Allgemeine Zeitung, Nr. 41, 10. Oktober 1914.10. Oktober 1914. Allgemeine Zeitung [Spaltenumbruch]
Präsident Wilsons Antwort. Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" veröffentlicht in deut- Euerer Kaiserlichen Majestät wichtige Mitteilung vom 7. Sep- Sie werden -- dessen bin ich sicher -- nicht erwarten, daß ich Ich spreche mich so frei aus, weil ich weiß, daß Sie erwarten An die Kulturwelt wenden sich gegen hundert Männer der deutschen Kunst und Wissen- Wir als Vertreter deutscher Wissenschaft und Es ist nicht wahr, daß Deutschland diesen Krieg verschuldet Es ist nicht wahr, daß wir freventlich die Neutralität Es ist nicht wahr, daß eines einzigen belgischen Bürgers Es ist nicht wahr, daß unsere Truppen brutal gegen Es ist nicht wahr, daß unsere Kriegführung die Gesetze Es ist nicht wahr, daß der Kampf gegen unseren sogenann- Wir können die vergifteten Waffen der Lüge unseren Feinden Glaubt uns! Glaubt, daß wir diesen Kampf zu Ende kämpfen Dafür stehen wir Euch ein mit unserem Namen Deutsche Friedensliebe. Der bekannte Schwiegersohn der Frau Cosima Wag- Seit 45 Jahren verkehre ich vorwiegend mit Deutschen, seit 10. Oktober 1914. Allgemeine Zeitung [Spaltenumbruch]
Präſident Wilſons Antwort. Die „Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ veröffentlicht in deut- Euerer Kaiſerlichen Majeſtät wichtige Mitteilung vom 7. Sep- Sie werden — deſſen bin ich ſicher — nicht erwarten, daß ich Ich ſpreche mich ſo frei aus, weil ich weiß, daß Sie erwarten An die Kulturwelt wenden ſich gegen hundert Männer der deutſchen Kunſt und Wiſſen- Wir als Vertreter deutſcher Wiſſenſchaft und Es iſt nicht wahr, daß Deutſchland dieſen Krieg verſchuldet Es iſt nicht wahr, daß wir freventlich die Neutralität Es iſt nicht wahr, daß eines einzigen belgiſchen Bürgers Es iſt nicht wahr, daß unſere Truppen brutal gegen Es iſt nicht wahr, daß unſere Kriegführung die Geſetze Es iſt nicht wahr, daß der Kampf gegen unſeren ſogenann- Wir können die vergifteten Waffen der Lüge unſeren Feinden Glaubt uns! Glaubt, daß wir dieſen Kampf zu Ende kämpfen Dafür ſtehen wir Euch ein mit unſerem Namen Deutſche Friedensliebe. Der bekannte Schwiegerſohn der Frau Coſima Wag- Seit 45 Jahren verkehre ich vorwiegend mit Deutſchen, ſeit <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <pb facs="#f0005" n="601.[601]"/> <fw place="top" type="header">10. Oktober 1914. <hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung</hi></fw><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Präſident Wilſons Antwort.</hi> </hi> </head><lb/> <p>Die „Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ veröffentlicht in deut-<lb/> ſcher Ueberſetzung die Antwort, die von dem Präſidenten der Ver-<lb/> einigten Staaten von Amerika auf das bekannte Telegramm des<lb/><hi rendition="#g">Kaiſers</hi> eingegangen iſt. Sie lautet:</p><lb/> <cit> <quote>Euerer Kaiſerlichen Majeſtät wichtige Mitteilung vom 7. Sep-<lb/> tember des Jahres habe ich erhalten und von ihr mit größtem<lb/> Intereſſe und Anteil Kenntnis genommen. Ich fühle mich geehrt,<lb/> daß Sie ſich wegen eines unparteiiſchen Urteils an mich als den<lb/> Vertreter einer an dem gegenwärtigen Kriege wahrhaft unbeteilig-<lb/> ten Nation gewendet haben, die den aufrichtigen Wunſch hegt, die<lb/> Wahrheit kennen zu lernen und zu berückſichtigen.</quote> </cit><lb/> <cit> <quote>Sie werden — deſſen bin ich ſicher — nicht erwarten, daß ich<lb/> mehr ſage. Ich bete zu Gott, daß dieſer Krieg recht bald zu Ende<lb/> ſein möge. Der Tag der Abrechnung wird dann kommen, wenn,<lb/> wie ich ſicher bin, die Nationen Europas ſich vereinigen werden, um<lb/> ihre Streitigkeiten zu beendigen. Wo Unrecht begangen worden iſt,<lb/> werden die Folgen nicht ausbleiben und die Verantwortlichkeit wird<lb/> dem Schuldigen auferlegt werden. Die Völker der Erde haben ſich<lb/> glücklicherweiſe auf den Plan geeinigt, daß ſolch eine Abrechnung<lb/> und Einigung ſtattfinden muß. So weit jedoch ein ſolcher Plan<lb/> unzureichend iſt, wird die Meinung der Menſchheit, die letzte In-<lb/> ſtanz in allen ſolchen Gelegenheiten, ergänzend eingreifen. Es<lb/> wäre unklug, es wäre verfrüht für eine einzelne, ſelbſt dem gegen-<lb/> wärtigen Kampfe glücklicherweiſe fernſtehende Regierung, es wäre<lb/> ſogar unvereinbar mit der neutralen Haltung einer Nation, die,<lb/> wie dieſe an dem Kampfe nicht beteiligt iſt, ſich ein endgültiges<lb/> Urteil zu bilden oder es zum Ausdruck zu bringen.</quote> </cit><lb/> <cit> <quote>Ich ſpreche mich ſo frei aus, weil ich weiß, daß Sie erwarten<lb/> und wünſchen, daß ich wie ein Freund zum Freunde ſpreche, und<lb/> weil ich ſicher bin, daß eine Zurückhaltung des Urteils bis zur Be-<lb/> endigung des Krieges, wo alle Ereigniſſe und Umſtände in ihrer<lb/> Geſamtheit und ihrem wahren Zuſammenhang überſehen werden<lb/> können, ſich Ihnen als der wahre Ausdruck aufrichtiger Neutralität<lb/> von ſelbſt empfehlen wird.</quote> </cit> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">An die Kulturwelt</hi> </hi> </head><lb/> <p>wenden ſich gegen hundert Männer der deutſchen Kunſt und Wiſſen-<lb/> ſchaft mit ihrer Unterſchrift in nachſtehendem feierlichen Proteſt<lb/> gegen die Lügen und Verleumdungen unſerer gewiſſenloſen Feinde:</p><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>Wir als <hi rendition="#g">Vertreter deutſcher Wiſſenſchaft und<lb/> Kunſt</hi> erheben vor der geſamten Kulturwelt Proteſt <hi rendition="#g">gegen die<lb/> Lügen und Verleumdungen,</hi> mit denen unſere Feinde<lb/> Deutſchlands reine Sache in dem ihm aufgezwungenen ſchweren<lb/> Daſeinskampfe zu beſchmutzen trachten. 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Ja, dieſer nämliche Kaiſer, den ſie<lb/> jetzt einen Attila zu nennen wagen, iſt jahrzehntelang wegen ſeiner<lb/> unerſchütterlichen Friedensliebe von ihnen verſpottet worden. Erſt<lb/> als eine ſchon lange an den Grenzen lauernde Uebermacht von drei<lb/> Seiten über unſer Volk herfiel, hat es ſich erhoben wie ein Mann.</p> </div> </body> </floatingText><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p><hi rendition="#g">Es iſt nicht wahr,</hi> daß wir freventlich die Neutralität<lb/> Belgiens verletzt haben. Nachweislich waren Frankreich und Eng-<lb/> land zu ihrer Verletzung entſchloſſen. Nachweislich war Belgien<lb/> damit einverſtanden. Selbſtvernichtung wäre es geweſen, ihnen<lb/> nicht zuvorzukommen.</p> </div> </body> </floatingText><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p><hi rendition="#g">Es iſt nicht wahr,</hi> daß eines einzigen belgiſchen Bürgers<lb/> Leben und Eigentum von unſeren Soldaten angetaſtet worden iſt,<lb/> ohne daß die bitterſte Notwehr es gebot. Denn wieder und immer<lb/> wieder, allen Mahnungen zum Trotz, hat die Bevölkerung ſie aus<lb/> dem Hinterhalt beſchoſſen, Verwundete verſtümmelt, Aerzte bei der<lb/> Ausübung ihres Samariterwerkes ermordet. Man kann nicht nie-<lb/> derträchtiger fälſchen, als wenn man die Verbrechen dieſer Meuchel-<lb/><cb/> mörder verſchweigt, um die gerechte Strafe, die ſie erlitten haben,<lb/> den Deutſchen zum Verbrecher zu machen.</p> </div> </body> </floatingText><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p><hi rendition="#g">Es iſt nicht wahr,</hi> daß unſere Truppen brutal gegen<lb/> Löwen gewütet haben. An einer raſenden Einwohnerſchaft, die ſie<lb/> im Quartier heimtückiſch überfiel, haben ſie durch Beſchießung<lb/> eines Teils der Stadt ſchweren Herzens Vergeltung üben müſſen.<lb/> Der größte Teil von Löwen iſt erhalten geblieben. Das berühmte<lb/> Rathaus ſteht gänzlich unverſehrt. Mit Selbſtaufopferung haben<lb/> unſere Soldaten es vor den Flammen bewahrt. — Sollten in die-<lb/> ſem furchtbaren Kriege Kunſtwerke zerſtört worden ſein oder noch<lb/> zerſtört werden, ſo würde jeder Deutſche es beklagen. Aber ſo<lb/> wenig wir uns in der Liebe zur Kunſt von irgend jemand über-<lb/> treffen laſſen, ſo entſchieden lehnen wir es ab, die Erhaltung eines<lb/> Kunſtwerks mit einer deutſchen Niederlage zu erkaufen.</p> </div> </body> </floatingText><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p><hi rendition="#g">Es iſt nicht wahr,</hi> daß unſere Kriegführung die Geſetze<lb/> des Völkerrechts mißachtet. Sie kennt keine zuchtloſe Grauſamkeit.<lb/> Im Oſten aber tränkt das Blut der von ruſſiſchen Horden hinge-<lb/> ſchlachteten Frauen und Kinder die Erde, und im Weſten zerreißen<lb/> Dum-Dumgeſchoſſe unſeren Kriegern die Bruſt. Sich als Verteidi-<lb/> ger europäiſcher Ziviliſation zu gebärden, haben die am wenigſten<lb/> das Recht, die ſich mit Ruſſen und Serben verbünden und der Welt<lb/> das ſchmachvolle Schauſpiel bieten, Mongolen und Neger auf die<lb/> weiße Raſſe zu hetzen.</p> </div> </body> </floatingText><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p><hi rendition="#g">Es iſt nicht wahr,</hi> daß der Kampf gegen unſeren ſogenann-<lb/> ten Militarismus kein Kampf gegen unſere Kultur iſt, wie unſere<lb/> Feinde heuchleriſch vorgeben. Ohne den deutſchen Militarismus<lb/> wäre die deutſche Kultur längſt vom Erdboden getilgt. Zu ihrem<lb/> Schutze iſt er aus ihr hervorgegangen in einem Lande, das jahr-<lb/> hundertelang von Raubzügen heimgeſucht wurde wie kein zweites.<lb/> Deutſches Heer und deutſches Volk ſind eins. 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Mit Frankreich ſeit früheſter Kindheit<lb/> verwachſen, England durch Blutsbande angehörig, blieb ich vor<lb/> parteiiſcher Verblendung bewahrt. Freilich habe ich ſtets zurück-<lb/> gezogen gelebt und ſuchte nicht durch Gaffen und Vordrängen Volk<lb/></quote> </cit> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [601.[601]/0005]
10. Oktober 1914. Allgemeine Zeitung
Präſident Wilſons Antwort.
Die „Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ veröffentlicht in deut-
ſcher Ueberſetzung die Antwort, die von dem Präſidenten der Ver-
einigten Staaten von Amerika auf das bekannte Telegramm des
Kaiſers eingegangen iſt. Sie lautet:
Euerer Kaiſerlichen Majeſtät wichtige Mitteilung vom 7. Sep-
tember des Jahres habe ich erhalten und von ihr mit größtem
Intereſſe und Anteil Kenntnis genommen. Ich fühle mich geehrt,
daß Sie ſich wegen eines unparteiiſchen Urteils an mich als den
Vertreter einer an dem gegenwärtigen Kriege wahrhaft unbeteilig-
ten Nation gewendet haben, die den aufrichtigen Wunſch hegt, die
Wahrheit kennen zu lernen und zu berückſichtigen.
Sie werden — deſſen bin ich ſicher — nicht erwarten, daß ich
mehr ſage. Ich bete zu Gott, daß dieſer Krieg recht bald zu Ende
ſein möge. Der Tag der Abrechnung wird dann kommen, wenn,
wie ich ſicher bin, die Nationen Europas ſich vereinigen werden, um
ihre Streitigkeiten zu beendigen. Wo Unrecht begangen worden iſt,
werden die Folgen nicht ausbleiben und die Verantwortlichkeit wird
dem Schuldigen auferlegt werden. Die Völker der Erde haben ſich
glücklicherweiſe auf den Plan geeinigt, daß ſolch eine Abrechnung
und Einigung ſtattfinden muß. So weit jedoch ein ſolcher Plan
unzureichend iſt, wird die Meinung der Menſchheit, die letzte In-
ſtanz in allen ſolchen Gelegenheiten, ergänzend eingreifen. Es
wäre unklug, es wäre verfrüht für eine einzelne, ſelbſt dem gegen-
wärtigen Kampfe glücklicherweiſe fernſtehende Regierung, es wäre
ſogar unvereinbar mit der neutralen Haltung einer Nation, die,
wie dieſe an dem Kampfe nicht beteiligt iſt, ſich ein endgültiges
Urteil zu bilden oder es zum Ausdruck zu bringen.
Ich ſpreche mich ſo frei aus, weil ich weiß, daß Sie erwarten
und wünſchen, daß ich wie ein Freund zum Freunde ſpreche, und
weil ich ſicher bin, daß eine Zurückhaltung des Urteils bis zur Be-
endigung des Krieges, wo alle Ereigniſſe und Umſtände in ihrer
Geſamtheit und ihrem wahren Zuſammenhang überſehen werden
können, ſich Ihnen als der wahre Ausdruck aufrichtiger Neutralität
von ſelbſt empfehlen wird.
An die Kulturwelt
wenden ſich gegen hundert Männer der deutſchen Kunſt und Wiſſen-
ſchaft mit ihrer Unterſchrift in nachſtehendem feierlichen Proteſt
gegen die Lügen und Verleumdungen unſerer gewiſſenloſen Feinde:
Wir als Vertreter deutſcher Wiſſenſchaft und
Kunſt erheben vor der geſamten Kulturwelt Proteſt gegen die
Lügen und Verleumdungen, mit denen unſere Feinde
Deutſchlands reine Sache in dem ihm aufgezwungenen ſchweren
Daſeinskampfe zu beſchmutzen trachten. Der eherne Mund der Er-
eigniſſe hat die Ausſtreuung erdichteter deutſcher Niederlagen wider-
legt. Um ſo eifriger arbeitet man jetzt mit Entſtellungen und Ver-
dächtigungen. Gegen ſie erheben wir laut unſere Stimme. Sie ſoll
die Verkünderin der Wahrheit ſein.
Es iſt nicht wahr, daß Deutſchland dieſen Krieg verſchuldet
hat. Weder das Volk hat ihn gewollt noch die Regierung noch der
Kaiſer. Von deutſcher Seite iſt das Aeußerſte geſchehen, ihn abzu-
wenden. Dafür liegen der Welt die urkundlichen Beweiſe vor.
Oft genug hat Wilhelm II. in den 26 Jahren ſeiner Regierung ſich
als Schirmherr des Weltfriedens erwieſen; oft genug haben ſelbſt
unſere Gegner dies anerkannt. Ja, dieſer nämliche Kaiſer, den ſie
jetzt einen Attila zu nennen wagen, iſt jahrzehntelang wegen ſeiner
unerſchütterlichen Friedensliebe von ihnen verſpottet worden. Erſt
als eine ſchon lange an den Grenzen lauernde Uebermacht von drei
Seiten über unſer Volk herfiel, hat es ſich erhoben wie ein Mann.
Es iſt nicht wahr, daß wir freventlich die Neutralität
Belgiens verletzt haben. Nachweislich waren Frankreich und Eng-
land zu ihrer Verletzung entſchloſſen. Nachweislich war Belgien
damit einverſtanden. Selbſtvernichtung wäre es geweſen, ihnen
nicht zuvorzukommen.
Es iſt nicht wahr, daß eines einzigen belgiſchen Bürgers
Leben und Eigentum von unſeren Soldaten angetaſtet worden iſt,
ohne daß die bitterſte Notwehr es gebot. Denn wieder und immer
wieder, allen Mahnungen zum Trotz, hat die Bevölkerung ſie aus
dem Hinterhalt beſchoſſen, Verwundete verſtümmelt, Aerzte bei der
Ausübung ihres Samariterwerkes ermordet. Man kann nicht nie-
derträchtiger fälſchen, als wenn man die Verbrechen dieſer Meuchel-
mörder verſchweigt, um die gerechte Strafe, die ſie erlitten haben,
den Deutſchen zum Verbrecher zu machen.
Es iſt nicht wahr, daß unſere Truppen brutal gegen
Löwen gewütet haben. An einer raſenden Einwohnerſchaft, die ſie
im Quartier heimtückiſch überfiel, haben ſie durch Beſchießung
eines Teils der Stadt ſchweren Herzens Vergeltung üben müſſen.
Der größte Teil von Löwen iſt erhalten geblieben. Das berühmte
Rathaus ſteht gänzlich unverſehrt. Mit Selbſtaufopferung haben
unſere Soldaten es vor den Flammen bewahrt. — Sollten in die-
ſem furchtbaren Kriege Kunſtwerke zerſtört worden ſein oder noch
zerſtört werden, ſo würde jeder Deutſche es beklagen. Aber ſo
wenig wir uns in der Liebe zur Kunſt von irgend jemand über-
treffen laſſen, ſo entſchieden lehnen wir es ab, die Erhaltung eines
Kunſtwerks mit einer deutſchen Niederlage zu erkaufen.
Es iſt nicht wahr, daß unſere Kriegführung die Geſetze
des Völkerrechts mißachtet. Sie kennt keine zuchtloſe Grauſamkeit.
Im Oſten aber tränkt das Blut der von ruſſiſchen Horden hinge-
ſchlachteten Frauen und Kinder die Erde, und im Weſten zerreißen
Dum-Dumgeſchoſſe unſeren Kriegern die Bruſt. Sich als Verteidi-
ger europäiſcher Ziviliſation zu gebärden, haben die am wenigſten
das Recht, die ſich mit Ruſſen und Serben verbünden und der Welt
das ſchmachvolle Schauſpiel bieten, Mongolen und Neger auf die
weiße Raſſe zu hetzen.
Es iſt nicht wahr, daß der Kampf gegen unſeren ſogenann-
ten Militarismus kein Kampf gegen unſere Kultur iſt, wie unſere
Feinde heuchleriſch vorgeben. Ohne den deutſchen Militarismus
wäre die deutſche Kultur längſt vom Erdboden getilgt. Zu ihrem
Schutze iſt er aus ihr hervorgegangen in einem Lande, das jahr-
hundertelang von Raubzügen heimgeſucht wurde wie kein zweites.
Deutſches Heer und deutſches Volk ſind eins. Dieſes Bewußtſein
verbrüdert heute 70 Millionen Deutſche ohne Unterſchied der Bil-
dung, des Standes und der Partei.
Wir können die vergifteten Waffen der Lüge unſeren Feinden
nicht entwinden. Wir können nur in alle Welt hinausrufen, daß
ſie falſches Zeugnis ablegen wider uns. Euch, die Ihr uns kennt,
die Ihr bisher gemeinſam mit uns den höchſten Beſitz der Menſch-
heit gehütet habt, Euch rufen wir zu:
Glaubt uns! Glaubt, daß wir dieſen Kampf zu Ende kämpfen
werden als ein Kulturvolk, dem das Vermächtnis eines Goethe,
eines Beethoven, eines Kant ebenſo heilig iſt wie ſein Herd und
ſeine Scholle.
Dafür ſtehen wir Euch ein mit unſerem Namen
und mit unſerer Ehre!
Deutſche Friedensliebe.
Von
Houſton Stewart Chamberlain.
Der bekannte Schwiegerſohn der Frau Coſima Wag-
ner, Houſton Stewart Chamberlain, iſt ſeiner Geburt
nach bekanntlich ein Engländer. Er iſt aber nur durch
ſeine deutſchen Werke, insbeſondere auch durch ſeine be-
rühmten, viel angegriffenen „Grundlagen des 19. Jahr-
hunderts“ bekannt geworden. Nun iſt er in einem län-
geren Artikel, der im erſten Kriegsheft der Internationalen
Monatsſchrift für Wiſſenſchaft, Kunſt und Technik (Verlag
von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin) erſchienen iſt,
für Deutſchland und deſſen Friedensliebe warm eingetre-
ten. Er beweiſt dort, daß England den Krieg gewollt und
Frankreich und Rußland zu demſelben aufgehetzt hat. Er
fährt dann fort:
Seit 45 Jahren verkehre ich vorwiegend mit Deutſchen, ſeit
30 Jahren lebe ich ſtändig in deutſchen Landen; die Liebe zu deut-
ſcher Art, deutſchem Denken, deutſcher Wiſſenſchaft, deutſcher Kunſt
ſchärfte mir das Auge, ohne mich blind zu machen; mein Urteil
blieb völlig objektiv, und an gar manches, was mir beim erſten
Betreten deutſchen Bodens nicht behagte, habe ich mich noch immer
nicht gewöhnen können. Mit Frankreich ſeit früheſter Kindheit
verwachſen, England durch Blutsbande angehörig, blieb ich vor
parteiiſcher Verblendung bewahrt. Freilich habe ich ſtets zurück-
gezogen gelebt und ſuchte nicht durch Gaffen und Vordrängen Volk
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(2023-04-27T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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