Allgemeine Zeitung, Nr. 23, 13. Juni 1920.13. Juni 1920 Allgemeine Zeitung [Spaltenumbruch] Für einen Mann, wie ich bin, ist es eine Pflicht, selbst Ich habe noch nie einen Handschuh liegen lassen, den Meine Ehre steht in niemandes Hand, als in meiner Wie schön ist es, eine Heimat zu haben und eine Hei- Hätten die Deutschen nicht ihren Absonderungsgeist Wir singen: "Fest steht und treu die Wacht am Rhein!", Es ist unter den Völkern wie in der Natur, die einen Das Verwachsen mit der Scholle ist ein Grundzug Die Türken sind im Orient die einzigen Gentlemen, Politik ist an sich keine Logik, keine exakte Wissen- Wenn ich zwischen zwei Fraktionen eine Wahl treffen Eine Parteiregierung ist bei uns ganz unmöglich, und Ohne Armee kein Deutschland. Weder wäre es ge- Jeder Staat, dem seine Ehre und Unabhängigkeit lieb Der Landwirtschaft schuldet der Staat die gleiche Beach- Ein gewisser Grad von positivem Christentum ist dem Wenn jemand in einem anonym geschriebenen Briefe Etwas flößt mir Dertrauen ein auf die Dauer dessen, Mut auf dem Schlachtfeld ist bei uns Gemeingut, aber Arbeit ist des Bürgers erste Pflicht. Beherzigenswertes nach dem Französischen des Athanase Coquerel.*) Ich möchte, mein Vaterland in eine unendlich große Jch muß gestehen: ich schäme mich, daß fort und fort Gibt es denn Menschen, die rein gar nichts tun? Ach! Angesichts dessen, was in dieser Welt zu tun übrig Es ist nicht etwa, wie Jhr seht, daß ich den Namen [irrelevantes Material]
*) Athanase Coquerel, geb. 1820 in Amsterdam, schrieb Reden,
Studienbücher, Das Gewissen und der Glaube usw. 13. Juni 1920 Allgemeine Zeitung [Spaltenumbruch] Für einen Mann, wie ich bin, iſt es eine Pflicht, ſelbſt Ich habe noch nie einen Handſchuh liegen laſſen, den Meine Ehre ſteht in niemandes Hand, als in meiner Wie ſchön iſt es, eine Heimat zu haben und eine Hei- Hätten die Deutſchen nicht ihren Abſonderungsgeiſt Wir ſingen: „Feſt ſteht und treu die Wacht am Rhein!“, Es iſt unter den Völkern wie in der Natur, die einen Das Verwachſen mit der Scholle iſt ein Grundzug Die Türken ſind im Orient die einzigen Gentlemen, Politik iſt an ſich keine Logik, keine exakte Wiſſen- Wenn ich zwiſchen zwei Fraktionen eine Wahl treffen Eine Parteiregierung iſt bei uns ganz unmöglich, und Ohne Armee kein Deutſchland. Weder wäre es ge- Jeder Staat, dem ſeine Ehre und Unabhängigkeit lieb Der Landwirtſchaft ſchuldet der Staat die gleiche Beach- Ein gewiſſer Grad von poſitivem Chriſtentum iſt dem Wenn jemand in einem anonym geſchriebenen Briefe Etwas flößt mir Dertrauen ein auf die Dauer deſſen, Mut auf dem Schlachtfeld iſt bei uns Gemeingut, aber Arbeit iſt des Bürgers erſte Pflicht. Beherzigenswertes nach dem Franzöſiſchen des Athanaſe Coquerel.*) Ich möchte, mein Vaterland in eine unendlich große Jch muß geſtehen: ich ſchäme mich, daß fort und fort Gibt es denn Menſchen, die rein gar nichts tun? Ach! Angeſichts deſſen, was in dieſer Welt zu tun übrig Es iſt nicht etwa, wie Jhr ſeht, daß ich den Namen [irrelevantes Material]
*) Athanaſe Coquerel, geb. 1820 in Amſterdam, ſchrieb Reden,
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13. Juni 1920 Allgemeine Zeitung
Für einen Mann, wie ich bin, iſt es eine Pflicht, ſelbſt
an höchſter Stelle ſeine Meinung frei herauszuſagen. Ein
guter Miniſter ſoll nicht auf das Stirnrunzeln des Monar-
chen ſchauen, dem er dient, ſondern er ſoll ihm frei ſeine
Meinung ſagen.
Ich habe noch nie einen Handſchuh liegen laſſen, den
mir einer hingeworfen hat.
Meine Ehre ſteht in niemandes Hand, als in meiner
eigenen, und man kann mich damit nicht überhäufen. Die
eigene, die ich in meinem Herzen trage, genügt mir voll-
ſtändig, und niemand iſt Richter darüber und kann ent-
ſcheiden, ob ich ſie habe. Meine Ehre vor Gott und den
Menſchen iſt mein Eigentum. Jch gebe mir ſelbſt ſoviel,
wie ich davon glaube verdient zu haben, und verzichte auf
jede Zugabe.
Wie ſchön iſt es, eine Heimat zu haben und eine Hei-
mat, mit der man durch Geburt, Erinnerungen und Liebe
verwachſen iſt.
Hätten die Deutſchen nicht ihren Abſonderungsgeiſt
gegeneinander, ſo würde neben ihnen keine andere Nation
beſtehen können.
Wir ſingen: „Feſt ſteht und treu die Wacht am Rhein!“,
aber an der Warte und Weichſel ſteht ſie ebenſo feſt. Wir
können nach keiner von beiden Seiten hin auch nur einen
Morgen Landes miſſen.
Es iſt unter den Völkern wie in der Natur, die einen
ſind männlich, die andern ſind weiblich. Die Germanen
ſind männlich, ſo ſehr, daß ſie für ſich allein unregierbar
ſind, jeder will ſeine Eigenart; wenn ſie aber zuſammen-
gefaßt ſind, dann ſind ſie wie ein Strom, der alles vor ſich
niederwirft, unwiderſtehlich. Weiblich ſind die Slaven und
Kelten, ſie bringen es zu nichts, ſie ſind nicht zeugungs-
fähig. Die Ruſſen können nichts machen ohne die Deutſchen.
Das Verwachſen mit der Scholle iſt ein Grundzug
deutſchen Charakters und eine Wurzel ſeiner Kraft.
Die Türken ſind im Orient die einzigen Gentlemen,
während alle übrigen dortigen Volksſtämme mehr oder
weniger verkommen und politiſch unzuverläſſig ſind.
Politik iſt an ſich keine Logik, keine exakte Wiſſen-
ſchaft, ſondern es iſt die Fähigkeit, in jedem wechſelnden
Moment der Situation das am wenigſten Schädliche oder
das Zweckmäßigſte zu wählen.
Wenn ich zwiſchen zwei Fraktionen eine Wahl treffen
muß, ſo muß ich mich für diejenige entſcheiden, die mir für
die nationale Zukunft des Reiches die ſtärkeren Garantien
bietet.
Eine Parteiregierung iſt bei uns ganz unmöglich, und
wenn ſie angefangen hat, ſo wird ſie ſich in kürzeſter Zeit
an der Maßloſigkeit der Doktrin, die den Deutſchen noch
mehr als anderen eigentümlich iſt, ruinieren. Bei uns
kann nur parteilos regiert werden.
Ohne Armee kein Deutſchland. Weder wäre es ge-
worden, noch iſt es zu halten.
Jeder Staat, dem ſeine Ehre und Unabhängigkeit lieb
iſt, muß ſich bewußt ſein, daß ſein Frieden und ſeine
Sicherheit auf ſeinem eigenen Degen beruhen.
Der Landwirtſchaft ſchuldet der Staat die gleiche Beach-
tung wie der Induſtrie, und wenn beide nicht Hand in
Hand gehen, wird keine ohne die andere ſtark genug ſein,
ſich zu helfen.
Ein gewiſſer Grad von poſitivem Chriſtentum iſt dem
gemeinen Mann nötig, wenn er nicht der menſchlichen Ge-
ſellſchaft gefährlich werden ſoll.
Wenn jemand in einem anonym geſchriebenen Briefe
verleumdet, ſo hält man das im allgemeinen für eine ehr-
loſe Beſchäftigung. Wenn jemand aber in gedruckten Blät-
tern verleumdet, ebenſo anonym, ſo iſt das Freiheit der
Preſſe.
Etwas flößt mir Dertrauen ein auf die Dauer deſſen,
was geſchaffen iſt: Das iſt der Anteil, den die deutſchen
Frauen an der vaterländiſchen Bewegung haben. Eine Be-
wegung, die durchgeſchlagen hat bis in die Häuslichkeit,
die muß eine tiefe und wahre ſein. Zwiſchen den beiden
Geſchlechtern repräſentiert die Frau das Herz und der
Mann den Verſtand, womit nicht beſtritten ſein ſoll, daß
nicht auch der Mann Herz haben kann, aber in der
nationalen Politik iſt das Herz immer ſtärker als der
Derſtand. Die deutſche Frau hält ihre Begeiſterung feſt
und überträgt ſie auf ihre Kinder und läßt ſich nicht ſo
leicht durch ſpitzfindige Raiſonnements irremachen, wie wir
das an uns haben.
Mut auf dem Schlachtfeld iſt bei uns Gemeingut, aber
man wird nicht ſelten finden, daß es ganz achtbaren Leuten
an Zivilcourage fehlt.
Dr. Eduard Scharrer-Santen.
Arbeit iſt des Bürgers erſte Pflicht.
Beherzigenswertes nach dem Franzöſiſchen des Athanaſe Coquerel. *)
Frei bearbeitet von Bernot.
Ich möchte, mein Vaterland in eine unendlich große
Werkſtätte umwandeln, darinnen wie in einem Bienenkorb
unermüdliche Arbeit in allen Tonarten ſummte.
Jch muß geſtehen: ich ſchäme mich, daß fort und fort
nur von jenem Teil meiner Landsleute die Rede iſt, der
in hochtönender Weiſe mit Schwerarbeiter, arbeitende
Klaſſe bezeichnet wird.
Gibt es denn Menſchen, die rein gar nichts tun? Ach!
Zu dieſen möchte ich mich jedenfalls nicht gezählt wiſſen.
Ich habe tiefe Hochachtung für den Arbeiter, der ſein Brot
täglich im Schweiße ſeines Angeſichtes und ſeiner Hände
verdienen muß, aber es macht mich erröten, wenn ich
weniger Arbeiter als er ſein und ihm gewiſſermaßen auf
dieſen Titel ein Dorrecht einräumen ſollte.
Angeſichts deſſen, was in dieſer Welt zu tun übrig
bleibt, was am Daterlande ausbeſſerungsbedürftig iſt, an-
geſichts des vielen, nicht zu ſtillenden Elendes, der nieder-
zukämpfenden Unwiſſenheit, ſo vieler zu löſender Aufgaben
(und was für Aufgaben ſind das? Es ſteht damit, wie um
die Sphinx von ehedem: ſie freſſen Menſchen und Men-
ſchenmaſſen, bevor ſie zu Wort kommen). — angeſichts der
ungeklärten Lage von Gedanken und Taten inmitten ſo
vieler Ruinen, des auflodernden Feuers ſo vieler Brände,
iſt der, welcher ſich kaum regt, welcher ſich mehrfacher
Nichtstuerei hingibt, weder ein rechter Bürger, noch ein
Menſch.
Es iſt nicht etwa, wie Jhr ſeht, daß ich den Namen
Arbeit nur dem geiſtig Schaffenden zugeſprochen wiſſen
möchte, noch daß ich dem Arbeiter ſchmeicheln wollte, in-
dem ich zu ihm ſage: „Ja, nur Deine Arme ſind es,
welche arbeiten!“ Die unwürdige Derherrlichung wäre
gleichbedeutend mit einem Mangel an Hochachtung; denn
unſer moderner Arbeiter weiß zu gut, daß gerade er nicht
allein mit der Hand, ſondern auch mit dem Kopf, dem
Willen, dem Geſchmack, der Befähigung arbeitet. Es ſoll
auch nicht heißen, daß mir die Arbeit für den Reichen
weniger Erfordernis erſchiene, als die rauhe Arbeit für
den Armen, der täglich ſein Brot verdienen muß. Weit
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*) Athanaſe Coquerel, geb. 1820 in Amſterdam, ſchrieb Reden,
Studienbücher, Das Gewiſſen und der Glaube uſw.
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(2023-04-24T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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