Allgemeine Zeitung, Nr. 78, 18. März 1848.[Spaltenumbruch]
deutschen Zoll- und Schifffahrtswesens durch Bundestag und (Beschluß folgt.) Hamburg. ** Hamburg, 11 März. Die politischen Ereignisse welche die *) Jn einem Aussatz in diesen Blättern vom August 1842: "über die brittische Speculation auf Erhaltung der Hansestädte als Freihäfen im *) Zollverein und über eine nationale deutsche Handelspolitil" habe ich
einst versucht auch die Frage von den Schwierigkeiten welche dem Bei- tritt Oesterreichs zum Zollverein entgegenstehen könnten und von den Mitteln zu ihrer Wegräumung zu erörtern. Die Hauptschwierigkeit dürfte sich lösen wenn der deutsche Bund das österreichische Tabaks- monopol bei sich einführen und wenn dasselbe, wie die Zölle, für ge- meinschaftliche Rechnung verwaltet würde, wodurch ganz Deutschland ein sehr großes Gefäll von einem Lurusgegenstande und semit ein Mittel für die Bestreitung nationaler Einrichtungen oder für die Auf- hebung drückender Steuern auf unentbehrliche Lebensbedürfnisse erlangen würde. Ich habe dort erwähnt daß in Frankreich bei viel geringerm Tabaksverbrauch die Tabaksregie schon im Jahr 1839 dem Staat ein reines Einkommen von 64 Millionen Franken gewährte; daß dieses Ein- kommen daselbst jährlich um Millionen wächst; daß nach dem Verhält- niß des franzöfischen Tabaksverbrauchs zu dem des Zollvereins (in seiner gegenwärtigen Ausdehnung) dem letztern eine Tabaksregie bei gleichen Verkauspreisen einen reinen Ertrag von 99 bis 120 Millienen Franken gewähren würde. Die durch den Zollanschluß Oesterreichs ge- botene Einführung des Tabaksmonopols -- da Oesterreich dieser Ein- nahme nicht entbehren kann -- wäre also nicht nur kein Unglück, son- dern ein wesentlicher Fortschritt Deutschlands, da es eine gesunde und menschenfreundliche Finanzpolitik ist die Abgaben soweit möglich auf Lurusartikel zu legen, Wäre es für Preußen nicht besser den Tabak mit einer hohen Steuer zu belegen (was bei diesem Artikel seiner be- sondern Natur wegen nur im Wege der Regie geschehen kann) als durch Mahl- und Schlachtsteuern die ersten Lebensbedürfnisse zu belasten? Der Eins. [Spaltenumbruch]
deutſchen Zoll- und Schifffahrtsweſens durch Bundestag und (Beſchluß folgt.) Hamburg. ** Hamburg, 11 März. Die politiſchen Ereigniſſe welche die *) Jn einem Auſſatz in dieſen Blättern vom Auguſt 1842: „über die brittiſche Speculation auf Erhaltung der Hanſeſtädte als Freihäfen im *) Zollverein und über eine nationale deutſche Handelspolitil“ habe ich
einſt verſucht auch die Frage von den Schwierigkeiten welche dem Bei- tritt Oeſterreichs zum Zollverein entgegenſtehen könnten und von den Mitteln zu ihrer Wegräumung zu erörtern. Die Hauptſchwierigkeit dürfte ſich löſen wenn der deutſche Bund das öſterreichiſche Tabaks- monopol bei ſich einführen und wenn dasſelbe, wie die Zölle, für ge- meinſchaftliche Rechnung verwaltet würde, wodurch ganz Deutſchland ein ſehr großes Gefäll von einem Lurusgegenſtande und ſemit ein Mittel für die Beſtreitung nationaler Einrichtungen oder für die Auf- hebung drückender Steuern auf unentbehrliche Lebensbedürfniſſe erlangen würde. Ich habe dort erwähnt daß in Frankreich bei viel geringerm Tabaksverbrauch die Tabaksregie ſchon im Jahr 1839 dem Staat ein reines Einkommen von 64 Millionen Franken gewährte; daß dieſes Ein- kommen daſelbſt jährlich um Millionen wächſt; daß nach dem Verhält- niß des franzöfiſchen Tabaksverbrauchs zu dem des Zollvereins (in ſeiner gegenwärtigen Ausdehnung) dem letztern eine Tabaksregie bei gleichen Verkauspreiſen einen reinen Ertrag von 99 bis 120 Millienen Franken gewähren würde. Die durch den Zollanſchluß Oeſterreichs ge- botene Einführung des Tabaksmonopols — da Oeſterreich dieſer Ein- nahme nicht entbehren kann — wäre alſo nicht nur kein Unglück, ſon- dern ein weſentlicher Fortſchritt Deutſchlands, da es eine geſunde und menſchenfreundliche Finanzpolitik iſt die Abgaben ſoweit möglich auf Lurusartikel zu legen, Wäre es für Preußen nicht beſſer den Tabak mit einer hohen Steuer zu belegen (was bei dieſem Artikel ſeiner be- ſondern Natur wegen nur im Wege der Regie geſchehen kann) als durch Mahl- und Schlachtſteuern die erſten Lebensbedürfniſſe zu belaſten? Der Einſ. <TEI> <text> <body> <div type="jSupplement" n="1"> <floatingText> <body> <div type="jPoliticalNews" n="2"> <div type="jComment" n="3"> <p><pb facs="#f0010" n="1242"/><cb/> deutſchen <hi rendition="#g">Zoll- und Schifffahrtsweſens</hi> durch Bundestag und<lb/> Parlament. Der Zollverein hat niemand befriedigt, die preußiſche<lb/> Bureaukratie zu ſeiner Leitung ſich als ungeeignet erwieſen. 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B. ob es gerathner ſey daß der Bund nur<lb/> die Geſetzgebung in Zoll- und Schifffahrtsangelegenheiten ausübe, die<lb/> Verwaltung aber, wie ſeither der Zollverein, den einzelnen Staaten unter<lb/> den erforderlichen Bürgſchaften überlaſſe, oder ob der Bund, wie in Nord-<lb/> amerika, die Verwaltung ſelbſt in die Hand nehme. 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Nachdem am<lb/> Freitag (den 3 März) Abends eine an ſich nicht eben ſehr erheb-<lb/> liche Ruheſtörung ſtattgefunden, verhandelten an den darauf fol-<lb/> genden Tagen die hier beſtehenden verſchiedenen Vereine über De-<lb/> monſtrationen, um eine ſofortige Reviſion der Verfaſſung und<lb/> vor allem Freigebung der Preſſe herbeizuführen. In Folge der fort-<lb/> geſetzten Agitation ward die Aufregung und Ungebuld immer allge-<lb/> meiner. Als nun am Dienſtag Morgen der Bundesbeſchluß wegen<lb/> Preßfreiheit bekannt geworden, zögerte der Senat nicht länger einen<lb/> Rath- und Bürgerconvent auf Montag den 13 März anzuſetzen, und<lb/> dabei zugleich ſeinen Antrag für denſelben, nämlich „Vorſchlag zu einer<lb/> Rath- und Bürgerdeputation zur Begutachtung der Frage welche Re-<lb/> formen in unſern Staatseinrichtungen erforderlich ſind, ſowie zur Ent-<lb/> werfung eines Preßgeſetzes“ zu veröffentlichen. 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Ich habe dort erwähnt daß in Frankreich bei viel geringerm<lb/> Tabaksverbrauch die Tabaksregie ſchon im Jahr 1839 dem Staat ein<lb/> reines Einkommen von 64 Millionen Franken gewährte; daß dieſes Ein-<lb/> kommen daſelbſt jährlich um Millionen wächſt; daß nach dem Verhält-<lb/> niß des franzöfiſchen Tabaksverbrauchs zu dem des Zollvereins (in<lb/> ſeiner gegenwärtigen Ausdehnung) dem letztern eine Tabaksregie bei<lb/> gleichen Verkauspreiſen einen reinen Ertrag von 99 bis 120 Millienen<lb/> Franken gewähren würde. Die durch den Zollanſchluß Oeſterreichs ge-<lb/> botene Einführung des Tabaksmonopols — da Oeſterreich dieſer Ein-<lb/> nahme nicht entbehren kann — wäre alſo nicht nur kein Unglück, ſon-<lb/> dern ein weſentlicher Fortſchritt Deutſchlands, da es eine geſunde und<lb/> menſchenfreundliche Finanzpolitik iſt die Abgaben ſoweit möglich auf<lb/> Lurusartikel zu legen, Wäre es für Preußen nicht beſſer den Tabak<lb/> mit einer hohen Steuer zu belegen (was bei dieſem Artikel ſeiner be-<lb/> ſondern Natur wegen nur im Wege der Regie geſchehen kann) als durch<lb/> Mahl- und Schlachtſteuern die erſten Lebensbedürfniſſe zu belaſten?<lb/> Der Einſ.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [1242/0010]
deutſchen Zoll- und Schifffahrtsweſens durch Bundestag und
Parlament. Der Zollverein hat niemand befriedigt, die preußiſche
Bureaukratie zu ſeiner Leitung ſich als ungeeignet erwieſen. Dieß ruſen
ſeit Jahren unzählige Stimmen in und außer dem Zollverein, von
Bremen und Hamburg bis Trieſt, und von der badiſchen Kammer der
Abgeordneten durch alle deutſchen Ständeverſammlungen bis in die
Herrencurie in Berlin. Was dem Zollverein fehlte, war: die Ver-
tretung der Nation, die nicht repräſentirt iſt durch dieſe oder jene
Kaufleute oder Fabricanten, welche dieſe oder jene Regierung nach
ihrem Belieben zu einer Beſprechung (in der Regel überdieß hinter ver-
ſchloſſenen Thüren) berufen mochte, und in welchen man nur eine An-
zahl von Betheiligten vernehmen konnte, um deren Anſicht man ſich
überdieß ſo viel und ſo wenig kümmerte als man wollte. Wer das groß-
artige Wirken des brittiſchen Parlaments und des nordamerikaniſchen
Congreſſes für die landwirthſchaftlichen, gewerblichen, Handels- und
Schifffahrtsbelange ihrer Völker kennt; wer weiß wie unmöglich es dort
iſt daß irgendeine Vorliebe einflußreicher Perſonen für die Verbindung
mit einem fremden Lande, irgendein Verranntſeyn eines Verwaltungs-
vorſtandes in eine gemeinſchädliche Theorie vor der Allmacht des britti-
ſchen Parlaments oder des nordamerikaniſchen Congreſſes auch nur
einen Augenblick zu beſtehen vermöchte; wer die den Miniſtern jener
Nationen durch ihr Verhältniß zum Parlament eingeflößte und gebotene
würdige und ſtolze Sprache gegen das Ausland kennt für welches der
Briefwechſel der engliſchen Miniſter mit den preußiſchen Geſandten ſo
ſchlagende Beweiſe liefert — der mußte ſich bis jetzt durch die hülfloſe,
dem Auslande gegenüber ſo demüthigende, das deutſche National-
intereſſe ſo tief verletzende Stellung des Zollvereins zum Auslande bis
ins Innerſte gebeugt fühlen. Dieß wird anders werden, wenn ein deut-
ſches Parlament die Intereſſen der Nation in die Hand nimmt. Aber
mehr als dieſes. Ein deutſches Parlament beſchließt nothwendig mit
Stimmenmehrheit; der Bundestag bedarf der gleichen Einrichtung,
wenn Deutſchland nicht dem Eigenwillen jedes einzelnen Bundesmitglie-
des, der Bewirkung eines ſolchen Widerſtandes durch jedweden auslän-
diſchen Einfluß preisgegeben ſeyn, wenn Deuſchland nicht das Schau-
ſpiel des liberum veto eines polniſchen Reichstages darbieten ſoll.
Sobald aber Bundestag und Parlament verfaſſungsmäßig mit Stim-
menmehrheit über die Zoll- und Schifffahrtsgeſetzgebung für Deutſchland
beſchließen, ſo fallen alle brittiſchen, alle däniſchen, holländiſchen ꝛc.
Einflüſſe, alle Widerſtände Hannovers, Mecklenburgs, der Hanſeſtädte
und der Herren in Kopenhagen von ſelbſt zu Boden. Der deutſche Bund
iſt als Zollverein an der See, und was ebenſo wichtig iſt, er iſt in der
Lage eine Bundesflotte zu ſchaffen, den deutſchen Namen und den deut-
ſchen Handel unter der Nationalflagge mit Ehren die Reiſe um die Welt
machen zu laſſen. Man ſage nicht von den nichtdeutſchen Ländern Oeſter-
reichs. Sind Poſen und Preußen nicht auch im Zollverein? Und müß-
ten nicht alle Länder Oeſterreichs ſich Glück wünſchen mit ganz Deutſch-
land einen ſolchen zu bilden? Würde nicht Oeſterreich einen ungeheuren
Schritt zur feſten Verbindung und Verkittung ſeiner Monarchie machen,
würde nicht Preußen das Gleiche thun, wenn ſie ihre nichtdeutſchen
Länder in den deutſchen Bund einwärfen? Nur ein einiges Deutſch-
land von jetzt etlich und 40 Millionen und mit Einſchluß der
ſeither nicht im Bunde befindlichen Länder Preußens von 4 Millionen,
der gleichen Länder Oeſterreichs von 10 und, im Fall Ungarn, Sieben-
bürgen und die Militärgränze dazu kämen, von weiteren 14 Millionen,
ein Verband von 70 Mill. Menſchen — nur ein ſolcher Rieſenbund von
etlich und 40—70 Mill. Einwohner, nur die Theilnahme an dem mäch-
tigen deutſchen Parlamente und an den Wohlthaten der ſtaatsbürger-
lichen Freiheit Deutſchlands dürften die widerſtrebenden Nationalitäten
Oeſterreichs mit der deutſchen Herrſchaft zu verſöhnen vermögen. Was
macht die Elſäßer, die Flamänder im Norden Frankreichs, die
Bretonen, die Basken u. ſ. w. zu Franzoſen? Die Zeiten find ernſt
genug daß dieſe Rückſicht verdienen dürfte von entſcheidendem Ge-
wicht zu ſeyn. Bei der eigentlichen öſterreichiſchen Monarchie hätte
der Anſchluß keine unüberwindlichen Schwierigkeiten, da ſie bereits
nur einen Zollverband hat. Nur bei Ungarn, welches von letzterem noch
getrennt iſt und wo die bekannte nationale verfaſſungsmäßige und finan-
zielle Abſonderung beſteht, würden vielleicht noch ſolche Schwierigkeiten zu
überwinden ſeyn welche ſich zur Zeit nicht wegräumen ließen. *) Jch über-
gehe übrigens bei dieſem Gegenſtand von erſter nationaler Wichtigkeit für
heute alle ſecundären Fragen, z. B. ob es gerathner ſey daß der Bund nur
die Geſetzgebung in Zoll- und Schifffahrtsangelegenheiten ausübe, die
Verwaltung aber, wie ſeither der Zollverein, den einzelnen Staaten unter
den erforderlichen Bürgſchaften überlaſſe, oder ob der Bund, wie in Nord-
amerika, die Verwaltung ſelbſt in die Hand nehme. Das weſentliche iſt
daß die Geſetzgebung in Zoll- und Schifffahrtsſachen in den Händen
des Bundes und ſomit des deutſchen Parlaments ſey, damit der National-
wille und nicht Rückſichten auf fremde Mächte oder verkehrte Theorien
einzelner Kanzleimänner über den Schutz der deutſchen Lebensintereſſen
gegenüber vom Ausland entſcheiden.
(Beſchluß folgt.)
Hamburg.
** Hamburg, 11 März.
Die politiſchen Ereigniſſe welche die
Reform der hiefigen Verfaſſung vorbereiten und beſchleunigen, ſind
ſich in der letzten Zeit Schlag auf Schlag gefolgt. Nachdem am
Freitag (den 3 März) Abends eine an ſich nicht eben ſehr erheb-
liche Ruheſtörung ſtattgefunden, verhandelten an den darauf fol-
genden Tagen die hier beſtehenden verſchiedenen Vereine über De-
monſtrationen, um eine ſofortige Reviſion der Verfaſſung und
vor allem Freigebung der Preſſe herbeizuführen. In Folge der fort-
geſetzten Agitation ward die Aufregung und Ungebuld immer allge-
meiner. Als nun am Dienſtag Morgen der Bundesbeſchluß wegen
Preßfreiheit bekannt geworden, zögerte der Senat nicht länger einen
Rath- und Bürgerconvent auf Montag den 13 März anzuſetzen, und
dabei zugleich ſeinen Antrag für denſelben, nämlich „Vorſchlag zu einer
Rath- und Bürgerdeputation zur Begutachtung der Frage welche Re-
formen in unſern Staatseinrichtungen erforderlich ſind, ſowie zur Ent-
werfung eines Preßgeſetzes“ zu veröffentlichen. Die Rath- und Bür-
gerdeputation ſoll aus 5 Mitgliedern des Senats und 15 aus und von
der Bürgerſchaft nach der Kirchſpielseintheilung gewählten Bürgern,
im ganzen alſo aus 20 Perſonen beſtehen. Als Aufgabe derſelben ward
bezeichnet: den Entwurf des Preßgeſetzes binnen 4 Wochen, das Er-
gebniß ihrer übrigen Berathungen innerhalb 6 Monaten zu übergeben
und durch den Druck bekannt zu machen, worauf der Senat die weitern
verfaſſungsmäßigen Berathungen unverzüglich einleiten werde. So
höchſt willkommen dieſer Antrag vor einigen Wochen noch allſeitig auf-
genommen worden wäre, ſo erſchien er unter den obwaltenden Umſtän-
den und nach den vorangegangenen Maßregeln anderer deutſchen Staaten
vielen ungenügend, ſowohl darin daß die Freigebung der Preſſe auf 6
Wochen verſchoben werde, als auch in Rückſicht des Wahlmodus für
die Deputation und wegen Fehlens aller leitender Gefichtspunkte, von
denen aus das Verfaſſungswerk begonnen werden ſolle. Die Kunde
von den Bremer Ereigniſſen am 8 März ſcheint die nächſte Veranlaſſung
geweſen zu ſeyn daß der Senatsantrag alsbald geändert wurde. Der
Senat hielt am 9ten eine außerordentliche Abendfitzung, deren Reſultat
*)
*) Jn einem Auſſatz in dieſen Blättern vom Auguſt 1842: „über die
brittiſche Speculation auf Erhaltung der Hanſeſtädte als Freihäfen im
*) Zollverein und über eine nationale deutſche Handelspolitil“ habe ich
einſt verſucht auch die Frage von den Schwierigkeiten welche dem Bei-
tritt Oeſterreichs zum Zollverein entgegenſtehen könnten und von den
Mitteln zu ihrer Wegräumung zu erörtern. Die Hauptſchwierigkeit
dürfte ſich löſen wenn der deutſche Bund das öſterreichiſche Tabaks-
monopol bei ſich einführen und wenn dasſelbe, wie die Zölle, für ge-
meinſchaftliche Rechnung verwaltet würde, wodurch ganz Deutſchland
ein ſehr großes Gefäll von einem Lurusgegenſtande und ſemit ein
Mittel für die Beſtreitung nationaler Einrichtungen oder für die Auf-
hebung drückender Steuern auf unentbehrliche Lebensbedürfniſſe erlangen
würde. Ich habe dort erwähnt daß in Frankreich bei viel geringerm
Tabaksverbrauch die Tabaksregie ſchon im Jahr 1839 dem Staat ein
reines Einkommen von 64 Millionen Franken gewährte; daß dieſes Ein-
kommen daſelbſt jährlich um Millionen wächſt; daß nach dem Verhält-
niß des franzöfiſchen Tabaksverbrauchs zu dem des Zollvereins (in
ſeiner gegenwärtigen Ausdehnung) dem letztern eine Tabaksregie bei
gleichen Verkauspreiſen einen reinen Ertrag von 99 bis 120 Millienen
Franken gewähren würde. Die durch den Zollanſchluß Oeſterreichs ge-
botene Einführung des Tabaksmonopols — da Oeſterreich dieſer Ein-
nahme nicht entbehren kann — wäre alſo nicht nur kein Unglück, ſon-
dern ein weſentlicher Fortſchritt Deutſchlands, da es eine geſunde und
menſchenfreundliche Finanzpolitik iſt die Abgaben ſoweit möglich auf
Lurusartikel zu legen, Wäre es für Preußen nicht beſſer den Tabak
mit einer hohen Steuer zu belegen (was bei dieſem Artikel ſeiner be-
ſondern Natur wegen nur im Wege der Regie geſchehen kann) als durch
Mahl- und Schlachtſteuern die erſten Lebensbedürfniſſe zu belaſten?
Der Einſ.
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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