Allgemeine Zeitung, Nr. 37, 6. Februar 1850.[Spaltenumbruch]
l München, 5 Febr. Das gestrige Künstler Maskensest im # München, 5 Febr. Das neueste Regierungsblatt (Nr. 8) Gr. Baden. Die Landtagswahlen sind auf den 16 Febr. anbe- Thüringen. * Jena, 2 Febr. Der Prorectoratswechsel hat heute, Meiningen, 31 Jan. Der erste Wahlkreis unsers Herzogthums Sachsen. Dresden, 2 Febr. In der heutigen Sitzung der ersten Hansestädte. * Hamburg, 2 Febr. Bürgermeister Bartels starb Preußen. 0 Köln, 2 Febr. Die Wahlen in der Rheinprovinz für [Spaltenumbruch]
⠇ München, 5 Febr. Das geſtrige Künſtler Maskenſeſt im □ München, 5 Febr. Das neueſte Regierungsblatt (Nr. 8) Gr. Baden. Die Landtagswahlen ſind auf den 16 Febr. anbe- Thüringen. * Jena, 2 Febr. Der Prorectoratswechſel hat heute, Meiningen, 31 Jan. Der erſte Wahlkreis unſers Herzogthums Sachſen. Dresden, 2 Febr. In der heutigen Sitzung der erſten Hanſeſtädte. * Hamburg, 2 Febr. Bürgermeiſter Bartels ſtarb Preußen. 0 Köln, 2 Febr. Die Wahlen in der Rheinprovinz für <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jPoliticalNews" n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <pb facs="#f0004" n="580"/> <cb/> </div> </div> </div> <div type="jCulturalNews" n="2"> <div n="3"> <head> <note type="editorial">[Bayern]</note> </head><lb/> <div type="jComment" n="4"> <dateline>⠇ <hi rendition="#b">München,</hi> 5 Febr.</dateline> <p>Das geſtrige Künſtler Maskenſeſt im<lb/> Odeon zeichnete ſich durch den höchſten geſellſchaftlichen Glanz und durch<lb/> reich entwickelte künſtleriſche Pracht aus. Ich überlaſſe die nähere Schil-<lb/> derung dieſes intereſſanten Balles einer andern Feder, und bemerke nur in<lb/> Kürze daß ächte feine Heiterkeit eine lange Nacht mit dem bunteſten Leben<lb/> ſchmückte. Die hieſige Bevölkerung muß ſich unſerer Künſtlerwelt zu<lb/> Dank verpſlichtet fühlen für einen Genuß der kaum anderswo in ähn-<lb/> lichem Maße geboten werden kann. Soll ich Ihnen noch ein Wort über<lb/> das auſgeführte Märchen: „Frühling im Winter“ ſagen, ſo bekenne ich —<lb/> wohl mit der Mehrzahl der Ballgäſte — daß alles von „Herrn Winters“<lb/> Schloß und Saalbau mit Glockenſtube und Geſindekammer (was ſich ſpä-<lb/> ter in eine blühende Gartenlaube verwandelt), von Schenken und Pagen,<lb/> von den Masken-Erſcheinungen aus Nord und Süd, von Architektonik, Ma-<lb/> lerei und Coſtümirung hoch entzückt war, daß aber in dem Märchen eine<lb/> zu zarte Romantik liegt als daß ſie der Faſchingsbühne, die gröbern<lb/> Stoſſes bedarf, ganz zugeſagt hätte. Die Dichtung von A. Teichlein iſt<lb/> geiſtreich in vielen Theilen, aber zu abſtract, zu geſucht im ganzen. „Herrn<lb/> Winter“ dem nordiſchen Junker Sauſebraus iſt „Liebſeelchen,“ das deut-<lb/> ſche melancholiſche Gemüth, das nach der „Blume der Phantaſey“ ſucht,<lb/> beigeſellt. Die Vermittlung der Luſtbarkeit, die ſich zwiſchen jenen bei-<lb/> den nicht machen will und für den Zuſchauer auch zu lange nicht macht,<lb/> hat „Faſching,“ der luſtige Rath im Hauſe, auf gelungene Weiſe über-<lb/> nommen. Der das kleine Drama begleitenden Muſik von Perfall man-<lb/> gelt es nicht an einer feinen charakteriſtiſchen Färbung. — Der beſprochene<lb/> Armenball hat unſern Localblättern Anlaß zur Erörterung der ſocialen<lb/> Frage gegeben. Bei dem Intereſſe welches dieſe Frage wie in Frankreich,<lb/> ſo auch in ganz Deutſchland gegenwärtig in Anſpruch nimmt, werden Sie<lb/> mir erlauben dieſelbe nächſtens auch vom Geſichtspunkt unſerer Haupt-<lb/> ſtadt aus zu beleuchten.</p> </div> </div> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="2"> <div n="3"> <head> <note type="editorial">[Bayern]</note> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>□ <hi rendition="#b">München,</hi> 5 Febr.</dateline> <p>Das neueſte Regierungsblatt (Nr. 8)<lb/> enthält eine königliche allerhöchſte Verordnung über die Errichtung von<lb/> „Gewerbe- und Handelskammern,“ der ich folgendes entnehme: In jenen<lb/> Städten und für jene Bezirke des Königreichs wo wegen eines erheb-<lb/> lichen gewerblichen und Handelsverkehrs das Bedürfniß einer Vertretung<lb/> der gewerblichen und Handelsintereſſen obwaltet, ſollen auf Antrag der<lb/> Betheiligten, nach Vernehmung der einſchlägigen Gemeinden, Gewerbe-<lb/> vereine und Handelsgremien, mit Genehmigung des Staatsminiſteriums<lb/> des Handels und der öffentlichen Arbeiten Gewerbe- und Handelskammern<lb/> errichtet werden. Eine jede ſolche Kammer umfaßt drei ſelbſtändige Ab-<lb/> theilungen: 1) den Gewerberath; 2) den Fabrikrath und 3) den Handels-<lb/> rath; je nach den obwaltenden Verhältniſſen des Orts oder Bezirks aber<lb/> kann das Staatsminiſterium die Bildung nur zweier oder einer dieſer<lb/> Abtheilungen geſtatten. Der Gewerberath wird von den Mitgliedern<lb/> des Standes der Gewerbetreibenden gewählt und ſoll aus mindeſtens<lb/> ſieben Mitgliedern zuſammengeſetzt ſeyn; wählbar dazu ſind alle Wahl-<lb/> berechtigten die das dreißigſte Jahr zurückgelegt haben, und ihr Gewerbe<lb/> ſeit mindeſtens drei Jahren betreiben; die Wahl ſelbſt iſt in Städten und<lb/> kleinen Bezirken eine directe, in ſehr ausgedehnten Bezirken dagegen eine<lb/> indirecte; die eine oder andere Wahlart wird jederzeit vom Handelsmini-<lb/> ſterium den Verhältniſſen gemäß feſtgeſetzt u. ſ. w. Der Gewerberath<lb/> hat die Intereſſen des Gewerbeſtands in ſeinem Bezirk wahrzunehmen,<lb/> die zur Förderung der Gewerbe geeigneten Einrichtungen zu berathen und<lb/> der Verwaltungsbehörde zur Kenntniß zu bringen, ſowie die von ihm<lb/> verlangten Auſſchlüſſe und Gutachten zu ertheilen; er wird bei allen die<lb/> beſtehenden Verhältniſſe des Gewerbeſtands tiefer berührenden Anord-<lb/> nungen gehört werden, und kann ſich mit ſeinen Eingaben nicht nur an<lb/> die Diſtricts. Polizeihörden und die Kreisregierungen, ſondern auch un-<lb/> mittelbar an das Staatsminiſterium ſelbſt wenden, ſo oſt er dieß für<lb/> zweckmäßig erachtet; endlich ſteht es ihm auch frei Lehrer von techniſchen<lb/> Fächern oder andern wiſſenſchaftlichen Anſtalten, ſowie außerordentliche<lb/> Beiſitzer aus dem Gewerbsſtande zu ſeinen Sitzungen einzuladen. Wei-<lb/> ter enthält die königliche Verordnung noch Beſtimmungen über die Wahl<lb/> des Vorſitzenden, über Ergänzung des Gewerbrathes, Geſchäftsordnung,<lb/> Aufbringung der erlaufenden Koſten durch die Betheiligten u. ſ. w. Die<lb/> Bildung, Befugniſſe u. ſ. w. des <hi rendition="#g">Fabrikrathes</hi> und des <hi rendition="#g">Handels-<lb/> rathes</hi> richten ſich nach ähnlichen oder gleichen Normen, und ihr Zweck<lb/> und ihre Wirkſamkeit entſpricht den durch ſie vertretenen Fabrik- und<lb/> Handelsintereſſen. Die <hi rendition="#g">Gewerb- und Handelskammer</hi> ſelbſt be-<lb/> ſteht aus ſämmtlichen Mitgliedern des Gewerb, Fabrik- und Handels-<lb/> rathes, welche aus ihrer Mitte einen Vorſitzenden und einen Stellvertre-<lb/> ter derſelben wählen; ſie hat die Geſammtintereſſen der Induſtrie und<lb/> des Handels in ihrem Bezirke wahrzunehmen, hat bei ſtatiſtiſchen Erhe-<lb/> bungen mitzuwirken und alljährlich einen Bericht ſammt Wünſchen<lb/> bezüglich auf die Lage, Verhältniſſe und Bedürfniſſe der Induſtrie und<lb/> des Handels unmittelbar an das Handelsminiſterium zu erſtatten. Durch vor-<lb/><cb/> ſtehende Verordnung iſt jene vom 4 Aug. 1848 „die Einführung von Ge-<lb/> werbekammern betreffend,“ aufgehoben, und die k. Verordnungen vom 19<lb/> Sept. 1842 und 3 Aug. 1848 bezüglich der Einführung von Handelskam-<lb/> mern bleiben nur noch ſo lange in Kraft, bis die Handels- und Fabrikräthe<lb/> überall in ausreichender Weiſe gebildet ſind. — Zufolge k. Erlaſſes dür-<lb/> fen die Sitzungen der ärztlichen Commiſſion zur Berathung über die Re-<lb/> organiſation des bayeriſchen Medicinalweſens noch über den 4 d. M. hin-<lb/> aus, und zwar bis zum 9 d. M. fortgeſetzt werden, falls die vorgelegte<lb/> Aufgabe nicht früher gelöst ſeyn ſollte.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Gr. Baden.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <p>Die Landtagswahlen ſind auf den 16 Febr. anbe-<lb/> raumt. (Schw. M.)</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Thüringen.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>* <hi rendition="#b">Jena,</hi> 2 Febr.</dateline> <p>Der Prorectoratswechſel hat heute,<lb/> am Geburtstage des Großherzogs, hier an der Univerſität in herkömm-<lb/> licher Weiſe ſtattgefunden. Der neue Prorector iſt der Profeſſor der<lb/> Rechte und geheime Juſtizrath Michelſen, ehemaliger Reichstagsabgeord-<lb/> neter aus Schleswig-Holſtein. In ſeiner Antrittsrede, welche das Ver-<lb/> hältniß der Philoſophie zur Rechtswiſſenſchaft zum Thema hatte, wurde einer<lb/> mehr geiftigen und ſchöpferiſchen Behandlung der Jurisprudenz lebhaft das<lb/> Wort geredet, zugleich aber gegen utopiſche Ideale und falſche Meſſianiſche<lb/> Erwartungen auf dem Gebiet des Staats- und Rechtslebens nachdrücklich<lb/> gewarnt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Meiningen,</hi> 31 Jan.</dateline> <p>Der erſte Wahlkreis unſers Herzogthums<lb/> hat den Obriſt v. Speßhardt nach Erfurt gewählt.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Sachſen.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Dresden,</hi> 2 Febr.</dateline> <p>In der heutigen Sitzung der erſten<lb/> Kammer wurde ein königliches Decret vom 24 Jan. mitgetheilt, welches<lb/> auf die Kammerbeſchlüſſe wegen Ertheilung einer Amneſtie antwortet.<lb/> Danach iſt der König gemeint „nicht bloß einzelnen der Maiangeklagten,<lb/> ſondern, wie den Kammern bereits mitgetheilt worden iſt, ganzen in vor-<lb/> aus beſtimmten Claſſen derſelben, ohne vorheriges Anſuchen der Be-<lb/> theiligten, Abolition, alſo eine vor der Fällung des Rechtsſpruchs ein-<lb/> tretende, und ſomit auch deren ſtaatsbürgerliche Rechte aufrecht erhaltende<lb/> Begnadigung zu Theil werden zu laſſen“, jedoch muß er ſich vorbehalten,<lb/> darüber welche der Angeklagten jenen Claſſen beizuzählen ſeyen, das<lb/> Gutachten des Juſtizminiſteriums zu vernehmen. „Da nun aber ein ſol-<lb/> ches Gutachten ohne vorherige Erörterung der Schuld eines jeden nicht<lb/> erſtattet werden kann, und über diejenigen Angeſchuldigten welche jenen<lb/> Claſſen nicht angehören rechtlich erkannt werden muß, ſo haben Aller-<lb/> höchſtdieſelben Sich zu einer auch die Einleitung der Unterſuchung aus-<lb/> ſchließenden Amneſtie nicht zu entſchließen vermocht. Damit es übrigens<lb/> dem Gutachten des Juſtizminiſteriums an einer auf richterlicher Beur-<lb/> theilung beruhenden Grundlage nicht fehle, iſt ſchon früher angeordnet<lb/> worden daß, wenn die betreffenden Unterſuchungen ſo weit vorgeſchritten<lb/> ſind um das Verſchulden der einzelnen Betheiligten danach beurtheilen<lb/> zu können, die Acten mit einem gutachtlichen Vortrag des betreffenden<lb/> Bezirksappellationsgerichts an das Juſtizminiſterium eingeſendet werden,<lb/> als wobei es Allerhöchſtdieſelben bewenden laſſen.“</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Hanſeſtädte.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>* <hi rendition="#b">Hamburg,</hi> 2 Febr.</dateline> <p>Bürgermeiſter Bartels ſtarb<lb/> geſtern Abend im 90ſten Jahre ſeines Alters. Er wurde am 23 Nov.<lb/> 1798 zum Senator und am 25 März 1820 zum Bürgermeiſter gewählt.<lb/> Obſchon er ſeit etwa zwei Jahren nicht mehr zu den Rathsverſammlungen<lb/> ging, ſo war er doch immer bis wenige Tage vor ſeinem Tode in Staats-<lb/> geſchäften thätig, z. B. als Chef des Militärdepartements. Auch ließ er<lb/> ſich Mittheilungen über die Verhandlungen des Senats machen und folgte<lb/> ſolchen mit großem Intereſſe. Was er früher als Schriftſteller geleiſtet,<lb/> iſt bekannt. Er war ein überaus thätiger, rechtſchaffener, einfacher und<lb/> talentvoller Mann, dabei durchaus nicht eigennützig, im Gegentheil ver-<lb/> wendete er auf milde Zwecke den größten Theil ſeiner Einkünfte; daher<lb/> hinterläßt er kein Vermögen. Während der Fremdherrſchaft war er Rich-<lb/> ter an der <hi rendition="#aq">cour impériale.</hi> Es frägt ſich nun ob der Senat unter jetzigen<lb/> Umſtänden ein anderes Mitglied wählen oder ſolches der erbgeſeſſenen<lb/> Bürgerſchaft überlaſſen wird.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Preußen.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>0 <hi rendition="#b">Köln,</hi> 2 Febr.</dateline> <p>Die Wahlen in der Rheinprovinz für<lb/> Erfurt laſſen ſich heute zu einem guten Theil überſehen. Ludolph Camphauſen<lb/> wünſchte hier gewählt zu werden, und man hat dem Wunſche entſprochen:<lb/> ohne dieſen Wunſch würde vielleicht die Partei für Heinrich v. Gagern<lb/> geſiegt haben; trotz des Wunſches erhielt Gagern 26 Stimmen: 22<lb/> Stimmen warfen ſich auf den Appellationsgerichtsrath Auguſt Reichens-<lb/> perger, der mit ſeinem Bruder Franz, zur Zeit in Berlin, an vielen Orten<lb/> in Vorſchlag gebracht wurde. Der Landkreis Köln entſchied ſich für Auguſt<lb/> Reichensperger und zwar gegen v. Wittgenſtein der dagegen in Düren dem<lb/> Profeſſor Braun zu Bonn gegenüber ſiegte. Auch in Düſſeldorf und<lb/> Koblenz blieben die ſogenannten Ultramontanen im Nachtheil. Im allge-<lb/> meinen hat dieſe Partei weniger Repräſentanten erfochten als man er-<lb/> warten wollte. Bis dahin ſtehen dafür nur die beiden Reichensperger<lb/> da. Prof. Bauerband iſt nicht zu ihnen zu rechnen, wie man ihm denn auch<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [580/0004]
⠇ München, 5 Febr. Das geſtrige Künſtler Maskenſeſt im
Odeon zeichnete ſich durch den höchſten geſellſchaftlichen Glanz und durch
reich entwickelte künſtleriſche Pracht aus. Ich überlaſſe die nähere Schil-
derung dieſes intereſſanten Balles einer andern Feder, und bemerke nur in
Kürze daß ächte feine Heiterkeit eine lange Nacht mit dem bunteſten Leben
ſchmückte. Die hieſige Bevölkerung muß ſich unſerer Künſtlerwelt zu
Dank verpſlichtet fühlen für einen Genuß der kaum anderswo in ähn-
lichem Maße geboten werden kann. Soll ich Ihnen noch ein Wort über
das auſgeführte Märchen: „Frühling im Winter“ ſagen, ſo bekenne ich —
wohl mit der Mehrzahl der Ballgäſte — daß alles von „Herrn Winters“
Schloß und Saalbau mit Glockenſtube und Geſindekammer (was ſich ſpä-
ter in eine blühende Gartenlaube verwandelt), von Schenken und Pagen,
von den Masken-Erſcheinungen aus Nord und Süd, von Architektonik, Ma-
lerei und Coſtümirung hoch entzückt war, daß aber in dem Märchen eine
zu zarte Romantik liegt als daß ſie der Faſchingsbühne, die gröbern
Stoſſes bedarf, ganz zugeſagt hätte. Die Dichtung von A. Teichlein iſt
geiſtreich in vielen Theilen, aber zu abſtract, zu geſucht im ganzen. „Herrn
Winter“ dem nordiſchen Junker Sauſebraus iſt „Liebſeelchen,“ das deut-
ſche melancholiſche Gemüth, das nach der „Blume der Phantaſey“ ſucht,
beigeſellt. Die Vermittlung der Luſtbarkeit, die ſich zwiſchen jenen bei-
den nicht machen will und für den Zuſchauer auch zu lange nicht macht,
hat „Faſching,“ der luſtige Rath im Hauſe, auf gelungene Weiſe über-
nommen. Der das kleine Drama begleitenden Muſik von Perfall man-
gelt es nicht an einer feinen charakteriſtiſchen Färbung. — Der beſprochene
Armenball hat unſern Localblättern Anlaß zur Erörterung der ſocialen
Frage gegeben. Bei dem Intereſſe welches dieſe Frage wie in Frankreich,
ſo auch in ganz Deutſchland gegenwärtig in Anſpruch nimmt, werden Sie
mir erlauben dieſelbe nächſtens auch vom Geſichtspunkt unſerer Haupt-
ſtadt aus zu beleuchten.
□ München, 5 Febr. Das neueſte Regierungsblatt (Nr. 8)
enthält eine königliche allerhöchſte Verordnung über die Errichtung von
„Gewerbe- und Handelskammern,“ der ich folgendes entnehme: In jenen
Städten und für jene Bezirke des Königreichs wo wegen eines erheb-
lichen gewerblichen und Handelsverkehrs das Bedürfniß einer Vertretung
der gewerblichen und Handelsintereſſen obwaltet, ſollen auf Antrag der
Betheiligten, nach Vernehmung der einſchlägigen Gemeinden, Gewerbe-
vereine und Handelsgremien, mit Genehmigung des Staatsminiſteriums
des Handels und der öffentlichen Arbeiten Gewerbe- und Handelskammern
errichtet werden. Eine jede ſolche Kammer umfaßt drei ſelbſtändige Ab-
theilungen: 1) den Gewerberath; 2) den Fabrikrath und 3) den Handels-
rath; je nach den obwaltenden Verhältniſſen des Orts oder Bezirks aber
kann das Staatsminiſterium die Bildung nur zweier oder einer dieſer
Abtheilungen geſtatten. Der Gewerberath wird von den Mitgliedern
des Standes der Gewerbetreibenden gewählt und ſoll aus mindeſtens
ſieben Mitgliedern zuſammengeſetzt ſeyn; wählbar dazu ſind alle Wahl-
berechtigten die das dreißigſte Jahr zurückgelegt haben, und ihr Gewerbe
ſeit mindeſtens drei Jahren betreiben; die Wahl ſelbſt iſt in Städten und
kleinen Bezirken eine directe, in ſehr ausgedehnten Bezirken dagegen eine
indirecte; die eine oder andere Wahlart wird jederzeit vom Handelsmini-
ſterium den Verhältniſſen gemäß feſtgeſetzt u. ſ. w. Der Gewerberath
hat die Intereſſen des Gewerbeſtands in ſeinem Bezirk wahrzunehmen,
die zur Förderung der Gewerbe geeigneten Einrichtungen zu berathen und
der Verwaltungsbehörde zur Kenntniß zu bringen, ſowie die von ihm
verlangten Auſſchlüſſe und Gutachten zu ertheilen; er wird bei allen die
beſtehenden Verhältniſſe des Gewerbeſtands tiefer berührenden Anord-
nungen gehört werden, und kann ſich mit ſeinen Eingaben nicht nur an
die Diſtricts. Polizeihörden und die Kreisregierungen, ſondern auch un-
mittelbar an das Staatsminiſterium ſelbſt wenden, ſo oſt er dieß für
zweckmäßig erachtet; endlich ſteht es ihm auch frei Lehrer von techniſchen
Fächern oder andern wiſſenſchaftlichen Anſtalten, ſowie außerordentliche
Beiſitzer aus dem Gewerbsſtande zu ſeinen Sitzungen einzuladen. Wei-
ter enthält die königliche Verordnung noch Beſtimmungen über die Wahl
des Vorſitzenden, über Ergänzung des Gewerbrathes, Geſchäftsordnung,
Aufbringung der erlaufenden Koſten durch die Betheiligten u. ſ. w. Die
Bildung, Befugniſſe u. ſ. w. des Fabrikrathes und des Handels-
rathes richten ſich nach ähnlichen oder gleichen Normen, und ihr Zweck
und ihre Wirkſamkeit entſpricht den durch ſie vertretenen Fabrik- und
Handelsintereſſen. Die Gewerb- und Handelskammer ſelbſt be-
ſteht aus ſämmtlichen Mitgliedern des Gewerb, Fabrik- und Handels-
rathes, welche aus ihrer Mitte einen Vorſitzenden und einen Stellvertre-
ter derſelben wählen; ſie hat die Geſammtintereſſen der Induſtrie und
des Handels in ihrem Bezirke wahrzunehmen, hat bei ſtatiſtiſchen Erhe-
bungen mitzuwirken und alljährlich einen Bericht ſammt Wünſchen
bezüglich auf die Lage, Verhältniſſe und Bedürfniſſe der Induſtrie und
des Handels unmittelbar an das Handelsminiſterium zu erſtatten. Durch vor-
ſtehende Verordnung iſt jene vom 4 Aug. 1848 „die Einführung von Ge-
werbekammern betreffend,“ aufgehoben, und die k. Verordnungen vom 19
Sept. 1842 und 3 Aug. 1848 bezüglich der Einführung von Handelskam-
mern bleiben nur noch ſo lange in Kraft, bis die Handels- und Fabrikräthe
überall in ausreichender Weiſe gebildet ſind. — Zufolge k. Erlaſſes dür-
fen die Sitzungen der ärztlichen Commiſſion zur Berathung über die Re-
organiſation des bayeriſchen Medicinalweſens noch über den 4 d. M. hin-
aus, und zwar bis zum 9 d. M. fortgeſetzt werden, falls die vorgelegte
Aufgabe nicht früher gelöst ſeyn ſollte.
Gr. Baden.
Die Landtagswahlen ſind auf den 16 Febr. anbe-
raumt. (Schw. M.)
Thüringen.
* Jena, 2 Febr. Der Prorectoratswechſel hat heute,
am Geburtstage des Großherzogs, hier an der Univerſität in herkömm-
licher Weiſe ſtattgefunden. Der neue Prorector iſt der Profeſſor der
Rechte und geheime Juſtizrath Michelſen, ehemaliger Reichstagsabgeord-
neter aus Schleswig-Holſtein. In ſeiner Antrittsrede, welche das Ver-
hältniß der Philoſophie zur Rechtswiſſenſchaft zum Thema hatte, wurde einer
mehr geiftigen und ſchöpferiſchen Behandlung der Jurisprudenz lebhaft das
Wort geredet, zugleich aber gegen utopiſche Ideale und falſche Meſſianiſche
Erwartungen auf dem Gebiet des Staats- und Rechtslebens nachdrücklich
gewarnt.
Meiningen, 31 Jan. Der erſte Wahlkreis unſers Herzogthums
hat den Obriſt v. Speßhardt nach Erfurt gewählt.
Sachſen.
Dresden, 2 Febr. In der heutigen Sitzung der erſten
Kammer wurde ein königliches Decret vom 24 Jan. mitgetheilt, welches
auf die Kammerbeſchlüſſe wegen Ertheilung einer Amneſtie antwortet.
Danach iſt der König gemeint „nicht bloß einzelnen der Maiangeklagten,
ſondern, wie den Kammern bereits mitgetheilt worden iſt, ganzen in vor-
aus beſtimmten Claſſen derſelben, ohne vorheriges Anſuchen der Be-
theiligten, Abolition, alſo eine vor der Fällung des Rechtsſpruchs ein-
tretende, und ſomit auch deren ſtaatsbürgerliche Rechte aufrecht erhaltende
Begnadigung zu Theil werden zu laſſen“, jedoch muß er ſich vorbehalten,
darüber welche der Angeklagten jenen Claſſen beizuzählen ſeyen, das
Gutachten des Juſtizminiſteriums zu vernehmen. „Da nun aber ein ſol-
ches Gutachten ohne vorherige Erörterung der Schuld eines jeden nicht
erſtattet werden kann, und über diejenigen Angeſchuldigten welche jenen
Claſſen nicht angehören rechtlich erkannt werden muß, ſo haben Aller-
höchſtdieſelben Sich zu einer auch die Einleitung der Unterſuchung aus-
ſchließenden Amneſtie nicht zu entſchließen vermocht. Damit es übrigens
dem Gutachten des Juſtizminiſteriums an einer auf richterlicher Beur-
theilung beruhenden Grundlage nicht fehle, iſt ſchon früher angeordnet
worden daß, wenn die betreffenden Unterſuchungen ſo weit vorgeſchritten
ſind um das Verſchulden der einzelnen Betheiligten danach beurtheilen
zu können, die Acten mit einem gutachtlichen Vortrag des betreffenden
Bezirksappellationsgerichts an das Juſtizminiſterium eingeſendet werden,
als wobei es Allerhöchſtdieſelben bewenden laſſen.“
Hanſeſtädte.
* Hamburg, 2 Febr. Bürgermeiſter Bartels ſtarb
geſtern Abend im 90ſten Jahre ſeines Alters. Er wurde am 23 Nov.
1798 zum Senator und am 25 März 1820 zum Bürgermeiſter gewählt.
Obſchon er ſeit etwa zwei Jahren nicht mehr zu den Rathsverſammlungen
ging, ſo war er doch immer bis wenige Tage vor ſeinem Tode in Staats-
geſchäften thätig, z. B. als Chef des Militärdepartements. Auch ließ er
ſich Mittheilungen über die Verhandlungen des Senats machen und folgte
ſolchen mit großem Intereſſe. Was er früher als Schriftſteller geleiſtet,
iſt bekannt. Er war ein überaus thätiger, rechtſchaffener, einfacher und
talentvoller Mann, dabei durchaus nicht eigennützig, im Gegentheil ver-
wendete er auf milde Zwecke den größten Theil ſeiner Einkünfte; daher
hinterläßt er kein Vermögen. Während der Fremdherrſchaft war er Rich-
ter an der cour impériale. Es frägt ſich nun ob der Senat unter jetzigen
Umſtänden ein anderes Mitglied wählen oder ſolches der erbgeſeſſenen
Bürgerſchaft überlaſſen wird.
Preußen.
0 Köln, 2 Febr. Die Wahlen in der Rheinprovinz für
Erfurt laſſen ſich heute zu einem guten Theil überſehen. Ludolph Camphauſen
wünſchte hier gewählt zu werden, und man hat dem Wunſche entſprochen:
ohne dieſen Wunſch würde vielleicht die Partei für Heinrich v. Gagern
geſiegt haben; trotz des Wunſches erhielt Gagern 26 Stimmen: 22
Stimmen warfen ſich auf den Appellationsgerichtsrath Auguſt Reichens-
perger, der mit ſeinem Bruder Franz, zur Zeit in Berlin, an vielen Orten
in Vorſchlag gebracht wurde. Der Landkreis Köln entſchied ſich für Auguſt
Reichensperger und zwar gegen v. Wittgenſtein der dagegen in Düren dem
Profeſſor Braun zu Bonn gegenüber ſiegte. Auch in Düſſeldorf und
Koblenz blieben die ſogenannten Ultramontanen im Nachtheil. Im allge-
meinen hat dieſe Partei weniger Repräſentanten erfochten als man er-
warten wollte. Bis dahin ſtehen dafür nur die beiden Reichensperger
da. Prof. Bauerband iſt nicht zu ihnen zu rechnen, wie man ihm denn auch
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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