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Allgemeine Zeitung, Nr. 37, 6. Februar 1850.

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[Spaltenumbruch] lich, immer hieß es, selbst in jenem Moment: "Du mußt glauben, du
mußt wagen!" -- die Götter leihen kein Pfand, sie leihen keine solche
Garantien durch die das menschliche Leben zum reinen Mechanismus her-
absinken würde; aber wenn zu irgendeiner Zeit, so war damals ein
frisches Wagen halber Gewinn. Die Gemüther waren mehr als je ge-
eint; die Wünsche des Proletariers selbst bekamen für einen Augenblick
einen idealen Anflug, und die Wahlen würden eben deßhalb so ausge-
fallen seyn daß man hätte regieren und nöthigenfalls kriegen und siegen
können, wenn man nur der Mann dazu gewesen wäre.

Was im allgemeinen für Deutschland gilt, das gilt mutatis mutan-
dis
auch für Hamburg und in Betreff der von der constituirenden Ver-
sammlung beschlossenen Verfassung. Ich schilderte Ihnen in meinem
letzten Artikel wie lebhaft man gerade gegen die von ihr ausgesprochene
Anerkennung der politischen Berechtigung aller Staatsangehörigen
kämpfte. Es ist wahr, sie hätte sich gern damit begnügen können nur
dem Gemeindebürger das Wahlrecht zuzuerkennen, falls sie nur nicht die-
ses Bürgerrecht, wie es seltsamerweise die 2200 forderten, von dem Nach-
weis eines genügenden Erwerbs abhängig machte. Zwar unterscheidet
sich Gemeinde- und Staatsbürgerrecht nur dadurch daß jenes durch eine
gewisse Abgabe an den Staatsschatz erworben wird, und diese Abgabe
bildet gewiß kein Kriterium für politische Befähigung und kein Aequi-
valent für das Wahlrecht; aber der Name Bürger im Sinne des
Gemeindebürgers hat einmal einen mehr historischen, einen solideren
Klang als der moderne, abstracte Begriff des Staatsbürgers, und die
Schranke die er zieht, ist noch immer weit genug. Andererseits jedoch
war es eine sehr furchtsame Uebertreibung, wenn man in dem allgemeinen
Wahlrecht Hamburgs Untergang sah. Wäre die neue Verfassung frisch-
weg eingeführt worden -- in demselben Augenblick hätte bei weitem der
größte Theil der constituirenden Partei eine sehr conservative Richtung
eingeschlagen, und die Gassen-Demokratie wäre ebenso machtlos geworden
als sie es jetzt ist durch die preußischen Bajonette.

Es liegt nahe gegen diese Ansicht die bekannten Excesse anzuführen
die in der Nacht des 13 August gegen die preußischen Truppen verübt
wurden, und aus ihnen den Beweis zu entlehnen wie sehr demoralisirt die
unteren Stände in Hamburg seyen, und wie verderblich das allgemeine
Stimmrecht gewesen seyn würde. Man hat sich in der That zur Genüge
auf dieselben berufen, und doch beweisen sie nur was sich in größerem
Maßstab in andern Gegenden von Deutschland traurig genug bewiesen
hat, daß die Restaurationsgelüste in engster Wechselwirkung mit den
Rebellionsgelüsten stehen. Trotz der Bedenken die der Senat gegen die
neue Verfassung erhoben hatte, konnte man noch immer den Glauben
nähren daß er sich zu jener politischen Moral verstehen werde die sich,
wenn auch für incommensurable Größen auf dem Thron, doch nicht ge-
rade für Männer eignet welche sich im commerciellen und gesellschaftlichen
Verkehr als Bürger unter Bürgern bewegen; allein näher als dieser
Glaube lag naturgemäß für die Menge der Argwohn daß der Durchmarsch
der Preußen in naher Beziehung stehe zu unserer Verfassungsangelegen-
heit und sich in eine Einquartierung auf unbestimmte Zeit (so sollte eine
Generalsordre lauten) verwandeln werde. Hätte der Senat durch irgend-
eine Erklärung diesen Argwohn zerstreut; wären nicht die Preußen an
dem Abend eines Tages einmarschirt an dem die niederen Volksclassen
stets in großen Schaaren nach der Vorstadt zu ziehen pflegen welche die
Truppen zu passiren hatten; wäre die gesammte Bürgergarde auf die
Allarmplätze berufen -- so ist es höchst wahrscheinlich daß jene widerlichen
Scenen, die nur im Branntweinsdelirium aufgeführt werden konnten,
und die ich hier nicht weiter zu schildern brauche, da sie seiner Zeit in
Ihrem Blatte besprochen sind, nicht vorgefallen seyn würden; ob es aber
wahrscheinlich ist daß dann die neue Verfassung eingeführt worden wäre,
darüber entscheidet die Thatsache daß der Senat, nachdem eine kleine
preußische Armee der "Genugthuung" halber in unsere Stadt eingezogen
war, bei erbgesessener Bürgerschaft zunächst ein Club- und Preßgesetz,
dann den Beitritt zum Dreikönigsbündniß, und endlich, am 27 Sept.,
die Niedersetzung einer Commission, bestehend aus vier Senatoren und
fünf Bürgern, beantragte, die eine neue Verfassung entwerfen sollte, falls
die constituirende Versammlung sich nicht zur Vereinbarung verstehen
würde.

In der Motivirung dieses letzten Antrages liefert der Senat mit
Bezug auf die Proteste des Commerciums, des Ministeriums und der 2200
eine Kritik der von der constituirenden Versammlung beschlossenen Ver-
fassung, die im wesentlichen dasselbe enthält wie die Bedenken und in der
Verfassung den Umsturz aller Verhältnisse erblickt; zugleich werden die
organischen Gesetze, die der Ausschuß mittlerweile bis zum 1 September
vollendet und dem Senat übergeben hatte, besprochen, und theils als hors
d'oeuvre,
theils als eine flüchtige Arbeit behandelt; und was etwa ver-
dienstliches an ihnen ist, dieß verdanken sie -- wie man deutlich genug zu
[Spaltenumbruch] verstehen gibt -- den Vorarbeiten früherer Rathscommissionen oder Rath-
und Bürgerdeputationen. Außer durch diese Kritik wird die Nicht-
einführung der Verfassung motivirt durch den Anschluß Hamburgs an
das Dreikönigsbündniß, und dieß Motiv könnte stichhaltig erscheinen,
wenn es nicht ein Cirkelschluß wäre. Oder hätten Senat und Bürger-
schaft sich wirklich nur aus nationaler Begeisterung für den Anschluß aus-
gesprochen, und nicht aus dem Grund um ein Argument gegen die Ab-
lehnung der Verfassung zu haben? Endlich noch bezeichnet die Motivi-
rung diejenigen Punkte nach welchen die Verfassung der constituirenden
Versammlung abgeändert oder ein neuer Entwurf von der beantragten
Commission ausgearbeitet werden müsse; sie sind in Betreff des Wahl-
modus für den Senat, der im Grund auf Selbstergänzung hinausläuft,
sowie des Wahlgesetzes für die Bürgerschaft, das dem Wahlgesetz des
Dreikönigsbündnisses angepaßt werden soll, noch weniger liberal als der
Entwurf den die Neunercommission zu Tage förderte, im übrigen aber
haben sie in diesem ihre Erfüllung gefunden. Die Bürgerschaft geneh-
migte bekanntermaßen den Antrag und wählte in die Commission fünf
Männer die zu den Stimmführern des patriotischen Vereins gehörten.

Die nächste Thätigkeit der Commission bestand darin die bedeutende-
ren Mitglieder der constituirenden Versammlung für eine Vereinbarung
zu gewinnen, aber ihre Bemühungen hatten geringen Erfolg, nur Dr.
Baumeister hielt eine Verständigung für gerathen, und stellte demgemäß
in der constituirenden Versammlung den Antrag auf Niedersetzung einer
Commission, die eine Einigung versuchen solle, doch unter der Bedingung
daß die nöthige Garantie für die Einführung der etwa vereinbarten Ver-
fassung gegeben würde. Wenn die Versammlung den Glauben an Garan-
tien verloren hatte, wenn sie im Hinblick auf die Punkte die der Senat
namhaft machte, eine Verständigung für unmöglich hielt, und deßhalb
den Antrag Baumeisters ablehnte, so ließ sich dieß rechtfertigen; aber
nimmermehr war es zu rechtfertigen daß bei dem Antrag eines Mannes
der länger und eifriger als irgendeiner in der ganzen Versammlung für
die Sache der bürgerlichen Freiheit gewirkt hatte, laute Zeichen des Miß-
fallens und selbst des Spottes gehört wurden. Es war dieß gerade so
unziemlich als es unpolitisch war daß die Versammlung einerseits sich
nicht vereinbaren, andererseits aber auch nicht sich auflösen wollte.

Nachdem der Baumeister'sche Antrag abgelehnt worden, ging die
Neunercommission ans Werk um selbständig eine Verfassung zu entwer-
fen; sie arbeitete fleißig und übergab schon am 3 Nov. dem Senat ihren
Entwurf zugleich mit einem Bericht der die Verfassung der constituiren-
den Versammlung kurz kritisirt und verurtheilt, die vergeblichen Ver-
handlungen mit der letztern berührt, die rechtliche Lage der Sache bespricht
und im übrigen eine nähere Motivirung des Entwurfs liefert. Von In-
teresse ist namentlich die Deduction: daß der Senat mit der Nichteinfüh-
rung jener Verfassung in vollem Recht sey; sie stützt sich wesentlich auf
den Satz: daß Rath und Bürgerschaft rechtlich und factisch im vollen und
unbeschränkten Besitz der Staatsgewalt seyen, und fügt hinzu: "Ein aus-
drückliches Versprechen daß die von der constituirenden Versammlung be-
schlossene Verfassung eingeführt werden solle, ist durch Rath- und Bürger-
schluß nicht gegeben worden, und es konnte von der gesetzgebenden Ge-
walt ein solches Versprechen nicht gegeben werden." Allerdings, es war
kein Rath- und Bürgerschluß als der Senat, gewissermaßen den Rath-
und Bürgerschluß vom 7 Sept. 1848 interpretirend, die ausdrückliche
Zusage gab: es verstehe sich von selbst daß die Verfassung sofort ins Leben
treten werde; aber es war wenigstens eine Rathserklärung, und jeden-
falls hätte es sich doch geziemt gleich von vornherein der constituirenden
Versammlung zu sagen daß man das Versprechen nicht halten könne.

Was den Entwurf selbst betrifft, so haben Sie schon bald nach dem
Erscheinen desselben eine kurze Skizze veröffentlicht, und um so weniger
brauche ich auf denselben näher einzugehen; nur auf die hervorstechenden
Unterschiede in Vergleich zu der constituirenden Versammlung sey es mir
erlaubt kurz hinzudeuten. Der Neunerentwurf verhält sich im allgemeinen
zu dieser Verfassung ähnlich wie der Dreikönigsentwurf zu der Frankfurter
Verfassung: die Form ist möglichst beibehalten, der Geist ist ein wesentlich
anderer; doch auch in der Form geben sich manche charakteristische Unter-
schiede kund; so ist z. B. der Abschnitt über die Grundrechte weggefallen
und der Abschnitt über den Senat geht dem über die Bürgerschaft voran.
Ferner merkt man in einzelnen wichtigen Bestimmungen eine gewisse Nei-
gung zu einem Compromiß mit der Verfassung der constituirenden Ver-
sammlung: ein Mitglied des Raths kann nach sechs Jahren austreten;
eine Commission von Rath und Bürgerschaft entwirft den Aufsatz zum
Behuf der Wahl eines Senators und ein Theil der Bürgerschaft wird
in directer Wahl, zwar nicht von den Staatsbürgern im Sinn der Ver-
fassung der constituirenden Versammlung, aber doch von allen Gemeinde-
bürgern die fünfundzwanzig Jahr alt sind, gewählt. Allein diese Con-
cessionen sind in der That illusorisch und werden in jedem Punkte durch

[Spaltenumbruch] lich, immer hieß es, ſelbſt in jenem Moment: „Du mußt glauben, du
mußt wagen!“ — die Götter leihen kein Pfand, ſie leihen keine ſolche
Garantien durch die das menſchliche Leben zum reinen Mechanismus her-
abſinken würde; aber wenn zu irgendeiner Zeit, ſo war damals ein
friſches Wagen halber Gewinn. Die Gemüther waren mehr als je ge-
eint; die Wünſche des Proletariers ſelbſt bekamen für einen Augenblick
einen idealen Anflug, und die Wahlen würden eben deßhalb ſo ausge-
fallen ſeyn daß man hätte regieren und nöthigenfalls kriegen und ſiegen
können, wenn man nur der Mann dazu geweſen wäre.

Was im allgemeinen für Deutſchland gilt, das gilt mutatis mutan-
dis
auch für Hamburg und in Betreff der von der conſtituirenden Ver-
ſammlung beſchloſſenen Verfaſſung. Ich ſchilderte Ihnen in meinem
letzten Artikel wie lebhaft man gerade gegen die von ihr ausgeſprochene
Anerkennung der politiſchen Berechtigung aller Staatsangehörigen
kämpfte. Es iſt wahr, ſie hätte ſich gern damit begnügen können nur
dem Gemeindebürger das Wahlrecht zuzuerkennen, falls ſie nur nicht die-
ſes Bürgerrecht, wie es ſeltſamerweiſe die 2200 forderten, von dem Nach-
weis eines genügenden Erwerbs abhängig machte. Zwar unterſcheidet
ſich Gemeinde- und Staatsbürgerrecht nur dadurch daß jenes durch eine
gewiſſe Abgabe an den Staatsſchatz erworben wird, und dieſe Abgabe
bildet gewiß kein Kriterium für politiſche Befähigung und kein Aequi-
valent für das Wahlrecht; aber der Name Bürger im Sinne des
Gemeindebürgers hat einmal einen mehr hiſtoriſchen, einen ſolideren
Klang als der moderne, abſtracte Begriff des Staatsbürgers, und die
Schranke die er zieht, iſt noch immer weit genug. Andererſeits jedoch
war es eine ſehr furchtſame Uebertreibung, wenn man in dem allgemeinen
Wahlrecht Hamburgs Untergang ſah. Wäre die neue Verfaſſung friſch-
weg eingeführt worden — in demſelben Augenblick hätte bei weitem der
größte Theil der conſtituirenden Partei eine ſehr conſervative Richtung
eingeſchlagen, und die Gaſſen-Demokratie wäre ebenſo machtlos geworden
als ſie es jetzt iſt durch die preußiſchen Bajonette.

Es liegt nahe gegen dieſe Anſicht die bekannten Exceſſe anzuführen
die in der Nacht des 13 Auguſt gegen die preußiſchen Truppen verübt
wurden, und aus ihnen den Beweis zu entlehnen wie ſehr demoraliſirt die
unteren Stände in Hamburg ſeyen, und wie verderblich das allgemeine
Stimmrecht geweſen ſeyn würde. Man hat ſich in der That zur Genüge
auf dieſelben berufen, und doch beweiſen ſie nur was ſich in größerem
Maßſtab in andern Gegenden von Deutſchland traurig genug bewieſen
hat, daß die Reſtaurationsgelüſte in engſter Wechſelwirkung mit den
Rebellionsgelüſten ſtehen. Trotz der Bedenken die der Senat gegen die
neue Verfaſſung erhoben hatte, konnte man noch immer den Glauben
nähren daß er ſich zu jener politiſchen Moral verſtehen werde die ſich,
wenn auch für incommenſurable Größen auf dem Thron, doch nicht ge-
rade für Männer eignet welche ſich im commerciellen und geſellſchaftlichen
Verkehr als Bürger unter Bürgern bewegen; allein näher als dieſer
Glaube lag naturgemäß für die Menge der Argwohn daß der Durchmarſch
der Preußen in naher Beziehung ſtehe zu unſerer Verfaſſungsangelegen-
heit und ſich in eine Einquartierung auf unbeſtimmte Zeit (ſo ſollte eine
Generalsordre lauten) verwandeln werde. Hätte der Senat durch irgend-
eine Erklärung dieſen Argwohn zerſtreut; wären nicht die Preußen an
dem Abend eines Tages einmarſchirt an dem die niederen Volksclaſſen
ſtets in großen Schaaren nach der Vorſtadt zu ziehen pflegen welche die
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Allarmplätze berufen — ſo iſt es höchſt wahrſcheinlich daß jene widerlichen
Scenen, die nur im Branntweinsdelirium aufgeführt werden konnten,
und die ich hier nicht weiter zu ſchildern brauche, da ſie ſeiner Zeit in
Ihrem Blatte beſprochen ſind, nicht vorgefallen ſeyn würden; ob es aber
wahrſcheinlich iſt daß dann die neue Verfaſſung eingeführt worden wäre,
darüber entſcheidet die Thatſache daß der Senat, nachdem eine kleine
preußiſche Armee der „Genugthuung“ halber in unſere Stadt eingezogen
war, bei erbgeſeſſener Bürgerſchaft zunächſt ein Club- und Preßgeſetz,
dann den Beitritt zum Dreikönigsbündniß, und endlich, am 27 Sept.,
die Niederſetzung einer Commiſſion, beſtehend aus vier Senatoren und
fünf Bürgern, beantragte, die eine neue Verfaſſung entwerfen ſollte, falls
die conſtituirende Verſammlung ſich nicht zur Vereinbarung verſtehen
würde.

In der Motivirung dieſes letzten Antrages liefert der Senat mit
Bezug auf die Proteſte des Commerciums, des Miniſteriums und der 2200
eine Kritik der von der conſtituirenden Verſammlung beſchloſſenen Ver-
faſſung, die im weſentlichen dasſelbe enthält wie die Bedenken und in der
Verfaſſung den Umſturz aller Verhältniſſe erblickt; zugleich werden die
organiſchen Geſetze, die der Ausſchuß mittlerweile bis zum 1 September
vollendet und dem Senat übergeben hatte, beſprochen, und theils als hors
d’œuvre,
theils als eine flüchtige Arbeit behandelt; und was etwa ver-
dienſtliches an ihnen iſt, dieß verdanken ſie — wie man deutlich genug zu
[Spaltenumbruch] verſtehen gibt — den Vorarbeiten früherer Rathscommiſſionen oder Rath-
und Bürgerdeputationen. Außer durch dieſe Kritik wird die Nicht-
einführung der Verfaſſung motivirt durch den Anſchluß Hamburgs an
das Dreikönigsbündniß, und dieß Motiv könnte ſtichhaltig erſcheinen,
wenn es nicht ein Cirkelſchluß wäre. Oder hätten Senat und Bürger-
ſchaft ſich wirklich nur aus nationaler Begeiſterung für den Anſchluß aus-
geſprochen, und nicht aus dem Grund um ein Argument gegen die Ab-
lehnung der Verfaſſung zu haben? Endlich noch bezeichnet die Motivi-
rung diejenigen Punkte nach welchen die Verfaſſung der conſtituirenden
Verſammlung abgeändert oder ein neuer Entwurf von der beantragten
Commiſſion ausgearbeitet werden müſſe; ſie ſind in Betreff des Wahl-
modus für den Senat, der im Grund auf Selbſtergänzung hinausläuft,
ſowie des Wahlgeſetzes für die Bürgerſchaft, das dem Wahlgeſetz des
Dreikönigsbündniſſes angepaßt werden ſoll, noch weniger liberal als der
Entwurf den die Neunercommiſſion zu Tage förderte, im übrigen aber
haben ſie in dieſem ihre Erfüllung gefunden. Die Bürgerſchaft geneh-
migte bekanntermaßen den Antrag und wählte in die Commiſſion fünf
Männer die zu den Stimmführern des patriotiſchen Vereins gehörten.

Die nächſte Thätigkeit der Commiſſion beſtand darin die bedeutende-
ren Mitglieder der conſtituirenden Verſammlung für eine Vereinbarung
zu gewinnen, aber ihre Bemühungen hatten geringen Erfolg, nur Dr.
Baumeiſter hielt eine Verſtändigung für gerathen, und ſtellte demgemäß
in der conſtituirenden Verſammlung den Antrag auf Niederſetzung einer
Commiſſion, die eine Einigung verſuchen ſolle, doch unter der Bedingung
daß die nöthige Garantie für die Einführung der etwa vereinbarten Ver-
faſſung gegeben würde. Wenn die Verſammlung den Glauben an Garan-
tien verloren hatte, wenn ſie im Hinblick auf die Punkte die der Senat
namhaft machte, eine Verſtändigung für unmöglich hielt, und deßhalb
den Antrag Baumeiſters ablehnte, ſo ließ ſich dieß rechtfertigen; aber
nimmermehr war es zu rechtfertigen daß bei dem Antrag eines Mannes
der länger und eifriger als irgendeiner in der ganzen Verſammlung für
die Sache der bürgerlichen Freiheit gewirkt hatte, laute Zeichen des Miß-
fallens und ſelbſt des Spottes gehört wurden. Es war dieß gerade ſo
unziemlich als es unpolitiſch war daß die Verſammlung einerſeits ſich
nicht vereinbaren, andererſeits aber auch nicht ſich auflöſen wollte.

Nachdem der Baumeiſter’ſche Antrag abgelehnt worden, ging die
Neunercommiſſion ans Werk um ſelbſtändig eine Verfaſſung zu entwer-
fen; ſie arbeitete fleißig und übergab ſchon am 3 Nov. dem Senat ihren
Entwurf zugleich mit einem Bericht der die Verfaſſung der conſtituiren-
den Verſammlung kurz kritiſirt und verurtheilt, die vergeblichen Ver-
handlungen mit der letztern berührt, die rechtliche Lage der Sache beſpricht
und im übrigen eine nähere Motivirung des Entwurfs liefert. Von In-
tereſſe iſt namentlich die Deduction: daß der Senat mit der Nichteinfüh-
rung jener Verfaſſung in vollem Recht ſey; ſie ſtützt ſich weſentlich auf
den Satz: daß Rath und Bürgerſchaft rechtlich und factiſch im vollen und
unbeſchränkten Beſitz der Staatsgewalt ſeyen, und fügt hinzu: „Ein aus-
drückliches Verſprechen daß die von der conſtituirenden Verſammlung be-
ſchloſſene Verfaſſung eingeführt werden ſolle, iſt durch Rath- und Bürger-
ſchluß nicht gegeben worden, und es konnte von der geſetzgebenden Ge-
walt ein ſolches Verſprechen nicht gegeben werden.“ Allerdings, es war
kein Rath- und Bürgerſchluß als der Senat, gewiſſermaßen den Rath-
und Bürgerſchluß vom 7 Sept. 1848 interpretirend, die ausdrückliche
Zuſage gab: es verſtehe ſich von ſelbſt daß die Verfaſſung ſofort ins Leben
treten werde; aber es war wenigſtens eine Rathserklärung, und jeden-
falls hätte es ſich doch geziemt gleich von vornherein der conſtituirenden
Verſammlung zu ſagen daß man das Verſprechen nicht halten könne.

Was den Entwurf ſelbſt betrifft, ſo haben Sie ſchon bald nach dem
Erſcheinen desſelben eine kurze Skizze veröffentlicht, und um ſo weniger
brauche ich auf denſelben näher einzugehen; nur auf die hervorſtechenden
Unterſchiede in Vergleich zu der conſtituirenden Verſammlung ſey es mir
erlaubt kurz hinzudeuten. Der Neunerentwurf verhält ſich im allgemeinen
zu dieſer Verfaſſung ähnlich wie der Dreikönigsentwurf zu der Frankfurter
Verfaſſung: die Form iſt möglichſt beibehalten, der Geiſt iſt ein weſentlich
anderer; doch auch in der Form geben ſich manche charakteriſtiſche Unter-
ſchiede kund; ſo iſt z. B. der Abſchnitt über die Grundrechte weggefallen
und der Abſchnitt über den Senat geht dem über die Bürgerſchaft voran.
Ferner merkt man in einzelnen wichtigen Beſtimmungen eine gewiſſe Nei-
gung zu einem Compromiß mit der Verfaſſung der conſtituirenden Ver-
ſammlung: ein Mitglied des Raths kann nach ſechs Jahren austreten;
eine Commiſſion von Rath und Bürgerſchaft entwirft den Aufſatz zum
Behuf der Wahl eines Senators und ein Theil der Bürgerſchaft wird
in directer Wahl, zwar nicht von den Staatsbürgern im Sinn der Ver-
faſſung der conſtituirenden Verſammlung, aber doch von allen Gemeinde-
bürgern die fünfundzwanzig Jahr alt ſind, gewählt. Allein dieſe Con-
ceſſionen ſind in der That illuſoriſch und werden in jedem Punkte durch

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[588/0012] lich, immer hieß es, ſelbſt in jenem Moment: „Du mußt glauben, du mußt wagen!“ — die Götter leihen kein Pfand, ſie leihen keine ſolche Garantien durch die das menſchliche Leben zum reinen Mechanismus her- abſinken würde; aber wenn zu irgendeiner Zeit, ſo war damals ein friſches Wagen halber Gewinn. Die Gemüther waren mehr als je ge- eint; die Wünſche des Proletariers ſelbſt bekamen für einen Augenblick einen idealen Anflug, und die Wahlen würden eben deßhalb ſo ausge- fallen ſeyn daß man hätte regieren und nöthigenfalls kriegen und ſiegen können, wenn man nur der Mann dazu geweſen wäre. Was im allgemeinen für Deutſchland gilt, das gilt mutatis mutan- dis auch für Hamburg und in Betreff der von der conſtituirenden Ver- ſammlung beſchloſſenen Verfaſſung. Ich ſchilderte Ihnen in meinem letzten Artikel wie lebhaft man gerade gegen die von ihr ausgeſprochene Anerkennung der politiſchen Berechtigung aller Staatsangehörigen kämpfte. Es iſt wahr, ſie hätte ſich gern damit begnügen können nur dem Gemeindebürger das Wahlrecht zuzuerkennen, falls ſie nur nicht die- ſes Bürgerrecht, wie es ſeltſamerweiſe die 2200 forderten, von dem Nach- weis eines genügenden Erwerbs abhängig machte. Zwar unterſcheidet ſich Gemeinde- und Staatsbürgerrecht nur dadurch daß jenes durch eine gewiſſe Abgabe an den Staatsſchatz erworben wird, und dieſe Abgabe bildet gewiß kein Kriterium für politiſche Befähigung und kein Aequi- valent für das Wahlrecht; aber der Name Bürger im Sinne des Gemeindebürgers hat einmal einen mehr hiſtoriſchen, einen ſolideren Klang als der moderne, abſtracte Begriff des Staatsbürgers, und die Schranke die er zieht, iſt noch immer weit genug. Andererſeits jedoch war es eine ſehr furchtſame Uebertreibung, wenn man in dem allgemeinen Wahlrecht Hamburgs Untergang ſah. Wäre die neue Verfaſſung friſch- weg eingeführt worden — in demſelben Augenblick hätte bei weitem der größte Theil der conſtituirenden Partei eine ſehr conſervative Richtung eingeſchlagen, und die Gaſſen-Demokratie wäre ebenſo machtlos geworden als ſie es jetzt iſt durch die preußiſchen Bajonette. Es liegt nahe gegen dieſe Anſicht die bekannten Exceſſe anzuführen die in der Nacht des 13 Auguſt gegen die preußiſchen Truppen verübt wurden, und aus ihnen den Beweis zu entlehnen wie ſehr demoraliſirt die unteren Stände in Hamburg ſeyen, und wie verderblich das allgemeine Stimmrecht geweſen ſeyn würde. Man hat ſich in der That zur Genüge auf dieſelben berufen, und doch beweiſen ſie nur was ſich in größerem Maßſtab in andern Gegenden von Deutſchland traurig genug bewieſen hat, daß die Reſtaurationsgelüſte in engſter Wechſelwirkung mit den Rebellionsgelüſten ſtehen. Trotz der Bedenken die der Senat gegen die neue Verfaſſung erhoben hatte, konnte man noch immer den Glauben nähren daß er ſich zu jener politiſchen Moral verſtehen werde die ſich, wenn auch für incommenſurable Größen auf dem Thron, doch nicht ge- rade für Männer eignet welche ſich im commerciellen und geſellſchaftlichen Verkehr als Bürger unter Bürgern bewegen; allein näher als dieſer Glaube lag naturgemäß für die Menge der Argwohn daß der Durchmarſch der Preußen in naher Beziehung ſtehe zu unſerer Verfaſſungsangelegen- heit und ſich in eine Einquartierung auf unbeſtimmte Zeit (ſo ſollte eine Generalsordre lauten) verwandeln werde. Hätte der Senat durch irgend- eine Erklärung dieſen Argwohn zerſtreut; wären nicht die Preußen an dem Abend eines Tages einmarſchirt an dem die niederen Volksclaſſen ſtets in großen Schaaren nach der Vorſtadt zu ziehen pflegen welche die Truppen zu paſſiren hatten; wäre die geſammte Bürgergarde auf die Allarmplätze berufen — ſo iſt es höchſt wahrſcheinlich daß jene widerlichen Scenen, die nur im Branntweinsdelirium aufgeführt werden konnten, und die ich hier nicht weiter zu ſchildern brauche, da ſie ſeiner Zeit in Ihrem Blatte beſprochen ſind, nicht vorgefallen ſeyn würden; ob es aber wahrſcheinlich iſt daß dann die neue Verfaſſung eingeführt worden wäre, darüber entſcheidet die Thatſache daß der Senat, nachdem eine kleine preußiſche Armee der „Genugthuung“ halber in unſere Stadt eingezogen war, bei erbgeſeſſener Bürgerſchaft zunächſt ein Club- und Preßgeſetz, dann den Beitritt zum Dreikönigsbündniß, und endlich, am 27 Sept., die Niederſetzung einer Commiſſion, beſtehend aus vier Senatoren und fünf Bürgern, beantragte, die eine neue Verfaſſung entwerfen ſollte, falls die conſtituirende Verſammlung ſich nicht zur Vereinbarung verſtehen würde. In der Motivirung dieſes letzten Antrages liefert der Senat mit Bezug auf die Proteſte des Commerciums, des Miniſteriums und der 2200 eine Kritik der von der conſtituirenden Verſammlung beſchloſſenen Ver- faſſung, die im weſentlichen dasſelbe enthält wie die Bedenken und in der Verfaſſung den Umſturz aller Verhältniſſe erblickt; zugleich werden die organiſchen Geſetze, die der Ausſchuß mittlerweile bis zum 1 September vollendet und dem Senat übergeben hatte, beſprochen, und theils als hors d’œuvre, theils als eine flüchtige Arbeit behandelt; und was etwa ver- dienſtliches an ihnen iſt, dieß verdanken ſie — wie man deutlich genug zu verſtehen gibt — den Vorarbeiten früherer Rathscommiſſionen oder Rath- und Bürgerdeputationen. Außer durch dieſe Kritik wird die Nicht- einführung der Verfaſſung motivirt durch den Anſchluß Hamburgs an das Dreikönigsbündniß, und dieß Motiv könnte ſtichhaltig erſcheinen, wenn es nicht ein Cirkelſchluß wäre. Oder hätten Senat und Bürger- ſchaft ſich wirklich nur aus nationaler Begeiſterung für den Anſchluß aus- geſprochen, und nicht aus dem Grund um ein Argument gegen die Ab- lehnung der Verfaſſung zu haben? Endlich noch bezeichnet die Motivi- rung diejenigen Punkte nach welchen die Verfaſſung der conſtituirenden Verſammlung abgeändert oder ein neuer Entwurf von der beantragten Commiſſion ausgearbeitet werden müſſe; ſie ſind in Betreff des Wahl- modus für den Senat, der im Grund auf Selbſtergänzung hinausläuft, ſowie des Wahlgeſetzes für die Bürgerſchaft, das dem Wahlgeſetz des Dreikönigsbündniſſes angepaßt werden ſoll, noch weniger liberal als der Entwurf den die Neunercommiſſion zu Tage förderte, im übrigen aber haben ſie in dieſem ihre Erfüllung gefunden. Die Bürgerſchaft geneh- migte bekanntermaßen den Antrag und wählte in die Commiſſion fünf Männer die zu den Stimmführern des patriotiſchen Vereins gehörten. Die nächſte Thätigkeit der Commiſſion beſtand darin die bedeutende- ren Mitglieder der conſtituirenden Verſammlung für eine Vereinbarung zu gewinnen, aber ihre Bemühungen hatten geringen Erfolg, nur Dr. Baumeiſter hielt eine Verſtändigung für gerathen, und ſtellte demgemäß in der conſtituirenden Verſammlung den Antrag auf Niederſetzung einer Commiſſion, die eine Einigung verſuchen ſolle, doch unter der Bedingung daß die nöthige Garantie für die Einführung der etwa vereinbarten Ver- faſſung gegeben würde. Wenn die Verſammlung den Glauben an Garan- tien verloren hatte, wenn ſie im Hinblick auf die Punkte die der Senat namhaft machte, eine Verſtändigung für unmöglich hielt, und deßhalb den Antrag Baumeiſters ablehnte, ſo ließ ſich dieß rechtfertigen; aber nimmermehr war es zu rechtfertigen daß bei dem Antrag eines Mannes der länger und eifriger als irgendeiner in der ganzen Verſammlung für die Sache der bürgerlichen Freiheit gewirkt hatte, laute Zeichen des Miß- fallens und ſelbſt des Spottes gehört wurden. Es war dieß gerade ſo unziemlich als es unpolitiſch war daß die Verſammlung einerſeits ſich nicht vereinbaren, andererſeits aber auch nicht ſich auflöſen wollte. Nachdem der Baumeiſter’ſche Antrag abgelehnt worden, ging die Neunercommiſſion ans Werk um ſelbſtändig eine Verfaſſung zu entwer- fen; ſie arbeitete fleißig und übergab ſchon am 3 Nov. dem Senat ihren Entwurf zugleich mit einem Bericht der die Verfaſſung der conſtituiren- den Verſammlung kurz kritiſirt und verurtheilt, die vergeblichen Ver- handlungen mit der letztern berührt, die rechtliche Lage der Sache beſpricht und im übrigen eine nähere Motivirung des Entwurfs liefert. Von In- tereſſe iſt namentlich die Deduction: daß der Senat mit der Nichteinfüh- rung jener Verfaſſung in vollem Recht ſey; ſie ſtützt ſich weſentlich auf den Satz: daß Rath und Bürgerſchaft rechtlich und factiſch im vollen und unbeſchränkten Beſitz der Staatsgewalt ſeyen, und fügt hinzu: „Ein aus- drückliches Verſprechen daß die von der conſtituirenden Verſammlung be- ſchloſſene Verfaſſung eingeführt werden ſolle, iſt durch Rath- und Bürger- ſchluß nicht gegeben worden, und es konnte von der geſetzgebenden Ge- walt ein ſolches Verſprechen nicht gegeben werden.“ Allerdings, es war kein Rath- und Bürgerſchluß als der Senat, gewiſſermaßen den Rath- und Bürgerſchluß vom 7 Sept. 1848 interpretirend, die ausdrückliche Zuſage gab: es verſtehe ſich von ſelbſt daß die Verfaſſung ſofort ins Leben treten werde; aber es war wenigſtens eine Rathserklärung, und jeden- falls hätte es ſich doch geziemt gleich von vornherein der conſtituirenden Verſammlung zu ſagen daß man das Verſprechen nicht halten könne. Was den Entwurf ſelbſt betrifft, ſo haben Sie ſchon bald nach dem Erſcheinen desſelben eine kurze Skizze veröffentlicht, und um ſo weniger brauche ich auf denſelben näher einzugehen; nur auf die hervorſtechenden Unterſchiede in Vergleich zu der conſtituirenden Verſammlung ſey es mir erlaubt kurz hinzudeuten. Der Neunerentwurf verhält ſich im allgemeinen zu dieſer Verfaſſung ähnlich wie der Dreikönigsentwurf zu der Frankfurter Verfaſſung: die Form iſt möglichſt beibehalten, der Geiſt iſt ein weſentlich anderer; doch auch in der Form geben ſich manche charakteriſtiſche Unter- ſchiede kund; ſo iſt z. B. der Abſchnitt über die Grundrechte weggefallen und der Abſchnitt über den Senat geht dem über die Bürgerſchaft voran. Ferner merkt man in einzelnen wichtigen Beſtimmungen eine gewiſſe Nei- gung zu einem Compromiß mit der Verfaſſung der conſtituirenden Ver- ſammlung: ein Mitglied des Raths kann nach ſechs Jahren austreten; eine Commiſſion von Rath und Bürgerſchaft entwirft den Aufſatz zum Behuf der Wahl eines Senators und ein Theil der Bürgerſchaft wird in directer Wahl, zwar nicht von den Staatsbürgern im Sinn der Ver- faſſung der conſtituirenden Verſammlung, aber doch von allen Gemeinde- bürgern die fünfundzwanzig Jahr alt ſind, gewählt. Allein dieſe Con- ceſſionen ſind in der That illuſoriſch und werden in jedem Punkte durch

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 37, 6. Februar 1850, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine37_1850/12>, abgerufen am 01.06.2024.