Allgemeine Zeitung, Nr. 75, 15. März 1848.Erklärung. Seit dem März des vergangenen Jahres findet sich die Augsburger Postzeitung bemüssigt mich mit falschen Anklagen und Schmähungen Nachdem ich zu jenen Gehässigkeiten so lange geschwiegen, würde ich auch jetzt jedes Wort über sie für überflüssig achten, wenn die Dadurch wird die Calumnie zu einer schweren politischen Anklage, gegen die ich zumal in den eben beginnenden Zeiten einer freien [irrelevantes Material]
Erklärung. Seit dem März des vergangenen Jahres findet ſich die Augsburger Poſtzeitung bemüſſigt mich mit falſchen Anklagen und Schmähungen Nachdem ich zu jenen Gehäſſigkeiten ſo lange geſchwiegen, würde ich auch jetzt jedes Wort über ſie für überflüſſig achten, wenn die Dadurch wird die Calumnie zu einer ſchweren politiſchen Anklage, gegen die ich zumal in den eben beginnenden Zeiten einer freien [irrelevantes Material]
<TEI> <text> <body> <div type="jSupplement" n="1"> <floatingText> <body> <pb facs="#f0015" n="1199"/> <div type="jReadersLetters" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Erklärung.</hi> </head><lb/> <p>Seit dem März des vergangenen Jahres findet ſich die Augsburger Poſtzeitung bemüſſigt mich mit falſchen Anklagen und Schmähungen<lb/> zu verfolgen, welche großentheils von der Vorausſetzung ausgehen daß ich damals in einer Rede an die Studirenden die Unruhen jener<lb/> Tage, und namentlich die geheimen Aufregungen der ſtudirenden Jugend der <hi rendition="#g">Partei</hi> ſoll beigelegt haben deren Panier die Poſtzeitung trägt.<lb/> Jch habe auf ihre Befehdungen keine Rückſicht genommen, weil ich nicht gewohnt bin auf Verleumdungen zu antworten, und ihre Aufforde-<lb/> rungen zu näherer Erklärung nicht geachtet, weil jeder dem daran lag ſich von der Sache zu unterrichten meine Rede, welche die Allg. Zeitung<lb/> vom 8 März 1847 lieferte, nachleſen und ſich aus ihr überzeugen konnte daß in ihr der Name irgendeiner Partei gar nicht vorkommt, und<lb/> ihr ebenſowenig die Abſicht zu Grunde liegt jener aus einem allgemeinen Unwillen hervorgegangenen Bewegung ausſchließlich eine ſolche<lb/> beizulegen. Was aber in ihr von einer „im <hi rendition="#g">Finſtern ſchleichenden Böswilligkeit</hi>“ geſagt wird, bezieht ſich auf eine Reihe von That-<lb/> ſachen deren zwei dort namentlich aufgeführt werden: die Aufhetzung der Studenten gegen die königl. Polizeidirection, welche, wie man ihnen<lb/> glauben machen wollte, die gefangenen Studirenden mit Ruthen peitſchen laſſe, und im Laufe des Tages noch ſechzig Verhaftungen unter<lb/> ihnen vornehmen würde, und die von unbekannter Hand am offenen ſchwarzen Brett an ſie gerichtete Aufforderung ſich am chineſiſchen Thurm<lb/> im engliſchen Garten zu einer Zeit zu verſammeln wo bereits die bewaffnete Macht gegen ſie in Bewegung, und ſämmtliche Elaſſen der<lb/> Einwohner von München in der größten Aufregung waren. Man weiß welche beharrliche Anſtrengung es koſtete gegen ſolche Lügen und<lb/> Hetzereien die Unruhe und Erbitterung der Studirenden zu beſchwichtigen. Vorzüglich dem Vertrauen und der Liebe, deren ſich ein uns nun<lb/> durch den Tod entriſſener trefflicher Mann, der Profeſſor Zuccarini, bei ihnen erfreute, und ſeiner hingebenden Thätigkeit verdanken wir es<lb/> daß es damals nicht zum Aeußerſten und zu Blutvergießen gekommen iſt. Ob jene Wühlereien von einer Seite, oder von mehreren, und<lb/> von wem überhaupt ſie ausgegangen ſind, weiß ich ebenſowenig <hi rendition="#g">als von wem ſie nicht ausgegangen ſind</hi>. Was ich aber ſehr be-<lb/> ſtimmt weiß, iſt daß mir als dem Lehrer und Decan der damals in Aufregung gekommenen Facultät oblag jene Machinationen als das<lb/> zu bezeichnen was ſie waren und vor ihnen zu warnen. Das habe ich und nicht ohne Erfolg gethan, weiter aber nichts, und fragt die Augs-<lb/> burger Poſtzeitung nach einer Urſache der Beſchuldigungen und Befehdungen, welcher, wie ſie berichtet, die Sache der ſie dient fortdauernd<lb/> ausgeſetzt ſey, ſo mag ſie dieſe nur anderswo ſuchen als in dem was ſie in einer ihrer neueſten Nummern vom 6 März „die große Thierſch-<lb/> ſche Lüge von der im Finſtern ſchleichenden <hi rendition="#g">Partei</hi>“ nennt, aus der alles Uebel das ſie beklagt gefloſſen ſey.</p><lb/> <p>Nachdem ich zu jenen Gehäſſigkeiten ſo lange geſchwiegen, würde ich auch jetzt jedes Wort über ſie für überflüſſig achten, wenn die<lb/> Poſtzeitung in der genannten Nummer nicht ſo weit ginge jene vorgebliche „große Lüge“ für den Kern der Täuſchungen zu erklären welche<lb/> die Monarchie bis an den Rand des Abgrundes gebracht haben.</p><lb/> <p>Dadurch wird die Calumnie zu einer ſchweren politiſchen Anklage, gegen die ich zumal in den eben beginnenden Zeiten einer freien<lb/> Discuſſion und bei noch nicht beſchwichtigter Aufregung der Maſſen mich hiemit auf das entſchiedenſte verwahre, nicht ſowohl gegen die Poſt-<lb/> zeitung, als gegenüber den ehrenhaften Männern welche ſie, gleichviel mit welchem Recht, zu ihrer Farbe zählt, und die ihren oft wiederhol-<lb/> ten frechen und maßloſen Jnzichten doch einigen Glauben ſchenken könnten.</p><lb/> <dateline>München, 12 März 1848.</dateline><lb/> <byline> <hi rendition="#b">Fr. Thierſch.</hi> </byline> </div><lb/> <div type="jAnnouncements" n="2"> <gap reason="insignificant"/> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [1199/0015]
Erklärung.
Seit dem März des vergangenen Jahres findet ſich die Augsburger Poſtzeitung bemüſſigt mich mit falſchen Anklagen und Schmähungen
zu verfolgen, welche großentheils von der Vorausſetzung ausgehen daß ich damals in einer Rede an die Studirenden die Unruhen jener
Tage, und namentlich die geheimen Aufregungen der ſtudirenden Jugend der Partei ſoll beigelegt haben deren Panier die Poſtzeitung trägt.
Jch habe auf ihre Befehdungen keine Rückſicht genommen, weil ich nicht gewohnt bin auf Verleumdungen zu antworten, und ihre Aufforde-
rungen zu näherer Erklärung nicht geachtet, weil jeder dem daran lag ſich von der Sache zu unterrichten meine Rede, welche die Allg. Zeitung
vom 8 März 1847 lieferte, nachleſen und ſich aus ihr überzeugen konnte daß in ihr der Name irgendeiner Partei gar nicht vorkommt, und
ihr ebenſowenig die Abſicht zu Grunde liegt jener aus einem allgemeinen Unwillen hervorgegangenen Bewegung ausſchließlich eine ſolche
beizulegen. Was aber in ihr von einer „im Finſtern ſchleichenden Böswilligkeit“ geſagt wird, bezieht ſich auf eine Reihe von That-
ſachen deren zwei dort namentlich aufgeführt werden: die Aufhetzung der Studenten gegen die königl. Polizeidirection, welche, wie man ihnen
glauben machen wollte, die gefangenen Studirenden mit Ruthen peitſchen laſſe, und im Laufe des Tages noch ſechzig Verhaftungen unter
ihnen vornehmen würde, und die von unbekannter Hand am offenen ſchwarzen Brett an ſie gerichtete Aufforderung ſich am chineſiſchen Thurm
im engliſchen Garten zu einer Zeit zu verſammeln wo bereits die bewaffnete Macht gegen ſie in Bewegung, und ſämmtliche Elaſſen der
Einwohner von München in der größten Aufregung waren. Man weiß welche beharrliche Anſtrengung es koſtete gegen ſolche Lügen und
Hetzereien die Unruhe und Erbitterung der Studirenden zu beſchwichtigen. Vorzüglich dem Vertrauen und der Liebe, deren ſich ein uns nun
durch den Tod entriſſener trefflicher Mann, der Profeſſor Zuccarini, bei ihnen erfreute, und ſeiner hingebenden Thätigkeit verdanken wir es
daß es damals nicht zum Aeußerſten und zu Blutvergießen gekommen iſt. Ob jene Wühlereien von einer Seite, oder von mehreren, und
von wem überhaupt ſie ausgegangen ſind, weiß ich ebenſowenig als von wem ſie nicht ausgegangen ſind. Was ich aber ſehr be-
ſtimmt weiß, iſt daß mir als dem Lehrer und Decan der damals in Aufregung gekommenen Facultät oblag jene Machinationen als das
zu bezeichnen was ſie waren und vor ihnen zu warnen. Das habe ich und nicht ohne Erfolg gethan, weiter aber nichts, und fragt die Augs-
burger Poſtzeitung nach einer Urſache der Beſchuldigungen und Befehdungen, welcher, wie ſie berichtet, die Sache der ſie dient fortdauernd
ausgeſetzt ſey, ſo mag ſie dieſe nur anderswo ſuchen als in dem was ſie in einer ihrer neueſten Nummern vom 6 März „die große Thierſch-
ſche Lüge von der im Finſtern ſchleichenden Partei“ nennt, aus der alles Uebel das ſie beklagt gefloſſen ſey.
Nachdem ich zu jenen Gehäſſigkeiten ſo lange geſchwiegen, würde ich auch jetzt jedes Wort über ſie für überflüſſig achten, wenn die
Poſtzeitung in der genannten Nummer nicht ſo weit ginge jene vorgebliche „große Lüge“ für den Kern der Täuſchungen zu erklären welche
die Monarchie bis an den Rand des Abgrundes gebracht haben.
Dadurch wird die Calumnie zu einer ſchweren politiſchen Anklage, gegen die ich zumal in den eben beginnenden Zeiten einer freien
Discuſſion und bei noch nicht beſchwichtigter Aufregung der Maſſen mich hiemit auf das entſchiedenſte verwahre, nicht ſowohl gegen die Poſt-
zeitung, als gegenüber den ehrenhaften Männern welche ſie, gleichviel mit welchem Recht, zu ihrer Farbe zählt, und die ihren oft wiederhol-
ten frechen und maßloſen Jnzichten doch einigen Glauben ſchenken könnten.
München, 12 März 1848.
Fr. Thierſch.
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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