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Allgemeine Zeitung, Nr. 337, 5. Dezember 1890.

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München, Freitag Allgemeine Zeitung 5. December 1890. Zweites Morgenblatt Nr. 337.
[Spaltenumbruch] ist nun unter anderem auch gewünscht worden, daß nicht das
Reichsgericht mit den Entscheidungen der letzten Instanz betraut
werde, sondern daß das Patentamt allein maßgebend sein soll.
Ich freue mich, daß dem keine Folge gegeben worden ist; denn es
muß die Rechtseinheit gewahrt werden in dem Sinne, daß die
Auslegung aller Reichsgesetze in letzter Instanz vom Reichsgericht
ausgehen muß. Was die Gebühren betrifft, so spricht für deren
Herabsetzung allerdings, daß nicht mehr zu fürchten ist, daß
Patente bloß, um Reclame zu machen, wie es früher geschehen ist,
nachgesucht werden; dagegen spricht, daß jetzt nur wirkliche Erfin-
dungen Gegenstand der Patentirung sein werden. Möge ein Ge-
setz zu Stande kommen, welches wirklich dem Volkswohlstand dien-
lich ist! (Beifall im Centrum.)

Abg. Hultzsch (deutschcons.): Meine Freunde und ich be-
grüßen den Gesetzentwurf als einen bedeutsamen Fortschritt auf der
Bahn der Schaffung eines wirksamen Rechtsschutzes für das
geistige Eigenthum. Besonders ist anzuerkennen, daß der Entwurf
nicht neue Bahnen wandelt, sondern nur den Ausbau und die
Verbesserung des bestehenden Rechtes unter Berücksichtigung berech-
tigter Wünsche bedeutet. Namentlich ist hervorzuheben, daß uns
nicht das reine Anmeldeverfahren vorgeschlagen wird. In der
veränderten Organisation des Patentamts liegt eine größere Ge-
währ für schnellere und sorgfältigere Vorprüfung und die Er-
weiterung des Auslageverfahrens. Die nothwendigen Folgen der
höheren Aufwendungen für das Patentamt dürfen dem gegenüber
nicht ins Gewicht fallen. Alle noch nicht berücksichtigten Wünsche
werden wir in der Commission eingehend prüfen. Möge das Er-
gebniß ein solches sein, welches unsre Patentgesetzgebung auf der
Höhe erhält, mittelst deren sie bisher als gut anerkannt ist und
sich auch die Anerkennung im Auslande verdient hat. So kämen
wir auch dem Ideal des internationalen Patentschutzes näher. Mit
Rücksicht auf die Wichtigkeit der Materie beantrage ich, daß die
Commission aus 28 Mitgliedern zusammengesetzt wird. (Veifallrechts.)

Abg. Dr. Hammacher (nat.-lib.) hält die Zahl von 28 Mit-
gliedern für die Commission für zu hoch, weil es sich hier um tech-
nische Fragen handelt, die besser in kleinen Commissionen erörtert
werden. Er beantragt, nur 21 Mitglieder zu wählen. Auf die
Einzelheiten der Vorlage will ich nicht eingehen, weil ich im großen
und ganzen mit allen Vorschlägen einverstanden bin. Ich bin
nicht der Meinung, daß Deutschland seine Gesetzgebung so gestalten
soll, daß es in die internationale Union zum Schutze des gewerb-
lichen Eigenthums eintreten kann. Dem steht entgegen die Ver-
schiedenartigkeit des Werthes der Patente, denn ein auf Grund
des Anmeldeverfahrens erworbenes Patent hat keinen er-
heblichen Werth. Uebrigens bestehen auch schon erhebliche
Meinungsverschiedenheiten unter den Mitgliedern der Union,
vor deren Veilegung Deutschland nie daran denken kann,
in die Union einzutreten. Retorsionsmaßregeln auf wirthschaft-
lichem Gebiete sollte man nur sehr vorsichtig gebrauchen; sie haben
sich schon sehr oft als schädlich herausgestellt. Bei der Ausführung
des gegenwärtigen Patentgesetzes haben wir die Erfahrung ge-
macht, daß die Anschanungen, ob ein Patent ertheilt werden soll
oder nicht, sehr schwankende gewesen sind. Dieser Uebelstand muß
beseitigt werden, ebenso muß dem Patentinhaber die Sicherheit ge-
geben werden, daß er sich im Besitze eines unanfechtbaren Patentes
befindet; deßhalb ist die fünfjährige Frist durchaus angemessen.
Allenfalls könnte man nach Ablauf der fünfjährigen Frist einen
Aufruf erlassen, und wenn dieser nach einer bestimmten Frist
ohne Widerspruch bleibt, das Patent als unanfechtbar betrachten.
Die Begründung legt das Selbstbekenntniß ab, daß die Art
und Weise, in welcher die Vorprüfung gehandhabt worden ist, die
Zustimmung der Industrie nicht in vollem Maße gesunden hat;
vielmehr werde geklagt, daß die Beschlußfassung des Patentamts
nicht immer die sachliche Durchdringung des Stoffs und die Würdigung
aller maßgebenden technischen Gesichtspunkte habe erkennen lassen.
Wenn das der Fall ist, dann muß auch dafür gesorgt werden,
daß jeder Patentsucher zu seinem Rechte kommen kann, daß der
Betheiligte zu den Verhandlungen zugezogen werden muß, wenn
über seine Beschwerde wegen Versagung des Patents verhandelt
wird. Denn die Demonstration, der mündliche Verkehr wirkt in
diesen Dingen mehr, als die schriftliche Auseinandersetzung. Wenn
diese nothwendigen Schutzmittel gegeben werden, wird die Haupt-
quelle der Unzufriedenheit abgegraben werden.

Abg. Münch (deutschfreis.): Das Vorprüsungsverfahren kann,
so wie es jetzt besteht, nicht beibehalten werden. Daß etwas faul
im Staat ist, beweist der Umstand, daß die Zahl der ertheilten
Patente seit einigen Jahren zurückgeht. Die Gewerbetreibenden,
welche das Prüfungsverfahren verlangen, fordern dabei immer
gewisse Cautelen. Die Besetzung der Anmeldeabtheilung durch
ständige technische Mitglieder wird nicht viel nützen, denn diese
Techniker werden bald dem wirthschaftlichen Leben fremd werden,
und dagegen sind von allen Seiten die lebhaftesten Bedenken geltend
gemacht worden. Besseres ist im Vorprüfungsverfahren durch Auf-
ruf einzuführen: das Urtheil würde dann von der Industrie ge-
fällt, und nur in zweifelhaften Fällen würde das Patentamt ein-
zuschreiten haben. Die Kosten könnten wohl herabgesetzt werden,
denn das Patentamt wirft sehr erhebliche Ueberschüsse ab. Aber
eine Einnahmequelle für das Reich sollte das Patent nicht sein.
Die Berufung auf die im Jahre 1886 stattgehabte Enquete ist
nicht maßgebend. Ich bin allen solchen Regierungsenqueten gegen-
über sehr skeptisch, da wir ja erlebt haben, daß ein Minister zur
Erörterung einer Reform eine Commission berufen hat, in welcher
seine Ansichten unbedingt die Mehrheit haben. Die Herren, welche
1886 der Commission angehört haben, haben vielleicht auch jetzt
schon ganz andere Ansichten.

Die Vorlage wird darauf einer Commission von 21 Mit-
gliedern überwiesen. Schluß gegen 5 Uhr. Nächste Sitzung
Freitag 2 Uhr; Tagesordnung: Erste Lesung des Gesetzentwurfs
betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern und des Gesetzent-
wurfs betreffend die Abänderung der Krankenversicherung.



Bayerische Chronik.
München, 4. December.
* Grundbuchordnung.

Ein Ausschuß des General-
comites des Landwirthschaftlichen Vereins begann heute die Be-
rathung über die Reichsgesetzentwürfe, betreffend die Grundbuch-
ordnung und Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen.
An der Berathung nahmen als Vertreter des Justizministeriums
kgl. Oberregierungsrath Jacubezky, als Vertreter des Ministeriums
des Innern kgl. Ministerialrath Haag, sowie Vertreter der sämmt-
lichen Kreisregierungen theil, mit Ausnahme von Oberfranken, da
Regierungsrath Dr. Papellier am Erscheinen verhindert war. Re-
serent war Hr. Justizrath Notar Bachmaier in Neumarkt a. R.

*

Der Ausfall der Gemeindewahlen entsprach zwar
nicht den Hoffnungen der liberalen Partei, jedoch kann er immer-
hin als ein der liberalen Sache günstiger bezeichnet werden. Es
wurden gewählt 11 Candidaten der liberalen Partei, 9 Candidaten
der ultramontanen Partei. Die liberale Partei hat, da 18 Ultra-
montane ausgeschieden sind, nach dem Ergebniß dieser Wahlen
nunmehr eine Majorität von 5--6 Stimmen im Collegium der
Gemeindebevollmächtigten. Die gewählten Liberalen sind: Bau-
[Spaltenumbruch] meister Lang, Privatier Gentz, Goldschlägereibesitzer Eduard Sim-
merlein, Kaufmann v. Dall'Armi, Hofpsistereipächter Wacker, Privatier
F. X. Scherbauer, Apotheker Dr. Bedall, Privatier Rammelbauer,
Privatier A. Schmelcher, Kaufmann M. Werle, Weingastgeber
Anton Kanzler. Von 15,420 stimmberechtigten Bürgern wurden
(mit Ausnahme von Schwabing) 9639 Stimmen abgegeben, von
denen 4377 auf die liberalen, 4098 auf die ultramontanen, 1141
auf die socialdemokratischen Candidaten fielen. 23 Stimmen zer-
splitterten sich.

*

Das Resultat der Volkszählung liegt noch nicht
vollständig vor. Es sind noch 18 Zählbezirke ausstehend. Nimmt
man für diese 18 Bezirke die Seelenzahl der letzten Volkszählung
an, so ergibt sich für München eine Zahl von mehr als 340,000
Seelen.

P. Kinderraub.

Die hiesige k. Polizeidirection veröffent-
licht Folgendes. Am Mittwoch den 12. November l. J. durchzog,
von Merzig an der Saar (Rheinprovinz, unweit Trier) kommend,
eine Bande sogenannter fahrender "Künstler", wirklicher oder an-
geblicher Zigenner, mit 5 Wagen den Ort Brotdorf (bei Merzig).
Vielfach fiel ein kleines, blondes, blauäugiges Mädchen auf,
welches schon dem Aeußeren nach nicht zu der Bande zu gehören
schien und auch selbst verschiedenen Dorfbewohnern gegenüber
äußerte: "es sei mitgenommen, es bleibe hier, es könne von dem
Pack nichts essen, es sei aus dem Bayerischen, es habe so Ver-
langen nach Hause, seine Eltern suchten es gewiß mit der
Gemeinde". Das Kind spielte mit einem mit Bildern
versehenen Gebetbüchelchen und scheint eher hell- als
dunkelblond gewesen zu sein. Die schätzungsweisen Angaben
über das Alter schwanken von 4 bis 8 Jahren. Der Anzug wird
beschrieben: hellrothe Capuce, rothwollenes Kleid mit schwarzen
Längsstreifen, faltig angesetztem Röckchen -- die Kinder sprechen
von Volant -- und violettem Bandbesatz am Saum; rothwollene
Strümpfe mit weiß-blau-schwarzen Querstreifen; gute Schnürstiefel-
chen, vorn mit Blech beschlagen. Das Kind ist noch am nämlichen
Rachmittag von der Bande bis Hausbach mitgeführt worden.
Als dort Abends gegen 10 Uhr die inzwischen von Merzig
requirirte Polizeimannschaft erschien, war bei einer Durch-
suchung der Wagen das Kind nicht mehr aufzufinden. Dasjenige
Kind, welches von Mitgliedern der Bande als das gesuchte vor-
gestellt wurde, trug zwar dessen Kleider, war aber nach dem allge-
meinen Urtheil der Brotdorfer und Hausbacher Zeugen nicht
das gesuchte Kind. Es muß daher angenommen werden, daß
letzteres am Spätnachmittag des 12. November oder in der
Nacht vom 12. auf 13. November in anderen Kleidern weggebracht
worden ist. Während man am Abend des 12. November die
ganze Bande sestgenommen zu haben glaubte, kann als fest-
gestellt angesehen werden, daß mindestens ein Mann von der
Truppe verschwunden ist, indem am 13. November bei und in
Cosheim ein Zigeuner vielfach gesehen worden ist, welcher in der
Richtung von Hausbach aus dem Walde kam, allerdings allein.
Dieser Mann wird beschrieben: Alter 30--40 Jahre, schwarzes
Haar, schwarzer, kurzer, struppiger Bart, gelbe Hautfarbe, duntle
Joppe, großer schlapper Hut, 2 Ringe an der linken Hand, ein
einfacher und einer mit blauem oder rothem Stein. Möglicherweise
ist der Mann identisch mit dem angeblichen Ehemann einer Ver-
hafteten, Karl Braun aus Görde in Westfalen. Einzelne Zeugen
wollen auch eine "starke, schöne" Frau bei der Truppe vermissen.
Die Untersuchung ist beim kgl. preußischen Landgericht Trier
anhängig.

* Statistik der Brände in Bayern.

Bei der k. Brand-
versicherungekammer wurden im Jahre 1889 in Bayern d. d. Rh.
1668 Schadenfeuer angemeldet, mithin gegen das Vorjahr (mit
1377) um 291 mehr. Diese Vermehrung trifft diesmal sowohl
auf die Städte, als auch auf die Landgemeinden, und zwar haben
sich die Brände in unmittelbaren Städten um 21, jene in Städten
mit städt. Verfassung um 34, in Städten mit Landgemeinde Ver-
fassung um 15, in Märkten mit städt. Verfassung um 9, in Märkten
mit Landgemeinde-Verfassung um 31 und in Landgemeinden um
181 gegen das Jahr 1888 vermehrt. Von den 1668 Schaden-
feuern entstanden 383 durch Blitz (Vorj. 167), wonach sich eine Mehrung
der Blitzschläge um 216 ergibt. Aus anderen Urjachen entstanden
1285 Brände, gegen das Vorjahr mit 1210 mehr um 75.

*

Zum Vesten des Asylvereins für Obdachlose, a. V.,
wird am Donnerstag den 11. December l. J. Abends 7 Uhr im
großen Saale des Museums eine Wohlthätigkeitsakademie veranstaltet.
In Anbetracht des humanen Zweckes haben nachsolgende Kunstkräfte
ihre Mitwirkung zugesagt, die Frlns.: Heese, Elsa Glas, Anna Häckl,
Fran Francisca Biazzi, die HH.: Ludwig Freytag, Franz Schulze,
H. Hergl, Max Bauerufeind, P. Schad, Richard Lauer, Hr. Capell-
meister Theodor Sachsenhauser und Ludwig Stirner haben die Clavier-
begleitung übernommen. Auch durch das Erträgniß dieser Akademie
soll das an dem an der Lothstraße Nr. 56 befindliche Asyl, in welchem
jede Nacht gegen 70 Personen warme Kost und Lagerstätte nebst Bade-
gelegenheit finden, eine Vergrößerung zum Zweck der Vermehrung der
Lagerstätten vorgenommen worden, ebensowenig ist es bis jetzt möglich,
die aufgenommenen Personen so zu beköstigen, wie es nothwendig wäre.
Da der Zweck ein guter ist, die rauhe Jahreszeit herannaht und es
an Obdachlosen und Nothleidenden gewiß nicht sehlt, dürste der Zu-
spruch ein zahlreicher werden.

+ Polytechnischer Verein in München.

Wochenversamm-
lung vom 1. December 1890. Das Thema des letzten Vortrages:
"Sicherheit und Sicherung elektrischen Anlagen", über welche Hr.
Dr. C. L. Weber, Director der elektro-technischen Versuchsstation des
Polytechnischen Vereins in München, sprach, hatte eine große Zahl Zu-
hörer, insbesondere solche aus Fachkreisen, angezogen. Redner warf
einen kurzen Rückblick auf die großartigen Fortschritte der Elektrotechnik,
welche diese seit der ersten elektrotechnischen Ausstellung in München in
der kurzen Spanne Zeit von 8 Jahren gemacht hat. Begeisterte man
sich nun damals für die absolute Ungefährlichkeit elektrischer Anlagen,
so findet man seit Jahresfrist in unsrer Tagespresse sowohl als ins-
besondere in der amerikanischen, beunruhigende Nachrichten über eine
außerordentliche Gefährlichkeit derselben. In den elektrischen Anlagen
treten freilich unter Umständen gewaltige Kräfte auf, aber die durch sie
betriebenen Anlagen sind in keinem Falle gefährlicher als andere. Wir
finden z. B. nicht das verheerende Vernichtungswerk wie bei Dampf-
kessel-Explosionen u. dgl. Wenn man hie und da liest, daß das Leben
eines Menschen durch einen hochgespannten elektrischen Strom bedroht
oder vernichtet wurde, daß in Folge sehlerhafter Leitung ein Brand
ausbrach, so constatirt dieß eben nichts weiter, als daß, wie bei jedem
sonstigen Betriebe, durch Unachtsamkeit Störungen u. s. w. vorkommen
können. Würden wir eine Unfall-Statistik für elektrische Betriebe haben,
so dürfte jene weiteres zu Gunsten dieser sprechen. Allerdings aber
müßten Maßnahmen getroffen werden, die Ausführungen so beschaffen
sein, daß Störungen, die zu Gefahren führen würden, ausgeschlossen
sind. Gerade in dieser Hinsicht hat nun erfrenlicherweise die Elektro-
technik in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht, deren Vor-
führung sich eben Redner an diesem Abend zur dankenswerthen Auf-
gabe gemacht hatte. Was nun die Sicherung elektrischer Anlagen be-
trifft, so ist dieselbe verhältnißmäßig keine schwierige. Hr. Director
Dr. Weber erläuterte einige Beispiele und hebt hervor, daß bei richtiger
Berechnung der Leitungen, bei richtiger Construction und Wahl des
Materials, bei solider sachgemäßer Arbeit die Gefährlichkeit der elektri-
schen Betriebe auf ein Minimum reducirt wird. Der seinem Inhalte
und seiner Ausführung nach gleich werthvolle Vortrag wird demnächst
im "Bayerischen Industrie- und Gewerbeblatte" zum Ausdruck gelangen.
Die reichhaltige Ausstellung von elektrischen Sicherungs-, Meß- und
dergleichen Apparaten der Firma Staudt u. Voigt-Bockenheim bei
Frankfurt a. M., Elektrotechnische Fabrik Bamberg, Schuckert u. Comp.,
Siemens u. Halske, J. Einstein u. Comp. beweist, welche große An-
[Spaltenumbruch] zahl von sinnreichen Einrichtungen hier geschaffen ist. Der Bortragende
begrüßte noch am Schlusse seiner Ausführungen das Vorgehen des
Magistrats der Stadt München, welcher auf Anregung des Polytech-
nischen Vereins in München Vorschriften für die Errichtung von elek-
trischen Anlagen erlassen will, und weiter die Anlagen laufend über-
wachen wird, so daß dem Publicum die weitestgehende Garantie für die
Sicherheit und Sicherung elektrischer Anlagen gegeben sein dürfte. Nach
einer sich an den Vortrag anschließenden kurzen Discussion erläuterte
Hr. Ingenieur Imhoff den Elektricitätszähler der Firma Einstein
u. Comp. in München, welcher in Folge seiner sinnreichen Construction
besondere Beachtung fand. Nächster Vortrag Montag den 15. December,
Abends 8 Uhr, im Locale des Vereins "Merkur", Restaurant Platzl,
II. Stock: Hr. Dr. Alfred Coehn über: "Die Theorie der elektrischen
Metall-Abscheidung" mit Fachausstellung der Firma Peartree, Fabrik
für Kunstgewerbe in Bronze und Galvanoplastik, Berlin S. Ferner
Ansstellung japanischer Holzarbeiten von Alois Reiter u. Comp., hier.



Verschiedenes.
*

Seit einer Reihe von Jahren legt der
Minister der öffentlichen Arbeiten dem Landtage beim Beginn der
Etatsberathungen eine Denkschrift vor, in welcher für das Jahr
zuvor die Verwendung der zu besonderen Regulirungsbauten an
den Strömen bewilligten Gelder nachgewiesen wird und Angaben
über die Gestaltung des Verkehrs auf diesen Strömen, neuerdings
auch über die Größe der den Verkehr vermittelnden Schiffsgesäße
enthalten sind. Ein einheitliches Bild von der Gesammithätigkeit
der Wasserbauverwaltung können diese in größeren Zeitabschnitten
erscheinenden Denkschriften auch um deßwillen nicht gewähren, weil
sie nur die Hauptströme betreffen und über die Canäle, die See-
häfen und sonstige Wasserbauanlagen keine Mittheilungen enthalten.
Es ist deßhalb mit Dank anzuerkennen, daß das "Centralblatt der
Bauverwaltung" in seiner neuesten Nummer eine ausführliche amt-
liche Denkschrift über "Die Thätigkeit der preußischen
Wasserbauverwaltung innerhalb der Jahre
1880 bis
1890" bringt, deren Inhalt auch für weitere Kreise von Interesse
ist. Der erste Abschnitt handelt von den Wasserstraßen und Häfen
für die Binnenschifffahrt nebst den Brückenbauten, und enthält, nach
einer übersichtlichen Zusammenstellung der für diese Bauten in den
letzten zehn Jahren bewilligten ordentlichen und außerordentlichen
Geldmittel (183,133,000 Mark), den Nachweis, unter welchen
allgemeinen Gesichtspunkten, zu welchen Zwecken und in welchen
Einzelbeträgen diese Gelder innerhalb der verschiedenen Stromgebiete
Berwendung gefunden haben. Einige Zahlen dieses Abschnittes
sind bereits vor kurzem aus besonderer Veranlassung im "Reichs-
und Staats-Anzeiger" mitgetheilt worden. Richt weniger beachtens-
werth für den Sachverständigen als überraschend für den Laien
sind die den Schluß des ersten Abschnitts bildenden Angaben über
die in den jüngsten zehn Jahren eingetretene Zunahme der Größe
und Tragfähigkeit der Schiffsgefäße, welche auf den verbesserten
Wasserstraßen verkehren, über die Entwicklung des Dampfschiff-
verkehrs und über das Anwachsen der durch die Binnenschifffahrt
beförderten Gütermassen. Der zweite Theil der Denkschrift handelt
von den Seebauten, und zwar im einzelnen von den Schifffahrts-
zeichen, den Uferschutz- und Dünenbauten, ferner von der Ver-
besserung unsrer Häfen und Außenfahrwasser an der Ost- und
Nordseeküste, endlich von der staatlichen Fürsorge für die Hochsee-
fischerei. Aus dem Ganzen ergibt sich nicht allein, mit welchen
gewaltigen Summen, sondern auch mit welchen erfreulichen Erfelgen
die preußische Wasserbauverwaltung arbeitet. Daß die Schrift in
gedrängter Kürze lediglich Thatsachen gibt und die Erörterung
jeder Art von Streitfragen vermeidet, darf ihr als ein be-
sonderer Vorzug angerechnet werden.

Das Grundstück, welches Hr. v. Bleich-
röder
zum Bau eines Krankenhauses gespendet hat, in
dem das Koch'sche Heilverfahren angewendet werden soll, liegt der
"Nordd. Allg. Ztg." zufolge in Groß-Lichterfelde. Das etwa
25 Morgen große Grundstück wurde bisher zu landwirthschaftlichen
Zwecken benutzt. Die Bauten, deren Kosten durch einen Theil der
von Bleichröder gespendeten Million bestritten werden, während
der übrige Theil für die Verpflegung der armen Kranken bestimmt
ist, sollen so rasch als möglich in Angriff genommen werden. Um
aber auch bis zu dem Zeitpunkt ihrer Fertigstellung die Wohlthaten
der Stiftung mittellosen Kranken zutheil werden zu lassen, hat
Bleichröder mit Koch das Abkommen getroffen, daß bis dahin
auf seine Kosten dreißig Kranke in einem hiesigen Institut nach
dem Koch'schen Verfahren behandelt werden sollen. Bleichröder
hat seine hochherzige Stiftung dem Andenken seiner Eltern ge-
widmet.

Die im Bauernkrieg zerstörte
Klosterkirche von Thalbürgel, deren Erbauung in das
12. Jahrhundert fällt, gehörte zu den schönsten romanischen Bau-
werken Deutschlands. Nachdem schon früher einige Wiederher-
stellungsarbeiten stattgefunden, ist jetzt mit den seinerzeit vom
Landtag bewilligten Geldern das Langhaus wiederhergestellt und
am 30. November feierlich eingeweiht worden. Der nach den
Plänen des großherzoglichen Oberhandirectors Bormann aus-
geführte Bau ist vortrefflich gelungen; die neuen Theile sind den
vorgefundenen ältern in der sorgfältigsten Weise angegliedert
worden.

Gestern beging der kgl. preuß. Sanitäts-
rath Dr. Raphael Hausmann hier das Jubiläum seiner
25jährigen Thätigkeit als Meraner Curarzt. Eine Deputation der
Curvorstehung, mit dem Curvorsteher Hrn. v. Pernwerth an der
Spitze, fand sich beim Jubilar ein, um demselben in Anbetracht
seiner großen Verdienste um das Curwesen das Diplom als Ehren-
mitglied der Curvorstehung zu überreichen. Weiter fand sich die
Vorstehung des Kindergartens, dessen Gründer der Jubilar
ist, nebst einigen Zöglingen zur Gratulation ein; es folgten hiernach
sämmtliche Aerzte Merans, welche ein prachtvolles Album mit den
Photographien aller Collegen darbrachten, und endlich noch eine
Deputation der Königswarter-Stiftung, welche Namens des Cura-
toriums dieser humanitären Anstalt dem Gefeierten die Ernennung
zum Ehrenpräsidenten überbrachte. Die Büste des Hrn. Sanitäts-
rathes war überdies im Stistungslocale zum ehrenden Gedächtniß
aufgestellt worden. -- Gestern wurden im hiesigen Sanatorium
Reuhaus vier und im Militärcurhause eine Impfung mit Koch'scher
Lymphe
vorgenommen. Auch heute wurden in "Neuhaus" wieder
drei Patienten geimpft. -- Die k. k. Hofschauspielerin Frau
Wilbrandt-Baudius hat ein auf drei Abende berechnetes
Gastspiel auf hiesiger Curhausbühne begonnen.

* Schnee in Tirol.

Wegen neuerlichen außerordentlich
starken und andauernden Schneefalles mußte am 2. d. M. Abends
auf der Pusterthaler Linie der Südbahn in der Strecke Villach-
Franzensfeste der Gesammtverkehr eingestellt werden. --
Aus Arco, 29. Nov., wird gemeldet: Am 27. und 28. November
fiel ununterbrochen der Schnee so dicht, als ob wir uns hoch im
Norden befänden; seit einer Reihe von Jahren hatte man hier kein
solches Schneewetter mehr, und während früher einige Stunden
nach dem Schneefall der Schnee schon wieder fort war, liegt der-
selbe auch heute früh noch ziemlich tief in der Thalsohle und die
ganze Gegend bietet den Anblick einer Winterlandschaft. Gegen-
wärtig regnet es heftig, die Temperatur ist mild und der Schnee
wird bald wieder gewichen sein.

München, Freitag Allgemeine Zeitung 5. December 1890. Zweites Morgenblatt Nr. 337.
[Spaltenumbruch] iſt nun unter anderem auch gewünſcht worden, daß nicht das
Reichsgericht mit den Entſcheidungen der letzten Inſtanz betraut
werde, ſondern daß das Patentamt allein maßgebend ſein ſoll.
Ich freue mich, daß dem keine Folge gegeben worden iſt; denn es
muß die Rechtseinheit gewahrt werden in dem Sinne, daß die
Auslegung aller Reichsgeſetze in letzter Inſtanz vom Reichsgericht
ausgehen muß. Was die Gebühren betrifft, ſo ſpricht für deren
Herabſetzung allerdings, daß nicht mehr zu fürchten iſt, daß
Patente bloß, um Reclame zu machen, wie es früher geſchehen iſt,
nachgeſucht werden; dagegen ſpricht, daß jetzt nur wirkliche Erfin-
dungen Gegenſtand der Patentirung ſein werden. Möge ein Ge-
ſetz zu Stande kommen, welches wirklich dem Volkswohlſtand dien-
lich iſt! (Beifall im Centrum.)

Abg. Hultzſch (deutſchconſ.): Meine Freunde und ich be-
grüßen den Geſetzentwurf als einen bedeutſamen Fortſchritt auf der
Bahn der Schaffung eines wirkſamen Rechtsſchutzes für das
geiſtige Eigenthum. Beſonders iſt anzuerkennen, daß der Entwurf
nicht neue Bahnen wandelt, ſondern nur den Ausbau und die
Verbeſſerung des beſtehenden Rechtes unter Berückſichtigung berech-
tigter Wünſche bedeutet. Namentlich iſt hervorzuheben, daß uns
nicht das reine Anmeldeverfahren vorgeſchlagen wird. In der
veränderten Organiſation des Patentamts liegt eine größere Ge-
währ für ſchnellere und ſorgfältigere Vorprüfung und die Er-
weiterung des Auslageverfahrens. Die nothwendigen Folgen der
höheren Aufwendungen für das Patentamt dürfen dem gegenüber
nicht ins Gewicht fallen. Alle noch nicht berückſichtigten Wünſche
werden wir in der Commiſſion eingehend prüfen. Möge das Er-
gebniß ein ſolches ſein, welches unſre Patentgeſetzgebung auf der
Höhe erhält, mittelſt deren ſie bisher als gut anerkannt iſt und
ſich auch die Anerkennung im Auslande verdient hat. So kämen
wir auch dem Ideal des internationalen Patentſchutzes näher. Mit
Rückſicht auf die Wichtigkeit der Materie beantrage ich, daß die
Commiſſion aus 28 Mitgliedern zuſammengeſetzt wird. (Veifallrechts.)

Abg. Dr. Hammacher (nat.-lib.) hält die Zahl von 28 Mit-
gliedern für die Commiſſion für zu hoch, weil es ſich hier um tech-
niſche Fragen handelt, die beſſer in kleinen Commiſſionen erörtert
werden. Er beantragt, nur 21 Mitglieder zu wählen. Auf die
Einzelheiten der Vorlage will ich nicht eingehen, weil ich im großen
und ganzen mit allen Vorſchlägen einverſtanden bin. Ich bin
nicht der Meinung, daß Deutſchland ſeine Geſetzgebung ſo geſtalten
ſoll, daß es in die internationale Union zum Schutze des gewerb-
lichen Eigenthums eintreten kann. Dem ſteht entgegen die Ver-
ſchiedenartigkeit des Werthes der Patente, denn ein auf Grund
des Anmeldeverfahrens erworbenes Patent hat keinen er-
heblichen Werth. Uebrigens beſtehen auch ſchon erhebliche
Meinungsverſchiedenheiten unter den Mitgliedern der Union,
vor deren Veilegung Deutſchland nie daran denken kann,
in die Union einzutreten. Retorſionsmaßregeln auf wirthſchaft-
lichem Gebiete ſollte man nur ſehr vorſichtig gebrauchen; ſie haben
ſich ſchon ſehr oft als ſchädlich herausgeſtellt. Bei der Ausführung
des gegenwärtigen Patentgeſetzes haben wir die Erfahrung ge-
macht, daß die Anſchanungen, ob ein Patent ertheilt werden ſoll
oder nicht, ſehr ſchwankende geweſen ſind. Dieſer Uebelſtand muß
beſeitigt werden, ebenſo muß dem Patentinhaber die Sicherheit ge-
geben werden, daß er ſich im Beſitze eines unanfechtbaren Patentes
befindet; deßhalb iſt die fünfjährige Friſt durchaus angemeſſen.
Allenfalls könnte man nach Ablauf der fünfjährigen Friſt einen
Aufruf erlaſſen, und wenn dieſer nach einer beſtimmten Friſt
ohne Widerſpruch bleibt, das Patent als unanfechtbar betrachten.
Die Begründung legt das Selbſtbekenntniß ab, daß die Art
und Weiſe, in welcher die Vorprüfung gehandhabt worden iſt, die
Zuſtimmung der Induſtrie nicht in vollem Maße geſunden hat;
vielmehr werde geklagt, daß die Beſchlußfaſſung des Patentamts
nicht immer die ſachliche Durchdringung des Stoffs und die Würdigung
aller maßgebenden techniſchen Geſichtspunkte habe erkennen laſſen.
Wenn das der Fall iſt, dann muß auch dafür geſorgt werden,
daß jeder Patentſucher zu ſeinem Rechte kommen kann, daß der
Betheiligte zu den Verhandlungen zugezogen werden muß, wenn
über ſeine Beſchwerde wegen Verſagung des Patents verhandelt
wird. Denn die Demonſtration, der mündliche Verkehr wirkt in
dieſen Dingen mehr, als die ſchriftliche Auseinanderſetzung. Wenn
dieſe nothwendigen Schutzmittel gegeben werden, wird die Haupt-
quelle der Unzufriedenheit abgegraben werden.

Abg. Münch (deutſchfreiſ.): Das Vorprüſungsverfahren kann,
ſo wie es jetzt beſteht, nicht beibehalten werden. Daß etwas faul
im Staat iſt, beweist der Umſtand, daß die Zahl der ertheilten
Patente ſeit einigen Jahren zurückgeht. Die Gewerbetreibenden,
welche das Prüfungsverfahren verlangen, fordern dabei immer
gewiſſe Cautelen. Die Beſetzung der Anmeldeabtheilung durch
ſtändige techniſche Mitglieder wird nicht viel nützen, denn dieſe
Techniker werden bald dem wirthſchaftlichen Leben fremd werden,
und dagegen ſind von allen Seiten die lebhafteſten Bedenken geltend
gemacht worden. Beſſeres iſt im Vorprüfungsverfahren durch Auf-
ruf einzuführen: das Urtheil würde dann von der Induſtrie ge-
fällt, und nur in zweifelhaften Fällen würde das Patentamt ein-
zuſchreiten haben. Die Koſten könnten wohl herabgeſetzt werden,
denn das Patentamt wirft ſehr erhebliche Ueberſchüſſe ab. Aber
eine Einnahmequelle für das Reich ſollte das Patent nicht ſein.
Die Berufung auf die im Jahre 1886 ſtattgehabte Enquête iſt
nicht maßgebend. Ich bin allen ſolchen Regierungsenquêten gegen-
über ſehr ſkeptiſch, da wir ja erlebt haben, daß ein Miniſter zur
Erörterung einer Reform eine Commiſſion berufen hat, in welcher
ſeine Anſichten unbedingt die Mehrheit haben. Die Herren, welche
1886 der Commiſſion angehört haben, haben vielleicht auch jetzt
ſchon ganz andere Anſichten.

Die Vorlage wird darauf einer Commiſſion von 21 Mit-
gliedern überwieſen. Schluß gegen 5 Uhr. Nächſte Sitzung
Freitag 2 Uhr; Tagesordnung: Erſte Leſung des Geſetzentwurfs
betreffend den Schutz von Gebrauchsmuſtern und des Geſetzent-
wurfs betreffend die Abänderung der Krankenverſicherung.



Bayeriſche Chronik.
München, 4. December.
* Grundbuchordnung.

Ein Ausſchuß des General-
comités des Landwirthſchaftlichen Vereins begann heute die Be-
rathung über die Reichsgeſetzentwürfe, betreffend die Grundbuch-
ordnung und Zwangsvollſtreckung in das unbewegliche Vermögen.
An der Berathung nahmen als Vertreter des Juſtizminiſteriums
kgl. Oberregierungsrath Jacubezky, als Vertreter des Miniſteriums
des Innern kgl. Miniſterialrath Haag, ſowie Vertreter der ſämmt-
lichen Kreisregierungen theil, mit Ausnahme von Oberfranken, da
Regierungsrath Dr. Papellier am Erſcheinen verhindert war. Re-
ſerent war Hr. Juſtizrath Notar Bachmaier in Neumarkt a. R.

*

Der Ausfall der Gemeindewahlen entſprach zwar
nicht den Hoffnungen der liberalen Partei, jedoch kann er immer-
hin als ein der liberalen Sache günſtiger bezeichnet werden. Es
wurden gewählt 11 Candidaten der liberalen Partei, 9 Candidaten
der ultramontanen Partei. Die liberale Partei hat, da 18 Ultra-
montane ausgeſchieden ſind, nach dem Ergebniß dieſer Wahlen
nunmehr eine Majorität von 5—6 Stimmen im Collegium der
Gemeindebevollmächtigten. Die gewählten Liberalen ſind: Bau-
[Spaltenumbruch] meiſter Lang, Privatier Gentz, Goldſchlägereibeſitzer Eduard Sim-
merlein, Kaufmann v. Dall’Armi, Hofpſiſtereipächter Wacker, Privatier
F. X. Scherbauer, Apotheker Dr. Bedall, Privatier Rammelbauer,
Privatier A. Schmelcher, Kaufmann M. Werle, Weingaſtgeber
Anton Kanzler. Von 15,420 ſtimmberechtigten Bürgern wurden
(mit Ausnahme von Schwabing) 9639 Stimmen abgegeben, von
denen 4377 auf die liberalen, 4098 auf die ultramontanen, 1141
auf die ſocialdemokratiſchen Candidaten fielen. 23 Stimmen zer-
ſplitterten ſich.

*

Das Reſultat der Volkszählung liegt noch nicht
vollſtändig vor. Es ſind noch 18 Zählbezirke ausſtehend. Nimmt
man für dieſe 18 Bezirke die Seelenzahl der letzten Volkszählung
an, ſo ergibt ſich für München eine Zahl von mehr als 340,000
Seelen.

P. Kinderraub.

Die hieſige k. Polizeidirection veröffent-
licht Folgendes. Am Mittwoch den 12. November l. J. durchzog,
von Merzig an der Saar (Rheinprovinz, unweit Trier) kommend,
eine Bande ſogenannter fahrender „Künſtler“, wirklicher oder an-
geblicher Zigenner, mit 5 Wagen den Ort Brotdorf (bei Merzig).
Vielfach fiel ein kleines, blondes, blauäugiges Mädchen auf,
welches ſchon dem Aeußeren nach nicht zu der Bande zu gehören
ſchien und auch ſelbſt verſchiedenen Dorfbewohnern gegenüber
äußerte: „es ſei mitgenommen, es bleibe hier, es könne von dem
Pack nichts eſſen, es ſei aus dem Bayeriſchen, es habe ſo Ver-
langen nach Hauſe, ſeine Eltern ſuchten es gewiß mit der
Gemeinde“. Das Kind ſpielte mit einem mit Bildern
verſehenen Gebetbüchelchen und ſcheint eher hell- als
dunkelblond geweſen zu ſein. Die ſchätzungsweiſen Angaben
über das Alter ſchwanken von 4 bis 8 Jahren. Der Anzug wird
beſchrieben: hellrothe Capuce, rothwollenes Kleid mit ſchwarzen
Längsſtreifen, faltig angeſetztem Röckchen — die Kinder ſprechen
von Volant — und violettem Bandbeſatz am Saum; rothwollene
Strümpfe mit weiß-blau-ſchwarzen Querſtreifen; gute Schnürſtiefel-
chen, vorn mit Blech beſchlagen. Das Kind iſt noch am nämlichen
Rachmittag von der Bande bis Hausbach mitgeführt worden.
Als dort Abends gegen 10 Uhr die inzwiſchen von Merzig
requirirte Polizeimannſchaft erſchien, war bei einer Durch-
ſuchung der Wagen das Kind nicht mehr aufzufinden. Dasjenige
Kind, welches von Mitgliedern der Bande als das geſuchte vor-
geſtellt wurde, trug zwar deſſen Kleider, war aber nach dem allge-
meinen Urtheil der Brotdorfer und Hausbacher Zeugen nicht
das geſuchte Kind. Es muß daher angenommen werden, daß
letzteres am Spätnachmittag des 12. November oder in der
Nacht vom 12. auf 13. November in anderen Kleidern weggebracht
worden iſt. Während man am Abend des 12. November die
ganze Bande ſeſtgenommen zu haben glaubte, kann als feſt-
geſtellt angeſehen werden, daß mindeſtens ein Mann von der
Truppe verſchwunden iſt, indem am 13. November bei und in
Cosheim ein Zigeuner vielfach geſehen worden iſt, welcher in der
Richtung von Hausbach aus dem Walde kam, allerdings allein.
Dieſer Mann wird beſchrieben: Alter 30—40 Jahre, ſchwarzes
Haar, ſchwarzer, kurzer, ſtruppiger Bart, gelbe Hautfarbe, duntle
Joppe, großer ſchlapper Hut, 2 Ringe an der linken Hand, ein
einfacher und einer mit blauem oder rothem Stein. Möglicherweiſe
iſt der Mann identiſch mit dem angeblichen Ehemann einer Ver-
hafteten, Karl Braun aus Görde in Weſtfalen. Einzelne Zeugen
wollen auch eine „ſtarke, ſchöne“ Frau bei der Truppe vermiſſen.
Die Unterſuchung iſt beim kgl. preußiſchen Landgericht Trier
anhängig.

* Statiſtik der Brände in Bayern.

Bei der k. Brand-
verſicherungekammer wurden im Jahre 1889 in Bayern d. d. Rh.
1668 Schadenfeuer angemeldet, mithin gegen das Vorjahr (mit
1377) um 291 mehr. Dieſe Vermehrung trifft diesmal ſowohl
auf die Städte, als auch auf die Landgemeinden, und zwar haben
ſich die Brände in unmittelbaren Städten um 21, jene in Städten
mit ſtädt. Verfaſſung um 34, in Städten mit Landgemeinde Ver-
faſſung um 15, in Märkten mit ſtädt. Verfaſſung um 9, in Märkten
mit Landgemeinde-Verfaſſung um 31 und in Landgemeinden um
181 gegen das Jahr 1888 vermehrt. Von den 1668 Schaden-
feuern entſtanden 383 durch Blitz (Vorj. 167), wonach ſich eine Mehrung
der Blitzſchläge um 216 ergibt. Aus anderen Urjachen entſtanden
1285 Brände, gegen das Vorjahr mit 1210 mehr um 75.

*

Zum Veſten des Aſylvereins für Obdachloſe, a. V.,
wird am Donnerſtag den 11. December l. J. Abends 7 Uhr im
großen Saale des Muſeums eine Wohlthätigkeitsakademie veranſtaltet.
In Anbetracht des humanen Zweckes haben nachſolgende Kunſtkräfte
ihre Mitwirkung zugeſagt, die Frlns.: Heeſe, Elſa Glas, Anna Häckl,
Fran Francisca Biazzi, die HH.: Ludwig Freytag, Franz Schulze,
H. Hergl, Max Bauerufeind, P. Schad, Richard Lauer, Hr. Capell-
meiſter Theodor Sachſenhauſer und Ludwig Stirner haben die Clavier-
begleitung übernommen. Auch durch das Erträgniß dieſer Akademie
ſoll das an dem an der Lothſtraße Nr. 56 befindliche Aſyl, in welchem
jede Nacht gegen 70 Perſonen warme Koſt und Lagerſtätte nebſt Bade-
gelegenheit finden, eine Vergrößerung zum Zweck der Vermehrung der
Lagerſtätten vorgenommen worden, ebenſowenig iſt es bis jetzt möglich,
die aufgenommenen Perſonen ſo zu beköſtigen, wie es nothwendig wäre.
Da der Zweck ein guter iſt, die rauhe Jahreszeit herannaht und es
an Obdachloſen und Nothleidenden gewiß nicht ſehlt, dürſte der Zu-
ſpruch ein zahlreicher werden.

Polytechniſcher Verein in München.

Wochenverſamm-
lung vom 1. December 1890. Das Thema des letzten Vortrages:
„Sicherheit und Sicherung elektriſchen Anlagen“, über welche Hr.
Dr. C. L. Weber, Director der elektro-techniſchen Verſuchsſtation des
Polytechniſchen Vereins in München, ſprach, hatte eine große Zahl Zu-
hörer, insbeſondere ſolche aus Fachkreiſen, angezogen. Redner warf
einen kurzen Rückblick auf die großartigen Fortſchritte der Elektrotechnik,
welche dieſe ſeit der erſten elektrotechniſchen Ausſtellung in München in
der kurzen Spanne Zeit von 8 Jahren gemacht hat. Begeiſterte man
ſich nun damals für die abſolute Ungefährlichkeit elektriſcher Anlagen,
ſo findet man ſeit Jahresfriſt in unſrer Tagespreſſe ſowohl als ins-
beſondere in der amerikaniſchen, beunruhigende Nachrichten über eine
außerordentliche Gefährlichkeit derſelben. In den elektriſchen Anlagen
treten freilich unter Umſtänden gewaltige Kräfte auf, aber die durch ſie
betriebenen Anlagen ſind in keinem Falle gefährlicher als andere. Wir
finden z. B. nicht das verheerende Vernichtungswerk wie bei Dampf-
keſſel-Exploſionen u. dgl. Wenn man hie und da liest, daß das Leben
eines Menſchen durch einen hochgeſpannten elektriſchen Strom bedroht
oder vernichtet wurde, daß in Folge ſehlerhafter Leitung ein Brand
ausbrach, ſo conſtatirt dieß eben nichts weiter, als daß, wie bei jedem
ſonſtigen Betriebe, durch Unachtſamkeit Störungen u. ſ. w. vorkommen
können. Würden wir eine Unfall-Statiſtik für elektriſche Betriebe haben,
ſo dürfte jene weiteres zu Gunſten dieſer ſprechen. Allerdings aber
müßten Maßnahmen getroffen werden, die Ausführungen ſo beſchaffen
ſein, daß Störungen, die zu Gefahren führen würden, ausgeſchloſſen
ſind. Gerade in dieſer Hinſicht hat nun erfrenlicherweiſe die Elektro-
technik in den letzten Jahren bedeutende Fortſchritte gemacht, deren Vor-
führung ſich eben Redner an dieſem Abend zur dankenswerthen Auf-
gabe gemacht hatte. Was nun die Sicherung elektriſcher Anlagen be-
trifft, ſo iſt dieſelbe verhältnißmäßig keine ſchwierige. Hr. Director
Dr. Weber erläuterte einige Beiſpiele und hebt hervor, daß bei richtiger
Berechnung der Leitungen, bei richtiger Conſtruction und Wahl des
Materials, bei ſolider ſachgemäßer Arbeit die Gefährlichkeit der elektri-
ſchen Betriebe auf ein Minimum reducirt wird. Der ſeinem Inhalte
und ſeiner Ausführung nach gleich werthvolle Vortrag wird demnächſt
im „Bayeriſchen Induſtrie- und Gewerbeblatte“ zum Ausdruck gelangen.
Die reichhaltige Ausſtellung von elektriſchen Sicherungs-, Meß- und
dergleichen Apparaten der Firma Staudt u. Voigt-Bockenheim bei
Frankfurt a. M., Elektrotechniſche Fabrik Bamberg, Schuckert u. Comp.,
Siemens u. Halske, J. Einſtein u. Comp. beweist, welche große An-
[Spaltenumbruch] zahl von ſinnreichen Einrichtungen hier geſchaffen iſt. Der Bortragende
begrüßte noch am Schluſſe ſeiner Ausführungen das Vorgehen des
Magiſtrats der Stadt München, welcher auf Anregung des Polytech-
niſchen Vereins in München Vorſchriften für die Errichtung von elek-
triſchen Anlagen erlaſſen will, und weiter die Anlagen laufend über-
wachen wird, ſo daß dem Publicum die weiteſtgehende Garantie für die
Sicherheit und Sicherung elektriſcher Anlagen gegeben ſein dürfte. Nach
einer ſich an den Vortrag anſchließenden kurzen Discuſſion erläuterte
Hr. Ingenieur Imhoff den Elektricitätszähler der Firma Einſtein
u. Comp. in München, welcher in Folge ſeiner ſinnreichen Conſtruction
beſondere Beachtung fand. Nächſter Vortrag Montag den 15. December,
Abends 8 Uhr, im Locale des Vereins „Merkur“, Reſtaurant Platzl,
II. Stock: Hr. Dr. Alfred Coehn über: „Die Theorie der elektriſchen
Metall-Abſcheidung“ mit Fachausſtellung der Firma Peartree, Fabrik
für Kunſtgewerbe in Bronze und Galvanoplaſtik, Berlin S. Ferner
Ansſtellung japaniſcher Holzarbeiten von Alois Reiter u. Comp., hier.



Verſchiedenes.
*

Seit einer Reihe von Jahren legt der
Miniſter der öffentlichen Arbeiten dem Landtage beim Beginn der
Etatsberathungen eine Denkſchrift vor, in welcher für das Jahr
zuvor die Verwendung der zu beſonderen Regulirungsbauten an
den Strömen bewilligten Gelder nachgewieſen wird und Angaben
über die Geſtaltung des Verkehrs auf dieſen Strömen, neuerdings
auch über die Größe der den Verkehr vermittelnden Schiffsgeſäße
enthalten ſind. Ein einheitliches Bild von der Geſammithätigkeit
der Waſſerbauverwaltung können dieſe in größeren Zeitabſchnitten
erſcheinenden Denkſchriften auch um deßwillen nicht gewähren, weil
ſie nur die Hauptſtröme betreffen und über die Canäle, die See-
häfen und ſonſtige Waſſerbauanlagen keine Mittheilungen enthalten.
Es iſt deßhalb mit Dank anzuerkennen, daß das „Centralblatt der
Bauverwaltung“ in ſeiner neueſten Nummer eine ausführliche amt-
liche Denkſchrift über „Die Thätigkeit der preußiſchen
Waſſerbauverwaltung innerhalb der Jahre
1880 bis
1890“ bringt, deren Inhalt auch für weitere Kreiſe von Intereſſe
iſt. Der erſte Abſchnitt handelt von den Waſſerſtraßen und Häfen
für die Binnenſchifffahrt nebſt den Brückenbauten, und enthält, nach
einer überſichtlichen Zuſammenſtellung der für dieſe Bauten in den
letzten zehn Jahren bewilligten ordentlichen und außerordentlichen
Geldmittel (183,133,000 Mark), den Nachweis, unter welchen
allgemeinen Geſichtspunkten, zu welchen Zwecken und in welchen
Einzelbeträgen dieſe Gelder innerhalb der verſchiedenen Stromgebiete
Berwendung gefunden haben. Einige Zahlen dieſes Abſchnittes
ſind bereits vor kurzem aus beſonderer Veranlaſſung im „Reichs-
und Staats-Anzeiger“ mitgetheilt worden. Richt weniger beachtens-
werth für den Sachverſtändigen als überraſchend für den Laien
ſind die den Schluß des erſten Abſchnitts bildenden Angaben über
die in den jüngſten zehn Jahren eingetretene Zunahme der Größe
und Tragfähigkeit der Schiffsgefäße, welche auf den verbeſſerten
Waſſerſtraßen verkehren, über die Entwicklung des Dampfſchiff-
verkehrs und über das Anwachſen der durch die Binnenſchifffahrt
beförderten Gütermaſſen. Der zweite Theil der Denkſchrift handelt
von den Seebauten, und zwar im einzelnen von den Schifffahrts-
zeichen, den Uferſchutz- und Dünenbauten, ferner von der Ver-
beſſerung unſrer Häfen und Außenfahrwaſſer an der Oſt- und
Nordſeeküſte, endlich von der ſtaatlichen Fürſorge für die Hochſee-
fiſcherei. Aus dem Ganzen ergibt ſich nicht allein, mit welchen
gewaltigen Summen, ſondern auch mit welchen erfreulichen Erfelgen
die preußiſche Waſſerbauverwaltung arbeitet. Daß die Schrift in
gedrängter Kürze lediglich Thatſachen gibt und die Erörterung
jeder Art von Streitfragen vermeidet, darf ihr als ein be-
ſonderer Vorzug angerechnet werden.

Das Grundſtück, welches Hr. v. Bleich-
röder
zum Bau eines Krankenhauſes geſpendet hat, in
dem das Koch’ſche Heilverfahren angewendet werden ſoll, liegt der
„Nordd. Allg. Ztg.“ zufolge in Groß-Lichterfelde. Das etwa
25 Morgen große Grundſtück wurde bisher zu landwirthſchaftlichen
Zwecken benutzt. Die Bauten, deren Koſten durch einen Theil der
von Bleichröder geſpendeten Million beſtritten werden, während
der übrige Theil für die Verpflegung der armen Kranken beſtimmt
iſt, ſollen ſo raſch als möglich in Angriff genommen werden. Um
aber auch bis zu dem Zeitpunkt ihrer Fertigſtellung die Wohlthaten
der Stiftung mittelloſen Kranken zutheil werden zu laſſen, hat
Bleichröder mit Koch das Abkommen getroffen, daß bis dahin
auf ſeine Koſten dreißig Kranke in einem hieſigen Inſtitut nach
dem Koch’ſchen Verfahren behandelt werden ſollen. Bleichröder
hat ſeine hochherzige Stiftung dem Andenken ſeiner Eltern ge-
widmet.

Die im Bauernkrieg zerſtörte
Kloſterkirche von Thalbürgel, deren Erbauung in das
12. Jahrhundert fällt, gehörte zu den ſchönſten romaniſchen Bau-
werken Deutſchlands. Nachdem ſchon früher einige Wiederher-
ſtellungsarbeiten ſtattgefunden, iſt jetzt mit den ſeinerzeit vom
Landtag bewilligten Geldern das Langhaus wiederhergeſtellt und
am 30. November feierlich eingeweiht worden. Der nach den
Plänen des großherzoglichen Oberhandirectors Bormann aus-
geführte Bau iſt vortrefflich gelungen; die neuen Theile ſind den
vorgefundenen ältern in der ſorgfältigſten Weiſe angegliedert
worden.

Geſtern beging der kgl. preuß. Sanitäts-
rath Dr. Raphael Hausmann hier das Jubiläum ſeiner
25jährigen Thätigkeit als Meraner Curarzt. Eine Deputation der
Curvorſtehung, mit dem Curvorſteher Hrn. v. Pernwerth an der
Spitze, fand ſich beim Jubilar ein, um demſelben in Anbetracht
ſeiner großen Verdienſte um das Curweſen das Diplom als Ehren-
mitglied der Curvorſtehung zu überreichen. Weiter fand ſich die
Vorſtehung des Kindergartens, deſſen Gründer der Jubilar
iſt, nebſt einigen Zöglingen zur Gratulation ein; es folgten hiernach
ſämmtliche Aerzte Merans, welche ein prachtvolles Album mit den
Photographien aller Collegen darbrachten, und endlich noch eine
Deputation der Königswarter-Stiftung, welche Namens des Cura-
toriums dieſer humanitären Anſtalt dem Gefeierten die Ernennung
zum Ehrenpräſidenten überbrachte. Die Büſte des Hrn. Sanitäts-
rathes war überdies im Stiſtungslocale zum ehrenden Gedächtniß
aufgeſtellt worden. — Geſtern wurden im hieſigen Sanatorium
Reuhaus vier und im Militärcurhauſe eine Impfung mit Koch’ſcher
Lymphe
vorgenommen. Auch heute wurden in „Neuhaus“ wieder
drei Patienten geimpft. — Die k. k. Hofſchauſpielerin Frau
Wilbrandt-Baudius hat ein auf drei Abende berechnetes
Gaſtſpiel auf hieſiger Curhausbühne begonnen.

* Schnee in Tirol.

Wegen neuerlichen außerordentlich
ſtarken und andauernden Schneefalles mußte am 2. d. M. Abends
auf der Puſterthaler Linie der Südbahn in der Strecke Villach-
Franzensfeſte der Geſammtverkehr eingeſtellt werden. —
Aus Arco, 29. Nov., wird gemeldet: Am 27. und 28. November
fiel ununterbrochen der Schnee ſo dicht, als ob wir uns hoch im
Norden befänden; ſeit einer Reihe von Jahren hatte man hier kein
ſolches Schneewetter mehr, und während früher einige Stunden
nach dem Schneefall der Schnee ſchon wieder fort war, liegt der-
ſelbe auch heute früh noch ziemlich tief in der Thalſohle und die
ganze Gegend bietet den Anblick einer Winterlandſchaft. Gegen-
wärtig regnet es heftig, die Temperatur iſt mild und der Schnee
wird bald wieder gewichen ſein.

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Cosheim ein Zigeuner vielfach ge&#x017F;ehen worden i&#x017F;t, welcher in der<lb/>
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Die Unter&#x017F;uchung i&#x017F;t beim kgl. preußi&#x017F;chen Landgericht Trier<lb/>
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In Anbetracht des humanen Zweckes haben nach&#x017F;olgende Kun&#x017F;tkräfte<lb/>
ihre Mitwirkung zuge&#x017F;agt, die Frlns.: Hee&#x017F;e, El&#x017F;a Glas, Anna Häckl,<lb/>
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H. Hergl, Max Bauerufeind, P. Schad, Richard Lauer, Hr. Capell-<lb/>
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begleitung übernommen. Auch durch das Erträgniß die&#x017F;er Akademie<lb/>
&#x017F;oll das an dem an der Loth&#x017F;traße Nr. 56 befindliche A&#x017F;yl, in welchem<lb/>
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[Seite 6.[6]/0006] München, Freitag Allgemeine Zeitung 5. December 1890. Zweites Morgenblatt Nr. 337. iſt nun unter anderem auch gewünſcht worden, daß nicht das Reichsgericht mit den Entſcheidungen der letzten Inſtanz betraut werde, ſondern daß das Patentamt allein maßgebend ſein ſoll. Ich freue mich, daß dem keine Folge gegeben worden iſt; denn es muß die Rechtseinheit gewahrt werden in dem Sinne, daß die Auslegung aller Reichsgeſetze in letzter Inſtanz vom Reichsgericht ausgehen muß. Was die Gebühren betrifft, ſo ſpricht für deren Herabſetzung allerdings, daß nicht mehr zu fürchten iſt, daß Patente bloß, um Reclame zu machen, wie es früher geſchehen iſt, nachgeſucht werden; dagegen ſpricht, daß jetzt nur wirkliche Erfin- dungen Gegenſtand der Patentirung ſein werden. Möge ein Ge- ſetz zu Stande kommen, welches wirklich dem Volkswohlſtand dien- lich iſt! (Beifall im Centrum.) Abg. Hultzſch (deutſchconſ.): Meine Freunde und ich be- grüßen den Geſetzentwurf als einen bedeutſamen Fortſchritt auf der Bahn der Schaffung eines wirkſamen Rechtsſchutzes für das geiſtige Eigenthum. Beſonders iſt anzuerkennen, daß der Entwurf nicht neue Bahnen wandelt, ſondern nur den Ausbau und die Verbeſſerung des beſtehenden Rechtes unter Berückſichtigung berech- tigter Wünſche bedeutet. Namentlich iſt hervorzuheben, daß uns nicht das reine Anmeldeverfahren vorgeſchlagen wird. In der veränderten Organiſation des Patentamts liegt eine größere Ge- währ für ſchnellere und ſorgfältigere Vorprüfung und die Er- weiterung des Auslageverfahrens. Die nothwendigen Folgen der höheren Aufwendungen für das Patentamt dürfen dem gegenüber nicht ins Gewicht fallen. Alle noch nicht berückſichtigten Wünſche werden wir in der Commiſſion eingehend prüfen. Möge das Er- gebniß ein ſolches ſein, welches unſre Patentgeſetzgebung auf der Höhe erhält, mittelſt deren ſie bisher als gut anerkannt iſt und ſich auch die Anerkennung im Auslande verdient hat. So kämen wir auch dem Ideal des internationalen Patentſchutzes näher. Mit Rückſicht auf die Wichtigkeit der Materie beantrage ich, daß die Commiſſion aus 28 Mitgliedern zuſammengeſetzt wird. (Veifallrechts.) Abg. Dr. Hammacher (nat.-lib.) hält die Zahl von 28 Mit- gliedern für die Commiſſion für zu hoch, weil es ſich hier um tech- niſche Fragen handelt, die beſſer in kleinen Commiſſionen erörtert werden. Er beantragt, nur 21 Mitglieder zu wählen. Auf die Einzelheiten der Vorlage will ich nicht eingehen, weil ich im großen und ganzen mit allen Vorſchlägen einverſtanden bin. Ich bin nicht der Meinung, daß Deutſchland ſeine Geſetzgebung ſo geſtalten ſoll, daß es in die internationale Union zum Schutze des gewerb- lichen Eigenthums eintreten kann. Dem ſteht entgegen die Ver- ſchiedenartigkeit des Werthes der Patente, denn ein auf Grund des Anmeldeverfahrens erworbenes Patent hat keinen er- heblichen Werth. Uebrigens beſtehen auch ſchon erhebliche Meinungsverſchiedenheiten unter den Mitgliedern der Union, vor deren Veilegung Deutſchland nie daran denken kann, in die Union einzutreten. Retorſionsmaßregeln auf wirthſchaft- lichem Gebiete ſollte man nur ſehr vorſichtig gebrauchen; ſie haben ſich ſchon ſehr oft als ſchädlich herausgeſtellt. Bei der Ausführung des gegenwärtigen Patentgeſetzes haben wir die Erfahrung ge- macht, daß die Anſchanungen, ob ein Patent ertheilt werden ſoll oder nicht, ſehr ſchwankende geweſen ſind. Dieſer Uebelſtand muß beſeitigt werden, ebenſo muß dem Patentinhaber die Sicherheit ge- geben werden, daß er ſich im Beſitze eines unanfechtbaren Patentes befindet; deßhalb iſt die fünfjährige Friſt durchaus angemeſſen. Allenfalls könnte man nach Ablauf der fünfjährigen Friſt einen Aufruf erlaſſen, und wenn dieſer nach einer beſtimmten Friſt ohne Widerſpruch bleibt, das Patent als unanfechtbar betrachten. Die Begründung legt das Selbſtbekenntniß ab, daß die Art und Weiſe, in welcher die Vorprüfung gehandhabt worden iſt, die Zuſtimmung der Induſtrie nicht in vollem Maße geſunden hat; vielmehr werde geklagt, daß die Beſchlußfaſſung des Patentamts nicht immer die ſachliche Durchdringung des Stoffs und die Würdigung aller maßgebenden techniſchen Geſichtspunkte habe erkennen laſſen. Wenn das der Fall iſt, dann muß auch dafür geſorgt werden, daß jeder Patentſucher zu ſeinem Rechte kommen kann, daß der Betheiligte zu den Verhandlungen zugezogen werden muß, wenn über ſeine Beſchwerde wegen Verſagung des Patents verhandelt wird. Denn die Demonſtration, der mündliche Verkehr wirkt in dieſen Dingen mehr, als die ſchriftliche Auseinanderſetzung. Wenn dieſe nothwendigen Schutzmittel gegeben werden, wird die Haupt- quelle der Unzufriedenheit abgegraben werden. Abg. Münch (deutſchfreiſ.): Das Vorprüſungsverfahren kann, ſo wie es jetzt beſteht, nicht beibehalten werden. Daß etwas faul im Staat iſt, beweist der Umſtand, daß die Zahl der ertheilten Patente ſeit einigen Jahren zurückgeht. Die Gewerbetreibenden, welche das Prüfungsverfahren verlangen, fordern dabei immer gewiſſe Cautelen. Die Beſetzung der Anmeldeabtheilung durch ſtändige techniſche Mitglieder wird nicht viel nützen, denn dieſe Techniker werden bald dem wirthſchaftlichen Leben fremd werden, und dagegen ſind von allen Seiten die lebhafteſten Bedenken geltend gemacht worden. Beſſeres iſt im Vorprüfungsverfahren durch Auf- ruf einzuführen: das Urtheil würde dann von der Induſtrie ge- fällt, und nur in zweifelhaften Fällen würde das Patentamt ein- zuſchreiten haben. Die Koſten könnten wohl herabgeſetzt werden, denn das Patentamt wirft ſehr erhebliche Ueberſchüſſe ab. Aber eine Einnahmequelle für das Reich ſollte das Patent nicht ſein. Die Berufung auf die im Jahre 1886 ſtattgehabte Enquête iſt nicht maßgebend. Ich bin allen ſolchen Regierungsenquêten gegen- über ſehr ſkeptiſch, da wir ja erlebt haben, daß ein Miniſter zur Erörterung einer Reform eine Commiſſion berufen hat, in welcher ſeine Anſichten unbedingt die Mehrheit haben. Die Herren, welche 1886 der Commiſſion angehört haben, haben vielleicht auch jetzt ſchon ganz andere Anſichten. Die Vorlage wird darauf einer Commiſſion von 21 Mit- gliedern überwieſen. Schluß gegen 5 Uhr. Nächſte Sitzung Freitag 2 Uhr; Tagesordnung: Erſte Leſung des Geſetzentwurfs betreffend den Schutz von Gebrauchsmuſtern und des Geſetzent- wurfs betreffend die Abänderung der Krankenverſicherung. Bayeriſche Chronik. München, 4. December. * Grundbuchordnung.Ein Ausſchuß des General- comités des Landwirthſchaftlichen Vereins begann heute die Be- rathung über die Reichsgeſetzentwürfe, betreffend die Grundbuch- ordnung und Zwangsvollſtreckung in das unbewegliche Vermögen. An der Berathung nahmen als Vertreter des Juſtizminiſteriums kgl. Oberregierungsrath Jacubezky, als Vertreter des Miniſteriums des Innern kgl. Miniſterialrath Haag, ſowie Vertreter der ſämmt- lichen Kreisregierungen theil, mit Ausnahme von Oberfranken, da Regierungsrath Dr. Papellier am Erſcheinen verhindert war. Re- ſerent war Hr. Juſtizrath Notar Bachmaier in Neumarkt a. R. *Der Ausfall der Gemeindewahlen entſprach zwar nicht den Hoffnungen der liberalen Partei, jedoch kann er immer- hin als ein der liberalen Sache günſtiger bezeichnet werden. Es wurden gewählt 11 Candidaten der liberalen Partei, 9 Candidaten der ultramontanen Partei. Die liberale Partei hat, da 18 Ultra- montane ausgeſchieden ſind, nach dem Ergebniß dieſer Wahlen nunmehr eine Majorität von 5—6 Stimmen im Collegium der Gemeindebevollmächtigten. Die gewählten Liberalen ſind: Bau- meiſter Lang, Privatier Gentz, Goldſchlägereibeſitzer Eduard Sim- merlein, Kaufmann v. Dall’Armi, Hofpſiſtereipächter Wacker, Privatier F. X. Scherbauer, Apotheker Dr. Bedall, Privatier Rammelbauer, Privatier A. Schmelcher, Kaufmann M. Werle, Weingaſtgeber Anton Kanzler. Von 15,420 ſtimmberechtigten Bürgern wurden (mit Ausnahme von Schwabing) 9639 Stimmen abgegeben, von denen 4377 auf die liberalen, 4098 auf die ultramontanen, 1141 auf die ſocialdemokratiſchen Candidaten fielen. 23 Stimmen zer- ſplitterten ſich. *Das Reſultat der Volkszählung liegt noch nicht vollſtändig vor. Es ſind noch 18 Zählbezirke ausſtehend. Nimmt man für dieſe 18 Bezirke die Seelenzahl der letzten Volkszählung an, ſo ergibt ſich für München eine Zahl von mehr als 340,000 Seelen. P. Kinderraub.Die hieſige k. Polizeidirection veröffent- licht Folgendes. Am Mittwoch den 12. November l. J. durchzog, von Merzig an der Saar (Rheinprovinz, unweit Trier) kommend, eine Bande ſogenannter fahrender „Künſtler“, wirklicher oder an- geblicher Zigenner, mit 5 Wagen den Ort Brotdorf (bei Merzig). Vielfach fiel ein kleines, blondes, blauäugiges Mädchen auf, welches ſchon dem Aeußeren nach nicht zu der Bande zu gehören ſchien und auch ſelbſt verſchiedenen Dorfbewohnern gegenüber äußerte: „es ſei mitgenommen, es bleibe hier, es könne von dem Pack nichts eſſen, es ſei aus dem Bayeriſchen, es habe ſo Ver- langen nach Hauſe, ſeine Eltern ſuchten es gewiß mit der Gemeinde“. Das Kind ſpielte mit einem mit Bildern verſehenen Gebetbüchelchen und ſcheint eher hell- als dunkelblond geweſen zu ſein. Die ſchätzungsweiſen Angaben über das Alter ſchwanken von 4 bis 8 Jahren. Der Anzug wird beſchrieben: hellrothe Capuce, rothwollenes Kleid mit ſchwarzen Längsſtreifen, faltig angeſetztem Röckchen — die Kinder ſprechen von Volant — und violettem Bandbeſatz am Saum; rothwollene Strümpfe mit weiß-blau-ſchwarzen Querſtreifen; gute Schnürſtiefel- chen, vorn mit Blech beſchlagen. Das Kind iſt noch am nämlichen Rachmittag von der Bande bis Hausbach mitgeführt worden. Als dort Abends gegen 10 Uhr die inzwiſchen von Merzig requirirte Polizeimannſchaft erſchien, war bei einer Durch- ſuchung der Wagen das Kind nicht mehr aufzufinden. Dasjenige Kind, welches von Mitgliedern der Bande als das geſuchte vor- geſtellt wurde, trug zwar deſſen Kleider, war aber nach dem allge- meinen Urtheil der Brotdorfer und Hausbacher Zeugen nicht das geſuchte Kind. Es muß daher angenommen werden, daß letzteres am Spätnachmittag des 12. November oder in der Nacht vom 12. auf 13. November in anderen Kleidern weggebracht worden iſt. Während man am Abend des 12. November die ganze Bande ſeſtgenommen zu haben glaubte, kann als feſt- geſtellt angeſehen werden, daß mindeſtens ein Mann von der Truppe verſchwunden iſt, indem am 13. November bei und in Cosheim ein Zigeuner vielfach geſehen worden iſt, welcher in der Richtung von Hausbach aus dem Walde kam, allerdings allein. Dieſer Mann wird beſchrieben: Alter 30—40 Jahre, ſchwarzes Haar, ſchwarzer, kurzer, ſtruppiger Bart, gelbe Hautfarbe, duntle Joppe, großer ſchlapper Hut, 2 Ringe an der linken Hand, ein einfacher und einer mit blauem oder rothem Stein. Möglicherweiſe iſt der Mann identiſch mit dem angeblichen Ehemann einer Ver- hafteten, Karl Braun aus Görde in Weſtfalen. Einzelne Zeugen wollen auch eine „ſtarke, ſchöne“ Frau bei der Truppe vermiſſen. Die Unterſuchung iſt beim kgl. preußiſchen Landgericht Trier anhängig. * Statiſtik der Brände in Bayern.Bei der k. Brand- verſicherungekammer wurden im Jahre 1889 in Bayern d. d. Rh. 1668 Schadenfeuer angemeldet, mithin gegen das Vorjahr (mit 1377) um 291 mehr. Dieſe Vermehrung trifft diesmal ſowohl auf die Städte, als auch auf die Landgemeinden, und zwar haben ſich die Brände in unmittelbaren Städten um 21, jene in Städten mit ſtädt. Verfaſſung um 34, in Städten mit Landgemeinde Ver- faſſung um 15, in Märkten mit ſtädt. Verfaſſung um 9, in Märkten mit Landgemeinde-Verfaſſung um 31 und in Landgemeinden um 181 gegen das Jahr 1888 vermehrt. Von den 1668 Schaden- feuern entſtanden 383 durch Blitz (Vorj. 167), wonach ſich eine Mehrung der Blitzſchläge um 216 ergibt. Aus anderen Urjachen entſtanden 1285 Brände, gegen das Vorjahr mit 1210 mehr um 75. *Zum Veſten des Aſylvereins für Obdachloſe, a. V., wird am Donnerſtag den 11. December l. J. Abends 7 Uhr im großen Saale des Muſeums eine Wohlthätigkeitsakademie veranſtaltet. In Anbetracht des humanen Zweckes haben nachſolgende Kunſtkräfte ihre Mitwirkung zugeſagt, die Frlns.: Heeſe, Elſa Glas, Anna Häckl, Fran Francisca Biazzi, die HH.: Ludwig Freytag, Franz Schulze, H. Hergl, Max Bauerufeind, P. Schad, Richard Lauer, Hr. Capell- meiſter Theodor Sachſenhauſer und Ludwig Stirner haben die Clavier- begleitung übernommen. Auch durch das Erträgniß dieſer Akademie ſoll das an dem an der Lothſtraße Nr. 56 befindliche Aſyl, in welchem jede Nacht gegen 70 Perſonen warme Koſt und Lagerſtätte nebſt Bade- gelegenheit finden, eine Vergrößerung zum Zweck der Vermehrung der Lagerſtätten vorgenommen worden, ebenſowenig iſt es bis jetzt möglich, die aufgenommenen Perſonen ſo zu beköſtigen, wie es nothwendig wäre. Da der Zweck ein guter iſt, die rauhe Jahreszeit herannaht und es an Obdachloſen und Nothleidenden gewiß nicht ſehlt, dürſte der Zu- ſpruch ein zahlreicher werden. † Polytechniſcher Verein in München.Wochenverſamm- lung vom 1. December 1890. Das Thema des letzten Vortrages: „Sicherheit und Sicherung elektriſchen Anlagen“, über welche Hr. Dr. C. L. Weber, Director der elektro-techniſchen Verſuchsſtation des Polytechniſchen Vereins in München, ſprach, hatte eine große Zahl Zu- hörer, insbeſondere ſolche aus Fachkreiſen, angezogen. Redner warf einen kurzen Rückblick auf die großartigen Fortſchritte der Elektrotechnik, welche dieſe ſeit der erſten elektrotechniſchen Ausſtellung in München in der kurzen Spanne Zeit von 8 Jahren gemacht hat. Begeiſterte man ſich nun damals für die abſolute Ungefährlichkeit elektriſcher Anlagen, ſo findet man ſeit Jahresfriſt in unſrer Tagespreſſe ſowohl als ins- beſondere in der amerikaniſchen, beunruhigende Nachrichten über eine außerordentliche Gefährlichkeit derſelben. In den elektriſchen Anlagen treten freilich unter Umſtänden gewaltige Kräfte auf, aber die durch ſie betriebenen Anlagen ſind in keinem Falle gefährlicher als andere. Wir finden z. B. nicht das verheerende Vernichtungswerk wie bei Dampf- keſſel-Exploſionen u. dgl. Wenn man hie und da liest, daß das Leben eines Menſchen durch einen hochgeſpannten elektriſchen Strom bedroht oder vernichtet wurde, daß in Folge ſehlerhafter Leitung ein Brand ausbrach, ſo conſtatirt dieß eben nichts weiter, als daß, wie bei jedem ſonſtigen Betriebe, durch Unachtſamkeit Störungen u. ſ. w. vorkommen können. Würden wir eine Unfall-Statiſtik für elektriſche Betriebe haben, ſo dürfte jene weiteres zu Gunſten dieſer ſprechen. Allerdings aber müßten Maßnahmen getroffen werden, die Ausführungen ſo beſchaffen ſein, daß Störungen, die zu Gefahren führen würden, ausgeſchloſſen ſind. Gerade in dieſer Hinſicht hat nun erfrenlicherweiſe die Elektro- technik in den letzten Jahren bedeutende Fortſchritte gemacht, deren Vor- führung ſich eben Redner an dieſem Abend zur dankenswerthen Auf- gabe gemacht hatte. Was nun die Sicherung elektriſcher Anlagen be- trifft, ſo iſt dieſelbe verhältnißmäßig keine ſchwierige. Hr. Director Dr. Weber erläuterte einige Beiſpiele und hebt hervor, daß bei richtiger Berechnung der Leitungen, bei richtiger Conſtruction und Wahl des Materials, bei ſolider ſachgemäßer Arbeit die Gefährlichkeit der elektri- ſchen Betriebe auf ein Minimum reducirt wird. Der ſeinem Inhalte und ſeiner Ausführung nach gleich werthvolle Vortrag wird demnächſt im „Bayeriſchen Induſtrie- und Gewerbeblatte“ zum Ausdruck gelangen. Die reichhaltige Ausſtellung von elektriſchen Sicherungs-, Meß- und dergleichen Apparaten der Firma Staudt u. Voigt-Bockenheim bei Frankfurt a. M., Elektrotechniſche Fabrik Bamberg, Schuckert u. Comp., Siemens u. Halske, J. Einſtein u. Comp. beweist, welche große An- zahl von ſinnreichen Einrichtungen hier geſchaffen iſt. Der Bortragende begrüßte noch am Schluſſe ſeiner Ausführungen das Vorgehen des Magiſtrats der Stadt München, welcher auf Anregung des Polytech- niſchen Vereins in München Vorſchriften für die Errichtung von elek- triſchen Anlagen erlaſſen will, und weiter die Anlagen laufend über- wachen wird, ſo daß dem Publicum die weiteſtgehende Garantie für die Sicherheit und Sicherung elektriſcher Anlagen gegeben ſein dürfte. Nach einer ſich an den Vortrag anſchließenden kurzen Discuſſion erläuterte Hr. Ingenieur Imhoff den Elektricitätszähler der Firma Einſtein u. Comp. in München, welcher in Folge ſeiner ſinnreichen Conſtruction beſondere Beachtung fand. Nächſter Vortrag Montag den 15. December, Abends 8 Uhr, im Locale des Vereins „Merkur“, Reſtaurant Platzl, II. Stock: Hr. Dr. Alfred Coehn über: „Die Theorie der elektriſchen Metall-Abſcheidung“ mit Fachausſtellung der Firma Peartree, Fabrik für Kunſtgewerbe in Bronze und Galvanoplaſtik, Berlin S. Ferner Ansſtellung japaniſcher Holzarbeiten von Alois Reiter u. Comp., hier. Verſchiedenes. *Berlin, 1. Dec.Seit einer Reihe von Jahren legt der Miniſter der öffentlichen Arbeiten dem Landtage beim Beginn der Etatsberathungen eine Denkſchrift vor, in welcher für das Jahr zuvor die Verwendung der zu beſonderen Regulirungsbauten an den Strömen bewilligten Gelder nachgewieſen wird und Angaben über die Geſtaltung des Verkehrs auf dieſen Strömen, neuerdings auch über die Größe der den Verkehr vermittelnden Schiffsgeſäße enthalten ſind. Ein einheitliches Bild von der Geſammithätigkeit der Waſſerbauverwaltung können dieſe in größeren Zeitabſchnitten erſcheinenden Denkſchriften auch um deßwillen nicht gewähren, weil ſie nur die Hauptſtröme betreffen und über die Canäle, die See- häfen und ſonſtige Waſſerbauanlagen keine Mittheilungen enthalten. Es iſt deßhalb mit Dank anzuerkennen, daß das „Centralblatt der Bauverwaltung“ in ſeiner neueſten Nummer eine ausführliche amt- liche Denkſchrift über „Die Thätigkeit der preußiſchen Waſſerbauverwaltung innerhalb der Jahre 1880 bis 1890“ bringt, deren Inhalt auch für weitere Kreiſe von Intereſſe iſt. Der erſte Abſchnitt handelt von den Waſſerſtraßen und Häfen für die Binnenſchifffahrt nebſt den Brückenbauten, und enthält, nach einer überſichtlichen Zuſammenſtellung der für dieſe Bauten in den letzten zehn Jahren bewilligten ordentlichen und außerordentlichen Geldmittel (183,133,000 Mark), den Nachweis, unter welchen allgemeinen Geſichtspunkten, zu welchen Zwecken und in welchen Einzelbeträgen dieſe Gelder innerhalb der verſchiedenen Stromgebiete Berwendung gefunden haben. Einige Zahlen dieſes Abſchnittes ſind bereits vor kurzem aus beſonderer Veranlaſſung im „Reichs- und Staats-Anzeiger“ mitgetheilt worden. Richt weniger beachtens- werth für den Sachverſtändigen als überraſchend für den Laien ſind die den Schluß des erſten Abſchnitts bildenden Angaben über die in den jüngſten zehn Jahren eingetretene Zunahme der Größe und Tragfähigkeit der Schiffsgefäße, welche auf den verbeſſerten Waſſerſtraßen verkehren, über die Entwicklung des Dampfſchiff- verkehrs und über das Anwachſen der durch die Binnenſchifffahrt beförderten Gütermaſſen. Der zweite Theil der Denkſchrift handelt von den Seebauten, und zwar im einzelnen von den Schifffahrts- zeichen, den Uferſchutz- und Dünenbauten, ferner von der Ver- beſſerung unſrer Häfen und Außenfahrwaſſer an der Oſt- und Nordſeeküſte, endlich von der ſtaatlichen Fürſorge für die Hochſee- fiſcherei. Aus dem Ganzen ergibt ſich nicht allein, mit welchen gewaltigen Summen, ſondern auch mit welchen erfreulichen Erfelgen die preußiſche Waſſerbauverwaltung arbeitet. Daß die Schrift in gedrängter Kürze lediglich Thatſachen gibt und die Erörterung jeder Art von Streitfragen vermeidet, darf ihr als ein be- ſonderer Vorzug angerechnet werden. * Berlin, 2. Dec.Das Grundſtück, welches Hr. v. Bleich- röder zum Bau eines Krankenhauſes geſpendet hat, in dem das Koch’ſche Heilverfahren angewendet werden ſoll, liegt der „Nordd. Allg. Ztg.“ zufolge in Groß-Lichterfelde. Das etwa 25 Morgen große Grundſtück wurde bisher zu landwirthſchaftlichen Zwecken benutzt. Die Bauten, deren Koſten durch einen Theil der von Bleichröder geſpendeten Million beſtritten werden, während der übrige Theil für die Verpflegung der armen Kranken beſtimmt iſt, ſollen ſo raſch als möglich in Angriff genommen werden. Um aber auch bis zu dem Zeitpunkt ihrer Fertigſtellung die Wohlthaten der Stiftung mittelloſen Kranken zutheil werden zu laſſen, hat Bleichröder mit Koch das Abkommen getroffen, daß bis dahin auf ſeine Koſten dreißig Kranke in einem hieſigen Inſtitut nach dem Koch’ſchen Verfahren behandelt werden ſollen. Bleichröder hat ſeine hochherzige Stiftung dem Andenken ſeiner Eltern ge- widmet. i. Weimar, 2. Dec.Die im Bauernkrieg zerſtörte Kloſterkirche von Thalbürgel, deren Erbauung in das 12. Jahrhundert fällt, gehörte zu den ſchönſten romaniſchen Bau- werken Deutſchlands. Nachdem ſchon früher einige Wiederher- ſtellungsarbeiten ſtattgefunden, iſt jetzt mit den ſeinerzeit vom Landtag bewilligten Geldern das Langhaus wiederhergeſtellt und am 30. November feierlich eingeweiht worden. Der nach den Plänen des großherzoglichen Oberhandirectors Bormann aus- geführte Bau iſt vortrefflich gelungen; die neuen Theile ſind den vorgefundenen ältern in der ſorgfältigſten Weiſe angegliedert worden. h. Meran, 2. Dec.Geſtern beging der kgl. preuß. Sanitäts- rath Dr. Raphael Hausmann hier das Jubiläum ſeiner 25jährigen Thätigkeit als Meraner Curarzt. Eine Deputation der Curvorſtehung, mit dem Curvorſteher Hrn. v. Pernwerth an der Spitze, fand ſich beim Jubilar ein, um demſelben in Anbetracht ſeiner großen Verdienſte um das Curweſen das Diplom als Ehren- mitglied der Curvorſtehung zu überreichen. Weiter fand ſich die Vorſtehung des Kindergartens, deſſen Gründer der Jubilar iſt, nebſt einigen Zöglingen zur Gratulation ein; es folgten hiernach ſämmtliche Aerzte Merans, welche ein prachtvolles Album mit den Photographien aller Collegen darbrachten, und endlich noch eine Deputation der Königswarter-Stiftung, welche Namens des Cura- toriums dieſer humanitären Anſtalt dem Gefeierten die Ernennung zum Ehrenpräſidenten überbrachte. Die Büſte des Hrn. Sanitäts- rathes war überdies im Stiſtungslocale zum ehrenden Gedächtniß aufgeſtellt worden. — Geſtern wurden im hieſigen Sanatorium Reuhaus vier und im Militärcurhauſe eine Impfung mit Koch’ſcher Lymphe vorgenommen. Auch heute wurden in „Neuhaus“ wieder drei Patienten geimpft. — Die k. k. Hofſchauſpielerin Frau Wilbrandt-Baudius hat ein auf drei Abende berechnetes Gaſtſpiel auf hieſiger Curhausbühne begonnen. * Schnee in Tirol.Wegen neuerlichen außerordentlich ſtarken und andauernden Schneefalles mußte am 2. d. M. Abends auf der Puſterthaler Linie der Südbahn in der Strecke Villach- Franzensfeſte der Geſammtverkehr eingeſtellt werden. — Aus Arco, 29. Nov., wird gemeldet: Am 27. und 28. November fiel ununterbrochen der Schnee ſo dicht, als ob wir uns hoch im Norden befänden; ſeit einer Reihe von Jahren hatte man hier kein ſolches Schneewetter mehr, und während früher einige Stunden nach dem Schneefall der Schnee ſchon wieder fort war, liegt der- ſelbe auch heute früh noch ziemlich tief in der Thalſohle und die ganze Gegend bietet den Anblick einer Winterlandſchaft. Gegen- wärtig regnet es heftig, die Temperatur iſt mild und der Schnee wird bald wieder gewichen ſein.

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 337, 5. Dezember 1890, S. Seite 6.[6]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine337_1890/6>, abgerufen am 21.11.2024.