und mancher blättert noch ab und
zu aus lieber alter Gewohnheit Börſenbericht
und Kurszettel ſeiner Zeitung ein wenig
durch. Lieſt nun der Laie von Kurs „ein-
brüchen“, Baiſſen, Leerabgaben uſw., ſo
drängt ſich ihm wohl der bange Gedanke
auf, es müſſe doch wohl recht ſchlecht um
uns ſtehen, wenn die Kurſe derart weichen.
Mit nichten, naiver Leſer, dem iſt — gott-
lob — nicht immer ſo. Abgeſehen von un-
ſerer prekären wirtſchaftlichen Lage und den
drohenden Bedrückungen der Reparations-
„Endregelung“ iſt Polen, in dieſem Falle
Deutſchland, noch nicht verloren.
Der Kehraus, der momentan in den
Börſenräumen gehalten wird, richtet ſich
gegen ganz beſtimmte Leute. In der doch
immerhin ſich über einige Monate erſtrecken-
den Hauſſe des vorigen Herbſtes hatten ſich
— trotz aller gegenteiligen Verſicherungen —
viele große Engagements an Stellen ange-
ſammelt, die nicht ganz geſund auf der
Bruſt waren. Der durch den Bericht des
Reparationsagenten hervorgerufene Ten-
denzumſchwung brachte dieſe Stellen in
Nöten und ſo wiederholte ſich denn momen-
tan das zur Genüge bekannte Börſenmanö-
ver des „Abſchlachtens“ fauler Kunden. Wer
nicht unbedingt finanziell potent iſt, muß
daran glauben, und ſolange nicht der letzte
Schwachmatikus aus ſeinen angeſpannten
Engagements und häufig auch gleichzeitig
aus den Börſenſälen für immer „heraus“
iſt, wird keine Ruhe.
Hat ſich dann das Kursniveau genügend
weit geſenkt und das Unwetter ſich ver-
zogen, dann lächelt wieder die Sonne, als ob
nichts vorgefallen wäre.
Und die Moral von der Geſchichte!
Spekuliere nicht, wenn du kein
Geld haſt.
J. Badmann.
Zum Zuſammenbruch der Berliner
Bankfirma G. Löwenberg & Co.
Der Bankzuſammenbruch Unter den Linden
ſtellt ſich als einer der bedeutendſten Finanzkata-
ſtrophen der letzten Jahre dar. Die Firma H.
Löwenberg & Co. iſt bereits im
Jahre 1848 gegründet worden und
genoß in früheren Jahren in der Bank- und
Börſenwelt einen ausgezeichneten Ruf; ſie beſaß
bis zuletzt das Depotrecht.
Der flüchtige Alleininhaber, Dr. J. Lewin,
dem die in die Millionen gehenden Wechſelfäl-
ſchungen zur Laſt gelegt werden, war früher
Vorſtandsmitglied des Norddeutſchen Bankver-
eins, ſpäter erfolgte ſein Eintritt in die Bank-
firma Schwarz, Goldſchmidt & Co., eines der
führenden Berliner Bankhäuſer.
Die Höhe der Wechſelfälſchungen und der not-
leidenden Börſen-Engagements geht in die
Millionen.
Erſte Dollar-Freigabe bei Nordlloyd
Beim Norddeutſchen Lloyd ſind nunmehr
als erſte Auszahlung aus der Amerika-Frei-
gabe etwas über 2 Mill. Dollar eingegangen.
was im weſentlichen den Gegenwert für die
ſeinerzeit beſchlagnahmten Hoboken-
Piers darſtellt.
Es handelt ſich noch nicht um eine Ab-
ſchlagszahlung auf die geſamte Freigabefor-
derung, da die Entſchädigung der genannten
Piers auf Grund eines Sonderverfah-
rens erfolgte. In der jetzt erhaltenen
Summe ſind Zinſen von rund ½ Mill.
Dollar enthalten; das Verfahren wegen Ent-
ſchädigung der beſchlagnahmten Schiffe
nimmt ſeinen Fortgang.
Epple & Buxbaum, Augsburg
Werk-Verkauf
Die geſtrige G.-V. ermächtigte die Ver-
waltung zum Verkaufe des Werkes I
zur Verringerung der eingetretenen Verluſte
und nahm verſchiedene neue Aufſichtsrats-
wahlen vor.
Ueber die Verkaufsverhandlungen, die noch
im Gange ſind, hörte man nichts Näheres.
J. H. Hammerſen A.-G. Osnabrück
Bei der Geſellſchaft iſt mit einem Dividen-
denrückgang (i. V. 10 Prozent) zu rechnen.
Oppoſition gegen Adler-Sanierung
Gegen die beabſichtigte Sanierung bei den
Adlerwerken vorm. Hch. Kleyer
macht ſich jetzt ſchon eine Oppoſition geltend.
Ein Aktionär, der behauptet, mindeſtens ein
Zehntel des Aktienkapitals hinter ſich zu
haben, will eine geſchloſſene Ver-
wahrung gegen die Sanierung, die ſeiner
Anſicht nach unnötig iſt, zuſammenbringen.
MÜNCHENER BÖRSE
Die heutige Börse
Tendenz: Ruhig
München, 22. Jan., 1 Uhr.
An der heutigen
Münchener Börſe ſetzten ſich die Kurseinbrüche
der letzten Zeit nicht mehr fort. Das Geſchäft hat
jedoch eine weitere ſtarke Einſchränkung erfahren
und man iſt noch immer ziemlich ängſtlich beim
Eingehen neuer Engagements.
Auf dem Terminmarkte war der Verkehr
verhältnismäßig noch am lebhafteſten. Die No-
tierungen halten ſich auf der Baſis des geſtrigen
Schlußkurſes. Es wurden:
Bergmann 220
Adca 140
Hypothekenbank 171
Vereinsbank 167¾
Bayeriſche Motoren 218
Mannesmann 125⅛.
In der Gruppe der variablen Werte
fallen Löwenbräu durch eine weitere Abſchwä-
chung auf. Dieſelben eröffneten mit 301½. Sonſt
wurden hier Amperwerke 112, Füſſen Hanf 110
bis 109, Krauß 58, Lokalbahn 89.
Auf dem Verſicherungsmarkte konn-
ten ſich heute Münchner Rückverſiche-
rung von ihrem geſtrigen Sturz wieder um
5 Mark erholen. Zum Kurs von 665 wurde
ziemlich viel umgeſetzt.
Bei den Immobilienaktien liegen Neu-
Weſtend weiter im Angebot. Die bisherige
Käuferfirma hält ſich zurück. Das herauskom-
mende Material konnte nur zu einem um 6 Pro-
zent abgeſchwächten Kurſe bei 164 Aufnahme
finden. Die ſonſtigen Veränderungen auf dem
Kaſſamarkte ſind ziemlich belanglos.
Reſtquoten liegen unregelmäßig, zum Teil
etwas ſchwächer. Im Freiverkehr werden einige
Umſätze in Otavi und Polyphon getätigt.
BERLINER BÖRSE
Amtlicher Verkehr
Tendenz: Beruhigt
Berlin, 22. Jan., 12.50 Uhr.
Die ſtarken Rück-
gänge der letzten Zeit haben nach und nach ein
Kursniveau geſchaffen, auf dem ſich wieder eine
gewiſſe Beruhigung einſtellen kann. Die Baiſſe-
ſpekulation wagt ſich gegenwärtig nicht weiter
vor und zieht es zum Teil vor, die dieſes Mal
geglückten Gewinntransaktionen zu Geld zu
machen, indem ſie ihre Poſitionen glattſtellt. Der
Abſchluß der Allgemeinen Elektrizitätsgeſellſchaft
wird allgemein nicht ungünſtig kommentiert, und
man begreift ſehr wohl, daß die Geſellſchaft
ebenſo eine um 1 bis 2 Prozent höhere Dividende
hätte verteilen können. In der Reparations-
angelegenheit wird viel debattiert; man iſt ſich
allgemein darüber im klaren, daß die kommende
Endlöſung naturgemäß ſchwere Belaſtungen
bringen wird. Geſtern lag erſtmals die Pariſer
Börſe wieder einmal etwas ſchwächer, und man
hofft, daß der eine oder der andere Spekulant ſich
vielleicht wieder dem deutſchen Markt angeſichts
der geſunkenen Kurſe zuwenden wird.
Die Geldverhältniſſe ſind enorm flüſſig
und erſten Firmen wird Tagesgeld ſchon mit
3½ Prozent angeboten. Monatsgeld bedingt
immer noch 7—8 Prozent.
Bei den Banken konnten Reichsbank-
anteile ziemlich ſcharf anziehen und dieſelben
eröffneten mit 310¼ (plus 4). Bayeriſche Hypo-
thekenbank 171½. Handelsanteile 230¼ und
Darmſtädter 280¼.
Schiffahrtswerte luſtlos. Hapag ſchwä-
cher bei 130½, Nordlloyd unverändert bei 126½.
In der Gruppe der Montanpapiere lie-
gen Ilſe noch erheblich ſchwächer mit 208
(minus 5), während die anderen Montanaktien
ſich freundlicher ſtellten. Es wurden Gelſenkirch-
ner 124⅛, Harpener 135, Mannesmann 125½,
Phönix 92⅞, Rheiniſche Braunkohlen 278¼,
Rheinſtahl 132.
Von Warenhausaktien ſind Karſtadt
abgeſchwächt auf 224¼. Tietz gehalten bei 285½.
Bier-Spritwerte ohne Belebung, Schult-
heiß 297, Oſtwerke 249.
Sehr lebhaft gefragt bleiben Otapi, welche
mit 69⅞ einſetzten und ſpäter über 70 gingen.
Polyphon in kleinen Poſten gefragt bei 425.
Kaliaktien leicht aufgebeſſert. Aſchersleben
279. Salzdetfurth 512¼ und Weſteregeln 286½.
Einiges Geſchäft in Farben bei 256¾.
Automobilpapiere wenig verändert.
Daimler 52⅚, Nationale Auto 41⅝, Adler 54½.
Beſſer gehalten heute Bayeriſche Motorenwerke
bei 218½.
Elektroaktien etwas erholt bei kleineren
Käufen der Spekulation und des Auslandes.
A.E.G. 177
Bergmann 219
Gesfürel 242
Schuckert 232
Siemens 396½.
Geringfügige Deckungen bewirkten ein Höher-
gehen der Kurſe in der Kunſtſeiden-
gruppe. Glanzſtoff 483½, Bemberg 436
(plus 2½), Stöhr 219.
Zellſtoffaktien wenig beachtet. Feld-
mühle 226 (minus 2), Waldhof 275, Aſchzell 194.
In der Gruppe der diverſen Papiere
wurden Deutſche Linoleum um 5 Prozent höher
bei 336, Deſſauer Gas unverändert 217½, Ber-
ger ſchwach mit 390. Svenska verloren 5½ und
gingen auf 493 zurück.
Neubeſitzanleihe 14⅛.
Im Verlaufe trat eine kataſtrophale Verflauung
ein.
B.
Nachbörse
Tendenz: Kurseinbrüche
An der Nachbört hörte man noch folgende
Kurſe:
DER BÖRSENKIEBITZ
23. Januar
In dem Maße als die deutſchen Börſen ver-
öden, proſperieren die Auslandsbörſen, voran
Neuyork. Dort ſtand man geſtern überhaupt
Kopf. Die Ausmaße der Kursſteigerungen ſind
ſchon beinahe mehr als „amerikaniſch“. Stude-
baker Auto ſind im zwei Tagen um
etwa 100 Dollar (!) geſtiegen. Das
Jammern möchte einem ankommen, wenn man
dabei an unſere Auto-Aktien denkt. —
Im übrigen ſind manche deutſche Aktien auf
einem Stand angelangt, der über kurz oder lang
kluge Leute daheim oder draußen zu Anſchaffun-
gen reizen wird.
B.
Frankfurter Kurse
BERLINER BÖRSENKURSE
vom 22. Januar 1928 in Reichsmarkprozenten
AMTLICHER KURSBERICHT DER MÜNCHNER BÖRSE
vom 22. Januar 1928 in Reichsmarkprozenten
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(2023-01-02T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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