Allgemeine Zeitung, Nr. 32, 1. Februar 1850.[Spaltenumbruch]
überlassen sich mit Steiermark ins Einvernehmen zu setzen. Einem Brief, Die österreichischen Fabricanten und die Londoner -- Wien, 26 Jan.Jndustrieausstellung. Als wir vor einem Vierteljahr in der Allg. Das neue österreichische Berggesetz. * Aus Oberösterreich.Der Entwurf des neuen Berggesetzes Tirol. * Von der Etsch, 12 Jan.Wenn die Journale der kaiserlich- *) Letztere ist vom Ministerium bereits beschlossen worden. A. d. E.
[Spaltenumbruch]
überlaſſen ſich mit Steiermark ins Einvernehmen zu ſetzen. Einem Brief, Die öſterreichiſchen Fabricanten und die Londoner — Wien, 26 Jan.Jnduſtrieausſtellung. Als wir vor einem Vierteljahr in der Allg. Das neue öſterreichiſche Berggeſetz. * Aus Oberöſterreich.Der Entwurf des neuen Berggeſetzes Tirol. * Von der Etſch, 12 Jan.Wenn die Journale der kaiſerlich- *) Letztere iſt vom Miniſterium bereits beſchloſſen worden. A. d. E.
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Im Au-<lb/> guſt beauftragte ihn Doblhoff mit der Leitung der öffentlichen Angelegen-<lb/> heiten Tirols, Fiſcher lehnte es ab und trat dafür bloß eine Reiſe nach<lb/> Tirol an um ſich von dem Zuſtand des Landes zu überzeugen und dem<lb/> Miniſter zu berichten. Damals war gerade die Spaltung zwiſchen Nord-<lb/> und Südtirol am weiteſten gediehen. Die Reiſe Fiſchers wurde ihrer<lb/> Zeit viel in den öffentlichen Blättern beſprochen. Er wurde von beiden<lb/> Parteien mit Mißtrauen| empfangen, er erkärte ihnen den Zweck ſeiner<lb/> Sendung, und es gelang ihm größtentheils das Vertrauen zu gewinnen.<lb/> Er ſchlug als Landeschef Tirols den Grafen Biſſingen vor als einen<lb/> Mann „der das Land kennt und liebt, viele Bildung beſitzt und das Herz<lb/> auf dem rechten Fleck hat.“ Erſt in Kremſter ſah Fiſcher Doblhoff wie-<lb/> der, da inzwiſchen die Octoberereigniſſe eingetreten waren und alle Ver-<lb/> hältniſſe umgeändert hatten. Als nach der Ankunft Kaiſer Ferdinands<lb/> in Olmütz ein Manifeſt (vom 15 Oct.) erſchien an die Landleute gerichtet,<lb/> worin ihnen die Entlaſtung von Grund und Boden verfichert wurde, von<lb/> weiterem aber keine Rede war, begab ſich Fiſcher, der gerade mit einer<lb/> Reichstagsdeputation in Olmütz anweſend war, mit andern Deputirten zu<lb/> Weſſenberg und ſtellte vor daß das Manifeſt geeignet ſey die größte Auf-<lb/> regung in den Provinzen hervorzurufen. Hierauf erſchien das Manifeſt<lb/> vom 19 Oct. an alle Völker des Reichs mit Verſicherung der Auf-<lb/> rechthaltung aller gewährten Rechte und Freiheiten. Beim Eintritt des<lb/> Miniſteriums Schwarzenberg-Stadion gab Fiſcher ſein Amt, als nur vom<lb/> abgetretenen Miniſterium ins Vertrauen berufen, zurück, Stadion nahm<lb/> aber die Entlaſſung nicht an. Im December wurde Fiſcher als Landes-<lb/> chef nach Oberöſterreich geſendet, und vor wenigen Wochen wurde dieſe<lb/> proviſoriſche Würde in die deſinitive eines Statthalters verwandelt. In<lb/> Salzburg ſteht Fiſcher in gutem Angedenken, er wird als thätiger und<lb/> redlicher Rechtsfreund geſchildert, man verdankt ihm nebſt dem Miniſte-<lb/> rialrath v. Laſſer die dem Lande gewordene Selbſtändigkeit, man ver-<lb/> dankt ihm die Forſtregulirungscommiſſion und die Herabſetzung des ho-<lb/> hen Zinsfußes der auf den Beſitzungen der Gebirgsbewohner haftenden<lb/> Stiftungscapitalien. Er ſoll ſich für Wiedererlangung der eigenen Berg-<lb/> und Salinendirection und für eine eigene Forſtſchule im Lande ſehr thätig<lb/> verwendet haben.<note place="foot" n="*)">Letztere iſt vom Miniſterium bereits beſchloſſen worden. A. d. E.</note> Als Privatmann iſt Fiſcher ein Mann von freundlichen<lb/> wohlwollenden Sitten und von ſehr gutem Herzen. 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Denn leider iſt<lb/> bis jetzt, trotz des thätigen Wirkens des „Vereins zum Schutz vaterländi-<lb/> ſcher Arbeit“, noch lange nicht genug Corporationsgeiſt in unſere In-<lb/> duſtriellen gekommen — beſitzt dieſe reiche Claſſe des Bürgerthums doch<lb/> noch kein größeres Organ das alle Fragen des Tages ſtets von dem Stand-<lb/> punkt ihrer mannichfachen Intereſſen behandelt — als daß nicht die<lb/> Furcht wohl begründet geweſen wäre: der eine würde vielleicht ſeine Er-<lb/> zeugniſſe über den Canal ſenden, während der andere ſich um jene Vor-<lb/> gänge in England auch nicht im entfernteſten kümmerte; und dieſer vor-<lb/> ausſichtlichen Zerfahrenheit zogen wir lieber das einige Nichtannehmen<lb/> vor, ſelbſt auf die Gefahr daß das Ausland in unſerm Nichterſcheinen eine<lb/> wohlbegründete Furcht, ein ſelbſt ausgeſtelltes Armuthszeugniß erblicken<lb/> könnte. Außerdem aber waren wir der Anſicht daß England bei dieſem<lb/> Plan ſeine Hintergedanken hege, der Welt ſich als den eigentlichen<lb/> Brennpunkt des induſtriellen Lebens hinſtellen wolle, und dann den deut-<lb/><cb/> ſchen Fabricanten gar kein erſichtlicher Gewinn aus der Theilnahme er-<lb/> wachſen könne, indem ja die eingeſchickten Waaren nicht von den Zollauf-<lb/> lagen bei etwaigem Verkaufe befreit ſeyn würden, ſo daß ſelbſt nicht an<lb/> eine Deckung der Transportkoſten zu denken ſey. Für die bloße Laune<lb/><hi rendition="#aq">of his royal highness</hi> aber ſo viel Geld ausgeben? ... Die „Auſtria“<lb/> iſt dagegen anderer Meinung. In ihrer heutigen Nummer bevorwortet<lb/> ſie den Entſchluß des Handelsminiſteriums, die öſterreichiſche Induſtrie-<lb/> ausſtellung, welche, wie wir neulich gemeldet haben, die Wiener Handels-<lb/> kammer gern in das Jahr 1852 verlegt ſehen wollte, dem urſprünglichen<lb/> Plan gemäß doch im Jahr 1851, und zwar vor der Londoner, abzuhalten,<lb/> indem dieſe Wiener Ausſtellung gewiſſermaßen nur eine Hausprobe für<lb/> das ſpätere Erſcheinen der öſterreichiſchen Induſtrie auf jener großen<lb/> Bühne abgeben ſolle. Sie geht dabei wohl von der Grundanſicht aus<lb/> daß die heimiſchen Induſtriellen zum Behuf der deutſch-öſterreichiſchen<lb/> Zolleinigung einer großartigeren Anregung, einer bedeutenden Erweite-<lb/> rung des mercantilen Blickes bedürften, und eben in der Selbſtver-<lb/> gleichung mit der Leiſtung der Fremden den beſten Sporn für die Ent-<lb/> wicklung aller ihrer Kräfte finden würden. Wir wollen gegen dieſen<lb/> Standpunkt keineswegs polemiſtren; wenn Oeſterreich mit einer tüchtigen<lb/> Macht auf dem Londoner Turnier zu erſcheinen vermag, ſo ſind wir die<lb/> letzten die ihm die Schranken zuſperren; aber auch nur unter dieſer Be-<lb/> dingung können wir ſeine Betheiligung an jenem induſtriellen Wettkampf<lb/> gut finden, weil ſonſt aus der etwa aus London geholten Entmuthigung<lb/> die ökonomiſche Einigung des Vaterlandes einen empfindlichen Schlag<lb/> erleiden dürfte!</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Das neue öſterreichiſche Berggeſetz.</hi> </head><lb/> <dateline>* <hi rendition="#b">Aus Oberöſterreich.</hi></dateline><lb/> <p>Der Entwurf des neuen Berggeſetzes<lb/> wurde in die Provinzen verſendet um durch die Preſſe und die Bergämter<lb/> beurtheilt zu werden. Das Bedürfniß einer Reform war vielleicht in<lb/> keinem Zweige der Geſetzgebung ſo dringend gefühlt als im Bergweſen.<lb/> Nirgends aber boten ſich auch größere Schwierigkeiten. Die Kluft von<lb/> drei Jahrhunderten in Sprache, Verhältniſſen und Anſichten liegt zwiſchen<lb/> den letzten allgemeinen Bergordnungen und dem vorliegenden Entwurfe.<lb/> Sie konnten nichts als einiges Material dazu abliefern, und ſelbſt dieſes<lb/> konnte nur mit ſtrengſter Sichtung noch benutzt, der Bau ſelbſt mußte<lb/> von Grund auf ein neuer werden. Schon ſeit Jahrzehnten wurde an die<lb/> nothwendige allgemeine Reform der Berggeſetzgebung gedacht. Aber ſie<lb/> ſcheiterie an innern und äußern Hinderniſſen. Um ſo mehr muß man ſich<lb/> über den Umſchwung der Zeit wundern und freuen daß nun in der Friſt<lb/> von wenigen Monaten aus den Händen der niedergeſetzten Commiſſion ein<lb/> Entwurf hervorging der, wenn er auch noch manches zu wünſchen läßt,<lb/> namentlich in der Schärfe des Ausdrucks und der logiſchen Unterſtellung,<lb/> doch als ein unendlicher Fortſchritt betrachtet und von jedem der die<lb/> Schwierigkeit der Aufgabe kennt und zu würdigen weiß, mit Anerkennung<lb/> begrüßt werden muß. Ein hauptſächliches äußeres Hinderniß gegen eine<lb/><hi rendition="#g">allgemeine</hi> Reform beſtand in den ſogenannten böhmiſchen Bergwerks-<lb/> verträgen mit den Ständen von den Jahren 1534 und 1575, wodurch dieſen<lb/> die Betheiligung am Bergregal, die berggerichtliche Patrimonialgerichts-<lb/> barkeit, das theilweiſe Bergwerksverleihungsrecht u. ſ. w. zugeſtanden war;<lb/> dieſes äußere Hinderniß hatte das Jahr 1848 bereits beſeitigt.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFeuilleton" n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Tirol.</hi> </head><lb/> <dateline>* <hi rendition="#b">Von der Etſch,</hi> 12 Jan.</dateline><lb/> <p>Wenn die Journale der kaiſerlich-<lb/> königlichen Großſtädte manchmal einen Blick herüberſchicken auf das Land<lb/> Tirol, ſo ſind die Kundgebungen ihrer Einſichten und Wahrnehmungen<lb/> meiſtentheils für niemanden überraſchender und lehrreicher als für die<lb/> Leute welche eine heitere Ironie in dieſem „Weſtende“ oder auf dieſer<lb/> „äußerſten Linken“ des Kaiſerſtaates ſitzen läßt. Freilich — daß man ſie<lb/> noch mit Vorliebe im Styl der Kosmographen und Chroniciſten vergilbter<lb/> Jahrhunderte als etwas ungeleckt und ſehr abſeits gelegen behandelt, ge-<lb/> ſchieht vielleicht aus Achtung für ihren Conſervativismus, die Tradition<lb/> vom Joſephiniſchen „Land der Unmöglichkeiten“ wagt man in den Wiener<lb/> Kanzleien aus neueren Gründen auch noch nicht gänzlich aufzugeben, und<lb/> die neulichen Liebenswürdigkeiten der böhmiſchen „Union“ waren gewiſſer-<lb/> maßen nur Stammbuchverſe für die tiroliſchen Geſinnungsgenoſſen vom<lb/> Reichstage zu Wien und Kremſter; um ſo löblicher wird hierdurch nur<lb/> die Gewiſſenhaftigkeit mit welcher man hier unter ſich, ſelbſt durch die<lb/> Preſſe, die Frage erörterte: „Sind die Tiroler dumm?“, und ſich für ein<lb/> gründlich belegtes „Nein“ entſchied. Auffallender bleibt es aber noch daß<lb/> unter jenen Mittheilungen und Eröffnungen ein großer Theil als Cor-<lb/> reſpondenz „aus Tirol“ in den vornehmen Blättern erſcheint, und man<lb/> ſomit die artigſten und wahrhafteſten darunter landsmänniſchem Talente<lb/></p> </div> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [509/0013]
überlaſſen ſich mit Steiermark ins Einvernehmen zu ſetzen. Einem Brief,
den er damals nach Tirol geſchrieben hat, entnehmen wir die Aeußerung
daß es ihn empöre daß ſich die Provinzen immer nur das gefallen
laſſen ſollen was man in Wien will: „Die Millionen wohnen in den Pro-
vinzen, nicht in Wien.“ Da inzwiſchen beruhigendere Nachrichten aus
Wien einliefen und der Reichstag in Ausſicht ſtand, hatte der Beſchluß,
obgleich die Deputationen abgereist waren, keine weitern Folgen. Im
Junius wurde Fiſcher von dem Lande Salzburg zum Vertreter in den
Reichstag gewählt. Gleiche Ehre war ihm von der Stadt zugedacht.
In den erſten Wochen ſeines Wiener Aufenthalts wurde er von dem da-
maligen Miniſter Doblhoff in das Bureau des Innern berufen. Im Au-
guſt beauftragte ihn Doblhoff mit der Leitung der öffentlichen Angelegen-
heiten Tirols, Fiſcher lehnte es ab und trat dafür bloß eine Reiſe nach
Tirol an um ſich von dem Zuſtand des Landes zu überzeugen und dem
Miniſter zu berichten. Damals war gerade die Spaltung zwiſchen Nord-
und Südtirol am weiteſten gediehen. Die Reiſe Fiſchers wurde ihrer
Zeit viel in den öffentlichen Blättern beſprochen. Er wurde von beiden
Parteien mit Mißtrauen| empfangen, er erkärte ihnen den Zweck ſeiner
Sendung, und es gelang ihm größtentheils das Vertrauen zu gewinnen.
Er ſchlug als Landeschef Tirols den Grafen Biſſingen vor als einen
Mann „der das Land kennt und liebt, viele Bildung beſitzt und das Herz
auf dem rechten Fleck hat.“ Erſt in Kremſter ſah Fiſcher Doblhoff wie-
der, da inzwiſchen die Octoberereigniſſe eingetreten waren und alle Ver-
hältniſſe umgeändert hatten. Als nach der Ankunft Kaiſer Ferdinands
in Olmütz ein Manifeſt (vom 15 Oct.) erſchien an die Landleute gerichtet,
worin ihnen die Entlaſtung von Grund und Boden verfichert wurde, von
weiterem aber keine Rede war, begab ſich Fiſcher, der gerade mit einer
Reichstagsdeputation in Olmütz anweſend war, mit andern Deputirten zu
Weſſenberg und ſtellte vor daß das Manifeſt geeignet ſey die größte Auf-
regung in den Provinzen hervorzurufen. Hierauf erſchien das Manifeſt
vom 19 Oct. an alle Völker des Reichs mit Verſicherung der Auf-
rechthaltung aller gewährten Rechte und Freiheiten. Beim Eintritt des
Miniſteriums Schwarzenberg-Stadion gab Fiſcher ſein Amt, als nur vom
abgetretenen Miniſterium ins Vertrauen berufen, zurück, Stadion nahm
aber die Entlaſſung nicht an. Im December wurde Fiſcher als Landes-
chef nach Oberöſterreich geſendet, und vor wenigen Wochen wurde dieſe
proviſoriſche Würde in die deſinitive eines Statthalters verwandelt. In
Salzburg ſteht Fiſcher in gutem Angedenken, er wird als thätiger und
redlicher Rechtsfreund geſchildert, man verdankt ihm nebſt dem Miniſte-
rialrath v. Laſſer die dem Lande gewordene Selbſtändigkeit, man ver-
dankt ihm die Forſtregulirungscommiſſion und die Herabſetzung des ho-
hen Zinsfußes der auf den Beſitzungen der Gebirgsbewohner haftenden
Stiftungscapitalien. Er ſoll ſich für Wiedererlangung der eigenen Berg-
und Salinendirection und für eine eigene Forſtſchule im Lande ſehr thätig
verwendet haben. *) Als Privatmann iſt Fiſcher ein Mann von freundlichen
wohlwollenden Sitten und von ſehr gutem Herzen. Er mag ungefähr in
den erſten fünfziger Jahren ſtehen.
Die öſterreichiſchen Fabricanten und die Londoner
Jnduſtrieausſtellung.
— Wien, 26 Jan.
Als wir vor einem Vierteljahr in der Allg.
Zeitung die Frage aufwarfen: ob Deutſchland ſich in der beabſichtigten
„Weltinduſtrieausſtellung“ an der Themſe betheiligen ſollte, waren wir
im Grunde gegen die Theilnahme. Wir bezweckten damals hauptſächlich
nur, dem Wunſch einiger hervorragenden Induſtriellen von Süddeutſch-
land gemäß, die Sache auf der Leipziger Meſſe in Anregung zu bringen,
damit das „Annehmen oder Ablehnen“ wenigſtens ein gemeinſames, ein
ſolidariſches des ganzen deutſchen Gewerkſtandes werde. Denn leider iſt
bis jetzt, trotz des thätigen Wirkens des „Vereins zum Schutz vaterländi-
ſcher Arbeit“, noch lange nicht genug Corporationsgeiſt in unſere In-
duſtriellen gekommen — beſitzt dieſe reiche Claſſe des Bürgerthums doch
noch kein größeres Organ das alle Fragen des Tages ſtets von dem Stand-
punkt ihrer mannichfachen Intereſſen behandelt — als daß nicht die
Furcht wohl begründet geweſen wäre: der eine würde vielleicht ſeine Er-
zeugniſſe über den Canal ſenden, während der andere ſich um jene Vor-
gänge in England auch nicht im entfernteſten kümmerte; und dieſer vor-
ausſichtlichen Zerfahrenheit zogen wir lieber das einige Nichtannehmen
vor, ſelbſt auf die Gefahr daß das Ausland in unſerm Nichterſcheinen eine
wohlbegründete Furcht, ein ſelbſt ausgeſtelltes Armuthszeugniß erblicken
könnte. Außerdem aber waren wir der Anſicht daß England bei dieſem
Plan ſeine Hintergedanken hege, der Welt ſich als den eigentlichen
Brennpunkt des induſtriellen Lebens hinſtellen wolle, und dann den deut-
ſchen Fabricanten gar kein erſichtlicher Gewinn aus der Theilnahme er-
wachſen könne, indem ja die eingeſchickten Waaren nicht von den Zollauf-
lagen bei etwaigem Verkaufe befreit ſeyn würden, ſo daß ſelbſt nicht an
eine Deckung der Transportkoſten zu denken ſey. Für die bloße Laune
of his royal highness aber ſo viel Geld ausgeben? ... Die „Auſtria“
iſt dagegen anderer Meinung. In ihrer heutigen Nummer bevorwortet
ſie den Entſchluß des Handelsminiſteriums, die öſterreichiſche Induſtrie-
ausſtellung, welche, wie wir neulich gemeldet haben, die Wiener Handels-
kammer gern in das Jahr 1852 verlegt ſehen wollte, dem urſprünglichen
Plan gemäß doch im Jahr 1851, und zwar vor der Londoner, abzuhalten,
indem dieſe Wiener Ausſtellung gewiſſermaßen nur eine Hausprobe für
das ſpätere Erſcheinen der öſterreichiſchen Induſtrie auf jener großen
Bühne abgeben ſolle. Sie geht dabei wohl von der Grundanſicht aus
daß die heimiſchen Induſtriellen zum Behuf der deutſch-öſterreichiſchen
Zolleinigung einer großartigeren Anregung, einer bedeutenden Erweite-
rung des mercantilen Blickes bedürften, und eben in der Selbſtver-
gleichung mit der Leiſtung der Fremden den beſten Sporn für die Ent-
wicklung aller ihrer Kräfte finden würden. Wir wollen gegen dieſen
Standpunkt keineswegs polemiſtren; wenn Oeſterreich mit einer tüchtigen
Macht auf dem Londoner Turnier zu erſcheinen vermag, ſo ſind wir die
letzten die ihm die Schranken zuſperren; aber auch nur unter dieſer Be-
dingung können wir ſeine Betheiligung an jenem induſtriellen Wettkampf
gut finden, weil ſonſt aus der etwa aus London geholten Entmuthigung
die ökonomiſche Einigung des Vaterlandes einen empfindlichen Schlag
erleiden dürfte!
Das neue öſterreichiſche Berggeſetz.
* Aus Oberöſterreich.
Der Entwurf des neuen Berggeſetzes
wurde in die Provinzen verſendet um durch die Preſſe und die Bergämter
beurtheilt zu werden. Das Bedürfniß einer Reform war vielleicht in
keinem Zweige der Geſetzgebung ſo dringend gefühlt als im Bergweſen.
Nirgends aber boten ſich auch größere Schwierigkeiten. Die Kluft von
drei Jahrhunderten in Sprache, Verhältniſſen und Anſichten liegt zwiſchen
den letzten allgemeinen Bergordnungen und dem vorliegenden Entwurfe.
Sie konnten nichts als einiges Material dazu abliefern, und ſelbſt dieſes
konnte nur mit ſtrengſter Sichtung noch benutzt, der Bau ſelbſt mußte
von Grund auf ein neuer werden. Schon ſeit Jahrzehnten wurde an die
nothwendige allgemeine Reform der Berggeſetzgebung gedacht. Aber ſie
ſcheiterie an innern und äußern Hinderniſſen. Um ſo mehr muß man ſich
über den Umſchwung der Zeit wundern und freuen daß nun in der Friſt
von wenigen Monaten aus den Händen der niedergeſetzten Commiſſion ein
Entwurf hervorging der, wenn er auch noch manches zu wünſchen läßt,
namentlich in der Schärfe des Ausdrucks und der logiſchen Unterſtellung,
doch als ein unendlicher Fortſchritt betrachtet und von jedem der die
Schwierigkeit der Aufgabe kennt und zu würdigen weiß, mit Anerkennung
begrüßt werden muß. Ein hauptſächliches äußeres Hinderniß gegen eine
allgemeine Reform beſtand in den ſogenannten böhmiſchen Bergwerks-
verträgen mit den Ständen von den Jahren 1534 und 1575, wodurch dieſen
die Betheiligung am Bergregal, die berggerichtliche Patrimonialgerichts-
barkeit, das theilweiſe Bergwerksverleihungsrecht u. ſ. w. zugeſtanden war;
dieſes äußere Hinderniß hatte das Jahr 1848 bereits beſeitigt.
Tirol.
* Von der Etſch, 12 Jan.
Wenn die Journale der kaiſerlich-
königlichen Großſtädte manchmal einen Blick herüberſchicken auf das Land
Tirol, ſo ſind die Kundgebungen ihrer Einſichten und Wahrnehmungen
meiſtentheils für niemanden überraſchender und lehrreicher als für die
Leute welche eine heitere Ironie in dieſem „Weſtende“ oder auf dieſer
„äußerſten Linken“ des Kaiſerſtaates ſitzen läßt. Freilich — daß man ſie
noch mit Vorliebe im Styl der Kosmographen und Chroniciſten vergilbter
Jahrhunderte als etwas ungeleckt und ſehr abſeits gelegen behandelt, ge-
ſchieht vielleicht aus Achtung für ihren Conſervativismus, die Tradition
vom Joſephiniſchen „Land der Unmöglichkeiten“ wagt man in den Wiener
Kanzleien aus neueren Gründen auch noch nicht gänzlich aufzugeben, und
die neulichen Liebenswürdigkeiten der böhmiſchen „Union“ waren gewiſſer-
maßen nur Stammbuchverſe für die tiroliſchen Geſinnungsgenoſſen vom
Reichstage zu Wien und Kremſter; um ſo löblicher wird hierdurch nur
die Gewiſſenhaftigkeit mit welcher man hier unter ſich, ſelbſt durch die
Preſſe, die Frage erörterte: „Sind die Tiroler dumm?“, und ſich für ein
gründlich belegtes „Nein“ entſchied. Auffallender bleibt es aber noch daß
unter jenen Mittheilungen und Eröffnungen ein großer Theil als Cor-
reſpondenz „aus Tirol“ in den vornehmen Blättern erſcheint, und man
ſomit die artigſten und wahrhafteſten darunter landsmänniſchem Talente
*) Letztere iſt vom Miniſterium bereits beſchloſſen worden. A. d. E.
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(2022-02-11T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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