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Allgemeine Zeitung, Nr. 45, 14. Februar 1871.

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[Spaltenumbruch] Erhaltung in jeder Beziehung so wünschenswerth ist, trüben möchte. Jch
habe deßhalb freundschaftliche Mittheilungen mit dem Präsidenten der
Vereinigten Staaten ausgetauscht. Um über die zweckdienlichste Weise
der Behandlung dieser Angelegenheiten schlüssig zu werden, habe Jch die Er-
nennung einer gemeinschaftlichen Commission vorgeschlagen, und in den
Vorschlag des Präsidenten gewilligt daß diese Commission gleichzeitig er-
mächtigt werden solle in derselben Weise die Erwägung der amerikanischen
Ansprüche welche aus den Umständen des letzten Kriegs erwachsen sind wie-
der aufzunehmen. Diese Vereinbarung wird nach beiderseitiger Ueberein-
kunft sich auf alle Entschädigungsforderungen erstrecken welche von beiden
Regierungen oder ihren Staatsangehörigen gegen einander erhoben wor-
den sind, oder noch erhoben werden dürften. Die Erhebung eines Prin-
zen aus dem Hause Savoyen auf den spanischen Thron durch freie Wahl
der vom Volk erwählten Vertreter der spanischen Nation wird, wie Jch
hoffe, dem Land, welches mit so viel Mäßigung und Selbstbeherrschung
durch eine lange und schwere Krisis hindurchgegangen, die Segnungen einer
fest begründeten Regierung sichern. Jch bin unglücklicherweise nicht im
Stande zu erklären daß die Untersuchung über die Geschichte der abschre-
ckenden Mordthaten welche im vergangenen Frühjahr in Dilessi begangen
wurden, nachdem sie von der griechischen Regierung veranstaltet worden,
einen Abschluß erreicht hat der in jeder Beziehung Meinen gerechten Er-
wartungen entspricht. Jch werde indessen nicht ablassen mit Meinen
Bemühungen die vollständige Erreichung der Untersuchungszwecke zu
sichern. Einige wichtige Ergebnisse für die Enthüllung und Unterdrückung
eines gesetzlosen und corrumpirenden Systems, das nur zu lange schon
die griechische Halbinsel bedrückt hat, sind jedoch mittlerweile erreicht wor-
den. Die Unruhe welche das Gemetzel in Tien-tsin am 21 Juni vergan-
genen Jahres erregte, ist glücklicherweise gehoben worden. Es wird Mein
ernstes Bemühen sein für die Sicherheit Meiner Unterthanen wie ihres
Handels in jenen entlegenen Gegenden zu sorgen, und Jch rechne auf Jhre
Mitwirkung in der von Mir angenommen Politik die chinesische Regierung
als berechtigt anzuerkennen in ihren Beziehungen mit England in versöhn-
lichem und nachsichtigem Geiste behandelt zu werden. -- Die Parlaments-
ferien waren dießmal eine Zeit der Sorge und des Jnteresses bezüglich
der auswärtigen Angelegenheiten, indessen Jch freue Mich Jhnen mitzu-
theilen daß Meine Beziehungen wie früher diejenigen der Freundschaft
und des guten Einverständnisses mit den Souveränen und Staaten der
civilisirten Welt sind. Actenstücke welche das Verfahren Meiner Regie-
rung in Bezug auf verschiedene von Mir nur im allgemeinen berührte Ge-
genstände erläutern, werden Jhnen in richtiger Weise vorgelegt werden.
-- Jndem Jch Mich zu den heimischen Angelegenheiten wende, habe Jch
Jhnen zunächst anzuzeigen daß Jch die Heirath zwischen Meiner Tochter,
der Prinzessin Louise, und dem Marquis v. Lorne gutgeheißen und Meine
Zustimmung zu dieser Ehe im Staatsrathe erklärt habe. Meine Herren
vom Hause der Gemeinen! Die Staatseinnahmen sind in blühen-
dem Zustande, und die Lage von Handel und Jndustrie können mit
theilweisen Ausnahmen für befriedigend erklärt werden. Die Voran-
schläge für das kommende Jahr werden Jhnen vorgelegt werden. --
Mylords und Meine Herren! Die Lehren um der militärischen Erfahrungen
welche der jetzige Krieg ertheilt hat sind zahlreich und wichtig gewesen. Die
Zeit scheint geeignet um durch entschiedenere Verbesserungsanstrengungen
als bisher diese Lehren zu Nutze zu ziehen. Jndem Sie solches versuchen,
werden Sie nicht ermangeln die eigenthümlichen Züge in der Lage des
Landes, welche der Freiheit und Sicherheit des Volkes so günstig sind, im
Auge zu behalten, und wenn der Wechsel von einem weniger tüchtigen zu
einem besseren und mehr elastischen System militärischer Defensivvorberei-
tungen eine Zunahme verschiedener Auflagen, wenigstens für eine Zeit lang,
als nothwendig erweisen sollte so wird Jhre Klugheit und Vaterlandsliebe
sich nicht gegen die Kosten sträuben, solange. Sie überzeugt sind daß der
Zweck von Wichtigkeit und die Wahl der Mittel eine gute ist. Es wird
Jhnen ohne Zeitverlust ein Gesetzentwurf für die bessere Regulirung der
Armee und der Hülfsstreitkräfte der Krone zu Lande vorgelegt werden, und Jch
brauche Jhnen denselben kaum zur sorglichen unparteiischen Erwägung zu
empfehlen. -- Jch hoffe daß das wichtige Jnteresse welches sich gegen-
wärtig an die Angelegenheiten des Auslandes knüpft, nicht in bedeutendem
Grade der Thatkraft Abbruch thun wird mit welcher Sie sich seither dem
Werke der allgemeinen Verbesserung in unserer heimischen Gesetzgebung ge-
widmet haben. Jch empfehle aufs neue verschiedene Vorlagen Jhrer Aufmerk-
samkeit über Gegenstände welche Jch Jhnen während der letzten Session vor-
gelegt zu sehen wünschte, für die indessen in der kurzen Zeit, die nach Erledi-
gung der Hauptangelegenheiten übrig blieb, keine endgültige Erledigung mög-
lich war. Jch beziehe Mich hauptsächlich auf die Vorlagen über die religiösen
Beschränkungen an den Universitäten Oxford und Cambridge, über die Kir-
chentitel, über die Gewerkvereine, über die Gerichtshöfe und Appellinstanzen,
über die Ausgleichung der Localabgaben und die Wirthshausconcessionen.
Die Untersuchung des Unterhaus-Ausschusses über geheime Wahlabstim-
mung ist vollendet, und es wird Jhnen ehestens eine Vorlage über die Ein-
führung geheimer Wahlabstimmung vorgelegt werden. -- Jn Schottland
erwartet man angelegentlichst einen Gesetzvorschlag über die Elementar-
schulen. Bezüglich des Unterrichts der Jugend in Schulen auf einem na-
tionalen Grund und Boden hat dieser Theil des Landes besondere Ansprüche
auf die günstige Erwägung des Parlaments, und Jch hoffe das Jahr wird nicht
vorübergehen ohne daß Sie diese Frage durch Jnkraftsetzung eines gerechten
[Spaltenumbruch] und wirksamen Gesetzes beilegen. -- Die Lage Jrlands bezüglich der agra-
rischen Verbrechen hat im ganzen einen befriedigenden Gegensatz zu der Ver-
fassung des Landes im vorhergehenden Winter gewährt, doch liegen immer
noch schmerzliche, wenn auch vereinzelte, Ausnahmen vor. Um die besten
Ergebnisse der großen Gesetzarbeiten der zwei letzten Sessionen, welche so
frisch erst in Wirksamkeit getreten sind, und welche so unmittelbare und
dringende Ansprüche an die Aufmerksamkeit aller Classen der Einwohner in
sich schließen, zu sichern, ist eine Periode der Ruhe erwünscht, und Jch habe
es deßhalb für klug erachtet im gegenwärtigen Augenblicke Mich aller Vor-
schläge zu enthalten welche zur Erörterung einer politischen Frage führen
könnten, die leicht der Gegenstand eines neuen und ernsten Streites in Jrland
werden würde. -- Die Lasten welche auf Sie, als den großen Rath der
Nation und dieses alten und weitausgedehnten Reiches, fallen, sind schwer,
und müssen es auch vorderhand noch bleiben. Jndessen Sie arbeiten für
ein Land dessen Gesetze die Probe der Zeit bestanden haben, und dessen
Volk fest an denselben hängt und ihren Fortbestand wünscht, und das in
diesem Wunsche sich mit seiner Souveränin vereinigen wird auf alle unsere
Plane die Gnade und den Beistand des Allerhöchsten herabzuflehen."
Der Krieg.

Unsere Feinde können sich, seit Abschluß der
Convention, wahrlich nicht über Mangel an Zuvorkommenheit von unserer
Seite beklagen. Wenn während des Waffenstillstandes ein Führer der
activen Truppe mit Erlaubniß der deutschen Heerführer in die Hauptstadt
eingelassen wird, so liegt darin ein Beweis von Sicherheitsgefühl der schließ-
lich doch auch den Franzosen imponiren muß. General Chanzy passirte vor-
gestern Abend das Centrum der deutschen Hauptquartiere, Versailles, und
wurde von hier nach Paris escortirt. Da er die Vorposten der südlichen
Occupationslinie vor Paris durchschreiten mußte, war Se kaiserliche und
königl. Hoheit der Kronprinz von seiner Ankunft benachrichtigt worden.
Mehrere Officiere -- der Commandant von Versailles, General v. Voigts-
Rhetz, der Commandant des kronprinzlichen Hauptquartiers Major
v. Winterfeld, Hauptmann Lenke vom Generalstab, und Rittmeister
v. d. Laucken, Ordonnanzofficier desselben Hauptquartiers, Lieutenant
v. Tresckow, Platzmajor von Versailles, erwarteten den französischen Be-
fehlshaber, der mit einem Militärzug auf der Station der Westbahn über
Le Mans hier eintraf. Chanzy hatte gehofft mit der Bahn nach Paris
weiterfahren zu können. Wegen verschiedener Güterzüge waren aber die
Schienen nicht frei. Der französische General, der sich in Begleitung eines
seiner Generalstabsofficiere befand, mußte ausfteigen. Man hatte Gelegen-
heit seine Gestalt zu mustern: ein hochaufgewachsener Mann von etwa
fünfzig Jahren, mehr knochig als corpulent, die Stirne frei, der Haarwuchs
spärlich, das Auge lebhaft, der Knebelbart, der vom Begriff des französi-
schen Generals kaum zu trennen, vollständig. Chanzy hätte in dem Local
des preußischen Etappencommando's Stunden lang warten müssen, wenn
die preußische Militärbehörde nicht auf seine Weiterbeförderung zu Wagen
bedacht gewesen wäre. Die Sache war nicht so leicht als man sich vor-
stellen dürfte. Jn der Eile hatten nur zwei Wagen requirirt werden kön-
nen, von denen der eine schon die Strecke zwischen Lagny und Bersailles
zurückgelegt, der andere einen deutschen Armeelieferanten kreuz und quer
herumgefahren hatte. Es bedurfte einiger Ueberredungen bei den energisch
protestirenden Kutschern um sie zur Fahrt nach Paris diesen Abend noch
zu bewegen. Platzmajor v. Tresckow erbot sich den General durch die Vor-
posten zu begleiten. Auf diese Weise kam der erste preußische Officier, trotz
Uniform, nicht bloß nach Paris hinein, sondern sogar in die inneren Räume
des französischen Kriegsministeriums (Place du Palais Bourbon), wo
Chanzy abstieg.

Es vergeht fast kein Tag wo nicht Jules Favre oder Mitglieder der
"Executivcommission" nach Versailles kommen. Zu den Deputirten der
letzteren, die mit Ausführung der Conventionsbestimmungen, Abgabe der
Waffen, Regelung des Eisenbahn- und Personenverkehrs betraut ist, gehö-
ren in der Regel der Generalstabschef v. Valdau und der Polizeipräfect
Hr. Cresson. Man kann nicht sagen daß Hr. Favre von seinen Republi-
canern übermäßig höflich behandelt wurde. Die Mairie von Versailles hat
den Wagen zu stellen welcher den Minister am Eisenbahnhof von Chartres
(am Thor von Buc, unter der Villa les Ombrages) oder an dem der "Rive
droite" (Rue Duplessis) erwarten soll. Man schickt ihm bei Sturm und
Regen einen offenen Einspänner, irgend einen elenden Fiakerwagen. Aber
die Commandantur oder der Etappencommandant auf dem Bahnhof neh-
men Favre's Partei. Der Kutscher wird zurechtgewiesen und muß mit
einem geschlossenen Coupe wiederkommen. Jules Favre trifft ein, dankt
dem Etappenofficier höchst verbindlich für seine Begrüßung, wirft einen
Blick auf die herculischen Figuren der preußischen Landwehrmänner --
wahrhafte Musterexemplare stämmiger Deutschen -- die am Ausgang sich
in Reih und Glied geordnet haben um den Minister zu sehen. Ein Landwehr-
mann schwingt sich auf den Bock und begleitet den Wagen als Ordonnanz,

[Spaltenumbruch] Erhaltung in jeder Beziehung ſo wünſchenswerth iſt, trüben möchte. Jch
habe deßhalb freundſchaftliche Mittheilungen mit dem Präſidenten der
Vereinigten Staaten ausgetauſcht. Um über die zweckdienlichſte Weiſe
der Behandlung dieſer Angelegenheiten ſchlüſſig zu werden, habe Jch die Er-
nennung einer gemeinſchaftlichen Commiſſion vorgeſchlagen, und in den
Vorſchlag des Präſidenten gewilligt daß dieſe Commiſſion gleichzeitig er-
mächtigt werden ſolle in derſelben Weiſe die Erwägung der amerikaniſchen
Anſprüche welche aus den Umſtänden des letzten Kriegs erwachſen ſind wie-
der aufzunehmen. Dieſe Vereinbarung wird nach beiderſeitiger Ueberein-
kunft ſich auf alle Entſchädigungsforderungen erſtrecken welche von beiden
Regierungen oder ihren Staatsangehörigen gegen einander erhoben wor-
den ſind, oder noch erhoben werden dürften. Die Erhebung eines Prin-
zen aus dem Hauſe Savoyen auf den ſpaniſchen Thron durch freie Wahl
der vom Volk erwählten Vertreter der ſpaniſchen Nation wird, wie Jch
hoffe, dem Land, welches mit ſo viel Mäßigung und Selbſtbeherrſchung
durch eine lange und ſchwere Kriſis hindurchgegangen, die Segnungen einer
feſt begründeten Regierung ſichern. Jch bin unglücklicherweiſe nicht im
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ckenden Mordthaten welche im vergangenen Frühjahr in Dileſſi begangen
wurden, nachdem ſie von der griechiſchen Regierung veranſtaltet worden,
einen Abſchluß erreicht hat der in jeder Beziehung Meinen gerechten Er-
wartungen entſpricht. Jch werde indeſſen nicht ablaſſen mit Meinen
Bemühungen die vollſtändige Erreichung der Unterſuchungszwecke zu
ſichern. Einige wichtige Ergebniſſe für die Enthüllung und Unterdrückung
eines geſetzloſen und corrumpirenden Syſtems, das nur zu lange ſchon
die griechiſche Halbinſel bedrückt hat, ſind jedoch mittlerweile erreicht wor-
den. Die Unruhe welche das Gemetzel in Tien-tſin am 21 Juni vergan-
genen Jahres erregte, iſt glücklicherweiſe gehoben worden. Es wird Mein
ernſtes Bemühen ſein für die Sicherheit Meiner Unterthanen wie ihres
Handels in jenen entlegenen Gegenden zu ſorgen, und Jch rechne auf Jhre
Mitwirkung in der von Mir angenommen Politik die chineſiſche Regierung
als berechtigt anzuerkennen in ihren Beziehungen mit England in verſöhn-
lichem und nachſichtigem Geiſte behandelt zu werden. — Die Parlaments-
ferien waren dießmal eine Zeit der Sorge und des Jntereſſes bezüglich
der auswärtigen Angelegenheiten, indeſſen Jch freue Mich Jhnen mitzu-
theilen daß Meine Beziehungen wie früher diejenigen der Freundſchaft
und des guten Einverſtändniſſes mit den Souveränen und Staaten der
civiliſirten Welt ſind. Actenſtücke welche das Verfahren Meiner Regie-
rung in Bezug auf verſchiedene von Mir nur im allgemeinen berührte Ge-
genſtände erläutern, werden Jhnen in richtiger Weiſe vorgelegt werden.
— Jndem Jch Mich zu den heimiſchen Angelegenheiten wende, habe Jch
Jhnen zunächſt anzuzeigen daß Jch die Heirath zwiſchen Meiner Tochter,
der Prinzeſſin Louiſe, und dem Marquis v. Lorne gutgeheißen und Meine
Zuſtimmung zu dieſer Ehe im Staatsrathe erklärt habe. Meine Herren
vom Hauſe der Gemeinen! Die Staatseinnahmen ſind in blühen-
dem Zuſtande, und die Lage von Handel und Jnduſtrie können mit
theilweiſen Ausnahmen für befriedigend erklärt werden. Die Voran-
ſchläge für das kommende Jahr werden Jhnen vorgelegt werden. —
Mylords und Meine Herren! Die Lehren um der militäriſchen Erfahrungen
welche der jetzige Krieg ertheilt hat ſind zahlreich und wichtig geweſen. Die
Zeit ſcheint geeignet um durch entſchiedenere Verbeſſerungsanſtrengungen
als bisher dieſe Lehren zu Nutze zu ziehen. Jndem Sie ſolches verſuchen,
werden Sie nicht ermangeln die eigenthümlichen Züge in der Lage des
Landes, welche der Freiheit und Sicherheit des Volkes ſo günſtig ſind, im
Auge zu behalten, und wenn der Wechſel von einem weniger tüchtigen zu
einem beſſeren und mehr elaſtiſchen Syſtem militäriſcher Defenſivvorberei-
tungen eine Zunahme verſchiedener Auflagen, wenigſtens für eine Zeit lang,
als nothwendig erweiſen ſollte ſo wird Jhre Klugheit und Vaterlandsliebe
ſich nicht gegen die Koſten ſträuben, ſolange. Sie überzeugt ſind daß der
Zweck von Wichtigkeit und die Wahl der Mittel eine gute iſt. Es wird
Jhnen ohne Zeitverluſt ein Geſetzentwurf für die beſſere Regulirung der
Armee und der Hülfsſtreitkräfte der Krone zu Lande vorgelegt werden, und Jch
brauche Jhnen denſelben kaum zur ſorglichen unparteiiſchen Erwägung zu
empfehlen. — Jch hoffe daß das wichtige Jntereſſe welches ſich gegen-
wärtig an die Angelegenheiten des Auslandes knüpft, nicht in bedeutendem
Grade der Thatkraft Abbruch thun wird mit welcher Sie ſich ſeither dem
Werke der allgemeinen Verbeſſerung in unſerer heimiſchen Geſetzgebung ge-
widmet haben. Jch empfehle aufs neue verſchiedene Vorlagen Jhrer Aufmerk-
ſamkeit über Gegenſtände welche Jch Jhnen während der letzten Seſſion vor-
gelegt zu ſehen wünſchte, für die indeſſen in der kurzen Zeit, die nach Erledi-
gung der Hauptangelegenheiten übrig blieb, keine endgültige Erledigung mög-
lich war. Jch beziehe Mich hauptſächlich auf die Vorlagen über die religiöſen
Beſchränkungen an den Univerſitäten Oxford und Cambridge, über die Kir-
chentitel, über die Gewerkvereine, über die Gerichtshöfe und Appellinſtanzen,
über die Ausgleichung der Localabgaben und die Wirthshausconceſſionen.
Die Unterſuchung des Unterhaus-Ausſchuſſes über geheime Wahlabſtim-
mung iſt vollendet, und es wird Jhnen eheſtens eine Vorlage über die Ein-
führung geheimer Wahlabſtimmung vorgelegt werden. — Jn Schottland
erwartet man angelegentlichſt einen Geſetzvorſchlag über die Elementar-
ſchulen. Bezüglich des Unterrichts der Jugend in Schulen auf einem na-
tionalen Grund und Boden hat dieſer Theil des Landes beſondere Anſprüche
auf die günſtige Erwägung des Parlaments, und Jch hoffe das Jahr wird nicht
vorübergehen ohne daß Sie dieſe Frage durch Jnkraftſetzung eines gerechten
[Spaltenumbruch] und wirkſamen Geſetzes beilegen. — Die Lage Jrlands bezüglich der agra-
riſchen Verbrechen hat im ganzen einen befriedigenden Gegenſatz zu der Ver-
faſſung des Landes im vorhergehenden Winter gewährt, doch liegen immer
noch ſchmerzliche, wenn auch vereinzelte, Ausnahmen vor. Um die beſten
Ergebniſſe der großen Geſetzarbeiten der zwei letzten Seſſionen, welche ſo
friſch erſt in Wirkſamkeit getreten ſind, und welche ſo unmittelbare und
dringende Anſprüche an die Aufmerkſamkeit aller Claſſen der Einwohner in
ſich ſchließen, zu ſichern, iſt eine Periode der Ruhe erwünſcht, und Jch habe
es deßhalb für klug erachtet im gegenwärtigen Augenblicke Mich aller Vor-
ſchläge zu enthalten welche zur Erörterung einer politiſchen Frage führen
könnten, die leicht der Gegenſtand eines neuen und ernſten Streites in Jrland
werden würde. — Die Laſten welche auf Sie, als den großen Rath der
Nation und dieſes alten und weitausgedehnten Reiches, fallen, ſind ſchwer,
und müſſen es auch vorderhand noch bleiben. Jndeſſen Sie arbeiten für
ein Land deſſen Geſetze die Probe der Zeit beſtanden haben, und deſſen
Volk feſt an denſelben hängt und ihren Fortbeſtand wünſcht, und das in
dieſem Wunſche ſich mit ſeiner Souveränin vereinigen wird auf alle unſere
Plane die Gnade und den Beiſtand des Allerhöchſten herabzuflehen.“
Der Krieg.

Unſere Feinde können ſich, ſeit Abſchluß der
Convention, wahrlich nicht über Mangel an Zuvorkommenheit von unſerer
Seite beklagen. Wenn während des Waffenſtillſtandes ein Führer der
activen Truppe mit Erlaubniß der deutſchen Heerführer in die Hauptſtadt
eingelaſſen wird, ſo liegt darin ein Beweis von Sicherheitsgefühl der ſchließ-
lich doch auch den Franzoſen imponiren muß. General Chanzy paſſirte vor-
geſtern Abend das Centrum der deutſchen Hauptquartiere, Verſailles, und
wurde von hier nach Paris escortirt. Da er die Vorpoſten der ſüdlichen
Occupationslinie vor Paris durchſchreiten mußte, war Se kaiſerliche und
königl. Hoheit der Kronprinz von ſeiner Ankunft benachrichtigt worden.
Mehrere Officiere — der Commandant von Verſailles, General v. Voigts-
Rhetz, der Commandant des kronprinzlichen Hauptquartiers Major
v. Winterfeld, Hauptmann Lenke vom Generalſtab, und Rittmeiſter
v. d. Laucken, Ordonnanzofficier desſelben Hauptquartiers, Lieutenant
v. Tresckow, Platzmajor von Verſailles, erwarteten den franzöſiſchen Be-
fehlshaber, der mit einem Militärzug auf der Station der Weſtbahn über
Le Mans hier eintraf. Chanzy hatte gehofft mit der Bahn nach Paris
weiterfahren zu können. Wegen verſchiedener Güterzüge waren aber die
Schienen nicht frei. Der franzöſiſche General, der ſich in Begleitung eines
ſeiner Generalſtabsofficiere befand, mußte ausfteigen. Man hatte Gelegen-
heit ſeine Geſtalt zu muſtern: ein hochaufgewachſener Mann von etwa
fünfzig Jahren, mehr knochig als corpulent, die Stirne frei, der Haarwuchs
ſpärlich, das Auge lebhaft, der Knebelbart, der vom Begriff des franzöſi-
ſchen Generals kaum zu trennen, vollſtändig. Chanzy hätte in dem Local
des preußiſchen Etappencommando’s Stunden lang warten müſſen, wenn
die preußiſche Militärbehörde nicht auf ſeine Weiterbeförderung zu Wagen
bedacht geweſen wäre. Die Sache war nicht ſo leicht als man ſich vor-
ſtellen dürfte. Jn der Eile hatten nur zwei Wagen requirirt werden kön-
nen, von denen der eine ſchon die Strecke zwiſchen Lagny und Berſailles
zurückgelegt, der andere einen deutſchen Armeelieferanten kreuz und quer
herumgefahren hatte. Es bedurfte einiger Ueberredungen bei den energiſch
proteſtirenden Kutſchern um ſie zur Fahrt nach Paris dieſen Abend noch
zu bewegen. Platzmajor v. Tresckow erbot ſich den General durch die Vor-
poſten zu begleiten. Auf dieſe Weiſe kam der erſte preußiſche Officier, trotz
Uniform, nicht bloß nach Paris hinein, ſondern ſogar in die inneren Räume
des franzöſiſchen Kriegsminiſteriums (Place du Palais Bourbon), wo
Chanzy abſtieg.

Es vergeht faſt kein Tag wo nicht Jules Favre oder Mitglieder der
„Executivcommiſſion“ nach Verſailles kommen. Zu den Deputirten der
letzteren, die mit Ausführung der Conventionsbeſtimmungen, Abgabe der
Waffen, Regelung des Eiſenbahn- und Perſonenverkehrs betraut iſt, gehö-
ren in der Regel der Generalſtabschef v. Valdau und der Polizeipräfect
Hr. Creſſon. Man kann nicht ſagen daß Hr. Favre von ſeinen Republi-
canern übermäßig höflich behandelt wurde. Die Mairie von Verſailles hat
den Wagen zu ſtellen welcher den Miniſter am Eiſenbahnhof von Chartres
(am Thor von Buc, unter der Villa les Ombrages) oder an dem der „Rive
droite“ (Rue Dupleſſis) erwarten ſoll. Man ſchickt ihm bei Sturm und
Regen einen offenen Einſpänner, irgend einen elenden Fiakerwagen. Aber
die Commandantur oder der Etappencommandant auf dem Bahnhof neh-
men Favre’s Partei. Der Kutſcher wird zurechtgewieſen und muß mit
einem geſchloſſenen Coupé wiederkommen. Jules Favre trifft ein, dankt
dem Etappenofficier höchſt verbindlich für ſeine Begrüßung, wirft einen
Blick auf die herculiſchen Figuren der preußiſchen Landwehrmänner —
wahrhafte Muſterexemplare ſtämmiger Deutſchen — die am Ausgang ſich
in Reih und Glied geordnet haben um den Miniſter zu ſehen. Ein Landwehr-
mann ſchwingt ſich auf den Bock und begleitet den Wagen als Ordonnanz,

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[744/0004] Erhaltung in jeder Beziehung ſo wünſchenswerth iſt, trüben möchte. Jch habe deßhalb freundſchaftliche Mittheilungen mit dem Präſidenten der Vereinigten Staaten ausgetauſcht. Um über die zweckdienlichſte Weiſe der Behandlung dieſer Angelegenheiten ſchlüſſig zu werden, habe Jch die Er- nennung einer gemeinſchaftlichen Commiſſion vorgeſchlagen, und in den Vorſchlag des Präſidenten gewilligt daß dieſe Commiſſion gleichzeitig er- mächtigt werden ſolle in derſelben Weiſe die Erwägung der amerikaniſchen Anſprüche welche aus den Umſtänden des letzten Kriegs erwachſen ſind wie- der aufzunehmen. Dieſe Vereinbarung wird nach beiderſeitiger Ueberein- kunft ſich auf alle Entſchädigungsforderungen erſtrecken welche von beiden Regierungen oder ihren Staatsangehörigen gegen einander erhoben wor- den ſind, oder noch erhoben werden dürften. Die Erhebung eines Prin- zen aus dem Hauſe Savoyen auf den ſpaniſchen Thron durch freie Wahl der vom Volk erwählten Vertreter der ſpaniſchen Nation wird, wie Jch hoffe, dem Land, welches mit ſo viel Mäßigung und Selbſtbeherrſchung durch eine lange und ſchwere Kriſis hindurchgegangen, die Segnungen einer feſt begründeten Regierung ſichern. Jch bin unglücklicherweiſe nicht im Stande zu erklären daß die Unterſuchung über die Geſchichte der abſchre- ckenden Mordthaten welche im vergangenen Frühjahr in Dileſſi begangen wurden, nachdem ſie von der griechiſchen Regierung veranſtaltet worden, einen Abſchluß erreicht hat der in jeder Beziehung Meinen gerechten Er- wartungen entſpricht. Jch werde indeſſen nicht ablaſſen mit Meinen Bemühungen die vollſtändige Erreichung der Unterſuchungszwecke zu ſichern. Einige wichtige Ergebniſſe für die Enthüllung und Unterdrückung eines geſetzloſen und corrumpirenden Syſtems, das nur zu lange ſchon die griechiſche Halbinſel bedrückt hat, ſind jedoch mittlerweile erreicht wor- den. Die Unruhe welche das Gemetzel in Tien-tſin am 21 Juni vergan- genen Jahres erregte, iſt glücklicherweiſe gehoben worden. Es wird Mein ernſtes Bemühen ſein für die Sicherheit Meiner Unterthanen wie ihres Handels in jenen entlegenen Gegenden zu ſorgen, und Jch rechne auf Jhre Mitwirkung in der von Mir angenommen Politik die chineſiſche Regierung als berechtigt anzuerkennen in ihren Beziehungen mit England in verſöhn- lichem und nachſichtigem Geiſte behandelt zu werden. — Die Parlaments- ferien waren dießmal eine Zeit der Sorge und des Jntereſſes bezüglich der auswärtigen Angelegenheiten, indeſſen Jch freue Mich Jhnen mitzu- theilen daß Meine Beziehungen wie früher diejenigen der Freundſchaft und des guten Einverſtändniſſes mit den Souveränen und Staaten der civiliſirten Welt ſind. Actenſtücke welche das Verfahren Meiner Regie- rung in Bezug auf verſchiedene von Mir nur im allgemeinen berührte Ge- genſtände erläutern, werden Jhnen in richtiger Weiſe vorgelegt werden. — Jndem Jch Mich zu den heimiſchen Angelegenheiten wende, habe Jch Jhnen zunächſt anzuzeigen daß Jch die Heirath zwiſchen Meiner Tochter, der Prinzeſſin Louiſe, und dem Marquis v. Lorne gutgeheißen und Meine Zuſtimmung zu dieſer Ehe im Staatsrathe erklärt habe. Meine Herren vom Hauſe der Gemeinen! Die Staatseinnahmen ſind in blühen- dem Zuſtande, und die Lage von Handel und Jnduſtrie können mit theilweiſen Ausnahmen für befriedigend erklärt werden. Die Voran- ſchläge für das kommende Jahr werden Jhnen vorgelegt werden. — Mylords und Meine Herren! Die Lehren um der militäriſchen Erfahrungen welche der jetzige Krieg ertheilt hat ſind zahlreich und wichtig geweſen. Die Zeit ſcheint geeignet um durch entſchiedenere Verbeſſerungsanſtrengungen als bisher dieſe Lehren zu Nutze zu ziehen. Jndem Sie ſolches verſuchen, werden Sie nicht ermangeln die eigenthümlichen Züge in der Lage des Landes, welche der Freiheit und Sicherheit des Volkes ſo günſtig ſind, im Auge zu behalten, und wenn der Wechſel von einem weniger tüchtigen zu einem beſſeren und mehr elaſtiſchen Syſtem militäriſcher Defenſivvorberei- tungen eine Zunahme verſchiedener Auflagen, wenigſtens für eine Zeit lang, als nothwendig erweiſen ſollte ſo wird Jhre Klugheit und Vaterlandsliebe ſich nicht gegen die Koſten ſträuben, ſolange. Sie überzeugt ſind daß der Zweck von Wichtigkeit und die Wahl der Mittel eine gute iſt. Es wird Jhnen ohne Zeitverluſt ein Geſetzentwurf für die beſſere Regulirung der Armee und der Hülfsſtreitkräfte der Krone zu Lande vorgelegt werden, und Jch brauche Jhnen denſelben kaum zur ſorglichen unparteiiſchen Erwägung zu empfehlen. — Jch hoffe daß das wichtige Jntereſſe welches ſich gegen- wärtig an die Angelegenheiten des Auslandes knüpft, nicht in bedeutendem Grade der Thatkraft Abbruch thun wird mit welcher Sie ſich ſeither dem Werke der allgemeinen Verbeſſerung in unſerer heimiſchen Geſetzgebung ge- widmet haben. Jch empfehle aufs neue verſchiedene Vorlagen Jhrer Aufmerk- ſamkeit über Gegenſtände welche Jch Jhnen während der letzten Seſſion vor- gelegt zu ſehen wünſchte, für die indeſſen in der kurzen Zeit, die nach Erledi- gung der Hauptangelegenheiten übrig blieb, keine endgültige Erledigung mög- lich war. Jch beziehe Mich hauptſächlich auf die Vorlagen über die religiöſen Beſchränkungen an den Univerſitäten Oxford und Cambridge, über die Kir- chentitel, über die Gewerkvereine, über die Gerichtshöfe und Appellinſtanzen, über die Ausgleichung der Localabgaben und die Wirthshausconceſſionen. Die Unterſuchung des Unterhaus-Ausſchuſſes über geheime Wahlabſtim- mung iſt vollendet, und es wird Jhnen eheſtens eine Vorlage über die Ein- führung geheimer Wahlabſtimmung vorgelegt werden. — Jn Schottland erwartet man angelegentlichſt einen Geſetzvorſchlag über die Elementar- ſchulen. Bezüglich des Unterrichts der Jugend in Schulen auf einem na- tionalen Grund und Boden hat dieſer Theil des Landes beſondere Anſprüche auf die günſtige Erwägung des Parlaments, und Jch hoffe das Jahr wird nicht vorübergehen ohne daß Sie dieſe Frage durch Jnkraftſetzung eines gerechten und wirkſamen Geſetzes beilegen. — Die Lage Jrlands bezüglich der agra- riſchen Verbrechen hat im ganzen einen befriedigenden Gegenſatz zu der Ver- faſſung des Landes im vorhergehenden Winter gewährt, doch liegen immer noch ſchmerzliche, wenn auch vereinzelte, Ausnahmen vor. Um die beſten Ergebniſſe der großen Geſetzarbeiten der zwei letzten Seſſionen, welche ſo friſch erſt in Wirkſamkeit getreten ſind, und welche ſo unmittelbare und dringende Anſprüche an die Aufmerkſamkeit aller Claſſen der Einwohner in ſich ſchließen, zu ſichern, iſt eine Periode der Ruhe erwünſcht, und Jch habe es deßhalb für klug erachtet im gegenwärtigen Augenblicke Mich aller Vor- ſchläge zu enthalten welche zur Erörterung einer politiſchen Frage führen könnten, die leicht der Gegenſtand eines neuen und ernſten Streites in Jrland werden würde. — Die Laſten welche auf Sie, als den großen Rath der Nation und dieſes alten und weitausgedehnten Reiches, fallen, ſind ſchwer, und müſſen es auch vorderhand noch bleiben. Jndeſſen Sie arbeiten für ein Land deſſen Geſetze die Probe der Zeit beſtanden haben, und deſſen Volk feſt an denſelben hängt und ihren Fortbeſtand wünſcht, und das in dieſem Wunſche ſich mit ſeiner Souveränin vereinigen wird auf alle unſere Plane die Gnade und den Beiſtand des Allerhöchſten herabzuflehen.“ Der Krieg. H. Verſailles, 9 Febr. Unſere Feinde können ſich, ſeit Abſchluß der Convention, wahrlich nicht über Mangel an Zuvorkommenheit von unſerer Seite beklagen. Wenn während des Waffenſtillſtandes ein Führer der activen Truppe mit Erlaubniß der deutſchen Heerführer in die Hauptſtadt eingelaſſen wird, ſo liegt darin ein Beweis von Sicherheitsgefühl der ſchließ- lich doch auch den Franzoſen imponiren muß. General Chanzy paſſirte vor- geſtern Abend das Centrum der deutſchen Hauptquartiere, Verſailles, und wurde von hier nach Paris escortirt. Da er die Vorpoſten der ſüdlichen Occupationslinie vor Paris durchſchreiten mußte, war Se kaiſerliche und königl. Hoheit der Kronprinz von ſeiner Ankunft benachrichtigt worden. Mehrere Officiere — der Commandant von Verſailles, General v. Voigts- Rhetz, der Commandant des kronprinzlichen Hauptquartiers Major v. Winterfeld, Hauptmann Lenke vom Generalſtab, und Rittmeiſter v. d. Laucken, Ordonnanzofficier desſelben Hauptquartiers, Lieutenant v. Tresckow, Platzmajor von Verſailles, erwarteten den franzöſiſchen Be- fehlshaber, der mit einem Militärzug auf der Station der Weſtbahn über Le Mans hier eintraf. Chanzy hatte gehofft mit der Bahn nach Paris weiterfahren zu können. Wegen verſchiedener Güterzüge waren aber die Schienen nicht frei. Der franzöſiſche General, der ſich in Begleitung eines ſeiner Generalſtabsofficiere befand, mußte ausfteigen. Man hatte Gelegen- heit ſeine Geſtalt zu muſtern: ein hochaufgewachſener Mann von etwa fünfzig Jahren, mehr knochig als corpulent, die Stirne frei, der Haarwuchs ſpärlich, das Auge lebhaft, der Knebelbart, der vom Begriff des franzöſi- ſchen Generals kaum zu trennen, vollſtändig. Chanzy hätte in dem Local des preußiſchen Etappencommando’s Stunden lang warten müſſen, wenn die preußiſche Militärbehörde nicht auf ſeine Weiterbeförderung zu Wagen bedacht geweſen wäre. Die Sache war nicht ſo leicht als man ſich vor- ſtellen dürfte. Jn der Eile hatten nur zwei Wagen requirirt werden kön- nen, von denen der eine ſchon die Strecke zwiſchen Lagny und Berſailles zurückgelegt, der andere einen deutſchen Armeelieferanten kreuz und quer herumgefahren hatte. Es bedurfte einiger Ueberredungen bei den energiſch proteſtirenden Kutſchern um ſie zur Fahrt nach Paris dieſen Abend noch zu bewegen. Platzmajor v. Tresckow erbot ſich den General durch die Vor- poſten zu begleiten. Auf dieſe Weiſe kam der erſte preußiſche Officier, trotz Uniform, nicht bloß nach Paris hinein, ſondern ſogar in die inneren Räume des franzöſiſchen Kriegsminiſteriums (Place du Palais Bourbon), wo Chanzy abſtieg. Es vergeht faſt kein Tag wo nicht Jules Favre oder Mitglieder der „Executivcommiſſion“ nach Verſailles kommen. Zu den Deputirten der letzteren, die mit Ausführung der Conventionsbeſtimmungen, Abgabe der Waffen, Regelung des Eiſenbahn- und Perſonenverkehrs betraut iſt, gehö- ren in der Regel der Generalſtabschef v. Valdau und der Polizeipräfect Hr. Creſſon. Man kann nicht ſagen daß Hr. Favre von ſeinen Republi- canern übermäßig höflich behandelt wurde. Die Mairie von Verſailles hat den Wagen zu ſtellen welcher den Miniſter am Eiſenbahnhof von Chartres (am Thor von Buc, unter der Villa les Ombrages) oder an dem der „Rive droite“ (Rue Dupleſſis) erwarten ſoll. Man ſchickt ihm bei Sturm und Regen einen offenen Einſpänner, irgend einen elenden Fiakerwagen. Aber die Commandantur oder der Etappencommandant auf dem Bahnhof neh- men Favre’s Partei. Der Kutſcher wird zurechtgewieſen und muß mit einem geſchloſſenen Coupé wiederkommen. Jules Favre trifft ein, dankt dem Etappenofficier höchſt verbindlich für ſeine Begrüßung, wirft einen Blick auf die herculiſchen Figuren der preußiſchen Landwehrmänner — wahrhafte Muſterexemplare ſtämmiger Deutſchen — die am Ausgang ſich in Reih und Glied geordnet haben um den Miniſter zu ſehen. Ein Landwehr- mann ſchwingt ſich auf den Bock und begleitet den Wagen als Ordonnanz,

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 45, 14. Februar 1871, S. 744. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine45_1871/4>, abgerufen am 13.06.2024.