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Allgemeine Zeitung, Nr. 37, 6. Februar 1850.

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Das gestrige Künstler Maskensest im
Odeon zeichnete sich durch den höchsten gesellschaftlichen Glanz und durch
reich entwickelte künstlerische Pracht aus. Ich überlasse die nähere Schil-
derung dieses interessanten Balles einer andern Feder, und bemerke nur in
Kürze daß ächte feine Heiterkeit eine lange Nacht mit dem buntesten Leben
schmückte. Die hiesige Bevölkerung muß sich unserer Künstlerwelt zu
Dank verpslichtet fühlen für einen Genuß der kaum anderswo in ähn-
lichem Maße geboten werden kann. Soll ich Ihnen noch ein Wort über
das ausgeführte Märchen: "Frühling im Winter" sagen, so bekenne ich --
wohl mit der Mehrzahl der Ballgäste -- daß alles von "Herrn Winters"
Schloß und Saalbau mit Glockenstube und Gesindekammer (was sich spä-
ter in eine blühende Gartenlaube verwandelt), von Schenken und Pagen,
von den Masken-Erscheinungen aus Nord und Süd, von Architektonik, Ma-
lerei und Costümirung hoch entzückt war, daß aber in dem Märchen eine
zu zarte Romantik liegt als daß sie der Faschingsbühne, die gröbern
Stosses bedarf, ganz zugesagt hätte. Die Dichtung von A. Teichlein ist
geistreich in vielen Theilen, aber zu abstract, zu gesucht im ganzen. "Herrn
Winter" dem nordischen Junker Sausebraus ist "Liebseelchen," das deut-
sche melancholische Gemüth, das nach der "Blume der Phantasey" sucht,
beigesellt. Die Vermittlung der Lustbarkeit, die sich zwischen jenen bei-
den nicht machen will und für den Zuschauer auch zu lange nicht macht,
hat "Fasching," der lustige Rath im Hause, auf gelungene Weise über-
nommen. Der das kleine Drama begleitenden Musik von Perfall man-
gelt es nicht an einer feinen charakteristischen Färbung. -- Der besprochene
Armenball hat unsern Localblättern Anlaß zur Erörterung der socialen
Frage gegeben. Bei dem Interesse welches diese Frage wie in Frankreich,
so auch in ganz Deutschland gegenwärtig in Anspruch nimmt, werden Sie
mir erlauben dieselbe nächstens auch vom Gesichtspunkt unserer Haupt-
stadt aus zu beleuchten.

Das neueste Regierungsblatt (Nr. 8)
enthält eine königliche allerhöchste Verordnung über die Errichtung von
"Gewerbe- und Handelskammern," der ich folgendes entnehme: In jenen
Städten und für jene Bezirke des Königreichs wo wegen eines erheb-
lichen gewerblichen und Handelsverkehrs das Bedürfniß einer Vertretung
der gewerblichen und Handelsinteressen obwaltet, sollen auf Antrag der
Betheiligten, nach Vernehmung der einschlägigen Gemeinden, Gewerbe-
vereine und Handelsgremien, mit Genehmigung des Staatsministeriums
des Handels und der öffentlichen Arbeiten Gewerbe- und Handelskammern
errichtet werden. Eine jede solche Kammer umfaßt drei selbständige Ab-
theilungen: 1) den Gewerberath; 2) den Fabrikrath und 3) den Handels-
rath; je nach den obwaltenden Verhältnissen des Orts oder Bezirks aber
kann das Staatsministerium die Bildung nur zweier oder einer dieser
Abtheilungen gestatten. Der Gewerberath wird von den Mitgliedern
des Standes der Gewerbetreibenden gewählt und soll aus mindestens
sieben Mitgliedern zusammengesetzt seyn; wählbar dazu sind alle Wahl-
berechtigten die das dreißigste Jahr zurückgelegt haben, und ihr Gewerbe
seit mindestens drei Jahren betreiben; die Wahl selbst ist in Städten und
kleinen Bezirken eine directe, in sehr ausgedehnten Bezirken dagegen eine
indirecte; die eine oder andere Wahlart wird jederzeit vom Handelsmini-
sterium den Verhältnissen gemäß festgesetzt u. s. w. Der Gewerberath
hat die Interessen des Gewerbestands in seinem Bezirk wahrzunehmen,
die zur Förderung der Gewerbe geeigneten Einrichtungen zu berathen und
der Verwaltungsbehörde zur Kenntniß zu bringen, sowie die von ihm
verlangten Ausschlüsse und Gutachten zu ertheilen; er wird bei allen die
bestehenden Verhältnisse des Gewerbestands tiefer berührenden Anord-
nungen gehört werden, und kann sich mit seinen Eingaben nicht nur an
die Districts. Polizeihörden und die Kreisregierungen, sondern auch un-
mittelbar an das Staatsministerium selbst wenden, so ost er dieß für
zweckmäßig erachtet; endlich steht es ihm auch frei Lehrer von technischen
Fächern oder andern wissenschaftlichen Anstalten, sowie außerordentliche
Beisitzer aus dem Gewerbsstande zu seinen Sitzungen einzuladen. Wei-
ter enthält die königliche Verordnung noch Bestimmungen über die Wahl
des Vorsitzenden, über Ergänzung des Gewerbrathes, Geschäftsordnung,
Aufbringung der erlaufenden Kosten durch die Betheiligten u. s. w. Die
Bildung, Befugnisse u. s. w. des Fabrikrathes und des Handels-
rathes
richten sich nach ähnlichen oder gleichen Normen, und ihr Zweck
und ihre Wirksamkeit entspricht den durch sie vertretenen Fabrik- und
Handelsinteressen. Die Gewerb- und Handelskammer selbst be-
steht aus sämmtlichen Mitgliedern des Gewerb, Fabrik- und Handels-
rathes, welche aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und einen Stellvertre-
ter derselben wählen; sie hat die Gesammtinteressen der Industrie und
des Handels in ihrem Bezirke wahrzunehmen, hat bei statistischen Erhe-
bungen mitzuwirken und alljährlich einen Bericht sammt Wünschen
bezüglich auf die Lage, Verhältnisse und Bedürfnisse der Industrie und
des Handels unmittelbar an das Handelsministerium zu erstatten. Durch vor-
[Spaltenumbruch] stehende Verordnung ist jene vom 4 Aug. 1848 "die Einführung von Ge-
werbekammern betreffend," aufgehoben, und die k. Verordnungen vom 19
Sept. 1842 und 3 Aug. 1848 bezüglich der Einführung von Handelskam-
mern bleiben nur noch so lange in Kraft, bis die Handels- und Fabrikräthe
überall in ausreichender Weise gebildet sind. -- Zufolge k. Erlasses dür-
fen die Sitzungen der ärztlichen Commission zur Berathung über die Re-
organisation des bayerischen Medicinalwesens noch über den 4 d. M. hin-
aus, und zwar bis zum 9 d. M. fortgesetzt werden, falls die vorgelegte
Aufgabe nicht früher gelöst seyn sollte.

Gr. Baden.

Die Landtagswahlen sind auf den 16 Febr. anbe-
raumt. (Schw. M.)

Thüringen.

Der Prorectoratswechsel hat heute,
am Geburtstage des Großherzogs, hier an der Universität in herkömm-
licher Weise stattgefunden. Der neue Prorector ist der Professor der
Rechte und geheime Justizrath Michelsen, ehemaliger Reichstagsabgeord-
neter aus Schleswig-Holstein. In seiner Antrittsrede, welche das Ver-
hältniß der Philosophie zur Rechtswissenschaft zum Thema hatte, wurde einer
mehr geiftigen und schöpferischen Behandlung der Jurisprudenz lebhaft das
Wort geredet, zugleich aber gegen utopische Ideale und falsche Messianische
Erwartungen auf dem Gebiet des Staats- und Rechtslebens nachdrücklich
gewarnt.

Der erste Wahlkreis unsers Herzogthums
hat den Obrist v. Speßhardt nach Erfurt gewählt.

Sachsen.

In der heutigen Sitzung der ersten
Kammer wurde ein königliches Decret vom 24 Jan. mitgetheilt, welches
auf die Kammerbeschlüsse wegen Ertheilung einer Amnestie antwortet.
Danach ist der König gemeint "nicht bloß einzelnen der Maiangeklagten,
sondern, wie den Kammern bereits mitgetheilt worden ist, ganzen in vor-
aus bestimmten Classen derselben, ohne vorheriges Ansuchen der Be-
theiligten, Abolition, also eine vor der Fällung des Rechtsspruchs ein-
tretende, und somit auch deren staatsbürgerliche Rechte aufrecht erhaltende
Begnadigung zu Theil werden zu lassen", jedoch muß er sich vorbehalten,
darüber welche der Angeklagten jenen Classen beizuzählen seyen, das
Gutachten des Justizministeriums zu vernehmen. "Da nun aber ein sol-
ches Gutachten ohne vorherige Erörterung der Schuld eines jeden nicht
erstattet werden kann, und über diejenigen Angeschuldigten welche jenen
Classen nicht angehören rechtlich erkannt werden muß, so haben Aller-
höchstdieselben Sich zu einer auch die Einleitung der Untersuchung aus-
schließenden Amnestie nicht zu entschließen vermocht. Damit es übrigens
dem Gutachten des Justizministeriums an einer auf richterlicher Beur-
theilung beruhenden Grundlage nicht fehle, ist schon früher angeordnet
worden daß, wenn die betreffenden Untersuchungen so weit vorgeschritten
sind um das Verschulden der einzelnen Betheiligten danach beurtheilen
zu können, die Acten mit einem gutachtlichen Vortrag des betreffenden
Bezirksappellationsgerichts an das Justizministerium eingesendet werden,
als wobei es Allerhöchstdieselben bewenden lassen."

Hansestädte.

Bürgermeister Bartels starb
gestern Abend im 90sten Jahre seines Alters. Er wurde am 23 Nov.
1798 zum Senator und am 25 März 1820 zum Bürgermeister gewählt.
Obschon er seit etwa zwei Jahren nicht mehr zu den Rathsversammlungen
ging, so war er doch immer bis wenige Tage vor seinem Tode in Staats-
geschäften thätig, z. B. als Chef des Militärdepartements. Auch ließ er
sich Mittheilungen über die Verhandlungen des Senats machen und folgte
solchen mit großem Interesse. Was er früher als Schriftsteller geleistet,
ist bekannt. Er war ein überaus thätiger, rechtschaffener, einfacher und
talentvoller Mann, dabei durchaus nicht eigennützig, im Gegentheil ver-
wendete er auf milde Zwecke den größten Theil seiner Einkünfte; daher
hinterläßt er kein Vermögen. Während der Fremdherrschaft war er Rich-
ter an der cour imperiale. Es frägt sich nun ob der Senat unter jetzigen
Umständen ein anderes Mitglied wählen oder solches der erbgesessenen
Bürgerschaft überlassen wird.

Preußen.

Die Wahlen in der Rheinprovinz für
Erfurt lassen sich heute zu einem guten Theil übersehen. Ludolph Camphausen
wünschte hier gewählt zu werden, und man hat dem Wunsche entsprochen:
ohne diesen Wunsch würde vielleicht die Partei für Heinrich v. Gagern
gesiegt haben; trotz des Wunsches erhielt Gagern 26 Stimmen: 22
Stimmen warfen sich auf den Appellationsgerichtsrath August Reichens-
perger, der mit seinem Bruder Franz, zur Zeit in Berlin, an vielen Orten
in Vorschlag gebracht wurde. Der Landkreis Köln entschied sich für August
Reichensperger und zwar gegen v. Wittgenstein der dagegen in Düren dem
Professor Braun zu Bonn gegenüber siegte. Auch in Düsseldorf und
Koblenz blieben die sogenannten Ultramontanen im Nachtheil. Im allge-
meinen hat diese Partei weniger Repräsentanten erfochten als man er-
warten wollte. Bis dahin stehen dafür nur die beiden Reichensperger
da. Prof. Bauerband ist nicht zu ihnen zu rechnen, wie man ihm denn auch

[Spaltenumbruch]

Das geſtrige Künſtler Maskenſeſt im
Odeon zeichnete ſich durch den höchſten geſellſchaftlichen Glanz und durch
reich entwickelte künſtleriſche Pracht aus. Ich überlaſſe die nähere Schil-
derung dieſes intereſſanten Balles einer andern Feder, und bemerke nur in
Kürze daß ächte feine Heiterkeit eine lange Nacht mit dem bunteſten Leben
ſchmückte. Die hieſige Bevölkerung muß ſich unſerer Künſtlerwelt zu
Dank verpſlichtet fühlen für einen Genuß der kaum anderswo in ähn-
lichem Maße geboten werden kann. Soll ich Ihnen noch ein Wort über
das auſgeführte Märchen: „Frühling im Winter“ ſagen, ſo bekenne ich —
wohl mit der Mehrzahl der Ballgäſte — daß alles von „Herrn Winters“
Schloß und Saalbau mit Glockenſtube und Geſindekammer (was ſich ſpä-
ter in eine blühende Gartenlaube verwandelt), von Schenken und Pagen,
von den Masken-Erſcheinungen aus Nord und Süd, von Architektonik, Ma-
lerei und Coſtümirung hoch entzückt war, daß aber in dem Märchen eine
zu zarte Romantik liegt als daß ſie der Faſchingsbühne, die gröbern
Stoſſes bedarf, ganz zugeſagt hätte. Die Dichtung von A. Teichlein iſt
geiſtreich in vielen Theilen, aber zu abſtract, zu geſucht im ganzen. „Herrn
Winter“ dem nordiſchen Junker Sauſebraus iſt „Liebſeelchen,“ das deut-
ſche melancholiſche Gemüth, das nach der „Blume der Phantaſey“ ſucht,
beigeſellt. Die Vermittlung der Luſtbarkeit, die ſich zwiſchen jenen bei-
den nicht machen will und für den Zuſchauer auch zu lange nicht macht,
hat „Faſching,“ der luſtige Rath im Hauſe, auf gelungene Weiſe über-
nommen. Der das kleine Drama begleitenden Muſik von Perfall man-
gelt es nicht an einer feinen charakteriſtiſchen Färbung. — Der beſprochene
Armenball hat unſern Localblättern Anlaß zur Erörterung der ſocialen
Frage gegeben. Bei dem Intereſſe welches dieſe Frage wie in Frankreich,
ſo auch in ganz Deutſchland gegenwärtig in Anſpruch nimmt, werden Sie
mir erlauben dieſelbe nächſtens auch vom Geſichtspunkt unſerer Haupt-
ſtadt aus zu beleuchten.

Das neueſte Regierungsblatt (Nr. 8)
enthält eine königliche allerhöchſte Verordnung über die Errichtung von
„Gewerbe- und Handelskammern,“ der ich folgendes entnehme: In jenen
Städten und für jene Bezirke des Königreichs wo wegen eines erheb-
lichen gewerblichen und Handelsverkehrs das Bedürfniß einer Vertretung
der gewerblichen und Handelsintereſſen obwaltet, ſollen auf Antrag der
Betheiligten, nach Vernehmung der einſchlägigen Gemeinden, Gewerbe-
vereine und Handelsgremien, mit Genehmigung des Staatsminiſteriums
des Handels und der öffentlichen Arbeiten Gewerbe- und Handelskammern
errichtet werden. Eine jede ſolche Kammer umfaßt drei ſelbſtändige Ab-
theilungen: 1) den Gewerberath; 2) den Fabrikrath und 3) den Handels-
rath; je nach den obwaltenden Verhältniſſen des Orts oder Bezirks aber
kann das Staatsminiſterium die Bildung nur zweier oder einer dieſer
Abtheilungen geſtatten. Der Gewerberath wird von den Mitgliedern
des Standes der Gewerbetreibenden gewählt und ſoll aus mindeſtens
ſieben Mitgliedern zuſammengeſetzt ſeyn; wählbar dazu ſind alle Wahl-
berechtigten die das dreißigſte Jahr zurückgelegt haben, und ihr Gewerbe
ſeit mindeſtens drei Jahren betreiben; die Wahl ſelbſt iſt in Städten und
kleinen Bezirken eine directe, in ſehr ausgedehnten Bezirken dagegen eine
indirecte; die eine oder andere Wahlart wird jederzeit vom Handelsmini-
ſterium den Verhältniſſen gemäß feſtgeſetzt u. ſ. w. Der Gewerberath
hat die Intereſſen des Gewerbeſtands in ſeinem Bezirk wahrzunehmen,
die zur Förderung der Gewerbe geeigneten Einrichtungen zu berathen und
der Verwaltungsbehörde zur Kenntniß zu bringen, ſowie die von ihm
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beſtehenden Verhältniſſe des Gewerbeſtands tiefer berührenden Anord-
nungen gehört werden, und kann ſich mit ſeinen Eingaben nicht nur an
die Diſtricts. Polizeihörden und die Kreisregierungen, ſondern auch un-
mittelbar an das Staatsminiſterium ſelbſt wenden, ſo oſt er dieß für
zweckmäßig erachtet; endlich ſteht es ihm auch frei Lehrer von techniſchen
Fächern oder andern wiſſenſchaftlichen Anſtalten, ſowie außerordentliche
Beiſitzer aus dem Gewerbsſtande zu ſeinen Sitzungen einzuladen. Wei-
ter enthält die königliche Verordnung noch Beſtimmungen über die Wahl
des Vorſitzenden, über Ergänzung des Gewerbrathes, Geſchäftsordnung,
Aufbringung der erlaufenden Koſten durch die Betheiligten u. ſ. w. Die
Bildung, Befugniſſe u. ſ. w. des Fabrikrathes und des Handels-
rathes
richten ſich nach ähnlichen oder gleichen Normen, und ihr Zweck
und ihre Wirkſamkeit entſpricht den durch ſie vertretenen Fabrik- und
Handelsintereſſen. Die Gewerb- und Handelskammer ſelbſt be-
ſteht aus ſämmtlichen Mitgliedern des Gewerb, Fabrik- und Handels-
rathes, welche aus ihrer Mitte einen Vorſitzenden und einen Stellvertre-
ter derſelben wählen; ſie hat die Geſammtintereſſen der Induſtrie und
des Handels in ihrem Bezirke wahrzunehmen, hat bei ſtatiſtiſchen Erhe-
bungen mitzuwirken und alljährlich einen Bericht ſammt Wünſchen
bezüglich auf die Lage, Verhältniſſe und Bedürfniſſe der Induſtrie und
des Handels unmittelbar an das Handelsminiſterium zu erſtatten. Durch vor-
[Spaltenumbruch] ſtehende Verordnung iſt jene vom 4 Aug. 1848 „die Einführung von Ge-
werbekammern betreffend,“ aufgehoben, und die k. Verordnungen vom 19
Sept. 1842 und 3 Aug. 1848 bezüglich der Einführung von Handelskam-
mern bleiben nur noch ſo lange in Kraft, bis die Handels- und Fabrikräthe
überall in ausreichender Weiſe gebildet ſind. — Zufolge k. Erlaſſes dür-
fen die Sitzungen der ärztlichen Commiſſion zur Berathung über die Re-
organiſation des bayeriſchen Medicinalweſens noch über den 4 d. M. hin-
aus, und zwar bis zum 9 d. M. fortgeſetzt werden, falls die vorgelegte
Aufgabe nicht früher gelöst ſeyn ſollte.

Gr. Baden.

Die Landtagswahlen ſind auf den 16 Febr. anbe-
raumt. (Schw. M.)

Thüringen.

Der Prorectoratswechſel hat heute,
am Geburtstage des Großherzogs, hier an der Univerſität in herkömm-
licher Weiſe ſtattgefunden. Der neue Prorector iſt der Profeſſor der
Rechte und geheime Juſtizrath Michelſen, ehemaliger Reichstagsabgeord-
neter aus Schleswig-Holſtein. In ſeiner Antrittsrede, welche das Ver-
hältniß der Philoſophie zur Rechtswiſſenſchaft zum Thema hatte, wurde einer
mehr geiftigen und ſchöpferiſchen Behandlung der Jurisprudenz lebhaft das
Wort geredet, zugleich aber gegen utopiſche Ideale und falſche Meſſianiſche
Erwartungen auf dem Gebiet des Staats- und Rechtslebens nachdrücklich
gewarnt.

Der erſte Wahlkreis unſers Herzogthums
hat den Obriſt v. Speßhardt nach Erfurt gewählt.

Sachſen.

In der heutigen Sitzung der erſten
Kammer wurde ein königliches Decret vom 24 Jan. mitgetheilt, welches
auf die Kammerbeſchlüſſe wegen Ertheilung einer Amneſtie antwortet.
Danach iſt der König gemeint „nicht bloß einzelnen der Maiangeklagten,
ſondern, wie den Kammern bereits mitgetheilt worden iſt, ganzen in vor-
aus beſtimmten Claſſen derſelben, ohne vorheriges Anſuchen der Be-
theiligten, Abolition, alſo eine vor der Fällung des Rechtsſpruchs ein-
tretende, und ſomit auch deren ſtaatsbürgerliche Rechte aufrecht erhaltende
Begnadigung zu Theil werden zu laſſen“, jedoch muß er ſich vorbehalten,
darüber welche der Angeklagten jenen Claſſen beizuzählen ſeyen, das
Gutachten des Juſtizminiſteriums zu vernehmen. „Da nun aber ein ſol-
ches Gutachten ohne vorherige Erörterung der Schuld eines jeden nicht
erſtattet werden kann, und über diejenigen Angeſchuldigten welche jenen
Claſſen nicht angehören rechtlich erkannt werden muß, ſo haben Aller-
höchſtdieſelben Sich zu einer auch die Einleitung der Unterſuchung aus-
ſchließenden Amneſtie nicht zu entſchließen vermocht. Damit es übrigens
dem Gutachten des Juſtizminiſteriums an einer auf richterlicher Beur-
theilung beruhenden Grundlage nicht fehle, iſt ſchon früher angeordnet
worden daß, wenn die betreffenden Unterſuchungen ſo weit vorgeſchritten
ſind um das Verſchulden der einzelnen Betheiligten danach beurtheilen
zu können, die Acten mit einem gutachtlichen Vortrag des betreffenden
Bezirksappellationsgerichts an das Juſtizminiſterium eingeſendet werden,
als wobei es Allerhöchſtdieſelben bewenden laſſen.“

Hanſeſtädte.

Bürgermeiſter Bartels ſtarb
geſtern Abend im 90ſten Jahre ſeines Alters. Er wurde am 23 Nov.
1798 zum Senator und am 25 März 1820 zum Bürgermeiſter gewählt.
Obſchon er ſeit etwa zwei Jahren nicht mehr zu den Rathsverſammlungen
ging, ſo war er doch immer bis wenige Tage vor ſeinem Tode in Staats-
geſchäften thätig, z. B. als Chef des Militärdepartements. Auch ließ er
ſich Mittheilungen über die Verhandlungen des Senats machen und folgte
ſolchen mit großem Intereſſe. Was er früher als Schriftſteller geleiſtet,
iſt bekannt. Er war ein überaus thätiger, rechtſchaffener, einfacher und
talentvoller Mann, dabei durchaus nicht eigennützig, im Gegentheil ver-
wendete er auf milde Zwecke den größten Theil ſeiner Einkünfte; daher
hinterläßt er kein Vermögen. Während der Fremdherrſchaft war er Rich-
ter an der cour impériale. Es frägt ſich nun ob der Senat unter jetzigen
Umſtänden ein anderes Mitglied wählen oder ſolches der erbgeſeſſenen
Bürgerſchaft überlaſſen wird.

Preußen.

Die Wahlen in der Rheinprovinz für
Erfurt laſſen ſich heute zu einem guten Theil überſehen. Ludolph Camphauſen
wünſchte hier gewählt zu werden, und man hat dem Wunſche entſprochen:
ohne dieſen Wunſch würde vielleicht die Partei für Heinrich v. Gagern
geſiegt haben; trotz des Wunſches erhielt Gagern 26 Stimmen: 22
Stimmen warfen ſich auf den Appellationsgerichtsrath Auguſt Reichens-
perger, der mit ſeinem Bruder Franz, zur Zeit in Berlin, an vielen Orten
in Vorſchlag gebracht wurde. Der Landkreis Köln entſchied ſich für Auguſt
Reichensperger und zwar gegen v. Wittgenſtein der dagegen in Düren dem
Profeſſor Braun zu Bonn gegenüber ſiegte. Auch in Düſſeldorf und
Koblenz blieben die ſogenannten Ultramontanen im Nachtheil. Im allge-
meinen hat dieſe Partei weniger Repräſentanten erfochten als man er-
warten wollte. Bis dahin ſtehen dafür nur die beiden Reichensperger
da. Prof. Bauerband iſt nicht zu ihnen zu rechnen, wie man ihm denn auch

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[580/0004] ⠇ München, 5 Febr. Das geſtrige Künſtler Maskenſeſt im Odeon zeichnete ſich durch den höchſten geſellſchaftlichen Glanz und durch reich entwickelte künſtleriſche Pracht aus. Ich überlaſſe die nähere Schil- derung dieſes intereſſanten Balles einer andern Feder, und bemerke nur in Kürze daß ächte feine Heiterkeit eine lange Nacht mit dem bunteſten Leben ſchmückte. Die hieſige Bevölkerung muß ſich unſerer Künſtlerwelt zu Dank verpſlichtet fühlen für einen Genuß der kaum anderswo in ähn- lichem Maße geboten werden kann. Soll ich Ihnen noch ein Wort über das auſgeführte Märchen: „Frühling im Winter“ ſagen, ſo bekenne ich — wohl mit der Mehrzahl der Ballgäſte — daß alles von „Herrn Winters“ Schloß und Saalbau mit Glockenſtube und Geſindekammer (was ſich ſpä- ter in eine blühende Gartenlaube verwandelt), von Schenken und Pagen, von den Masken-Erſcheinungen aus Nord und Süd, von Architektonik, Ma- lerei und Coſtümirung hoch entzückt war, daß aber in dem Märchen eine zu zarte Romantik liegt als daß ſie der Faſchingsbühne, die gröbern Stoſſes bedarf, ganz zugeſagt hätte. Die Dichtung von A. Teichlein iſt geiſtreich in vielen Theilen, aber zu abſtract, zu geſucht im ganzen. „Herrn Winter“ dem nordiſchen Junker Sauſebraus iſt „Liebſeelchen,“ das deut- ſche melancholiſche Gemüth, das nach der „Blume der Phantaſey“ ſucht, beigeſellt. Die Vermittlung der Luſtbarkeit, die ſich zwiſchen jenen bei- den nicht machen will und für den Zuſchauer auch zu lange nicht macht, hat „Faſching,“ der luſtige Rath im Hauſe, auf gelungene Weiſe über- nommen. Der das kleine Drama begleitenden Muſik von Perfall man- gelt es nicht an einer feinen charakteriſtiſchen Färbung. — Der beſprochene Armenball hat unſern Localblättern Anlaß zur Erörterung der ſocialen Frage gegeben. Bei dem Intereſſe welches dieſe Frage wie in Frankreich, ſo auch in ganz Deutſchland gegenwärtig in Anſpruch nimmt, werden Sie mir erlauben dieſelbe nächſtens auch vom Geſichtspunkt unſerer Haupt- ſtadt aus zu beleuchten. □ München, 5 Febr. Das neueſte Regierungsblatt (Nr. 8) enthält eine königliche allerhöchſte Verordnung über die Errichtung von „Gewerbe- und Handelskammern,“ der ich folgendes entnehme: In jenen Städten und für jene Bezirke des Königreichs wo wegen eines erheb- lichen gewerblichen und Handelsverkehrs das Bedürfniß einer Vertretung der gewerblichen und Handelsintereſſen obwaltet, ſollen auf Antrag der Betheiligten, nach Vernehmung der einſchlägigen Gemeinden, Gewerbe- vereine und Handelsgremien, mit Genehmigung des Staatsminiſteriums des Handels und der öffentlichen Arbeiten Gewerbe- und Handelskammern errichtet werden. Eine jede ſolche Kammer umfaßt drei ſelbſtändige Ab- theilungen: 1) den Gewerberath; 2) den Fabrikrath und 3) den Handels- rath; je nach den obwaltenden Verhältniſſen des Orts oder Bezirks aber kann das Staatsminiſterium die Bildung nur zweier oder einer dieſer Abtheilungen geſtatten. 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Polizeihörden und die Kreisregierungen, ſondern auch un- mittelbar an das Staatsminiſterium ſelbſt wenden, ſo oſt er dieß für zweckmäßig erachtet; endlich ſteht es ihm auch frei Lehrer von techniſchen Fächern oder andern wiſſenſchaftlichen Anſtalten, ſowie außerordentliche Beiſitzer aus dem Gewerbsſtande zu ſeinen Sitzungen einzuladen. Wei- ter enthält die königliche Verordnung noch Beſtimmungen über die Wahl des Vorſitzenden, über Ergänzung des Gewerbrathes, Geſchäftsordnung, Aufbringung der erlaufenden Koſten durch die Betheiligten u. ſ. w. Die Bildung, Befugniſſe u. ſ. w. des Fabrikrathes und des Handels- rathes richten ſich nach ähnlichen oder gleichen Normen, und ihr Zweck und ihre Wirkſamkeit entſpricht den durch ſie vertretenen Fabrik- und Handelsintereſſen. Die Gewerb- und Handelskammer ſelbſt be- ſteht aus ſämmtlichen Mitgliedern des Gewerb, Fabrik- und Handels- rathes, welche aus ihrer Mitte einen Vorſitzenden und einen Stellvertre- ter derſelben wählen; ſie hat die Geſammtintereſſen der Induſtrie und des Handels in ihrem Bezirke wahrzunehmen, hat bei ſtatiſtiſchen Erhe- bungen mitzuwirken und alljährlich einen Bericht ſammt Wünſchen bezüglich auf die Lage, Verhältniſſe und Bedürfniſſe der Induſtrie und des Handels unmittelbar an das Handelsminiſterium zu erſtatten. Durch vor- ſtehende Verordnung iſt jene vom 4 Aug. 1848 „die Einführung von Ge- werbekammern betreffend,“ aufgehoben, und die k. Verordnungen vom 19 Sept. 1842 und 3 Aug. 1848 bezüglich der Einführung von Handelskam- mern bleiben nur noch ſo lange in Kraft, bis die Handels- und Fabrikräthe überall in ausreichender Weiſe gebildet ſind. — Zufolge k. Erlaſſes dür- fen die Sitzungen der ärztlichen Commiſſion zur Berathung über die Re- organiſation des bayeriſchen Medicinalweſens noch über den 4 d. M. hin- aus, und zwar bis zum 9 d. M. fortgeſetzt werden, falls die vorgelegte Aufgabe nicht früher gelöst ſeyn ſollte. Gr. Baden. Die Landtagswahlen ſind auf den 16 Febr. anbe- raumt. (Schw. M.) Thüringen. * Jena, 2 Febr. Der Prorectoratswechſel hat heute, am Geburtstage des Großherzogs, hier an der Univerſität in herkömm- licher Weiſe ſtattgefunden. Der neue Prorector iſt der Profeſſor der Rechte und geheime Juſtizrath Michelſen, ehemaliger Reichstagsabgeord- neter aus Schleswig-Holſtein. In ſeiner Antrittsrede, welche das Ver- hältniß der Philoſophie zur Rechtswiſſenſchaft zum Thema hatte, wurde einer mehr geiftigen und ſchöpferiſchen Behandlung der Jurisprudenz lebhaft das Wort geredet, zugleich aber gegen utopiſche Ideale und falſche Meſſianiſche Erwartungen auf dem Gebiet des Staats- und Rechtslebens nachdrücklich gewarnt. Meiningen, 31 Jan. Der erſte Wahlkreis unſers Herzogthums hat den Obriſt v. Speßhardt nach Erfurt gewählt. Sachſen. Dresden, 2 Febr. In der heutigen Sitzung der erſten Kammer wurde ein königliches Decret vom 24 Jan. mitgetheilt, welches auf die Kammerbeſchlüſſe wegen Ertheilung einer Amneſtie antwortet. Danach iſt der König gemeint „nicht bloß einzelnen der Maiangeklagten, ſondern, wie den Kammern bereits mitgetheilt worden iſt, ganzen in vor- aus beſtimmten Claſſen derſelben, ohne vorheriges Anſuchen der Be- theiligten, Abolition, alſo eine vor der Fällung des Rechtsſpruchs ein- tretende, und ſomit auch deren ſtaatsbürgerliche Rechte aufrecht erhaltende Begnadigung zu Theil werden zu laſſen“, jedoch muß er ſich vorbehalten, darüber welche der Angeklagten jenen Claſſen beizuzählen ſeyen, das Gutachten des Juſtizminiſteriums zu vernehmen. „Da nun aber ein ſol- ches Gutachten ohne vorherige Erörterung der Schuld eines jeden nicht erſtattet werden kann, und über diejenigen Angeſchuldigten welche jenen Claſſen nicht angehören rechtlich erkannt werden muß, ſo haben Aller- höchſtdieſelben Sich zu einer auch die Einleitung der Unterſuchung aus- ſchließenden Amneſtie nicht zu entſchließen vermocht. 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Gagern geſiegt haben; trotz des Wunſches erhielt Gagern 26 Stimmen: 22 Stimmen warfen ſich auf den Appellationsgerichtsrath Auguſt Reichens- perger, der mit ſeinem Bruder Franz, zur Zeit in Berlin, an vielen Orten in Vorſchlag gebracht wurde. Der Landkreis Köln entſchied ſich für Auguſt Reichensperger und zwar gegen v. Wittgenſtein der dagegen in Düren dem Profeſſor Braun zu Bonn gegenüber ſiegte. Auch in Düſſeldorf und Koblenz blieben die ſogenannten Ultramontanen im Nachtheil. Im allge- meinen hat dieſe Partei weniger Repräſentanten erfochten als man er- warten wollte. Bis dahin ſtehen dafür nur die beiden Reichensperger da. Prof. Bauerband iſt nicht zu ihnen zu rechnen, wie man ihm denn auch

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 37, 6. Februar 1850, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine37_1850/4>, abgerufen am 16.07.2024.