Allgemeine Zeitung, Nr. 36, 5. Februar 1850.[Spaltenumbruch]
suche die Schaaren unter einem andern Namen zu vereinigen mißlungen Berlin, 1 Febr. Der definitive Beschluß der königl. Botschaft, Berlin, 1 Febr. (Morgens.) In der von mir gestern berühr- Berlin, 3 Febr. Ueber den am Mittwoch stattfindenden feierlichen als gewählt: in Bonn Justizrath Prof. Bauerband; in Friedeberg i. d. N. Rentier Rehmann; in Drossen Justizrath Tannen; in Guben Kreis- gerichts-Director Calow; in Landsberg Superintendent Oberheim; in Brieg Major v. Vincke; in Görlitz Assessor Platner; in Stendal Graf Alvensleben; in Aschersleben Geh. Kriegsrath Fleck; in Halberstadt Ge- neral-Director Kühne; in Weißenfels Assessor Ulrici; in Merseburg Graf Keller; in Gollnow Apellationsgerichtsrath Goldtammer; auf Rügen Geh. Legationsrath v. Usedom; in Elbing der commissar. Oberpräsident Flott- well; in Münster Domdechant Ritter in Breslau; in Schweidnitz Dr. Bayer; in Bunzlau Staatsanwalt v. Prittwitz (zweimal); in Neiße Major v. Vincke (zweimal); in Ratibor Landrath Wichura; in Posen Minister Flottwell. Bacharach, 30 Januar. Das Rheinwasser ist hier durch Gr. Mecklenburg.Schwerin, 31 Jan. Nach Erfurt gewählt Oesterreich.-- Wien, 1 Febr. Beim Durchlesen der österreichi- [Spaltenumbruch]
ſuche die Schaaren unter einem andern Namen zu vereinigen mißlungen ☿ Berlin, 1 Febr. Der definitive Beſchluß der königl. Botſchaft, ☿ Berlin, 1 Febr. (Morgens.) In der von mir geſtern berühr- Berlin, 3 Febr. Ueber den am Mittwoch ſtattfindenden feierlichen als gewählt: in Bonn Juſtizrath Prof. Bauerband; in Friedeberg i. d. N. Rentier Rehmann; in Droſſen Juſtizrath Tannen; in Guben Kreis- gerichts-Director Calow; in Landsberg Superintendent Oberheim; in Brieg Major v. Vincke; in Görlitz Aſſeſſor Platner; in Stendal Graf Alvensleben; in Aſchersleben Geh. Kriegsrath Fleck; in Halberſtadt Ge- neral-Director Kühne; in Weißenfels Aſſeſſor Ulrici; in Merſeburg Graf Keller; in Gollnow Apellationsgerichtsrath Goldtammer; auf Rügen Geh. Legationsrath v. Uſedom; in Elbing der commiſſar. Oberpräſident Flott- well; in Münſter Domdechant Ritter in Breslau; in Schweidnitz Dr. Bayer; in Bunzlau Staatsanwalt v. Prittwitz (zweimal); in Neiße Major v. Vincke (zweimal); in Ratibor Landrath Wichura; in Poſen Miniſter Flottwell. Bacharach, 30 Januar. Das Rheinwaſſer iſt hier durch Gr. Mecklenburg.Schwerin, 31 Jan. Nach Erfurt gewählt Oeſterreich.— Wien, 1 Febr. Beim Durchleſen der öſterreichi- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <div type="jComment" n="3"> <p><pb facs="#f0004" n="564"/><cb/> ſuche die Schaaren unter einem andern Namen zu vereinigen mißlungen<lb/> waren, und das, nachdem Hr. v. Patow ſich ſelbſt aus Gründen zurückge-<lb/> zogen hatte welche die perſönliche Achtung für denſelben dermaßen ge-<lb/> ſchwächt hatten daß viele der eifrigſten Parteigänger lieber perſönlich zu<lb/> dem ſonſt ehrenfeſten Grafen Brandenburg übergegangen wären. Der<lb/> principielle Glaube ſiegte über dieſe Rückſichten, vielleicht war etwas noch<lb/> ſchmerzlicher, die Wahrnehmung daß diejenigen oder derjenige welcher<lb/> dieſe Conſtitutionellen, die ſich unter der Fahne Heinrichs v. Gagern zu-<lb/> erſt verſammelt, zum Uebergang zur Fahne Patows überredet, und für<lb/> dieſen mit beſonderer Vorliebe das Wort geredet hatte, nachher zum Gra-<lb/> fen Brandenburg überging! Die Vermuthung liegt alſo ſehr nahe daß<lb/> hier eine Intrigue geſpielt worden, von der man ſonſt in Deutſchland ſich<lb/> fern und frei glaubte. Beamteten und Lehrern die gegen den Miniſterprä-<lb/> ſidenten zu ſtimmen Anſtand nahmen, weil ihnen das in ihrer Laufbahn<lb/> hinderlich werden könnte, wollen wir das nicht verargen, denn nicht allein<lb/> der Name Weib bedeutet Schwäche, aber eine ſolche Rückſicht berechtigt<lb/> doch noch nicht zu einem ſolchen trügeriſchen Spiele. Manteuffels Wahl<lb/> war von Anbeginn ſo gut wie geſichert im dritten Wahlkreiſe, und gegen<lb/> Bodelſchwinghs Sieg im vierten Kreiſe mögen wir ebenſowenig etwas<lb/> einwenden, da ſie alle, wenn auch unter andern Modificationen, zur Sache<lb/> des Bundesſtaats treu ſtehen. Da der Widerſtand in beiden Kreiſen ge-<lb/> ring war, hätte man faſt gewünſcht daß man ihn ganz aufgegeben hätte.<lb/> Ob aber Hrn. v. Manteuffels Wunſch, daß alle Preußen in Erfurt zu ei-<lb/> ner Fahne halten und keine Fractionen bilden ſollen, durchgehen wird,<lb/> ſteht ſehr dahin. Mit Vergnügen nehmen wir dagegen ſeine Verſicherung<lb/> entgegen daß er dort hoffe mit Heinrich v. Gagern Hand in Hand zu ge-<lb/> hen zur Förderung des einigen Deutſchlands.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>☿ <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 1 Febr.</dateline> <p>Der definitive Beſchluß der königl. Botſchaft,<lb/> die heute in beiden Kammern verleſen wurde, iſt ſicherm Vernehmen nach<lb/> erſt in einen geſteru zu Bellevue abgehaltenen Miniſterrath gefaßt worden.<lb/> Es ſoll derſelbe nicht ohne Kämpfe herbeigeführt worden ſeyn. Die Beſchwö-<lb/> rung der Verfaſſung wird im weißen Saale des königlichen Schloſſes<lb/> ſtattfinden. Nach der feierlichen Handlung wird im Schloſſe große Tafel<lb/> ſeyn, zu der die Abgeordneten der beiden Kammern zugezogen werden.<lb/> Die Fraction die in Kleiſt-Retzow und Bismark-Schönhauſen ihre Füh-<lb/> rer ſieht und in Erfurt zahlreich genug vertreten ſeyn wird, hat in den<lb/> letzten Tagen beſchloſſen den Ausbau des deutſchen Bundesſtaats im Sinne<lb/> der Regierung zu unterſtützen. In der erſten Kammer übergab heute der<lb/> Abg. Ritter eine Erklärung der katholiſchen Geiſtlichen beider Kammern<lb/> und wünſchte ſie vorzutragen. Der Präſident konnte ihm dieß aber nach<lb/> der Geſchäſtsordnung nicht geſtatten. Ohne Zweifel enthält dieſe Ein-<lb/> gabe eine Verwahrung gegen die aus gewiſſen Verfaſſungsparagraphen<lb/> zu ziehenden Conſequenzen, wie ſie der Abg. Ritter letzthin in der Kam-<lb/> mer ſchon ausgeſprochen hat. Die Verſammlung berieth hierauf einen<lb/> Geſetzentwurf betreffend die Verpflichtung der Gemeinden zum Erſatz des<lb/> bei öffentlichen Aufläufen verurſachten Schadens. Der Miniſter des In-<lb/> nern bemerkte zur Empfehlung des Geſetzes: den Gemeinden ſey die Frei-<lb/> heit gelaſſen eine Schutzwehr zu errichten; thäten ſie das nicht, ſo ſeyen<lb/> ſie zum Schadenerſatz verpflichtet. Nach den von vielen Seiten an die<lb/> Regierung ergangenen Anforderungen glaube er daß durch den Erlaß des<lb/> Geſetzes einem weſentlichen Bedürfniſſe genügt werde. Nach einer län-<lb/> gern Debatte, in der ſich Wachler und Rönne gegen das „jetzt nicht mehr<lb/> nöthige“ Geſetz erklären, wird dasſelbe mit einigen Modificationen ange-<lb/> nommen. In der zweiten Kammer theilt der Finanzminiſter in Rückſicht<lb/> auf einen eingereichten dringlichen Antrag mit daß in kurzem eine Vor-<lb/> lage wegen Bildung einer Staatsſchulden-Tilgungs-Commiſſion, zu der<lb/> Mitglieder beider Kammern gehören ſollen, erfolgen werde. Ein Antrag<lb/> von Harkort wegen einiger den Bergbau betreffender Gegenſtände wird an<lb/> die Bergwerkscommiſſion gewieſen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>☿ <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 1 Febr. (Morgens.)</dateline> <p>In der von mir geſtern berühr-<lb/> ten Frage, ob der Rechtsweg gegen Hannover und Sachſen beim Bundes-<lb/> ſchiedsgericht bereits jetzt einzuſchlagen ſey oder nicht, hat der Verfaſſungs-<lb/> ausſchuß des Verwaltungsraths unter andern auch das Gutachten des<lb/> preußiſchen Cabinets eingeholt. Letzteres forderte nun ſeinerſeits von<lb/> den bedeutendſten Staatsrechtslehrern ein ſtaatsrechtliches Gutachten über<lb/> die Vorfrage ein: ob ein Vertragsbruch von Seite der erwähnten beiden<lb/> Regierungen, veranlaßt durch ihre letzten Schritte bereits vorliege, und<lb/> der Weg Rechtens mit Erfolg zu betreten ſey? Die Antwort darauf<lb/> ſcheint bejahend ausgefallen zu ſeyn. In dieſen Tagen wird auch die preu-<lb/> ßiſche Beantwortung des däniſchen Expoſé erfolgen. Wie ich in Erfah-<lb/> rung gebracht, ſoll darin Schritt für Schritt den däniſchen Unterhändlern<lb/> nachgewieſen werden daß ſie ſich gänzlich von der Baſis der Friedensprä-<lb/> liminarien entfernt hätten. Preußen wird ſich nicht um eines Haares<lb/> Breit davon zurückbringen laſſen. Bei den Beſtimmungen über die „Selb-<lb/> ſtändigkeit“ und ſonſtigen wichtigen Punkte iſt der hier anweſende Depar-<lb/><cb/> temenischef des Aeußern in der Statthalterſchaft, Hr. Harbou, preußiſcher-<lb/> ſeits zugezogen worden. Das letzte nicht zu rechtfertigende Verfahren<lb/> der Dänen gegen die ſchleswig-holſteiniſchen Vertrauensmänner, ſowie<lb/> die Agitation in der engliſchen Preſſe gegen Preußen hat die Aufgabe der<lb/> däniſchen Bevollmächtigten hier ſehr erſchwert. — Heute iſt die königliche<lb/> Botſchaft an die Kammern gelangt, welche die Beeidigung der Verfaſſung<lb/> auf den 6 Febr. feſtſetzt. Der weiße Saal des königlichen Schloſſes wird<lb/> zu dieſem Zweck ſchon in Bereitſchaft geſetzt und geheizt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 3 Febr.</dateline> <p>Ueber den am Mittwoch ſtattfindenden feierlichen<lb/> Act der Veſchwörung der Verfaſſung erfährt man folgendes: „Um<lb/> 11 Uhr verſammeln ſich die Mitglieder beider Kammern im Ritterſaal des<lb/> königl. Schloſſes. Der Miniſterpräſident eröffnet die Verſammlung und<lb/> erſtattet Sr. Maj. die Anzeige daß die Kammern verſammelt ſind. Se.<lb/> Maj. erſcheint unter dem Vortritte des Staatsminiſteriums und nimmt<lb/> auf dem Throne Platz. Se. Maj. ſpricht darauf das eidliche Gelöbniß<lb/> aus. Der Protokollführer verliest demnach den Eid der Staatsminiſter,<lb/> welche einzeln vor den Thron treten und mit den Worten: „Ich ſchwöre,<lb/> ſo wahr mit Gott helfe,“ den Verfaſſungseid leiſten. In gleicher Weiſe<lb/> erfolgt die Beeidigung der beiden Kammerpräſidenten. Die Protokoll-<lb/> führer der beiden Kammern rufen hierauf die Kammermitglieder auf<lb/> welche einzeln in gleicher Weiſe an den Stufen des Throns den Eid able-<lb/> gen. Nachdem Se. Maj. den Saal verlaſſen, erklärt der Miniſterpräſident<lb/> die Verſammlung für geſchloſſen. Um 2 Uhr findet königl. Tafel im<lb/> weißen Saale ſtatt, zu welcher ſämmtliche Kammermitglieder gezogen<lb/> werden. (C. B.)</p><lb/> <trailer>Die neueren Nachrichten über die Wahlen nach <hi rendition="#g">Erfurt</hi> nennen<lb/> als gewählt: in Bonn Juſtizrath Prof. Bauerband; in Friedeberg i. d. N.<lb/> Rentier Rehmann; in Droſſen Juſtizrath Tannen; in Guben Kreis-<lb/> gerichts-Director Calow; in Landsberg Superintendent Oberheim; in<lb/> Brieg Major v. Vincke; in Görlitz Aſſeſſor Platner; in Stendal Graf<lb/> Alvensleben; in Aſchersleben Geh. Kriegsrath Fleck; in Halberſtadt Ge-<lb/> neral-Director Kühne; in Weißenfels Aſſeſſor Ulrici; in Merſeburg Graf<lb/> Keller; in Gollnow Apellationsgerichtsrath Goldtammer; auf Rügen Geh.<lb/> Legationsrath v. Uſedom; in Elbing der commiſſar. Oberpräſident Flott-<lb/> well; in Münſter Domdechant Ritter in Breslau; in Schweidnitz <hi rendition="#aq">Dr.</hi><lb/><hi rendition="#g">Bayer;</hi> in Bunzlau Staatsanwalt v. Prittwitz (zweimal); in Neiße<lb/> Major v. Vincke (zweimal); in Ratibor Landrath Wichura; in Poſen<lb/> Miniſter Flottwell.</trailer> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Bacharach,</hi> 30 Januar.</dateline> <p>Das Rheinwaſſer iſt hier durch<lb/> den Eisgang ſo geſchwellt, daß es auf dem Marktplatz 8 Fuß hoch ſteht.<lb/> Aus Caub und Lorch wird berichtet: die dießmalige Waſſerhöhe übertreffe<lb/> noch die von 1813, die in den letzten 37 Jahren nicht wieder erreicht war.<lb/> Die Verbindung iſt allenthalben geſtört, jedoch wird aus Caub vom 30<lb/> Jan. Nachmittags in der F. D. P. Z. angegeben, das Waſſer fange lang-<lb/> ſam an zu fallen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head><hi rendition="#g">Gr. 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Correſpondent,“ das bekannte Organ des Fürſten<lb/> Schwarzenberg, noch keine Sylbe über die neueſten Vorgänge in Griechen-<lb/> land, obſchon „Wanderer,“ „Lloyd“ und die „Oeſterr. Correſpondenz“ die<lb/> Hauptmomente derſelben bis zum 22 Jan. ihren Leſern mittheilen. Iſt<lb/> man im Miniſterium des Auswärtigen noch nicht mit ſich im Reinen über<lb/> die Auffaſſung dieſes plumpſten aller Friedensbrüche? Die letzten Conſe-<lb/> quenzen der öſterreichiſchen, deutſchen, franzöſiſchen, ruſſiſchen wie griechi-<lb/> ſchen Intereſſen führen zu einem ſolidariſchen Flotten- wie Handelskriege<lb/> gegen eine Macht welche die Würde des Staats den brutalſten Gelüſten<lb/> preisgibt. Daß einem ſolchen unvorhergeſehenen Ereigniſſe gegenüber<lb/> von einem Miniſterwechſel in Oeſterreich jetzt keine Rede mehr ſeyn kann,<lb/> daß der Einheitsſtaat in ſeiner ganzen Straffheit aufrechterhalten werden<lb/> muß um nach außen alle nur mögliche Kraft entwickeln zu können, verſteht<lb/> ſich von ſelbſt. Oder glaubt man vielleicht der Kaiſerſtaat, der bis jetzt<lb/> noch einzig und allein nach dem Mittelmeer abdacht, könne ruhig zuſchauen<lb/> wenn der bisherige Beſitzſtand in dieſem Binnenſee in ſolcher Weiſe<lb/> geſtört wird? Er dürfe ein derartiges Präjudiz, welches ebenſo gut ge-<lb/> gen das den Engländern ſchon lange verhaßte Trieſt einſt angewandt wer-<lb/> den kann, aufkommen laſſen? Großbritannien würde wahrhaftig nicht<lb/> ſäumen dieſe zweite Rivalin ſeines Malta bei Gelegenheit ebenſo zu ver-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [564/0004]
ſuche die Schaaren unter einem andern Namen zu vereinigen mißlungen
waren, und das, nachdem Hr. v. Patow ſich ſelbſt aus Gründen zurückge-
zogen hatte welche die perſönliche Achtung für denſelben dermaßen ge-
ſchwächt hatten daß viele der eifrigſten Parteigänger lieber perſönlich zu
dem ſonſt ehrenfeſten Grafen Brandenburg übergegangen wären. Der
principielle Glaube ſiegte über dieſe Rückſichten, vielleicht war etwas noch
ſchmerzlicher, die Wahrnehmung daß diejenigen oder derjenige welcher
dieſe Conſtitutionellen, die ſich unter der Fahne Heinrichs v. Gagern zu-
erſt verſammelt, zum Uebergang zur Fahne Patows überredet, und für
dieſen mit beſonderer Vorliebe das Wort geredet hatte, nachher zum Gra-
fen Brandenburg überging! Die Vermuthung liegt alſo ſehr nahe daß
hier eine Intrigue geſpielt worden, von der man ſonſt in Deutſchland ſich
fern und frei glaubte. Beamteten und Lehrern die gegen den Miniſterprä-
ſidenten zu ſtimmen Anſtand nahmen, weil ihnen das in ihrer Laufbahn
hinderlich werden könnte, wollen wir das nicht verargen, denn nicht allein
der Name Weib bedeutet Schwäche, aber eine ſolche Rückſicht berechtigt
doch noch nicht zu einem ſolchen trügeriſchen Spiele. Manteuffels Wahl
war von Anbeginn ſo gut wie geſichert im dritten Wahlkreiſe, und gegen
Bodelſchwinghs Sieg im vierten Kreiſe mögen wir ebenſowenig etwas
einwenden, da ſie alle, wenn auch unter andern Modificationen, zur Sache
des Bundesſtaats treu ſtehen. Da der Widerſtand in beiden Kreiſen ge-
ring war, hätte man faſt gewünſcht daß man ihn ganz aufgegeben hätte.
Ob aber Hrn. v. Manteuffels Wunſch, daß alle Preußen in Erfurt zu ei-
ner Fahne halten und keine Fractionen bilden ſollen, durchgehen wird,
ſteht ſehr dahin. Mit Vergnügen nehmen wir dagegen ſeine Verſicherung
entgegen daß er dort hoffe mit Heinrich v. Gagern Hand in Hand zu ge-
hen zur Förderung des einigen Deutſchlands.
☿ Berlin, 1 Febr. Der definitive Beſchluß der königl. Botſchaft,
die heute in beiden Kammern verleſen wurde, iſt ſicherm Vernehmen nach
erſt in einen geſteru zu Bellevue abgehaltenen Miniſterrath gefaßt worden.
Es ſoll derſelbe nicht ohne Kämpfe herbeigeführt worden ſeyn. Die Beſchwö-
rung der Verfaſſung wird im weißen Saale des königlichen Schloſſes
ſtattfinden. Nach der feierlichen Handlung wird im Schloſſe große Tafel
ſeyn, zu der die Abgeordneten der beiden Kammern zugezogen werden.
Die Fraction die in Kleiſt-Retzow und Bismark-Schönhauſen ihre Füh-
rer ſieht und in Erfurt zahlreich genug vertreten ſeyn wird, hat in den
letzten Tagen beſchloſſen den Ausbau des deutſchen Bundesſtaats im Sinne
der Regierung zu unterſtützen. In der erſten Kammer übergab heute der
Abg. Ritter eine Erklärung der katholiſchen Geiſtlichen beider Kammern
und wünſchte ſie vorzutragen. Der Präſident konnte ihm dieß aber nach
der Geſchäſtsordnung nicht geſtatten. Ohne Zweifel enthält dieſe Ein-
gabe eine Verwahrung gegen die aus gewiſſen Verfaſſungsparagraphen
zu ziehenden Conſequenzen, wie ſie der Abg. Ritter letzthin in der Kam-
mer ſchon ausgeſprochen hat. Die Verſammlung berieth hierauf einen
Geſetzentwurf betreffend die Verpflichtung der Gemeinden zum Erſatz des
bei öffentlichen Aufläufen verurſachten Schadens. Der Miniſter des In-
nern bemerkte zur Empfehlung des Geſetzes: den Gemeinden ſey die Frei-
heit gelaſſen eine Schutzwehr zu errichten; thäten ſie das nicht, ſo ſeyen
ſie zum Schadenerſatz verpflichtet. Nach den von vielen Seiten an die
Regierung ergangenen Anforderungen glaube er daß durch den Erlaß des
Geſetzes einem weſentlichen Bedürfniſſe genügt werde. Nach einer län-
gern Debatte, in der ſich Wachler und Rönne gegen das „jetzt nicht mehr
nöthige“ Geſetz erklären, wird dasſelbe mit einigen Modificationen ange-
nommen. In der zweiten Kammer theilt der Finanzminiſter in Rückſicht
auf einen eingereichten dringlichen Antrag mit daß in kurzem eine Vor-
lage wegen Bildung einer Staatsſchulden-Tilgungs-Commiſſion, zu der
Mitglieder beider Kammern gehören ſollen, erfolgen werde. Ein Antrag
von Harkort wegen einiger den Bergbau betreffender Gegenſtände wird an
die Bergwerkscommiſſion gewieſen.
☿ Berlin, 1 Febr. (Morgens.) In der von mir geſtern berühr-
ten Frage, ob der Rechtsweg gegen Hannover und Sachſen beim Bundes-
ſchiedsgericht bereits jetzt einzuſchlagen ſey oder nicht, hat der Verfaſſungs-
ausſchuß des Verwaltungsraths unter andern auch das Gutachten des
preußiſchen Cabinets eingeholt. Letzteres forderte nun ſeinerſeits von
den bedeutendſten Staatsrechtslehrern ein ſtaatsrechtliches Gutachten über
die Vorfrage ein: ob ein Vertragsbruch von Seite der erwähnten beiden
Regierungen, veranlaßt durch ihre letzten Schritte bereits vorliege, und
der Weg Rechtens mit Erfolg zu betreten ſey? Die Antwort darauf
ſcheint bejahend ausgefallen zu ſeyn. In dieſen Tagen wird auch die preu-
ßiſche Beantwortung des däniſchen Expoſé erfolgen. Wie ich in Erfah-
rung gebracht, ſoll darin Schritt für Schritt den däniſchen Unterhändlern
nachgewieſen werden daß ſie ſich gänzlich von der Baſis der Friedensprä-
liminarien entfernt hätten. Preußen wird ſich nicht um eines Haares
Breit davon zurückbringen laſſen. Bei den Beſtimmungen über die „Selb-
ſtändigkeit“ und ſonſtigen wichtigen Punkte iſt der hier anweſende Depar-
temenischef des Aeußern in der Statthalterſchaft, Hr. Harbou, preußiſcher-
ſeits zugezogen worden. Das letzte nicht zu rechtfertigende Verfahren
der Dänen gegen die ſchleswig-holſteiniſchen Vertrauensmänner, ſowie
die Agitation in der engliſchen Preſſe gegen Preußen hat die Aufgabe der
däniſchen Bevollmächtigten hier ſehr erſchwert. — Heute iſt die königliche
Botſchaft an die Kammern gelangt, welche die Beeidigung der Verfaſſung
auf den 6 Febr. feſtſetzt. Der weiße Saal des königlichen Schloſſes wird
zu dieſem Zweck ſchon in Bereitſchaft geſetzt und geheizt.
Berlin, 3 Febr. Ueber den am Mittwoch ſtattfindenden feierlichen
Act der Veſchwörung der Verfaſſung erfährt man folgendes: „Um
11 Uhr verſammeln ſich die Mitglieder beider Kammern im Ritterſaal des
königl. Schloſſes. Der Miniſterpräſident eröffnet die Verſammlung und
erſtattet Sr. Maj. die Anzeige daß die Kammern verſammelt ſind. Se.
Maj. erſcheint unter dem Vortritte des Staatsminiſteriums und nimmt
auf dem Throne Platz. Se. Maj. ſpricht darauf das eidliche Gelöbniß
aus. Der Protokollführer verliest demnach den Eid der Staatsminiſter,
welche einzeln vor den Thron treten und mit den Worten: „Ich ſchwöre,
ſo wahr mit Gott helfe,“ den Verfaſſungseid leiſten. In gleicher Weiſe
erfolgt die Beeidigung der beiden Kammerpräſidenten. Die Protokoll-
führer der beiden Kammern rufen hierauf die Kammermitglieder auf
welche einzeln in gleicher Weiſe an den Stufen des Throns den Eid able-
gen. Nachdem Se. Maj. den Saal verlaſſen, erklärt der Miniſterpräſident
die Verſammlung für geſchloſſen. Um 2 Uhr findet königl. Tafel im
weißen Saale ſtatt, zu welcher ſämmtliche Kammermitglieder gezogen
werden. (C. B.)
Die neueren Nachrichten über die Wahlen nach Erfurt nennen
als gewählt: in Bonn Juſtizrath Prof. Bauerband; in Friedeberg i. d. N.
Rentier Rehmann; in Droſſen Juſtizrath Tannen; in Guben Kreis-
gerichts-Director Calow; in Landsberg Superintendent Oberheim; in
Brieg Major v. Vincke; in Görlitz Aſſeſſor Platner; in Stendal Graf
Alvensleben; in Aſchersleben Geh. Kriegsrath Fleck; in Halberſtadt Ge-
neral-Director Kühne; in Weißenfels Aſſeſſor Ulrici; in Merſeburg Graf
Keller; in Gollnow Apellationsgerichtsrath Goldtammer; auf Rügen Geh.
Legationsrath v. Uſedom; in Elbing der commiſſar. Oberpräſident Flott-
well; in Münſter Domdechant Ritter in Breslau; in Schweidnitz Dr.
Bayer; in Bunzlau Staatsanwalt v. Prittwitz (zweimal); in Neiße
Major v. Vincke (zweimal); in Ratibor Landrath Wichura; in Poſen
Miniſter Flottwell.
Bacharach, 30 Januar. Das Rheinwaſſer iſt hier durch
den Eisgang ſo geſchwellt, daß es auf dem Marktplatz 8 Fuß hoch ſteht.
Aus Caub und Lorch wird berichtet: die dießmalige Waſſerhöhe übertreffe
noch die von 1813, die in den letzten 37 Jahren nicht wieder erreicht war.
Die Verbindung iſt allenthalben geſtört, jedoch wird aus Caub vom 30
Jan. Nachmittags in der F. D. P. Z. angegeben, das Waſſer fange lang-
ſam an zu fallen.
Gr. Mecklenburg.Schwerin, 31 Jan. Nach Erfurt gewählt
find: in Ludwigsluſt Dr. Sprengel; in Wismar Prof. Beſeler; in Roſtock
Oberappellationsrath Kierulff.
Oeſterreich.— Wien, 1 Febr. Beim Durchleſen der öſterreichi-
ſchen Zeitungen ſind uns heute zwei kleine techniſche Bemerkungen aufge-
ſtoßen; nämlich der „Lloyd“ bringt den neueſten Bankausweis zu derſel-
ben Zeit wie die Reichszeitung und zwar in amtlicher Form, während er
ihn bisher immer einen Tag ſpäter der Wiener Zeitung entlehnen mußte
— ein Beweis daß die Bankdirection ihrem gefährlichen Gegner ja keinen
Anlaß zu perſönlicher Unzufriedenheit zu geben beſtrebt iſt; und zweitens
enthält der „Oeſterr. Correſpondent,“ das bekannte Organ des Fürſten
Schwarzenberg, noch keine Sylbe über die neueſten Vorgänge in Griechen-
land, obſchon „Wanderer,“ „Lloyd“ und die „Oeſterr. Correſpondenz“ die
Hauptmomente derſelben bis zum 22 Jan. ihren Leſern mittheilen. Iſt
man im Miniſterium des Auswärtigen noch nicht mit ſich im Reinen über
die Auffaſſung dieſes plumpſten aller Friedensbrüche? Die letzten Conſe-
quenzen der öſterreichiſchen, deutſchen, franzöſiſchen, ruſſiſchen wie griechi-
ſchen Intereſſen führen zu einem ſolidariſchen Flotten- wie Handelskriege
gegen eine Macht welche die Würde des Staats den brutalſten Gelüſten
preisgibt. Daß einem ſolchen unvorhergeſehenen Ereigniſſe gegenüber
von einem Miniſterwechſel in Oeſterreich jetzt keine Rede mehr ſeyn kann,
daß der Einheitsſtaat in ſeiner ganzen Straffheit aufrechterhalten werden
muß um nach außen alle nur mögliche Kraft entwickeln zu können, verſteht
ſich von ſelbſt. Oder glaubt man vielleicht der Kaiſerſtaat, der bis jetzt
noch einzig und allein nach dem Mittelmeer abdacht, könne ruhig zuſchauen
wenn der bisherige Beſitzſtand in dieſem Binnenſee in ſolcher Weiſe
geſtört wird? Er dürfe ein derartiges Präjudiz, welches ebenſo gut ge-
gen das den Engländern ſchon lange verhaßte Trieſt einſt angewandt wer-
den kann, aufkommen laſſen? Großbritannien würde wahrhaftig nicht
ſäumen dieſe zweite Rivalin ſeines Malta bei Gelegenheit ebenſo zu ver-
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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