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Allgemeine Zeitung, Nr. 74, 14. März 1848.

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[Spaltenumbruch] Zöpfl: "Bundesreform, deutsches Parlament und Bundesgericht",
welche als die erste über diesen Gegenstand in dieser Zeit der allgemeinen
Beachtung nicht entbehren wird. Zudem kommt sie aus einem Lande
welches, bei einer ausgedehnten fast unbeschützten Gränze gegen Frank-
reich, ein Recht hat darauf zu dringen daß Deutschland sich zu einem
organischen Ganzen verbinde, und welches, weil es seit lange für ganz
Deutschland der Vorgänger des Fortschrittes ist, gewissenhafte Berück-
sichtigung verdient. Man sieht es dieser Schrift an daß sie aus der
Besorgniß eines conservativ gefinnten Mannes hervorgeht, es könne die
Erledigung der von ihm besprochenen Bundesreform Verzögerung er-
leiden, und diese Verzögerung bei in Frankreich oder von da aus ein-
tretenden neuen Ereignissen das Volk Süddeutschlands in äußersten
Mitteln die Einigkeit Deutschlands versuchen, und darin Kraft und
Rettung gegen die äußern Feind suchen lassen. "Eine einzige Frage",
sagt Hr. Zöpfl gleich im Eingange, "beschäftigt alle: was ist zu thun,
was kann, was wird in Deutschland geschehen um den möglichen Sturm
von außen zu beschwören, einer fremden Einmischung, der Ueberfluthung
der deutschen Gränzen durch französische Heeresmassen einen Damm
entgegenzusetzen und den Zustand der Ordnung im Innern zu erhalten?
Der Wille und die Kraft der Regierungen wird und kann nicht aus-
reichen Deutschlands äußere und innere Sicherheit zu erhalten, wenn
nicht das deutsche Volk in seiner ganzen Masse, mit seiner ganzen Kraft
und mit einmüthigem Willen mitwirkt. Und dieser einmüthige Wille
das Vaterland zu schützen ist vorhanden: das deutsche Volk will keine
Fremdherrschaft, es will auch keinen Umsturz der innern Staatsord-
nungen, es will keine Republik -- alles was es verlangt sind Bürg-
schaften für die Gewährung und Erhaltung einer gesetzlichen bürgerlichen
und politischen Freiheit. Man gebe ihm diese, aber in einer dieses
Volkes würdigen Weise, ohne ängstliche und mißtrauische Beschränkun-
gen -- und man wird sehen was dieses Volk leistet, wenn ihm das
Vertrauen gewährt wird das es fordert und verdient. Die Bürgschaft
welche das deutsche Volk fordert, heißt -- Gewährung einer nationalen
Vertretung am deutschen Bunde."

Was das Nähere der Schrift betrifft, so hebe ich einige Punkte
hervor. Preußen soll sich, verlangt der Verfasser, mit allen seinen
früher zu dem deutschen Reiche gehörigen Befitzungen dem deutschen
Bund anschließen, das Recht aufgeben als europäische Großmacht einen
auswärtigen Krieg ohne Zustimmung des Bundes zu beginnen, dadurch
seine Bundesländer in Gefahr zu bringen und somit den Bund in seine
Kriege zu verwickeln. Statt dessen habe es den Beruf von der Vor-
sehung vorgezeichnet bekommen eine rein deutsche und damit die erste
Großmacht des deutschen Bundes zu seyn. Alsdann könne Deutschland
als Macht in die Wagschale der europäischen Geschicke fallen, denn dann
erst sey auch Oesterreich doppelt mächtig, weil dann erst Deutschland
ihm seinen Einfluß im Osten und Süden verbürge, und in ihm den
Träger der deutschen Interessen an der Donau, am adriatischen Meer
und jenseits der Alpen würdigen lerne.

In der zweiten Abtheilung der Schrift spricht Hr. Zöpfl von der
Erweiterung des Bundeszweckes: besserer Schutz der deutschen Natio-
nalität, z. B. gegen Dänemark, der Landesverfassungen gegen die
Landesregierungen (Hannover); Schaffung eines Centralpunktes, von
welchem aus alle nationalen Interessen Deutschlands geleitet wer-
den etc. Die dritte behandelt die Frage welche Veränderungen in der
Organisation des Bundestages jetzt geboten seyen. Die Annäherung
der Bundesverfassung an das in Deutschland vorherrschende Staats-
system (das monarchisch-constitutionelle) erscheint dem Verfasser dadurch
bedingt daß ein verantwortliches Bundesministerium gebildet
werde welches zu dem Bund in dasselbe Verhältniß trete wie das Mi-
nisterium einer Monarchie zu dem Souverän. Bundesgesandte dürften
nur Personen werden welche das Vertrauen der Landstände besäßen.
Das Präsidium solle zwischen Oesterreich und Preußen von zwei zu drei
Jahren wechseln. Daneben, als das Wichtigste, müsse eine deutsche
Nationalrepräsentation am deutschen Bund errichtet werden.
Dazu schlägt der Verfasser vor 1) schleunige Gewährung der den deut-
schen Standesherren im Art. 6 der deutschen Bundesacte in Aussicht
gestellten einigen Curiatstimmen; 2) jeder deutsche Bundesstaat
sendet gerade so viel Abgeordnete als derselbe gegenwärtig im Plenum
Stimmen führt, also Oesterreich, Preußen, Bayern etc. jedes vier,
Baden etc. jedes drei Abgeordnete u. s. f., so daß die Nationalrepräsen-
tation am deutschen Bund aus 69 Abgeordneten bestände, welche gleich-
sam ein Ausschuß der deutschen Ständeversammlungen wären. Diese
[Spaltenumbruch] Nationalrepräsentation wähle ihre Präsidenten und Secretäre selbst,
werde von je zwei zu zwei Jahren zu einem Drittheil erneuert, sey un-
auflöslich, ihre Verhandlungen öffentlich, kein Bundesbeschluß ohne
ihre Zustimmung, sie kann das Bundesministerium in Anklagestand
versetzen u. s. w. Als drittes Glied der Bundesverfassung ein Bundes-
gericht. Wegen des Näheren verweisen wir auf die Schrift selbst.



Deutsche Handelspolitik.
VII.

* Die Schiffsrheder an der Ostsee haben bekanntlich Protest
gegen eine deutsche Navigationsacte eingelegt. Die Sache erscheint
auf den ersten Blick etwas sonderbar wenn man die am baltischen Meer
obwaltenden Verhältnisse in Anschlag bringt. Gewiß würden bei ei-
ner veränderten Lage der Schifffahrt Deutschlands die Rhedereien
der Ostsee erheblich benachtheiligt werden in -- ihrem bisherigen
Schlendrian. Wir fragen: Liegt darin keine Verblendung wenn diese
Ostseerheder alle mögliche "Freiheit" zu besitzen glauben, solange England
ihnen noch erlaubt Getreide, Holz, Wolle und andere Producte des
Ackerbaues, der Viehzucht und der Forstwirthschaft, welche England
zum Behuf wohlfeiler Nahrung für die arbeitenden Classen, als Schiffs-
bau- und Fabrikmaterial noch aus Deutschland beziehen muß, direct
dorthin und gegen niedrigen Zoll oder gänzlich steuerfrei einzuführen,
und in Zahlung dafür fertige Fabricate, und für den Kleinhandel im
eigenen Lande wohlassortirte Colonialwaaren, sodann den Ueberschuß
Englands an Salz, Kohlen, Eisen und andern Metallen als Rück-
ladung von England nach Hause einzunehmen? Ist es denn möglich
noch länger den Umstand zu übersehen daß England alle nöthigen Vor-
kehrungen trifft um seinen Bedarf an Naturalproducten künftig bei-
nahe ausschließlich aus seinen eigenen Besitzungen zu beziehen, damit
diese in den Stand gesetzt werden mehr von seinen Fabricaten zu ver-
brauchen, sie, die ihm ohne Frage zuverlässigere und sicherste Kunden
sind? Wie lange wird dann jene bequeme Freiheit der Ostseerhederei
noch andauern? Wir wollen nicht sagen daß sie rasch eines "natür-
lichen Todes" sterben werde, meinen aber daß sie über kurz oder lang
nach einem Thätigkeitskreise sich umzusehen hat der festere Gewähr
bietet als der gegenwärtige. Unter diesen Umständen erscheint es
weder patriotisch noch verständig wenn ein Theil dieser Rhedereien
immer und immer wieder Protest einlegt gegen national-deutsche
Maßregeln, welche darauf abzwecken auch ihnen Freiheit der Bewe-
gung in der großen Welthandelsschifffahrt zu eröffnen. Sie mei-
nen ihre, ohnehin mehr oder weniger prekäre Frachtschifffahrt
könne darunter leiden, und wähnen sie besässen schon allenthalben "ge-
nügende Freiheit." Es haben sich aber Stimmen erhoben die nach-
drücklich behaupten, sehr viele Ostseerheder seyen Anhänger der Be-
quemlichkeit und ohne schwunghaften Unternehmungsgeist; sie scheue-
ten die Mühe ihre Schiffe für die jedenfalls erträglichere transatlan-
tische Fahrt einzurichten und besser auszurüsten. Thatsache ist daß
die Ostseerheder im ganzen sich einen sehr beschränkten Kreis ihrer
Wirksamkeit vorgezeichnet haben; sie erkennen nicht oder mögen nicht
erkennen wie vielfältige Beschränkungen die deutsche Schifffahrt im
Auslande erleidet, und verharren in einer schwer verzeihlichen Gleich-
gültigkeit. Nur wenn es sich um nationale Maßregeln handelt, wer-
den sie hitzig und zeigen eine Streitluft, welche sich bisher noch nicht
gegen das die deutschen Interessen vielfach beeinträchtigende Ausland
gerichtet hat. Indessen ganz abgesehen von den allgemeinen und natio-
nalen Zwecken und Vortheilen, würden die Ostseehäfen nicht erheblich
gewinnen wenn sie ihre Thätigkeit steigerten und größere Rührigkeit
entfalteten? Uns dünkt es einträglicher zu seyn das Holz, statt es
nach England zu schaffen, bei den wohlfeilen Arbeitspreisen am balti-
schen Meere, theilweise in große und schöne Fahrzeuge zu verwandeln
und damit die transatlantische directe Frachtfahrt zu betreiben, die sich
bei einem Differentialzollsystem in weit größerem Maß auch nach den
Ostseehäfen ziehen müßte. Warum bauet man nicht auch gute fertige
Schiffe für den Verkauf; sie würden an der Nordsee Abnehmer finden.
Es wäre kaum unzweckmäßig oder unvortheilhaft wenn die Anwohner
der Ostsee den Manufacturwaarenbedarf vom eigenen Inlande erhiel-
ten, und dagegen ihren Ueberfluß an Landeserzeugnissen regelmäßiger
und dauernder als bisher an England verwertheten; wenn sie ferner
den Ueberschuß ihrer Stapelartikel, statt wie jetzt fast ausschließlich für
England, mehr für den Verbrauch der transatlantischen Märkte be-

[Spaltenumbruch] Zöpfl: „Bundesreform, deutſches Parlament und Bundesgericht“,
welche als die erſte über dieſen Gegenſtand in dieſer Zeit der allgemeinen
Beachtung nicht entbehren wird. Zudem kommt ſie aus einem Lande
welches, bei einer ausgedehnten faſt unbeſchützten Gränze gegen Frank-
reich, ein Recht hat darauf zu dringen daß Deutſchland ſich zu einem
organiſchen Ganzen verbinde, und welches, weil es ſeit lange für ganz
Deutſchland der Vorgänger des Fortſchrittes iſt, gewiſſenhafte Berück-
ſichtigung verdient. Man ſieht es dieſer Schrift an daß ſie aus der
Beſorgniß eines conſervativ gefinnten Mannes hervorgeht, es könne die
Erledigung der von ihm beſprochenen Bundesreform Verzögerung er-
leiden, und dieſe Verzögerung bei in Frankreich oder von da aus ein-
tretenden neuen Ereigniſſen das Volk Süddeutſchlands in äußerſten
Mitteln die Einigkeit Deutſchlands verſuchen, und darin Kraft und
Rettung gegen die äußern Feind ſuchen laſſen. „Eine einzige Frage“,
ſagt Hr. Zöpfl gleich im Eingange, „beſchäftigt alle: was iſt zu thun,
was kann, was wird in Deutſchland geſchehen um den möglichen Sturm
von außen zu beſchwören, einer fremden Einmiſchung, der Ueberfluthung
der deutſchen Gränzen durch franzöſiſche Heeresmaſſen einen Damm
entgegenzuſetzen und den Zuſtand der Ordnung im Innern zu erhalten?
Der Wille und die Kraft der Regierungen wird und kann nicht aus-
reichen Deutſchlands äußere und innere Sicherheit zu erhalten, wenn
nicht das deutſche Volk in ſeiner ganzen Maſſe, mit ſeiner ganzen Kraft
und mit einmüthigem Willen mitwirkt. Und dieſer einmüthige Wille
das Vaterland zu ſchützen iſt vorhanden: das deutſche Volk will keine
Fremdherrſchaft, es will auch keinen Umſturz der innern Staatsord-
nungen, es will keine Republik — alles was es verlangt ſind Bürg-
ſchaften für die Gewährung und Erhaltung einer geſetzlichen bürgerlichen
und politiſchen Freiheit. Man gebe ihm dieſe, aber in einer dieſes
Volkes würdigen Weiſe, ohne ängſtliche und mißtrauiſche Beſchränkun-
gen — und man wird ſehen was dieſes Volk leiſtet, wenn ihm das
Vertrauen gewährt wird das es fordert und verdient. Die Bürgſchaft
welche das deutſche Volk fordert, heißt — Gewährung einer nationalen
Vertretung am deutſchen Bunde.“

Was das Nähere der Schrift betrifft, ſo hebe ich einige Punkte
hervor. Preußen ſoll ſich, verlangt der Verfaſſer, mit allen ſeinen
früher zu dem deutſchen Reiche gehörigen Befitzungen dem deutſchen
Bund anſchließen, das Recht aufgeben als europäiſche Großmacht einen
auswärtigen Krieg ohne Zuſtimmung des Bundes zu beginnen, dadurch
ſeine Bundesländer in Gefahr zu bringen und ſomit den Bund in ſeine
Kriege zu verwickeln. Statt deſſen habe es den Beruf von der Vor-
ſehung vorgezeichnet bekommen eine rein deutſche und damit die erſte
Großmacht des deutſchen Bundes zu ſeyn. Alsdann könne Deutſchland
als Macht in die Wagſchale der europäiſchen Geſchicke fallen, denn dann
erſt ſey auch Oeſterreich doppelt mächtig, weil dann erſt Deutſchland
ihm ſeinen Einfluß im Oſten und Süden verbürge, und in ihm den
Träger der deutſchen Intereſſen an der Donau, am adriatiſchen Meer
und jenſeits der Alpen würdigen lerne.

In der zweiten Abtheilung der Schrift ſpricht Hr. Zöpfl von der
Erweiterung des Bundeszweckes: beſſerer Schutz der deutſchen Natio-
nalität, z. B. gegen Dänemark, der Landesverfaſſungen gegen die
Landesregierungen (Hannover); Schaffung eines Centralpunktes, von
welchem aus alle nationalen Intereſſen Deutſchlands geleitet wer-
den ꝛc. Die dritte behandelt die Frage welche Veränderungen in der
Organiſation des Bundestages jetzt geboten ſeyen. Die Annäherung
der Bundesverfaſſung an das in Deutſchland vorherrſchende Staats-
ſyſtem (das monarchiſch-conſtitutionelle) erſcheint dem Verfaſſer dadurch
bedingt daß ein verantwortliches Bundesminiſterium gebildet
werde welches zu dem Bund in dasſelbe Verhältniß trete wie das Mi-
niſterium einer Monarchie zu dem Souverän. Bundesgeſandte dürften
nur Perſonen werden welche das Vertrauen der Landſtände beſäßen.
Das Präſidium ſolle zwiſchen Oeſterreich und Preußen von zwei zu drei
Jahren wechſeln. Daneben, als das Wichtigſte, müſſe eine deutſche
Nationalrepräſentation am deutſchen Bund errichtet werden.
Dazu ſchlägt der Verfaſſer vor 1) ſchleunige Gewährung der den deut-
ſchen Standesherren im Art. 6 der deutſchen Bundesacte in Ausſicht
geſtellten einigen Curiatſtimmen; 2) jeder deutſche Bundesſtaat
ſendet gerade ſo viel Abgeordnete als derſelbe gegenwärtig im Plenum
Stimmen führt, alſo Oeſterreich, Preußen, Bayern ꝛc. jedes vier,
Baden ꝛc. jedes drei Abgeordnete u. ſ. f., ſo daß die Nationalrepräſen-
tation am deutſchen Bund aus 69 Abgeordneten beſtände, welche gleich-
ſam ein Ausſchuß der deutſchen Ständeverſammlungen wären. Dieſe
[Spaltenumbruch] Nationalrepräſentation wähle ihre Präſidenten und Secretäre ſelbſt,
werde von je zwei zu zwei Jahren zu einem Drittheil erneuert, ſey un-
auflöslich, ihre Verhandlungen öffentlich, kein Bundesbeſchluß ohne
ihre Zuſtimmung, ſie kann das Bundesminiſterium in Anklageſtand
verſetzen u. ſ. w. Als drittes Glied der Bundesverfaſſung ein Bundes-
gericht. Wegen des Näheren verweiſen wir auf die Schrift ſelbſt.



Deutſche Handelspolitik.
VII.

* Die Schiffsrheder an der Oſtſee haben bekanntlich Proteſt
gegen eine deutſche Navigationsacte eingelegt. Die Sache erſcheint
auf den erſten Blick etwas ſonderbar wenn man die am baltiſchen Meer
obwaltenden Verhältniſſe in Anſchlag bringt. Gewiß würden bei ei-
ner veränderten Lage der Schifffahrt Deutſchlands die Rhedereien
der Oſtſee erheblich benachtheiligt werden in — ihrem bisherigen
Schlendrian. Wir fragen: Liegt darin keine Verblendung wenn dieſe
Oſtſeerheder alle mögliche „Freiheit“ zu beſitzen glauben, ſolange England
ihnen noch erlaubt Getreide, Holz, Wolle und andere Producte des
Ackerbaues, der Viehzucht und der Forſtwirthſchaft, welche England
zum Behuf wohlfeiler Nahrung für die arbeitenden Claſſen, als Schiffs-
bau- und Fabrikmaterial noch aus Deutſchland beziehen muß, direct
dorthin und gegen niedrigen Zoll oder gänzlich ſteuerfrei einzuführen,
und in Zahlung dafür fertige Fabricate, und für den Kleinhandel im
eigenen Lande wohlaſſortirte Colonialwaaren, ſodann den Ueberſchuß
Englands an Salz, Kohlen, Eiſen und andern Metallen als Rück-
ladung von England nach Hauſe einzunehmen? Iſt es denn möglich
noch länger den Umſtand zu überſehen daß England alle nöthigen Vor-
kehrungen trifft um ſeinen Bedarf an Naturalproducten künftig bei-
nahe ausſchließlich aus ſeinen eigenen Beſitzungen zu beziehen, damit
dieſe in den Stand geſetzt werden mehr von ſeinen Fabricaten zu ver-
brauchen, ſie, die ihm ohne Frage zuverläſſigere und ſicherſte Kunden
ſind? Wie lange wird dann jene bequeme Freiheit der Oſtſeerhederei
noch andauern? Wir wollen nicht ſagen daß ſie raſch eines „natür-
lichen Todes“ ſterben werde, meinen aber daß ſie über kurz oder lang
nach einem Thätigkeitskreiſe ſich umzuſehen hat der feſtere Gewähr
bietet als der gegenwärtige. Unter dieſen Umſtänden erſcheint es
weder patriotiſch noch verſtändig wenn ein Theil dieſer Rhedereien
immer und immer wieder Proteſt einlegt gegen national-deutſche
Maßregeln, welche darauf abzwecken auch ihnen Freiheit der Bewe-
gung in der großen Welthandelsſchifffahrt zu eröffnen. Sie mei-
nen ihre, ohnehin mehr oder weniger prekäre Frachtſchifffahrt
könne darunter leiden, und wähnen ſie beſäſſen ſchon allenthalben „ge-
nügende Freiheit.“ Es haben ſich aber Stimmen erhoben die nach-
drücklich behaupten, ſehr viele Oſtſeerheder ſeyen Anhänger der Be-
quemlichkeit und ohne ſchwunghaften Unternehmungsgeiſt; ſie ſcheue-
ten die Mühe ihre Schiffe für die jedenfalls erträglichere transatlan-
tiſche Fahrt einzurichten und beſſer auszurüſten. Thatſache iſt daß
die Oſtſeerheder im ganzen ſich einen ſehr beſchränkten Kreis ihrer
Wirkſamkeit vorgezeichnet haben; ſie erkennen nicht oder mögen nicht
erkennen wie vielfältige Beſchränkungen die deutſche Schifffahrt im
Auslande erleidet, und verharren in einer ſchwer verzeihlichen Gleich-
gültigkeit. Nur wenn es ſich um nationale Maßregeln handelt, wer-
den ſie hitzig und zeigen eine Streitluft, welche ſich bisher noch nicht
gegen das die deutſchen Intereſſen vielfach beeinträchtigende Ausland
gerichtet hat. Indeſſen ganz abgeſehen von den allgemeinen und natio-
nalen Zwecken und Vortheilen, würden die Oſtſeehäfen nicht erheblich
gewinnen wenn ſie ihre Thätigkeit ſteigerten und größere Rührigkeit
entfalteten? Uns dünkt es einträglicher zu ſeyn das Holz, ſtatt es
nach England zu ſchaffen, bei den wohlfeilen Arbeitspreiſen am balti-
ſchen Meere, theilweiſe in große und ſchöne Fahrzeuge zu verwandeln
und damit die transatlantiſche directe Frachtfahrt zu betreiben, die ſich
bei einem Differentialzollſyſtem in weit größerem Maß auch nach den
Oſtſeehäfen ziehen müßte. Warum bauet man nicht auch gute fertige
Schiffe für den Verkauf; ſie würden an der Nordſee Abnehmer finden.
Es wäre kaum unzweckmäßig oder unvortheilhaft wenn die Anwohner
der Oſtſee den Manufacturwaarenbedarf vom eigenen Inlande erhiel-
ten, und dagegen ihren Ueberfluß an Landeserzeugniſſen regelmäßiger
und dauernder als bisher an England verwertheten; wenn ſie ferner
den Ueberſchuß ihrer Stapelartikel, ſtatt wie jetzt faſt ausſchließlich für
England, mehr für den Verbrauch der transatlantiſchen Märkte be-

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[1178/0010] Zöpfl: „Bundesreform, deutſches Parlament und Bundesgericht“, welche als die erſte über dieſen Gegenſtand in dieſer Zeit der allgemeinen Beachtung nicht entbehren wird. Zudem kommt ſie aus einem Lande welches, bei einer ausgedehnten faſt unbeſchützten Gränze gegen Frank- reich, ein Recht hat darauf zu dringen daß Deutſchland ſich zu einem organiſchen Ganzen verbinde, und welches, weil es ſeit lange für ganz Deutſchland der Vorgänger des Fortſchrittes iſt, gewiſſenhafte Berück- ſichtigung verdient. Man ſieht es dieſer Schrift an daß ſie aus der Beſorgniß eines conſervativ gefinnten Mannes hervorgeht, es könne die Erledigung der von ihm beſprochenen Bundesreform Verzögerung er- leiden, und dieſe Verzögerung bei in Frankreich oder von da aus ein- tretenden neuen Ereigniſſen das Volk Süddeutſchlands in äußerſten Mitteln die Einigkeit Deutſchlands verſuchen, und darin Kraft und Rettung gegen die äußern Feind ſuchen laſſen. „Eine einzige Frage“, ſagt Hr. Zöpfl gleich im Eingange, „beſchäftigt alle: was iſt zu thun, was kann, was wird in Deutſchland geſchehen um den möglichen Sturm von außen zu beſchwören, einer fremden Einmiſchung, der Ueberfluthung der deutſchen Gränzen durch franzöſiſche Heeresmaſſen einen Damm entgegenzuſetzen und den Zuſtand der Ordnung im Innern zu erhalten? Der Wille und die Kraft der Regierungen wird und kann nicht aus- reichen Deutſchlands äußere und innere Sicherheit zu erhalten, wenn nicht das deutſche Volk in ſeiner ganzen Maſſe, mit ſeiner ganzen Kraft und mit einmüthigem Willen mitwirkt. Und dieſer einmüthige Wille das Vaterland zu ſchützen iſt vorhanden: das deutſche Volk will keine Fremdherrſchaft, es will auch keinen Umſturz der innern Staatsord- nungen, es will keine Republik — alles was es verlangt ſind Bürg- ſchaften für die Gewährung und Erhaltung einer geſetzlichen bürgerlichen und politiſchen Freiheit. Man gebe ihm dieſe, aber in einer dieſes Volkes würdigen Weiſe, ohne ängſtliche und mißtrauiſche Beſchränkun- gen — und man wird ſehen was dieſes Volk leiſtet, wenn ihm das Vertrauen gewährt wird das es fordert und verdient. Die Bürgſchaft welche das deutſche Volk fordert, heißt — Gewährung einer nationalen Vertretung am deutſchen Bunde.“ Was das Nähere der Schrift betrifft, ſo hebe ich einige Punkte hervor. Preußen ſoll ſich, verlangt der Verfaſſer, mit allen ſeinen früher zu dem deutſchen Reiche gehörigen Befitzungen dem deutſchen Bund anſchließen, das Recht aufgeben als europäiſche Großmacht einen auswärtigen Krieg ohne Zuſtimmung des Bundes zu beginnen, dadurch ſeine Bundesländer in Gefahr zu bringen und ſomit den Bund in ſeine Kriege zu verwickeln. Statt deſſen habe es den Beruf von der Vor- ſehung vorgezeichnet bekommen eine rein deutſche und damit die erſte Großmacht des deutſchen Bundes zu ſeyn. Alsdann könne Deutſchland als Macht in die Wagſchale der europäiſchen Geſchicke fallen, denn dann erſt ſey auch Oeſterreich doppelt mächtig, weil dann erſt Deutſchland ihm ſeinen Einfluß im Oſten und Süden verbürge, und in ihm den Träger der deutſchen Intereſſen an der Donau, am adriatiſchen Meer und jenſeits der Alpen würdigen lerne. In der zweiten Abtheilung der Schrift ſpricht Hr. Zöpfl von der Erweiterung des Bundeszweckes: beſſerer Schutz der deutſchen Natio- nalität, z. B. gegen Dänemark, der Landesverfaſſungen gegen die Landesregierungen (Hannover); Schaffung eines Centralpunktes, von welchem aus alle nationalen Intereſſen Deutſchlands geleitet wer- den ꝛc. Die dritte behandelt die Frage welche Veränderungen in der Organiſation des Bundestages jetzt geboten ſeyen. Die Annäherung der Bundesverfaſſung an das in Deutſchland vorherrſchende Staats- ſyſtem (das monarchiſch-conſtitutionelle) erſcheint dem Verfaſſer dadurch bedingt daß ein verantwortliches Bundesminiſterium gebildet werde welches zu dem Bund in dasſelbe Verhältniß trete wie das Mi- niſterium einer Monarchie zu dem Souverän. Bundesgeſandte dürften nur Perſonen werden welche das Vertrauen der Landſtände beſäßen. Das Präſidium ſolle zwiſchen Oeſterreich und Preußen von zwei zu drei Jahren wechſeln. Daneben, als das Wichtigſte, müſſe eine deutſche Nationalrepräſentation am deutſchen Bund errichtet werden. Dazu ſchlägt der Verfaſſer vor 1) ſchleunige Gewährung der den deut- ſchen Standesherren im Art. 6 der deutſchen Bundesacte in Ausſicht geſtellten einigen Curiatſtimmen; 2) jeder deutſche Bundesſtaat ſendet gerade ſo viel Abgeordnete als derſelbe gegenwärtig im Plenum Stimmen führt, alſo Oeſterreich, Preußen, Bayern ꝛc. jedes vier, Baden ꝛc. jedes drei Abgeordnete u. ſ. f., ſo daß die Nationalrepräſen- tation am deutſchen Bund aus 69 Abgeordneten beſtände, welche gleich- ſam ein Ausſchuß der deutſchen Ständeverſammlungen wären. Dieſe Nationalrepräſentation wähle ihre Präſidenten und Secretäre ſelbſt, werde von je zwei zu zwei Jahren zu einem Drittheil erneuert, ſey un- auflöslich, ihre Verhandlungen öffentlich, kein Bundesbeſchluß ohne ihre Zuſtimmung, ſie kann das Bundesminiſterium in Anklageſtand verſetzen u. ſ. w. Als drittes Glied der Bundesverfaſſung ein Bundes- gericht. Wegen des Näheren verweiſen wir auf die Schrift ſelbſt. Deutſche Handelspolitik. VII. * Die Schiffsrheder an der Oſtſee haben bekanntlich Proteſt gegen eine deutſche Navigationsacte eingelegt. Die Sache erſcheint auf den erſten Blick etwas ſonderbar wenn man die am baltiſchen Meer obwaltenden Verhältniſſe in Anſchlag bringt. Gewiß würden bei ei- ner veränderten Lage der Schifffahrt Deutſchlands die Rhedereien der Oſtſee erheblich benachtheiligt werden in — ihrem bisherigen Schlendrian. Wir fragen: Liegt darin keine Verblendung wenn dieſe Oſtſeerheder alle mögliche „Freiheit“ zu beſitzen glauben, ſolange England ihnen noch erlaubt Getreide, Holz, Wolle und andere Producte des Ackerbaues, der Viehzucht und der Forſtwirthſchaft, welche England zum Behuf wohlfeiler Nahrung für die arbeitenden Claſſen, als Schiffs- bau- und Fabrikmaterial noch aus Deutſchland beziehen muß, direct dorthin und gegen niedrigen Zoll oder gänzlich ſteuerfrei einzuführen, und in Zahlung dafür fertige Fabricate, und für den Kleinhandel im eigenen Lande wohlaſſortirte Colonialwaaren, ſodann den Ueberſchuß Englands an Salz, Kohlen, Eiſen und andern Metallen als Rück- ladung von England nach Hauſe einzunehmen? Iſt es denn möglich noch länger den Umſtand zu überſehen daß England alle nöthigen Vor- kehrungen trifft um ſeinen Bedarf an Naturalproducten künftig bei- nahe ausſchließlich aus ſeinen eigenen Beſitzungen zu beziehen, damit dieſe in den Stand geſetzt werden mehr von ſeinen Fabricaten zu ver- brauchen, ſie, die ihm ohne Frage zuverläſſigere und ſicherſte Kunden ſind? Wie lange wird dann jene bequeme Freiheit der Oſtſeerhederei noch andauern? Wir wollen nicht ſagen daß ſie raſch eines „natür- lichen Todes“ ſterben werde, meinen aber daß ſie über kurz oder lang nach einem Thätigkeitskreiſe ſich umzuſehen hat der feſtere Gewähr bietet als der gegenwärtige. Unter dieſen Umſtänden erſcheint es weder patriotiſch noch verſtändig wenn ein Theil dieſer Rhedereien immer und immer wieder Proteſt einlegt gegen national-deutſche Maßregeln, welche darauf abzwecken auch ihnen Freiheit der Bewe- gung in der großen Welthandelsſchifffahrt zu eröffnen. Sie mei- nen ihre, ohnehin mehr oder weniger prekäre Frachtſchifffahrt könne darunter leiden, und wähnen ſie beſäſſen ſchon allenthalben „ge- nügende Freiheit.“ Es haben ſich aber Stimmen erhoben die nach- drücklich behaupten, ſehr viele Oſtſeerheder ſeyen Anhänger der Be- quemlichkeit und ohne ſchwunghaften Unternehmungsgeiſt; ſie ſcheue- ten die Mühe ihre Schiffe für die jedenfalls erträglichere transatlan- tiſche Fahrt einzurichten und beſſer auszurüſten. Thatſache iſt daß die Oſtſeerheder im ganzen ſich einen ſehr beſchränkten Kreis ihrer Wirkſamkeit vorgezeichnet haben; ſie erkennen nicht oder mögen nicht erkennen wie vielfältige Beſchränkungen die deutſche Schifffahrt im Auslande erleidet, und verharren in einer ſchwer verzeihlichen Gleich- gültigkeit. Nur wenn es ſich um nationale Maßregeln handelt, wer- den ſie hitzig und zeigen eine Streitluft, welche ſich bisher noch nicht gegen das die deutſchen Intereſſen vielfach beeinträchtigende Ausland gerichtet hat. Indeſſen ganz abgeſehen von den allgemeinen und natio- nalen Zwecken und Vortheilen, würden die Oſtſeehäfen nicht erheblich gewinnen wenn ſie ihre Thätigkeit ſteigerten und größere Rührigkeit entfalteten? Uns dünkt es einträglicher zu ſeyn das Holz, ſtatt es nach England zu ſchaffen, bei den wohlfeilen Arbeitspreiſen am balti- ſchen Meere, theilweiſe in große und ſchöne Fahrzeuge zu verwandeln und damit die transatlantiſche directe Frachtfahrt zu betreiben, die ſich bei einem Differentialzollſyſtem in weit größerem Maß auch nach den Oſtſeehäfen ziehen müßte. Warum bauet man nicht auch gute fertige Schiffe für den Verkauf; ſie würden an der Nordſee Abnehmer finden. Es wäre kaum unzweckmäßig oder unvortheilhaft wenn die Anwohner der Oſtſee den Manufacturwaarenbedarf vom eigenen Inlande erhiel- ten, und dagegen ihren Ueberfluß an Landeserzeugniſſen regelmäßiger und dauernder als bisher an England verwertheten; wenn ſie ferner den Ueberſchuß ihrer Stapelartikel, ſtatt wie jetzt faſt ausſchließlich für England, mehr für den Verbrauch der transatlantiſchen Märkte be-

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 74, 14. März 1848, S. 1178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine74_1848/10>, abgerufen am 23.11.2024.