Allgemeine Zeitung, Nr. 37, 12. September 1914.Allgemeine Zeitung 12. September 1914. [Spaltenumbruch]
den lebendigen Patriotismus seiner kleinen Handlung er-freuen. Wichert hat ja Bedeutenderes geschrieben; gleich schon sein erstes patriotisches Drama "Unser General York", das im Jahre 1885 entstand. Ehemals wurden seine harm- losen aber gutgebauten Lustspiele an unserer Hofbühne gern gegeben. Das "eiserne Kreuz" wurde von den Herren Peppler, Randolf und Siegfried Raabe flott gespielt. Darauf trug Fräulein Annie Rosar eine Dichtung Richard Voß' "Bayerns Kronprinz" als Göttin des Sieges unter großem Beifall vor und den Schluß machte "Der zerbrochene Krug" von unserem vaterländischen Dichter Kleist, dessen Hermannsschlacht über kurz oder lang wohl auch auf unseren Bühnen erscheinen wird. Mahnung. Werdet nur nicht übermütig, Meinet nicht: "es muß so sein!" Weil das Herz euch edelblütig, Und die Fahne fleckenrein. Nicht die Ruhmsucht darf uns treiben, Und das Prahlen steht uns schlecht: Fromm soll unser Glaube bleiben, Heilig haltet unser Recht! Laßt dem Feind die großen Worte Und dem Himmel das Gericht; Schweigsam tun an jedem Orte Deutsche Männer ihre Pflicht. Unsre Kämpfer in den Schlachten Ziert ein heldenstolzer Ernst: Danach sollst, mein Volk, du trachten, Daß du seine Größe lernst! Gilt es doch die Kraft zu wahren, Die nicht nur den Gegner schlägt, Die gerüstet in Gefahren Würdig auch ein Unglück trägt. Bücheranzeigen. Das Buch der Frau. Aus dem Nachlaß von Dagobert Wenn der Gärtner das Werk vollendet hat in seinem Garten, Speckmann, Diedrich, Erich Heydenreichs Dorf. Erzählung. Ein echter Speckmann mit all der feinen beschaulichen Klein- Handel und Industrie Die deutsche Kriegsanleihe. Einer der letzten Beschlüsse des deutschen Reichstages be- Die Reichsregierung kommt somit den Kapitalisten in der Die Verzinsung der Schatzscheine beträgt unter Berück- Wie die Dinge liegen, ist aber nicht nur eine rege Beteili- 1) Der alte Freund Richard Wagners hat obenstehende wohlmeinende Verse an
die Kreuz-Zeitung gesandt und dazu geschrieben: An ehr wohlgesinnten Zeitungen mache ich die nicht behagliche Beobachtung, daß gute deutsche Leute in der Freude über unsere herrlichen Erfolge und im Gefühle unsres sichern Rechts gleich anfangs den Mund so voll nehmen von "Zerschmetterung der Feinde" und "Teilung der Welt", wie es nicht deutsche Art ist. Gutes Gewissen und Gottvertrauen brauchen der Posaunen nicht. Aus solcher Empfindung heraus kam mir vorstehende "Mahnung." Allgemeine Zeitung 12. September 1914. [Spaltenumbruch]
den lebendigen Patriotismus ſeiner kleinen Handlung er-freuen. Wichert hat ja Bedeutenderes geſchrieben; gleich ſchon ſein erſtes patriotiſches Drama „Unſer General York“, das im Jahre 1885 entſtand. Ehemals wurden ſeine harm- loſen aber gutgebauten Luſtſpiele an unſerer Hofbühne gern gegeben. Das „eiſerne Kreuz“ wurde von den Herren Peppler, Randolf und Siegfried Raabe flott geſpielt. Darauf trug Fräulein Annie Roſar eine Dichtung Richard Voß’ „Bayerns Kronprinz“ als Göttin des Sieges unter großem Beifall vor und den Schluß machte „Der zerbrochene Krug“ von unſerem vaterländiſchen Dichter Kleiſt, deſſen Hermannsſchlacht über kurz oder lang wohl auch auf unſeren Bühnen erſcheinen wird. Mahnung. Werdet nur nicht übermütig, Meinet nicht: „es muß ſo ſein!“ Weil das Herz euch edelblütig, Und die Fahne fleckenrein. Nicht die Ruhmſucht darf uns treiben, Und das Prahlen steht uns ſchlecht: Fromm ſoll unſer Glaube bleiben, Heilig haltet unſer Recht! Laßt dem Feind die großen Worte Und dem Himmel das Gericht; Schweigſam tun an jedem Orte Deutſche Männer ihre Pflicht. Unſre Kämpfer in den Schlachten Ziert ein heldenſtolzer Ernſt: Danach ſollſt, mein Volk, du trachten, Daß du ſeine Größe lernſt! Gilt es doch die Kraft zu wahren, Die nicht nur den Gegner ſchlägt, Die gerüſtet in Gefahren Würdig auch ein Unglück trägt. Bücheranzeigen. Das Buch der Frau. Aus dem Nachlaß von Dagobert Wenn der Gärtner das Werk vollendet hat in ſeinem Garten, Speckmann, Diedrich, Erich Heydenreichs Dorf. Erzählung. Ein echter Speckmann mit all der feinen beſchaulichen Klein- Handel und Induſtrie Die deutſche Kriegsanleihe. Einer der letzten Beſchlüſſe des deutſchen Reichstages be- Die Reichsregierung kommt ſomit den Kapitaliſten in der Die Verzinſung der Schatzſcheine beträgt unter Berück- Wie die Dinge liegen, iſt aber nicht nur eine rege Beteili- 1) Der alte Freund Richard Wagners hat obenſtehende wohlmeinende Verſe an
die Kreuz-Zeitung geſandt und dazu geſchrieben: An ehr wohlgeſinnten Zeitungen mache ich die nicht behagliche Beobachtung, daß gute deutſche Leute in der Freude über unſere herrlichen Erfolge und im Gefühle unſres ſichern Rechts gleich anfangs den Mund ſo voll nehmen von „Zerſchmetterung der Feinde“ und „Teilung der Welt“, wie es nicht deutſche Art iſt. Gutes Gewiſſen und Gottvertrauen brauchen der Poſaunen nicht. Aus ſolcher Empfindung heraus kam mir vorſtehende „Mahnung.“ <TEI> <text> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <p><pb facs="#f0012" n="562"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung</hi> 12. September 1914.</fw><lb/><cb/> den lebendigen Patriotismus ſeiner kleinen Handlung er-<lb/> freuen. Wichert hat ja Bedeutenderes geſchrieben; gleich<lb/> ſchon ſein erſtes patriotiſches Drama „Unſer General York“,<lb/> das im Jahre 1885 entſtand. 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Die<lb/> einzige Tochter des Dichters, die ſeine letzten Lebensjahre in innig-<lb/> ſter Geiſtesgemeinſchaft, treubeſorgt um ihn bemüht ſein durfte,<lb/> hat es ſich zur Aufgabe gemacht, die hinterlaſſenen Schriften zu<lb/> ſichten und ſie nach und nach zu veröffentlichen. „Das Buch der<lb/> Frau“ iſt eine ſchlichte, liebenswürdige und doch ernſte Gabe. Sie<lb/> wird hiermit der Oeffentlichkeit übergeben, damit tauſend Hände ſich<lb/> danach ausſtrecken, damit tauſend Herzen dem klugen, gütigen<lb/> Manne dafür danken mögen.</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Speckmann, Diedrich, Erich Heydenreichs Dorf.</hi> </head><lb/> <p>Erzählung.<lb/> 3.50 Mk., geb. 4.50 Mk. (Berlin, Martin Warneck).</p><lb/> <p>Ein echter Speckmann mit all der feinen beſchaulichen Klein-<lb/> malerie — dabei ein Großes-Ganzes! In ſeinem neueſten Buch<lb/> macht Speckmann, der in „Heidehof-Lohe“ das bäuerliche Leben<lb/> eines einſamen Hofes in meiſterhafter Weiſe erſtehen ließ, ein gan-<lb/> zes Dorf vor uns lebendig. Es iſt nicht das ruhige gleichmäßige<lb/> dörfliche Treiben, bei dem die Aeußerungen des Innenlebens unter<lb/> ſchwerem Arbeitsdruck zurücktreten, ſondern ſehr bewegte Zeiten,<lb/> um die Mitte der 70er Jahre, als durch das Zivilſtandsgeſetz in<lb/> jenem Winkel, „wo die Uhr um 100 Jahre nachgeht“, die Gemüter<lb/> aufs tiefſte erregt wurden und die Köpfe infolgedeſſen hart aufeinan-<lb/> derſtießen. Die ſich daraus ergebenden Kämpfe bieten dem Schrift-<lb/> ſteller Gelegenheit, dörfliche Verhältniſſe und Geſtalten mit feinſter<lb/> Beobachtung und packender Wahrheit, häufig erquickend humoriſtiſch<lb/> zu ſchildern. Einem Sohn des Dorfes, Erich Heydenreich, deſſen<lb/> innere Entwicklung mit liebevoller Feinheit gezeichnet wird, gelingt<lb/> es durch das ihm wie ſelbſtverſtändlich zufallende Vertrauen der<lb/> Bauern, die ihn unter ſich haben heranwachſen ſehen, gewiſſer-<lb/> maßen zum Kriſtalliſationspunkt zu werden, um den ſich die Ge-<lb/> meinde wieder ſammelt. Bewundernswert iſt auch in dieſem Werke<lb/> die warme Objektivität und beſeelte Realiſtik, die den früheren<lb/> Büchern Speckmanns zu ſo raſchem, großem Erfolg verholfen hat.<lb/> Ja, uns will ſcheinen, als ob er in der Richtung unmittelbar tref-<lb/> fender Lebenswahrheit noch Fortſchritte gemacht hat. Manche<lb/> Charakterköpfe, wie der ehrwürdige Sattelhofbauer, der „ſtark be-<lb/> gabte“ Nieweg, der tyranniſche Bullwinkel, nur um einige heraus-<lb/> zugreifen, bleiben dem Leſer geradezu unvergeßlich. — Wir danken<lb/> dem Dichter dieſe neue Gabe von Herzen, es iſt ein Buch, dem man<lb/> nur die größte Verbreitung wünſchen kann.</p> </div> </div> </div><lb/> <div type="jFinancialNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Handel und Induſtrie</hi> </head><lb/> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die deutſche Kriegsanleihe.</hi> </head><lb/> <p>Einer der letzten Beſchlüſſe des deutſchen Reichstages be-<lb/> ſtand in der der Regierung gegebenen Erlaubnis, eine Kriegs-<lb/> anleihe bis zur Höhe von 5 Milliarden Mark ausgeben zu<lb/> dürfen. Die Reichsleitung feſt vertrauend auf die Armee,<lb/> wollte indeſſen ſolange mit der Transaktion zuwarten, bis es<lb/> ihr möglich wäre, einen Erfolg der Anleihe durch eine gün-<lb/> ſtige militäriſche Lage vorzubereiten. Nunmehr dieſer Fall<lb/> in kaum geahntem Umfange eingetreten iſt, zögert ſie auch<lb/> nicht und wendet ſich an die deutſchen Kapitaliſten. Sie for-<lb/> dert zunächſt eine Milliarde und gibt hierfür 5 prozent. Schatz-<lb/> anweiſungen, rückzahlbar innerhalb 5 Jahren aus. Sie gibt<lb/> dem Publikum aber zugleich Gelegenheit, durch weitere Zeich-<lb/> nungen auf eine, in ihrem Umfange nicht limitierte Anleihe<lb/> in der Form von 5 prozent. Reichsobligationen, unkündbar<lb/> bis zum Jahre 1924 zu erwerben. In beiden Fällen verlangt<lb/> ſie für die zu 100 Prozent rückzahlbaren Schuldſcheine nur<lb/> 97½ Prozent und gewährt alſo eine Proviſion von 2½ Pro-<lb/> zent. In das Reichsſchuldbuch eingetragene Sperrſtücke<lb/> der Reichsanleihe koſten 97.30.</p><lb/> <p>Die Reichsregierung kommt ſomit den Kapitaliſten in der<lb/> weiteſtgehenden Weiſe entgegen, einzig und allein beſtrebt,<lb/> auch ihre wirtſchaftlichen Maßnahmen in der gleich ſoliden<lb/> Art durchzuführen, wie ihre militäriſchen. Sie will keine<lb/> Scheinglanzleiſtung durch „Konzertzeichnerei“ und ſichert des-<lb/> halb den Zeichnern den vollen Betrag ihrer Zeichnung, ſie<lb/> verbilligt die Anleihe, indem ſie ſich ohne Vermittlung von<lb/> Garantiekonſortien uſw. direkt an das Publikum wendet.<lb/> Dieſes iſt nun in der glücklichen Lage, ſich an einem patrio-<lb/> tiſchen Unternehmen beteiligen zu können und im Gegenſatz<lb/> zu anderen Maßnahmen ſolchen Charakters — dabei noch<lb/> ein vorzügliches Geſchäft zu machen. Daß aber ſowohl der<lb/> Erwerb von Schatzanweiſungen als der Anleihe ein ſolches<lb/> Geſchäft iſt, zeigt ein Blick auf den Kursſtand der übrigen<lb/> deutſchen Fonds auch nach ihrem heutigen niedrigem Stande.</p><lb/> <p>Die Verzinſung der Schatzſcheine beträgt unter Berück-<lb/> ſichtigung des Disagios 5.63 Prozent; die der Reichsanleihe<lb/> 5.38 Prozent. Der Vorteil der letzteren beſteht aber in dem<lb/> Umſtande, daß ſie die hohe Rente 10 Jahre lang abwirft,<lb/> gegen nur 5 Jahre bei den Schatzſcheinen.</p><lb/> <p>Wie die Dinge liegen, iſt aber nicht nur eine rege Beteili-<lb/> gung der einzelnen Kapitaliſten, eine Wiederanlage der in<lb/> der Kriegsfurcht angeſammelten großen Summen, ſondern<lb/> auch eine rege Beteiligung von ſtaatlichen Anſtalten, wie den<lb/> großen Verſicherungsunternehmungen, aus den Kreiſen der<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [562/0012]
Allgemeine Zeitung 12. September 1914.
den lebendigen Patriotismus ſeiner kleinen Handlung er-
freuen. Wichert hat ja Bedeutenderes geſchrieben; gleich
ſchon ſein erſtes patriotiſches Drama „Unſer General York“,
das im Jahre 1885 entſtand. Ehemals wurden ſeine harm-
loſen aber gutgebauten Luſtſpiele an unſerer Hofbühne gern
gegeben. Das „eiſerne Kreuz“ wurde von den Herren Peppler,
Randolf und Siegfried Raabe flott geſpielt. Darauf trug
Fräulein Annie Roſar eine Dichtung Richard Voß’ „Bayerns
Kronprinz“ als Göttin des Sieges unter großem Beifall vor
und den Schluß machte „Der zerbrochene Krug“ von unſerem
vaterländiſchen Dichter Kleiſt, deſſen Hermannsſchlacht über
kurz oder lang wohl auch auf unſeren Bühnen erſcheinen wird.
Alfred Frhr. v. Menſi.
Mahnung.
Von
Hans v. Wolzogen (Bayreuth). 1)
Werdet nur nicht übermütig,
Meinet nicht: „es muß ſo ſein!“
Weil das Herz euch edelblütig,
Und die Fahne fleckenrein.
Nicht die Ruhmſucht darf uns treiben,
Und das Prahlen steht uns ſchlecht:
Fromm ſoll unſer Glaube bleiben,
Heilig haltet unſer Recht!
Laßt dem Feind die großen Worte
Und dem Himmel das Gericht;
Schweigſam tun an jedem Orte
Deutſche Männer ihre Pflicht.
Unſre Kämpfer in den Schlachten
Ziert ein heldenſtolzer Ernſt:
Danach ſollſt, mein Volk, du trachten,
Daß du ſeine Größe lernſt!
Gilt es doch die Kraft zu wahren,
Die nicht nur den Gegner ſchlägt,
Die gerüſtet in Gefahren
Würdig auch ein Unglück trägt.
Bücheranzeigen.
Das Buch der Frau.
Aus dem Nachlaß von Dagobert
von Gerhardt-Amyntor. Herausgegeben und mit einer
Vorbemerkung verſehen von Helene von Gerhardt. Mit dem Bilde
Gerhardt-Amyntors in Autotypiedruck. Preis broſchiert 1.50 Mk.,
in Leinen gebunden 1.95 Mk., in feinem Moiré-Einband mit Gold-
prägung 3 Mk, in elegantem Lederband 3.50 Mk. — Verlag Otto
Hendel, Halle a. S.
Wenn der Gärtner das Werk vollendet hat in ſeinem Garten,
dann dürfen wir nur mit ruhigen, vorſichtigen Schritten die Wege
gehen, die er uns freigegeben: — Rings um ſein kunſtvolles Werk,
mitten hinein, kreuz und quer. — Und wenn ein ſtarker Mann nach
ſturmvollen und ſonnigen Tagen das Werk ſeines Lebens vollendet
hat, daß er ſelber die Sonne nicht mehr ſchauen kann, die er licht
und warm und reich über ſeinen Pflanzungen ausgegoſſen, dann
müſſen wir mit doppelter Vorſicht ſeinen Garten betreten, daß wir
den weihevollen Wert ſeines Wirkens ihm nicht zerſtören, daß wir
ihm nicht zuſchanden machen, was er mühſelig und ehrlich gepflanzt
hat. Nun hat Dagobert von Gerhardt-Amyntor hier und dort auf
ſeinem Lebenswege noch eine Gabe ſeines Geiſtes oder ſeines Her-
zens verteilt, die in ſeinen bekannten Werken nicht enthalten iſt, die
aber ebenſo wie dieſe wohl wert iſt, uns erhalten zu bleiben. Die
einzige Tochter des Dichters, die ſeine letzten Lebensjahre in innig-
ſter Geiſtesgemeinſchaft, treubeſorgt um ihn bemüht ſein durfte,
hat es ſich zur Aufgabe gemacht, die hinterlaſſenen Schriften zu
ſichten und ſie nach und nach zu veröffentlichen. „Das Buch der
Frau“ iſt eine ſchlichte, liebenswürdige und doch ernſte Gabe. Sie
wird hiermit der Oeffentlichkeit übergeben, damit tauſend Hände ſich
danach ausſtrecken, damit tauſend Herzen dem klugen, gütigen
Manne dafür danken mögen.
Speckmann, Diedrich, Erich Heydenreichs Dorf.
Erzählung.
3.50 Mk., geb. 4.50 Mk. (Berlin, Martin Warneck).
Ein echter Speckmann mit all der feinen beſchaulichen Klein-
malerie — dabei ein Großes-Ganzes! In ſeinem neueſten Buch
macht Speckmann, der in „Heidehof-Lohe“ das bäuerliche Leben
eines einſamen Hofes in meiſterhafter Weiſe erſtehen ließ, ein gan-
zes Dorf vor uns lebendig. Es iſt nicht das ruhige gleichmäßige
dörfliche Treiben, bei dem die Aeußerungen des Innenlebens unter
ſchwerem Arbeitsdruck zurücktreten, ſondern ſehr bewegte Zeiten,
um die Mitte der 70er Jahre, als durch das Zivilſtandsgeſetz in
jenem Winkel, „wo die Uhr um 100 Jahre nachgeht“, die Gemüter
aufs tiefſte erregt wurden und die Köpfe infolgedeſſen hart aufeinan-
derſtießen. Die ſich daraus ergebenden Kämpfe bieten dem Schrift-
ſteller Gelegenheit, dörfliche Verhältniſſe und Geſtalten mit feinſter
Beobachtung und packender Wahrheit, häufig erquickend humoriſtiſch
zu ſchildern. Einem Sohn des Dorfes, Erich Heydenreich, deſſen
innere Entwicklung mit liebevoller Feinheit gezeichnet wird, gelingt
es durch das ihm wie ſelbſtverſtändlich zufallende Vertrauen der
Bauern, die ihn unter ſich haben heranwachſen ſehen, gewiſſer-
maßen zum Kriſtalliſationspunkt zu werden, um den ſich die Ge-
meinde wieder ſammelt. Bewundernswert iſt auch in dieſem Werke
die warme Objektivität und beſeelte Realiſtik, die den früheren
Büchern Speckmanns zu ſo raſchem, großem Erfolg verholfen hat.
Ja, uns will ſcheinen, als ob er in der Richtung unmittelbar tref-
fender Lebenswahrheit noch Fortſchritte gemacht hat. Manche
Charakterköpfe, wie der ehrwürdige Sattelhofbauer, der „ſtark be-
gabte“ Nieweg, der tyranniſche Bullwinkel, nur um einige heraus-
zugreifen, bleiben dem Leſer geradezu unvergeßlich. — Wir danken
dem Dichter dieſe neue Gabe von Herzen, es iſt ein Buch, dem man
nur die größte Verbreitung wünſchen kann.
Handel und Induſtrie
Die deutſche Kriegsanleihe.
Einer der letzten Beſchlüſſe des deutſchen Reichstages be-
ſtand in der der Regierung gegebenen Erlaubnis, eine Kriegs-
anleihe bis zur Höhe von 5 Milliarden Mark ausgeben zu
dürfen. Die Reichsleitung feſt vertrauend auf die Armee,
wollte indeſſen ſolange mit der Transaktion zuwarten, bis es
ihr möglich wäre, einen Erfolg der Anleihe durch eine gün-
ſtige militäriſche Lage vorzubereiten. Nunmehr dieſer Fall
in kaum geahntem Umfange eingetreten iſt, zögert ſie auch
nicht und wendet ſich an die deutſchen Kapitaliſten. Sie for-
dert zunächſt eine Milliarde und gibt hierfür 5 prozent. Schatz-
anweiſungen, rückzahlbar innerhalb 5 Jahren aus. Sie gibt
dem Publikum aber zugleich Gelegenheit, durch weitere Zeich-
nungen auf eine, in ihrem Umfange nicht limitierte Anleihe
in der Form von 5 prozent. Reichsobligationen, unkündbar
bis zum Jahre 1924 zu erwerben. In beiden Fällen verlangt
ſie für die zu 100 Prozent rückzahlbaren Schuldſcheine nur
97½ Prozent und gewährt alſo eine Proviſion von 2½ Pro-
zent. In das Reichsſchuldbuch eingetragene Sperrſtücke
der Reichsanleihe koſten 97.30.
Die Reichsregierung kommt ſomit den Kapitaliſten in der
weiteſtgehenden Weiſe entgegen, einzig und allein beſtrebt,
auch ihre wirtſchaftlichen Maßnahmen in der gleich ſoliden
Art durchzuführen, wie ihre militäriſchen. Sie will keine
Scheinglanzleiſtung durch „Konzertzeichnerei“ und ſichert des-
halb den Zeichnern den vollen Betrag ihrer Zeichnung, ſie
verbilligt die Anleihe, indem ſie ſich ohne Vermittlung von
Garantiekonſortien uſw. direkt an das Publikum wendet.
Dieſes iſt nun in der glücklichen Lage, ſich an einem patrio-
tiſchen Unternehmen beteiligen zu können und im Gegenſatz
zu anderen Maßnahmen ſolchen Charakters — dabei noch
ein vorzügliches Geſchäft zu machen. Daß aber ſowohl der
Erwerb von Schatzanweiſungen als der Anleihe ein ſolches
Geſchäft iſt, zeigt ein Blick auf den Kursſtand der übrigen
deutſchen Fonds auch nach ihrem heutigen niedrigem Stande.
Die Verzinſung der Schatzſcheine beträgt unter Berück-
ſichtigung des Disagios 5.63 Prozent; die der Reichsanleihe
5.38 Prozent. Der Vorteil der letzteren beſteht aber in dem
Umſtande, daß ſie die hohe Rente 10 Jahre lang abwirft,
gegen nur 5 Jahre bei den Schatzſcheinen.
Wie die Dinge liegen, iſt aber nicht nur eine rege Beteili-
gung der einzelnen Kapitaliſten, eine Wiederanlage der in
der Kriegsfurcht angeſammelten großen Summen, ſondern
auch eine rege Beteiligung von ſtaatlichen Anſtalten, wie den
großen Verſicherungsunternehmungen, aus den Kreiſen der
1) Der alte Freund Richard Wagners hat obenſtehende wohlmeinende Verſe an
die Kreuz-Zeitung geſandt und dazu geſchrieben: An ehr wohlgeſinnten Zeitungen
mache ich die nicht behagliche Beobachtung, daß gute deutſche Leute in der Freude
über unſere herrlichen Erfolge und im Gefühle unſres ſichern Rechts gleich anfangs
den Mund ſo voll nehmen von „Zerſchmetterung der Feinde“ und „Teilung der
Welt“, wie es nicht deutſche Art iſt. Gutes Gewiſſen und Gottvertrauen brauchen
der Poſaunen nicht. Aus ſolcher Empfindung heraus kam mir vorſtehende „Mahnung.“
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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