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Allgemeine Zeitung, Nr. 20, 15. Mai 1915.

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15. Mai 1915. Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch] ginnt nun auch die russische Karpathenfront östlich des Ußoker
Passes zu wanken.
Deutsche und österreichisch-ungarische Truppen sind nun auch
hier auf der ganzen Front im Angriff, der Feind im Raume bei
Turka, im Orawa- und Oportale im Rückzug.
Nördlich der Weichsel sind unsere Truppen über die Nida vor-
gedrungen.
In Südostgalizien sind starke russische Kräfte über den
Dnjestr in Richtung auf Horodenka vorgestoßen. Zaleßcyki
wurde von uns geräumt. Die Kämpfe dauern fort.

13. Mai:

Die Lage ist unverändert. Der Kampf bei Szawle steht
noch an.
Die Heeresgruppe des Generalobersten v. Mackensen er-
reichte gestern in der Verfolgung die Gegend von Dubiecko am
San--Lancut (am unteren Wislok) -- Kolbuszowa (nord-
östlich Debica). Unter der Einwirkung dieses Vordringens weichen
die Russen aus ihren Stellungen nördlich der Weichsel. Dort ge-
langten die Truppen des Generalobersten v. Woyrsch, dem
Feinde dichtauf folgend, bis in die Gegend südlich und nordwestlich
Kielce. In den Karpathen erkämpften österreichisch-ungari-
sche und deutsche Truppen unter General v. Linsingen die
Höhen östlich des oberen Stryj. Sie nahmen dabei 3650 Mann
gefangen und erbeuteten sechs Maschinengewehre.
Jetzt, wo die Armee des Generalobersten v. Mackensen sich der
Festung Przemysl und dem unteren San nähern, läßt
sich ein annäherndes Bild der Siegesbeute aus der Schlacht
von Gorlice und Tarnow und den daran anschließenden Verfol-
gungskämpfen geben. Diese Armeen haben bisher 103,500 Russen
zu Gefangenen gemacht, 69 Geschütze und 250 Maschinengewehre
mit stürmender Hand erobert.
In diesen Zahlen ist die Ausbeute der in den Karpathen
und nördlich der Weichsel kämpfenden verbündeten Truppen nicht
einbegriffen, die sich auf weit über 40,000 Gefangene beläuft.
England.

Das größte Ereignis in unserem Seekriege gegen Eng-
land ist die Vernichtung des größten englischen Handels-
und Passagierdampfers "Lusitania". Es ist so ziemlich
der größte Erfolg, den unser Unterseekrieg bis jetzt errungen,
ein Erfolg, der England in maßlose Bestürzung und Wut
versetzt hat, unseren Neutralen aber, in erster Linie Amerika,
gezeigt hat, daß wir nicht mit uns spaßen lassen und daß
wir nicht drohen, wo wir nicht auch die Macht haben, unsere
Drohungen auszuführen. Der Untergang der Lusitania, der,
wie vorauszusehen war, die wildesten Leidenschaften unserer
Feinde entfesselt hat, hat leider auch zahlreichen Unschuldigen
das Leben gekostet. Wie aus nachstehenden Telegrammen
zu ersehen ist, war aber England und Amerika gewarnt und
ist es nicht unsere Schuld, daß diese Warnung in den Wind
geschlagen, ja sogar frivol verhöhnt worden ist. Auf Rekri-
minationen in beiden Ländern könnten wir mit einer Frage
antworten: Welcher der feindlichen kriegführenden Staaten
würde mit so weitgehender Loyalität den Feind vorher
warnen und Schläge vorausverkündigen, wie wir es nun,
nicht zum erstenmal, getan haben?

*

7. Mai:

Der Cunard-Dampfer "Lusitania" ist, wie das
Reuter-Bureau meldet, korpediert worden und gesunken.
Hilfe ist gesandt. Die "Lusitania" ist der beste Dampfer der
Cunard-Linie mit 41,500 Registertonnen.

*


Der Direktor der Cunard-Linie teilte der "Liverpool Evening
Expreß" mit, daß die "Lusitania" acht Meilen von der draht-
losen Station Old Head versenkt worden ist. Die Torpedierung
erfolgte gestern nachmittags 2 Uhr 33 Minuten, nach einer anderen
Meldung um 2 Uhr 15 Minuten. Das Schiff blieb noch 20 Minuten
flott. Passagiere und Bemannung zählten zusammen 1900 Per-
sonen, nach einem anderen Bericht 1978, und zwar 290 1. Klasse,
662 2 Klasse, 361 3. Klasse und 665 Mann Besatzung. Unter
den Passagieren befanden sich Alfred Vanderbilt und der
Kapitalist Dr. F. S. Pearson, der bekannte Petroleummagnat.
20 Boote konnten zu Wasser gelassen werden. Nach einer Mel-

[Spaltenumbruch]

dung der Admiralität wurden 500 bis 600 Ueberlebende in
Queenstown an Land gebracht. Viele mußten ins Krankenhaus
gebracht werden, mehrere starben. Auch in Kinsale ist eine Anzahl
Passagiere gelandet worden. Der Hafenadmiral von Queenstown
sandte eine Anzahl kleiner Fahrzeuge nach der Stelle, wo der
Dampfer sank.

(Old Head ist ein Kap an der Südküste von Irland, südwest-
lich vom Hafen Kinsale. Die "Lusitania" ist einer der größten
Dampfer der Welt, ist im Jahre 1907 auf Stapel gelegt worden
und hatte 31,500 Tonnen Wasserverdrängung. Sie war seit Aus-
bruch des Krieges als Hilfskreuzer armiert.)

*

9. Mai:

Nach Mitteilungen der Geretteten von der
"Lusitania" war es ein heiterer, ruhiger und sonniger Nachmittag,
als das Schiff torpediert wurde. Die meisten Passagiere hatten
eben gefrühstückt und standen auf Deck, um nach der irischen Küste
auszuspähen, als plötzlich ein weißer Streifen gesehen wurde, der
sich dem Schiff näherte. Ein schrecklicher Krach folgte, das ganze
Schiff bebte. Das Schiff begann zu wenden, in der Hoffnung,
die Küste zu erreichen. Da wurde es von einem zweiten Torpedo
getroffen, es neigte sich schnell auf die Seite und sank in 20 bis
25 Minuten nach der ersten Explosion. Die Boote an Backbord-
seite konnten nicht niedergelassen werden, weil der Dampfer schief
lag. Einige Seeleute sahen das Unterseeboot einen Augenblick,
dieses tauchte jedoch rasch unter und erschien nicht wieder. Alle
Geretteten bezeugen, daß Passagiere und Bemannung sich bei der
Einbootung außergewöhnlich ruhig verhielten, Frauen und Kinder
wurden zuerst in die Boote gelassen. Als der Dampfer sank, zog
er fünf Boote in den Strudel mit hinab. Vor dem Untergange
sprangen viele von Bord ins Wasser und wurden mit in den
Strudel hinabgezogen mit Ausnahme derjenigen, die sich an Wrack-
stücke geklammert hatten. In Queenstown spielten sich herz-
zerreißende Szenen ab, Frauen suchten ihre Männer und Mütter
ihre Kinder und der Eindruck wurde verstärkt durch die Landung
von 126 Leichen.

Nach der Erzählung eines Stewards ist eine Anzahl Passagiere
durch die Explosion beim Frühstück überrascht worden. Ein
Torpedo drang in den Heizraum ein. Der Kapitän Turner und
die Offiziere waren bemüht, die erschreckten Passagiere zu be-
ruhigen, ihre Bemühungen waren aber umsonst, jeder dachte nur
daran, sein eigenes Leben zu retten. Wasser strömte in das Schiff
ein. Beim Herunterlassen der Boote verwickelten sich die Taue,
andere brachen, ein Boot fiel ins Wasser. Zahlreiche Passagiere
hatten Rettungsgürtel angelegt und wurden aufgefischt. Zehn
Boote der "Lusitania" retteten ungefähr 500 Menschen, der
Schleppdampfer "Stormcock" nahm 160 Personen von diesen auf,
nachdem die Boote 6 Stunden lang herumgetrieben waren.

Die "Lusitania" hat im Augenblick der höchsten Gefahr draht-
lose Notsignale abgesandt. Abgesehen von dem Kriegsrisiko war
das Schiff mit 800,000 £ (16 Mill. Mark) versichert. Die
Passagierliste ist nicht erhältlich, da die Schiffe die Liste auf der
Heimreise mitbringen.

Die "Lusitania" befindet sich in der Liste der englischen Hilfs-
kreuzer und trug eine Armierung von 12 15-Zentimeter-Geschützen,
war also stärker bestückt und bemannt als irgend ein deutscher ge-
schützter Kreuzer. Die "Lusitania" mußte als Hilfskreuzer auf
einen Angriff vorbereitet sein.

Der deutsche Botschafter in Washington hatte vorher
folgende Warnung ergehen lassen:

Nachricht.
Reisende, die sich zur Fahrt über den Atlantischen Ozean ein-
zuschiffen beabsichtigen, werden daran erinnert, daß zwischen
Deutschland und seinen Verbündeten und Großbrikannien und
seinen Verbündeten kriegszustand besteht; daß die kriegszone, die
an die britischen Inseln stoßenden Gewässer einschließt; daß gemäß
der von der kaiserlich deutschen Regierung ausgegebenen formellen
Bekanntmachung Schiffe, welche die Flagge Großbritanniens oder
einer seiner Verbündeten führen, der Zerstörung in diesen Ge-
wässern ausgesetzt (liable) sind, und daß Reisende, die in der
kriegszone auf Schiffen Großbritanniens oder seiner Verbündeten
fahren, das auf ihre eigene Gefahr tun.

Kaiserlich deutsche Botschaft, Washington, D. C.,
27. April 1915.

15. Mai 1915. Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch] ginnt nun auch die ruſſiſche Karpathenfront öſtlich des Uſzoker
Paſſes zu wanken.
Deutſche und öſterreichiſch-ungariſche Truppen ſind nun auch
hier auf der ganzen Front im Angriff, der Feind im Raume bei
Turka, im Orawa- und Oportale im Rückzug.
Nördlich der Weichſel ſind unſere Truppen über die Nida vor-
gedrungen.
In Südoſtgalizien ſind ſtarke ruſſiſche Kräfte über den
Dnjeſtr in Richtung auf Horodenka vorgeſtoßen. Zaleſzcyki
wurde von uns geräumt. Die Kämpfe dauern fort.

13. Mai:

Die Lage iſt unverändert. Der Kampf bei Szawle ſteht
noch an.
Die Heeresgruppe des Generaloberſten v. Mackenſen er-
reichte geſtern in der Verfolgung die Gegend von Dubiecko am
San—Lancut (am unteren Wislok) — Kolbuszowa (nord-
öſtlich Debica). Unter der Einwirkung dieſes Vordringens weichen
die Ruſſen aus ihren Stellungen nördlich der Weichſel. Dort ge-
langten die Truppen des Generaloberſten v. Woyrſch, dem
Feinde dichtauf folgend, bis in die Gegend ſüdlich und nordweſtlich
Kielce. In den Karpathen erkämpften öſterreichiſch-ungari-
ſche und deutſche Truppen unter General v. Linſingen die
Höhen öſtlich des oberen Stryj. Sie nahmen dabei 3650 Mann
gefangen und erbeuteten ſechs Maſchinengewehre.
Jetzt, wo die Armee des Generaloberſten v. Mackenſen ſich der
Feſtung Przemysl und dem unteren San nähern, läßt
ſich ein annäherndes Bild der Siegesbeute aus der Schlacht
von Gorlice und Tarnow und den daran anſchließenden Verfol-
gungskämpfen geben. Dieſe Armeen haben bisher 103,500 Ruſſen
zu Gefangenen gemacht, 69 Geſchütze und 250 Maſchinengewehre
mit ſtürmender Hand erobert.
In dieſen Zahlen iſt die Ausbeute der in den Karpathen
und nördlich der Weichſel kämpfenden verbündeten Truppen nicht
einbegriffen, die ſich auf weit über 40,000 Gefangene beläuft.
England.

Das größte Ereignis in unſerem Seekriege gegen Eng-
land iſt die Vernichtung des größten engliſchen Handels-
und Paſſagierdampfers „Luſitania“. Es iſt ſo ziemlich
der größte Erfolg, den unſer Unterſeekrieg bis jetzt errungen,
ein Erfolg, der England in maßloſe Beſtürzung und Wut
verſetzt hat, unſeren Neutralen aber, in erſter Linie Amerika,
gezeigt hat, daß wir nicht mit uns ſpaßen laſſen und daß
wir nicht drohen, wo wir nicht auch die Macht haben, unſere
Drohungen auszuführen. Der Untergang der Luſitania, der,
wie vorauszuſehen war, die wildeſten Leidenſchaften unſerer
Feinde entfeſſelt hat, hat leider auch zahlreichen Unſchuldigen
das Leben gekoſtet. Wie aus nachſtehenden Telegrammen
zu erſehen iſt, war aber England und Amerika gewarnt und
iſt es nicht unſere Schuld, daß dieſe Warnung in den Wind
geſchlagen, ja ſogar frivol verhöhnt worden iſt. Auf Rekri-
minationen in beiden Ländern könnten wir mit einer Frage
antworten: Welcher der feindlichen kriegführenden Staaten
würde mit ſo weitgehender Loyalität den Feind vorher
warnen und Schläge vorausverkündigen, wie wir es nun,
nicht zum erſtenmal, getan haben?

*

7. Mai:

Der Cunard-Dampfer „Luſitania“ iſt, wie das
Reuter-Bureau meldet, korpediert worden und geſunken.
Hilfe iſt geſandt. Die „Luſitania“ iſt der beſte Dampfer der
Cunard-Linie mit 41,500 Regiſtertonnen.

*


Der Direktor der Cunard-Linie teilte der „Liverpool Evening
Expreß“ mit, daß die „Luſitania“ acht Meilen von der draht-
loſen Station Old Head verſenkt worden iſt. Die Torpedierung
erfolgte geſtern nachmittags 2 Uhr 33 Minuten, nach einer anderen
Meldung um 2 Uhr 15 Minuten. Das Schiff blieb noch 20 Minuten
flott. Paſſagiere und Bemannung zählten zuſammen 1900 Per-
ſonen, nach einem anderen Bericht 1978, und zwar 290 1. Klaſſe,
662 2 Klaſſe, 361 3. Klaſſe und 665 Mann Beſatzung. Unter
den Paſſagieren befanden ſich Alfred Vanderbilt und der
Kapitaliſt Dr. F. S. Pearſon, der bekannte Petroleummagnat.
20 Boote konnten zu Waſſer gelaſſen werden. Nach einer Mel-

[Spaltenumbruch]

dung der Admiralität wurden 500 bis 600 Ueberlebende in
Queenstown an Land gebracht. Viele mußten ins Krankenhaus
gebracht werden, mehrere ſtarben. Auch in Kinſale iſt eine Anzahl
Paſſagiere gelandet worden. Der Hafenadmiral von Queenstown
ſandte eine Anzahl kleiner Fahrzeuge nach der Stelle, wo der
Dampfer ſank.

(Old Head iſt ein Kap an der Südküſte von Irland, ſüdweſt-
lich vom Hafen Kinſale. Die „Luſitania“ iſt einer der größten
Dampfer der Welt, iſt im Jahre 1907 auf Stapel gelegt worden
und hatte 31,500 Tonnen Waſſerverdrängung. Sie war ſeit Aus-
bruch des Krieges als Hilfskreuzer armiert.)

*

9. Mai:

Nach Mitteilungen der Geretteten von der
„Luſitania“ war es ein heiterer, ruhiger und ſonniger Nachmittag,
als das Schiff torpediert wurde. Die meiſten Paſſagiere hatten
eben gefrühſtückt und ſtanden auf Deck, um nach der iriſchen Küſte
auszuſpähen, als plötzlich ein weißer Streifen geſehen wurde, der
ſich dem Schiff näherte. Ein ſchrecklicher Krach folgte, das ganze
Schiff bebte. Das Schiff begann zu wenden, in der Hoffnung,
die Küſte zu erreichen. Da wurde es von einem zweiten Torpedo
getroffen, es neigte ſich ſchnell auf die Seite und ſank in 20 bis
25 Minuten nach der erſten Exploſion. Die Boote an Backbord-
ſeite konnten nicht niedergelaſſen werden, weil der Dampfer ſchief
lag. Einige Seeleute ſahen das Unterſeeboot einen Augenblick,
dieſes tauchte jedoch raſch unter und erſchien nicht wieder. Alle
Geretteten bezeugen, daß Paſſagiere und Bemannung ſich bei der
Einbootung außergewöhnlich ruhig verhielten, Frauen und Kinder
wurden zuerſt in die Boote gelaſſen. Als der Dampfer ſank, zog
er fünf Boote in den Strudel mit hinab. Vor dem Untergange
ſprangen viele von Bord ins Waſſer und wurden mit in den
Strudel hinabgezogen mit Ausnahme derjenigen, die ſich an Wrack-
ſtücke geklammert hatten. In Queenstown ſpielten ſich herz-
zerreißende Szenen ab, Frauen ſuchten ihre Männer und Mütter
ihre Kinder und der Eindruck wurde verſtärkt durch die Landung
von 126 Leichen.

Nach der Erzählung eines Stewards iſt eine Anzahl Paſſagiere
durch die Exploſion beim Frühſtück überraſcht worden. Ein
Torpedo drang in den Heizraum ein. Der Kapitän Turner und
die Offiziere waren bemüht, die erſchreckten Paſſagiere zu be-
ruhigen, ihre Bemühungen waren aber umſonſt, jeder dachte nur
daran, ſein eigenes Leben zu retten. Waſſer ſtrömte in das Schiff
ein. Beim Herunterlaſſen der Boote verwickelten ſich die Taue,
andere brachen, ein Boot fiel ins Waſſer. Zahlreiche Paſſagiere
hatten Rettungsgürtel angelegt und wurden aufgefiſcht. Zehn
Boote der „Luſitania“ retteten ungefähr 500 Menſchen, der
Schleppdampfer „Stormcock“ nahm 160 Perſonen von dieſen auf,
nachdem die Boote 6 Stunden lang herumgetrieben waren.

Die „Luſitania“ hat im Augenblick der höchſten Gefahr draht-
loſe Notſignale abgeſandt. Abgeſehen von dem Kriegsriſiko war
das Schiff mit 800,000 £ (16 Mill. Mark) verſichert. Die
Paſſagierliſte iſt nicht erhältlich, da die Schiffe die Liſte auf der
Heimreiſe mitbringen.

Die „Luſitania“ befindet ſich in der Liſte der engliſchen Hilfs-
kreuzer und trug eine Armierung von 12 15-Zentimeter-Geſchützen,
war alſo ſtärker beſtückt und bemannt als irgend ein deutſcher ge-
ſchützter Kreuzer. Die „Luſitania“ mußte als Hilfskreuzer auf
einen Angriff vorbereitet ſein.

Der deutſche Botſchafter in Waſhington hatte vorher
folgende Warnung ergehen laſſen:

Nachricht.
Reiſende, die ſich zur Fahrt über den Atlantiſchen Ozean ein-
zuſchiffen beabſichtigen, werden daran erinnert, daß zwiſchen
Deutſchland und ſeinen Verbündeten und Großbrikannien und
ſeinen Verbündeten kriegszuſtand beſteht; daß die kriegszone, die
an die britiſchen Inſeln ſtoßenden Gewäſſer einſchließt; daß gemäß
der von der kaiſerlich deutſchen Regierung ausgegebenen formellen
Bekanntmachung Schiffe, welche die Flagge Großbritanniens oder
einer ſeiner Verbündeten führen, der Zerſtörung in dieſen Ge-
wäſſern ausgeſetzt (liable) ſind, und daß Reiſende, die in der
kriegszone auf Schiffen Großbritanniens oder ſeiner Verbündeten
fahren, das auf ihre eigene Gefahr tun.

Kaiſerlich deutſche Botſchaft, Waſhington, D. C.,
27. April 1915.

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[293/0007] 15. Mai 1915. Allgemeine Zeitung ginnt nun auch die ruſſiſche Karpathenfront öſtlich des Uſzoker Paſſes zu wanken. Deutſche und öſterreichiſch-ungariſche Truppen ſind nun auch hier auf der ganzen Front im Angriff, der Feind im Raume bei Turka, im Orawa- und Oportale im Rückzug. Nördlich der Weichſel ſind unſere Truppen über die Nida vor- gedrungen. In Südoſtgalizien ſind ſtarke ruſſiſche Kräfte über den Dnjeſtr in Richtung auf Horodenka vorgeſtoßen. Zaleſzcyki wurde von uns geräumt. Die Kämpfe dauern fort. 13. Mai: Die Lage iſt unverändert. Der Kampf bei Szawle ſteht noch an. Die Heeresgruppe des Generaloberſten v. Mackenſen er- reichte geſtern in der Verfolgung die Gegend von Dubiecko am San—Lancut (am unteren Wislok) — Kolbuszowa (nord- öſtlich Debica). Unter der Einwirkung dieſes Vordringens weichen die Ruſſen aus ihren Stellungen nördlich der Weichſel. Dort ge- langten die Truppen des Generaloberſten v. Woyrſch, dem Feinde dichtauf folgend, bis in die Gegend ſüdlich und nordweſtlich Kielce. In den Karpathen erkämpften öſterreichiſch-ungari- ſche und deutſche Truppen unter General v. Linſingen die Höhen öſtlich des oberen Stryj. Sie nahmen dabei 3650 Mann gefangen und erbeuteten ſechs Maſchinengewehre. Jetzt, wo die Armee des Generaloberſten v. Mackenſen ſich der Feſtung Przemysl und dem unteren San nähern, läßt ſich ein annäherndes Bild der Siegesbeute aus der Schlacht von Gorlice und Tarnow und den daran anſchließenden Verfol- gungskämpfen geben. Dieſe Armeen haben bisher 103,500 Ruſſen zu Gefangenen gemacht, 69 Geſchütze und 250 Maſchinengewehre mit ſtürmender Hand erobert. In dieſen Zahlen iſt die Ausbeute der in den Karpathen und nördlich der Weichſel kämpfenden verbündeten Truppen nicht einbegriffen, die ſich auf weit über 40,000 Gefangene beläuft. England. Das größte Ereignis in unſerem Seekriege gegen Eng- land iſt die Vernichtung des größten engliſchen Handels- und Paſſagierdampfers „Luſitania“. Es iſt ſo ziemlich der größte Erfolg, den unſer Unterſeekrieg bis jetzt errungen, ein Erfolg, der England in maßloſe Beſtürzung und Wut verſetzt hat, unſeren Neutralen aber, in erſter Linie Amerika, gezeigt hat, daß wir nicht mit uns ſpaßen laſſen und daß wir nicht drohen, wo wir nicht auch die Macht haben, unſere Drohungen auszuführen. Der Untergang der Luſitania, der, wie vorauszuſehen war, die wildeſten Leidenſchaften unſerer Feinde entfeſſelt hat, hat leider auch zahlreichen Unſchuldigen das Leben gekoſtet. Wie aus nachſtehenden Telegrammen zu erſehen iſt, war aber England und Amerika gewarnt und iſt es nicht unſere Schuld, daß dieſe Warnung in den Wind geſchlagen, ja ſogar frivol verhöhnt worden iſt. Auf Rekri- minationen in beiden Ländern könnten wir mit einer Frage antworten: Welcher der feindlichen kriegführenden Staaten würde mit ſo weitgehender Loyalität den Feind vorher warnen und Schläge vorausverkündigen, wie wir es nun, nicht zum erſtenmal, getan haben? * 7. Mai: Der Cunard-Dampfer „Luſitania“ iſt, wie das Reuter-Bureau meldet, korpediert worden und geſunken. Hilfe iſt geſandt. Die „Luſitania“ iſt der beſte Dampfer der Cunard-Linie mit 41,500 Regiſtertonnen. * Der Direktor der Cunard-Linie teilte der „Liverpool Evening Expreß“ mit, daß die „Luſitania“ acht Meilen von der draht- loſen Station Old Head verſenkt worden iſt. Die Torpedierung erfolgte geſtern nachmittags 2 Uhr 33 Minuten, nach einer anderen Meldung um 2 Uhr 15 Minuten. Das Schiff blieb noch 20 Minuten flott. Paſſagiere und Bemannung zählten zuſammen 1900 Per- ſonen, nach einem anderen Bericht 1978, und zwar 290 1. Klaſſe, 662 2 Klaſſe, 361 3. Klaſſe und 665 Mann Beſatzung. Unter den Paſſagieren befanden ſich Alfred Vanderbilt und der Kapitaliſt Dr. F. S. Pearſon, der bekannte Petroleummagnat. 20 Boote konnten zu Waſſer gelaſſen werden. Nach einer Mel- dung der Admiralität wurden 500 bis 600 Ueberlebende in Queenstown an Land gebracht. Viele mußten ins Krankenhaus gebracht werden, mehrere ſtarben. Auch in Kinſale iſt eine Anzahl Paſſagiere gelandet worden. Der Hafenadmiral von Queenstown ſandte eine Anzahl kleiner Fahrzeuge nach der Stelle, wo der Dampfer ſank. (Old Head iſt ein Kap an der Südküſte von Irland, ſüdweſt- lich vom Hafen Kinſale. Die „Luſitania“ iſt einer der größten Dampfer der Welt, iſt im Jahre 1907 auf Stapel gelegt worden und hatte 31,500 Tonnen Waſſerverdrängung. Sie war ſeit Aus- bruch des Krieges als Hilfskreuzer armiert.) * 9. Mai: Nach Mitteilungen der Geretteten von der „Luſitania“ war es ein heiterer, ruhiger und ſonniger Nachmittag, als das Schiff torpediert wurde. Die meiſten Paſſagiere hatten eben gefrühſtückt und ſtanden auf Deck, um nach der iriſchen Küſte auszuſpähen, als plötzlich ein weißer Streifen geſehen wurde, der ſich dem Schiff näherte. Ein ſchrecklicher Krach folgte, das ganze Schiff bebte. Das Schiff begann zu wenden, in der Hoffnung, die Küſte zu erreichen. Da wurde es von einem zweiten Torpedo getroffen, es neigte ſich ſchnell auf die Seite und ſank in 20 bis 25 Minuten nach der erſten Exploſion. Die Boote an Backbord- ſeite konnten nicht niedergelaſſen werden, weil der Dampfer ſchief lag. Einige Seeleute ſahen das Unterſeeboot einen Augenblick, dieſes tauchte jedoch raſch unter und erſchien nicht wieder. Alle Geretteten bezeugen, daß Paſſagiere und Bemannung ſich bei der Einbootung außergewöhnlich ruhig verhielten, Frauen und Kinder wurden zuerſt in die Boote gelaſſen. Als der Dampfer ſank, zog er fünf Boote in den Strudel mit hinab. Vor dem Untergange ſprangen viele von Bord ins Waſſer und wurden mit in den Strudel hinabgezogen mit Ausnahme derjenigen, die ſich an Wrack- ſtücke geklammert hatten. In Queenstown ſpielten ſich herz- zerreißende Szenen ab, Frauen ſuchten ihre Männer und Mütter ihre Kinder und der Eindruck wurde verſtärkt durch die Landung von 126 Leichen. Nach der Erzählung eines Stewards iſt eine Anzahl Paſſagiere durch die Exploſion beim Frühſtück überraſcht worden. Ein Torpedo drang in den Heizraum ein. Der Kapitän Turner und die Offiziere waren bemüht, die erſchreckten Paſſagiere zu be- ruhigen, ihre Bemühungen waren aber umſonſt, jeder dachte nur daran, ſein eigenes Leben zu retten. Waſſer ſtrömte in das Schiff ein. Beim Herunterlaſſen der Boote verwickelten ſich die Taue, andere brachen, ein Boot fiel ins Waſſer. Zahlreiche Paſſagiere hatten Rettungsgürtel angelegt und wurden aufgefiſcht. Zehn Boote der „Luſitania“ retteten ungefähr 500 Menſchen, der Schleppdampfer „Stormcock“ nahm 160 Perſonen von dieſen auf, nachdem die Boote 6 Stunden lang herumgetrieben waren. Die „Luſitania“ hat im Augenblick der höchſten Gefahr draht- loſe Notſignale abgeſandt. Abgeſehen von dem Kriegsriſiko war das Schiff mit 800,000 £ (16 Mill. Mark) verſichert. Die Paſſagierliſte iſt nicht erhältlich, da die Schiffe die Liſte auf der Heimreiſe mitbringen. Die „Luſitania“ befindet ſich in der Liſte der engliſchen Hilfs- kreuzer und trug eine Armierung von 12 15-Zentimeter-Geſchützen, war alſo ſtärker beſtückt und bemannt als irgend ein deutſcher ge- ſchützter Kreuzer. Die „Luſitania“ mußte als Hilfskreuzer auf einen Angriff vorbereitet ſein. Der deutſche Botſchafter in Waſhington hatte vorher folgende Warnung ergehen laſſen: Nachricht. Reiſende, die ſich zur Fahrt über den Atlantiſchen Ozean ein- zuſchiffen beabſichtigen, werden daran erinnert, daß zwiſchen Deutſchland und ſeinen Verbündeten und Großbrikannien und ſeinen Verbündeten kriegszuſtand beſteht; daß die kriegszone, die an die britiſchen Inſeln ſtoßenden Gewäſſer einſchließt; daß gemäß der von der kaiſerlich deutſchen Regierung ausgegebenen formellen Bekanntmachung Schiffe, welche die Flagge Großbritanniens oder einer ſeiner Verbündeten führen, der Zerſtörung in dieſen Ge- wäſſern ausgeſetzt (liable) ſind, und daß Reiſende, die in der kriegszone auf Schiffen Großbritanniens oder ſeiner Verbündeten fahren, das auf ihre eigene Gefahr tun. Kaiſerlich deutſche Botſchaft, Waſhington, D. C., 27. April 1915.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 20, 15. Mai 1915, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine20_1915/7>, abgerufen am 21.11.2024.