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Allgemeine Zeitung, Nr. 45, 7. November 1914.

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7. November 1914. Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch] Redaktions-Schluß 6. November


Nachdruck unserer Artikel, deren gesamtes Verlagsrecht wir von den Ver-
fassern erwerben, ist nur auszugsweise und nur bei genauer Quellenangabe
Wochenschrift "Allgemeine Zeitung" (München) gestattet. Für unverlangt
eingesandte Manuskripte und Bücher wird keine Gewähr geleistet.


Für die Redaktion verantwortlich: Alfred Frhr. v. Mensi,
für den Inseratenteil: Hugo Waßmann, beide in München.
Verlag: Verlag der "Allgemeinen Zeitung", G. m. b. H., München.
Druck: Bayerische Druckerei & Verlagsanstalt, G. m. b. H., München.


Vermischtes.

Im Schauspielhause kommt heute Samstag, den 7. November, in neuer
Einstudierung nach längerer Zeit wieder Ludwig Hellers und Karl Rößlers
Lustspiel "Wolkenkratzer" zur Aufführung. In Vorbereitung befindet
sich Gustav v. Mosers "Reif-Reiflingen". Sonntag, den 8. Novem-
ber, nachmittags kommt "Doktor Klaus" zur Aufführung und abends
wird "Wolkenkratzer" wiederholt.

Das Gärtnertheater bereitet die Neu-Einstudierung von Franz v. Suppes
"Boccaccio" vor. -- Als diesjährige Weihnachtsgabe für die Kleinen
und die Schuljugend ist ein neues Weihnachtsmärchen "St. Nikolaus,
der Kinderfreund
" vom Lehrer Josef Weber, hier, erworben. Der
Ruf des bewährten Jugenderziehers, der schon durch verschiedene Schriften
und Bilderbücher begründet ist, bietet Gewähr dafür, daß dieses Weihnachts-
stück, mit Gesang und Tanz, so recht für die Kinder geeignet ist. Die
Proben sind bereits im Gange.


Unser deutsches Heer steht gegen eine Welt von Feinden im Kriege.
Wir wissen, daß ihre Ausbildung und ihr Mut, ihr Können und ihre
Tapferleit jedem Feind das Gewicht halten wird. Aber wir wissen auch,
daß die Schrecken des Krieges nicht nur den Tod bedeuten und nach sich
ziehen, sondern auch viele Krankheiten, die entstehen müssen, wenn ein
Millionenheer in ständiger Berührung mit fremden Völkern ist, die nicht
besonders auf körperliche Reinlichkeit achten, wie es z. B. bei den Russen
der Fall ist. Jeder ausziehende Solbat, besonders aber jede Mutter, jede
Frau und jede Braut soll als erstes Geschenk für den Ausziehenden ein
Stückchen gute und dauernde Steckenpferd-Teerschwefel-Seife in Betracht
ziehen, die vermöge ihrer desinfizierenden Eigenschaft einen wirksamen
Schutz bietet und gleichzeitig auch besonders nach großen Strapazen erfrischt
und erquickt.

Ein Erlebnis Moltkes in der Türkei.

Der Held des Krieges von
1870/71 hat bekanntlich drei Jahre in der Türkei verbracht, wo er auch
1839 an dem Feldzug gegen Mehemed Ali teilnahm. Weil Moltke nicht nur
ein guter Soldat, sondern auch ein vorzüglicher Schriftsteller war, so sind seine
"Briefe aus der Türkei" der literarische Niederschlag dieses Aufenthaltes,
heute wieder aufs neue aktuell und ihre Lektüre ist jedem zu empfehlen,
der sich für türkische Sitten und Gebräuche interessiert. Ich will als Bei-
spiel eine Stelle zitieren, wie der nachmalige Feldherr seinen ersten Besuch
in einem türkischen Bad beschreibt: "Hunger, Kälte und Ermüdung (es war
im Winter) nach vierzehnstündigem Ritt schüttelten mir die Glieder im
Fiebersrost, als ich im Karawanseraj abstieg, und die kurzen Steigbügel
des Tartarensattels hatten meine Beine fast gelähmt. Man schlug mir vor,
ins Hammam oder türkische Bad zu gehen. Da ich von diesem Bade noch
keine Vorstellung hatte, so schleppte ich mich mühsam dahin, um es wenig-
stens zu seden. Wir traten in ein weites, hohes Gewölbe, in dessen Mitte
ein Springbrunnen plätscherte, der mir die Kälte sozusagen anschaulich
machte, welche in diesen Räumen herrschte. Ich verspürte nicht die geringste
Versuchung, nur das kleinste Stück meiner Toilette abzulegen. Mit Er-
staunen erblickte ich auf einer hölzernen Estrade, welche rings das Gemach
umgab, mehrere Männer auf Teppichen und Matratzen liegen, bloß mit
einem dünnen Leinentuch zugedeckt, behaglich die Pfeife rauchend und sich,
wie an einem schwülen Sommerabend, an der Kühle labend, die mir in
diesem Augenblick so entsetzlich schien. Der Badewärter, der in unseren
bedenklichen Mienen las, führte uns in zweites Gewölbe, in welchem schon
eine ganz anständige Hitze war."
Und nun beschreibt Moltke den Aufenthalt
in dem eigentlichen Heißluftraum und wie sein Mißtrauen in diese Prozedur
immer mehr schwindet. Und dann schildert er, wie er am Schluß derselben
trockene, über dem Feuer erwärmte Tücher umgewickelt erhält, einen Turban
auf den Kopf und ein Laken über die Schultern. "Bergh und ich erkannten
uns in dieser Maskerade kaum wieder und mußte einer über den anderen
lachen. Wir streckten uns nun in der Eingangshalle so behaglich hin, wie
wir es von den Türken gesehen. Man schlürft einen Scherbet, Kaffee oder
die Pfeife und empfindet die Kälte nur als angenehme Erquickung, so
innerlich durchwärmt ist der Körper. Die Haut fühlt sich äußerst glatt und
geschmeidig an und es ist gar nicht zu beschreiben, wie erquickend und wohl-
tätig ein solches Bad auf große Ermüdung wirkt. Nach einem köstlichen
Schlaf setzten wir am folgenden Morgen unseren Ritt so frisch fort, als ob
wir noch gar keine Anstrengung gehabt hätten."
Moltke war fortan ein
überzeugter Anhänger des türkischen Bades, und er mag es gewiß bedauert
haben, daß in unserem Vaterland dieser heilsame Gebrauch so wenig geübt
wird. Gelten wir Deutsche doch sonst mit Recht als das Volk, welches sich
die Kulturgüter aller Nationen zu assimilieren und nutzbar zu machen
weiß. Uebernehmen wir also diese türkische Volkssitte zum Heil unserer
Kranken und Erholungsbedürftigen. Und wenn es auch bisher an Gelegen-
heit zu solchen Schwitzkuren gefehlt hat, so ist doch jetzt ein brauchbarer
Apparat für deren häusliche Anwendung, das "Kreuz-Thermalbad" be-
rufen, diesem Mangel abzuhelfen. Der heutigen Nummer liegt ein inter-
essanter Prospekt der Firma Kreuzversand, München, Lindwurmstr. 76, bei,
welchen wir der Beachtung unserer Leser empfehlen.

[irrelevantes Material]
7. November 1914. Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch] Redaktions-Schluß 6. November


Nachdruck unſerer Artikel, deren geſamtes Verlagsrecht wir von den Ver-
faſſern erwerben, iſt nur auszugsweiſe und nur bei genauer Quellenangabe
Wochenſchrift „Allgemeine Zeitung“ (München) geſtattet. Für unverlangt
eingeſandte Manuſkripte und Bücher wird keine Gewähr geleiſtet.


Für die Redaktion verantwortlich: Alfred Frhr. v. Menſi,
für den Inſeratenteil: Hugo Waßmann, beide in München.
Verlag: Verlag der „Allgemeinen Zeitung“, G. m. b. H., München.
Druck: Bayeriſche Druckerei & Verlagsanſtalt, G. m. b. H., München.


Vermiſchtes.

Im Schauſpielhauſe kommt heute Samstag, den 7. November, in neuer
Einſtudierung nach längerer Zeit wieder Ludwig Hellers und Karl Rößlers
Luſtſpiel „Wolkenkratzer“ zur Aufführung. In Vorbereitung befindet
ſich Guſtav v. Moſers „Reif-Reiflingen“. Sonntag, den 8. Novem-
ber, nachmittags kommt „Doktor Klaus“ zur Aufführung und abends
wird „Wolkenkratzer“ wiederholt.

Das Gärtnertheater bereitet die Neu-Einſtudierung von Franz v. Suppés
Boccaccio“ vor. — Als diesjährige Weihnachtsgabe für die Kleinen
und die Schuljugend iſt ein neues Weihnachtsmärchen „St. Nikolaus,
der Kinderfreund
“ vom Lehrer Joſef Weber, hier, erworben. Der
Ruf des bewährten Jugenderziehers, der ſchon durch verſchiedene Schriften
und Bilderbücher begründet iſt, bietet Gewähr dafür, daß dieſes Weihnachts-
ſtück, mit Geſang und Tanz, ſo recht für die Kinder geeignet iſt. Die
Proben ſind bereits im Gange.


Unſer deutſches Heer ſteht gegen eine Welt von Feinden im Kriege.
Wir wiſſen, daß ihre Ausbildung und ihr Mut, ihr Können und ihre
Tapferleit jedem Feind das Gewicht halten wird. Aber wir wiſſen auch,
daß die Schrecken des Krieges nicht nur den Tod bedeuten und nach ſich
ziehen, ſondern auch viele Krankheiten, die entſtehen müſſen, wenn ein
Millionenheer in ſtändiger Berührung mit fremden Völkern iſt, die nicht
beſonders auf körperliche Reinlichkeit achten, wie es z. B. bei den Ruſſen
der Fall iſt. Jeder ausziehende Solbat, beſonders aber jede Mutter, jede
Frau und jede Braut ſoll als erſtes Geſchenk für den Ausziehenden ein
Stückchen gute und dauernde Steckenpferd-Teerſchwefel-Seife in Betracht
ziehen, die vermöge ihrer desinfizierenden Eigenſchaft einen wirkſamen
Schutz bietet und gleichzeitig auch beſonders nach großen Strapazen erfriſcht
und erquickt.

Ein Erlebnis Moltkes in der Türkei.

Der Held des Krieges von
1870/71 hat bekanntlich drei Jahre in der Türkei verbracht, wo er auch
1839 an dem Feldzug gegen Mehemed Ali teilnahm. Weil Moltke nicht nur
ein guter Soldat, ſondern auch ein vorzüglicher Schriftſteller war, ſo ſind ſeine
„Briefe aus der Türkei“ der literariſche Niederſchlag dieſes Aufenthaltes,
heute wieder aufs neue aktuell und ihre Lektüre iſt jedem zu empfehlen,
der ſich für türkiſche Sitten und Gebräuche intereſſiert. Ich will als Bei-
ſpiel eine Stelle zitieren, wie der nachmalige Feldherr ſeinen erſten Beſuch
in einem türkiſchen Bad beſchreibt: „Hunger, Kälte und Ermüdung (es war
im Winter) nach vierzehnſtündigem Ritt ſchüttelten mir die Glieder im
Fieberſroſt, als ich im Karawanſeraj abſtieg, und die kurzen Steigbügel
des Tartarenſattels hatten meine Beine faſt gelähmt. Man ſchlug mir vor,
ins Hammam oder türkiſche Bad zu gehen. Da ich von dieſem Bade noch
keine Vorſtellung hatte, ſo ſchleppte ich mich mühſam dahin, um es wenig-
ſtens zu ſeden. Wir traten in ein weites, hohes Gewölbe, in deſſen Mitte
ein Springbrunnen plätſcherte, der mir die Kälte ſozuſagen anſchaulich
machte, welche in dieſen Räumen herrſchte. Ich verſpürte nicht die geringſte
Verſuchung, nur das kleinſte Stück meiner Toilette abzulegen. Mit Er-
ſtaunen erblickte ich auf einer hölzernen Eſtrade, welche rings das Gemach
umgab, mehrere Männer auf Teppichen und Matratzen liegen, bloß mit
einem dünnen Leinentuch zugedeckt, behaglich die Pfeife rauchend und ſich,
wie an einem ſchwülen Sommerabend, an der Kühle labend, die mir in
dieſem Augenblick ſo entſetzlich ſchien. Der Badewärter, der in unſeren
bedenklichen Mienen las, führte uns in zweites Gewölbe, in welchem ſchon
eine ganz anſtändige Hitze war.“
Und nun beſchreibt Moltke den Aufenthalt
in dem eigentlichen Heißluftraum und wie ſein Mißtrauen in dieſe Prozedur
immer mehr ſchwindet. Und dann ſchildert er, wie er am Schluß derſelben
trockene, über dem Feuer erwärmte Tücher umgewickelt erhält, einen Turban
auf den Kopf und ein Laken über die Schultern. „Bergh und ich erkannten
uns in dieſer Maskerade kaum wieder und mußte einer über den anderen
lachen. Wir ſtreckten uns nun in der Eingangshalle ſo behaglich hin, wie
wir es von den Türken geſehen. Man ſchlürft einen Scherbet, Kaffee oder
die Pfeife und empfindet die Kälte nur als angenehme Erquickung, ſo
innerlich durchwärmt iſt der Körper. Die Haut fühlt ſich äußerſt glatt und
geſchmeidig an und es iſt gar nicht zu beſchreiben, wie erquickend und wohl-
tätig ein ſolches Bad auf große Ermüdung wirkt. Nach einem köſtlichen
Schlaf ſetzten wir am folgenden Morgen unſeren Ritt ſo friſch fort, als ob
wir noch gar keine Anſtrengung gehabt hätten.“
Moltke war fortań ein
überzeugter Anhänger des türkiſchen Bades, und er mag es gewiß bedauert
haben, daß in unſerem Vaterland dieſer heilſame Gebrauch ſo wenig geübt
wird. Gelten wir Deutſche doch ſonſt mit Recht als das Volk, welches ſich
die Kulturgüter aller Nationen zu aſſimilieren und nutzbar zu machen
weiß. Uebernehmen wir alſo dieſe türkiſche Volksſitte zum Heil unſerer
Kranken und Erholungsbedürftigen. Und wenn es auch bisher an Gelegen-
heit zu ſolchen Schwitzkuren gefehlt hat, ſo iſt doch jetzt ein brauchbarer
Apparat für deren häusliche Anwendung, das „Kreuz-Thermalbad“ be-
rufen, dieſem Mangel abzuhelfen. Der heutigen Nummer liegt ein inter-
eſſanter Proſpekt der Firma Kreuzverſand, München, Lindwurmſtr. 76, bei,
welchen wir der Beachtung unſerer Leſer empfehlen.

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[659/0015] 7. November 1914. Allgemeine Zeitung Redaktions-Schluß 6. November Nachdruck unſerer Artikel, deren geſamtes Verlagsrecht wir von den Ver- faſſern erwerben, iſt nur auszugsweiſe und nur bei genauer Quellenangabe Wochenſchrift „Allgemeine Zeitung“ (München) geſtattet. Für unverlangt eingeſandte Manuſkripte und Bücher wird keine Gewähr geleiſtet. Für die Redaktion verantwortlich: Alfred Frhr. v. Menſi, für den Inſeratenteil: Hugo Waßmann, beide in München. Verlag: Verlag der „Allgemeinen Zeitung“, G. m. b. H., München. Druck: Bayeriſche Druckerei & Verlagsanſtalt, G. m. b. H., München. Vermiſchtes. Im Schauſpielhauſe kommt heute Samstag, den 7. November, in neuer Einſtudierung nach längerer Zeit wieder Ludwig Hellers und Karl Rößlers Luſtſpiel „Wolkenkratzer“ zur Aufführung. In Vorbereitung befindet ſich Guſtav v. Moſers „Reif-Reiflingen“. Sonntag, den 8. Novem- ber, nachmittags kommt „Doktor Klaus“ zur Aufführung und abends wird „Wolkenkratzer“ wiederholt. Das Gärtnertheater bereitet die Neu-Einſtudierung von Franz v. Suppés „Boccaccio“ vor. — Als diesjährige Weihnachtsgabe für die Kleinen und die Schuljugend iſt ein neues Weihnachtsmärchen „St. Nikolaus, der Kinderfreund“ vom Lehrer Joſef Weber, hier, erworben. Der Ruf des bewährten Jugenderziehers, der ſchon durch verſchiedene Schriften und Bilderbücher begründet iſt, bietet Gewähr dafür, daß dieſes Weihnachts- ſtück, mit Geſang und Tanz, ſo recht für die Kinder geeignet iſt. Die Proben ſind bereits im Gange. Unſer deutſches Heer ſteht gegen eine Welt von Feinden im Kriege. Wir wiſſen, daß ihre Ausbildung und ihr Mut, ihr Können und ihre Tapferleit jedem Feind das Gewicht halten wird. Aber wir wiſſen auch, daß die Schrecken des Krieges nicht nur den Tod bedeuten und nach ſich ziehen, ſondern auch viele Krankheiten, die entſtehen müſſen, wenn ein Millionenheer in ſtändiger Berührung mit fremden Völkern iſt, die nicht beſonders auf körperliche Reinlichkeit achten, wie es z. B. bei den Ruſſen der Fall iſt. Jeder ausziehende Solbat, beſonders aber jede Mutter, jede Frau und jede Braut ſoll als erſtes Geſchenk für den Ausziehenden ein Stückchen gute und dauernde Steckenpferd-Teerſchwefel-Seife in Betracht ziehen, die vermöge ihrer desinfizierenden Eigenſchaft einen wirkſamen Schutz bietet und gleichzeitig auch beſonders nach großen Strapazen erfriſcht und erquickt. Ein Erlebnis Moltkes in der Türkei. Der Held des Krieges von 1870/71 hat bekanntlich drei Jahre in der Türkei verbracht, wo er auch 1839 an dem Feldzug gegen Mehemed Ali teilnahm. Weil Moltke nicht nur ein guter Soldat, ſondern auch ein vorzüglicher Schriftſteller war, ſo ſind ſeine „Briefe aus der Türkei“ der literariſche Niederſchlag dieſes Aufenthaltes, heute wieder aufs neue aktuell und ihre Lektüre iſt jedem zu empfehlen, der ſich für türkiſche Sitten und Gebräuche intereſſiert. Ich will als Bei- ſpiel eine Stelle zitieren, wie der nachmalige Feldherr ſeinen erſten Beſuch in einem türkiſchen Bad beſchreibt: „Hunger, Kälte und Ermüdung (es war im Winter) nach vierzehnſtündigem Ritt ſchüttelten mir die Glieder im Fieberſroſt, als ich im Karawanſeraj abſtieg, und die kurzen Steigbügel des Tartarenſattels hatten meine Beine faſt gelähmt. Man ſchlug mir vor, ins Hammam oder türkiſche Bad zu gehen. Da ich von dieſem Bade noch keine Vorſtellung hatte, ſo ſchleppte ich mich mühſam dahin, um es wenig- ſtens zu ſeden. Wir traten in ein weites, hohes Gewölbe, in deſſen Mitte ein Springbrunnen plätſcherte, der mir die Kälte ſozuſagen anſchaulich machte, welche in dieſen Räumen herrſchte. Ich verſpürte nicht die geringſte Verſuchung, nur das kleinſte Stück meiner Toilette abzulegen. Mit Er- ſtaunen erblickte ich auf einer hölzernen Eſtrade, welche rings das Gemach umgab, mehrere Männer auf Teppichen und Matratzen liegen, bloß mit einem dünnen Leinentuch zugedeckt, behaglich die Pfeife rauchend und ſich, wie an einem ſchwülen Sommerabend, an der Kühle labend, die mir in dieſem Augenblick ſo entſetzlich ſchien. Der Badewärter, der in unſeren bedenklichen Mienen las, führte uns in zweites Gewölbe, in welchem ſchon eine ganz anſtändige Hitze war.“ Und nun beſchreibt Moltke den Aufenthalt in dem eigentlichen Heißluftraum und wie ſein Mißtrauen in dieſe Prozedur immer mehr ſchwindet. Und dann ſchildert er, wie er am Schluß derſelben trockene, über dem Feuer erwärmte Tücher umgewickelt erhält, einen Turban auf den Kopf und ein Laken über die Schultern. „Bergh und ich erkannten uns in dieſer Maskerade kaum wieder und mußte einer über den anderen lachen. Wir ſtreckten uns nun in der Eingangshalle ſo behaglich hin, wie wir es von den Türken geſehen. Man ſchlürft einen Scherbet, Kaffee oder die Pfeife und empfindet die Kälte nur als angenehme Erquickung, ſo innerlich durchwärmt iſt der Körper. Die Haut fühlt ſich äußerſt glatt und geſchmeidig an und es iſt gar nicht zu beſchreiben, wie erquickend und wohl- tätig ein ſolches Bad auf große Ermüdung wirkt. Nach einem köſtlichen Schlaf ſetzten wir am folgenden Morgen unſeren Ritt ſo friſch fort, als ob wir noch gar keine Anſtrengung gehabt hätten.“ Moltke war fortań ein überzeugter Anhänger des türkiſchen Bades, und er mag es gewiß bedauert haben, daß in unſerem Vaterland dieſer heilſame Gebrauch ſo wenig geübt wird. Gelten wir Deutſche doch ſonſt mit Recht als das Volk, welches ſich die Kulturgüter aller Nationen zu aſſimilieren und nutzbar zu machen weiß. Uebernehmen wir alſo dieſe türkiſche Volksſitte zum Heil unſerer Kranken und Erholungsbedürftigen. Und wenn es auch bisher an Gelegen- heit zu ſolchen Schwitzkuren gefehlt hat, ſo iſt doch jetzt ein brauchbarer Apparat für deren häusliche Anwendung, das „Kreuz-Thermalbad“ be- rufen, dieſem Mangel abzuhelfen. Der heutigen Nummer liegt ein inter- eſſanter Proſpekt der Firma Kreuzverſand, München, Lindwurmſtr. 76, bei, welchen wir der Beachtung unſerer Leſer empfehlen. _

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2023-04-27T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 45, 7. November 1914, S. 659. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine45_1914/15>, abgerufen am 21.11.2024.