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Allgemeine Zeitung, Nr. 344, 12. Dezember 1890.

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München, Freitag Allgemeine Zeitung 12. December 1890, Zweites Morgenblatt Nr. 344.
[Spaltenumbruch]
Brasilianische Finanzen.

Zu der mehrfach erwähnten
Conversion entnehmen wir Berichten der "Frankf. Ztg." aus Bra-
silien noch Folgendes: Die Conversion umfaßt einen Nominal-
betrag von 381,641,310 Milr. in 5proc. Apolices. Diese Apo-
licen sind ein sehr beliebtes Papier für feste Capitalanlagen; etwa
der vierte Theil davon soll den Stiftungen, Unterstützungscassen etc.
gehören. Daraus erklärt sich auch, daß der Curs in den letzten
zwei Monaten sich auf 96 a 97 gehalten hat, während der markt-
gängige Zinsfuß für allerfeinstes Papier 8 Proc., meist aber 10
und selbst 12 Proc. beträgt. Die Conversion bietet für 5 Proc.
Papier 4 Proc. Gold, nach dem Cursstande also ungefähr den
gleichen Werth, und außerdem zwei Monate Zinsvergütung. Für
[Spaltenumbruch] den Staat resultirt aus der Conversion eine Mehrbelastung da-
durch, daß die Apolices ungetilgt blieben, die neue Anleihe aber
starke Tilgung erhalten soll. Das ist im Princip zu billigen; die
Frage bleibt nur, ob der Staatsschatz in der nächsten Zukunft seine
Einnahmen nicht für dringendere Erfordernisse aufsparen sollte.
In dem Expose, mit welchem der Finanzminister Ruy Barboso die
Conversion befürwortet, wird u. a. gesagt, die kaiserliche Regierung
habe trotz des Gesetzes von 1827, welches eine jährliche Amorti-
sation von 1 Proc. vorschreibt, seit einem Jahrhundert keinerlei
Tilgung vorgenommen, und sei die Schuld innerhalb 62 Jahren
kaiserlicher Verwaltung um das Fünfzehnfache gestiegen. Das neue
Regime müsse daher mit Zinsreduction auch an die Tilgung der
[Spaltenumbruch] Schulden herangehen. Diejenigen Besitzer von Apolices, welche
convertiren, würden voraussichtlich längere Zeit der Amortisation
entgehen, während den Nichtconvertirenden wahrscheinlich über kurz
oder lang eine Zwangsconversion bevorstehe. Die Zinsen auch auf
die innere Schuld in Gold zu zahlen, das sei eine naturgemäße
Consequenz des Decrets, welches die Zahlung der Zölle in Gold
anordnete.



Schiffsnachrichten.

Der Postdampfer "Croatia" von der
Hamburg-Amerikanischen Paketfahrt-Actiengesellschaft ist in Havre ein-
getroffen.

[Tabelle]
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[irrelevantes Material]

München, Freitag Allgemeine Zeitung 12. December 1890, Zweites Morgenblatt Nr. 344.
[Spaltenumbruch]
Braſilianiſche Finanzen.

Zu der mehrfach erwähnten
Converſion entnehmen wir Berichten der „Frankf. Ztg.“ aus Bra-
ſilien noch Folgendes: Die Converſion umfaßt einen Nominal-
betrag von 381,641,310 Milr. in 5proc. Apolices. Dieſe Apo-
licen ſind ein ſehr beliebtes Papier für feſte Capitalanlagen; etwa
der vierte Theil davon ſoll den Stiftungen, Unterſtützungscaſſen ꝛc.
gehören. Daraus erklärt ſich auch, daß der Curs in den letzten
zwei Monaten ſich auf 96 à 97 gehalten hat, während der markt-
gängige Zinsfuß für allerfeinſtes Papier 8 Proc., meiſt aber 10
und ſelbſt 12 Proc. beträgt. Die Converſion bietet für 5 Proc.
Papier 4 Proc. Gold, nach dem Cursſtande alſo ungefähr den
gleichen Werth, und außerdem zwei Monate Zinsvergütung. Für
[Spaltenumbruch] den Staat reſultirt aus der Converſion eine Mehrbelaſtung da-
durch, daß die Apolices ungetilgt blieben, die neue Anleihe aber
ſtarke Tilgung erhalten ſoll. Das iſt im Princip zu billigen; die
Frage bleibt nur, ob der Staatsſchatz in der nächſten Zukunft ſeine
Einnahmen nicht für dringendere Erforderniſſe aufſparen ſollte.
In dem Expoſé, mit welchem der Finanzminiſter Ruy Barboſo die
Converſion befürwortet, wird u. a. geſagt, die kaiſerliche Regierung
habe trotz des Geſetzes von 1827, welches eine jährliche Amorti-
ſation von 1 Proc. vorſchreibt, ſeit einem Jahrhundert keinerlei
Tilgung vorgenommen, und ſei die Schuld innerhalb 62 Jahren
kaiſerlicher Verwaltung um das Fünfzehnfache geſtiegen. Das neue
Régime müſſe daher mit Zinsreduction auch an die Tilgung der
[Spaltenumbruch] Schulden herangehen. Diejenigen Beſitzer von Apolices, welche
convertiren, würden vorausſichtlich längere Zeit der Amortiſation
entgehen, während den Nichtconvertirenden wahrſcheinlich über kurz
oder lang eine Zwangsconverſion bevorſtehe. Die Zinſen auch auf
die innere Schuld in Gold zu zahlen, das ſei eine naturgemäße
Conſequenz des Decrets, welches die Zahlung der Zölle in Gold
anordnete.



Schiffsnachrichten.

Der Poſtdampfer „Croatia“ von der
Hamburg-Amerikaniſchen Paketfahrt-Actiengeſellſchaft iſt in Havre ein-
getroffen.

[Tabelle]
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[irrelevantes Material]

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[8/0008] München, Freitag Allgemeine Zeitung 12. December 1890, Zweites Morgenblatt Nr. 344. Braſilianiſche Finanzen.Zu der mehrfach erwähnten Converſion entnehmen wir Berichten der „Frankf. Ztg.“ aus Bra- ſilien noch Folgendes: Die Converſion umfaßt einen Nominal- betrag von 381,641,310 Milr. in 5proc. Apolices. Dieſe Apo- licen ſind ein ſehr beliebtes Papier für feſte Capitalanlagen; etwa der vierte Theil davon ſoll den Stiftungen, Unterſtützungscaſſen ꝛc. gehören. Daraus erklärt ſich auch, daß der Curs in den letzten zwei Monaten ſich auf 96 à 97 gehalten hat, während der markt- gängige Zinsfuß für allerfeinſtes Papier 8 Proc., meiſt aber 10 und ſelbſt 12 Proc. beträgt. Die Converſion bietet für 5 Proc. Papier 4 Proc. Gold, nach dem Cursſtande alſo ungefähr den gleichen Werth, und außerdem zwei Monate Zinsvergütung. Für den Staat reſultirt aus der Converſion eine Mehrbelaſtung da- durch, daß die Apolices ungetilgt blieben, die neue Anleihe aber ſtarke Tilgung erhalten ſoll. Das iſt im Princip zu billigen; die Frage bleibt nur, ob der Staatsſchatz in der nächſten Zukunft ſeine Einnahmen nicht für dringendere Erforderniſſe aufſparen ſollte. In dem Expoſé, mit welchem der Finanzminiſter Ruy Barboſo die Converſion befürwortet, wird u. a. geſagt, die kaiſerliche Regierung habe trotz des Geſetzes von 1827, welches eine jährliche Amorti- ſation von 1 Proc. vorſchreibt, ſeit einem Jahrhundert keinerlei Tilgung vorgenommen, und ſei die Schuld innerhalb 62 Jahren kaiſerlicher Verwaltung um das Fünfzehnfache geſtiegen. Das neue Régime müſſe daher mit Zinsreduction auch an die Tilgung der Schulden herangehen. Diejenigen Beſitzer von Apolices, welche convertiren, würden vorausſichtlich längere Zeit der Amortiſation entgehen, während den Nichtconvertirenden wahrſcheinlich über kurz oder lang eine Zwangsconverſion bevorſtehe. Die Zinſen auch auf die innere Schuld in Gold zu zahlen, das ſei eine naturgemäße Conſequenz des Decrets, welches die Zahlung der Zölle in Gold anordnete. Schiffsnachrichten. (*) Hamburg, 11. Dec. Der Poſtdampfer „Croatia“ von der Hamburg-Amerikaniſchen Paketfahrt-Actiengeſellſchaft iſt in Havre ein- getroffen. _

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 344, 12. Dezember 1890, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine344_1890/8>, abgerufen am 23.11.2024.