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Allgemeine Zeitung, Nr. 75, 15. März 1848.

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[Spaltenumbruch] versammlung seyn können, andererseits voraussetzen daß die Bittsteller sich
dabei beruhigen würden daß ihre Adresse der Deputation vorgelegt, von
derselben geprüft und so weit mit aufgenommen sey als es ihre Ueber-
zeugung gestattet habe. Endlich kam ein letzter sich hier gewissermaßen
anschließender Punkt zur Berathung: ein Antrag auf Bürgerbewaff-
nung. Es muß bemerkt werden daß mehrere städtische Behörden schon
lange mit der Staatsregierung über Errichtung sogenannier Schutzcom-
missionen verhandeln. Die Verhandlung war aber fruchtlos geblieben,
weil die Regierung, wie ein Abgeordneter sich ausdrückte, "unbesoldete
Gendarmen" creiren wolle, und man sich dazu nicht habe hergeben mö-
gen. Gegenwärtig wurde nun dieser Antrag wieder aufgenommen, und
die vorberathende Deputation hatte bewaffnete Schutzcommissionen vor-
geschlagen. Jn der Berathung trennte man die Sache. Einige spra-
chen für Schutzcommissionen mit Stab und Binde in dem alten, Sinn,
andere für Errichtung einer bewaffneten Bürgermacht mit selbstge-
wählten Führern im modernen Sinn. Endlich kam es zur Abstim-
mung. Der Vorsteher erklärte zuerst über die Schutzcommissio-
nen, eventuell wenn diese abgelehnt würden, über Bürgerbewaff-
nung abstimmen lassen zu wollen. Der erste Antrag, die Errich-
tung von Schutzcommissionen und eventualiter die Wiederaufnahme
der Verhandlungen über dieselben mit den Behörden betreffend,
wurde mit 57 Stimmen angenommen, und somit sollte der zweite
wegfallen. Nun erhob sich aber ein großer Lärm; mehrere Stadtver-
ordnete, welche die Sache früher wohl falsch verstanden und deßhalb
geschwiegen hatten, protestirten und forderten Abstimmung über Bürger-
bewaffnung. Das Publicum stimmte in dieses Verlangen mit einem
wahrhaft furchtbaren Lärmen ein, und als der Vorsteher die Sitzung
schloß, weigerte sich dasselbe die Tribüne zu verlassen. Der Spectakel
dauerte eine ziemliche Weile und drohte immer ärger zu werden, bis
einer der anwesenden Zuhörer, der Schriftsteller Dr. Wöniger, der to-
benden Menge vorstellte daß man hier kein Recht habe zu lärmen, und
daß man lieber hinuntergehen und einigen Stadtverordneten, die sich in
der Berathung sehr hervorgethan, ein Hoch bringen wolle. Damit ein-
verstanden räumte die Menge den Saal, brachte den Stadtverordneten
Nauwerk, Mertens und Berends von der Straße aus ein dreimaliges
Bivat, und ging dann auf weitere Vorstellungen ruhig auseinander.
Einzelne sollen indeß auch den Stadtverordnetenvorsteher erwartet und
ihn mit einem Pereat empfangen haben. Man ist jetzt sehr gespannt,
ob der König die Deputation empfangen, oder was weiter geschehen wird.
Wahrscheinlicher ist eine Weigerung, da der König die feste Ansicht ha-
ben soll gar keine Deputation zu empfangen und, wie allgemein verlau-
tet, in diesem Sinne auch bereits die heute angekommene Breslauer De-
putation hat bescheiden lassen. Die Unruhe wird auch hier immer merk-
licher, und mit Rücksicht darauf verdienen Ereignisse, wie wir sie heute
schilderten, besondere Aufmerksamkeit.


Eine Adresse wird hier unterzeichnet,
welche den König ersucht Preußen Volksvertretung, Preßfreiheit zu
verleihen, und ein deutsches Parlament beantragt, indem sie zugleich
entschiedene Abneigung gegen Rußland und Widerwillen vor unnöthi-
gen Verwickelungen mit Frankreich ausdrückt. (Nürnb. C.)


Soeben ist der officielle Befehl einge-
troffen daß unsere Garnison, das 26ste und 27ste Regiment, am Sonn-
tag den 11 d. M. auf der Eisenbahn nach Köln abgehen soll. Es scheint
als wäre hierbei nicht von einer Demonstration nach außen die
Rede, sondern als hätten die Unruhen in Köln selbst zu dieser Maßre-
regel die nächste Veranlassung gegeben. Das 24ste Regiment aus Neu-
ruppin wird hieher nachrücken. (Leipz. Z.)

Oesterreich.

Von den verschiedenen
Adressen und Reformpetitionen welche hier seit einigen Tagen theils an
Se. Majestät den Kaiser selbst, theils an die niederösterreichischen Stände
gerichtet circuliren um bei der morgen stattfindenden Ständeversamm-
lung in Antrag gebracht und dem Kaiser unterbreitet zu werden, wer-
den Sie gehört haben. Bereits am 6 d. Mts. hat der niederöster-
reichische Gewerbeverein in seiner unter dem Vorsitze des Erzherzogs
Franz Karl gehaltenen Sitzung dem Erzherzog eine Adresse an Se.
Majestät überreicht, in welcher der Gewerbeverein seinen Patriotis-
mus und seine Anhänglichkeit an den Monarchen, sowie die Noth-
wendigkeit eines festen innigen Anschließens der Regierung an die
Stände und Bürger, eines festen innigen Anschließens Oesterreichs
an die Jnteressen des gemeinsamen deutschen Vaterlandes mit größ-
ter Offenheit ausspricht. Ebenso haben die Bürger, der Handelsstand,
[Spaltenumbruch] Künstler, Schriftsteller und eine bedeutende Anzahl von Beamten
mehrere Petitionen und Adressen um Abschaffung der Censur, Frei-
heit der Presse und sonstige Reformen unterzeichnet, die den morgen
zusammentretenden niederösterreischen Ständen übergeben werden. Heute
Sonntag versammelten sich sämmtliche Studirende der juridischen und
medicinischen Facultät an der hiesigen Hochschule, so wie die Polytechni-
ker in der Aula der Universität um eine Adresse wegen Aufhebung
der Censur und Oeffentlichkeit der Verhandlungen (?) an den Kai-
ser in corpore zu überreichen. Es mochten über 2000 Studenten
beisammen seyn. Anfangs versuchte der Vicekammerprocurator Dr.
Kremer die Studenten davon abzuhalten, allein vergebens, und erst
als Dr. Hye, Professor des Natur- und Staatsrechtes, und der Re-
gierungsrath Endlicher, Professor der Botanik, die beide die Kanzel
bestiegen hatten, mit eindringlicher Rede den Studenten die Versiche-
rung gaben die Adresse im Namen der Studenten selbst dem Kaiser zu
überreichen, beruhigten sie sich und zogen in größter Ordnung ab.
Bemerkenswerth ist es daß bei diesem Anlasse nicht der mindeste Tu-
mult, nicht die mindeste Störung stattfand, sondern daß die ganze
Scene mit der größten Ruhe vor sich ging. Wie man erzählt sollen
die genannten zwei Professoren sich auch bereits zu Sr. Majestät dem
Kaiser begeben haben, da die Studenten bis morgen eine Antwort
zu haben wünschten. Mit der Petition welche die hiesigen Buchhänd-
ler vor ein paar Tagen Sr. Majestät überreichten begaben sie sich auch
zu Jhren k. k. Hoheiten den Erzherzogen Ludwig, Johann und Franz
Karl sowie zum Fürsten Metternich und dem Grafen Colowrat. Durch
die freundlichen Bemühungen des letztern erhielten sie Zutritt bei dem
Kaiser, der ihnen, wie man sagt, von einer andern Seite hatte in
Abrede gestellt werden wollen.


Sehr lebhaft ist hier der Courierwechsel
mit Berlin. Die neue Lage Deutschlands und Europa's soll der Ge-
genstand der diplomatischen Erörterungen seyn. Der hier anwesende
Hr. v. Radowitz conferirt fast täglich mit dem Grafen v. Münch-
Bellinghausen (der erst in einigen Tagen nach Dresden abgehen soll)
und dem General Heß. Auf Verlangen der württembergischen Re-
gierung (so wird erzählt, ohne daß ich näheres anzugeben weiß)
soll von hier aus an den General Lichnowski der einige Trup-
penabtheilungen an der Schweizergränze commandirt, der Befehl er-
gangen seyn sich nach Ulm in Marsch zu setzen zur Besetzung der
Bundesfestung, zu welcher Oesterreich vertragsmäßig ein Drittheil zu
stellen hat. Ein zweites Drittheil ist von Bayern zu stellen, an wel-
ches von württembergischer Seite ein gleiches Ansuchen gerichtet wor-
den seyn soll. Die Besetzung der neuen Festung mit Geschütz dürfte
von Oesterreich aus geschehen. -- Der neuernannte niederösterreichische
Landmarschall Graf v. Montecucculi wird nach Eröffnung der hiesigen
Ständesitzung nach Jtalien abgehen. -- Es haben wieder einige Re-
gimenter Befehl erhalten sich marschfertig zu halten; wahrscheinlich an
die italienische Gränze.


Die große Aufregung zu beschreiben welche
die neuesten Vorgänge in Europa unter allen Classen der Bevölke-
rung hervorgerufen hatten, ist wohl überflüssig. Jn vielen Caffee-
häusern und Gasthäufern werden täglich die Zeitungen vor einem
zahlreichen Zuhörerkreise vorgelesen. Doch ist die Stimmung friedlich
unter der gebildeten Classe, man denkt noch an keinen gewaltsamen
Umsturz, man hofft auf Zugeständnisse von oben. Die Regierung
soll auch geneigt seyn auf die billigen Wünsche der Bürger zu hören.
So besonnen die Haltung unter den Bürgern, ebenso groß ist die
Gährung der arbeitenden Classe. Die von Frankreich herübertönende
Kunde von Organistrung der Arbeit hat die Köpfe erhitzt, und die
meisten unter ihnen sind wohl geneigt zu glauben daß durch einen
Gewaltstreich allen Uebelständen abgeholfen werden könne. Die Arbeiter
in den Fabriken sind noch nicht genesen von ihrem Hasse gegen die
Maschinen, und hie und da tauchen Pläne auf dieselben zu zerstören.
Daß dadurch ihre Lage nicht verbessert würde, bedenken sie nicht. Mangel
fast an jeglicher Bildung ist unter dieser Classe wohl der größte Uebel-
stand, und die Ursache ist leider zu suchen in unserm schlecht organi-
sirten Unterrichtswesen. Seit einigen Tagen ging in der Stadt das
Gerücht herum es solle am Samstag 11 März Abends 6 Uhr im Men-
gelsbad eine Bürgerversammlung abgehalten werden, in welcher man
sich über eine an die Regierung zu richtende Adresse berathen wolle.
Anonyme Einladungen dazu waren in mehreren Häusern erschienen,
batten aber unter den Bürgern wenig Theilnahme gefunden, ja waren

[Spaltenumbruch] verſammlung ſeyn können, andererſeits vorausſetzen daß die Bittſteller ſich
dabei beruhigen würden daß ihre Adreſſe der Deputation vorgelegt, von
derſelben geprüft und ſo weit mit aufgenommen ſey als es ihre Ueber-
zeugung geſtattet habe. Endlich kam ein letzter ſich hier gewiſſermaßen
anſchließender Punkt zur Berathung: ein Antrag auf Bürgerbewaff-
nung. Es muß bemerkt werden daß mehrere ſtädtiſche Behörden ſchon
lange mit der Staatsregierung über Errichtung ſogenannier Schutzcom-
miſſionen verhandeln. Die Verhandlung war aber fruchtlos geblieben,
weil die Regierung, wie ein Abgeordneter ſich ausdrückte, „unbeſoldete
Gendarmen“ creiren wolle, und man ſich dazu nicht habe hergeben mö-
gen. Gegenwärtig wurde nun dieſer Antrag wieder aufgenommen, und
die vorberathende Deputation hatte bewaffnete Schutzcommiſſionen vor-
geſchlagen. Jn der Berathung trennte man die Sache. Einige ſpra-
chen für Schutzcommiſſionen mit Stab und Binde in dem alten, Sinn,
andere für Errichtung einer bewaffneten Bürgermacht mit ſelbſtge-
wählten Führern im modernen Sinn. Endlich kam es zur Abſtim-
mung. Der Vorſteher erklärte zuerſt über die Schutzcommiſſio-
nen, eventuell wenn dieſe abgelehnt würden, über Bürgerbewaff-
nung abſtimmen laſſen zu wollen. Der erſte Antrag, die Errich-
tung von Schutzcommiſſionen und eventualiter die Wiederaufnahme
der Verhandlungen über dieſelben mit den Behörden betreffend,
wurde mit 57 Stimmen angenommen, und ſomit ſollte der zweite
wegfallen. Nun erhob ſich aber ein großer Lärm; mehrere Stadtver-
ordnete, welche die Sache früher wohl falſch verſtanden und deßhalb
geſchwiegen hatten, proteſtirten und forderten Abſtimmung über Bürger-
bewaffnung. Das Publicum ſtimmte in dieſes Verlangen mit einem
wahrhaft furchtbaren Lärmen ein, und als der Vorſteher die Sitzung
ſchloß, weigerte ſich dasſelbe die Tribüne zu verlaſſen. Der Spectakel
dauerte eine ziemliche Weile und drohte immer ärger zu werden, bis
einer der anweſenden Zuhörer, der Schriftſteller Dr. Wöniger, der to-
benden Menge vorſtellte daß man hier kein Recht habe zu lärmen, und
daß man lieber hinuntergehen und einigen Stadtverordneten, die ſich in
der Berathung ſehr hervorgethan, ein Hoch bringen wolle. Damit ein-
verſtanden räumte die Menge den Saal, brachte den Stadtverordneten
Nauwerk, Mertens und Berends von der Straße aus ein dreimaliges
Bivat, und ging dann auf weitere Vorſtellungen ruhig auseinander.
Einzelne ſollen indeß auch den Stadtverordnetenvorſteher erwartet und
ihn mit einem Pereat empfangen haben. Man iſt jetzt ſehr geſpannt,
ob der König die Deputation empfangen, oder was weiter geſchehen wird.
Wahrſcheinlicher iſt eine Weigerung, da der König die feſte Anſicht ha-
ben ſoll gar keine Deputation zu empfangen und, wie allgemein verlau-
tet, in dieſem Sinne auch bereits die heute angekommene Breslauer De-
putation hat beſcheiden laſſen. Die Unruhe wird auch hier immer merk-
licher, und mit Rückſicht darauf verdienen Ereigniſſe, wie wir ſie heute
ſchilderten, beſondere Aufmerkſamkeit.


Eine Adreſſe wird hier unterzeichnet,
welche den König erſucht Preußen Volksvertretung, Preßfreiheit zu
verleihen, und ein deutſches Parlament beantragt, indem ſie zugleich
entſchiedene Abneigung gegen Rußland und Widerwillen vor unnöthi-
gen Verwickelungen mit Frankreich ausdrückt. (Nürnb. C.)


Soeben iſt der officielle Befehl einge-
troffen daß unſere Garniſon, das 26ſte und 27ſte Regiment, am Sonn-
tag den 11 d. M. auf der Eiſenbahn nach Köln abgehen ſoll. Es ſcheint
als wäre hierbei nicht von einer Demonſtration nach außen die
Rede, ſondern als hätten die Unruhen in Köln ſelbſt zu dieſer Maßre-
regel die nächſte Veranlaſſung gegeben. Das 24ſte Regiment aus Neu-
ruppin wird hieher nachrücken. (Leipz. Z.)

Oeſterreich.

Von den verſchiedenen
Adreſſen und Reformpetitionen welche hier ſeit einigen Tagen theils an
Se. Majeſtät den Kaiſer ſelbſt, theils an die niederöſterreichiſchen Stände
gerichtet circuliren um bei der morgen ſtattfindenden Ständeverſamm-
lung in Antrag gebracht und dem Kaiſer unterbreitet zu werden, wer-
den Sie gehört haben. Bereits am 6 d. Mts. hat der niederöſter-
reichiſche Gewerbeverein in ſeiner unter dem Vorſitze des Erzherzogs
Franz Karl gehaltenen Sitzung dem Erzherzog eine Adreſſe an Se.
Majeſtät überreicht, in welcher der Gewerbeverein ſeinen Patriotis-
mus und ſeine Anhänglichkeit an den Monarchen, ſowie die Noth-
wendigkeit eines feſten innigen Anſchließens der Regierung an die
Stände und Bürger, eines feſten innigen Anſchließens Oeſterreichs
an die Jntereſſen des gemeinſamen deutſchen Vaterlandes mit größ-
ter Offenheit ausſpricht. Ebenſo haben die Bürger, der Handelsſtand,
[Spaltenumbruch] Künſtler, Schriftſteller und eine bedeutende Anzahl von Beamten
mehrere Petitionen und Adreſſen um Abſchaffung der Cenſur, Frei-
heit der Preſſe und ſonſtige Reformen unterzeichnet, die den morgen
zuſammentretenden niederöſterreiſchen Ständen übergeben werden. Heute
Sonntag verſammelten ſich ſämmtliche Studirende der juridiſchen und
mediciniſchen Facultät an der hieſigen Hochſchule, ſo wie die Polytechni-
ker in der Aula der Univerſität um eine Adreſſe wegen Aufhebung
der Cenſur und Oeffentlichkeit der Verhandlungen (?) an den Kai-
ſer in corpore zu überreichen. Es mochten über 2000 Studenten
beiſammen ſeyn. Anfangs verſuchte der Vicekammerprocurator Dr.
Kremer die Studenten davon abzuhalten, allein vergebens, und erſt
als Dr. Hye, Profeſſor des Natur- und Staatsrechtes, und der Re-
gierungsrath Endlicher, Profeſſor der Botanik, die beide die Kanzel
beſtiegen hatten, mit eindringlicher Rede den Studenten die Verſiche-
rung gaben die Adreſſe im Namen der Studenten ſelbſt dem Kaiſer zu
überreichen, beruhigten ſie ſich und zogen in größter Ordnung ab.
Bemerkenswerth iſt es daß bei dieſem Anlaſſe nicht der mindeſte Tu-
mult, nicht die mindeſte Störung ſtattfand, ſondern daß die ganze
Scene mit der größten Ruhe vor ſich ging. Wie man erzählt ſollen
die genannten zwei Profeſſoren ſich auch bereits zu Sr. Majeſtät dem
Kaiſer begeben haben, da die Studenten bis morgen eine Antwort
zu haben wünſchten. Mit der Petition welche die hieſigen Buchhänd-
ler vor ein paar Tagen Sr. Majeſtät überreichten begaben ſie ſich auch
zu Jhren k. k. Hoheiten den Erzherzogen Ludwig, Johann und Franz
Karl ſowie zum Fürſten Metternich und dem Grafen Colowrat. Durch
die freundlichen Bemühungen des letztern erhielten ſie Zutritt bei dem
Kaiſer, der ihnen, wie man ſagt, von einer andern Seite hatte in
Abrede geſtellt werden wollen.


Sehr lebhaft iſt hier der Courierwechſel
mit Berlin. Die neue Lage Deutſchlands und Europa’s ſoll der Ge-
genſtand der diplomatiſchen Erörterungen ſeyn. Der hier anweſende
Hr. v. Radowitz conferirt faſt täglich mit dem Grafen v. Münch-
Bellinghauſen (der erſt in einigen Tagen nach Dresden abgehen ſoll)
und dem General Heß. Auf Verlangen der württembergiſchen Re-
gierung (ſo wird erzählt, ohne daß ich näheres anzugeben weiß)
ſoll von hier aus an den General Lichnowski der einige Trup-
penabtheilungen an der Schweizergränze commandirt, der Befehl er-
gangen ſeyn ſich nach Ulm in Marſch zu ſetzen zur Beſetzung der
Bundesfeſtung, zu welcher Oeſterreich vertragsmäßig ein Drittheil zu
ſtellen hat. Ein zweites Drittheil iſt von Bayern zu ſtellen, an wel-
ches von württembergiſcher Seite ein gleiches Anſuchen gerichtet wor-
den ſeyn ſoll. Die Beſetzung der neuen Feſtung mit Geſchütz dürfte
von Oeſterreich aus geſchehen. — Der neuernannte niederöſterreichiſche
Landmarſchall Graf v. Montecucculi wird nach Eröffnung der hieſigen
Ständeſitzung nach Jtalien abgehen. — Es haben wieder einige Re-
gimenter Befehl erhalten ſich marſchfertig zu halten; wahrſcheinlich an
die italieniſche Gränze.


Die große Aufregung zu beſchreiben welche
die neueſten Vorgänge in Europa unter allen Claſſen der Bevölke-
rung hervorgerufen hatten, iſt wohl überflüſſig. Jn vielen Caffee-
häuſern und Gaſthäufern werden täglich die Zeitungen vor einem
zahlreichen Zuhörerkreiſe vorgeleſen. Doch iſt die Stimmung friedlich
unter der gebildeten Claſſe, man denkt noch an keinen gewaltſamen
Umſturz, man hofft auf Zugeſtändniſſe von oben. Die Regierung
ſoll auch geneigt ſeyn auf die billigen Wünſche der Bürger zu hören.
So beſonnen die Haltung unter den Bürgern, ebenſo groß iſt die
Gährung der arbeitenden Claſſe. Die von Frankreich herübertönende
Kunde von Organiſtrung der Arbeit hat die Köpfe erhitzt, und die
meiſten unter ihnen ſind wohl geneigt zu glauben daß durch einen
Gewaltſtreich allen Uebelſtänden abgeholfen werden könne. Die Arbeiter
in den Fabriken ſind noch nicht geneſen von ihrem Haſſe gegen die
Maſchinen, und hie und da tauchen Pläne auf dieſelben zu zerſtören.
Daß dadurch ihre Lage nicht verbeſſert würde, bedenken ſie nicht. Mangel
faſt an jeglicher Bildung iſt unter dieſer Claſſe wohl der größte Uebel-
ſtand, und die Urſache iſt leider zu ſuchen in unſerm ſchlecht organi-
ſirten Unterrichtsweſen. Seit einigen Tagen ging in der Stadt das
Gerücht herum es ſolle am Samstag 11 März Abends 6 Uhr im Men-
gelsbad eine Bürgerverſammlung abgehalten werden, in welcher man
ſich über eine an die Regierung zu richtende Adreſſe berathen wolle.
Anonyme Einladungen dazu waren in mehreren Häuſern erſchienen,
batten aber unter den Bürgern wenig Theilnahme gefunden, ja waren

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[1190/0006] verſammlung ſeyn können, andererſeits vorausſetzen daß die Bittſteller ſich dabei beruhigen würden daß ihre Adreſſe der Deputation vorgelegt, von derſelben geprüft und ſo weit mit aufgenommen ſey als es ihre Ueber- zeugung geſtattet habe. Endlich kam ein letzter ſich hier gewiſſermaßen anſchließender Punkt zur Berathung: ein Antrag auf Bürgerbewaff- nung. Es muß bemerkt werden daß mehrere ſtädtiſche Behörden ſchon lange mit der Staatsregierung über Errichtung ſogenannier Schutzcom- miſſionen verhandeln. Die Verhandlung war aber fruchtlos geblieben, weil die Regierung, wie ein Abgeordneter ſich ausdrückte, „unbeſoldete Gendarmen“ creiren wolle, und man ſich dazu nicht habe hergeben mö- gen. Gegenwärtig wurde nun dieſer Antrag wieder aufgenommen, und die vorberathende Deputation hatte bewaffnete Schutzcommiſſionen vor- geſchlagen. Jn der Berathung trennte man die Sache. Einige ſpra- chen für Schutzcommiſſionen mit Stab und Binde in dem alten, Sinn, andere für Errichtung einer bewaffneten Bürgermacht mit ſelbſtge- wählten Führern im modernen Sinn. Endlich kam es zur Abſtim- mung. Der Vorſteher erklärte zuerſt über die Schutzcommiſſio- nen, eventuell wenn dieſe abgelehnt würden, über Bürgerbewaff- nung abſtimmen laſſen zu wollen. Der erſte Antrag, die Errich- tung von Schutzcommiſſionen und eventualiter die Wiederaufnahme der Verhandlungen über dieſelben mit den Behörden betreffend, wurde mit 57 Stimmen angenommen, und ſomit ſollte der zweite wegfallen. Nun erhob ſich aber ein großer Lärm; mehrere Stadtver- ordnete, welche die Sache früher wohl falſch verſtanden und deßhalb geſchwiegen hatten, proteſtirten und forderten Abſtimmung über Bürger- bewaffnung. Das Publicum ſtimmte in dieſes Verlangen mit einem wahrhaft furchtbaren Lärmen ein, und als der Vorſteher die Sitzung ſchloß, weigerte ſich dasſelbe die Tribüne zu verlaſſen. Der Spectakel dauerte eine ziemliche Weile und drohte immer ärger zu werden, bis einer der anweſenden Zuhörer, der Schriftſteller Dr. Wöniger, der to- benden Menge vorſtellte daß man hier kein Recht habe zu lärmen, und daß man lieber hinuntergehen und einigen Stadtverordneten, die ſich in der Berathung ſehr hervorgethan, ein Hoch bringen wolle. Damit ein- verſtanden räumte die Menge den Saal, brachte den Stadtverordneten Nauwerk, Mertens und Berends von der Straße aus ein dreimaliges Bivat, und ging dann auf weitere Vorſtellungen ruhig auseinander. Einzelne ſollen indeß auch den Stadtverordnetenvorſteher erwartet und ihn mit einem Pereat empfangen haben. Man iſt jetzt ſehr geſpannt, ob der König die Deputation empfangen, oder was weiter geſchehen wird. Wahrſcheinlicher iſt eine Weigerung, da der König die feſte Anſicht ha- ben ſoll gar keine Deputation zu empfangen und, wie allgemein verlau- tet, in dieſem Sinne auch bereits die heute angekommene Breslauer De- putation hat beſcheiden laſſen. Die Unruhe wird auch hier immer merk- licher, und mit Rückſicht darauf verdienen Ereigniſſe, wie wir ſie heute ſchilderten, beſondere Aufmerkſamkeit. Königsberg, 6 März. Eine Adreſſe wird hier unterzeichnet, welche den König erſucht Preußen Volksvertretung, Preßfreiheit zu verleihen, und ein deutſches Parlament beantragt, indem ſie zugleich entſchiedene Abneigung gegen Rußland und Widerwillen vor unnöthi- gen Verwickelungen mit Frankreich ausdrückt. (Nürnb. C.) Magdeburg, 8 März. Soeben iſt der officielle Befehl einge- troffen daß unſere Garniſon, das 26ſte und 27ſte Regiment, am Sonn- tag den 11 d. M. auf der Eiſenbahn nach Köln abgehen ſoll. Es ſcheint als wäre hierbei nicht von einer Demonſtration nach außen die Rede, ſondern als hätten die Unruhen in Köln ſelbſt zu dieſer Maßre- regel die nächſte Veranlaſſung gegeben. Das 24ſte Regiment aus Neu- ruppin wird hieher nachrücken. (Leipz. Z.) Oeſterreich. ☉ Wien, 12. März. Von den verſchiedenen Adreſſen und Reformpetitionen welche hier ſeit einigen Tagen theils an Se. Majeſtät den Kaiſer ſelbſt, theils an die niederöſterreichiſchen Stände gerichtet circuliren um bei der morgen ſtattfindenden Ständeverſamm- lung in Antrag gebracht und dem Kaiſer unterbreitet zu werden, wer- den Sie gehört haben. Bereits am 6 d. Mts. hat der niederöſter- reichiſche Gewerbeverein in ſeiner unter dem Vorſitze des Erzherzogs Franz Karl gehaltenen Sitzung dem Erzherzog eine Adreſſe an Se. Majeſtät überreicht, in welcher der Gewerbeverein ſeinen Patriotis- mus und ſeine Anhänglichkeit an den Monarchen, ſowie die Noth- wendigkeit eines feſten innigen Anſchließens der Regierung an die Stände und Bürger, eines feſten innigen Anſchließens Oeſterreichs an die Jntereſſen des gemeinſamen deutſchen Vaterlandes mit größ- ter Offenheit ausſpricht. Ebenſo haben die Bürger, der Handelsſtand, Künſtler, Schriftſteller und eine bedeutende Anzahl von Beamten mehrere Petitionen und Adreſſen um Abſchaffung der Cenſur, Frei- heit der Preſſe und ſonſtige Reformen unterzeichnet, die den morgen zuſammentretenden niederöſterreiſchen Ständen übergeben werden. Heute Sonntag verſammelten ſich ſämmtliche Studirende der juridiſchen und mediciniſchen Facultät an der hieſigen Hochſchule, ſo wie die Polytechni- ker in der Aula der Univerſität um eine Adreſſe wegen Aufhebung der Cenſur und Oeffentlichkeit der Verhandlungen (?) an den Kai- ſer in corpore zu überreichen. Es mochten über 2000 Studenten beiſammen ſeyn. Anfangs verſuchte der Vicekammerprocurator Dr. Kremer die Studenten davon abzuhalten, allein vergebens, und erſt als Dr. Hye, Profeſſor des Natur- und Staatsrechtes, und der Re- gierungsrath Endlicher, Profeſſor der Botanik, die beide die Kanzel beſtiegen hatten, mit eindringlicher Rede den Studenten die Verſiche- rung gaben die Adreſſe im Namen der Studenten ſelbſt dem Kaiſer zu überreichen, beruhigten ſie ſich und zogen in größter Ordnung ab. Bemerkenswerth iſt es daß bei dieſem Anlaſſe nicht der mindeſte Tu- mult, nicht die mindeſte Störung ſtattfand, ſondern daß die ganze Scene mit der größten Ruhe vor ſich ging. Wie man erzählt ſollen die genannten zwei Profeſſoren ſich auch bereits zu Sr. Majeſtät dem Kaiſer begeben haben, da die Studenten bis morgen eine Antwort zu haben wünſchten. Mit der Petition welche die hieſigen Buchhänd- ler vor ein paar Tagen Sr. Majeſtät überreichten begaben ſie ſich auch zu Jhren k. k. Hoheiten den Erzherzogen Ludwig, Johann und Franz Karl ſowie zum Fürſten Metternich und dem Grafen Colowrat. Durch die freundlichen Bemühungen des letztern erhielten ſie Zutritt bei dem Kaiſer, der ihnen, wie man ſagt, von einer andern Seite hatte in Abrede geſtellt werden wollen. *† Wien, 11 März. Sehr lebhaft iſt hier der Courierwechſel mit Berlin. Die neue Lage Deutſchlands und Europa’s ſoll der Ge- genſtand der diplomatiſchen Erörterungen ſeyn. Der hier anweſende Hr. v. Radowitz conferirt faſt täglich mit dem Grafen v. Münch- Bellinghauſen (der erſt in einigen Tagen nach Dresden abgehen ſoll) und dem General Heß. Auf Verlangen der württembergiſchen Re- gierung (ſo wird erzählt, ohne daß ich näheres anzugeben weiß) ſoll von hier aus an den General Lichnowski der einige Trup- penabtheilungen an der Schweizergränze commandirt, der Befehl er- gangen ſeyn ſich nach Ulm in Marſch zu ſetzen zur Beſetzung der Bundesfeſtung, zu welcher Oeſterreich vertragsmäßig ein Drittheil zu ſtellen hat. Ein zweites Drittheil iſt von Bayern zu ſtellen, an wel- ches von württembergiſcher Seite ein gleiches Anſuchen gerichtet wor- den ſeyn ſoll. Die Beſetzung der neuen Feſtung mit Geſchütz dürfte von Oeſterreich aus geſchehen. — Der neuernannte niederöſterreichiſche Landmarſchall Graf v. Montecucculi wird nach Eröffnung der hieſigen Ständeſitzung nach Jtalien abgehen. — Es haben wieder einige Re- gimenter Befehl erhalten ſich marſchfertig zu halten; wahrſcheinlich an die italieniſche Gränze. ⸪ Prag, 12 März. Die große Aufregung zu beſchreiben welche die neueſten Vorgänge in Europa unter allen Claſſen der Bevölke- rung hervorgerufen hatten, iſt wohl überflüſſig. Jn vielen Caffee- häuſern und Gaſthäufern werden täglich die Zeitungen vor einem zahlreichen Zuhörerkreiſe vorgeleſen. Doch iſt die Stimmung friedlich unter der gebildeten Claſſe, man denkt noch an keinen gewaltſamen Umſturz, man hofft auf Zugeſtändniſſe von oben. Die Regierung ſoll auch geneigt ſeyn auf die billigen Wünſche der Bürger zu hören. So beſonnen die Haltung unter den Bürgern, ebenſo groß iſt die Gährung der arbeitenden Claſſe. Die von Frankreich herübertönende Kunde von Organiſtrung der Arbeit hat die Köpfe erhitzt, und die meiſten unter ihnen ſind wohl geneigt zu glauben daß durch einen Gewaltſtreich allen Uebelſtänden abgeholfen werden könne. Die Arbeiter in den Fabriken ſind noch nicht geneſen von ihrem Haſſe gegen die Maſchinen, und hie und da tauchen Pläne auf dieſelben zu zerſtören. Daß dadurch ihre Lage nicht verbeſſert würde, bedenken ſie nicht. Mangel faſt an jeglicher Bildung iſt unter dieſer Claſſe wohl der größte Uebel- ſtand, und die Urſache iſt leider zu ſuchen in unſerm ſchlecht organi- ſirten Unterrichtsweſen. Seit einigen Tagen ging in der Stadt das Gerücht herum es ſolle am Samstag 11 März Abends 6 Uhr im Men- gelsbad eine Bürgerverſammlung abgehalten werden, in welcher man ſich über eine an die Regierung zu richtende Adreſſe berathen wolle. Anonyme Einladungen dazu waren in mehreren Häuſern erſchienen, batten aber unter den Bürgern wenig Theilnahme gefunden, ja waren

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 75, 15. März 1848, S. 1190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine75_1848/6>, abgerufen am 21.11.2024.