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Allgemeine Zeitung, Nr. 32, 8. August 1914.

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Allgemeine Zeitung 8. August 1914.
[Spaltenumbruch]

Noch ehe dieses Telegramm seine Bestimmung erreichte, war
die bereits am Vormittag desselben Tages angeordnete offensichtlich
gegen Deutschland gerichtete Mobilisierung der gesamten russischen
Streitkräfte in vollem Gange.

Darauf trat die Deutsche Regierung, wie folgt in Aktion:

Telegramm das Reichskanzlers an den kaiserlichen Botschafter in
Petersburg

Trotz noch schwebender Vermittlungsverhandlungen und ob-
wohl wir selbst bis zur Stunde keinerlei Mobilmachungsmaßnahmen
getroffen haben, hat Rußland die ganze Armee und Flotte, also
auch gegen uns, mobilisiert.

Durch diese russischen Maßnahmen sind wir gezwungen wor-
den, zur Sicherung des Reiches die drohende Kriegsgefahr auszu-
sprechen, die noch nicht Mobilisierung bedeutet. Die Mobilisierung
muß aber folgen, falls nicht Rußland binnen zwölf Stunden jede
Kriegsmaßnahme gegen uns und Oesterreich-Ungarn einstellt und
uns hierüber bestimmte Erklärung abgibt. Bitte dies sofort Herrn
Ssasonow mitzuteilen und Stunde der Mitteilung drahten.

Telegramm des Reichskanzlers an den kaiserlichen Botschafter in
Paris

Rußland hat trotz unserer noch schwebenden Vermittlungsaktion,
und obwohl wir selbst keinerlei Mobilmachungsmaßnahmen ge-
troffen haben, Mobilmachung seiner gesamten Armee und Flotte,
also auch gegen uns, verfügt.

Wir haben darauf drohenden Kriegszustand erklärt, dem Mobil-
machung folgen muß, falls nicht Rußland binnen 12 Stunden
alle Kriegsmaßnahmen gegen uns und Oesterreich einstelle.

Die Mobilmachung bedeutet unvermeidlich den Krieg. Bitte
französische Regierung fragen, ob sie in einem russisch-deutschen
Krieg neutral bleiben will. Antwort muß binnen 18 Stunden er-
folgen. Sofort Stunde der gestellten Anfrage drahten. Größte
Eile geboten.

Ehe jedoch die Meldung über die Ausführung dieses Auftrages
einlief, überschritten russische Truppen am 1. August die deutsche
Grenze und rückten auf deutschem Gebiet vor.

Hiemit begann Rußland den Krieg gegen Deutschland.

Am 2. August eröffnete Frankreich die Feindseligkeiten.



Der auf den 4. ds. rasch einberufene Reichstag hatte eine für
ewig denkwürdige einzige Sitzung, nachdem Se. Majestät der
Kaiser ihn im Weißen Saale mit markigen Worten eröffnet hatte.
Der Reichskanzler legte rückhaltlos die wahre Situation dar, und
der wiedergewählte 1. Präsident Dr. Kaempf gab der Situation
in zu Herzen gehender Weise Ausdruck. Fast unmittelbar darauf
forderte der englische Botschafter seine Pässe und erklärte den Krieg
unter dem Vorwande unserer Vorletzung der Neutralität Belgiens.
Wir schließen im Nachstehenden die Vorlage der zeitgeschichtlichen
Dokumente mit der Thronrede des Kaisers, mit der er am 4. ds.
die außerordentliche Session des Reichstages eröffnet hat, und lassen
ihr das vom selben Tage datierte kraftvolle Manifest unseres Königs
folgen:

Geehrte Herren!

In schicksalsschwerer Stunde habe Ich die gewählten Vertreter
des deutschen Volkes um Mich versammelt. Fast ein halbes Jahr-
hundert lang konnten wir auf dem Wege des Friedens verharren.
Versuche, Deutschland kriegerische Neigungen anzudichten und seine
Stellung in der Welt einzuengen, haben unseres Volkes Geduld
oft auf harte Proben gestellt. In unbeirrbarer Redlichkeit hat
Meine Regierung auch unter herausfordernden Amständen die
Entwicklung aller sittlichen, geistigen und wirtschaftlichen Kräfte als
höchstes Ziel verfolgt. Die Welt ist Zeuge gewesen, wie uner-
müdlich wir in dem Drang und den Wirren der letzten Jahre in
erster Reihe standen, um den Völkern Europas einen Krieg
zwischen den Großmächten zu ersparen.

Die schwersten Gefahren, die durch die Ereignisse am Balkan
heraufbeschworen waren, schienen überwunden zu sein. Da tat
sich mit der Ermordung Meines Freundes, des Erzherzogs Franz
Ferdinand, ein Abgrund auf. Mein hoher Verbündeter, der Kaiser
und König Franz Joseph, war gezwungen, zu den Waffen zu grei-
fen, um die Sicherheit seines Reiches gegen gefährliche Umtriebe aus
einem Nachbarstaat zu verteidigen.

Bei der Verfolgung ihrer berechtigten Interessen ist der ver-
bündeten Monarchie das russische Reich in den Weg getreten. An
die Seite Oesterreich-Ungarns ruft uns nicht nur unsere Bündnis-
pflicht. Uns fällt zugleich die gewaltige Aufgabe zu, mit der
alten Kulturgemeinschaft der beiden Reiche unsere eigene Stellung
gegen den Ansturm feindlicher Kräfte zu schirmen.

Mit schwerem Herzen habe ich Meine Armee gegen einen
Nachbar mobilisieren müssen, mit dem sie auf so vielen Schlacht-
[Spaltenumbruch] feldern gemeinsam gefochten hat. Mit aufrichtigem Leid sah ich
eine von Deutschland treu bewahrte Freundschaft zerbrechen. Die
kaiserlich russische Regierung hat sich, dem Drängen eines uner-
sättlichen Nationalismus nachgebend, für einen Staat eingesetzt,
der durch Begünstigung verbrecherischer Anschläge das Unheil dieses
Krieges veranlaßte. Daß auch Frankreich sich auf die Seite unserer
Gegner gestellt hat, konnte uns nicht überraschen. Zu oft sind
unsere Bemühungen, mit der französischen Republik zu freund-
licheren Beziehungen zu gelangen, auf alte Hoffnungen und alten
Groll gestoßen.

Geehrte Herren! Was menschliche Einsicht und Kraft ver-
mag, um ein Volk für die letzten Entscheidungen zu wappnen,
das ist mit Ihrer patriotischen Hilfe geschehen. Die Feindselig-
keit, die im Osten und Westen seit langer Zeit um sich gegriffen
hat, ist nun zu hellen Flammen aufgelodert. Die gegenwärtige
Lage ging nicht aus vorübergehenden Interessenkonflikten oder diplo-
matischen Konstellationen hervor, sie ist das Ergebnis eines seit
langen Jahren tätigen Uebelwollens gegen die Macht und das
Gedeihen des Deutschen Reiches.

Uns kreibt nicht Eroberungslust, uns beseelt der unbeugsame
Wille, den Platz zu bewahren, auf den Gott uns gestellt hat, für
uns und alle kommenden Geschlechter.

Aus den Schriftstücken, die Ihnen zugegangen sind, werden Sie
ersehen, wie meine Regierung und vor allem mein Kanzler bis zum
letzten Augenblick bemüht waren, das Aeußerste abzuwenden. In
aufgedrungener Notwehr, mit reinem Gewissen und reiner Hand
ergreifen wir das Schwert.

An die Völker und Stämme des Deutschen Reiches ergeht mein
Ruf, mit gesamter Kraft, in brüderlichem Zusammenstehen mit unse-
ren Bundesgenossen zu verteidigen, was wir in friedlicher Arbeit
geschaffen haben. Nach dem Beispiel unserer Väter, fest und getreu,
ernst und ritterlich, demütig vor Gott und kampfesfroh vor dem
Feind, so vertrauen wir der ewigen Allmacht, die unsere Abwehr
stärken und zu einem guten Ende lenken wolle!

Auf Sie, geehrte Herren, blickt heute, um seine Fürsten und
Führer geschart, das ganze deutsche Volk. Fassen Sie Ihre Ent-
schlüsse einmütig und schnell, das ist mein inniger Wunsch.

An meine Bayern!

Deutschland hat den Kampf nach zwei Fronten aufgenommen.
Der Druck der Ungewißheit ist von uns gewichen, das deutsche
Volk weiß, wer seine Gegner sind. In ruhigem Ernst, erfüllt von
Gottvertrauen und Zuversicht, scharen unsere wehrhaften Männer
sich um die Fahnen. Es gibt kein Haus, das nicht teil hätte an
diesem frevelhaft uns aufgedrungenen Krieg.

Bewegten Herzens sehen wir unsere Tapferen ins Feld ziehen.
Der Kampf, der unser Heer erwartet, geht um die heiligsten Güter;
um unsere Ehre und Existenz. Gott hat das deutsche Volk in vier
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Friedenswerk sichtbar gesegnet. Er wird mit unserer Sache sein,
die gut und gerecht ist.

Wie unsere kapferen Soldaten draußen vor dem Feinde, so
stelle auch zu Hause jeder seinen Mann. Wollen wir, jeder nach
seiner Kraft, im eigenen Lande Helfer sein für die, die hinaus-
gezogen sind, um mit starker Hand den Herd der Väter zu ver-
teidigen! Tue jeder freudig die Pflicht, die sein vaterländisches
Empfinden ihn übernehmen heißt! Frauen und Töchter sind dem
dem Land mit tatkräftigem Beispiel vorangegangen.

Bayern! Es gilt, das Reich zu schützen, das wir in blutigen
Kämpfen miterstritten haben. Wir kennen unsere Soldaten und
wissen, was wir von ihrem Mut, ihrer Manneszucht und Opfer-
willigkeit zu erwarten haben. Gott segne unser tapferes deutsches
Heer, unsere machtvolle Flotte und unsere treuen österreichisch-
ungarischen Waffenbrüder! Er schütze den Kaiser, unser großes
deutsches Vaterland, unser geliebtes Bayern!


Ludwig.


Kaiser Wilhelm an Heer und Marine.

Das Marine-Verordnungsblatt veröffentlicht folgenden Aller-
höchsten Erlaß an das deutsche Heer und die deutsche Marine:

Nach 43jähriger Friedenszeit rufe ich die deutsche wehrfähige
Mannschaft zu den Waffen.

Allgemeine Zeitung 8. Auguſt 1914.
[Spaltenumbruch]

Noch ehe dieſes Telegramm ſeine Beſtimmung erreichte, war
die bereits am Vormittag desſelben Tages angeordnete offenſichtlich
gegen Deutſchland gerichtete Mobiliſierung der geſamten ruſſiſchen
Streitkräfte in vollem Gange.

Darauf trat die Deutſche Regierung, wie folgt in Aktion:

Telegramm das Reichskanzlers an den kaiſerlichen Botſchafter in
Petersburg

Trotz noch ſchwebender Vermittlungsverhandlungen und ob-
wohl wir ſelbſt bis zur Stunde keinerlei Mobilmachungsmaßnahmen
getroffen haben, hat Rußland die ganze Armee und Flotte, alſo
auch gegen uns, mobiliſiert.

Durch dieſe ruſſiſchen Maßnahmen ſind wir gezwungen wor-
den, zur Sicherung des Reiches die drohende Kriegsgefahr auszu-
ſprechen, die noch nicht Mobiliſierung bedeutet. Die Mobiliſierung
muß aber folgen, falls nicht Rußland binnen zwölf Stunden jede
Kriegsmaßnahme gegen uns und Oeſterreich-Ungarn einſtellt und
uns hierüber beſtimmte Erklärung abgibt. Bitte dies ſofort Herrn
Sſaſonow mitzuteilen und Stunde der Mitteilung drahten.

Telegramm des Reichskanzlers an den kaiſerlichen Botſchafter in
Paris

Rußland hat trotz unſerer noch ſchwebenden Vermittlungsaktion,
und obwohl wir ſelbſt keinerlei Mobilmachungsmaßnahmen ge-
troffen haben, Mobilmachung ſeiner geſamten Armee und Flotte,
alſo auch gegen uns, verfügt.

Wir haben darauf drohenden Kriegszuſtand erklärt, dem Mobil-
machung folgen muß, falls nicht Rußland binnen 12 Stunden
alle Kriegsmaßnahmen gegen uns und Oeſterreich einſtelle.

Die Mobilmachung bedeutet unvermeidlich den Krieg. Bitte
franzöſiſche Regierung fragen, ob ſie in einem ruſſiſch-deutſchen
Krieg neutral bleiben will. Antwort muß binnen 18 Stunden er-
folgen. Sofort Stunde der geſtellten Anfrage drahten. Größte
Eile geboten.

Ehe jedoch die Meldung über die Ausführung dieſes Auftrages
einlief, überſchritten ruſſiſche Truppen am 1. Auguſt die deutſche
Grenze und rückten auf deutſchem Gebiet vor.

Hiemit begann Rußland den Krieg gegen Deutſchland.

Am 2. Auguſt eröffnete Frankreich die Feindſeligkeiten.



Der auf den 4. ds. raſch einberufene Reichstag hatte eine für
ewig denkwürdige einzige Sitzung, nachdem Se. Majeſtät der
Kaiſer ihn im Weißen Saale mit markigen Worten eröffnet hatte.
Der Reichskanzler legte rückhaltlos die wahre Situation dar, und
der wiedergewählte 1. Präſident Dr. Kaempf gab der Situation
in zu Herzen gehender Weiſe Ausdruck. Faſt unmittelbar darauf
forderte der engliſche Botſchafter ſeine Päſſe und erklärte den Krieg
unter dem Vorwande unſerer Vorletzung der Neutralität Belgiens.
Wir ſchließen im Nachſtehenden die Vorlage der zeitgeſchichtlichen
Dokumente mit der Thronrede des Kaiſers, mit der er am 4. ds.
die außerordentliche Seſſion des Reichstages eröffnet hat, und laſſen
ihr das vom ſelben Tage datierte kraftvolle Manifeſt unſeres Königs
folgen:

Geehrte Herren!

In ſchickſalsſchwerer Stunde habe Ich die gewählten Vertreter
des deutſchen Volkes um Mich verſammelt. Faſt ein halbes Jahr-
hundert lang konnten wir auf dem Wege des Friedens verharren.
Verſuche, Deutſchland kriegeriſche Neigungen anzudichten und ſeine
Stellung in der Welt einzuengen, haben unſeres Volkes Geduld
oft auf harte Proben geſtellt. In unbeirrbarer Redlichkeit hat
Meine Regierung auch unter herausfordernden Amſtänden die
Entwicklung aller ſittlichen, geiſtigen und wirtſchaftlichen Kräfte als
höchſtes Ziel verfolgt. Die Welt iſt Zeuge geweſen, wie uner-
müdlich wir in dem Drang und den Wirren der letzten Jahre in
erſter Reihe ſtanden, um den Völkern Europas einen Krieg
zwiſchen den Großmächten zu erſparen.

Die ſchwerſten Gefahren, die durch die Ereigniſſe am Balkan
heraufbeſchworen waren, ſchienen überwunden zu ſein. Da tat
ſich mit der Ermordung Meines Freundes, des Erzherzogs Franz
Ferdinand, ein Abgrund auf. Mein hoher Verbündeter, der Kaiſer
und König Franz Joſeph, war gezwungen, zu den Waffen zu grei-
fen, um die Sicherheit ſeines Reiches gegen gefährliche Umtriebe aus
einem Nachbarſtaat zu verteidigen.

Bei der Verfolgung ihrer berechtigten Intereſſen iſt der ver-
bündeten Monarchie das ruſſiſche Reich in den Weg getreten. An
die Seite Oeſterreich-Ungarns ruft uns nicht nur unſere Bündnis-
pflicht. Uns fällt zugleich die gewaltige Aufgabe zu, mit der
alten Kulturgemeinſchaft der beiden Reiche unſere eigene Stellung
gegen den Anſturm feindlicher Kräfte zu ſchirmen.

Mit ſchwerem Herzen habe ich Meine Armee gegen einen
Nachbar mobiliſieren müſſen, mit dem ſie auf ſo vielen Schlacht-
[Spaltenumbruch] feldern gemeinſam gefochten hat. Mit aufrichtigem Leid ſah ich
eine von Deutſchland treu bewahrte Freundſchaft zerbrechen. Die
kaiſerlich ruſſiſche Regierung hat ſich, dem Drängen eines uner-
ſättlichen Nationalismus nachgebend, für einen Staat eingeſetzt,
der durch Begünſtigung verbrecheriſcher Anſchläge das Unheil dieſes
Krieges veranlaßte. Daß auch Frankreich ſich auf die Seite unſerer
Gegner geſtellt hat, konnte uns nicht überraſchen. Zu oft ſind
unſere Bemühungen, mit der franzöſiſchen Republik zu freund-
licheren Beziehungen zu gelangen, auf alte Hoffnungen und alten
Groll geſtoßen.

Geehrte Herren! Was menſchliche Einſicht und Kraft ver-
mag, um ein Volk für die letzten Entſcheidungen zu wappnen,
das iſt mit Ihrer patriotiſchen Hilfe geſchehen. Die Feindſelig-
keit, die im Oſten und Weſten ſeit langer Zeit um ſich gegriffen
hat, iſt nun zu hellen Flammen aufgelodert. Die gegenwärtige
Lage ging nicht aus vorübergehenden Intereſſenkonflikten oder diplo-
matiſchen Konſtellationen hervor, ſie iſt das Ergebnis eines ſeit
langen Jahren tätigen Uebelwollens gegen die Macht und das
Gedeihen des Deutſchen Reiches.

Uns kreibt nicht Eroberungsluſt, uns beſeelt der unbeugſame
Wille, den Platz zu bewahren, auf den Gott uns geſtellt hat, für
uns und alle kommenden Geſchlechter.

Aus den Schriftſtücken, die Ihnen zugegangen ſind, werden Sie
erſehen, wie meine Regierung und vor allem mein Kanzler bis zum
letzten Augenblick bemüht waren, das Aeußerſte abzuwenden. In
aufgedrungener Notwehr, mit reinem Gewiſſen und reiner Hand
ergreifen wir das Schwert.

An die Völker und Stämme des Deutſchen Reiches ergeht mein
Ruf, mit geſamter Kraft, in brüderlichem Zuſammenſtehen mit unſe-
ren Bundesgenoſſen zu verteidigen, was wir in friedlicher Arbeit
geſchaffen haben. Nach dem Beiſpiel unſerer Väter, feſt und getreu,
ernſt und ritterlich, demütig vor Gott und kampfesfroh vor dem
Feind, ſo vertrauen wir der ewigen Allmacht, die unſere Abwehr
ſtärken und zu einem guten Ende lenken wolle!

Auf Sie, geehrte Herren, blickt heute, um ſeine Fürſten und
Führer geſchart, das ganze deutſche Volk. Faſſen Sie Ihre Ent-
ſchlüſſe einmütig und ſchnell, das iſt mein inniger Wunſch.

An meine Bayern!

Deutſchland hat den Kampf nach zwei Fronten aufgenommen.
Der Druck der Ungewißheit iſt von uns gewichen, das deutſche
Volk weiß, wer ſeine Gegner ſind. In ruhigem Ernſt, erfüllt von
Gottvertrauen und Zuverſicht, ſcharen unſere wehrhaften Männer
ſich um die Fahnen. Es gibt kein Haus, das nicht teil hätte an
dieſem frevelhaft uns aufgedrungenen Krieg.

Bewegten Herzens ſehen wir unſere Tapferen ins Feld ziehen.
Der Kampf, der unſer Heer erwartet, geht um die heiligſten Güter;
um unſere Ehre und Exiſtenz. Gott hat das deutſche Volk in vier
Jahrzehnten raſtloſer Arbeit groß und ſtark gemacht, er hat unſer
Friedenswerk ſichtbar geſegnet. Er wird mit unſerer Sache ſein,
die gut und gerecht iſt.

Wie unſere kapferen Soldaten draußen vor dem Feinde, ſo
ſtelle auch zu Hauſe jeder ſeinen Mann. Wollen wir, jeder nach
ſeiner Kraft, im eigenen Lande Helfer ſein für die, die hinaus-
gezogen ſind, um mit ſtarker Hand den Herd der Väter zu ver-
teidigen! Tue jeder freudig die Pflicht, die ſein vaterländiſches
Empfinden ihn übernehmen heißt! Frauen und Töchter ſind dem
dem Land mit tatkräftigem Beiſpiel vorangegangen.

Bayern! Es gilt, das Reich zu ſchützen, das wir in blutigen
Kämpfen miterſtritten haben. Wir kennen unſere Soldaten und
wiſſen, was wir von ihrem Mut, ihrer Manneszucht und Opfer-
willigkeit zu erwarten haben. Gott ſegne unſer tapferes deutſches
Heer, unſere machtvolle Flotte und unſere treuen öſterreichiſch-
ungariſchen Waffenbrüder! Er ſchütze den Kaiſer, unſer großes
deutſches Vaterland, unſer geliebtes Bayern!


Ludwig.


Kaiſer Wilhelm an Heer und Marine.

Das Marine-Verordnungsblatt veröffentlicht folgenden Aller-
höchſten Erlaß an das deutſche Heer und die deutſche Marine:

Nach 43jähriger Friedenszeit rufe ich die deutſche wehrfähige
Mannſchaft zu den Waffen.

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[502/0004] Allgemeine Zeitung 8. Auguſt 1914. Noch ehe dieſes Telegramm ſeine Beſtimmung erreichte, war die bereits am Vormittag desſelben Tages angeordnete offenſichtlich gegen Deutſchland gerichtete Mobiliſierung der geſamten ruſſiſchen Streitkräfte in vollem Gange. Darauf trat die Deutſche Regierung, wie folgt in Aktion: Telegramm das Reichskanzlers an den kaiſerlichen Botſchafter in Petersburg vom 31. Juli 1914. Dringend. Trotz noch ſchwebender Vermittlungsverhandlungen und ob- wohl wir ſelbſt bis zur Stunde keinerlei Mobilmachungsmaßnahmen getroffen haben, hat Rußland die ganze Armee und Flotte, alſo auch gegen uns, mobiliſiert. Durch dieſe ruſſiſchen Maßnahmen ſind wir gezwungen wor- den, zur Sicherung des Reiches die drohende Kriegsgefahr auszu- ſprechen, die noch nicht Mobiliſierung bedeutet. Die Mobiliſierung muß aber folgen, falls nicht Rußland binnen zwölf Stunden jede Kriegsmaßnahme gegen uns und Oeſterreich-Ungarn einſtellt und uns hierüber beſtimmte Erklärung abgibt. Bitte dies ſofort Herrn Sſaſonow mitzuteilen und Stunde der Mitteilung drahten. Telegramm des Reichskanzlers an den kaiſerlichen Botſchafter in Paris vom 31. Juli 1914. Dringend. Rußland hat trotz unſerer noch ſchwebenden Vermittlungsaktion, und obwohl wir ſelbſt keinerlei Mobilmachungsmaßnahmen ge- troffen haben, Mobilmachung ſeiner geſamten Armee und Flotte, alſo auch gegen uns, verfügt. Wir haben darauf drohenden Kriegszuſtand erklärt, dem Mobil- machung folgen muß, falls nicht Rußland binnen 12 Stunden alle Kriegsmaßnahmen gegen uns und Oeſterreich einſtelle. Die Mobilmachung bedeutet unvermeidlich den Krieg. Bitte franzöſiſche Regierung fragen, ob ſie in einem ruſſiſch-deutſchen Krieg neutral bleiben will. Antwort muß binnen 18 Stunden er- folgen. Sofort Stunde der geſtellten Anfrage drahten. Größte Eile geboten. Ehe jedoch die Meldung über die Ausführung dieſes Auftrages einlief, überſchritten ruſſiſche Truppen am 1. Auguſt die deutſche Grenze und rückten auf deutſchem Gebiet vor. Hiemit begann Rußland den Krieg gegen Deutſchland. Am 2. Auguſt eröffnete Frankreich die Feindſeligkeiten. Der auf den 4. ds. raſch einberufene Reichstag hatte eine für ewig denkwürdige einzige Sitzung, nachdem Se. Majeſtät der Kaiſer ihn im Weißen Saale mit markigen Worten eröffnet hatte. Der Reichskanzler legte rückhaltlos die wahre Situation dar, und der wiedergewählte 1. Präſident Dr. Kaempf gab der Situation in zu Herzen gehender Weiſe Ausdruck. Faſt unmittelbar darauf forderte der engliſche Botſchafter ſeine Päſſe und erklärte den Krieg unter dem Vorwande unſerer Vorletzung der Neutralität Belgiens. Wir ſchließen im Nachſtehenden die Vorlage der zeitgeſchichtlichen Dokumente mit der Thronrede des Kaiſers, mit der er am 4. ds. die außerordentliche Seſſion des Reichstages eröffnet hat, und laſſen ihr das vom ſelben Tage datierte kraftvolle Manifeſt unſeres Königs folgen: Geehrte Herren! In ſchickſalsſchwerer Stunde habe Ich die gewählten Vertreter des deutſchen Volkes um Mich verſammelt. Faſt ein halbes Jahr- hundert lang konnten wir auf dem Wege des Friedens verharren. Verſuche, Deutſchland kriegeriſche Neigungen anzudichten und ſeine Stellung in der Welt einzuengen, haben unſeres Volkes Geduld oft auf harte Proben geſtellt. In unbeirrbarer Redlichkeit hat Meine Regierung auch unter herausfordernden Amſtänden die Entwicklung aller ſittlichen, geiſtigen und wirtſchaftlichen Kräfte als höchſtes Ziel verfolgt. Die Welt iſt Zeuge geweſen, wie uner- müdlich wir in dem Drang und den Wirren der letzten Jahre in erſter Reihe ſtanden, um den Völkern Europas einen Krieg zwiſchen den Großmächten zu erſparen. Die ſchwerſten Gefahren, die durch die Ereigniſſe am Balkan heraufbeſchworen waren, ſchienen überwunden zu ſein. Da tat ſich mit der Ermordung Meines Freundes, des Erzherzogs Franz Ferdinand, ein Abgrund auf. Mein hoher Verbündeter, der Kaiſer und König Franz Joſeph, war gezwungen, zu den Waffen zu grei- fen, um die Sicherheit ſeines Reiches gegen gefährliche Umtriebe aus einem Nachbarſtaat zu verteidigen. Bei der Verfolgung ihrer berechtigten Intereſſen iſt der ver- bündeten Monarchie das ruſſiſche Reich in den Weg getreten. An die Seite Oeſterreich-Ungarns ruft uns nicht nur unſere Bündnis- pflicht. Uns fällt zugleich die gewaltige Aufgabe zu, mit der alten Kulturgemeinſchaft der beiden Reiche unſere eigene Stellung gegen den Anſturm feindlicher Kräfte zu ſchirmen. Mit ſchwerem Herzen habe ich Meine Armee gegen einen Nachbar mobiliſieren müſſen, mit dem ſie auf ſo vielen Schlacht- feldern gemeinſam gefochten hat. Mit aufrichtigem Leid ſah ich eine von Deutſchland treu bewahrte Freundſchaft zerbrechen. Die kaiſerlich ruſſiſche Regierung hat ſich, dem Drängen eines uner- ſättlichen Nationalismus nachgebend, für einen Staat eingeſetzt, der durch Begünſtigung verbrecheriſcher Anſchläge das Unheil dieſes Krieges veranlaßte. Daß auch Frankreich ſich auf die Seite unſerer Gegner geſtellt hat, konnte uns nicht überraſchen. Zu oft ſind unſere Bemühungen, mit der franzöſiſchen Republik zu freund- licheren Beziehungen zu gelangen, auf alte Hoffnungen und alten Groll geſtoßen. Geehrte Herren! Was menſchliche Einſicht und Kraft ver- mag, um ein Volk für die letzten Entſcheidungen zu wappnen, das iſt mit Ihrer patriotiſchen Hilfe geſchehen. Die Feindſelig- keit, die im Oſten und Weſten ſeit langer Zeit um ſich gegriffen hat, iſt nun zu hellen Flammen aufgelodert. Die gegenwärtige Lage ging nicht aus vorübergehenden Intereſſenkonflikten oder diplo- matiſchen Konſtellationen hervor, ſie iſt das Ergebnis eines ſeit langen Jahren tätigen Uebelwollens gegen die Macht und das Gedeihen des Deutſchen Reiches. Uns kreibt nicht Eroberungsluſt, uns beſeelt der unbeugſame Wille, den Platz zu bewahren, auf den Gott uns geſtellt hat, für uns und alle kommenden Geſchlechter. Aus den Schriftſtücken, die Ihnen zugegangen ſind, werden Sie erſehen, wie meine Regierung und vor allem mein Kanzler bis zum letzten Augenblick bemüht waren, das Aeußerſte abzuwenden. In aufgedrungener Notwehr, mit reinem Gewiſſen und reiner Hand ergreifen wir das Schwert. An die Völker und Stämme des Deutſchen Reiches ergeht mein Ruf, mit geſamter Kraft, in brüderlichem Zuſammenſtehen mit unſe- ren Bundesgenoſſen zu verteidigen, was wir in friedlicher Arbeit geſchaffen haben. Nach dem Beiſpiel unſerer Väter, feſt und getreu, ernſt und ritterlich, demütig vor Gott und kampfesfroh vor dem Feind, ſo vertrauen wir der ewigen Allmacht, die unſere Abwehr ſtärken und zu einem guten Ende lenken wolle! Auf Sie, geehrte Herren, blickt heute, um ſeine Fürſten und Führer geſchart, das ganze deutſche Volk. Faſſen Sie Ihre Ent- ſchlüſſe einmütig und ſchnell, das iſt mein inniger Wunſch. An meine Bayern! Deutſchland hat den Kampf nach zwei Fronten aufgenommen. Der Druck der Ungewißheit iſt von uns gewichen, das deutſche Volk weiß, wer ſeine Gegner ſind. In ruhigem Ernſt, erfüllt von Gottvertrauen und Zuverſicht, ſcharen unſere wehrhaften Männer ſich um die Fahnen. Es gibt kein Haus, das nicht teil hätte an dieſem frevelhaft uns aufgedrungenen Krieg. Bewegten Herzens ſehen wir unſere Tapferen ins Feld ziehen. Der Kampf, der unſer Heer erwartet, geht um die heiligſten Güter; um unſere Ehre und Exiſtenz. Gott hat das deutſche Volk in vier Jahrzehnten raſtloſer Arbeit groß und ſtark gemacht, er hat unſer Friedenswerk ſichtbar geſegnet. Er wird mit unſerer Sache ſein, die gut und gerecht iſt. Wie unſere kapferen Soldaten draußen vor dem Feinde, ſo ſtelle auch zu Hauſe jeder ſeinen Mann. Wollen wir, jeder nach ſeiner Kraft, im eigenen Lande Helfer ſein für die, die hinaus- gezogen ſind, um mit ſtarker Hand den Herd der Väter zu ver- teidigen! Tue jeder freudig die Pflicht, die ſein vaterländiſches Empfinden ihn übernehmen heißt! Frauen und Töchter ſind dem dem Land mit tatkräftigem Beiſpiel vorangegangen. Bayern! Es gilt, das Reich zu ſchützen, das wir in blutigen Kämpfen miterſtritten haben. Wir kennen unſere Soldaten und wiſſen, was wir von ihrem Mut, ihrer Manneszucht und Opfer- willigkeit zu erwarten haben. Gott ſegne unſer tapferes deutſches Heer, unſere machtvolle Flotte und unſere treuen öſterreichiſch- ungariſchen Waffenbrüder! Er ſchütze den Kaiſer, unſer großes deutſches Vaterland, unſer geliebtes Bayern! München, den 4. Auguſt 1914. Ludwig. Kaiſer Wilhelm an Heer und Marine. Das Marine-Verordnungsblatt veröffentlicht folgenden Aller- höchſten Erlaß an das deutſche Heer und die deutſche Marine: Nach 43jähriger Friedenszeit rufe ich die deutſche wehrfähige Mannſchaft zu den Waffen.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Susanne Haaf, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 32, 8. August 1914, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine32_1914/4>, abgerufen am 21.11.2024.