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Allgemeine Zeitung, Nr. 46, 15. Februar 1871.

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[Spaltenumbruch] Freicorps mit pünktlicher Genauigkeit vollzogen worden sein. -- Die Ver-
kehrshindernisse über welche ich gestern berichtete, sind bis auf einige Ge-
genden im Posen'schen und Westpreußen gehoben, und werden sich hoffent-
lich in diesem Winter nicht mehr einstellen. Als Vorbote des herannahenden
Schlusses der Landtagssession stellen sich die Abendsitzungen des Abgeord-
netenhauses ein. Die erste wurde gestern Abends gehalten, und war der
Fortsetzung der Berathung über das Gesetz betreffend den Unterstützungs-
wohnsitz gewidmet. Man gelangte bis zum §. 40 der Vorlage, und hofft
mit der Berathung morgen zu Ende zu kommen, was auch den Wünschen
der meisten Abgeordneten entsprechen dürfte, welche der Wahlbewegung in
ihrer Heimath nicht gern fern bleiben möchten. Gestern drehte sich der
Kampf um die Principienfrage: wie die Armenlast zu vertheilen sei. Die
Commission wollte die sämmtlichen directen Staatssteuern zum Maßstab
genommen wissen, und diesen Standpunkt vertraten auch die Fortschritts-
partei, die Nationalliberalen, das Gros der Freiconservativen und ein
Theil der sogen. Wilden. Dagegen verlangten die Conservativen daß die
Vertheilung nach dem Maßstabe der Classen- und classificirten Einkom-
mensteuer erfolge, weil der Grundbesitz schon jetzt zu überbürdet sei. Zwi-
schen beiden Forderungen suchte die Centrums-Fraction (katholische) zu
vermitteln, indem nach dem Antrage des Abg. v. Schorlemer-Alst neben
der Classen-, Einkommen- und Gewerbesteuer noch die Grund- und
Gebäudesteuer ins Gesetz aufgenommen werden solle. Schließlich siegte
jedoch der Commissionsantrag, nachdem der v. Schorlemer'sche in nament-
licher Abstimmung mit 180 gegen 175 Stimmen abgelehnt worden war.
Dasselbe Mißgeschick erlebt der vom Regierungscommissär als absolut unaus-
führbar bezeichnete Antrag Reichenspergers (Olpe) auf Aussonderung des
zu kirchlichen Wohlthätigkeitszwecken bestimmten Vermögens aus dem Ar-
menvermögen und Zurückgabe desselben an die kirchlichen Organe. -- In
der Budgetcommission sind die Anträge von Richter und Virchow, wonach
die vom vorigen Finanzminister ohne Genehmigung des Landtags aufge-
nommenen Vorschüsse im Betrage von 7,300,000 Thalern für eine unbe-
rechtigte Operation erklärt und ihnen die Indemnität versagt werden soll,
durchgefallen, wogegen eine Resolution angenommen wurde welche die
Erwartung ausspricht: daß die Genehmigung zu solchen Operationen in
Zukunft sofort oder in der nächsten Session beim Landtag werde eingeholt
werden. -- Miquel, dessen Candidatur in Osnabrück durch die Gegner-
schaft des ehemaligen hannoverischen Ministers Erxleben stark gefährdet
ist, tritt jetzt als Wahlcandidat für den Reichstag auch im Fürstenthum
Waldeck auf, welches bisher Dr. Wehrenpfennig vertrat. Letzterer hat
für Waldeck resignirt, weil er im hessischen Wahlbezirk Fritzlar sichere Aus-
sichten haben soll.

Oesterreichisch-ungarische Monarchie.

Der Unterstellung daß das neue Cabinet be-
rufen sein möchte die freiheitliche Entwicklung im Innern zu stauen, hat
sich bereits die weitere zugesellt: daß dasselbe eine Wendung in der Rich-
tung der auswärtigen Politik zu inauguriren und speciell der Annähe-
rung an Deutschland Halt zu gebieten bestimmt sei. Die dießfälligen Be-
sorgnisse scheinen sich wesentlich an die Berufung Schäffle's zu knüpfen, von
dem man annimmt daß er nicht bloß ein "Preußenhasser" gewesen, son-
dern auch geblieben, der aber jedenfalls nur eine Stellung in einem Ca-
binet einnimmt welches nicht das Reichsministerium, und welches also
einen directen Einfluß auf die auswärtige Politik zu üben gar nicht in
der Lage ist; und wenn man zudem als sicher annehmen darf daß die An-
näherung zwischen Oesterreich und Deutschland nicht als das Product
irgendwelcher persönlichen Gefühls-Liebhabereien, sondern der sehr realen
Interessen hüben und drüben sich darstellt, so scheint die volle Berechtigung
gegeben vorauszusetzen daß, solange wenigstens Graf Beust die auswärtige
Politik leitet, die angebahnten engeren Beziehungen zu Deutschland weder
eine Lockerung noch eine Lösung erfahren. Daß man gar daran denke
Rußland näher zu treten, ist augenscheinlich der Teufel den lediglich die
ungarische Angst an die Wand malt. -- Dem Vernehmen nach ist der seit-
herige Leiter des Handelsministeriums, Sectionschef de Pretis, an Stelle
des verstorbenen FML. Möring zum Statthalter von Triest ernannt wor-
den. -- Gestern Nachmittag und Abend ist, vollständig unerwartet, eine
Ueberschwemmung über Wien hereingebrochen; ein großer Theil der Leo-
poldstadt, der Landstraße und der Roßau, selbst ein kleiner Theil der in-
neren Stadt, steht noch heut unter Wasser und kolossale Eismassen haben
sich über die Ufer des Donaucanals hinausgeschoben. Tausende von
Menschen haben sich mit sinkender Nacht aus ihren Wohnungen retten
müssen.

Im Ministerium Hohenwart wird bekannt-
lich das Ackerbauministerium provisorisch verwaltet. Dasselbe befand sich
zuletzt in den Händen eines Polen (Petrino) und soll auch im neuen Mi-
nisterium einem Polen vorbehalten worden sein. Wenigstens bestand die
Absicht dasselbe für einen Deputirten Galiziens zu reseryiren. Aber ver-
[Spaltenumbruch] schiedene Versuche, einen solchen nachträglich zum Eintritt in das neue
Ministerium zu bewegen sind mißglückt. In erster Reihe soll man sich
an Grocholski gewandt haben. Wie die Dinge jetzt liegen, glaubt man
daß die polnische Fraction gemeinsame Sache mit der deutsch-liberalen
Partei gegen das Ministerium machen dürfte.

Das "Amtsblatt" veröffentlicht heute, wie ange-
kündigt, die Ernennung des Professors Pauler zum Cultusminister an
Stelle des verstorbenen Frhrn. v. Eötvös, ferner des Staatssecretärs
Wilhelm Toth zum Minister des Innern, von welchem Posten der bis-
herige Inhaber desselben, Paul Rajner, wegen Krankheit auf sein drin-
gendes Ansuchen enthoben wird, und endlich des Grafen Pejacsevich zum
Minister für Croatien. Die ungarischen Blätter fallen über die neuen
Minister mit ganz ähnlicher Heftigkeit her wie die westösterreichische Presse
über das Ministerium Hohenwart. -- Um den gestern erwähnten "Addi-
tionsfehler" zu repariren, wird die Reichsrathsdelegation zu einer nach-
träglichen einzigen Sitzung nochmals -- und zwar nach Wien -- einberufen
werden.

Schweiz.

In den bundesräthlichen Kreisen macht man
sich keine Hoffnung daß die morgen im Kanton Tessin vorzunehmende Neu-
wahl des großen Raths zur Beilegung der dortigen Verfassungswirren
und des Trennungsconflicts beitragen werde. Das auf beiden Seiten auf-
gestellte Programm ist sogar so scharf ausgeprägt, daß nicht einmal auf
ein zeitweiliges Ruhenlassen des Revisionsstreites zu hoffen ist; um jedoch
nicht sofort zum letzten Mittel, zur Gewalt, zu greifen, will der Bundes-
rath noch einmal den Weg des Friedens einschlagen, und seinen Gesandten
in Florenz, Hrn. Pioda, der selbst Tessiner ist, und in Folge seiner lang-
jährigen Abwesenheit den Parteizwistigkeiten seines Kantons immer fern-
gestanden, als außerordentlichen Abgeordneten dahin entsenden, mit dem
Auftrag "im Sinne des Beschlusses der Bundesversammlung vom letzten
December auf ihre endliche Beilegung hinzuwirken." -- Bis gestern
Abends waren von der 15 Millionen-Anleihe welche der Bundesrath be-
hufs Deckung der Kosten der Internirung der Ostarmee und der Verbesse-
rungen im schweizerischen Armeewesen öffentlich ausgeschrieben hat, 41/2
Millionen gedeckt. -- Seit gestern weilt General Clinchant in Bern, wo
er sich bis zum Friedensschluß aufzuhalten gedenken soll. Wie ich höre, ist
derselbe erst 42 Jahre alt, und soll vor den übrigen Officieren sich dadurch
rühmlichst auszeichnen daß er an dem Schicksale der Soldaten seiner ehe-
maligen Armee die größte Theilnahme zeigt. Einem Obersten, Namens
Carayon la Tour, welcher in die Constituante Frankreichs im Departe-
ment der Gironde gewählt worden ist, hat der Bundesrath heute die Rück-
kehr nach Frankreich gegen Abgabe des Ehrenworts "sich nach Ablauf sei-
nes Mandats wieder in Bern zu stellen und, solange der Krieg noch dauert,
sich jeglicher militärischen Handlung gegen Deutschland zu enthalten," ge-
stattet. -- Obgleich noch immer bestimmte Data in Betreff der Gesammt-
zahl der internirten Franzosen fehlen, so soll sich doch bereits herausstellen
daß ihre Anzahl 70,000 Mann bedeutend übersteigt.

Großbritannien.

Im Oberhaus brachte gestern der Führer der Opposition die Falli-
mente verschiedener Peers
zur Sprache, und wünschte zu wissen ob
die Regierung von diesen Fällen Notiz genommen habe, und es für nöthig
erachte im Wege der Gesetzgebung Schritte zu thun. Lord Granville
erwiederte: die Regierung habe von der Sache Kenntniß genommen, und
sich überzeugt daß auf beiden Seiten des Hauses die Ansicht vorherrsche
es müsse etwas geschehen um die Würde des Hauses zu wahren. Er hoffe
Lord Cairns (der ehemalige conservative Kanzler) werde sich mit dem Lord
Kanzler in Betreff des Näheren in Verbindung setzen, damit ein Gesetzvor-
schlag baldigst eingebracht werden könne. Lord Granville legte ferner die
königliche Botschaft vor, die vom Lordkanzler verlesen wurde: "Ihre
Majestät vertraut auf das herzliche Interesse welches das Oberhaus bezüg-
lich der herannahenden Heirath zwischen der Prinzessin Louise und dem
Marquis of Lorne bekundet hat. Die zahlreichen Proben welche die Köni-
gin von der treuen Gesinnung der Lords für den Thron und ihre Anhäng-
lichkeit an ihre Person und Familie erhalten hat, veranlassen sie zu hoffen
daß dieselben diejenigen Bewilligungen für die Prinzessin Louise bezüglich
der vorgeschlagenen Heirath machen werden, welche für die Würde der
Krone passend sein dürften."

Im Unterhaus richtete bezüglich des vielbesprochenen Geleit-
scheins
zur Conferenz für Jules Favre der Hon. Auberon Herbert
an den Premier die Anfrage: ob derselbe auf Ansuchen der englischen Ne-
gierung von den preußischen Behörden versprochen, und trotzdem später
verweigert worden sei, und was im letztern Falle die englische Regierung
für Schritte gethan habe. In seiner Entgegnung erklärte Gladstone:
die Angelegenheit sei eine einigermaßen verwickelte, und er wolle sich da-
her nicht auf Einzelheiten einlassen. Da aber die Frage einmal aufge-
worfen sei, und vielleicht die Ansicht herrsche daß eine Art Wortbruch vor-
liege, so wolle er im folgenden so viel mittheilen, um einen Ueberblick über
die Sache zu ermöglichen: "Zunächst wurde am 27 Nov. durch Hrn. Tissot,

[Spaltenumbruch] Freicorps mit pünktlicher Genauigkeit vollzogen worden ſein. — Die Ver-
kehrshinderniſſe über welche ich geſtern berichtete, ſind bis auf einige Ge-
genden im Poſen’ſchen und Weſtpreußen gehoben, und werden ſich hoffent-
lich in dieſem Winter nicht mehr einſtellen. Als Vorbote des herannahenden
Schluſſes der Landtagsſeſſion ſtellen ſich die Abendſitzungen des Abgeord-
netenhauſes ein. Die erſte wurde geſtern Abends gehalten, und war der
Fortſetzung der Berathung über das Geſetz betreffend den Unterſtützungs-
wohnſitz gewidmet. Man gelangte bis zum §. 40 der Vorlage, und hofft
mit der Berathung morgen zu Ende zu kommen, was auch den Wünſchen
der meiſten Abgeordneten entſprechen dürfte, welche der Wahlbewegung in
ihrer Heimath nicht gern fern bleiben möchten. Geſtern drehte ſich der
Kampf um die Principienfrage: wie die Armenlaſt zu vertheilen ſei. Die
Commiſſion wollte die ſämmtlichen directen Staatsſteuern zum Maßſtab
genommen wiſſen, und dieſen Standpunkt vertraten auch die Fortſchritts-
partei, die Nationalliberalen, das Gros der Freiconſervativen und ein
Theil der ſogen. Wilden. Dagegen verlangten die Conſervativen daß die
Vertheilung nach dem Maßſtabe der Claſſen- und claſſificirten Einkom-
menſteuer erfolge, weil der Grundbeſitz ſchon jetzt zu überbürdet ſei. Zwi-
ſchen beiden Forderungen ſuchte die Centrums-Fraction (katholiſche) zu
vermitteln, indem nach dem Antrage des Abg. v. Schorlemer-Alſt neben
der Claſſen-, Einkommen- und Gewerbeſteuer noch die Grund- und
Gebäudeſteuer ins Geſetz aufgenommen werden ſolle. Schließlich ſiegte
jedoch der Commiſſionsantrag, nachdem der v. Schorlemer’ſche in nament-
licher Abſtimmung mit 180 gegen 175 Stimmen abgelehnt worden war.
Dasſelbe Mißgeſchick erlebt der vom Regierungscommiſſär als abſolut unaus-
führbar bezeichnete Antrag Reichenſpergers (Olpe) auf Ausſonderung des
zu kirchlichen Wohlthätigkeitszwecken beſtimmten Vermögens aus dem Ar-
menvermögen und Zurückgabe desſelben an die kirchlichen Organe. — In
der Budgetcommiſſion ſind die Anträge von Richter und Virchow, wonach
die vom vorigen Finanzminiſter ohne Genehmigung des Landtags aufge-
nommenen Vorſchüſſe im Betrage von 7,300,000 Thalern für eine unbe-
rechtigte Operation erklärt und ihnen die Indemnität verſagt werden ſoll,
durchgefallen, wogegen eine Reſolution angenommen wurde welche die
Erwartung ausſpricht: daß die Genehmigung zu ſolchen Operationen in
Zukunft ſofort oder in der nächſten Seſſion beim Landtag werde eingeholt
werden. — Miquel, deſſen Candidatur in Osnabrück durch die Gegner-
ſchaft des ehemaligen hannoveriſchen Miniſters Erxleben ſtark gefährdet
iſt, tritt jetzt als Wahlcandidat für den Reichstag auch im Fürſtenthum
Waldeck auf, welches bisher Dr. Wehrenpfennig vertrat. Letzterer hat
für Waldeck reſignirt, weil er im heſſiſchen Wahlbezirk Fritzlar ſichere Aus-
ſichten haben ſoll.

Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie.

Der Unterſtellung daß das neue Cabinet be-
rufen ſein möchte die freiheitliche Entwicklung im Innern zu ſtauen, hat
ſich bereits die weitere zugeſellt: daß dasſelbe eine Wendung in der Rich-
tung der auswärtigen Politik zu inauguriren und ſpeciell der Annähe-
rung an Deutſchland Halt zu gebieten beſtimmt ſei. Die dießfälligen Be-
ſorgniſſe ſcheinen ſich weſentlich an die Berufung Schäffle’s zu knüpfen, von
dem man annimmt daß er nicht bloß ein „Preußenhaſſer“ geweſen, ſon-
dern auch geblieben, der aber jedenfalls nur eine Stellung in einem Ca-
binet einnimmt welches nicht das Reichsminiſterium, und welches alſo
einen directen Einfluß auf die auswärtige Politik zu üben gar nicht in
der Lage iſt; und wenn man zudem als ſicher annehmen darf daß die An-
näherung zwiſchen Oeſterreich und Deutſchland nicht als das Product
irgendwelcher perſönlichen Gefühls-Liebhabereien, ſondern der ſehr realen
Intereſſen hüben und drüben ſich darſtellt, ſo ſcheint die volle Berechtigung
gegeben vorauszuſetzen daß, ſolange wenigſtens Graf Beuſt die auswärtige
Politik leitet, die angebahnten engeren Beziehungen zu Deutſchland weder
eine Lockerung noch eine Löſung erfahren. Daß man gar daran denke
Rußland näher zu treten, iſt augenſcheinlich der Teufel den lediglich die
ungariſche Angſt an die Wand malt. — Dem Vernehmen nach iſt der ſeit-
herige Leiter des Handelsminiſteriums, Sectionschef de Pretis, an Stelle
des verſtorbenen FML. Möring zum Statthalter von Trieſt ernannt wor-
den. — Geſtern Nachmittag und Abend iſt, vollſtändig unerwartet, eine
Ueberſchwemmung über Wien hereingebrochen; ein großer Theil der Leo-
poldſtadt, der Landſtraße und der Roßau, ſelbſt ein kleiner Theil der in-
neren Stadt, ſteht noch heut unter Waſſer und koloſſale Eismaſſen haben
ſich über die Ufer des Donaucanals hinausgeſchoben. Tauſende von
Menſchen haben ſich mit ſinkender Nacht aus ihren Wohnungen retten
müſſen.

Im Miniſterium Hohenwart wird bekannt-
lich das Ackerbauminiſterium proviſoriſch verwaltet. Dasſelbe befand ſich
zuletzt in den Händen eines Polen (Petrinó) und ſoll auch im neuen Mi-
niſterium einem Polen vorbehalten worden ſein. Wenigſtens beſtand die
Abſicht dasſelbe für einen Deputirten Galiziens zu reſeryiren. Aber ver-
[Spaltenumbruch] ſchiedene Verſuche, einen ſolchen nachträglich zum Eintritt in das neue
Miniſterium zu bewegen ſind mißglückt. In erſter Reihe ſoll man ſich
an Grocholski gewandt haben. Wie die Dinge jetzt liegen, glaubt man
daß die polniſche Fraction gemeinſame Sache mit der deutſch-liberalen
Partei gegen das Miniſterium machen dürfte.

Das „Amtsblatt“ veröffentlicht heute, wie ange-
kündigt, die Ernennung des Profeſſors Pauler zum Cultusminiſter an
Stelle des verſtorbenen Frhrn. v. Eötvös, ferner des Staatsſecretärs
Wilhelm Toth zum Miniſter des Innern, von welchem Poſten der bis-
herige Inhaber desſelben, Paul Rajner, wegen Krankheit auf ſein drin-
gendes Anſuchen enthoben wird, und endlich des Grafen Pejacſevich zum
Miniſter für Croatien. Die ungariſchen Blätter fallen über die neuen
Miniſter mit ganz ähnlicher Heftigkeit her wie die weſtöſterreichiſche Preſſe
über das Miniſterium Hohenwart. — Um den geſtern erwähnten „Addi-
tionsfehler“ zu repariren, wird die Reichsrathsdelegation zu einer nach-
träglichen einzigen Sitzung nochmals — und zwar nach Wien — einberufen
werden.

Schweiz.

In den bundesräthlichen Kreiſen macht man
ſich keine Hoffnung daß die morgen im Kanton Teſſin vorzunehmende Neu-
wahl des großen Raths zur Beilegung der dortigen Verfaſſungswirren
und des Trennungsconflicts beitragen werde. Das auf beiden Seiten auf-
geſtellte Programm iſt ſogar ſo ſcharf ausgeprägt, daß nicht einmal auf
ein zeitweiliges Ruhenlaſſen des Reviſionsſtreites zu hoffen iſt; um jedoch
nicht ſofort zum letzten Mittel, zur Gewalt, zu greifen, will der Bundes-
rath noch einmal den Weg des Friedens einſchlagen, und ſeinen Geſandten
in Florenz, Hrn. Pioda, der ſelbſt Teſſiner iſt, und in Folge ſeiner lang-
jährigen Abweſenheit den Parteizwiſtigkeiten ſeines Kantons immer fern-
geſtanden, als außerordentlichen Abgeordneten dahin entſenden, mit dem
Auftrag „im Sinne des Beſchluſſes der Bundesverſammlung vom letzten
December auf ihre endliche Beilegung hinzuwirken.“ — Bis geſtern
Abends waren von der 15 Millionen-Anleihe welche der Bundesrath be-
hufs Deckung der Koſten der Internirung der Oſtarmee und der Verbeſſe-
rungen im ſchweizeriſchen Armeeweſen öffentlich ausgeſchrieben hat, 4½
Millionen gedeckt. — Seit geſtern weilt General Clinchant in Bern, wo
er ſich bis zum Friedensſchluß aufzuhalten gedenken ſoll. Wie ich höre, iſt
derſelbe erſt 42 Jahre alt, und ſoll vor den übrigen Officieren ſich dadurch
rühmlichſt auszeichnen daß er an dem Schickſale der Soldaten ſeiner ehe-
maligen Armee die größte Theilnahme zeigt. Einem Oberſten, Namens
Carayon la Tour, welcher in die Conſtituante Frankreichs im Departe-
ment der Gironde gewählt worden iſt, hat der Bundesrath heute die Rück-
kehr nach Frankreich gegen Abgabe des Ehrenworts „ſich nach Ablauf ſei-
nes Mandats wieder in Bern zu ſtellen und, ſolange der Krieg noch dauert,
ſich jeglicher militäriſchen Handlung gegen Deutſchland zu enthalten,“ ge-
ſtattet. — Obgleich noch immer beſtimmte Data in Betreff der Geſammt-
zahl der internirten Franzoſen fehlen, ſo ſoll ſich doch bereits herausſtellen
daß ihre Anzahl 70,000 Mann bedeutend überſteigt.

Großbritannien.

Im Oberhaus brachte geſtern der Führer der Oppoſition die Falli-
mente verſchiedener Peers
zur Sprache, und wünſchte zu wiſſen ob
die Regierung von dieſen Fällen Notiz genommen habe, und es für nöthig
erachte im Wege der Geſetzgebung Schritte zu thun. Lord Granville
erwiederte: die Regierung habe von der Sache Kenntniß genommen, und
ſich überzeugt daß auf beiden Seiten des Hauſes die Anſicht vorherrſche
es müſſe etwas geſchehen um die Würde des Hauſes zu wahren. Er hoffe
Lord Cairns (der ehemalige conſervative Kanzler) werde ſich mit dem Lord
Kanzler in Betreff des Näheren in Verbindung ſetzen, damit ein Geſetzvor-
ſchlag baldigſt eingebracht werden könne. Lord Granville legte ferner die
königliche Botſchaft vor, die vom Lordkanzler verleſen wurde: „Ihre
Majeſtät vertraut auf das herzliche Intereſſe welches das Oberhaus bezüg-
lich der herannahenden Heirath zwiſchen der Prinzeſſin Louiſe und dem
Marquis of Lorne bekundet hat. Die zahlreichen Proben welche die Köni-
gin von der treuen Geſinnung der Lords für den Thron und ihre Anhäng-
lichkeit an ihre Perſon und Familie erhalten hat, veranlaſſen ſie zu hoffen
daß dieſelben diejenigen Bewilligungen für die Prinzeſſin Louiſe bezüglich
der vorgeſchlagenen Heirath machen werden, welche für die Würde der
Krone paſſend ſein dürften.“

Im Unterhaus richtete bezüglich des vielbeſprochenen Geleit-
ſcheins
zur Conferenz für Jules Favre der Hon. Auberon Herbert
an den Premier die Anfrage: ob derſelbe auf Anſuchen der engliſchen Ne-
gierung von den preußiſchen Behörden verſprochen, und trotzdem ſpäter
verweigert worden ſei, und was im letztern Falle die engliſche Regierung
für Schritte gethan habe. In ſeiner Entgegnung erklärte Gladſtone:
die Angelegenheit ſei eine einigermaßen verwickelte, und er wolle ſich da-
her nicht auf Einzelheiten einlaſſen. Da aber die Frage einmal aufge-
worfen ſei, und vielleicht die Anſicht herrſche daß eine Art Wortbruch vor-
liege, ſo wolle er im folgenden ſo viel mittheilen, um einen Ueberblick über
die Sache zu ermöglichen: „Zunächſt wurde am 27 Nov. durch Hrn. Tiſſot,

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[765/0005] Freicorps mit pünktlicher Genauigkeit vollzogen worden ſein. — Die Ver- kehrshinderniſſe über welche ich geſtern berichtete, ſind bis auf einige Ge- genden im Poſen’ſchen und Weſtpreußen gehoben, und werden ſich hoffent- lich in dieſem Winter nicht mehr einſtellen. Als Vorbote des herannahenden Schluſſes der Landtagsſeſſion ſtellen ſich die Abendſitzungen des Abgeord- netenhauſes ein. Die erſte wurde geſtern Abends gehalten, und war der Fortſetzung der Berathung über das Geſetz betreffend den Unterſtützungs- wohnſitz gewidmet. Man gelangte bis zum §. 40 der Vorlage, und hofft mit der Berathung morgen zu Ende zu kommen, was auch den Wünſchen der meiſten Abgeordneten entſprechen dürfte, welche der Wahlbewegung in ihrer Heimath nicht gern fern bleiben möchten. Geſtern drehte ſich der Kampf um die Principienfrage: wie die Armenlaſt zu vertheilen ſei. Die Commiſſion wollte die ſämmtlichen directen Staatsſteuern zum Maßſtab genommen wiſſen, und dieſen Standpunkt vertraten auch die Fortſchritts- partei, die Nationalliberalen, das Gros der Freiconſervativen und ein Theil der ſogen. Wilden. Dagegen verlangten die Conſervativen daß die Vertheilung nach dem Maßſtabe der Claſſen- und claſſificirten Einkom- menſteuer erfolge, weil der Grundbeſitz ſchon jetzt zu überbürdet ſei. Zwi- ſchen beiden Forderungen ſuchte die Centrums-Fraction (katholiſche) zu vermitteln, indem nach dem Antrage des Abg. v. Schorlemer-Alſt neben der Claſſen-, Einkommen- und Gewerbeſteuer noch die Grund- und Gebäudeſteuer ins Geſetz aufgenommen werden ſolle. Schließlich ſiegte jedoch der Commiſſionsantrag, nachdem der v. Schorlemer’ſche in nament- licher Abſtimmung mit 180 gegen 175 Stimmen abgelehnt worden war. Dasſelbe Mißgeſchick erlebt der vom Regierungscommiſſär als abſolut unaus- führbar bezeichnete Antrag Reichenſpergers (Olpe) auf Ausſonderung des zu kirchlichen Wohlthätigkeitszwecken beſtimmten Vermögens aus dem Ar- menvermögen und Zurückgabe desſelben an die kirchlichen Organe. — In der Budgetcommiſſion ſind die Anträge von Richter und Virchow, wonach die vom vorigen Finanzminiſter ohne Genehmigung des Landtags aufge- nommenen Vorſchüſſe im Betrage von 7,300,000 Thalern für eine unbe- rechtigte Operation erklärt und ihnen die Indemnität verſagt werden ſoll, durchgefallen, wogegen eine Reſolution angenommen wurde welche die Erwartung ausſpricht: daß die Genehmigung zu ſolchen Operationen in Zukunft ſofort oder in der nächſten Seſſion beim Landtag werde eingeholt werden. — Miquel, deſſen Candidatur in Osnabrück durch die Gegner- ſchaft des ehemaligen hannoveriſchen Miniſters Erxleben ſtark gefährdet iſt, tritt jetzt als Wahlcandidat für den Reichstag auch im Fürſtenthum Waldeck auf, welches bisher Dr. Wehrenpfennig vertrat. 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Die dießfälligen Be- ſorgniſſe ſcheinen ſich weſentlich an die Berufung Schäffle’s zu knüpfen, von dem man annimmt daß er nicht bloß ein „Preußenhaſſer“ geweſen, ſon- dern auch geblieben, der aber jedenfalls nur eine Stellung in einem Ca- binet einnimmt welches nicht das Reichsminiſterium, und welches alſo einen directen Einfluß auf die auswärtige Politik zu üben gar nicht in der Lage iſt; und wenn man zudem als ſicher annehmen darf daß die An- näherung zwiſchen Oeſterreich und Deutſchland nicht als das Product irgendwelcher perſönlichen Gefühls-Liebhabereien, ſondern der ſehr realen Intereſſen hüben und drüben ſich darſtellt, ſo ſcheint die volle Berechtigung gegeben vorauszuſetzen daß, ſolange wenigſtens Graf Beuſt die auswärtige Politik leitet, die angebahnten engeren Beziehungen zu Deutſchland weder eine Lockerung noch eine Löſung erfahren. Daß man gar daran denke Rußland näher zu treten, iſt augenſcheinlich der Teufel den lediglich die ungariſche Angſt an die Wand malt. — Dem Vernehmen nach iſt der ſeit- herige Leiter des Handelsminiſteriums, Sectionschef de Pretis, an Stelle des verſtorbenen FML. Möring zum Statthalter von Trieſt ernannt wor- den. — Geſtern Nachmittag und Abend iſt, vollſtändig unerwartet, eine Ueberſchwemmung über Wien hereingebrochen; ein großer Theil der Leo- poldſtadt, der Landſtraße und der Roßau, ſelbſt ein kleiner Theil der in- neren Stadt, ſteht noch heut unter Waſſer und koloſſale Eismaſſen haben ſich über die Ufer des Donaucanals hinausgeſchoben. Tauſende von Menſchen haben ſich mit ſinkender Nacht aus ihren Wohnungen retten müſſen. ** Wien, 13 Febr. Im Miniſterium Hohenwart wird bekannt- lich das Ackerbauminiſterium proviſoriſch verwaltet. Dasſelbe befand ſich zuletzt in den Händen eines Polen (Petrinó) und ſoll auch im neuen Mi- niſterium einem Polen vorbehalten worden ſein. Wenigſtens beſtand die Abſicht dasſelbe für einen Deputirten Galiziens zu reſeryiren. Aber ver- ſchiedene Verſuche, einen ſolchen nachträglich zum Eintritt in das neue Miniſterium zu bewegen ſind mißglückt. In erſter Reihe ſoll man ſich an Grocholski gewandt haben. Wie die Dinge jetzt liegen, glaubt man daß die polniſche Fraction gemeinſame Sache mit der deutſch-liberalen Partei gegen das Miniſterium machen dürfte. Peſt, 12 Febr. Das „Amtsblatt“ veröffentlicht heute, wie ange- kündigt, die Ernennung des Profeſſors Pauler zum Cultusminiſter an Stelle des verſtorbenen Frhrn. v. Eötvös, ferner des Staatsſecretärs Wilhelm Toth zum Miniſter des Innern, von welchem Poſten der bis- herige Inhaber desſelben, Paul Rajner, wegen Krankheit auf ſein drin- gendes Anſuchen enthoben wird, und endlich des Grafen Pejacſevich zum Miniſter für Croatien. Die ungariſchen Blätter fallen über die neuen Miniſter mit ganz ähnlicher Heftigkeit her wie die weſtöſterreichiſche Preſſe über das Miniſterium Hohenwart. — Um den geſtern erwähnten „Addi- tionsfehler“ zu repariren, wird die Reichsrathsdelegation zu einer nach- träglichen einzigen Sitzung nochmals — und zwar nach Wien — einberufen werden. Schweiz.  Bern, 11 Febr. In den bundesräthlichen Kreiſen macht man ſich keine Hoffnung daß die morgen im Kanton Teſſin vorzunehmende Neu- wahl des großen Raths zur Beilegung der dortigen Verfaſſungswirren und des Trennungsconflicts beitragen werde. Das auf beiden Seiten auf- geſtellte Programm iſt ſogar ſo ſcharf ausgeprägt, daß nicht einmal auf ein zeitweiliges Ruhenlaſſen des Reviſionsſtreites zu hoffen iſt; um jedoch nicht ſofort zum letzten Mittel, zur Gewalt, zu greifen, will der Bundes- rath noch einmal den Weg des Friedens einſchlagen, und ſeinen Geſandten in Florenz, Hrn. Pioda, der ſelbſt Teſſiner iſt, und in Folge ſeiner lang- jährigen Abweſenheit den Parteizwiſtigkeiten ſeines Kantons immer fern- geſtanden, als außerordentlichen Abgeordneten dahin entſenden, mit dem Auftrag „im Sinne des Beſchluſſes der Bundesverſammlung vom letzten December auf ihre endliche Beilegung hinzuwirken.“ — Bis geſtern Abends waren von der 15 Millionen-Anleihe welche der Bundesrath be- hufs Deckung der Koſten der Internirung der Oſtarmee und der Verbeſſe- rungen im ſchweizeriſchen Armeeweſen öffentlich ausgeſchrieben hat, 4½ Millionen gedeckt. — Seit geſtern weilt General Clinchant in Bern, wo er ſich bis zum Friedensſchluß aufzuhalten gedenken ſoll. Wie ich höre, iſt derſelbe erſt 42 Jahre alt, und ſoll vor den übrigen Officieren ſich dadurch rühmlichſt auszeichnen daß er an dem Schickſale der Soldaten ſeiner ehe- maligen Armee die größte Theilnahme zeigt. Einem Oberſten, Namens Carayon la Tour, welcher in die Conſtituante Frankreichs im Departe- ment der Gironde gewählt worden iſt, hat der Bundesrath heute die Rück- kehr nach Frankreich gegen Abgabe des Ehrenworts „ſich nach Ablauf ſei- nes Mandats wieder in Bern zu ſtellen und, ſolange der Krieg noch dauert, ſich jeglicher militäriſchen Handlung gegen Deutſchland zu enthalten,“ ge- ſtattet. — Obgleich noch immer beſtimmte Data in Betreff der Geſammt- zahl der internirten Franzoſen fehlen, ſo ſoll ſich doch bereits herausſtellen daß ihre Anzahl 70,000 Mann bedeutend überſteigt. Großbritannien. London. 11 Febr. Im Oberhaus brachte geſtern der Führer der Oppoſition die Falli- mente verſchiedener Peers zur Sprache, und wünſchte zu wiſſen ob die Regierung von dieſen Fällen Notiz genommen habe, und es für nöthig erachte im Wege der Geſetzgebung Schritte zu thun. Lord Granville erwiederte: die Regierung habe von der Sache Kenntniß genommen, und ſich überzeugt daß auf beiden Seiten des Hauſes die Anſicht vorherrſche es müſſe etwas geſchehen um die Würde des Hauſes zu wahren. Er hoffe Lord Cairns (der ehemalige conſervative Kanzler) werde ſich mit dem Lord Kanzler in Betreff des Näheren in Verbindung ſetzen, damit ein Geſetzvor- ſchlag baldigſt eingebracht werden könne. Lord Granville legte ferner die königliche Botſchaft vor, die vom Lordkanzler verleſen wurde: „Ihre Majeſtät vertraut auf das herzliche Intereſſe welches das Oberhaus bezüg- lich der herannahenden Heirath zwiſchen der Prinzeſſin Louiſe und dem Marquis of Lorne bekundet hat. Die zahlreichen Proben welche die Köni- gin von der treuen Geſinnung der Lords für den Thron und ihre Anhäng- lichkeit an ihre Perſon und Familie erhalten hat, veranlaſſen ſie zu hoffen daß dieſelben diejenigen Bewilligungen für die Prinzeſſin Louiſe bezüglich der vorgeſchlagenen Heirath machen werden, welche für die Würde der Krone paſſend ſein dürften.“ Im Unterhaus richtete bezüglich des vielbeſprochenen Geleit- ſcheins zur Conferenz für Jules Favre der Hon. Auberon Herbert an den Premier die Anfrage: ob derſelbe auf Anſuchen der engliſchen Ne- gierung von den preußiſchen Behörden verſprochen, und trotzdem ſpäter verweigert worden ſei, und was im letztern Falle die engliſche Regierung für Schritte gethan habe. In ſeiner Entgegnung erklärte Gladſtone: die Angelegenheit ſei eine einigermaßen verwickelte, und er wolle ſich da- her nicht auf Einzelheiten einlaſſen. Da aber die Frage einmal aufge- worfen ſei, und vielleicht die Anſicht herrſche daß eine Art Wortbruch vor- liege, ſo wolle er im folgenden ſo viel mittheilen, um einen Ueberblick über die Sache zu ermöglichen: „Zunächſt wurde am 27 Nov. durch Hrn. Tiſſot,

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 46, 15. Februar 1871, S. 765. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine46_1871/5>, abgerufen am 21.11.2024.