Allgemeine Zeitung, Nr. 37, 12. September 1914.12. September 1914. Allgemeine Zeitung "Es ist zu meiner Kenntnis gelangt, daß eine Zeitung das Die hinterlistigen und heimtückischen Ueberfälle, die von seiten Unsere Heeresleitung hat in wiederholten Kundgebungen keinen Protest des deutschen Kaisers. Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" veröffentlicht nachfol- Ich betrachte es als Meine Pflicht, Herr Präsident, Sie als denWilhelm I. R. Dieser Verlautbarung schließen wir als wirksamsten Gegensatz In den letzten Tagen haben sich mehrere hundert Personen an Außerdem erschienen Berufs- und Amateurphotographen in Es ist ebenso bedauerlich wie unbegreiflich, daß alle bisher er- Das stellvertretende Generalkommando des I. bayerischen Außerdem ist Vorsorge getroffen, daß die Namen jener Perso- (Dies ist nun auch geschehen: Das Generalkommando gibt heute Nicht direkt mit dem Krieg im Zusammenhange, aber doch auch Die Kontrollkommission begab sich gestern zu den Auf- Inzwischen sind aber bereits die Rebellen in Durazzo einmar- Ueber Dum-Dum-Geschosse verbreitet sich Generalmajor Keim im "Tag" in nachstehendem In der Nacht vom 20./21. Juli 1870 erschien bei dem badischen Natürlich war es vollkommen aus der Luft gegriffen, daß [irrelevantes Material] 12. September 1914. Allgemeine Zeitung „Es iſt zu meiner Kenntnis gelangt, daß eine Zeitung das Die hinterliſtigen und heimtückiſchen Ueberfälle, die von ſeiten Unſere Heeresleitung hat in wiederholten Kundgebungen keinen Proteſt des deutſchen Kaiſers. Die „Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ veröffentlicht nachfol- Ich betrachte es als Meine Pflicht, Herr Präſident, Sie als denWilhelm I. R. Dieſer Verlautbarung ſchließen wir als wirkſamſten Gegenſatz In den letzten Tagen haben ſich mehrere hundert Perſonen an Außerdem erſchienen Berufs- und Amateurphotographen in Es iſt ebenſo bedauerlich wie unbegreiflich, daß alle bisher er- Das ſtellvertretende Generalkommando des I. bayeriſchen Außerdem iſt Vorſorge getroffen, daß die Namen jener Perſo- (Dies iſt nun auch geſchehen: Das Generalkommando gibt heute Nicht direkt mit dem Krieg im Zuſammenhange, aber doch auch Die Kontrollkommiſſion begab ſich geſtern zu den Auf- Inzwiſchen ſind aber bereits die Rebellen in Durazzo einmar- Ueber Dum-Dum-Geſchoſſe verbreitet ſich Generalmajor Keim im „Tag“ in nachſtehendem In der Nacht vom 20./21. Juli 1870 erſchien bei dem badiſchen Natürlich war es vollkommen aus der Luft gegriffen, daß [irrelevantes Material] <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <pb facs="#f0007" n="557"/> <fw place="top" type="header">12. September 1914. <hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung</hi></fw><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>„Es iſt zu meiner Kenntnis gelangt, daß eine Zeitung das<lb/> ſtrenge Vorgehen unſerer militäriſchen Befehlshaber gegen das<lb/> nichtswürdige Franktireurweſen in Belgien als Ausfluß eines bloßen<lb/> Rache- und Vergeltungsgelüſtes bezeichnet und geſchmäht hat. Der<lb/> Artikel, gegen den ich pflichtgemäß unverzüglich eingeſchritten bin,<lb/> gibt mir Veranlaſſung, mit einem aufklärenden Wort mich an die<lb/> Bevölkerung im Vereich des <hi rendition="#aq">VII.</hi> Armeekorps zu wenden.</p> </div> </body> </floatingText><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>Die hinterliſtigen und heimtückiſchen Ueberfälle, die von ſeiten<lb/> einer feindlichen Bevölkerung auf den verſchiedenen Kriegsſchau-<lb/> plätzen vielfach auf unſere braven Truppen verübt worden ſind und<lb/> ſtellenweiſe noch immer verübt werden, machen es unſern Befehls-<lb/> habern zur abſoluten Pflicht, mit unnachſichtlicher eiſerner Strenge<lb/> gegen ſolche ungehenerlichen Schandtaten vorzugehen. Hier Schwäche<lb/> zu zeigen, wäre Verrat an unſerem Heere. Ruhigen Einwohnern<lb/> eines feindlichen Landes wird kein Haar gekrümmt, dafür bürgt ſchon<lb/> die in aller Welt bekam te Mannszucht unſerer Truppen. Sie<lb/> kämpfen in ehrlichen Kämpfen als Soldat gegen Soldat. Werden<lb/> aber die wackern Söhne unſeres Volkes, die für das Vaterland in<lb/> Not und Tod ziehen, werden Verwundete, Aerzte, Krankenpfleger<lb/> durch <hi rendition="#g">feige Ueberfälle</hi> von einer verblendeten, raſenden Be-<lb/> völkerung elend hingemordet, wird die Sicherheit der Heere von<lb/> rückwärts durch Bandenweſen gefährdet, ſo iſt es Gebot der Selbſt-<lb/> erhaltung und eine heilige Pflicht der militäriſchen Befehlshaber,<lb/> ſofort mit den äußerſten Maßregeln dagegen vorzugehen. Da müſ-<lb/> ſen Unſchuldige mit den Schuldigen leiden.</p> </div> </body> </floatingText><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>Unſere Heeresleitung hat in wiederholten Kundgebungen keinen<lb/> Zweifel darüber gelaſſen, daß Menſchenleben bei der Unterdrückung<lb/> der Schändlichkeit nicht geſchont werden können. Daß einzelne<lb/> Häuſer, ja blühende Dörfer und ſelbſt ganze Städte dabei vernichtet<lb/> werden, iſt gewiß beklagenswert, darf aber zu unangebrachten Ge-<lb/> mütserregungen nicht verleiten. Sie dürfen uns nicht ſo viel wert<lb/> ſein wie das <hi rendition="#g">Leben eines einzigen Soldaten</hi>. Das iſt<lb/> ſelbſtverſtändlich und braucht eigentlich nicht geſagt zu werden. Hier<lb/> Mitleid zu zeigen wäre ſündhafte Schwäche. Das Blut der Unſchul-<lb/> digen kommt über die Häupter der Urheber jener ſchmachvollen<lb/> Ueberfälle. Von Rache und Vergeltungsgelüſt, die der eingangs er-<lb/> wähnte, mir ganz unverſtändliche Zeitungsartikel unſerer Heeres-<lb/> leitung zuſchreibt, iſt dabei keine Rede. Unſere Befehlshaber tun,<lb/> um das nochn als zu betonen, einfach ihre Pflicht, und dieſe Pflicht<lb/> werden ſie tun bis zum glorreichen Ende des Krieges. Rückſichts-<lb/> loſeſter Schutz unſern von Mord umlauerten Soldaten um jeden<lb/> Preis! Wer da von Barbarei ſpricht, frevelt. Eiſerne Pflichterfül-<lb/> lung iſt ein Ausfluß hoher Kultur, und darin kann die Bevölkerung<lb/> in den feindlichen Ländern von unſerm Heer nur lernen.</p><lb/> <byline>Der kommandierende General <hi rendition="#g">Frhr. v. Biſſing</hi>.“</byline> </div> </body> </floatingText> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head><hi rendition="#g">Proteſt des deutſchen Kaiſers</hi>.</head><lb/> <p>Die „Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ veröffentlicht nachfol-<lb/> gendes Telegramm, das Seine Majeſtät der Kaiſer an den <hi rendition="#g">Präſi-<lb/> denten Wilſon</hi> gerichtet hat:</p><lb/> <cit> <quote>Ich betrachte es als Meine Pflicht, Herr Präſident, Sie als den<lb/> hervorragendſten Vertreter der Grundſätze der Menſchlichkeit zu be-<lb/> nachrichtigen, daß nach der Einnahme der franzöſiſchen Feſtung<lb/> Longwy Meine Truppen dort Tauſende von Dum-Dum-Geſchoſſen<lb/> entdeckt haben, die durch eine beſondere Regierungswerkſtätte herge-<lb/> ſtellt waren. Ebenſolche Geſchoſſe wurden bei getöteten und ver-<lb/> wundeten Soldaten und Gefangenen auch britiſcher Truppen ge-<lb/> funden. Sie wiſſen, welche ſchrecklichen Wunden und Leiden dieſe<lb/> Kugeln verurſachen, und daß ihre Anwendung durch die anerkann-<lb/> ten Grundſätze des internationalen Rechts ſtreng verboten iſt. Ich<lb/> richte daher an Sie einen feierlichen Proteſt gegen dieſe Art der<lb/> Kriegführung, welche dank dem Morden unſerer Gegner eine der<lb/> barbariſchſten geworden iſt, die man in der Geſchichte kennt. Nicht<lb/> nur haben ſie dieſe grauſamen Waffen angewendet, ſondern die bel-<lb/> giſche Regierung hat zur Teilnahme die belgiſche Zivilbevölkerung<lb/> an dem Kampfe offen ermutigt und ſeit langem ſorgfältig vorberei-<lb/> tet, ſelbſt die von Frauen und Geiſtlichen in dieſem Guerillakrieg be-<lb/> gangenen Grauſamkeiten, auch an verwundeten Soldaten, Aerzte-<lb/> perſonal und Pflegerinnen. Aerzte wurden getötet, Lazarette durch<lb/> Gewehrfeuer angegriffen, derert, daß Meine Generale endlich ge-<lb/> zwungen waren, die ſchärfſten Mittel zu ergreifen, um die Schuldi-<lb/> gen zu beſtrafen und die blutdürſtige Bevölterung von der Fort-<lb/> ſetzung ihrer ſchimpflichen Mord- und Schandtaten abzuſchrecken.<lb/> Einige Dörfer und ſelbſt die alte Stadt Löwen mit Ausnahme des<lb/> ſchönen Rathauſes, mußten im Intereſſe der Selbſtverteidigung und<lb/><cb/> zum Schutze Meiner Truppen zerſtört werden. Mein Herz blutet,<lb/> wenn ich ſehe, daß ſolche Maßregeln unvermeidlich geworden ſind<lb/> und wenn ich an die zahlloſen unſchuldigen Leute denke, die ihr Heim<lb/> und Eigentum verloren haben infolge des barbariſchen Betragens<lb/> jener Verbrecher.</quote> <bibl> <hi rendition="#g">Wilhelm</hi> <hi rendition="#aq">I. R.</hi> </bibl> </cit><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Dieſer Verlautbarung ſchließen wir als wirkſamſten Gegenſatz<lb/> eine vom ſtellvertretenden <hi rendition="#g">Münchener Generalkom-<lb/> mando</hi> ausgegebene Warnung an, das ſich auf <hi rendition="#g">unwürdiges<lb/> Verhalten gegenüber Kriegsgefangenen</hi> bezieht:</p><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>In den letzten Tagen haben ſich mehrere hundert Perſonen an<lb/> die Kriegsgefangenen in Oberſchleißheim in der zudringlichſten Weiſe<lb/> herangedrängt und ſie mit „Liebesgaben“, insbeſondere Tabak, Geld,<lb/> Blumen (!) uſw. überhäuft.</p> </div> </body> </floatingText><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>Außerdem erſchienen Berufs- und Amateurphotographen in<lb/> ſolcher Anzahl, daß es faſt den Anſchein erweckte, als ob es zu den<lb/> wichtigſten Aufgaben eines deutſchen Photographen gehörte, franzö-<lb/> ſiſche Kriegsgefangene im Bilde feſtzuhalten.</p> </div> </body> </floatingText><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>Es iſt ebenſo bedauerlich wie unbegreiflich, daß alle bisher er-<lb/> gangenen ernſten Mahnungen es nicht vermocht haben, ſolchem an<lb/> Hyſterie grenzenden, unwürdigen Verhalten ein Ende zu bereiten.</p> </div> </body> </floatingText><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>Das ſtellvertretende Generalkommando des <hi rendition="#aq">I.</hi> bayeriſchen<lb/> Armeekorps ſieht ſich unter dieſen Umſtänden genötigt, das Photo-<lb/> graphieren von Kriegsgefangenen in Oberſchleißheim zu verbieten.</p> </div> </body> </floatingText><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>Außerdem iſt Vorſorge getroffen, daß die Namen jener Perſo-<lb/> nen, die bar jeden vaterländiſchen Empfindens und bar jeden Takt-<lb/> gefühles die Gefangenen mit Liebesgaben verſorgen, ſofort feſtge-<lb/> ſtellt und an hervorragender Stelle in den Tagesblättern veröffent-<lb/> licht werden.</p> </div> </body> </floatingText><lb/> <p>(Dies iſt nun auch geſchehen: Das Generalkommando gibt heute<lb/> den Namen des Großkaufmanns <hi rendition="#g">Marix</hi> in München bekannt,<lb/> gegen den wegen unwürdigen Betragens Strafeinſchreitung erfolgt<lb/> iſt. Es iſt nur zu begrüßen, daß mit der Drohung auch Ernſt ge-<lb/> macht wird.)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Nicht direkt mit dem Krieg im Zuſammenhange, aber doch auch<lb/> jedenfalls von ihm beeinflußt, iſt die <hi rendition="#g">neueſte Wendung in<lb/> Albanien:</hi> Aus <hi rendition="#g">Durazzo</hi> wird dem Wolffſchen Bureau tele-<lb/> graphiert:</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Kontrollkommiſſion</hi> begab ſich geſtern zu den Auf-<lb/> ſtändiſchen und teilte ihnen mit, daß der <hi rendition="#g">Fürſt abgereiſt</hi> ſei.<lb/> Die Regierung Albaniens wird in nächſter Zeit von der Kontroll-<lb/> kommiſſion übernommen. Der Fürſt hat vor ſeiner Abreiſe eine<lb/> Amneſtie für alle politiſchen Gefangenen angeordnet. Auf den<lb/> Regierungspalaſt weht die rotſchwarze Fahne, während auf der<lb/> Kaſerne der Gendarmen, in der ſich das Kommando der Aufſtändi-<lb/> ſchen befindet, die türkiſche Fahne weht. Der Führer der Aufſtändi-<lb/> ſchen gab den Konſulaten Zuſicherungen betreffend die öffentliche<lb/> Ordnung. Die europäiſche Kolonie verhält ſich ruhig.</p><lb/> <p>Inzwiſchen ſind aber bereits die Rebellen in Durazzo einmar-<lb/> ſchiert und Herren der Lage. Nur ein großer Optimiſt wird an die<lb/> Rückkehr des Fürſten glauben können.</p> </div> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ueber Dum-Dum-Geſchoſſe</hi> </head><lb/> <p>verbreitet ſich Generalmajor <hi rendition="#g">Keim</hi> im „Tag“ in nachſtehendem<lb/> kleinen Artikel, deſſen Schlußworte wir zur Beachtung beſonders<lb/> empfehlen:</p><lb/> <cit> <quote>In der Nacht vom 20./21. Juli 1870 erſchien bei dem badiſchen<lb/> Geſandten in Paris ein hoher Beamter des franzöſiſchen Auswär-<lb/> tigen Amtes und erklärte folgendes: Nach Meldungen von der<lb/> Grenze ſind an die badiſchen Truppen Exploſivgeſchoſſe ausgegeben<lb/> worden, „deren Gebrauch — abgeſehen von der ſie verbietenden<lb/> Petersburger Vereinbarung — unter allen Umſtänden die Menſch-<lb/> lichkeit und das verdammende Urteil ſämtlicher geſitteter Völker ver-<lb/> böte“.</quote> </cit><lb/> <p>Natürlich war es vollkommen aus der Luft gegriffen, daß<lb/> an badiſche Truppen Exploſivgeſchoſſe ausgegeben worden ſeien, was<lb/> den badiſchen Geſandten veranlaßte, ſofort Einſpruch gegen dieſe<lb/> leere Beſchuldigung zu erheben. Der Franzoſe erklärte weiterhin,<lb/><floatingText><body><div type="jAn" n="1"><gap reason="insignificant"/></div></body></floatingText><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [557/0007]
12. September 1914. Allgemeine Zeitung
„Es iſt zu meiner Kenntnis gelangt, daß eine Zeitung das
ſtrenge Vorgehen unſerer militäriſchen Befehlshaber gegen das
nichtswürdige Franktireurweſen in Belgien als Ausfluß eines bloßen
Rache- und Vergeltungsgelüſtes bezeichnet und geſchmäht hat. Der
Artikel, gegen den ich pflichtgemäß unverzüglich eingeſchritten bin,
gibt mir Veranlaſſung, mit einem aufklärenden Wort mich an die
Bevölkerung im Vereich des VII. Armeekorps zu wenden.
Die hinterliſtigen und heimtückiſchen Ueberfälle, die von ſeiten
einer feindlichen Bevölkerung auf den verſchiedenen Kriegsſchau-
plätzen vielfach auf unſere braven Truppen verübt worden ſind und
ſtellenweiſe noch immer verübt werden, machen es unſern Befehls-
habern zur abſoluten Pflicht, mit unnachſichtlicher eiſerner Strenge
gegen ſolche ungehenerlichen Schandtaten vorzugehen. Hier Schwäche
zu zeigen, wäre Verrat an unſerem Heere. Ruhigen Einwohnern
eines feindlichen Landes wird kein Haar gekrümmt, dafür bürgt ſchon
die in aller Welt bekam te Mannszucht unſerer Truppen. Sie
kämpfen in ehrlichen Kämpfen als Soldat gegen Soldat. Werden
aber die wackern Söhne unſeres Volkes, die für das Vaterland in
Not und Tod ziehen, werden Verwundete, Aerzte, Krankenpfleger
durch feige Ueberfälle von einer verblendeten, raſenden Be-
völkerung elend hingemordet, wird die Sicherheit der Heere von
rückwärts durch Bandenweſen gefährdet, ſo iſt es Gebot der Selbſt-
erhaltung und eine heilige Pflicht der militäriſchen Befehlshaber,
ſofort mit den äußerſten Maßregeln dagegen vorzugehen. Da müſ-
ſen Unſchuldige mit den Schuldigen leiden.
Unſere Heeresleitung hat in wiederholten Kundgebungen keinen
Zweifel darüber gelaſſen, daß Menſchenleben bei der Unterdrückung
der Schändlichkeit nicht geſchont werden können. Daß einzelne
Häuſer, ja blühende Dörfer und ſelbſt ganze Städte dabei vernichtet
werden, iſt gewiß beklagenswert, darf aber zu unangebrachten Ge-
mütserregungen nicht verleiten. Sie dürfen uns nicht ſo viel wert
ſein wie das Leben eines einzigen Soldaten. Das iſt
ſelbſtverſtändlich und braucht eigentlich nicht geſagt zu werden. Hier
Mitleid zu zeigen wäre ſündhafte Schwäche. Das Blut der Unſchul-
digen kommt über die Häupter der Urheber jener ſchmachvollen
Ueberfälle. Von Rache und Vergeltungsgelüſt, die der eingangs er-
wähnte, mir ganz unverſtändliche Zeitungsartikel unſerer Heeres-
leitung zuſchreibt, iſt dabei keine Rede. Unſere Befehlshaber tun,
um das nochn als zu betonen, einfach ihre Pflicht, und dieſe Pflicht
werden ſie tun bis zum glorreichen Ende des Krieges. Rückſichts-
loſeſter Schutz unſern von Mord umlauerten Soldaten um jeden
Preis! Wer da von Barbarei ſpricht, frevelt. Eiſerne Pflichterfül-
lung iſt ein Ausfluß hoher Kultur, und darin kann die Bevölkerung
in den feindlichen Ländern von unſerm Heer nur lernen.
Der kommandierende General Frhr. v. Biſſing.“
Proteſt des deutſchen Kaiſers.
Die „Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ veröffentlicht nachfol-
gendes Telegramm, das Seine Majeſtät der Kaiſer an den Präſi-
denten Wilſon gerichtet hat:
Ich betrachte es als Meine Pflicht, Herr Präſident, Sie als den
hervorragendſten Vertreter der Grundſätze der Menſchlichkeit zu be-
nachrichtigen, daß nach der Einnahme der franzöſiſchen Feſtung
Longwy Meine Truppen dort Tauſende von Dum-Dum-Geſchoſſen
entdeckt haben, die durch eine beſondere Regierungswerkſtätte herge-
ſtellt waren. Ebenſolche Geſchoſſe wurden bei getöteten und ver-
wundeten Soldaten und Gefangenen auch britiſcher Truppen ge-
funden. Sie wiſſen, welche ſchrecklichen Wunden und Leiden dieſe
Kugeln verurſachen, und daß ihre Anwendung durch die anerkann-
ten Grundſätze des internationalen Rechts ſtreng verboten iſt. Ich
richte daher an Sie einen feierlichen Proteſt gegen dieſe Art der
Kriegführung, welche dank dem Morden unſerer Gegner eine der
barbariſchſten geworden iſt, die man in der Geſchichte kennt. Nicht
nur haben ſie dieſe grauſamen Waffen angewendet, ſondern die bel-
giſche Regierung hat zur Teilnahme die belgiſche Zivilbevölkerung
an dem Kampfe offen ermutigt und ſeit langem ſorgfältig vorberei-
tet, ſelbſt die von Frauen und Geiſtlichen in dieſem Guerillakrieg be-
gangenen Grauſamkeiten, auch an verwundeten Soldaten, Aerzte-
perſonal und Pflegerinnen. Aerzte wurden getötet, Lazarette durch
Gewehrfeuer angegriffen, derert, daß Meine Generale endlich ge-
zwungen waren, die ſchärfſten Mittel zu ergreifen, um die Schuldi-
gen zu beſtrafen und die blutdürſtige Bevölterung von der Fort-
ſetzung ihrer ſchimpflichen Mord- und Schandtaten abzuſchrecken.
Einige Dörfer und ſelbſt die alte Stadt Löwen mit Ausnahme des
ſchönen Rathauſes, mußten im Intereſſe der Selbſtverteidigung und
zum Schutze Meiner Truppen zerſtört werden. Mein Herz blutet,
wenn ich ſehe, daß ſolche Maßregeln unvermeidlich geworden ſind
und wenn ich an die zahlloſen unſchuldigen Leute denke, die ihr Heim
und Eigentum verloren haben infolge des barbariſchen Betragens
jener Verbrecher. Wilhelm I. R.
Dieſer Verlautbarung ſchließen wir als wirkſamſten Gegenſatz
eine vom ſtellvertretenden Münchener Generalkom-
mando ausgegebene Warnung an, das ſich auf unwürdiges
Verhalten gegenüber Kriegsgefangenen bezieht:
In den letzten Tagen haben ſich mehrere hundert Perſonen an
die Kriegsgefangenen in Oberſchleißheim in der zudringlichſten Weiſe
herangedrängt und ſie mit „Liebesgaben“, insbeſondere Tabak, Geld,
Blumen (!) uſw. überhäuft.
Außerdem erſchienen Berufs- und Amateurphotographen in
ſolcher Anzahl, daß es faſt den Anſchein erweckte, als ob es zu den
wichtigſten Aufgaben eines deutſchen Photographen gehörte, franzö-
ſiſche Kriegsgefangene im Bilde feſtzuhalten.
Es iſt ebenſo bedauerlich wie unbegreiflich, daß alle bisher er-
gangenen ernſten Mahnungen es nicht vermocht haben, ſolchem an
Hyſterie grenzenden, unwürdigen Verhalten ein Ende zu bereiten.
Das ſtellvertretende Generalkommando des I. bayeriſchen
Armeekorps ſieht ſich unter dieſen Umſtänden genötigt, das Photo-
graphieren von Kriegsgefangenen in Oberſchleißheim zu verbieten.
Außerdem iſt Vorſorge getroffen, daß die Namen jener Perſo-
nen, die bar jeden vaterländiſchen Empfindens und bar jeden Takt-
gefühles die Gefangenen mit Liebesgaben verſorgen, ſofort feſtge-
ſtellt und an hervorragender Stelle in den Tagesblättern veröffent-
licht werden.
(Dies iſt nun auch geſchehen: Das Generalkommando gibt heute
den Namen des Großkaufmanns Marix in München bekannt,
gegen den wegen unwürdigen Betragens Strafeinſchreitung erfolgt
iſt. Es iſt nur zu begrüßen, daß mit der Drohung auch Ernſt ge-
macht wird.)
Nicht direkt mit dem Krieg im Zuſammenhange, aber doch auch
jedenfalls von ihm beeinflußt, iſt die neueſte Wendung in
Albanien: Aus Durazzo wird dem Wolffſchen Bureau tele-
graphiert:
Die Kontrollkommiſſion begab ſich geſtern zu den Auf-
ſtändiſchen und teilte ihnen mit, daß der Fürſt abgereiſt ſei.
Die Regierung Albaniens wird in nächſter Zeit von der Kontroll-
kommiſſion übernommen. Der Fürſt hat vor ſeiner Abreiſe eine
Amneſtie für alle politiſchen Gefangenen angeordnet. Auf den
Regierungspalaſt weht die rotſchwarze Fahne, während auf der
Kaſerne der Gendarmen, in der ſich das Kommando der Aufſtändi-
ſchen befindet, die türkiſche Fahne weht. Der Führer der Aufſtändi-
ſchen gab den Konſulaten Zuſicherungen betreffend die öffentliche
Ordnung. Die europäiſche Kolonie verhält ſich ruhig.
Inzwiſchen ſind aber bereits die Rebellen in Durazzo einmar-
ſchiert und Herren der Lage. Nur ein großer Optimiſt wird an die
Rückkehr des Fürſten glauben können.
Ueber Dum-Dum-Geſchoſſe
verbreitet ſich Generalmajor Keim im „Tag“ in nachſtehendem
kleinen Artikel, deſſen Schlußworte wir zur Beachtung beſonders
empfehlen:
In der Nacht vom 20./21. Juli 1870 erſchien bei dem badiſchen
Geſandten in Paris ein hoher Beamter des franzöſiſchen Auswär-
tigen Amtes und erklärte folgendes: Nach Meldungen von der
Grenze ſind an die badiſchen Truppen Exploſivgeſchoſſe ausgegeben
worden, „deren Gebrauch — abgeſehen von der ſie verbietenden
Petersburger Vereinbarung — unter allen Umſtänden die Menſch-
lichkeit und das verdammende Urteil ſämtlicher geſitteter Völker ver-
böte“.
Natürlich war es vollkommen aus der Luft gegriffen, daß
an badiſche Truppen Exploſivgeſchoſſe ausgegeben worden ſeien, was
den badiſchen Geſandten veranlaßte, ſofort Einſpruch gegen dieſe
leere Beſchuldigung zu erheben. Der Franzoſe erklärte weiterhin,
_
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |