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Allgemeine Zeitung, Nr. 34, 22. August 1914.

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Allgemeine Zeitung 22. August 1914.
[Spaltenumbruch] da dieses den Bundesgenossen Frankreichs, Rußland bekämpfe und
Frankreichs Feind, das Deutsche Reich unterstütze. Zugleich er-
klärte der Botschafter, daß mit Rücksicht auf das Verhalten Frank-
reichs auch Großbritannien sich als im Kriegszustand mit der
Monarchie befindlich betrachte. Die Admiralität hat Befehl erteilt,
die Feindseligkeiten gegen Oesterreich-Ungarn zu beginnen.



Zur Vorgeschichte des Krieges.

Wer trägt die Schuld an der unzureichenden Beantwortung,
die Serbien dem österreichischen Ultimatum erteilt hat und die dann
die unmittelbare Veranlassung zum französischen Kriege geworden
ist? Auf diese Frage gibt ein unterm 26. Juli, also unmittelbar
vor dem Ausbruch des Krieges geschriebener Brief einen merk-
würdigen Aufschluß, den der Berichterstatter des Berliner
"Deutschen Kuriers" aus Semlin veröffentlicht und aus dem die
Bayerische Staatszeitung nachstehende Hauptstellen veröffentlicht:

In Serbien herrscht Ministerpräsident Pasitsch nur dem Namen
nach. In Wirklichkeit haben das Heft die Generale Jankowitsch,
Putnik und ihre Offiziere in den Händen. Das haben die Ereignisse
bei der Ueberreichung der serbischen Antwortnote auf das öster-
reichische Ultimatum zur Evidenz bewiesen. Von einem der Regie-
rung nahestehenden Herrn, der auch Mitglied der Skuptschtina ist,
und der eine vermittelnde Rolle zwischen Herrn Pasitsch und dem
General Jankowitsch gespielt hat, sind mir folgende Erklärungen
gemacht worden: Pasitsch und der Kronprinz Alexander waren bis
gestern nachmittag um 3 Uhr für bedingungslose Annahme der
österreichischen Bedingungen, da sie sich absolut keine sichere Hilfe
durch Rußland versprachen. Es war auch schon die Annahme der
Bedingungen formuliert. Allerdings waren in ihr einige Klauseln
enthalten, die der serbischen Regierung eine Rückzugsdeckung vor
der öffentlichen Meinung verschaffen sollten. In der vierten Nach-
mittagsstunde war man dabei, die Annahme nochmals zu redigie-
ren. Pasitsch hatte sich inzwischen des Einverständnisses der Mehr-
heit der Parteiführer versichert gehabt, das um so bereitwilliger ge-
geben wurde, als es galt, einen großen Schlag gegen die allmächtige
Offizierspartei Serbiens zu führen, die sich allgemach bei der Mehr-
heit des Parlaments durch ihr herausforderndes Auftreten verhaßt
gemacht hatte.
Da erhielt Jankowitsch durch irgend einen Verräter Kenntnis
von den Schritten der Regierung. Er stürmte mit einigen ihm
Ergebenen in den Konak, wo die Mitglieder des Ministeriums,
einige Parteiführer und der Kronprinz noch versammelt waren.
Nun soll es zu einer dramatisch bewegten Szene gekommen sein,
in deren Verlauf Jankowitsch durch seine Drohungen den Thron-
folger derart einschüchterte, daß dieser erklärt haben soll, lieber ab-
zudanken, als länger unter dem Terrorismus der eigentlichen Ge-
walthaber von Serbien zu stehen. Auch Pasitsch soll mit der Demis-
sion gedroht haben. Jankowitsch lief aus dem Königspalast und kam
eine halbe Stunde später mit einer Anzahl Offiziere und Natio-
nalisten wieder, nachdem er vorher den Konak hatte umstellen lassen.
Was sich dann im Laufe der nächsten fünf Minuten zugetragen
haben mag, ist nach dem, was ich zu hören bekam, zu sensationell,
als daß ich es wiederzugeben wage. Um ein Haar, und das Blut-
bad, das Offiziere an dem König Alexander und der armen Draga
Maschin an jener Stelle angerichtet hatten, wäre an diesem Sams-
tag wiederholt worden, wenn nicht im letzten Augenblick die omi-
nöse, mysteriöse Depesche aus Petersburg neben dem bereitgehal-
tenen Revolver in die Wagschale geworfen worden wäre zugunsten
der Zurückziehung der fertig redigierten Annahme der österreichi-
schen Bedingungen. Der Fluch der bösen Tag, die fortzeugend ...
Daß das Volk und die Volksvertreter unter diesen Umständen nicht
für den Krieg sind, bedarf kaum einer ausdrücklichen Versicherung.


Italiens Haltung.

Mit Rücksicht auf umlaufende Gerüchte, daß Italien gegenüber
Deutschland und Oesterreich-Ungarn eine wenig freundliche Haltung
einnehme, beauftragte die italienische Regierung ihren Berliner
Geschäftsträger, diesen falschen Gerüchten entgegenzutreten. Der
italienische Geschäftsträger ersuchte in Erfüllung dieses Auftrages
das Auswärtige Amt, diese Ausstreuungen für unbegründet zu er-
klären. Der italienische Botschafter in Berlin, Vollati, ist in Rom
eingetroffen.



[Spaltenumbruch]
Rumänien.

Ministerpräsident Graf Tißa richtete an den Abgeordneten
Alexander Vajda, den er in einer Sitzung der letzten Parlaments-
session infolge eines von dem panslawischen Agitator Gerowssky an
Vajda gerichteten Schreibens der Teilnahme an der panslawischen
Agitation beschuldigte, ein offenes Schreiben, in dem er, anknüpfend
an eine von Vajda beim Kriegsausbruch im Bukarester Adeverul
veröffentlichte dreibundfreundliche patriotische Erklärung, bereit-
willig anerkannt, daß durch Vajdas jetziges Auftreten seine, Tißas,
frühere Annahme widerlegt werde. Er fährt fort:

Wir erleben jetzt
entscheidende Stunden. Das rumänische Volk muß zeigen, ob es
eine Verständigung und ein Zusammenwirken mit dem Deutschtum
und Ungartum wünscht oder ob es sich dem panslawischen Koloß in
die Arme werfen will. Jeder Akt treuer Vaterlandsliebe bildet
heute den Granitwürfel zu dem Fundamente einer schöneren, mit
gegenseitigem Vertrauen und gegenseitiger Sympathie sich auf-
bauenden Zukunft.


Die Türkei.

Das Wolffsche Telegraphenbureau läßt sich von der Süd-
slawischen Korrespondenz aus Konstantinopel melden:

Die gesamte Oeffentlichkeit verfolgt mit zunehmender Spannung
den Verlauf der kriegerischen Ereignisse in Europa, wobei sich die
Sympathien des Publikums und der türkischen Presse immer aus-
gesprochener der Sache der verbündeten Zentralmächte zuwenden.
Die Berichte über die deutschen Erfolge gegen Frankreich und das
Fortschreiten der österreichischen Aktion finden in der Konstan-
tinopeler Presse den lebhaftesten Widerhall, während die Weg-
nahme der türkischen Kriegsschiffe durch England fortgesetzt den
Gegenstand heftiger Angriffe gegen die englische Regierung bildet.
Ueber Gewaltakte der russischen Truppen bei ihrem Abzug aus
den armenischen Grenzgebieten wird ergänzend gemeldet, daß die
Russen wahre Wüsteneien hinter sich ließen, sowie daß sie eine
große Zahl mohammedanischer Bewohner in unmenschlicher Weise
töteten. Wie in der Regierung nahestehenden Kreisen verlautet,
wurde der türkische Botschafter in Petersburg angewiesen, diese
Vorgänge zur Sprache zu bringen und auf die in der Türkei herr-
schende Stimmung als Folge dieser Ereignisse hinzuweisen.


Unsere Kolonien.

Nachrichten aus Südwestafrika besagen, daß das dortige Schutz-
gebiet bisher unbehelligt geblieben ist. Auch in Kamerun hat
sich bis jetzt nichts kriegerisches ereignet. Von Deutsch-Ostafrika
fehlen direkte, von der Südsee alle Nachrichten. -- In Togo haben
unbedeutende Patrouillengefechte mit eingedrungenen französischen
Truppenabteilungen stattgefunden, bei denen der Feind drei Tote,
die deutschen Abteilungen keine Verluste zu verzeichnen hatten. Auch
englische Truppen sind in Togo vorgedrungen, ohne bis jetzt mit
den deutschen Abteilungen in Berührung gekommen zu sein.



Japan.

Kurz nach Beginn des Krieges war auch schon von der Haltung
Japans, den Dreibundmächten gegenüber, die Rede. Ein, wie
man jetzt sieht, voreiliges Telegramm wußte sogar zu melden, daß
sich Japan Oesterreich genähert habe, wofür Oesterreich seinerseits
sein vollkommenes Desinteressement zugesichert habe, was ja schon
dshalb unwahrscheinlich war, weil Oesterreich bekanntlich in Ostasien
überhaupt keine Interessen hat. Inzwischen hat sich in der zu-
wartenden Haltung Japans eine für Deutschland bedeutungsvolle
Wendung vollzogen. Wie das Wolffsche Telegraphenbureau
offiziell meldet, hat der japanische Geschäftsträger in Berlin im
Auftrage seiner Regierung dem Auswärtigen Amt eine Note über-
mittelt, worin unter Berufung auf das englisch-japanische Bündnis
die sofortige Zurückziehung der deutschen Kriegsschiffe aus den
japanischen und chinesischen Gewässern oder die Abrüstung dieser
Schiffe, ferner bis zum 15. September die bedingungslose Ueber-
gabe des gesamten Pachtgebietes von Kiautschau an die japanischen
Behörden und die unbedingte Annahme dieser Forderungen bis
zum 23. d. M. verlangt wird.

Eine Antwort ist bis zum Schluß unseres Blattes noch nicht
bekannt geworden. Wenn wir auch Kiautschau aufgeben müssen,
da wir es eben im gegenwärtigen Augenblick nicht genügend
schützen können, würde dies natürlich auf den Fortgang des Krieges
nicht den mindesten Einfluß ausüben, da die Entscheidung selbst-
verständlich nicht zur See und in fernen Meeren, sondern auf

Allgemeine Zeitung 22. Auguſt 1914.
[Spaltenumbruch] da dieſes den Bundesgenoſſen Frankreichs, Rußland bekämpfe und
Frankreichs Feind, das Deutſche Reich unterſtütze. Zugleich er-
klärte der Botſchafter, daß mit Rückſicht auf das Verhalten Frank-
reichs auch Großbritannien ſich als im Kriegszuſtand mit der
Monarchie befindlich betrachte. Die Admiralität hat Befehl erteilt,
die Feindſeligkeiten gegen Oeſterreich-Ungarn zu beginnen.



Zur Vorgeſchichte des Krieges.

Wer trägt die Schuld an der unzureichenden Beantwortung,
die Serbien dem öſterreichiſchen Ultimatum erteilt hat und die dann
die unmittelbare Veranlaſſung zum franzöſiſchen Kriege geworden
iſt? Auf dieſe Frage gibt ein unterm 26. Juli, alſo unmittelbar
vor dem Ausbruch des Krieges geſchriebener Brief einen merk-
würdigen Aufſchluß, den der Berichterſtatter des Berliner
„Deutſchen Kuriers“ aus Semlin veröffentlicht und aus dem die
Bayeriſche Staatszeitung nachſtehende Hauptſtellen veröffentlicht:

In Serbien herrſcht Miniſterpräſident Paſitſch nur dem Namen
nach. In Wirklichkeit haben das Heft die Generale Jankowitſch,
Putnik und ihre Offiziere in den Händen. Das haben die Ereigniſſe
bei der Ueberreichung der ſerbiſchen Antwortnote auf das öſter-
reichiſche Ultimatum zur Evidenz bewieſen. Von einem der Regie-
rung naheſtehenden Herrn, der auch Mitglied der Skuptſchtina iſt,
und der eine vermittelnde Rolle zwiſchen Herrn Paſitſch und dem
General Jankowitſch geſpielt hat, ſind mir folgende Erklärungen
gemacht worden: Paſitſch und der Kronprinz Alexander waren bis
geſtern nachmittag um 3 Uhr für bedingungsloſe Annahme der
öſterreichiſchen Bedingungen, da ſie ſich abſolut keine ſichere Hilfe
durch Rußland verſprachen. Es war auch ſchon die Annahme der
Bedingungen formuliert. Allerdings waren in ihr einige Klauſeln
enthalten, die der ſerbiſchen Regierung eine Rückzugsdeckung vor
der öffentlichen Meinung verſchaffen ſollten. In der vierten Nach-
mittagsſtunde war man dabei, die Annahme nochmals zu redigie-
ren. Paſitſch hatte ſich inzwiſchen des Einverſtändniſſes der Mehr-
heit der Parteiführer verſichert gehabt, das um ſo bereitwilliger ge-
geben wurde, als es galt, einen großen Schlag gegen die allmächtige
Offizierspartei Serbiens zu führen, die ſich allgemach bei der Mehr-
heit des Parlaments durch ihr herausforderndes Auftreten verhaßt
gemacht hatte.
Da erhielt Jankowitſch durch irgend einen Verräter Kenntnis
von den Schritten der Regierung. Er ſtürmte mit einigen ihm
Ergebenen in den Konak, wo die Mitglieder des Miniſteriums,
einige Parteiführer und der Kronprinz noch verſammelt waren.
Nun ſoll es zu einer dramatiſch bewegten Szene gekommen ſein,
in deren Verlauf Jankowitſch durch ſeine Drohungen den Thron-
folger derart einſchüchterte, daß dieſer erklärt haben ſoll, lieber ab-
zudanken, als länger unter dem Terrorismus der eigentlichen Ge-
walthaber von Serbien zu ſtehen. Auch Paſitſch ſoll mit der Demiſ-
ſion gedroht haben. Jankowitſch lief aus dem Königspalaſt und kam
eine halbe Stunde ſpäter mit einer Anzahl Offiziere und Natio-
naliſten wieder, nachdem er vorher den Konak hatte umſtellen laſſen.
Was ſich dann im Laufe der nächſten fünf Minuten zugetragen
haben mag, iſt nach dem, was ich zu hören bekam, zu ſenſationell,
als daß ich es wiederzugeben wage. Um ein Haar, und das Blut-
bad, das Offiziere an dem König Alexander und der armen Draga
Maſchin an jener Stelle angerichtet hatten, wäre an dieſem Sams-
tag wiederholt worden, wenn nicht im letzten Augenblick die omi-
nöſe, myſteriöſe Depeſche aus Petersburg neben dem bereitgehal-
tenen Revolver in die Wagſchale geworfen worden wäre zugunſten
der Zurückziehung der fertig redigierten Annahme der öſterreichi-
ſchen Bedingungen. Der Fluch der böſen Tag, die fortzeugend ...
Daß das Volk und die Volksvertreter unter dieſen Umſtänden nicht
für den Krieg ſind, bedarf kaum einer ausdrücklichen Verſicherung.


Italiens Haltung.

Mit Rückſicht auf umlaufende Gerüchte, daß Italien gegenüber
Deutſchland und Oeſterreich-Ungarn eine wenig freundliche Haltung
einnehme, beauftragte die italieniſche Regierung ihren Berliner
Geſchäftsträger, dieſen falſchen Gerüchten entgegenzutreten. Der
italieniſche Geſchäftsträger erſuchte in Erfüllung dieſes Auftrages
das Auswärtige Amt, dieſe Ausſtreuungen für unbegründet zu er-
klären. Der italieniſche Botſchafter in Berlin, Vollati, iſt in Rom
eingetroffen.



[Spaltenumbruch]
Rumänien.

Miniſterpräſident Graf Tiſza richtete an den Abgeordneten
Alexander Vajda, den er in einer Sitzung der letzten Parlaments-
ſeſſion infolge eines von dem panſlawiſchen Agitator Gerowsſky an
Vajda gerichteten Schreibens der Teilnahme an der panſlawiſchen
Agitation beſchuldigte, ein offenes Schreiben, in dem er, anknüpfend
an eine von Vajda beim Kriegsausbruch im Bukareſter Adeverul
veröffentlichte dreibundfreundliche patriotiſche Erklärung, bereit-
willig anerkannt, daß durch Vajdas jetziges Auftreten ſeine, Tiſzas,
frühere Annahme widerlegt werde. Er fährt fort:

Wir erleben jetzt
entſcheidende Stunden. Das rumäniſche Volk muß zeigen, ob es
eine Verſtändigung und ein Zuſammenwirken mit dem Deutſchtum
und Ungartum wünſcht oder ob es ſich dem panſlawiſchen Koloß in
die Arme werfen will. Jeder Akt treuer Vaterlandsliebe bildet
heute den Granitwürfel zu dem Fundamente einer ſchöneren, mit
gegenſeitigem Vertrauen und gegenſeitiger Sympathie ſich auf-
bauenden Zukunft.


Die Türkei.

Das Wolffſche Telegraphenbureau läßt ſich von der Süd-
ſlawiſchen Korreſpondenz aus Konſtantinopel melden:

Die geſamte Oeffentlichkeit verfolgt mit zunehmender Spannung
den Verlauf der kriegeriſchen Ereigniſſe in Europa, wobei ſich die
Sympathien des Publikums und der türkiſchen Preſſe immer aus-
geſprochener der Sache der verbündeten Zentralmächte zuwenden.
Die Berichte über die deutſchen Erfolge gegen Frankreich und das
Fortſchreiten der öſterreichiſchen Aktion finden in der Konſtan-
tinopeler Preſſe den lebhafteſten Widerhall, während die Weg-
nahme der türkiſchen Kriegsſchiffe durch England fortgeſetzt den
Gegenſtand heftiger Angriffe gegen die engliſche Regierung bildet.
Ueber Gewaltakte der ruſſiſchen Truppen bei ihrem Abzug aus
den armeniſchen Grenzgebieten wird ergänzend gemeldet, daß die
Ruſſen wahre Wüſteneien hinter ſich ließen, ſowie daß ſie eine
große Zahl mohammedaniſcher Bewohner in unmenſchlicher Weiſe
töteten. Wie in der Regierung naheſtehenden Kreiſen verlautet,
wurde der türkiſche Botſchafter in Petersburg angewieſen, dieſe
Vorgänge zur Sprache zu bringen und auf die in der Türkei herr-
ſchende Stimmung als Folge dieſer Ereigniſſe hinzuweiſen.


Unſere Kolonien.

Nachrichten aus Südweſtafrika beſagen, daß das dortige Schutz-
gebiet bisher unbehelligt geblieben iſt. Auch in Kamerun hat
ſich bis jetzt nichts kriegeriſches ereignet. Von Deutſch-Oſtafrika
fehlen direkte, von der Südſee alle Nachrichten. — In Togo haben
unbedeutende Patrouillengefechte mit eingedrungenen franzöſiſchen
Truppenabteilungen ſtattgefunden, bei denen der Feind drei Tote,
die deutſchen Abteilungen keine Verluſte zu verzeichnen hatten. Auch
engliſche Truppen ſind in Togo vorgedrungen, ohne bis jetzt mit
den deutſchen Abteilungen in Berührung gekommen zu ſein.



Japan.

Kurz nach Beginn des Krieges war auch ſchon von der Haltung
Japans, den Dreibundmächten gegenüber, die Rede. Ein, wie
man jetzt ſieht, voreiliges Telegramm wußte ſogar zu melden, daß
ſich Japan Oeſterreich genähert habe, wofür Oeſterreich ſeinerſeits
ſein vollkommenes Desintereſſement zugeſichert habe, was ja ſchon
dshalb unwahrſcheinlich war, weil Oeſterreich bekanntlich in Oſtaſien
überhaupt keine Intereſſen hat. Inzwiſchen hat ſich in der zu-
wartenden Haltung Japans eine für Deutſchland bedeutungsvolle
Wendung vollzogen. Wie das Wolffſche Telegraphenbureau
offiziell meldet, hat der japaniſche Geſchäftsträger in Berlin im
Auftrage ſeiner Regierung dem Auswärtigen Amt eine Note über-
mittelt, worin unter Berufung auf das engliſch-japaniſche Bündnis
die ſofortige Zurückziehung der deutſchen Kriegsſchiffe aus den
japaniſchen und chineſiſchen Gewäſſern oder die Abrüſtung dieſer
Schiffe, ferner bis zum 15. September die bedingungsloſe Ueber-
gabe des geſamten Pachtgebietes von Kiautſchau an die japaniſchen
Behörden und die unbedingte Annahme dieſer Forderungen bis
zum 23. d. M. verlangt wird.

Eine Antwort iſt bis zum Schluß unſeres Blattes noch nicht
bekannt geworden. Wenn wir auch Kiautſchau aufgeben müſſen,
da wir es eben im gegenwärtigen Augenblick nicht genügend
ſchützen können, würde dies natürlich auf den Fortgang des Krieges
nicht den mindeſten Einfluß ausüben, da die Entſcheidung ſelbſt-
verſtändlich nicht zur See und in fernen Meeren, ſondern auf

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[520/0006] Allgemeine Zeitung 22. Auguſt 1914. da dieſes den Bundesgenoſſen Frankreichs, Rußland bekämpfe und Frankreichs Feind, das Deutſche Reich unterſtütze. Zugleich er- klärte der Botſchafter, daß mit Rückſicht auf das Verhalten Frank- reichs auch Großbritannien ſich als im Kriegszuſtand mit der Monarchie befindlich betrachte. Die Admiralität hat Befehl erteilt, die Feindſeligkeiten gegen Oeſterreich-Ungarn zu beginnen. Zur Vorgeſchichte des Krieges. Wer trägt die Schuld an der unzureichenden Beantwortung, die Serbien dem öſterreichiſchen Ultimatum erteilt hat und die dann die unmittelbare Veranlaſſung zum franzöſiſchen Kriege geworden iſt? Auf dieſe Frage gibt ein unterm 26. Juli, alſo unmittelbar vor dem Ausbruch des Krieges geſchriebener Brief einen merk- würdigen Aufſchluß, den der Berichterſtatter des Berliner „Deutſchen Kuriers“ aus Semlin veröffentlicht und aus dem die Bayeriſche Staatszeitung nachſtehende Hauptſtellen veröffentlicht: In Serbien herrſcht Miniſterpräſident Paſitſch nur dem Namen nach. In Wirklichkeit haben das Heft die Generale Jankowitſch, Putnik und ihre Offiziere in den Händen. Das haben die Ereigniſſe bei der Ueberreichung der ſerbiſchen Antwortnote auf das öſter- reichiſche Ultimatum zur Evidenz bewieſen. Von einem der Regie- rung naheſtehenden Herrn, der auch Mitglied der Skuptſchtina iſt, und der eine vermittelnde Rolle zwiſchen Herrn Paſitſch und dem General Jankowitſch geſpielt hat, ſind mir folgende Erklärungen gemacht worden: Paſitſch und der Kronprinz Alexander waren bis geſtern nachmittag um 3 Uhr für bedingungsloſe Annahme der öſterreichiſchen Bedingungen, da ſie ſich abſolut keine ſichere Hilfe durch Rußland verſprachen. Es war auch ſchon die Annahme der Bedingungen formuliert. Allerdings waren in ihr einige Klauſeln enthalten, die der ſerbiſchen Regierung eine Rückzugsdeckung vor der öffentlichen Meinung verſchaffen ſollten. In der vierten Nach- mittagsſtunde war man dabei, die Annahme nochmals zu redigie- ren. Paſitſch hatte ſich inzwiſchen des Einverſtändniſſes der Mehr- heit der Parteiführer verſichert gehabt, das um ſo bereitwilliger ge- geben wurde, als es galt, einen großen Schlag gegen die allmächtige Offizierspartei Serbiens zu führen, die ſich allgemach bei der Mehr- heit des Parlaments durch ihr herausforderndes Auftreten verhaßt gemacht hatte. Da erhielt Jankowitſch durch irgend einen Verräter Kenntnis von den Schritten der Regierung. Er ſtürmte mit einigen ihm Ergebenen in den Konak, wo die Mitglieder des Miniſteriums, einige Parteiführer und der Kronprinz noch verſammelt waren. Nun ſoll es zu einer dramatiſch bewegten Szene gekommen ſein, in deren Verlauf Jankowitſch durch ſeine Drohungen den Thron- folger derart einſchüchterte, daß dieſer erklärt haben ſoll, lieber ab- zudanken, als länger unter dem Terrorismus der eigentlichen Ge- walthaber von Serbien zu ſtehen. Auch Paſitſch ſoll mit der Demiſ- ſion gedroht haben. Jankowitſch lief aus dem Königspalaſt und kam eine halbe Stunde ſpäter mit einer Anzahl Offiziere und Natio- naliſten wieder, nachdem er vorher den Konak hatte umſtellen laſſen. Was ſich dann im Laufe der nächſten fünf Minuten zugetragen haben mag, iſt nach dem, was ich zu hören bekam, zu ſenſationell, als daß ich es wiederzugeben wage. Um ein Haar, und das Blut- bad, das Offiziere an dem König Alexander und der armen Draga Maſchin an jener Stelle angerichtet hatten, wäre an dieſem Sams- tag wiederholt worden, wenn nicht im letzten Augenblick die omi- nöſe, myſteriöſe Depeſche aus Petersburg neben dem bereitgehal- tenen Revolver in die Wagſchale geworfen worden wäre zugunſten der Zurückziehung der fertig redigierten Annahme der öſterreichi- ſchen Bedingungen. Der Fluch der böſen Tag, die fortzeugend ... Daß das Volk und die Volksvertreter unter dieſen Umſtänden nicht für den Krieg ſind, bedarf kaum einer ausdrücklichen Verſicherung. Italiens Haltung. Mit Rückſicht auf umlaufende Gerüchte, daß Italien gegenüber Deutſchland und Oeſterreich-Ungarn eine wenig freundliche Haltung einnehme, beauftragte die italieniſche Regierung ihren Berliner Geſchäftsträger, dieſen falſchen Gerüchten entgegenzutreten. Der italieniſche Geſchäftsträger erſuchte in Erfüllung dieſes Auftrages das Auswärtige Amt, dieſe Ausſtreuungen für unbegründet zu er- klären. Der italieniſche Botſchafter in Berlin, Vollati, iſt in Rom eingetroffen. Rumänien. Miniſterpräſident Graf Tiſza richtete an den Abgeordneten Alexander Vajda, den er in einer Sitzung der letzten Parlaments- ſeſſion infolge eines von dem panſlawiſchen Agitator Gerowsſky an Vajda gerichteten Schreibens der Teilnahme an der panſlawiſchen Agitation beſchuldigte, ein offenes Schreiben, in dem er, anknüpfend an eine von Vajda beim Kriegsausbruch im Bukareſter Adeverul veröffentlichte dreibundfreundliche patriotiſche Erklärung, bereit- willig anerkannt, daß durch Vajdas jetziges Auftreten ſeine, Tiſzas, frühere Annahme widerlegt werde. Er fährt fort: Wir erleben jetzt entſcheidende Stunden. Das rumäniſche Volk muß zeigen, ob es eine Verſtändigung und ein Zuſammenwirken mit dem Deutſchtum und Ungartum wünſcht oder ob es ſich dem panſlawiſchen Koloß in die Arme werfen will. Jeder Akt treuer Vaterlandsliebe bildet heute den Granitwürfel zu dem Fundamente einer ſchöneren, mit gegenſeitigem Vertrauen und gegenſeitiger Sympathie ſich auf- bauenden Zukunft. Die Türkei. Das Wolffſche Telegraphenbureau läßt ſich von der Süd- ſlawiſchen Korreſpondenz aus Konſtantinopel melden: Die geſamte Oeffentlichkeit verfolgt mit zunehmender Spannung den Verlauf der kriegeriſchen Ereigniſſe in Europa, wobei ſich die Sympathien des Publikums und der türkiſchen Preſſe immer aus- geſprochener der Sache der verbündeten Zentralmächte zuwenden. Die Berichte über die deutſchen Erfolge gegen Frankreich und das Fortſchreiten der öſterreichiſchen Aktion finden in der Konſtan- tinopeler Preſſe den lebhafteſten Widerhall, während die Weg- nahme der türkiſchen Kriegsſchiffe durch England fortgeſetzt den Gegenſtand heftiger Angriffe gegen die engliſche Regierung bildet. Ueber Gewaltakte der ruſſiſchen Truppen bei ihrem Abzug aus den armeniſchen Grenzgebieten wird ergänzend gemeldet, daß die Ruſſen wahre Wüſteneien hinter ſich ließen, ſowie daß ſie eine große Zahl mohammedaniſcher Bewohner in unmenſchlicher Weiſe töteten. Wie in der Regierung naheſtehenden Kreiſen verlautet, wurde der türkiſche Botſchafter in Petersburg angewieſen, dieſe Vorgänge zur Sprache zu bringen und auf die in der Türkei herr- ſchende Stimmung als Folge dieſer Ereigniſſe hinzuweiſen. Unſere Kolonien. Nachrichten aus Südweſtafrika beſagen, daß das dortige Schutz- gebiet bisher unbehelligt geblieben iſt. Auch in Kamerun hat ſich bis jetzt nichts kriegeriſches ereignet. Von Deutſch-Oſtafrika fehlen direkte, von der Südſee alle Nachrichten. — In Togo haben unbedeutende Patrouillengefechte mit eingedrungenen franzöſiſchen Truppenabteilungen ſtattgefunden, bei denen der Feind drei Tote, die deutſchen Abteilungen keine Verluſte zu verzeichnen hatten. Auch engliſche Truppen ſind in Togo vorgedrungen, ohne bis jetzt mit den deutſchen Abteilungen in Berührung gekommen zu ſein. Japan. Kurz nach Beginn des Krieges war auch ſchon von der Haltung Japans, den Dreibundmächten gegenüber, die Rede. Ein, wie man jetzt ſieht, voreiliges Telegramm wußte ſogar zu melden, daß ſich Japan Oeſterreich genähert habe, wofür Oeſterreich ſeinerſeits ſein vollkommenes Desintereſſement zugeſichert habe, was ja ſchon dshalb unwahrſcheinlich war, weil Oeſterreich bekanntlich in Oſtaſien überhaupt keine Intereſſen hat. Inzwiſchen hat ſich in der zu- wartenden Haltung Japans eine für Deutſchland bedeutungsvolle Wendung vollzogen. Wie das Wolffſche Telegraphenbureau offiziell meldet, hat der japaniſche Geſchäftsträger in Berlin im Auftrage ſeiner Regierung dem Auswärtigen Amt eine Note über- mittelt, worin unter Berufung auf das engliſch-japaniſche Bündnis die ſofortige Zurückziehung der deutſchen Kriegsſchiffe aus den japaniſchen und chineſiſchen Gewäſſern oder die Abrüſtung dieſer Schiffe, ferner bis zum 15. September die bedingungsloſe Ueber- gabe des geſamten Pachtgebietes von Kiautſchau an die japaniſchen Behörden und die unbedingte Annahme dieſer Forderungen bis zum 23. d. M. verlangt wird. Eine Antwort iſt bis zum Schluß unſeres Blattes noch nicht bekannt geworden. Wenn wir auch Kiautſchau aufgeben müſſen, da wir es eben im gegenwärtigen Augenblick nicht genügend ſchützen können, würde dies natürlich auf den Fortgang des Krieges nicht den mindeſten Einfluß ausüben, da die Entſcheidung ſelbſt- verſtändlich nicht zur See und in fernen Meeren, ſondern auf

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 34, 22. August 1914, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine34_1914/6>, abgerufen am 21.11.2024.