Allgemeine Zeitung. Nr. 333. München, 1. Dezember 1890.Seite 4. München, Montag Allgemeine Zeitung 1. December 1890. Abendblatt Nr. 333. [Spaltenumbruch] Pächter direct nichts thun könne, ebensowenig wie das irische Parlament gemäß der ihm zu verleihenden Machtbefugniß. Parnell erklärt, er führe alles dieses nur an, damit sich Keiner einbilde, daß die ausgewiesenen Pächter leiden würden, wenn die Liberalen nicht bei den nächsten Wahlen aus Ruder kämen. Das Manifest schließt: "Vor 16 Jahren habe ich den Plan zu einer von allen englischen Parteien unabhängigen irischen Partei entworfen. Vor 10 Jahren wurde ich zum Führer erwählt. Während der 10 Jahre ist die Partei unabhängig geblieben, und deßhalb hat sie dem englischen Volke die Nothwendigkeit von Home-Rule dargelegt. Home-Rule wird nur erlangt werden, wenn sie von irgendeiner englischen Partei unabhängig bleibt. Ich glaube nicht, daß die Home-Rule und die Gründung eines irischen Parlaments gefährdet werden, wenn das irische Volk mich unterstützt. Sollte sich jedoch selbst die uns von der liberalen Partei drohende Gefahr verwirklichen, so glaube ich, daß das irische Volk mit mir eine Verzögerung einer Preisgebung unsrer nationalen Rechte und der Annahme einer Maßnahme, welche die Bestrebungen unsrer Race nicht verwirklicht, vorziehen wird." Das Manifest Parnells an das irische Volk bildet das Gladstone ist die Antwort auf Parnells Manifest nicht Der "Times" wird mitgetheilt: Es heißt, daß von den irischen Abgeordneten 53 Die Staatskirchen-Gesellschaft, welche den kirchlichen Proceß Frankreich. * Paris, 29. Nov. Die Kammersitzung, in welcher Der Budgetausschuß war zwar in seiner heutigen In Sachen der "Gesellschaft der Freunde Ruß- (An den Minister des Innern.) "Paris, 22. November 1890. Der Minister antwortete: "Paris, 28. Nov. 1890. Mein Herr! Ich habe die Ehre Das Comite der Gesellschaft der "Amis dela Russie" hat da- "Die Freunde Rußlands wurden in ihrem Rumänien. H. Bukarest, 28. Nov. Trotz des noch am Vorabende Bayerische Chronik. Amtliche Nachrichten. * Stiftungen. Der von dem Orden der Elifabethinerinnen in * Justizdienst. Dem Landgerichte München I sind wegen Bildung * Verwaltung. Dem zum rechtskundigen Magistratsrathe der * Hof- und Personalnachrichten. Prinz Leopold [^] Zur Erinnerung. Mit dem heutigen Tage begannen * Der von uns bereits erwähnte Volksverein für das * Kammermusik-Abend. Der erste Kammermusik-Abend * Am 6. December l. J. beabsichtigt Hr. Musikdirector Arnold * Franz v. Lenbachs neuestes Werk, ein Bismarck-Portrait + K. Hoftheater. Wegen Unpäßlichkeit des Fräulein Bland Seite 4. München, Montag Allgemeine Zeitung 1. December 1890. Abendblatt Nr. 333. [Spaltenumbruch] Pächter direct nichts thun könne, ebenſowenig wie das iriſche Parlament gemäß der ihm zu verleihenden Machtbefugniß. Parnell erklärt, er führe alles dieſes nur an, damit ſich Keiner einbilde, daß die ausgewieſenen Pächter leiden würden, wenn die Liberalen nicht bei den nächſten Wahlen aus Ruder kämen. Das Manifeſt ſchließt: „Vor 16 Jahren habe ich den Plan zu einer von allen engliſchen Parteien unabhängigen iriſchen Partei entworfen. Vor 10 Jahren wurde ich zum Führer erwählt. Während der 10 Jahre iſt die Partei unabhängig geblieben, und deßhalb hat ſie dem engliſchen Volke die Nothwendigkeit von Home-Rule dargelegt. Home-Rule wird nur erlangt werden, wenn ſie von irgendeiner engliſchen Partei unabhängig bleibt. Ich glaube nicht, daß die Home-Rule und die Gründung eines iriſchen Parlaments gefährdet werden, wenn das iriſche Volk mich unterſtützt. Sollte ſich jedoch ſelbſt die uns von der liberalen Partei drohende Gefahr verwirklichen, ſo glaube ich, daß das iriſche Volk mit mir eine Verzögerung einer Preisgebung unſrer nationalen Rechte und der Annahme einer Maßnahme, welche die Beſtrebungen unſrer Race nicht verwirklicht, vorziehen wird.“ Das Manifeſt Parnells an das iriſche Volk bildet das Gladſtone iſt die Antwort auf Parnells Manifeſt nicht Der „Times“ wird mitgetheilt: Es heißt, daß von den iriſchen Abgeordneten 53 Die Staatskirchen-Geſellſchaft, welche den kirchlichen Proceß Frankreich. * Paris, 29. Nov. Die Kammerſitzung, in welcher Der Budgetausſchuß war zwar in ſeiner heutigen In Sachen der „Geſellſchaft der Freunde Ruß- (An den Miniſter des Innern.) „Paris, 22. November 1890. Der Miniſter antwortete: „Paris, 28. Nov. 1890. Mein Herr! Ich habe die Ehre Das Comité der Geſellſchaft der „Amis dela Russie“ hat da- „Die Freunde Rußlands wurden in ihrem Rumänien. H. Bukareſt, 28. Nov. Trotz des noch am Vorabende Bayeriſche Chronik. Amtliche Nachrichten. * Stiftungen. Der von dem Orden der Elifabethinerinnen in * Juſtizdienſt. Dem Landgerichte München I ſind wegen Bildung * Verwaltung. Dem zum rechtskundigen Magiſtratsrathe der * Hof- und Perſonalnachrichten. Prinz Leopold [△] Zur Erinnerung. Mit dem heutigen Tage begannen * Der von uns bereits erwähnte Volksverein für das * Kammermuſik-Abend. Der erſte Kammermuſik-Abend * Am 6. December l. J. beabſichtigt Hr. Muſikdirector Arnold * Franz v. Lenbachs neueſtes Werk, ein Bismarck-Portrait † K. Hoftheater. Wegen Unpäßlichkeit des Fräulein Bland <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <floatingText> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0004" n="4"/><fw type="header" place="top">Seite 4. München, Montag Allgemeine Zeitung 1. December 1890. Abendblatt Nr. 333.</fw><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><cb/> Pächter direct nichts thun könne, ebenſowenig wie das iriſche<lb/> Parlament gemäß der ihm zu verleihenden Machtbefugniß.<lb/> Parnell erklärt, er führe alles dieſes nur an, damit ſich Keiner<lb/> einbilde, daß die ausgewieſenen Pächter leiden würden, wenn die<lb/> Liberalen nicht bei den nächſten Wahlen aus Ruder kämen.<lb/> Das Manifeſt ſchließt: „Vor 16 Jahren habe ich den Plan zu<lb/> einer von allen engliſchen Parteien unabhängigen iriſchen Partei<lb/> entworfen. Vor 10 Jahren wurde ich zum Führer erwählt.<lb/> Während der 10 Jahre iſt die Partei unabhängig geblieben, und<lb/> deßhalb hat ſie dem engliſchen Volke die Nothwendigkeit von<lb/> Home-Rule dargelegt. Home-Rule wird nur erlangt werden, wenn<lb/> ſie von irgendeiner engliſchen Partei unabhängig bleibt. Ich<lb/> glaube nicht, daß die Home-Rule und die Gründung eines<lb/> iriſchen Parlaments gefährdet werden, wenn das iriſche Volk mich<lb/> unterſtützt. Sollte ſich jedoch ſelbſt die uns von der liberalen<lb/> Partei drohende Gefahr verwirklichen, ſo glaube ich, daß das<lb/> iriſche Volk mit mir eine Verzögerung einer Preisgebung unſrer<lb/> nationalen Rechte und der Annahme einer Maßnahme, welche<lb/> die Beſtrebungen unſrer Race nicht verwirklicht, vorziehen wird.“</p> </div> </body> </floatingText><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">Manifeſt Parnells</hi> an das iriſche Volk bildet das<lb/> Hauptereigniß des Tages. Die „Times“ ſchreibt: <cit><quote>„Das Manifeſt<lb/> zertrümmert für immer den Aberglauben, daß Parnell unter<lb/> irgend welchen Umſtänden von Engländern wieder als ein zuver-<lb/> läſſiger Freund oder ein ehrenhafter Gegner behandelt werden<lb/> kann. Es iſt wahrſcheinlich das ſchamloſeſte Schriftſtück, welches<lb/> das engliſche öffentliche Leben ſeit den Zeiten der Revolution geſehen<lb/> hat. Mit unverſchämter Frechheit ignorirt es gänzlich die ſchmäh-<lb/> lichen Gründe, welche ſeinen Verfaſſer zwangen, ſeine Landsleute<lb/> anzureden, während es vom Anfang bis zum Ende aus einer<lb/> langen Enthüllung von Geheimniſſen beſteht, die Parnell im Ver-<lb/> trauen auf ſeine perſönliche Ehre mitgetheilt wurden. Aber ſo<lb/> ſchamlos es auch iſt, wird es nicht unwahrſcheinlich ſeinen<lb/> unmittelbaren Zweck in Irland erfüllen und das Joch<lb/> des ungekrönten Königs wiederholt auf die Nacken der<lb/> Meuterer in den parlamentariſchen Reihen ſchmieden.“ —</quote></cit><lb/> — Die „<hi rendition="#g">Daily News</hi>“ bezeichnet das Manifeſt als das auf-<lb/> fälligſte und erſtaunlichſte Ereigniß, welches die gegenwärtige<lb/> politiſche Kriſis bisher erzeugt habe. Es ignorire jeden der Punkte,<lb/> um den es ſich jetzt zwiſchen dem iriſchen Führer einerſeits und<lb/> einem großen Theile ſeiner Anhänger andrerſeits handle, ſo daß<lb/> es faſt ſchwierig ſei, zu verſtehen, was es eigentlich bedeute. Es<lb/> würde ein mächtiger Appell ſein, wenn es nicht auf einer gänzlich<lb/> irrigen Auffaſſung der ganzen Umſtände des Falles beruhte. Ab-<lb/> geſehen von dem Vertrauensbruche, welchen das Manifeſt enthüllte,<lb/> füge es der iriſchen Sache faſt unwiderbringlichen Nachtheil zu.<lb/> Von Hrn. Parnell ſelber könne nichts mehr erwartet werden. Die<lb/> unvergleichlichen Dienſte, die er bisher ſeinem unglücklichen Lande<lb/> geleiſtet, verwiſche ſein Manifeſt gänzlich. Parnell ſcheine beſchloſſen<lb/> zu haben, daß, wenn er fällt, Home-Rule und die Sache des<lb/> Volkes und der Pächter Irlands mit ihm zu Boden ſtürzen ſollen. —<lb/> Die „<hi rendition="#g">Pall Mall Gazette</hi>“ fällt gleich dem „Standard“ und<lb/> der „Morning Poſt“ ein vernichtendes Urtheil über Parnells<lb/> Manifeſt, welches ſie als das gewiſſenloſeſte Schriftſtück, welches<lb/> ein Politiker jemals zu Papier gebracht habe, bezeichnet. — Die<lb/> conſervative „St. <hi rendition="#g">James’ Gazette</hi>“ ſchreibt: <cit><quote>„Die große und<lb/> erſtaunliche Enthüllung, welche Parnell gemacht hat, iſt die, daß<lb/> die Gladſtone’ſche Home-Rule eine geplatzte Seifenblaſe iſt. Sie<lb/> ſteht als Humbug und Schwindel enthüllt da. Wir als Unioniſten<lb/> können nur dankbar ſein, daß Parnell in ſeiner Verzweiflung die<lb/> Lunte in das Pulvermagazin geworfen und in einem Lichtmeere<lb/> das Gladſtone’ſche Home-Rule als den Schwindel entpuppte, für<lb/> den wir es ſchon lange hielten.“</quote></cit></p><lb/> <p><hi rendition="#g">Gladſtone</hi> iſt die Antwort auf Parnells Manifeſt nicht<lb/> lange ſchuldig geblieben. In einem an die heutigen Abend-<lb/> blätter gerichteten offenen Schreiben beſtreitet er kategoriſch<lb/> die Genauigkeit der Angaben Parnells über die zwiſchen ihm<lb/> und den iriſchen Führern in Hawarden gepflogenen Unter-<lb/> redungen. Keinen einzigen ſeiner Home-Rule-Pläne habe<lb/> Parnell ernſtlich beanſtandet, noch habe er ihm zu verſtehen<lb/> gegeben, daß dieſe Pläne die Beſtrebungen der iriſchen Race<lb/> nicht befriedigen dürften. Gladſtone zeiht Parnell des Ver-<lb/> trauensbruches, da die Unterhaltung ſtrict vertraulich war.<lb/> Schließlich erklärt der Führer der liberalen Partei, er ſei ſtets<lb/> dafür geweſen, daß die nationale Partei in Irland gänzlich<lb/> unabhängig von der liberalen Partei Großbritanniens bleiben<lb/> ſollte.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Der „Times“ wird mitgetheilt: <cit><quote>„Der Vorſchlag des Ab-<lb/> geordneten Atherley-Jones zu Gunſten einer Rückkehr der<lb/> liberalen Partei zu dem Programm von 1885, falls Parnell<lb/> es ablehnen ſollte, zurückzutreten, findet Billigung unter den ge-<lb/> mäßigteren der Anhänger Gladſtone’s. Es werden indeß in<lb/> der Sache keine Schritte geſchehen, bis die Frage, ob Parnell<lb/> gehen ſoll oder nicht, entſchieden iſt. Im Falle einer Entſchei-<lb/> dung im letzteren Sinne werden Atherley-Jones und ſeine<lb/> Freunde ſofort zuſammentreten, um zu erwägen, ob die liberale<lb/> Partei nicht aufgefordert werden ſollte, Home-Rule in den Hinter-<lb/> grund zu ſtellen und brittiſchen Fragen den Hauptplatz in ihrem<lb/> Programm anzuweiſen.“</quote></cit> Der „Standard“ erwähnt ebenfalls,<lb/> daß im liberalen Lager demnächſt eine Bewegung in Fluß<lb/> kommen dürfte, im liberalen Programm engliſchen Reformen<lb/> den Vorrang vor Home-Rule für Irland einzuräumen. Sollte<lb/> Gladſtone von der activen Führerſchaft der liberalen Partei<lb/> zurücktreten, würde Sir William Harcourt der Leiter der Oppo-<lb/> ſition auf der angedeuteten Grundlage werden. Der radicale<lb/> Flügel ſoll ein ſolches Verfahren lebhaft begünſtigen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Es heißt, daß von den <hi rendition="#g">iriſchen Abgeordneten</hi> 53<lb/> am Montag gegen Parnell und nur 23 für ihn ſtimmen werden.<lb/> Das Votum von 8 Mitgliedern gilt als zweifelhaft.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Die Staatskirchen-Geſellſchaft, welche den kirchlichen Proceß<lb/> gegen den <hi rendition="#g">Biſchof von Lincoln</hi> wegen Ritualismus angeſtrengt<lb/> hat, wird gegen das Urtheil des Erzbiſchofs von Canterbury<lb/> beim Geheimen Rath Berufung einlegen.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Paris,</hi> 29. Nov.</dateline><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Kammerſitzung,</hi> in welcher<lb/> der Finanzminiſter <hi rendition="#g">Rouvier</hi> eine kleine Niederlage erlitt,<lb/> hatte, kurz berichtet, folgenden Verlauf: Auf der Tagesordnung<lb/> ſtand die <hi rendition="#g">Discuſſion des Anleiheprojectes</hi>. Der radi-<lb/> cale Hr. <hi rendition="#g">Camille Pelletan</hi> verlangte die Vertagung der<lb/> Debatte, indem er die Anſicht ausſprach, daß über dieſe<lb/> Anleihe erſt nach dem Votum über das Einnahmebudget be-<lb/> rathen werden könne, alſo, wenn die Kammer wiſſe, über welche<lb/> Hülfsmittel ſie verfüge. Der <hi rendition="#g">Präſident der Budget-<lb/> commiſſion bekämpfte</hi> dieſen Antrag lebhaft, da dieſer,<lb/> wenn er angenommen würde, die Berathung des Budgets<lb/> hemme und den Aufſchub verſchiedener Capitel zur Folge<lb/> haben müſſe. Finanzminiſter <hi rendition="#g">Rouvier</hi> ſeinerſeits bemerkte, daß<lb/> man, da das Ausgabenbudget beinahe vollſtändig votirt wäre, auf<lb/> Realiſirung von Erſparniſſen nicht mehr rechnen könne, um das<lb/> Gleichgewicht im Budget herzuſtellen. Das vorliegende Budget<lb/> beruhe auf drei Cardinalpunkten: Einverleibung des außer-<lb/> ordentlichen Kriegsbudgets in das ordentliche Budget; Liqui-<lb/> dation der ſchwebenden Schuld durch eine Anleihe, und Her-<lb/><cb/> ſtellung des Gleichgewichts im Budget durch fortlaufende Ein-<lb/> nahmen, d. h. durch neue Steuern. Gehe die Kammer auf<lb/> den Antrag des Hrn. Pelletan ein, ſo zerſtöre ſie ſelbſt ihr<lb/> begonnenes Werk. Trotz den mit Intereſſe angehörten<lb/> Ausführungen des Finanzminiſters wurde der <hi rendition="#g">Antrag Pelle-<lb/> tans</hi> mit 275 gegen 233 Stimmen <hi rendition="#g">angenommen</hi>. Die<lb/> Rechte, die Radicalen und die Boulangiſten bildeten die Ma-<lb/> jorität. Dieſes Reſultat der Abſtimmung rief allgemeine Bewegung<lb/> und Aufſehen hervor. <hi rendition="#g">Rouvier</hi> ſchien im erſten Augenblick ge-<lb/> willt, ſeine Entlaſſung zu geben, nach einigem Nachdenken hat er<lb/> ſich jedoch wieder beſonnen und zuvor mit dem Conſeilspräſidenten<lb/> Freycinet conferirt. Dieſer war der Meinung, daß ein Votum<lb/> über eine einfache parlamentariſche Procedur den Rücktritt des<lb/> Finanzminiſters nicht nach ſich ziehen könne. Hr. Rouvier<lb/> bleibt daher im Amte und wird abwarten, wie die Kammer ſich<lb/> zu dem Anleiheproject ſelbſt ſtellen wird. Immerhin iſt die<lb/> Gefahr nicht ganz ausgeſchloſſen, daß nun doch noch im letzten<lb/> Moment das Budget nicht ſo glatt durchkommen und vielleicht<lb/> mit einer miniſteriellen Kriſis endigen könnte. Die Kammer<lb/> ſteht ſichtlich unter dem Eindruck des an ſich ſo nichtsſagenden<lb/> und trügeriſchen, aber für die Wählermaſſen packenden und da-<lb/> her in ſo vielen Wahlprogrammen proclamirten Schlagwortes:<lb/> „Keine Anleihe, keine neuen Steuern!“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Der <hi rendition="#g">Budgetausſchuß</hi> war zwar in ſeiner heutigen<lb/> Sitzung der Anſicht, daß die in <hi rendition="#g">Indo-China</hi> einigen Fabri-<lb/> canten und Bahngeſellſchaften gewährten Zollermäßigungen ſich<lb/> nicht durch den tongkineſiſchen Zolltarif rechtfertigen ließen,<lb/> lehnte aber doch den Antrag <hi rendition="#g">Cl<hi rendition="#aq">é</hi>menceau,</hi> 300,000 Fres.<lb/> am Budget der Colonie zu ſtreichen, ab. Die Kammer iſt<lb/> dieſem Beſchluſſe mit einer Mehrheit von 9, nach anderen An-<lb/> gaben von 17 Stimmen beigetreten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>In Sachen der „<hi rendition="#g">Geſellſchaft der Freunde Ruß-<lb/> lands</hi>“ veröffentlicht der „Gaulois“ folgende Briefe:</p><lb/> <floatingText> <body> <p>(An den Miniſter des Innern.) „<date><hi rendition="#g">Paris,</hi> 22. November 1890.</date><lb/> Herr Miniſter! Wir nehmen uns gehorfamſt die Freiheit, Sie zu<lb/> bitten, uns gütigſt den Beſchluß mitzutheilen über unſer am<lb/> 16. Juli d. J. im Namen der „Geſellſchaft der Freunde Rußlands“<lb/> an Sie gerichtetes Geſuch, für unſre Geſellſchaft die Autoriſation<lb/> zu ertheilen. Die Männer der Ordnung und Geſetzlichkeit, aus<lb/> denen ſich das Comit<hi rendition="#aq">é</hi> zuſammenſetzt, haben ſofort nach ihrer Er-<lb/> nennung es ihre erſte Sorge ſein laſſen, gemäß dem Geſetz von<lb/> der Regierung die Genehmigung zu erlangen, indem ſie ſich ver-<lb/> pflichten, ſich allen Bedingungen zu unterwerfen, welche die Re-<lb/> gierung der „Geſellſchaft der Freunde Rußlands“ aufzulegen für<lb/> gut beſindet. Die Geſellſchaft verlangt nicht, als eine Einrichtung<lb/> von öffentlicher Nützlichkeit anerkannt zu werden; ſie beſchränkt<lb/> ſich darauf, ihre Autoriſation zu verlangen; ſie rechnet darauf,<lb/> Herr Miniſter, daß ſie dieſelbe aus Intereſſe für das hohe Ziel,<lb/> welches ſie ſich geſtellt hat, erhalten wird. Genehmigen Sie ꝛc.</p><lb/> <byline>F<hi rendition="#aq">é</hi>ry d’Esclands.“</byline> </body> </floatingText><lb/> <p>Der Miniſter antwortete:</p><lb/> <floatingText> <body> <p>„<date><hi rendition="#g">Paris,</hi> 28. Nov. 1890.</date> Mein Herr! Ich habe die Ehre<lb/> gehabt, Ihnen, als Sie zu mir kamen, um mir Ihre Vorſchläge<lb/> über die Gründung einer „Geſellſchaft der Freunde Rußlands“<lb/> auseinander zu ſetzen, zu erklären, aus welchen Gründen allge-<lb/> meiner Natur die Regierung nicht in der Lage iſt, zu Gunſten<lb/> dieſer Geſellſchaft von einer Regel abzuweichen, welche ſie bis<lb/> heute einhalten zu ſollen geglaubt hat und auch eingehalten hat.<lb/> Nachdem ich von neuem mit meinem Collegen, Hrn. Ribot, con-<lb/> ferirt habe, ſehe ich mich zu meinem Bedauern genöthigt, Sie<lb/> davon in Kenntniß zu ſetzen, daß ich auf meiner Entſcheidung<lb/> beharren muß. Mein Bedauern iſt um ſo lebhafter, als die Ur-<lb/> heber jenes Projectes hervorragende Männer ſind, deren Weisheit<lb/> und patriotiſche Abſichten wohlbekannt ſind, und für die mein<lb/> College, wie ich, die größte Hochachtung haben, und als Sie der<lb/> Vorſitzende dieſer Geſellſchaft ſein ſollen. Es liegt mir daran,<lb/> dies Ihnen perſönlich gegenüber zu betonen. Empfangen Sie ꝛc.<lb/> ... </p> <byline>Der Miniſter des Innern: <hi rendition="#g">Conſtans</hi>.“</byline> </body> </floatingText><lb/> <p>Das Comit<hi rendition="#aq">é</hi> der Geſellſchaft der „<hi rendition="#aq">Amis dela Russie</hi>“ hat da-<lb/> raufhin geſtern Abend nach längerer Discuſſion eine Reſolution ge-<lb/> faßt, in der es heißt: <floatingText><body><div n="1"><p>„Die Freunde Rußlands wurden in ihrem<lb/> Wunſche, eine Autoriſirung zu erlangen, von dem Gedanken<lb/> geleitet, ſich mit den kräftigſten Mitteln zur Erreichung ihres<lb/> erhabenen Zieles zu waffnen. Aber ſie ſind vor allem die<lb/> „Freunde Frankreichs“ und nehmen die bekannten oder gehei-<lb/> men Gründe hoher politiſcher Rückſicht an, die ihnen zur erſten<lb/> Pflicht macht, der Regierung ihres Landes keinerlei auswärtige<lb/> Schwierigkeiten zu bereiten.“</p></div></body></floatingText></p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Rumänien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#aq">H.</hi><hi rendition="#b">Bukareſt,</hi> 28. Nov.</dateline><lb/> <p>Trotz des noch am Vorabende<lb/> der Parlamentseröffnung ziemlich ausſichtsloſen Standes der<lb/><hi rendition="#g">Cabinetsergänzungsfrage</hi> war doch die Freude der alt-<lb/> conſervativen Anhänger L. Catargiu’s darüber, daß es nun<lb/> doch zu einem Bruche zwiſchen Mano und den Junimiſten<lb/> kommen werde, eine verfrühte geweſen. Der Miniſterpräſident<lb/> hat dem letzten von Carp und ſeinen Geſinnungsgenoſſen ge-<lb/> ſtellten Antrage betreffs der Cabinetsergänzung beigeſtimmt und<lb/> hat dadurch die Haltloſigkeit jener Gerüchte nachgewieſen, welche<lb/> behaupteten, daß Mano aus Mißtrauen gegen die Junimiſten<lb/> keinem eine Befeſtigung des junimiſtiſchen Regierungseinfluſſes<lb/> bedingenden Projecte zuſtimmen werde. Denn als eine Verſtärkung<lb/> dieſes Einfluſſes muß die jetzige Umgeſtaltung des Cabinets<lb/> Mano trotz des Umſtandes gelten, daß neben dem parteipolitiſch<lb/> farbloſen Kriegsminiſter Vladesco drei conſervative und drei<lb/> junimiſtiſche Kronräthe im erneuerten Compromißminiſterium<lb/> Platz gefunden haben. Der Advocat und Deputirte Triandafil,<lb/> welcher an Stelle des ausſcheidenden bisherigen Domänen-<lb/> miniſters Peucesco als dritter conſervativer Miniſter dem Cabinete<lb/> beitrat, ſteht nämlich in ſeinen politiſchen Anſichten der junimiſti-<lb/> ſchen Gruppe ſo nahe, daß von ihm ſicherlich keine Oppoſition irgend<lb/> einem junimiſtiſchen Reformprogramm gegenüber zu erwarten<lb/> ſteht, und Mano würde daher der Ernennung Triandafils zum<lb/> Juſtizminiſter ſchwerlich beigeſtimmt haben, wenn er in den Be-<lb/> ſtrebungen der Junimiſten eine Gefahr für ſeine eigene politiſche<lb/> Ueberzeugung ſähe. An Stelle des gleichfalls demiſſio-<lb/> nirten früheren Juſtizminiſters Th. Noſetti iſt T. Majoresco<lb/> als Unterrichtsminiſter und Arbeitenminiſter dem Cabinet bei-<lb/> getreten, und auch die Einbeziehung dieſes wegen der Schärfe<lb/> ſeiner Kritik von ſeinen politiſchen Gegnern gefürchteten elegan-<lb/> teſten Parlamentsredners der Junimiſten in die Regierung iſt als<lb/> eine Verſtärkung des junimiſtiſchen Elements im Thronrathe<lb/> zu betrachten. Th. Noſetti aber, deſſen Ernennung zum General-<lb/> gouverneur der Nationalbank wohl ſchon das nächſte Amtsblatt<lb/> veröffentlichen wird, hat in dieſer ſeiner neuen Vertrauensſtel-<lb/> lung einen Wirkungskreis von ſo hervorragender Bedeutung<lb/> für die finanz- und volkswirthſchaftliche Entwicklung Rumäniens<lb/> gefunden, daß ſeine Berufung an dieſe Stelle als die<lb/> beſte Gewähr für die Einhaltung jener Politik gelten kann,<lb/> welcher das Land die Einführung der Goldvaluta ohne<lb/> Belaſtung des Staates und eine weſentliche Erhöhung ſeines<lb/> Credits im Auslande zu danken hatte. Das bisher von Peucesco<lb/> verwaltete Domänenminiſterium iſt an den bisherigen Arbeiten-<lb/><cb/> miniſter Marghiloman übergegangen, welcher, erſt ſeit Bildung<lb/> des Cabinets Th. Roſetti-Carp vom 3. April 1888 in den<lb/> Vordergrund des politiſchen Lebens getreten, ſich trotz ſeiner<lb/> Jugend als eines der tüchtigſten und leiſtungsfähigſten Mit-<lb/> glieder der junimiſtiſchen Partei bewährt hat. Heute wurde<lb/> die Zuſammenſtellung des neuen Cabinets, in welchem die<lb/> Miniſter Mano, Lahovary, Ghermani und Vladesco ihre bis-<lb/> herigen Reſſorts beibehielten, den geſetzgebenden Körperſchaften<lb/> bekannt gegeben, und die Kammer hat auch derſelben bereits<lb/> dadurch ihre Zuſtimmung ertheilt, daß ſie den Regierungs-<lb/> candidaten G. Gr. Cantacuzeno mit 75 Stimmen zu ihrem<lb/> Vorſitzenden wählte, während auf den altconſervativen Oppo-<lb/> ſitionscandidaten L. Catargiu 47 Stimmen und auf den<lb/> liberalen Oppoſitionscandidaten D. Bratiano nur 17 Stimmen<lb/> entfielen. (Im Senat hat dagegen das neue Miniſterium am<lb/> 29. d. M. eine Niederlage erlitten, indem bei der Präſidenten-<lb/> wahl ſein Candidat mit 52 Stimmen in der Minorität blieb,<lb/> während der Oppoſitionelle General Floresco mit 53 Stimmen<lb/> durchdrang. Der Miniſterpräſident hat dieſes Votum als ſo<lb/> bedeutſam bezeichnet, daß er über dasſelbe dem König Bericht<lb/> erſtatten müſſe. D. N.)</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Bayeriſche Chronik.</hi> </head><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Amtliche Nachrichten.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head>* <hi rendition="#g">Stiftungen</hi>.</head><lb/> <p>Der von dem Orden der Elifabethinerinnen in<lb/><hi rendition="#g">Neuburg</hi> a. D. zur Errichtung und zum Betriebe einer Verpflegungs-<lb/> anſtalt für weibliche Unheilbare in <hi rendition="#g">Lauingen</hi> begründeten Wohl-<lb/> thätigkeitsſtiftung, welche in erſter Linie für Angehörige des Regierungs-<lb/> bezirks Schwaben und Neuburg beſtimmt iſt und deren Fundations-<lb/> vermögen vorbehaltlich weiterer Zuſtiftungen aus der zu bezeichnetem<lb/> Zwecke von der Diſtrictsgemeinde Laningen zur Verſügung geſtellten<lb/> Grundſläche und einem von einer Kreiscollecte herrührenden, durch<lb/> Admaſſirung vermehrten Capitale von ungefähr 50,000 M. beſteht, iſt<lb/> nach Maßgabe der Stiftungsurkunde vom 25. Juni 1. J. unter dem<lb/> Namen „Eliſabethenſtiftung“ die allerhöchſte landesherrliche Beſtätigung<lb/> ertheilt; ebenſo iſt der von dem Privatier Joſeph <hi rendition="#g">Reſe</hi> von Velburg mit<lb/> einem Capitale von 3000 M. begründeten örtlichen Stiftung zur Leſung<lb/> einer heiligen Meſſe an den Namenstagen des Stifters und zur Be-<lb/> ſtreitung des Schulgeldes und der Koſten für die Anſchaffung von Lehr-<lb/> büchern für in Velburg (Oberpfalz) beheimathete, die dortige Volksſchule<lb/> beſuchende Kinder unbemittelter, im Erwerbe beſchränkter oder mit<lb/> Anweſensſchulden überlaſteter Eltern nach Maßgabe der Stiſtungs-<lb/> urkunde unter dem Namen „Joſeph Reſe’ſche Stiftung“ die allerhöchſte<lb/> landesherrliche Beſtätigung ertheilt worden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head>* <hi rendition="#g">Juſtizdienſt</hi>.</head><lb/> <p>Dem Landgerichte München <hi rendition="#aq">I</hi> ſind wegen Bildung<lb/> einer weiteren Kammer vom 1. Januar 1891 an ein Director und<lb/> vier Räthe, vorerſt außer dem Status beigegeben, ſohin der Ober-<lb/> landesgerichtsrath Johann Michael <hi rendition="#g">Schuberth</hi> in München auf An-<lb/> ſuchen zum Director am Landgerichte München <hi rendition="#aq">I</hi> ernannt, die im<lb/> Staatsminiſterium der Juſtiz verwendeten zweiten Staatsanwälte Auguſt<lb/><hi rendition="#g">Griesmeyer</hi> und Friedrich <hi rendition="#g">Heinzelmann,</hi> ferner der Amtsrichter<lb/> Adolf <hi rendition="#g">Ziegler</hi> am Amtsgerichte München <hi rendition="#aq">I</hi> zu Räthen am Landgerichte<lb/> München <hi rendition="#aq">I</hi> befördert und der Landgerichtsrath Johann Baptiſt<lb/><hi rendition="#g">Schneidhuber</hi> in Traunſtein auf Anſuchen an das Landgericht<lb/> München <hi rendition="#aq">I</hi> verſetzt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head>* <hi rendition="#g">Verwaltung</hi>.</head><lb/> <p>Dem zum rechtskundigen Magiſtratsrathe der<lb/> Stadt Regensburg wiedergewählten Ferdinand <hi rendition="#g">Fauner</hi> iſt die Be-<lb/> ſtätigung in definitiver Eigenſchaft ertheilt worden. Der Bezirksamt-<lb/> mann Martin <hi rendition="#g">Erras</hi> in Cham iſt zum Rathe bei der Brand-<lb/> verſicherungskammer mit dem Range und Titel eines Regierungsrathes,<lb/> zum Bezirksamtmann von Cham der Bezirksamtsaſſeſſor von Speyer<lb/> Adalbert <hi rendition="#g">Dilg</hi> befördert, an das Bezirksamt Speyer der Bezirksamts-<lb/> aſſeſſor Jakob <hi rendition="#g">Eßlinger</hi> von Sulzbach und an das Bezirksamt<lb/> Sulzbach der Bezirksamtsaſſeſſor Georg <hi rendition="#g">Singerthum</hi> von Alzenan,<lb/> beide auf Anſuchen verſetzt, zum Bezirksamtsaſſeſſor von Alzenan der<lb/> Acceſſiſt der Regierung, Kammer des Innern von Unterfranken und<lb/> Aſchaſfenburg Karl <hi rendition="#g">Lindig</hi> ernannt worden.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head>* <hi rendition="#g">Hof- und Perſonalnachrichten</hi>.</head><lb/> <p><hi rendition="#g">Prinz Leopold</hi><lb/> iſt von ſeinem Beſuche auf Schloß Gödöllö bei Peſt Sonntag<lb/> Abends 6 Uhr 42 Min. mit dem Schnellzuge über Salzburg<lb/> wieder hier eingetroffen. — Der <hi rendition="#g">Herzog</hi> und die <hi rendition="#g">Herzogin<lb/> von Alençon</hi> mit der Prinzeſſin Louiſe ſind Sonntag Abend<lb/> mit dem Schnellzug von Innsbruck hier angekommen und im<lb/> Hotel Bellevue abgeſtiegen. Prinz Alphons, der Bräutigam der<lb/> Prinzeſſin Louiſe, ſtattete alsbald ſeinen Beſuch im H<hi rendition="#aq">ô</hi>tel ab, worauf<lb/> ſich die Herrſchaften zum Beſuche der Frau Herzogin Max und des<lb/> Herzogs Karl Theodor nach dem herzoglichen Palais in der Lud-<lb/> wigſtraße begaben. — Die <hi rendition="#g">Fürſtin Hohenlohe,</hi> Gemahlin des<lb/> Statthalters von Elſaß-Lothringen, iſt mit ihrer Tochter, Prinzeſſin<lb/> Eliſabeth, geſtern nach Wieſentheid zum Beſuche ihres Schwieger-<lb/> ſohnes, des Grafen von <hi rendition="#g">Schönborn,</hi> abgereist und wird im<lb/> Laufe dieſer Woche nochmals zu kurzem Aufenthalt hier ein-<lb/> treffen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head><supplied>△</supplied><hi rendition="#g">Zur Erinnerung</hi>.</head><lb/> <p>Mit dem heutigen Tage begannen<lb/> vor 20 Jahren die ewig denkwürdigen und blutigen Schlachten<lb/> und Gefechte des December 1870, in welchen das <hi rendition="#aq">I.</hi> Armeecorps<lb/> unter vielen Verluſten und unter den größten Strapazen eine<lb/> Reihe herrlicher Siege miterringen half. Vom 1. bis 10. December<lb/> waren manche Abtheilungen des Corps täglich im Kampfe mit<lb/> einem tapfern und hartnäckigen Feinde, während ſie gleichzeitig die<lb/> Unbilden eines überaus ſtrengen Winters zu ertragen hatten. Er-<lb/> ſchöpft durch gewaltige Verluſte an Mannſchaft und Material mußte<lb/> ſchließlich das <hi rendition="#aq">I.</hi> Armeecorps aus der Gefechtslinie gezogen und in<lb/> Orl<hi rendition="#aq">é</hi>ans und ſpäter vor Paris retablirt werden. In vielen Regi-<lb/> mentern des <hi rendition="#aq">I.</hi> Armeecorps wird in dieſem Jahre die Erinnerung<lb/> an jene Tage feſtlich begangen werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <p>* Der von uns bereits erwähnte <hi rendition="#g">Volksverein für das<lb/> katholiſche Deutſchland</hi> veröffentlicht nunmehr ſeinen Aufruf<lb/> auch in den bayeriſchen Centrumsblättern. Aus Bayern haben<lb/> den Aufruf folgende Herren unterzeichnet: <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Orterer, Freiſing,<lb/> Graf Konrad Preiſing, München, <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Sieben, Deidesheim, Biblio-<lb/> thekar <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Stamminger, Würzburg. Sitz des Vereins iſt in<lb/> Mainz, Zweck: Bekämpfung der Socialdemokratie.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head>* <hi rendition="#g">Kammermuſik-Abend</hi>.</head><lb/> <p>Der erſte Kammermuſik-Abend<lb/> der HH. <hi rendition="#g">Bußmeyer, Walter</hi> und <hi rendition="#g">Ebner</hi> ſindet nunmehr<lb/> Mittwoch den 3. December im großen Muſeumsſaale ſtatt. Den<lb/> Cello-Part hat an Stelle des durch Krankheit verhinderten Hrn.<lb/> Ebner Hr. Kammermuſiker Bennat freundlichſt übernommen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <p>* Am 6. December l. J. beabſichtigt Hr. Muſikdirector Arnold<lb/><hi rendition="#g">Schönhardt</hi> aus Reutlingen im großen Odeonsſaale ein <hi rendition="#g">Concert</hi><lb/> zum Beſten des hieſigen Arbeiterinnenheims, ſowie des Knaben-<lb/> und Mädchenhortes zu veranſtalten. Er wird ſich als Orgelvirtuoſe<lb/> einführen, als welcher er nach uns vorliegenden Berichten aus<lb/> ſeiner Heimath gilt, und — unterſtützt durch eine Anzahl hieſiger<lb/> und auswärtiger Kunſtkräfte — ein ſehr reichhaltiges Programm<lb/> darbieten, darunter die für München noch neuen bibliſchen Bilder<lb/> von Laſſen. Schon im Intereſſe des humanitären Zweckes wäre<lb/> ein recht zahlreicher Beſuch zu wünſchen, der ſich ſicher auch nach<lb/> der künſtleriſchen Seite hin lohnen wird.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <p>* <hi rendition="#g">Franz v. Lenbachs</hi> neueſtes Werk, ein Bismarck-Portrait<lb/> im Jagdcoſtüm, iſt gegenwärtig im Kunſtſalon von J. Littauer,<lb/> Odeonsplatz 2, ausgeſtellt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head>† K. <hi rendition="#g">Hoftheater</hi>.</head><lb/> <p>Wegen Unpäßlichkeit des Fräulein <hi rendition="#g">Bland</hi><lb/> wird heute Abend im k. <hi rendition="#g">Hoftheater</hi> nicht „Die Jungfrau von<lb/> Orleans“, ſondern „<hi rendition="#g">König Lear</hi>“ (Abonnements-Abtheilung <hi rendition="#aq">I</hi>)<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0004]
Seite 4. München, Montag Allgemeine Zeitung 1. December 1890. Abendblatt Nr. 333.
Pächter direct nichts thun könne, ebenſowenig wie das iriſche
Parlament gemäß der ihm zu verleihenden Machtbefugniß.
Parnell erklärt, er führe alles dieſes nur an, damit ſich Keiner
einbilde, daß die ausgewieſenen Pächter leiden würden, wenn die
Liberalen nicht bei den nächſten Wahlen aus Ruder kämen.
Das Manifeſt ſchließt: „Vor 16 Jahren habe ich den Plan zu
einer von allen engliſchen Parteien unabhängigen iriſchen Partei
entworfen. Vor 10 Jahren wurde ich zum Führer erwählt.
Während der 10 Jahre iſt die Partei unabhängig geblieben, und
deßhalb hat ſie dem engliſchen Volke die Nothwendigkeit von
Home-Rule dargelegt. Home-Rule wird nur erlangt werden, wenn
ſie von irgendeiner engliſchen Partei unabhängig bleibt. Ich
glaube nicht, daß die Home-Rule und die Gründung eines
iriſchen Parlaments gefährdet werden, wenn das iriſche Volk mich
unterſtützt. Sollte ſich jedoch ſelbſt die uns von der liberalen
Partei drohende Gefahr verwirklichen, ſo glaube ich, daß das
iriſche Volk mit mir eine Verzögerung einer Preisgebung unſrer
nationalen Rechte und der Annahme einer Maßnahme, welche
die Beſtrebungen unſrer Race nicht verwirklicht, vorziehen wird.“
Das Manifeſt Parnells an das iriſche Volk bildet das
Hauptereigniß des Tages. Die „Times“ ſchreibt: „Das Manifeſt
zertrümmert für immer den Aberglauben, daß Parnell unter
irgend welchen Umſtänden von Engländern wieder als ein zuver-
läſſiger Freund oder ein ehrenhafter Gegner behandelt werden
kann. Es iſt wahrſcheinlich das ſchamloſeſte Schriftſtück, welches
das engliſche öffentliche Leben ſeit den Zeiten der Revolution geſehen
hat. Mit unverſchämter Frechheit ignorirt es gänzlich die ſchmäh-
lichen Gründe, welche ſeinen Verfaſſer zwangen, ſeine Landsleute
anzureden, während es vom Anfang bis zum Ende aus einer
langen Enthüllung von Geheimniſſen beſteht, die Parnell im Ver-
trauen auf ſeine perſönliche Ehre mitgetheilt wurden. Aber ſo
ſchamlos es auch iſt, wird es nicht unwahrſcheinlich ſeinen
unmittelbaren Zweck in Irland erfüllen und das Joch
des ungekrönten Königs wiederholt auf die Nacken der
Meuterer in den parlamentariſchen Reihen ſchmieden.“ —
— Die „Daily News“ bezeichnet das Manifeſt als das auf-
fälligſte und erſtaunlichſte Ereigniß, welches die gegenwärtige
politiſche Kriſis bisher erzeugt habe. Es ignorire jeden der Punkte,
um den es ſich jetzt zwiſchen dem iriſchen Führer einerſeits und
einem großen Theile ſeiner Anhänger andrerſeits handle, ſo daß
es faſt ſchwierig ſei, zu verſtehen, was es eigentlich bedeute. Es
würde ein mächtiger Appell ſein, wenn es nicht auf einer gänzlich
irrigen Auffaſſung der ganzen Umſtände des Falles beruhte. Ab-
geſehen von dem Vertrauensbruche, welchen das Manifeſt enthüllte,
füge es der iriſchen Sache faſt unwiderbringlichen Nachtheil zu.
Von Hrn. Parnell ſelber könne nichts mehr erwartet werden. Die
unvergleichlichen Dienſte, die er bisher ſeinem unglücklichen Lande
geleiſtet, verwiſche ſein Manifeſt gänzlich. Parnell ſcheine beſchloſſen
zu haben, daß, wenn er fällt, Home-Rule und die Sache des
Volkes und der Pächter Irlands mit ihm zu Boden ſtürzen ſollen. —
Die „Pall Mall Gazette“ fällt gleich dem „Standard“ und
der „Morning Poſt“ ein vernichtendes Urtheil über Parnells
Manifeſt, welches ſie als das gewiſſenloſeſte Schriftſtück, welches
ein Politiker jemals zu Papier gebracht habe, bezeichnet. — Die
conſervative „St. James’ Gazette“ ſchreibt: „Die große und
erſtaunliche Enthüllung, welche Parnell gemacht hat, iſt die, daß
die Gladſtone’ſche Home-Rule eine geplatzte Seifenblaſe iſt. Sie
ſteht als Humbug und Schwindel enthüllt da. Wir als Unioniſten
können nur dankbar ſein, daß Parnell in ſeiner Verzweiflung die
Lunte in das Pulvermagazin geworfen und in einem Lichtmeere
das Gladſtone’ſche Home-Rule als den Schwindel entpuppte, für
den wir es ſchon lange hielten.“
Gladſtone iſt die Antwort auf Parnells Manifeſt nicht
lange ſchuldig geblieben. In einem an die heutigen Abend-
blätter gerichteten offenen Schreiben beſtreitet er kategoriſch
die Genauigkeit der Angaben Parnells über die zwiſchen ihm
und den iriſchen Führern in Hawarden gepflogenen Unter-
redungen. Keinen einzigen ſeiner Home-Rule-Pläne habe
Parnell ernſtlich beanſtandet, noch habe er ihm zu verſtehen
gegeben, daß dieſe Pläne die Beſtrebungen der iriſchen Race
nicht befriedigen dürften. Gladſtone zeiht Parnell des Ver-
trauensbruches, da die Unterhaltung ſtrict vertraulich war.
Schließlich erklärt der Führer der liberalen Partei, er ſei ſtets
dafür geweſen, daß die nationale Partei in Irland gänzlich
unabhängig von der liberalen Partei Großbritanniens bleiben
ſollte.
Der „Times“ wird mitgetheilt: „Der Vorſchlag des Ab-
geordneten Atherley-Jones zu Gunſten einer Rückkehr der
liberalen Partei zu dem Programm von 1885, falls Parnell
es ablehnen ſollte, zurückzutreten, findet Billigung unter den ge-
mäßigteren der Anhänger Gladſtone’s. Es werden indeß in
der Sache keine Schritte geſchehen, bis die Frage, ob Parnell
gehen ſoll oder nicht, entſchieden iſt. Im Falle einer Entſchei-
dung im letzteren Sinne werden Atherley-Jones und ſeine
Freunde ſofort zuſammentreten, um zu erwägen, ob die liberale
Partei nicht aufgefordert werden ſollte, Home-Rule in den Hinter-
grund zu ſtellen und brittiſchen Fragen den Hauptplatz in ihrem
Programm anzuweiſen.“ Der „Standard“ erwähnt ebenfalls,
daß im liberalen Lager demnächſt eine Bewegung in Fluß
kommen dürfte, im liberalen Programm engliſchen Reformen
den Vorrang vor Home-Rule für Irland einzuräumen. Sollte
Gladſtone von der activen Führerſchaft der liberalen Partei
zurücktreten, würde Sir William Harcourt der Leiter der Oppo-
ſition auf der angedeuteten Grundlage werden. Der radicale
Flügel ſoll ein ſolches Verfahren lebhaft begünſtigen.
Es heißt, daß von den iriſchen Abgeordneten 53
am Montag gegen Parnell und nur 23 für ihn ſtimmen werden.
Das Votum von 8 Mitgliedern gilt als zweifelhaft.
Die Staatskirchen-Geſellſchaft, welche den kirchlichen Proceß
gegen den Biſchof von Lincoln wegen Ritualismus angeſtrengt
hat, wird gegen das Urtheil des Erzbiſchofs von Canterbury
beim Geheimen Rath Berufung einlegen.
Frankreich.
* Paris, 29. Nov.
Die Kammerſitzung, in welcher
der Finanzminiſter Rouvier eine kleine Niederlage erlitt,
hatte, kurz berichtet, folgenden Verlauf: Auf der Tagesordnung
ſtand die Discuſſion des Anleiheprojectes. Der radi-
cale Hr. Camille Pelletan verlangte die Vertagung der
Debatte, indem er die Anſicht ausſprach, daß über dieſe
Anleihe erſt nach dem Votum über das Einnahmebudget be-
rathen werden könne, alſo, wenn die Kammer wiſſe, über welche
Hülfsmittel ſie verfüge. Der Präſident der Budget-
commiſſion bekämpfte dieſen Antrag lebhaft, da dieſer,
wenn er angenommen würde, die Berathung des Budgets
hemme und den Aufſchub verſchiedener Capitel zur Folge
haben müſſe. Finanzminiſter Rouvier ſeinerſeits bemerkte, daß
man, da das Ausgabenbudget beinahe vollſtändig votirt wäre, auf
Realiſirung von Erſparniſſen nicht mehr rechnen könne, um das
Gleichgewicht im Budget herzuſtellen. Das vorliegende Budget
beruhe auf drei Cardinalpunkten: Einverleibung des außer-
ordentlichen Kriegsbudgets in das ordentliche Budget; Liqui-
dation der ſchwebenden Schuld durch eine Anleihe, und Her-
ſtellung des Gleichgewichts im Budget durch fortlaufende Ein-
nahmen, d. h. durch neue Steuern. Gehe die Kammer auf
den Antrag des Hrn. Pelletan ein, ſo zerſtöre ſie ſelbſt ihr
begonnenes Werk. Trotz den mit Intereſſe angehörten
Ausführungen des Finanzminiſters wurde der Antrag Pelle-
tans mit 275 gegen 233 Stimmen angenommen. Die
Rechte, die Radicalen und die Boulangiſten bildeten die Ma-
jorität. Dieſes Reſultat der Abſtimmung rief allgemeine Bewegung
und Aufſehen hervor. Rouvier ſchien im erſten Augenblick ge-
willt, ſeine Entlaſſung zu geben, nach einigem Nachdenken hat er
ſich jedoch wieder beſonnen und zuvor mit dem Conſeilspräſidenten
Freycinet conferirt. Dieſer war der Meinung, daß ein Votum
über eine einfache parlamentariſche Procedur den Rücktritt des
Finanzminiſters nicht nach ſich ziehen könne. Hr. Rouvier
bleibt daher im Amte und wird abwarten, wie die Kammer ſich
zu dem Anleiheproject ſelbſt ſtellen wird. Immerhin iſt die
Gefahr nicht ganz ausgeſchloſſen, daß nun doch noch im letzten
Moment das Budget nicht ſo glatt durchkommen und vielleicht
mit einer miniſteriellen Kriſis endigen könnte. Die Kammer
ſteht ſichtlich unter dem Eindruck des an ſich ſo nichtsſagenden
und trügeriſchen, aber für die Wählermaſſen packenden und da-
her in ſo vielen Wahlprogrammen proclamirten Schlagwortes:
„Keine Anleihe, keine neuen Steuern!“
Der Budgetausſchuß war zwar in ſeiner heutigen
Sitzung der Anſicht, daß die in Indo-China einigen Fabri-
canten und Bahngeſellſchaften gewährten Zollermäßigungen ſich
nicht durch den tongkineſiſchen Zolltarif rechtfertigen ließen,
lehnte aber doch den Antrag Clémenceau, 300,000 Fres.
am Budget der Colonie zu ſtreichen, ab. Die Kammer iſt
dieſem Beſchluſſe mit einer Mehrheit von 9, nach anderen An-
gaben von 17 Stimmen beigetreten.
In Sachen der „Geſellſchaft der Freunde Ruß-
lands“ veröffentlicht der „Gaulois“ folgende Briefe:
(An den Miniſter des Innern.) „Paris, 22. November 1890.
Herr Miniſter! Wir nehmen uns gehorfamſt die Freiheit, Sie zu
bitten, uns gütigſt den Beſchluß mitzutheilen über unſer am
16. Juli d. J. im Namen der „Geſellſchaft der Freunde Rußlands“
an Sie gerichtetes Geſuch, für unſre Geſellſchaft die Autoriſation
zu ertheilen. Die Männer der Ordnung und Geſetzlichkeit, aus
denen ſich das Comité zuſammenſetzt, haben ſofort nach ihrer Er-
nennung es ihre erſte Sorge ſein laſſen, gemäß dem Geſetz von
der Regierung die Genehmigung zu erlangen, indem ſie ſich ver-
pflichten, ſich allen Bedingungen zu unterwerfen, welche die Re-
gierung der „Geſellſchaft der Freunde Rußlands“ aufzulegen für
gut beſindet. Die Geſellſchaft verlangt nicht, als eine Einrichtung
von öffentlicher Nützlichkeit anerkannt zu werden; ſie beſchränkt
ſich darauf, ihre Autoriſation zu verlangen; ſie rechnet darauf,
Herr Miniſter, daß ſie dieſelbe aus Intereſſe für das hohe Ziel,
welches ſie ſich geſtellt hat, erhalten wird. Genehmigen Sie ꝛc.
Féry d’Esclands.“
Der Miniſter antwortete:
„Paris, 28. Nov. 1890. Mein Herr! Ich habe die Ehre
gehabt, Ihnen, als Sie zu mir kamen, um mir Ihre Vorſchläge
über die Gründung einer „Geſellſchaft der Freunde Rußlands“
auseinander zu ſetzen, zu erklären, aus welchen Gründen allge-
meiner Natur die Regierung nicht in der Lage iſt, zu Gunſten
dieſer Geſellſchaft von einer Regel abzuweichen, welche ſie bis
heute einhalten zu ſollen geglaubt hat und auch eingehalten hat.
Nachdem ich von neuem mit meinem Collegen, Hrn. Ribot, con-
ferirt habe, ſehe ich mich zu meinem Bedauern genöthigt, Sie
davon in Kenntniß zu ſetzen, daß ich auf meiner Entſcheidung
beharren muß. Mein Bedauern iſt um ſo lebhafter, als die Ur-
heber jenes Projectes hervorragende Männer ſind, deren Weisheit
und patriotiſche Abſichten wohlbekannt ſind, und für die mein
College, wie ich, die größte Hochachtung haben, und als Sie der
Vorſitzende dieſer Geſellſchaft ſein ſollen. Es liegt mir daran,
dies Ihnen perſönlich gegenüber zu betonen. Empfangen Sie ꝛc.
...
Der Miniſter des Innern: Conſtans.“
Das Comité der Geſellſchaft der „Amis dela Russie“ hat da-
raufhin geſtern Abend nach längerer Discuſſion eine Reſolution ge-
faßt, in der es heißt: „Die Freunde Rußlands wurden in ihrem
Wunſche, eine Autoriſirung zu erlangen, von dem Gedanken
geleitet, ſich mit den kräftigſten Mitteln zur Erreichung ihres
erhabenen Zieles zu waffnen. Aber ſie ſind vor allem die
„Freunde Frankreichs“ und nehmen die bekannten oder gehei-
men Gründe hoher politiſcher Rückſicht an, die ihnen zur erſten
Pflicht macht, der Regierung ihres Landes keinerlei auswärtige
Schwierigkeiten zu bereiten.“
Rumänien.
H. Bukareſt, 28. Nov.
Trotz des noch am Vorabende
der Parlamentseröffnung ziemlich ausſichtsloſen Standes der
Cabinetsergänzungsfrage war doch die Freude der alt-
conſervativen Anhänger L. Catargiu’s darüber, daß es nun
doch zu einem Bruche zwiſchen Mano und den Junimiſten
kommen werde, eine verfrühte geweſen. Der Miniſterpräſident
hat dem letzten von Carp und ſeinen Geſinnungsgenoſſen ge-
ſtellten Antrage betreffs der Cabinetsergänzung beigeſtimmt und
hat dadurch die Haltloſigkeit jener Gerüchte nachgewieſen, welche
behaupteten, daß Mano aus Mißtrauen gegen die Junimiſten
keinem eine Befeſtigung des junimiſtiſchen Regierungseinfluſſes
bedingenden Projecte zuſtimmen werde. Denn als eine Verſtärkung
dieſes Einfluſſes muß die jetzige Umgeſtaltung des Cabinets
Mano trotz des Umſtandes gelten, daß neben dem parteipolitiſch
farbloſen Kriegsminiſter Vladesco drei conſervative und drei
junimiſtiſche Kronräthe im erneuerten Compromißminiſterium
Platz gefunden haben. Der Advocat und Deputirte Triandafil,
welcher an Stelle des ausſcheidenden bisherigen Domänen-
miniſters Peucesco als dritter conſervativer Miniſter dem Cabinete
beitrat, ſteht nämlich in ſeinen politiſchen Anſichten der junimiſti-
ſchen Gruppe ſo nahe, daß von ihm ſicherlich keine Oppoſition irgend
einem junimiſtiſchen Reformprogramm gegenüber zu erwarten
ſteht, und Mano würde daher der Ernennung Triandafils zum
Juſtizminiſter ſchwerlich beigeſtimmt haben, wenn er in den Be-
ſtrebungen der Junimiſten eine Gefahr für ſeine eigene politiſche
Ueberzeugung ſähe. An Stelle des gleichfalls demiſſio-
nirten früheren Juſtizminiſters Th. Noſetti iſt T. Majoresco
als Unterrichtsminiſter und Arbeitenminiſter dem Cabinet bei-
getreten, und auch die Einbeziehung dieſes wegen der Schärfe
ſeiner Kritik von ſeinen politiſchen Gegnern gefürchteten elegan-
teſten Parlamentsredners der Junimiſten in die Regierung iſt als
eine Verſtärkung des junimiſtiſchen Elements im Thronrathe
zu betrachten. Th. Noſetti aber, deſſen Ernennung zum General-
gouverneur der Nationalbank wohl ſchon das nächſte Amtsblatt
veröffentlichen wird, hat in dieſer ſeiner neuen Vertrauensſtel-
lung einen Wirkungskreis von ſo hervorragender Bedeutung
für die finanz- und volkswirthſchaftliche Entwicklung Rumäniens
gefunden, daß ſeine Berufung an dieſe Stelle als die
beſte Gewähr für die Einhaltung jener Politik gelten kann,
welcher das Land die Einführung der Goldvaluta ohne
Belaſtung des Staates und eine weſentliche Erhöhung ſeines
Credits im Auslande zu danken hatte. Das bisher von Peucesco
verwaltete Domänenminiſterium iſt an den bisherigen Arbeiten-
miniſter Marghiloman übergegangen, welcher, erſt ſeit Bildung
des Cabinets Th. Roſetti-Carp vom 3. April 1888 in den
Vordergrund des politiſchen Lebens getreten, ſich trotz ſeiner
Jugend als eines der tüchtigſten und leiſtungsfähigſten Mit-
glieder der junimiſtiſchen Partei bewährt hat. Heute wurde
die Zuſammenſtellung des neuen Cabinets, in welchem die
Miniſter Mano, Lahovary, Ghermani und Vladesco ihre bis-
herigen Reſſorts beibehielten, den geſetzgebenden Körperſchaften
bekannt gegeben, und die Kammer hat auch derſelben bereits
dadurch ihre Zuſtimmung ertheilt, daß ſie den Regierungs-
candidaten G. Gr. Cantacuzeno mit 75 Stimmen zu ihrem
Vorſitzenden wählte, während auf den altconſervativen Oppo-
ſitionscandidaten L. Catargiu 47 Stimmen und auf den
liberalen Oppoſitionscandidaten D. Bratiano nur 17 Stimmen
entfielen. (Im Senat hat dagegen das neue Miniſterium am
29. d. M. eine Niederlage erlitten, indem bei der Präſidenten-
wahl ſein Candidat mit 52 Stimmen in der Minorität blieb,
während der Oppoſitionelle General Floresco mit 53 Stimmen
durchdrang. Der Miniſterpräſident hat dieſes Votum als ſo
bedeutſam bezeichnet, daß er über dasſelbe dem König Bericht
erſtatten müſſe. D. N.)
Bayeriſche Chronik.
Amtliche Nachrichten.
* Stiftungen.
Der von dem Orden der Elifabethinerinnen in
Neuburg a. D. zur Errichtung und zum Betriebe einer Verpflegungs-
anſtalt für weibliche Unheilbare in Lauingen begründeten Wohl-
thätigkeitsſtiftung, welche in erſter Linie für Angehörige des Regierungs-
bezirks Schwaben und Neuburg beſtimmt iſt und deren Fundations-
vermögen vorbehaltlich weiterer Zuſtiftungen aus der zu bezeichnetem
Zwecke von der Diſtrictsgemeinde Laningen zur Verſügung geſtellten
Grundſläche und einem von einer Kreiscollecte herrührenden, durch
Admaſſirung vermehrten Capitale von ungefähr 50,000 M. beſteht, iſt
nach Maßgabe der Stiftungsurkunde vom 25. Juni 1. J. unter dem
Namen „Eliſabethenſtiftung“ die allerhöchſte landesherrliche Beſtätigung
ertheilt; ebenſo iſt der von dem Privatier Joſeph Reſe von Velburg mit
einem Capitale von 3000 M. begründeten örtlichen Stiftung zur Leſung
einer heiligen Meſſe an den Namenstagen des Stifters und zur Be-
ſtreitung des Schulgeldes und der Koſten für die Anſchaffung von Lehr-
büchern für in Velburg (Oberpfalz) beheimathete, die dortige Volksſchule
beſuchende Kinder unbemittelter, im Erwerbe beſchränkter oder mit
Anweſensſchulden überlaſteter Eltern nach Maßgabe der Stiſtungs-
urkunde unter dem Namen „Joſeph Reſe’ſche Stiftung“ die allerhöchſte
landesherrliche Beſtätigung ertheilt worden.
* Juſtizdienſt.
Dem Landgerichte München I ſind wegen Bildung
einer weiteren Kammer vom 1. Januar 1891 an ein Director und
vier Räthe, vorerſt außer dem Status beigegeben, ſohin der Ober-
landesgerichtsrath Johann Michael Schuberth in München auf An-
ſuchen zum Director am Landgerichte München I ernannt, die im
Staatsminiſterium der Juſtiz verwendeten zweiten Staatsanwälte Auguſt
Griesmeyer und Friedrich Heinzelmann, ferner der Amtsrichter
Adolf Ziegler am Amtsgerichte München I zu Räthen am Landgerichte
München I befördert und der Landgerichtsrath Johann Baptiſt
Schneidhuber in Traunſtein auf Anſuchen an das Landgericht
München I verſetzt.
* Verwaltung.
Dem zum rechtskundigen Magiſtratsrathe der
Stadt Regensburg wiedergewählten Ferdinand Fauner iſt die Be-
ſtätigung in definitiver Eigenſchaft ertheilt worden. Der Bezirksamt-
mann Martin Erras in Cham iſt zum Rathe bei der Brand-
verſicherungskammer mit dem Range und Titel eines Regierungsrathes,
zum Bezirksamtmann von Cham der Bezirksamtsaſſeſſor von Speyer
Adalbert Dilg befördert, an das Bezirksamt Speyer der Bezirksamts-
aſſeſſor Jakob Eßlinger von Sulzbach und an das Bezirksamt
Sulzbach der Bezirksamtsaſſeſſor Georg Singerthum von Alzenan,
beide auf Anſuchen verſetzt, zum Bezirksamtsaſſeſſor von Alzenan der
Acceſſiſt der Regierung, Kammer des Innern von Unterfranken und
Aſchaſfenburg Karl Lindig ernannt worden.
* Hof- und Perſonalnachrichten.
Prinz Leopold
iſt von ſeinem Beſuche auf Schloß Gödöllö bei Peſt Sonntag
Abends 6 Uhr 42 Min. mit dem Schnellzuge über Salzburg
wieder hier eingetroffen. — Der Herzog und die Herzogin
von Alençon mit der Prinzeſſin Louiſe ſind Sonntag Abend
mit dem Schnellzug von Innsbruck hier angekommen und im
Hotel Bellevue abgeſtiegen. Prinz Alphons, der Bräutigam der
Prinzeſſin Louiſe, ſtattete alsbald ſeinen Beſuch im Hôtel ab, worauf
ſich die Herrſchaften zum Beſuche der Frau Herzogin Max und des
Herzogs Karl Theodor nach dem herzoglichen Palais in der Lud-
wigſtraße begaben. — Die Fürſtin Hohenlohe, Gemahlin des
Statthalters von Elſaß-Lothringen, iſt mit ihrer Tochter, Prinzeſſin
Eliſabeth, geſtern nach Wieſentheid zum Beſuche ihres Schwieger-
ſohnes, des Grafen von Schönborn, abgereist und wird im
Laufe dieſer Woche nochmals zu kurzem Aufenthalt hier ein-
treffen.
△ Zur Erinnerung.
Mit dem heutigen Tage begannen
vor 20 Jahren die ewig denkwürdigen und blutigen Schlachten
und Gefechte des December 1870, in welchen das I. Armeecorps
unter vielen Verluſten und unter den größten Strapazen eine
Reihe herrlicher Siege miterringen half. Vom 1. bis 10. December
waren manche Abtheilungen des Corps täglich im Kampfe mit
einem tapfern und hartnäckigen Feinde, während ſie gleichzeitig die
Unbilden eines überaus ſtrengen Winters zu ertragen hatten. Er-
ſchöpft durch gewaltige Verluſte an Mannſchaft und Material mußte
ſchließlich das I. Armeecorps aus der Gefechtslinie gezogen und in
Orléans und ſpäter vor Paris retablirt werden. In vielen Regi-
mentern des I. Armeecorps wird in dieſem Jahre die Erinnerung
an jene Tage feſtlich begangen werden.
* Der von uns bereits erwähnte Volksverein für das
katholiſche Deutſchland veröffentlicht nunmehr ſeinen Aufruf
auch in den bayeriſchen Centrumsblättern. Aus Bayern haben
den Aufruf folgende Herren unterzeichnet: Dr. Orterer, Freiſing,
Graf Konrad Preiſing, München, Dr. Sieben, Deidesheim, Biblio-
thekar Dr. Stamminger, Würzburg. Sitz des Vereins iſt in
Mainz, Zweck: Bekämpfung der Socialdemokratie.
* Kammermuſik-Abend.
Der erſte Kammermuſik-Abend
der HH. Bußmeyer, Walter und Ebner ſindet nunmehr
Mittwoch den 3. December im großen Muſeumsſaale ſtatt. Den
Cello-Part hat an Stelle des durch Krankheit verhinderten Hrn.
Ebner Hr. Kammermuſiker Bennat freundlichſt übernommen.
* Am 6. December l. J. beabſichtigt Hr. Muſikdirector Arnold
Schönhardt aus Reutlingen im großen Odeonsſaale ein Concert
zum Beſten des hieſigen Arbeiterinnenheims, ſowie des Knaben-
und Mädchenhortes zu veranſtalten. Er wird ſich als Orgelvirtuoſe
einführen, als welcher er nach uns vorliegenden Berichten aus
ſeiner Heimath gilt, und — unterſtützt durch eine Anzahl hieſiger
und auswärtiger Kunſtkräfte — ein ſehr reichhaltiges Programm
darbieten, darunter die für München noch neuen bibliſchen Bilder
von Laſſen. Schon im Intereſſe des humanitären Zweckes wäre
ein recht zahlreicher Beſuch zu wünſchen, der ſich ſicher auch nach
der künſtleriſchen Seite hin lohnen wird.
* Franz v. Lenbachs neueſtes Werk, ein Bismarck-Portrait
im Jagdcoſtüm, iſt gegenwärtig im Kunſtſalon von J. Littauer,
Odeonsplatz 2, ausgeſtellt.
† K. Hoftheater.
Wegen Unpäßlichkeit des Fräulein Bland
wird heute Abend im k. Hoftheater nicht „Die Jungfrau von
Orleans“, ſondern „König Lear“ (Abonnements-Abtheilung I)
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2021-09-13T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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