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Allgemeine Zeitung, Nr. 37, 12. September 1914.

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Allgemeine Zeitung 12. September 1914.
[Spaltenumbruch] wieder in Gleitflug zu bringen. Der Wald jenseits der Franzosen
war mein Ziel. Die Minuten, in denen ich in 200 Meter über dem
Feind dahinglitt, wurden zu Ewigkeiten. Ein Hagel von Geschossen
sauste mir dauernd um die Ohren. Plötzlich fühlte ich einen heftigen
Schlag gegen die Stirn, das Blut lief über beide Augen. Aber der
Wille siegte. Ich blieb bei Bewußtsein und dachte nur daran, die
Maschine über dem Feind fort und glatt herunterzubringen. Da
warf ein Windstoß die Maschine herum, und da mein toter Kame-
rad auf dem Seitensteuer lag, konnte ich nicht anders, als mitten im
Feind landen. Dabei überschlug sich die Maschine, die an einen
Zaun anrannte. Ich flog in hohem Bogen hinaus. Von allen Seiten
liefen die Rothosen auf mich zu, immer noch schießend. Ich zog die
Pistole und streckte noch drei zu Boden, dann fühlte ich ein Bajonett
auf der Brust. Dann kam ein höherer Offizier und rief: Laßt ihn
leben, er ist ein tapferer Soldat! Ich wurde zum kommandierenden
General des 17. französischen Korps gebracht, der mich ausfragte.
Natürlich ohne Erfolg. Dann sagte er mir, ich würde als Gefan-
gener nach Paris gesandt werden, wo schon vier Fliegeroffiziere
wären. Da ich jedoch durch den starken Blutverlust sehr schwach war,
blieb ich zunächst an Ort und Stelle. Zwei Aerzte zogen das Ge-
schoß, dessen Wucht durch den Sturzhelm gebrochen war, aus meiner
Stirn, die nicht durchschlagen war. Ich wurde verbunden und er-
hielt Rotwein. Ueberhaupt benahmen sich die Offiziere sehr nett
und achtungsvoll zu mir. In meinem Kopfe lebte aber nur ein Ge-
danke, der, aus der Gefangenschaft zu entfliehen. Der Donner der
deutschen Geschütze kam immer näher, Gewehrfeuer klang da-
zwischen, und nach zwei Stunden platzten die ersten deutschen Gra-
naten in unserer Nähe. Ich benutzte den unbewachten Augenblick
und kroch unter einen Busch. Dort blieb ich liegen, bis der fran-
zösische Rückzug hinter mir war. Dann schleppte ich mich nach Ber-
trix, wo ich im Hospital freundliche Aufnahme für die Nacht fand.
Am nächsten Morgen brachte mich ein deutsches Auto zu meiner
Abteilung zurück.


Der Feind im Osten.

Im Osten ernten die Truppen des Generalobersten v. Hin-
denburg
weitere Früchte ihres Sieges. Die Zahl der Gefangenen
wächst täglich, sie ist bereits auf 90,000 Mann gestiegen. Wieviel
Geschütze und sonstige Siegeszeichen noch in den preußischen Wäl-
dern und Sümpfen stecken, läßt sich nicht übersehen. Anscheinend
sind nicht zwei, sondern drei russische kommandierende Generale ge-
fangen. Der russische Armeeführer ist nach russischen Nachrichten
gefallen.

Generaloberst von Hindenburg meldet den Abtransport
von mehr als 90,000 unverwundeten Gefangenen. Das bedeutet
die Vernichtung einer ganzen feindlichen Armee.

General v. Hindenburg hat am 10. ds. mit dem Ostheer den
linken Flügel der noch in Ostpreußen befindlichen russischen Armee
geschlagen und sich dadurch den Zugang in den Rücken des
Feindes
geöffnet. Der Feind hat den Kampf aufgegeben
und befindet sich im vollem Rückzug. Das Ostheer verfolgt
ihn in nordöstlicher Richtung gegen den Njemen.



Was nun die Lage auf dem österreichisch-russischen
Kriegsschauplatz
betrifft, so geben wir zu ihrer Erklärung
nachstehende offizielle und andere Telegramme:

Wien, 5. Sept. Alle Meldungen aus dem Kriegspressequar-
tier und die Erzählungen der verwundeten Offiziere stimmen da-
rin überein, daß die Lage auf dem russichen Kriegsschauplatze für
unsere Truppen günstig ist, da die russische Angriffskraft bereits be-
deutend abgeschwächt ist. Diese günstige Beurteilung der Lage be-
gründet sich vor allem auf die weit vorgeschrittene Offensivbewegung
der Armee Dankls, die mehrmals dem geschlagenen Feinde rastlos
zusetzte. Zuletzt wird auch allgemein die hervorragende Leistung
gepriesen, die Erzherzog Josef Ferdinand zur Entlastung der Armee
Auffenbergs aufzuweisen hat, ohne dessen tatkräftiges und geschicktes
Eingreifen die Erfolge der Auffenbergschen Armeegruppe nicht er-
rungen worden wären. Aber nicht nur in Wiener militärischen
Kreisen, sondern auch in Ungarn, besteht vollste Zuversicht auf einen
günstigen Ausgang. Welche Strapazen unseren wackeren Infan-
teristen jenseits Lembergs zugemutet werden, davon macht sich nie-
mand eine Vorstellung. Es sind beispiellose Anspannungen des
Körpers und des Geistes nötig. Seit zehn Tagen liegen unsere In-
fanteristen im Kampf, stecken seit 10 Tagen in den Kleidern, eben-
[Spaltenumbruch] soviele Nächte schon schlafen sie auf bloßer Erde, stehen Stunde um
Stunde auf "Qui vive!" unter einem Wolkenbruch von Geschossen.

WTB. Berlin, 5. September. (Nichtamtlich.) Oestereichisches
Kriegspressequartier. Auf dem ostgalizischen Abschnitt des Kriegs-
schauplatzes wurde heute nicht gefochten, dagegen dauert der An-
griff auf Lublin fort. Die Armee Auffenberg verfolgt die
geschlagene russische Armee. Die siegreiche Schlacht bei Zamosz
wurde erst nach heißem Rmgen entschieden. Der Höhepunkt der
Kämpfe war das Ringen um Komarow, wo die Russen unter Gene-
ral Plehwe gewaltige Anstrengungen machten, um die österreichische
Stellung zu durchbrechen. Die Entscheidung fiel durch die auf bei-
den Seiten des Huszwaflusses vordringenden Korps Boroswitsch
und der Korps des Erzherzogs Josef Ferdinand, die den
Feind im Rücken bedrohten. Durch die Erstürmung der am stärksten
verschanzten Stellung östlich von Tyschowcs wurde der Gegner zu
einer schwierigen Rückzug nach Nordost gezwungen, der sich in eine
regellose Flucht verwandelte. Es wurden 19,000 Gefangene gemacht
und 200 Geschütze mit viel Kriegsmaterial erbeutet.

WTB. Wien, 6. Sept. (Nichtamtl.) Die "Neue Freie Presse"
veröffentlicht Einzelheiten über das Gefecht bei Czernowitz am
25. August. Auf der russischen Seite stand die ganze podolische Divi-
sion. Im Kampfe voran waren die Kamiencer und Kischinewer
Regimenter. Der österreichische Landsturm wirkte Wunder. Als
die österreichichen Kräfte anrückten, zog sich der Feind östlich Czer-
nowitz zurück. Er erlitt auf der Flucht große Verluste. Es wurden
800 Gefangene gemacht, darunter einige Stabsoffiziere. 500 Ge-
wehre, vier Maschinengewehre und viel Munition wurden erbeutet.

WTB. Köln, 6. Sept. Die "Kölnische Zeitung" meldet: Nach
hier vorliegenden Meldungen sandte gestern Großfürst Niko-
laus an den Zaren
folgendes Telegramm: Mit außergewöhn-
licher Freude und mit Dank an Gott melde ich Eurer Majestät, daß
das siegreiche Heer des Generals Rußki heute morgen um 11 Uhr
Lemberg genommen hat, während das Heer unter General
Brussilow den Ort Halicz genommen hat.

Nach den österreichischen Berichten darf man als sicher an-
nehmen, daß Lemberg und ebenso Halicz lediglich aus strategischen
Gründen geräumt wurden.


WTB. Berlin, 6. Sept. Die österreichisch-ungarische Bot-
schaft veröffentlicht folgende, ihr vom Ministerium des Aeußern in
Wien zugegangene Depesche: Die russische Meldung von der
Schlacht bei Lemberg und der siegreichen Einnahme der
Stadt ist erlogen. Die offene Stadt Lemberg wurde aus stra-
tegischen und humanitären Rücksichten ohne Kampf freiwillig ge-
räumt.

WTB. Wien, 6. Sept. Aus dem Pressehauptquartier wird
amtlich gemeldet: Das Armeeoberkommando hat heute folgenden
Befehl erlassen: "Die im Grenzzug von Autovac stehende 3. Ge-
birgsbrigade hatte schon vor kurzer Zeit einen schneidigen Einbruch
auf montenegrinisches Gebiet unternommen, der von
vollem Erfolg gekrönt war. Nach kurzer Ruhe unternahm
diese tapfere kleine Schar am 30. August neuerlich einen Vorstoß
gegen bei Bilec stehende, an Zahl überlegene montenegrinische
Streitkräfte. In mehrtägigen heldenmütigen Angriffen der unter
dem Kommando des Generalmajors Heinrich von Pongracz stehen-
den tapferen Brigade gelang es, die Montenegriner unter großen
Verlusten zurückzuwerfen, ihnen schweres Geschütz abzunehmen und
die hart bedrängte Grenzbefestigung Bilec völlig zu befreien. Ich
betrachte es als Ehrenpflicht, diese von Heldenmut und Opferfreudig-
keit zeugenden Taten der tapferen 3. Gebirgsbrigade allen Kom-
mandos und Truppen sofort mit dem Beifügen bekannt zu geben,
daß ich selbstverständlich nicht ermangelt habe, diese Ruhmestaten
unserer Kameraden im Süden Seiner Majestät alleruntertänigst zu
melden.
gez. Erzherzog Friedrich, General der Infanterie."

WTB. Wien, 7. Sept. Amtlich wird gemeldet: Am 3. Sept.
beschossen die Russen die in weitem Umkreise um Lemberg errich-
teten Erdwerke. Unsere Truppen waren jedoch bereits abgezogen,
um die offene Stadt vor einer Beschießung zu bewahren und weil
auch operative Gründe dafür sprachen, Lemberg dem Feinde ohne
Kampf zu überlassen. Das Bombardement hat sich somit nur gegen
die unverteidigten Deckungen gerichtet. Die Armee Dankl ist
in heftigem Kampfe. An der sonstigen Front herrscht nach den
großen Schlachten der vergangenen Woche verhältnismäßig Ruhe.

Allgemeine Zeitung 12. September 1914.
[Spaltenumbruch] wieder in Gleitflug zu bringen. Der Wald jenſeits der Franzoſen
war mein Ziel. Die Minuten, in denen ich in 200 Meter über dem
Feind dahinglitt, wurden zu Ewigkeiten. Ein Hagel von Geſchoſſen
ſauſte mir dauernd um die Ohren. Plötzlich fühlte ich einen heftigen
Schlag gegen die Stirn, das Blut lief über beide Augen. Aber der
Wille ſiegte. Ich blieb bei Bewußtſein und dachte nur daran, die
Maſchine über dem Feind fort und glatt herunterzubringen. Da
warf ein Windſtoß die Maſchine herum, und da mein toter Kame-
rad auf dem Seitenſteuer lag, konnte ich nicht anders, als mitten im
Feind landen. Dabei überſchlug ſich die Maſchine, die an einen
Zaun anrannte. Ich flog in hohem Bogen hinaus. Von allen Seiten
liefen die Rothoſen auf mich zu, immer noch ſchießend. Ich zog die
Piſtole und ſtreckte noch drei zu Boden, dann fühlte ich ein Bajonett
auf der Bruſt. Dann kam ein höherer Offizier und rief: Laßt ihn
leben, er iſt ein tapferer Soldat! Ich wurde zum kommandierenden
General des 17. franzöſiſchen Korps gebracht, der mich ausfragte.
Natürlich ohne Erfolg. Dann ſagte er mir, ich würde als Gefan-
gener nach Paris geſandt werden, wo ſchon vier Fliegeroffiziere
wären. Da ich jedoch durch den ſtarken Blutverluſt ſehr ſchwach war,
blieb ich zunächſt an Ort und Stelle. Zwei Aerzte zogen das Ge-
ſchoß, deſſen Wucht durch den Sturzhelm gebrochen war, aus meiner
Stirn, die nicht durchſchlagen war. Ich wurde verbunden und er-
hielt Rotwein. Ueberhaupt benahmen ſich die Offiziere ſehr nett
und achtungsvoll zu mir. In meinem Kopfe lebte aber nur ein Ge-
danke, der, aus der Gefangenſchaft zu entfliehen. Der Donner der
deutſchen Geſchütze kam immer näher, Gewehrfeuer klang da-
zwiſchen, und nach zwei Stunden platzten die erſten deutſchen Gra-
naten in unſerer Nähe. Ich benutzte den unbewachten Augenblick
und kroch unter einen Buſch. Dort blieb ich liegen, bis der fran-
zöſiſche Rückzug hinter mir war. Dann ſchleppte ich mich nach Ber-
trix, wo ich im Hoſpital freundliche Aufnahme für die Nacht fand.
Am nächſten Morgen brachte mich ein deutſches Auto zu meiner
Abteilung zurück.


Der Feind im Oſten.

Im Oſten ernten die Truppen des Generaloberſten v. Hin-
denburg
weitere Früchte ihres Sieges. Die Zahl der Gefangenen
wächſt täglich, ſie iſt bereits auf 90,000 Mann geſtiegen. Wieviel
Geſchütze und ſonſtige Siegeszeichen noch in den preußiſchen Wäl-
dern und Sümpfen ſtecken, läßt ſich nicht überſehen. Anſcheinend
ſind nicht zwei, ſondern drei ruſſiſche kommandierende Generale ge-
fangen. Der ruſſiſche Armeeführer iſt nach ruſſiſchen Nachrichten
gefallen.

Generaloberſt von Hindenburg meldet den Abtransport
von mehr als 90,000 unverwundeten Gefangenen. Das bedeutet
die Vernichtung einer ganzen feindlichen Armee.

General v. Hindenburg hat am 10. ds. mit dem Oſtheer den
linken Flügel der noch in Oſtpreußen befindlichen ruſſiſchen Armee
geſchlagen und ſich dadurch den Zugang in den Rücken des
Feindes
geöffnet. Der Feind hat den Kampf aufgegeben
und befindet ſich im vollem Rückzug. Das Oſtheer verfolgt
ihn in nordöſtlicher Richtung gegen den Njemen.



Was nun die Lage auf dem öſterreichiſch-ruſſiſchen
Kriegsſchauplatz
betrifft, ſo geben wir zu ihrer Erklärung
nachſtehende offizielle und andere Telegramme:

Wien, 5. Sept. Alle Meldungen aus dem Kriegspreſſequar-
tier und die Erzählungen der verwundeten Offiziere ſtimmen da-
rin überein, daß die Lage auf dem ruſſichen Kriegsſchauplatze für
unſere Truppen günſtig iſt, da die ruſſiſche Angriffskraft bereits be-
deutend abgeſchwächt iſt. Dieſe günſtige Beurteilung der Lage be-
gründet ſich vor allem auf die weit vorgeſchrittene Offenſivbewegung
der Armee Dankls, die mehrmals dem geſchlagenen Feinde raſtlos
zuſetzte. Zuletzt wird auch allgemein die hervorragende Leiſtung
geprieſen, die Erzherzog Joſef Ferdinand zur Entlaſtung der Armee
Auffenbergs aufzuweiſen hat, ohne deſſen tatkräftiges und geſchicktes
Eingreifen die Erfolge der Auffenbergſchen Armeegruppe nicht er-
rungen worden wären. Aber nicht nur in Wiener militäriſchen
Kreiſen, ſondern auch in Ungarn, beſteht vollſte Zuverſicht auf einen
günſtigen Ausgang. Welche Strapazen unſeren wackeren Infan-
teriſten jenſeits Lembergs zugemutet werden, davon macht ſich nie-
mand eine Vorſtellung. Es ſind beiſpielloſe Anſpannungen des
Körpers und des Geiſtes nötig. Seit zehn Tagen liegen unſere In-
fanteriſten im Kampf, ſtecken ſeit 10 Tagen in den Kleidern, eben-
[Spaltenumbruch] ſoviele Nächte ſchon ſchlafen ſie auf bloßer Erde, ſtehen Stunde um
Stunde auf „Qui vive!“ unter einem Wolkenbruch von Geſchoſſen.

WTB. Berlin, 5. September. (Nichtamtlich.) Oeſtereichiſches
Kriegspreſſequartier. Auf dem oſtgaliziſchen Abſchnitt des Kriegs-
ſchauplatzes wurde heute nicht gefochten, dagegen dauert der An-
griff auf Lublin fort. Die Armee Auffenberg verfolgt die
geſchlagene ruſſiſche Armee. Die ſiegreiche Schlacht bei Zamosz
wurde erſt nach heißem Rmgen entſchieden. Der Höhepunkt der
Kämpfe war das Ringen um Komarow, wo die Ruſſen unter Gene-
ral Plehwe gewaltige Anſtrengungen machten, um die öſterreichiſche
Stellung zu durchbrechen. Die Entſcheidung fiel durch die auf bei-
den Seiten des Huszwafluſſes vordringenden Korps Boroswitſch
und der Korps des Erzherzogs Joſef Ferdinand, die den
Feind im Rücken bedrohten. Durch die Erſtürmung der am ſtärkſten
verſchanzten Stellung öſtlich von Tyſchowcs wurde der Gegner zu
einer ſchwierigen Rückzug nach Nordoſt gezwungen, der ſich in eine
regelloſe Flucht verwandelte. Es wurden 19,000 Gefangene gemacht
und 200 Geſchütze mit viel Kriegsmaterial erbeutet.

WTB. Wien, 6. Sept. (Nichtamtl.) Die „Neue Freie Preſſe“
veröffentlicht Einzelheiten über das Gefecht bei Czernowitz am
25. Auguſt. Auf der ruſſiſchen Seite ſtand die ganze podoliſche Divi-
ſion. Im Kampfe voran waren die Kamiencer und Kiſchinewer
Regimenter. Der öſterreichiſche Landſturm wirkte Wunder. Als
die öſterreichichen Kräfte anrückten, zog ſich der Feind öſtlich Czer-
nowitz zurück. Er erlitt auf der Flucht große Verluſte. Es wurden
800 Gefangene gemacht, darunter einige Stabsoffiziere. 500 Ge-
wehre, vier Maſchinengewehre und viel Munition wurden erbeutet.

WTB. Köln, 6. Sept. Die „Kölniſche Zeitung“ meldet: Nach
hier vorliegenden Meldungen ſandte geſtern Großfürſt Niko-
laus an den Zaren
folgendes Telegramm: Mit außergewöhn-
licher Freude und mit Dank an Gott melde ich Eurer Majeſtät, daß
das ſiegreiche Heer des Generals Rußki heute morgen um 11 Uhr
Lemberg genommen hat, während das Heer unter General
Bruſſilow den Ort Halicz genommen hat.

Nach den öſterreichiſchen Berichten darf man als ſicher an-
nehmen, daß Lemberg und ebenſo Halicz lediglich aus ſtrategiſchen
Gründen geräumt wurden.


WTB. Berlin, 6. Sept. Die öſterreichiſch-ungariſche Bot-
ſchaft veröffentlicht folgende, ihr vom Miniſterium des Aeußern in
Wien zugegangene Depeſche: Die ruſſiſche Meldung von der
Schlacht bei Lemberg und der ſiegreichen Einnahme der
Stadt iſt erlogen. Die offene Stadt Lemberg wurde aus ſtra-
tegiſchen und humanitären Rückſichten ohne Kampf freiwillig ge-
räumt.

WTB. Wien, 6. Sept. Aus dem Preſſehauptquartier wird
amtlich gemeldet: Das Armeeoberkommando hat heute folgenden
Befehl erlaſſen: „Die im Grenzzug von Autovac ſtehende 3. Ge-
birgsbrigade hatte ſchon vor kurzer Zeit einen ſchneidigen Einbruch
auf montenegriniſches Gebiet unternommen, der von
vollem Erfolg gekrönt war. Nach kurzer Ruhe unternahm
dieſe tapfere kleine Schar am 30. Auguſt neuerlich einen Vorſtoß
gegen bei Bilec ſtehende, an Zahl überlegene montenegriniſche
Streitkräfte. In mehrtägigen heldenmütigen Angriffen der unter
dem Kommando des Generalmajors Heinrich von Pongracz ſtehen-
den tapferen Brigade gelang es, die Montenegriner unter großen
Verluſten zurückzuwerfen, ihnen ſchweres Geſchütz abzunehmen und
die hart bedrängte Grenzbefeſtigung Bilec völlig zu befreien. Ich
betrachte es als Ehrenpflicht, dieſe von Heldenmut und Opferfreudig-
keit zeugenden Taten der tapferen 3. Gebirgsbrigade allen Kom-
mandos und Truppen ſofort mit dem Beifügen bekannt zu geben,
daß ich ſelbſtverſtändlich nicht ermangelt habe, dieſe Ruhmestaten
unſerer Kameraden im Süden Seiner Majeſtät alleruntertänigſt zu
melden.
gez. Erzherzog Friedrich, General der Infanterie.“

WTB. Wien, 7. Sept. Amtlich wird gemeldet: Am 3. Sept.
beſchoſſen die Ruſſen die in weitem Umkreiſe um Lemberg errich-
teten Erdwerke. Unſere Truppen waren jedoch bereits abgezogen,
um die offene Stadt vor einer Beſchießung zu bewahren und weil
auch operative Gründe dafür ſprachen, Lemberg dem Feinde ohne
Kampf zu überlaſſen. Das Bombardement hat ſich ſomit nur gegen
die unverteidigten Deckungen gerichtet. Die Armee Dankl iſt
in heftigem Kampfe. An der ſonſtigen Front herrſcht nach den
großen Schlachten der vergangenen Woche verhältnismäßig Ruhe.

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[554/0004] Allgemeine Zeitung 12. September 1914. wieder in Gleitflug zu bringen. Der Wald jenſeits der Franzoſen war mein Ziel. Die Minuten, in denen ich in 200 Meter über dem Feind dahinglitt, wurden zu Ewigkeiten. Ein Hagel von Geſchoſſen ſauſte mir dauernd um die Ohren. Plötzlich fühlte ich einen heftigen Schlag gegen die Stirn, das Blut lief über beide Augen. Aber der Wille ſiegte. Ich blieb bei Bewußtſein und dachte nur daran, die Maſchine über dem Feind fort und glatt herunterzubringen. Da warf ein Windſtoß die Maſchine herum, und da mein toter Kame- rad auf dem Seitenſteuer lag, konnte ich nicht anders, als mitten im Feind landen. Dabei überſchlug ſich die Maſchine, die an einen Zaun anrannte. Ich flog in hohem Bogen hinaus. Von allen Seiten liefen die Rothoſen auf mich zu, immer noch ſchießend. Ich zog die Piſtole und ſtreckte noch drei zu Boden, dann fühlte ich ein Bajonett auf der Bruſt. Dann kam ein höherer Offizier und rief: Laßt ihn leben, er iſt ein tapferer Soldat! Ich wurde zum kommandierenden General des 17. franzöſiſchen Korps gebracht, der mich ausfragte. Natürlich ohne Erfolg. Dann ſagte er mir, ich würde als Gefan- gener nach Paris geſandt werden, wo ſchon vier Fliegeroffiziere wären. Da ich jedoch durch den ſtarken Blutverluſt ſehr ſchwach war, blieb ich zunächſt an Ort und Stelle. Zwei Aerzte zogen das Ge- ſchoß, deſſen Wucht durch den Sturzhelm gebrochen war, aus meiner Stirn, die nicht durchſchlagen war. Ich wurde verbunden und er- hielt Rotwein. Ueberhaupt benahmen ſich die Offiziere ſehr nett und achtungsvoll zu mir. In meinem Kopfe lebte aber nur ein Ge- danke, der, aus der Gefangenſchaft zu entfliehen. Der Donner der deutſchen Geſchütze kam immer näher, Gewehrfeuer klang da- zwiſchen, und nach zwei Stunden platzten die erſten deutſchen Gra- naten in unſerer Nähe. Ich benutzte den unbewachten Augenblick und kroch unter einen Buſch. Dort blieb ich liegen, bis der fran- zöſiſche Rückzug hinter mir war. Dann ſchleppte ich mich nach Ber- trix, wo ich im Hoſpital freundliche Aufnahme für die Nacht fand. Am nächſten Morgen brachte mich ein deutſches Auto zu meiner Abteilung zurück. Der Feind im Oſten. Im Oſten ernten die Truppen des Generaloberſten v. Hin- denburg weitere Früchte ihres Sieges. Die Zahl der Gefangenen wächſt täglich, ſie iſt bereits auf 90,000 Mann geſtiegen. Wieviel Geſchütze und ſonſtige Siegeszeichen noch in den preußiſchen Wäl- dern und Sümpfen ſtecken, läßt ſich nicht überſehen. Anſcheinend ſind nicht zwei, ſondern drei ruſſiſche kommandierende Generale ge- fangen. Der ruſſiſche Armeeführer iſt nach ruſſiſchen Nachrichten gefallen. Generaloberſt von Hindenburg meldet den Abtransport von mehr als 90,000 unverwundeten Gefangenen. Das bedeutet die Vernichtung einer ganzen feindlichen Armee. General v. Hindenburg hat am 10. ds. mit dem Oſtheer den linken Flügel der noch in Oſtpreußen befindlichen ruſſiſchen Armee geſchlagen und ſich dadurch den Zugang in den Rücken des Feindes geöffnet. Der Feind hat den Kampf aufgegeben und befindet ſich im vollem Rückzug. Das Oſtheer verfolgt ihn in nordöſtlicher Richtung gegen den Njemen. Was nun die Lage auf dem öſterreichiſch-ruſſiſchen Kriegsſchauplatz betrifft, ſo geben wir zu ihrer Erklärung nachſtehende offizielle und andere Telegramme: Wien, 5. Sept. Alle Meldungen aus dem Kriegspreſſequar- tier und die Erzählungen der verwundeten Offiziere ſtimmen da- rin überein, daß die Lage auf dem ruſſichen Kriegsſchauplatze für unſere Truppen günſtig iſt, da die ruſſiſche Angriffskraft bereits be- deutend abgeſchwächt iſt. Dieſe günſtige Beurteilung der Lage be- gründet ſich vor allem auf die weit vorgeſchrittene Offenſivbewegung der Armee Dankls, die mehrmals dem geſchlagenen Feinde raſtlos zuſetzte. Zuletzt wird auch allgemein die hervorragende Leiſtung geprieſen, die Erzherzog Joſef Ferdinand zur Entlaſtung der Armee Auffenbergs aufzuweiſen hat, ohne deſſen tatkräftiges und geſchicktes Eingreifen die Erfolge der Auffenbergſchen Armeegruppe nicht er- rungen worden wären. Aber nicht nur in Wiener militäriſchen Kreiſen, ſondern auch in Ungarn, beſteht vollſte Zuverſicht auf einen günſtigen Ausgang. Welche Strapazen unſeren wackeren Infan- teriſten jenſeits Lembergs zugemutet werden, davon macht ſich nie- mand eine Vorſtellung. Es ſind beiſpielloſe Anſpannungen des Körpers und des Geiſtes nötig. Seit zehn Tagen liegen unſere In- fanteriſten im Kampf, ſtecken ſeit 10 Tagen in den Kleidern, eben- ſoviele Nächte ſchon ſchlafen ſie auf bloßer Erde, ſtehen Stunde um Stunde auf „Qui vive!“ unter einem Wolkenbruch von Geſchoſſen. WTB. Berlin, 5. September. (Nichtamtlich.) Oeſtereichiſches Kriegspreſſequartier. Auf dem oſtgaliziſchen Abſchnitt des Kriegs- ſchauplatzes wurde heute nicht gefochten, dagegen dauert der An- griff auf Lublin fort. Die Armee Auffenberg verfolgt die geſchlagene ruſſiſche Armee. Die ſiegreiche Schlacht bei Zamosz wurde erſt nach heißem Rmgen entſchieden. Der Höhepunkt der Kämpfe war das Ringen um Komarow, wo die Ruſſen unter Gene- ral Plehwe gewaltige Anſtrengungen machten, um die öſterreichiſche Stellung zu durchbrechen. Die Entſcheidung fiel durch die auf bei- den Seiten des Huszwafluſſes vordringenden Korps Boroswitſch und der Korps des Erzherzogs Joſef Ferdinand, die den Feind im Rücken bedrohten. Durch die Erſtürmung der am ſtärkſten verſchanzten Stellung öſtlich von Tyſchowcs wurde der Gegner zu einer ſchwierigen Rückzug nach Nordoſt gezwungen, der ſich in eine regelloſe Flucht verwandelte. Es wurden 19,000 Gefangene gemacht und 200 Geſchütze mit viel Kriegsmaterial erbeutet. WTB. Wien, 6. Sept. (Nichtamtl.) Die „Neue Freie Preſſe“ veröffentlicht Einzelheiten über das Gefecht bei Czernowitz am 25. Auguſt. Auf der ruſſiſchen Seite ſtand die ganze podoliſche Divi- ſion. Im Kampfe voran waren die Kamiencer und Kiſchinewer Regimenter. Der öſterreichiſche Landſturm wirkte Wunder. Als die öſterreichichen Kräfte anrückten, zog ſich der Feind öſtlich Czer- nowitz zurück. Er erlitt auf der Flucht große Verluſte. Es wurden 800 Gefangene gemacht, darunter einige Stabsoffiziere. 500 Ge- wehre, vier Maſchinengewehre und viel Munition wurden erbeutet. WTB. Köln, 6. Sept. Die „Kölniſche Zeitung“ meldet: Nach hier vorliegenden Meldungen ſandte geſtern Großfürſt Niko- laus an den Zaren folgendes Telegramm: Mit außergewöhn- licher Freude und mit Dank an Gott melde ich Eurer Majeſtät, daß das ſiegreiche Heer des Generals Rußki heute morgen um 11 Uhr Lemberg genommen hat, während das Heer unter General Bruſſilow den Ort Halicz genommen hat. Nach den öſterreichiſchen Berichten darf man als ſicher an- nehmen, daß Lemberg und ebenſo Halicz lediglich aus ſtrategiſchen Gründen geräumt wurden. WTB. Berlin, 6. Sept. Die öſterreichiſch-ungariſche Bot- ſchaft veröffentlicht folgende, ihr vom Miniſterium des Aeußern in Wien zugegangene Depeſche: Die ruſſiſche Meldung von der Schlacht bei Lemberg und der ſiegreichen Einnahme der Stadt iſt erlogen. Die offene Stadt Lemberg wurde aus ſtra- tegiſchen und humanitären Rückſichten ohne Kampf freiwillig ge- räumt. WTB. Wien, 6. Sept. Aus dem Preſſehauptquartier wird amtlich gemeldet: Das Armeeoberkommando hat heute folgenden Befehl erlaſſen: „Die im Grenzzug von Autovac ſtehende 3. Ge- birgsbrigade hatte ſchon vor kurzer Zeit einen ſchneidigen Einbruch auf montenegriniſches Gebiet unternommen, der von vollem Erfolg gekrönt war. Nach kurzer Ruhe unternahm dieſe tapfere kleine Schar am 30. Auguſt neuerlich einen Vorſtoß gegen bei Bilec ſtehende, an Zahl überlegene montenegriniſche Streitkräfte. In mehrtägigen heldenmütigen Angriffen der unter dem Kommando des Generalmajors Heinrich von Pongracz ſtehen- den tapferen Brigade gelang es, die Montenegriner unter großen Verluſten zurückzuwerfen, ihnen ſchweres Geſchütz abzunehmen und die hart bedrängte Grenzbefeſtigung Bilec völlig zu befreien. Ich betrachte es als Ehrenpflicht, dieſe von Heldenmut und Opferfreudig- keit zeugenden Taten der tapferen 3. Gebirgsbrigade allen Kom- mandos und Truppen ſofort mit dem Beifügen bekannt zu geben, daß ich ſelbſtverſtändlich nicht ermangelt habe, dieſe Ruhmestaten unſerer Kameraden im Süden Seiner Majeſtät alleruntertänigſt zu melden. gez. Erzherzog Friedrich, General der Infanterie.“ WTB. Wien, 7. Sept. Amtlich wird gemeldet: Am 3. Sept. beſchoſſen die Ruſſen die in weitem Umkreiſe um Lemberg errich- teten Erdwerke. Unſere Truppen waren jedoch bereits abgezogen, um die offene Stadt vor einer Beſchießung zu bewahren und weil auch operative Gründe dafür ſprachen, Lemberg dem Feinde ohne Kampf zu überlaſſen. Das Bombardement hat ſich ſomit nur gegen die unverteidigten Deckungen gerichtet. Die Armee Dankl iſt in heftigem Kampfe. An der ſonſtigen Front herrſcht nach den großen Schlachten der vergangenen Woche verhältnismäßig Ruhe.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 37, 12. September 1914, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine37_1914/4>, abgerufen am 03.12.2024.