Allgemeine Zeitung, Nr. 32, 1. Februar 1850.[Spaltenumbruch]
gemeinsame Gesetzgebung dafür aufgestellt werden. Aus diesen Andeu- * Unsere Wiener Briefe vom 29 Jan. melden wiederholt daß man * Triest, 27 Jan. Gestern Abend warf die heimgekehrte Fregatte Frankreich. Paris, 28 Jan. Es bildet sich eine immer rücksichtslosere Opposition, die sich in den Die Unterhandlungen zwischen der päpstlichen Regierung und dem Der russische Geschäftsträger v. Kisseleff ist abberufen. Der Graf Am Sonnabend war großer Ball bei dem Präsidenten der National- [Spaltenumbruch]
gemeinſame Geſetzgebung dafür aufgeſtellt werden. Aus dieſen Andeu- * Unſere Wiener Briefe vom 29 Jan. melden wiederholt daß man * Trieſt, 27 Jan. Geſtern Abend warf die heimgekehrte Fregatte Frankreich. Paris, 28 Jan. Es bildet ſich eine immer rückſichtsloſere Oppoſition, die ſich in den Die Unterhandlungen zwiſchen der päpſtlichen Regierung und dem Der ruſſiſche Geſchäftsträger v. Kiſſeleff iſt abberufen. Der Graf Am Sonnabend war großer Ball bei dem Präſidenten der National- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jComment" n="4"> <p><pb facs="#f0007" n="503"/><cb/> gemeinſame Geſetzgebung dafür aufgeſtellt werden. Aus dieſen Andeu-<lb/> tungen ergibt ſich etwa folgendes Bild, wie man öſterreichiſcherſeits die<lb/> Einigung mit Deutſchland verſuchen möchte. Der Reichstag ſoll auf<lb/> Delegationswege gebildet werden und zwar aus den 70 Millionen. Das<lb/> Subſtrat ſeiner Wirkſamkeit iſt das handelspolitiſche Gebiet mit ſeinem<lb/> Einfluß nach außen, als Norm der hohen Politik, nach innen durch Be-<lb/> ſtimmung der Handels- und Gewerbsgeſetzgebung. Bei rein politiſchen<lb/> Fragen welche das abgeſonderte nationale Ganze beträfen, würde dann<lb/> einfach eine <hi rendition="#aq">itio in partes</hi> eintreten. Auf welche Kronländer ſich dieſe<lb/> erſtreckte, kann ich zwar nicht angeben, allein es läßt ſich errathen daß<lb/> es Ungarn, Galizien und Italien ſeyn würden. Sollen dieſe Plane ge-<lb/> lingen, ſo muß zuvor eins entſchieden ſeyn: ob Preußen den Erfurter<lb/> Verſuch aufgibt oder durchführt. Der ſogenannte weitere Bund, wie<lb/> ihn Oeſterreich auffaßt, iſt eigentlich ſchon ein enger, ſo daß einen engeren<lb/> neben dem engen noch zu denken höchſt ſchwierig iſt. Daß die Klein-<lb/> ſtaatenqual in Deutſchland unerträglich geworden und der „inneren Sicher-<lb/> heit und Ruhe“, dem großem Bundeszweck, gefährlich iſt, ſieht man hier<lb/> recht gut ein. Man würde auch dieſem und jenem ſtillen Wunſche Preu-<lb/> ßens ſeine Rheinprovinzen geographiſch mit dem öſtlichen Ländergebiet<lb/> zu verbinden gewiß nichts in den Weg legen. Oeſterreich ſelbſt bean-<lb/> ſprucht keine Vergrößerung, es will nur daß es Ruhe werde draußen,<lb/> und es möchte deßhalb, wie Preußen zu eignen Zwecken, das übrige<lb/> Deutſchland zu gemeinſamen Zwecken ein wenig arrondiren. So flüchtig<lb/> dieſe Umriſſe und ſo allgemein auch dieſe Bemerkungen ſeyn mögen, ſo<lb/> erklären ſie doch vollſtändig die Politik Oeſterreichs in der deutſchen Frage<lb/> ſeit der Waffenſtreckung bei Vilagos. Oeſterreich weiß recht gut daß<lb/> ohne ein Einverſtändniß mit Preußen nichts erzielt wird, ebenſowenig als<lb/> Preußen mit ſeinem Dreikönigsproject ohne Oeſterreich zu Stande ge-<lb/> kommen iſt. Man konnte alſo nur vor Uebereilung warnen, und mußte<lb/> warten bis Preußen nach mißlungenem Verſuch ſich willig fand den<lb/> öſterreichiſchen nicht dynaſtiſchen Verſuchen Gehör zu ſchenken.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <p>* Unſere <hi rendition="#g">Wiener</hi> Briefe vom 29 Jan. melden wiederholt daß man<lb/> der neuen Strafproceßordnung entgegenſah. Die <hi rendition="#g">Oeſterr. 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Von Nordoſt ſprang der Wind plötzlich auf Süd<lb/> um, und der erſtarrenden Kälte folgte ein lauwarmer erſchlaffender<lb/> Scirocco. Die feuchte Luft drang auch ins Innere unſerer Häuſer und<lb/> erzeugte Unwohlſeyn. Kaum nach zwei Tagen — ſtürmt abermals ent-<lb/> feſſelt die Bora über die Berge herab. Die Poſten langen wieder alle<lb/> unregelmäßig und dedeutend verſpätet an. — Der Kaiſer hat das Geſchenk<lb/> unſers Municipiums, beſtehend aus den Gründen und Localitäten des<lb/> ſtädtiſchen Schlachthauſes und Armeninſtituts, angenommen und wird<lb/> wirklich im nächſten Frühling nach Trieſt kommen um den Grundſtein<lb/> zum Bahnhof zu legen, der an der Stelle der vorerwähnten Localitäten errich-<lb/> tet werden ſoll. Die Gemeinde wird auf eigene Koſten jene Anſtalten<lb/> anderswohin übertragen, und die Börſe betheiligt ſich hiebei mit einem<lb/> Betrag von 100,000 fl. — Es ſcheint ſich nun das Räthſel zu löſen<lb/> warum es mit der politiſchen Organiſtrung der reichsunmittelbaren Stadt<lb/> Trieſt und des Kronlandes Görz-Iſtrien nicht vorwärts gehen will.<lb/> Einerſeits hat nämlich, wie nun die Sage geht, die Statthalterei oder<lb/> eigentlich noch das Gubernium den Vorſchlag zur Beſetzung der politi-<lb/> ſchen Dienſtpoſten wegen nochmaliger Reviſion, und das Municipium ſei-<lb/> nen Entwurf einer Conſtitution für Trieſt zur Umarbeitung zurück-<lb/> erhalten. Das ſeit mehreren Tagen erwartete und viel verſpätete Dampf-<lb/> ſchiff aus Griechenland iſt eingetroffen, bringt uns aber keine erheblichen<lb/><cb/> Neuigkeiten. Das Unwetter zur See iſt um nichts milder geworden, und<lb/> bei Miſſolurghi hat es einen abermaligen Schiffbruch gegeben, welcher die<lb/> griechiſche Brig „S. Nikola“, Capitän Raftonopulo betraf. Briefe aus<lb/> Galatz vom 10 d. melden daß die Donau nun feſt gefroren ſey. Ein Schiff<lb/> war durch das Eis früher mit Ladung von Ibraila herabgeſchleppt wor-<lb/> den, und iſt nun mitten im Strome feſt. Die Ladung wird ſich retten<lb/> laſſen, das Schiff ſchwerlich.</p> </div> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 28 Jan.</dateline><lb/> <p>Es bildet ſich eine immer rückſichtsloſere Oppoſition, die ſich in den<lb/> perſönlichſten Angriffen gegen den Präſidenten L. Bonaparte gefällt. Der<lb/><hi rendition="#g">National,</hi> der von jeher Verzweigungen im Militär hatte, beſchuldigt<lb/> ihn, im Verein mit dem Kriegsminiſter d’Hautpoul, ein Angebereiſyſtem<lb/> in der Armee eingeführt zu haben, er ſagt: <cit><quote>„Die Armee iſt von einem<lb/> Netz von Spionen umgeben welche ihren Lohn verdienen wollen. Offi-<lb/> ciere, Unterofſiciere und Soldaten können keinen Schritt thun der nicht<lb/> beobachtet, kein Wort reden das nicht aufgegriffen und von den geheimen<lb/> Agenten des Hrn. d’Hautpoul und ſeines ehrenwerihen Freundes des<lb/> Hrn. Carlier hinterbracht wird. Die Polizeiberichte wandern in Maſſe<lb/> nach dem Kriegsminiſterium und ins Elyſée. Man könnte glauben in<lb/> die ſchönen Tage von 1815 zurückverſetzt zu ſeyn. Es iſt nur <hi rendition="#g">ein</hi> Unter-<lb/> ſchied zwiſchen jener unheilvollen Epoche und der jetzigen Zeit: die Spür-<lb/> hunde der Polizei des Hrn. Bonaparte, ſtatt, wie damals, die Fö-<lb/> derirten und die Bonapartiſten der vollziehenden Gewalt anzugeben,<lb/> geben heute die Republicaner an.“</quote></cit> Dann wird als Beiſpiel angeführt<lb/> daß auf ſolche Angebereien hin kürzlich von dem in Vincennes und No-<lb/> gent in Garniſon liegenden 31ſten Linienregiment 53 Soldaten nebſt meh-<lb/> reren Officieren nach Afrika geſchickt, ein Hauptmann und drei Lieute-<lb/> nants verabſchiedet worden ſeyen, aus keinem andern Grund als wegen<lb/> ihrer republicaniſchen Geſinnung. Man habe ſich wohl gehütet ihnen<lb/> den Grund ihrer Ungnade zu bezeichnen, aber jedermann im Regiment<lb/> wiſſe ihn, ſie hätten die Unklugheit gehabt republicaniſche Geſinnungen<lb/> merken zu laſſen. Hr. L. Bonaparte kenne die franzöſiſche Armee, ihren<lb/> Geiſt und ihre Bedürfniſſe ſo wenig als die Emigrirten bei ihrer Rück-<lb/> kehr im Jahr 1814, er werde ſich ſehr täuſchen wenn er ſich einbilde den<lb/> republicaniſchen Geiſt im Heer ausrotten zu können. Die Wahl im<lb/> Garddepartement ſollte ihm zur Warnung dienen. Wirklich hat der de-<lb/> mokratiſche Candidat, Major Favand vom 50ſten Linienregiment, nicht<lb/> nur die abſolute Majorität überhaupt, ſondern auch die Majorität der<lb/> Militärſtimmen erhalten. Die conſervative Partei hatte ſich über ihre<lb/> Niederlage anfangs damit getröſtet daß der demokratiſche Candidat nur<lb/> durch ihre Stimmenzerſplitterung geſiegt habe, es zeigt ſich aber, nach-<lb/> dem die Abſtimmungen vollſtändig vorliegen, daß er mehr Stimmen als<lb/> die beiden Gegencandidaten zuſammen hatte, und der Conſtitutionnel<lb/> hat jetzt bloß noch den Troſt daß Hr. Favand, der ſchon Mitglied der<lb/> verfaſſunggebenden Nationalverſammlung war, damals zu den <hi rendition="#g">Blauen</hi>,<lb/> d. h. der Partei Cavaignacs, den gemäßigten Republicanern hielt. Die<lb/> Bonapartiſtrungsverſuche, in ſo verſchiedenen Formen ſie ſich wiederho-<lb/> len, haben bis jetzt alle ein klägliches Ende genommen. Die Gendarme-<lb/> rie-Inſtructionen des Kriegsminiſters, das Abonnirenlaſſen auf den „Na-<lb/> poleon“ in den Caſernen — dieß und ähnliches war von vornherein ſo<lb/> angelegt daß es die Satire, den Spott des <hi rendition="#g">Charivari</hi> gleichſam her-<lb/> auszufordern ſchien. Charivari ſchickt nun auch dem Frühentſchlafenen<lb/> einen rührenden Nekrolog nach. Wo man eine ſo ſchöne Abbildung des<lb/> Etoile-Triumphbogens, wo man die Napoleoniſche Idee, den Ausdruck<lb/> des Princips der Stabilität ſo rein wieder finden werde? Schon die drei<lb/> Nummern hätten Wunder gethan, täglich ſeyen die Beſtellungen zu Hun-<lb/> derten angekommen, der Kaiſer von Rußland habe ſelbſt zwei Abonne-<lb/> ments genommen, die koſtbarſte Aufmunterung die jetzt verloren gehe.<lb/> So ruft der Schalk aus und läßt die letzte Nummer des „Napoleon“ in<lb/> die Gruft des Invalidenhotels bringen, wo ſie der Marſchall Hieronymus<lb/> Bonaparte feierlich beiſetzen und der Conſtitutionnel als lachender Erbe<lb/> durch ſeinen Veron die Leichenrede halten wird.</p><lb/> <p>Die Unterhandlungen zwiſchen der päpſtlichen Regierung und dem<lb/> Haus Rothſchild ſind beendigt. Geſtern wurde das Anlehen abge-<lb/> ſchloſſen.</p><lb/> <p>Der ruſſiſche Geſchäftsträger v. Kiſſeleff iſt abberufen. Der Graf<lb/> v. Stroganoff wird ihn als bevollmächtigter Miniſter erſetzen. Derſelbe<lb/> ſoll ein zahlreiches Geſolge mitbringen.</p><lb/> <p>Am Sonnabend war großer Ball bei dem Präſidenten der National-<lb/> verſammlung. Bei 2000 Einladungen waren erlaſſen. Eine große<lb/> Zahl Mitglieder der Nationalverſammlung von allen Farben, ſämmtliche<lb/> Miniſter, das diplomatiſche Corps, die Mitglieder der hohen Collegien,<lb/> der Generalſtab der Nationalgarde, Officiere aus allen Corps der Beſa-<lb/> tzung von Paris ꝛc. hatten ſich eingefunden. Um 11 Uhr erſchien der<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [503/0007]
gemeinſame Geſetzgebung dafür aufgeſtellt werden. Aus dieſen Andeu-
tungen ergibt ſich etwa folgendes Bild, wie man öſterreichiſcherſeits die
Einigung mit Deutſchland verſuchen möchte. Der Reichstag ſoll auf
Delegationswege gebildet werden und zwar aus den 70 Millionen. Das
Subſtrat ſeiner Wirkſamkeit iſt das handelspolitiſche Gebiet mit ſeinem
Einfluß nach außen, als Norm der hohen Politik, nach innen durch Be-
ſtimmung der Handels- und Gewerbsgeſetzgebung. Bei rein politiſchen
Fragen welche das abgeſonderte nationale Ganze beträfen, würde dann
einfach eine itio in partes eintreten. Auf welche Kronländer ſich dieſe
erſtreckte, kann ich zwar nicht angeben, allein es läßt ſich errathen daß
es Ungarn, Galizien und Italien ſeyn würden. Sollen dieſe Plane ge-
lingen, ſo muß zuvor eins entſchieden ſeyn: ob Preußen den Erfurter
Verſuch aufgibt oder durchführt. Der ſogenannte weitere Bund, wie
ihn Oeſterreich auffaßt, iſt eigentlich ſchon ein enger, ſo daß einen engeren
neben dem engen noch zu denken höchſt ſchwierig iſt. Daß die Klein-
ſtaatenqual in Deutſchland unerträglich geworden und der „inneren Sicher-
heit und Ruhe“, dem großem Bundeszweck, gefährlich iſt, ſieht man hier
recht gut ein. Man würde auch dieſem und jenem ſtillen Wunſche Preu-
ßens ſeine Rheinprovinzen geographiſch mit dem öſtlichen Ländergebiet
zu verbinden gewiß nichts in den Weg legen. Oeſterreich ſelbſt bean-
ſprucht keine Vergrößerung, es will nur daß es Ruhe werde draußen,
und es möchte deßhalb, wie Preußen zu eignen Zwecken, das übrige
Deutſchland zu gemeinſamen Zwecken ein wenig arrondiren. So flüchtig
dieſe Umriſſe und ſo allgemein auch dieſe Bemerkungen ſeyn mögen, ſo
erklären ſie doch vollſtändig die Politik Oeſterreichs in der deutſchen Frage
ſeit der Waffenſtreckung bei Vilagos. Oeſterreich weiß recht gut daß
ohne ein Einverſtändniß mit Preußen nichts erzielt wird, ebenſowenig als
Preußen mit ſeinem Dreikönigsproject ohne Oeſterreich zu Stande ge-
kommen iſt. Man konnte alſo nur vor Uebereilung warnen, und mußte
warten bis Preußen nach mißlungenem Verſuch ſich willig fand den
öſterreichiſchen nicht dynaſtiſchen Verſuchen Gehör zu ſchenken.
* Unſere Wiener Briefe vom 29 Jan. melden wiederholt daß man
der neuen Strafproceßordnung entgegenſah. Die Oeſterr. Correſp.
ſagt darüber: „Oeffentlichkeit und Mündlichkeit im Anklageproceß und Ge-
ſchwornengerichte, Aufhebung jeder Patrimonialgerichtsbarkeit und gänz-
lich unabhängige Stellung des Richterſtandes — das waren die Forde-
rungen welche ſchon ſeit geraumer Zeit ausgeſprochen worden, das ſind
die Grundzüge welche die Reichsverfaſſung für die künftige Regelung des
Straſverfahrens aufſtellte; auf denſelben Grundſätzen beruht die neue
Strafproceßordnung, deren Kundmachung wir in einigen Tagen entgegen-
ſehen können.“ — Lenau, deſſen Tod kürzlich einmal ein falſches Gerücht
gebracht hatte, geht der Auflöſung entgegen. Schon ſeit acht Monaten
hat der Unglückliche den Gebrauch der Sprache verloren. Der ſonſt ſo
ſchwache hinfällige Körper war, als der Geiſt unterlag, erſtarkt, jetzt
ſcheint er Stück für Stück zuſammenzubrechen.
* Trieſt, 27 Jan.
Geſtern Abend warf die heimgekehrte Fregatte
„Venere,“ Capitän Fauz, unter dem Donner der Schiffsbatterien auf un-
ſerer Rhede Anker, und wurde auch vom Caſtelle mit Kanonenſalven figna-
liſtrt. Die Uebungsfahrt unſerer jugendlichen Marine, welche bis Liſſa-
bon ausgedehnt worden war, iſt alſo zu Ende. Auf dieſer Fahrt waren
auch das herrliche Madeira und Gibraltar beſucht worden. Der Gou-
verneur auf Gibraltar ſoll gegen unſere Officiere äußerſt zuvorkommend
geweſen ſeyn. Ohne Zweifel wird nächſtens auch ein Bericht über dieſe
Reiſe veröffentlicht werden. Wir haben ſehr veränderliches und daher
ungeſundes Wetter. Von Nordoſt ſprang der Wind plötzlich auf Süd
um, und der erſtarrenden Kälte folgte ein lauwarmer erſchlaffender
Scirocco. Die feuchte Luft drang auch ins Innere unſerer Häuſer und
erzeugte Unwohlſeyn. Kaum nach zwei Tagen — ſtürmt abermals ent-
feſſelt die Bora über die Berge herab. Die Poſten langen wieder alle
unregelmäßig und dedeutend verſpätet an. — Der Kaiſer hat das Geſchenk
unſers Municipiums, beſtehend aus den Gründen und Localitäten des
ſtädtiſchen Schlachthauſes und Armeninſtituts, angenommen und wird
wirklich im nächſten Frühling nach Trieſt kommen um den Grundſtein
zum Bahnhof zu legen, der an der Stelle der vorerwähnten Localitäten errich-
tet werden ſoll. Die Gemeinde wird auf eigene Koſten jene Anſtalten
anderswohin übertragen, und die Börſe betheiligt ſich hiebei mit einem
Betrag von 100,000 fl. — Es ſcheint ſich nun das Räthſel zu löſen
warum es mit der politiſchen Organiſtrung der reichsunmittelbaren Stadt
Trieſt und des Kronlandes Görz-Iſtrien nicht vorwärts gehen will.
Einerſeits hat nämlich, wie nun die Sage geht, die Statthalterei oder
eigentlich noch das Gubernium den Vorſchlag zur Beſetzung der politi-
ſchen Dienſtpoſten wegen nochmaliger Reviſion, und das Municipium ſei-
nen Entwurf einer Conſtitution für Trieſt zur Umarbeitung zurück-
erhalten. Das ſeit mehreren Tagen erwartete und viel verſpätete Dampf-
ſchiff aus Griechenland iſt eingetroffen, bringt uns aber keine erheblichen
Neuigkeiten. Das Unwetter zur See iſt um nichts milder geworden, und
bei Miſſolurghi hat es einen abermaligen Schiffbruch gegeben, welcher die
griechiſche Brig „S. Nikola“, Capitän Raftonopulo betraf. Briefe aus
Galatz vom 10 d. melden daß die Donau nun feſt gefroren ſey. Ein Schiff
war durch das Eis früher mit Ladung von Ibraila herabgeſchleppt wor-
den, und iſt nun mitten im Strome feſt. Die Ladung wird ſich retten
laſſen, das Schiff ſchwerlich.
Frankreich.
Paris, 28 Jan.
Es bildet ſich eine immer rückſichtsloſere Oppoſition, die ſich in den
perſönlichſten Angriffen gegen den Präſidenten L. Bonaparte gefällt. Der
National, der von jeher Verzweigungen im Militär hatte, beſchuldigt
ihn, im Verein mit dem Kriegsminiſter d’Hautpoul, ein Angebereiſyſtem
in der Armee eingeführt zu haben, er ſagt: „Die Armee iſt von einem
Netz von Spionen umgeben welche ihren Lohn verdienen wollen. Offi-
ciere, Unterofſiciere und Soldaten können keinen Schritt thun der nicht
beobachtet, kein Wort reden das nicht aufgegriffen und von den geheimen
Agenten des Hrn. d’Hautpoul und ſeines ehrenwerihen Freundes des
Hrn. Carlier hinterbracht wird. Die Polizeiberichte wandern in Maſſe
nach dem Kriegsminiſterium und ins Elyſée. Man könnte glauben in
die ſchönen Tage von 1815 zurückverſetzt zu ſeyn. Es iſt nur ein Unter-
ſchied zwiſchen jener unheilvollen Epoche und der jetzigen Zeit: die Spür-
hunde der Polizei des Hrn. Bonaparte, ſtatt, wie damals, die Fö-
derirten und die Bonapartiſten der vollziehenden Gewalt anzugeben,
geben heute die Republicaner an.“ Dann wird als Beiſpiel angeführt
daß auf ſolche Angebereien hin kürzlich von dem in Vincennes und No-
gent in Garniſon liegenden 31ſten Linienregiment 53 Soldaten nebſt meh-
reren Officieren nach Afrika geſchickt, ein Hauptmann und drei Lieute-
nants verabſchiedet worden ſeyen, aus keinem andern Grund als wegen
ihrer republicaniſchen Geſinnung. Man habe ſich wohl gehütet ihnen
den Grund ihrer Ungnade zu bezeichnen, aber jedermann im Regiment
wiſſe ihn, ſie hätten die Unklugheit gehabt republicaniſche Geſinnungen
merken zu laſſen. Hr. L. Bonaparte kenne die franzöſiſche Armee, ihren
Geiſt und ihre Bedürfniſſe ſo wenig als die Emigrirten bei ihrer Rück-
kehr im Jahr 1814, er werde ſich ſehr täuſchen wenn er ſich einbilde den
republicaniſchen Geiſt im Heer ausrotten zu können. Die Wahl im
Garddepartement ſollte ihm zur Warnung dienen. Wirklich hat der de-
mokratiſche Candidat, Major Favand vom 50ſten Linienregiment, nicht
nur die abſolute Majorität überhaupt, ſondern auch die Majorität der
Militärſtimmen erhalten. Die conſervative Partei hatte ſich über ihre
Niederlage anfangs damit getröſtet daß der demokratiſche Candidat nur
durch ihre Stimmenzerſplitterung geſiegt habe, es zeigt ſich aber, nach-
dem die Abſtimmungen vollſtändig vorliegen, daß er mehr Stimmen als
die beiden Gegencandidaten zuſammen hatte, und der Conſtitutionnel
hat jetzt bloß noch den Troſt daß Hr. Favand, der ſchon Mitglied der
verfaſſunggebenden Nationalverſammlung war, damals zu den Blauen,
d. h. der Partei Cavaignacs, den gemäßigten Republicanern hielt. Die
Bonapartiſtrungsverſuche, in ſo verſchiedenen Formen ſie ſich wiederho-
len, haben bis jetzt alle ein klägliches Ende genommen. Die Gendarme-
rie-Inſtructionen des Kriegsminiſters, das Abonnirenlaſſen auf den „Na-
poleon“ in den Caſernen — dieß und ähnliches war von vornherein ſo
angelegt daß es die Satire, den Spott des Charivari gleichſam her-
auszufordern ſchien. Charivari ſchickt nun auch dem Frühentſchlafenen
einen rührenden Nekrolog nach. Wo man eine ſo ſchöne Abbildung des
Etoile-Triumphbogens, wo man die Napoleoniſche Idee, den Ausdruck
des Princips der Stabilität ſo rein wieder finden werde? Schon die drei
Nummern hätten Wunder gethan, täglich ſeyen die Beſtellungen zu Hun-
derten angekommen, der Kaiſer von Rußland habe ſelbſt zwei Abonne-
ments genommen, die koſtbarſte Aufmunterung die jetzt verloren gehe.
So ruft der Schalk aus und läßt die letzte Nummer des „Napoleon“ in
die Gruft des Invalidenhotels bringen, wo ſie der Marſchall Hieronymus
Bonaparte feierlich beiſetzen und der Conſtitutionnel als lachender Erbe
durch ſeinen Veron die Leichenrede halten wird.
Die Unterhandlungen zwiſchen der päpſtlichen Regierung und dem
Haus Rothſchild ſind beendigt. Geſtern wurde das Anlehen abge-
ſchloſſen.
Der ruſſiſche Geſchäftsträger v. Kiſſeleff iſt abberufen. Der Graf
v. Stroganoff wird ihn als bevollmächtigter Miniſter erſetzen. Derſelbe
ſoll ein zahlreiches Geſolge mitbringen.
Am Sonnabend war großer Ball bei dem Präſidenten der National-
verſammlung. Bei 2000 Einladungen waren erlaſſen. Eine große
Zahl Mitglieder der Nationalverſammlung von allen Farben, ſämmtliche
Miniſter, das diplomatiſche Corps, die Mitglieder der hohen Collegien,
der Generalſtab der Nationalgarde, Officiere aus allen Corps der Beſa-
tzung von Paris ꝛc. hatten ſich eingefunden. Um 11 Uhr erſchien der
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(2022-02-11T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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