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Allgemeine Zeitung, Nr. 78, 18. März 1848.

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[Spaltenumbruch] deutschen Zoll- und Schifffahrtswesens durch Bundestag und
Parlament. Der Zollverein hat niemand befriedigt, die preußische
Bureaukratie zu seiner Leitung sich als ungeeignet erwiesen. Dieß rusen
seit Jahren unzählige Stimmen in und außer dem Zollverein, von
Bremen und Hamburg bis Triest, und von der badischen Kammer der
Abgeordneten durch alle deutschen Ständeversammlungen bis in die
Herrencurie in Berlin. Was dem Zollverein fehlte, war: die Ver-
tretung der Nation
, die nicht repräsentirt ist durch diese oder jene
Kaufleute oder Fabricanten, welche diese oder jene Regierung nach
ihrem Belieben zu einer Besprechung (in der Regel überdieß hinter ver-
schlossenen Thüren) berufen mochte, und in welchen man nur eine An-
zahl von Betheiligten vernehmen konnte, um deren Ansicht man sich
überdieß so viel und so wenig kümmerte als man wollte. Wer das groß-
artige Wirken des brittischen Parlaments und des nordamerikanischen
Congresses für die landwirthschaftlichen, gewerblichen, Handels- und
Schifffahrtsbelange ihrer Völker kennt; wer weiß wie unmöglich es dort
ist daß irgendeine Vorliebe einflußreicher Personen für die Verbindung
mit einem fremden Lande, irgendein Verranntseyn eines Verwaltungs-
vorstandes in eine gemeinschädliche Theorie vor der Allmacht des britti-
schen Parlaments oder des nordamerikanischen Congresses auch nur
einen Augenblick zu bestehen vermöchte; wer die den Ministern jener
Nationen durch ihr Verhältniß zum Parlament eingeflößte und gebotene
würdige und stolze Sprache gegen das Ausland kennt für welches der
Briefwechsel der englischen Minister mit den preußischen Gesandten so
schlagende Beweise liefert -- der mußte sich bis jetzt durch die hülflose,
dem Auslande gegenüber so demüthigende, das deutsche National-
interesse so tief verletzende Stellung des Zollvereins zum Auslande bis
ins Innerste gebeugt fühlen. Dieß wird anders werden, wenn ein deut-
sches Parlament die Interessen der Nation in die Hand nimmt. Aber
mehr als dieses. Ein deutsches Parlament beschließt nothwendig mit
Stimmenmehrheit; der Bundestag bedarf der gleichen Einrichtung,
wenn Deutschland nicht dem Eigenwillen jedes einzelnen Bundesmitglie-
des, der Bewirkung eines solchen Widerstandes durch jedweden auslän-
dischen Einfluß preisgegeben seyn, wenn Deuschland nicht das Schau-
spiel des liberum veto eines polnischen Reichstages darbieten soll.
Sobald aber Bundestag und Parlament verfassungsmäßig mit Stim-
menmehrheit über die Zoll- und Schifffahrtsgesetzgebung für Deutschland
beschließen, so fallen alle brittischen, alle dänischen, holländischen etc.
Einflüsse, alle Widerstände Hannovers, Mecklenburgs, der Hansestädte
und der Herren in Kopenhagen von selbst zu Boden. Der deutsche Bund
ist als Zollverein an der See, und was ebenso wichtig ist, er ist in der
Lage eine Bundesflotte zu schaffen, den deutschen Namen und den deut-
schen Handel unter der Nationalflagge mit Ehren die Reise um die Welt
machen zu lassen. Man sage nicht von den nichtdeutschen Ländern Oester-
reichs. Sind Posen und Preußen nicht auch im Zollverein? Und müß-
ten nicht alle Länder Oesterreichs sich Glück wünschen mit ganz Deutsch-
land einen solchen zu bilden? Würde nicht Oesterreich einen ungeheuren
Schritt zur festen Verbindung und Verkittung seiner Monarchie machen,
würde nicht Preußen das Gleiche thun, wenn sie ihre nichtdeutschen
Länder in den deutschen Bund einwärfen? Nur ein einiges Deutsch-
land von jetzt etlich und 40 Millionen und mit Einschluß der
seither nicht im Bunde befindlichen Länder Preußens von 4 Millionen,
der gleichen Länder Oesterreichs von 10 und, im Fall Ungarn, Sieben-
bürgen und die Militärgränze dazu kämen, von weiteren 14 Millionen,
ein Verband von 70 Mill. Menschen -- nur ein solcher Riesenbund von
etlich und 40--70 Mill. Einwohner, nur die Theilnahme an dem mäch-
tigen deutschen Parlamente und an den Wohlthaten der staatsbürger-
lichen Freiheit Deutschlands dürften die widerstrebenden Nationalitäten
Oesterreichs mit der deutschen Herrschaft zu versöhnen vermögen. Was
macht die Elsäßer, die Flamänder im Norden Frankreichs, die
Bretonen, die Basken u. s. w. zu Franzosen? Die Zeiten find ernst
genug daß diese Rücksicht verdienen dürfte von entscheidendem Ge-
wicht zu seyn. Bei der eigentlichen österreichischen Monarchie hätte
der Anschluß keine unüberwindlichen Schwierigkeiten, da sie bereits
nur einen Zollverband hat. Nur bei Ungarn, welches von letzterem noch
getrennt ist und wo die bekannte nationale verfassungsmäßige und finan-
zielle Absonderung besteht, würden vielleicht noch solche Schwierigkeiten zu
überwinden seyn welche sich zur Zeit nicht wegräumen ließen.*) Jch über-
[Spaltenumbruch] gehe übrigens bei diesem Gegenstand von erster nationaler Wichtigkeit für
heute alle secundären Fragen, z. B. ob es gerathner sey daß der Bund nur
die Gesetzgebung in Zoll- und Schifffahrtsangelegenheiten ausübe, die
Verwaltung aber, wie seither der Zollverein, den einzelnen Staaten unter
den erforderlichen Bürgschaften überlasse, oder ob der Bund, wie in Nord-
amerika, die Verwaltung selbst in die Hand nehme. Das wesentliche ist
daß die Gesetzgebung in Zoll- und Schifffahrtssachen in den Händen
des Bundes und somit des deutschen Parlaments sey, damit der National-
wille und nicht Rücksichten auf fremde Mächte oder verkehrte Theorien
einzelner Kanzleimänner über den Schutz der deutschen Lebensinteressen
gegenüber vom Ausland entscheiden.

(Beschluß folgt.)



Hamburg.

Die politischen Ereignisse welche die
Reform der hiefigen Verfassung vorbereiten und beschleunigen, sind
sich in der letzten Zeit Schlag auf Schlag gefolgt. Nachdem am
Freitag (den 3 März) Abends eine an sich nicht eben sehr erheb-
liche Ruhestörung stattgefunden, verhandelten an den darauf fol-
genden Tagen die hier bestehenden verschiedenen Vereine über De-
monstrationen, um eine sofortige Revision der Verfassung und
vor allem Freigebung der Presse herbeizuführen. In Folge der fort-
gesetzten Agitation ward die Aufregung und Ungebuld immer allge-
meiner. Als nun am Dienstag Morgen der Bundesbeschluß wegen
Preßfreiheit bekannt geworden, zögerte der Senat nicht länger einen
Rath- und Bürgerconvent auf Montag den 13 März anzusetzen, und
dabei zugleich seinen Antrag für denselben, nämlich "Vorschlag zu einer
Rath- und Bürgerdeputation zur Begutachtung der Frage welche Re-
formen in unsern Staatseinrichtungen erforderlich sind, sowie zur Ent-
werfung eines Preßgesetzes" zu veröffentlichen. Die Rath- und Bür-
gerdeputation soll aus 5 Mitgliedern des Senats und 15 aus und von
der Bürgerschaft nach der Kirchspielseintheilung gewählten Bürgern,
im ganzen also aus 20 Personen bestehen. Als Aufgabe derselben ward
bezeichnet: den Entwurf des Preßgesetzes binnen 4 Wochen, das Er-
gebniß ihrer übrigen Berathungen innerhalb 6 Monaten zu übergeben
und durch den Druck bekannt zu machen, worauf der Senat die weitern
verfassungsmäßigen Berathungen unverzüglich einleiten werde. So
höchst willkommen dieser Antrag vor einigen Wochen noch allseitig auf-
genommen worden wäre, so erschien er unter den obwaltenden Umstän-
den und nach den vorangegangenen Maßregeln anderer deutschen Staaten
vielen ungenügend, sowohl darin daß die Freigebung der Presse auf 6
Wochen verschoben werde, als auch in Rücksicht des Wahlmodus für
die Deputation und wegen Fehlens aller leitender Gefichtspunkte, von
denen aus das Verfassungswerk begonnen werden solle. Die Kunde
von den Bremer Ereignissen am 8 März scheint die nächste Veranlassung
gewesen zu seyn daß der Senatsantrag alsbald geändert wurde. Der
Senat hielt am 9ten eine außerordentliche Abendfitzung, deren Resultat
*)

*) Jn einem Aussatz in diesen Blättern vom August 1842: "über die
brittische Speculation auf Erhaltung der Hansestädte als Freihäfen im
*) Zollverein und über eine nationale deutsche Handelspolitil" habe ich
einst versucht auch die Frage von den Schwierigkeiten welche dem Bei-
tritt Oesterreichs zum Zollverein entgegenstehen könnten und von den
Mitteln zu ihrer Wegräumung zu erörtern. Die Hauptschwierigkeit
dürfte sich lösen wenn der deutsche Bund das österreichische Tabaks-
monopol bei sich einführen und wenn dasselbe, wie die Zölle, für ge-
meinschaftliche Rechnung verwaltet würde, wodurch ganz Deutschland
ein sehr großes Gefäll von einem Lurusgegenstande und semit ein
Mittel für die Bestreitung nationaler Einrichtungen oder für die Auf-
hebung drückender Steuern auf unentbehrliche Lebensbedürfnisse erlangen
würde. Ich habe dort erwähnt daß in Frankreich bei viel geringerm
Tabaksverbrauch die Tabaksregie schon im Jahr 1839 dem Staat ein
reines Einkommen von 64 Millionen Franken gewährte; daß dieses Ein-
kommen daselbst jährlich um Millionen wächst; daß nach dem Verhält-
niß des franzöfischen Tabaksverbrauchs zu dem des Zollvereins (in
seiner gegenwärtigen Ausdehnung) dem letztern eine Tabaksregie bei
gleichen Verkauspreisen einen reinen Ertrag von 99 bis 120 Millienen
Franken gewähren würde. Die durch den Zollanschluß Oesterreichs ge-
botene Einführung des Tabaksmonopols -- da Oesterreich dieser Ein-
nahme nicht entbehren kann -- wäre also nicht nur kein Unglück, son-
dern ein wesentlicher Fortschritt Deutschlands, da es eine gesunde und
menschenfreundliche Finanzpolitik ist die Abgaben soweit möglich auf
Lurusartikel zu legen, Wäre es für Preußen nicht besser den Tabak
mit einer hohen Steuer zu belegen (was bei diesem Artikel seiner be-
sondern Natur wegen nur im Wege der Regie geschehen kann) als durch
Mahl- und Schlachtsteuern die ersten Lebensbedürfnisse zu belasten?
Der Eins.

[Spaltenumbruch] deutſchen Zoll- und Schifffahrtsweſens durch Bundestag und
Parlament. Der Zollverein hat niemand befriedigt, die preußiſche
Bureaukratie zu ſeiner Leitung ſich als ungeeignet erwieſen. Dieß ruſen
ſeit Jahren unzählige Stimmen in und außer dem Zollverein, von
Bremen und Hamburg bis Trieſt, und von der badiſchen Kammer der
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Herrencurie in Berlin. Was dem Zollverein fehlte, war: die Ver-
tretung der Nation
, die nicht repräſentirt iſt durch dieſe oder jene
Kaufleute oder Fabricanten, welche dieſe oder jene Regierung nach
ihrem Belieben zu einer Beſprechung (in der Regel überdieß hinter ver-
ſchloſſenen Thüren) berufen mochte, und in welchen man nur eine An-
zahl von Betheiligten vernehmen konnte, um deren Anſicht man ſich
überdieß ſo viel und ſo wenig kümmerte als man wollte. Wer das groß-
artige Wirken des brittiſchen Parlaments und des nordamerikaniſchen
Congreſſes für die landwirthſchaftlichen, gewerblichen, Handels- und
Schifffahrtsbelange ihrer Völker kennt; wer weiß wie unmöglich es dort
iſt daß irgendeine Vorliebe einflußreicher Perſonen für die Verbindung
mit einem fremden Lande, irgendein Verranntſeyn eines Verwaltungs-
vorſtandes in eine gemeinſchädliche Theorie vor der Allmacht des britti-
ſchen Parlaments oder des nordamerikaniſchen Congreſſes auch nur
einen Augenblick zu beſtehen vermöchte; wer die den Miniſtern jener
Nationen durch ihr Verhältniß zum Parlament eingeflößte und gebotene
würdige und ſtolze Sprache gegen das Ausland kennt für welches der
Briefwechſel der engliſchen Miniſter mit den preußiſchen Geſandten ſo
ſchlagende Beweiſe liefert — der mußte ſich bis jetzt durch die hülfloſe,
dem Auslande gegenüber ſo demüthigende, das deutſche National-
intereſſe ſo tief verletzende Stellung des Zollvereins zum Auslande bis
ins Innerſte gebeugt fühlen. Dieß wird anders werden, wenn ein deut-
ſches Parlament die Intereſſen der Nation in die Hand nimmt. Aber
mehr als dieſes. Ein deutſches Parlament beſchließt nothwendig mit
Stimmenmehrheit; der Bundestag bedarf der gleichen Einrichtung,
wenn Deutſchland nicht dem Eigenwillen jedes einzelnen Bundesmitglie-
des, der Bewirkung eines ſolchen Widerſtandes durch jedweden auslän-
diſchen Einfluß preisgegeben ſeyn, wenn Deuſchland nicht das Schau-
ſpiel des liberum veto eines polniſchen Reichstages darbieten ſoll.
Sobald aber Bundestag und Parlament verfaſſungsmäßig mit Stim-
menmehrheit über die Zoll- und Schifffahrtsgeſetzgebung für Deutſchland
beſchließen, ſo fallen alle brittiſchen, alle däniſchen, holländiſchen ꝛc.
Einflüſſe, alle Widerſtände Hannovers, Mecklenburgs, der Hanſeſtädte
und der Herren in Kopenhagen von ſelbſt zu Boden. Der deutſche Bund
iſt als Zollverein an der See, und was ebenſo wichtig iſt, er iſt in der
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ſchen Handel unter der Nationalflagge mit Ehren die Reiſe um die Welt
machen zu laſſen. Man ſage nicht von den nichtdeutſchen Ländern Oeſter-
reichs. Sind Poſen und Preußen nicht auch im Zollverein? Und müß-
ten nicht alle Länder Oeſterreichs ſich Glück wünſchen mit ganz Deutſch-
land einen ſolchen zu bilden? Würde nicht Oeſterreich einen ungeheuren
Schritt zur feſten Verbindung und Verkittung ſeiner Monarchie machen,
würde nicht Preußen das Gleiche thun, wenn ſie ihre nichtdeutſchen
Länder in den deutſchen Bund einwärfen? Nur ein einiges Deutſch-
land von jetzt etlich und 40 Millionen und mit Einſchluß der
ſeither nicht im Bunde befindlichen Länder Preußens von 4 Millionen,
der gleichen Länder Oeſterreichs von 10 und, im Fall Ungarn, Sieben-
bürgen und die Militärgränze dazu kämen, von weiteren 14 Millionen,
ein Verband von 70 Mill. Menſchen — nur ein ſolcher Rieſenbund von
etlich und 40—70 Mill. Einwohner, nur die Theilnahme an dem mäch-
tigen deutſchen Parlamente und an den Wohlthaten der ſtaatsbürger-
lichen Freiheit Deutſchlands dürften die widerſtrebenden Nationalitäten
Oeſterreichs mit der deutſchen Herrſchaft zu verſöhnen vermögen. Was
macht die Elſäßer, die Flamänder im Norden Frankreichs, die
Bretonen, die Basken u. ſ. w. zu Franzoſen? Die Zeiten find ernſt
genug daß dieſe Rückſicht verdienen dürfte von entſcheidendem Ge-
wicht zu ſeyn. Bei der eigentlichen öſterreichiſchen Monarchie hätte
der Anſchluß keine unüberwindlichen Schwierigkeiten, da ſie bereits
nur einen Zollverband hat. Nur bei Ungarn, welches von letzterem noch
getrennt iſt und wo die bekannte nationale verfaſſungsmäßige und finan-
zielle Abſonderung beſteht, würden vielleicht noch ſolche Schwierigkeiten zu
überwinden ſeyn welche ſich zur Zeit nicht wegräumen ließen.*) Jch über-
[Spaltenumbruch] gehe übrigens bei dieſem Gegenſtand von erſter nationaler Wichtigkeit für
heute alle ſecundären Fragen, z. B. ob es gerathner ſey daß der Bund nur
die Geſetzgebung in Zoll- und Schifffahrtsangelegenheiten ausübe, die
Verwaltung aber, wie ſeither der Zollverein, den einzelnen Staaten unter
den erforderlichen Bürgſchaften überlaſſe, oder ob der Bund, wie in Nord-
amerika, die Verwaltung ſelbſt in die Hand nehme. Das weſentliche iſt
daß die Geſetzgebung in Zoll- und Schifffahrtsſachen in den Händen
des Bundes und ſomit des deutſchen Parlaments ſey, damit der National-
wille und nicht Rückſichten auf fremde Mächte oder verkehrte Theorien
einzelner Kanzleimänner über den Schutz der deutſchen Lebensintereſſen
gegenüber vom Ausland entſcheiden.

(Beſchluß folgt.)



Hamburg.

Die politiſchen Ereigniſſe welche die
Reform der hiefigen Verfaſſung vorbereiten und beſchleunigen, ſind
ſich in der letzten Zeit Schlag auf Schlag gefolgt. Nachdem am
Freitag (den 3 März) Abends eine an ſich nicht eben ſehr erheb-
liche Ruheſtörung ſtattgefunden, verhandelten an den darauf fol-
genden Tagen die hier beſtehenden verſchiedenen Vereine über De-
monſtrationen, um eine ſofortige Reviſion der Verfaſſung und
vor allem Freigebung der Preſſe herbeizuführen. In Folge der fort-
geſetzten Agitation ward die Aufregung und Ungebuld immer allge-
meiner. Als nun am Dienſtag Morgen der Bundesbeſchluß wegen
Preßfreiheit bekannt geworden, zögerte der Senat nicht länger einen
Rath- und Bürgerconvent auf Montag den 13 März anzuſetzen, und
dabei zugleich ſeinen Antrag für denſelben, nämlich „Vorſchlag zu einer
Rath- und Bürgerdeputation zur Begutachtung der Frage welche Re-
formen in unſern Staatseinrichtungen erforderlich ſind, ſowie zur Ent-
werfung eines Preßgeſetzes“ zu veröffentlichen. Die Rath- und Bür-
gerdeputation ſoll aus 5 Mitgliedern des Senats und 15 aus und von
der Bürgerſchaft nach der Kirchſpielseintheilung gewählten Bürgern,
im ganzen alſo aus 20 Perſonen beſtehen. Als Aufgabe derſelben ward
bezeichnet: den Entwurf des Preßgeſetzes binnen 4 Wochen, das Er-
gebniß ihrer übrigen Berathungen innerhalb 6 Monaten zu übergeben
und durch den Druck bekannt zu machen, worauf der Senat die weitern
verfaſſungsmäßigen Berathungen unverzüglich einleiten werde. So
höchſt willkommen dieſer Antrag vor einigen Wochen noch allſeitig auf-
genommen worden wäre, ſo erſchien er unter den obwaltenden Umſtän-
den und nach den vorangegangenen Maßregeln anderer deutſchen Staaten
vielen ungenügend, ſowohl darin daß die Freigebung der Preſſe auf 6
Wochen verſchoben werde, als auch in Rückſicht des Wahlmodus für
die Deputation und wegen Fehlens aller leitender Gefichtspunkte, von
denen aus das Verfaſſungswerk begonnen werden ſolle. Die Kunde
von den Bremer Ereigniſſen am 8 März ſcheint die nächſte Veranlaſſung
geweſen zu ſeyn daß der Senatsantrag alsbald geändert wurde. Der
Senat hielt am 9ten eine außerordentliche Abendfitzung, deren Reſultat
*)

*) Jn einem Auſſatz in dieſen Blättern vom Auguſt 1842: „über die
brittiſche Speculation auf Erhaltung der Hanſeſtädte als Freihäfen im
*) Zollverein und über eine nationale deutſche Handelspolitil“ habe ich
einſt verſucht auch die Frage von den Schwierigkeiten welche dem Bei-
tritt Oeſterreichs zum Zollverein entgegenſtehen könnten und von den
Mitteln zu ihrer Wegräumung zu erörtern. Die Hauptſchwierigkeit
dürfte ſich löſen wenn der deutſche Bund das öſterreichiſche Tabaks-
monopol bei ſich einführen und wenn dasſelbe, wie die Zölle, für ge-
meinſchaftliche Rechnung verwaltet würde, wodurch ganz Deutſchland
ein ſehr großes Gefäll von einem Lurusgegenſtande und ſemit ein
Mittel für die Beſtreitung nationaler Einrichtungen oder für die Auf-
hebung drückender Steuern auf unentbehrliche Lebensbedürfniſſe erlangen
würde. Ich habe dort erwähnt daß in Frankreich bei viel geringerm
Tabaksverbrauch die Tabaksregie ſchon im Jahr 1839 dem Staat ein
reines Einkommen von 64 Millionen Franken gewährte; daß dieſes Ein-
kommen daſelbſt jährlich um Millionen wächſt; daß nach dem Verhält-
niß des franzöfiſchen Tabaksverbrauchs zu dem des Zollvereins (in
ſeiner gegenwärtigen Ausdehnung) dem letztern eine Tabaksregie bei
gleichen Verkauspreiſen einen reinen Ertrag von 99 bis 120 Millienen
Franken gewähren würde. Die durch den Zollanſchluß Oeſterreichs ge-
botene Einführung des Tabaksmonopols — da Oeſterreich dieſer Ein-
nahme nicht entbehren kann — wäre alſo nicht nur kein Unglück, ſon-
dern ein weſentlicher Fortſchritt Deutſchlands, da es eine geſunde und
menſchenfreundliche Finanzpolitik iſt die Abgaben ſoweit möglich auf
Lurusartikel zu legen, Wäre es für Preußen nicht beſſer den Tabak
mit einer hohen Steuer zu belegen (was bei dieſem Artikel ſeiner be-
ſondern Natur wegen nur im Wege der Regie geſchehen kann) als durch
Mahl- und Schlachtſteuern die erſten Lebensbedürfniſſe zu belaſten?
Der Einſ.
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[1242/0010] deutſchen Zoll- und Schifffahrtsweſens durch Bundestag und Parlament. Der Zollverein hat niemand befriedigt, die preußiſche Bureaukratie zu ſeiner Leitung ſich als ungeeignet erwieſen. Dieß ruſen ſeit Jahren unzählige Stimmen in und außer dem Zollverein, von Bremen und Hamburg bis Trieſt, und von der badiſchen Kammer der Abgeordneten durch alle deutſchen Ständeverſammlungen bis in die Herrencurie in Berlin. Was dem Zollverein fehlte, war: die Ver- tretung der Nation, die nicht repräſentirt iſt durch dieſe oder jene Kaufleute oder Fabricanten, welche dieſe oder jene Regierung nach ihrem Belieben zu einer Beſprechung (in der Regel überdieß hinter ver- ſchloſſenen Thüren) berufen mochte, und in welchen man nur eine An- zahl von Betheiligten vernehmen konnte, um deren Anſicht man ſich überdieß ſo viel und ſo wenig kümmerte als man wollte. Wer das groß- artige Wirken des brittiſchen Parlaments und des nordamerikaniſchen Congreſſes für die landwirthſchaftlichen, gewerblichen, Handels- und Schifffahrtsbelange ihrer Völker kennt; wer weiß wie unmöglich es dort iſt daß irgendeine Vorliebe einflußreicher Perſonen für die Verbindung mit einem fremden Lande, irgendein Verranntſeyn eines Verwaltungs- vorſtandes in eine gemeinſchädliche Theorie vor der Allmacht des britti- ſchen Parlaments oder des nordamerikaniſchen Congreſſes auch nur einen Augenblick zu beſtehen vermöchte; wer die den Miniſtern jener Nationen durch ihr Verhältniß zum Parlament eingeflößte und gebotene würdige und ſtolze Sprache gegen das Ausland kennt für welches der Briefwechſel der engliſchen Miniſter mit den preußiſchen Geſandten ſo ſchlagende Beweiſe liefert — der mußte ſich bis jetzt durch die hülfloſe, dem Auslande gegenüber ſo demüthigende, das deutſche National- intereſſe ſo tief verletzende Stellung des Zollvereins zum Auslande bis ins Innerſte gebeugt fühlen. Dieß wird anders werden, wenn ein deut- ſches Parlament die Intereſſen der Nation in die Hand nimmt. Aber mehr als dieſes. Ein deutſches Parlament beſchließt nothwendig mit Stimmenmehrheit; der Bundestag bedarf der gleichen Einrichtung, wenn Deutſchland nicht dem Eigenwillen jedes einzelnen Bundesmitglie- des, der Bewirkung eines ſolchen Widerſtandes durch jedweden auslän- diſchen Einfluß preisgegeben ſeyn, wenn Deuſchland nicht das Schau- ſpiel des liberum veto eines polniſchen Reichstages darbieten ſoll. Sobald aber Bundestag und Parlament verfaſſungsmäßig mit Stim- menmehrheit über die Zoll- und Schifffahrtsgeſetzgebung für Deutſchland beſchließen, ſo fallen alle brittiſchen, alle däniſchen, holländiſchen ꝛc. Einflüſſe, alle Widerſtände Hannovers, Mecklenburgs, der Hanſeſtädte und der Herren in Kopenhagen von ſelbſt zu Boden. Der deutſche Bund iſt als Zollverein an der See, und was ebenſo wichtig iſt, er iſt in der Lage eine Bundesflotte zu ſchaffen, den deutſchen Namen und den deut- ſchen Handel unter der Nationalflagge mit Ehren die Reiſe um die Welt machen zu laſſen. Man ſage nicht von den nichtdeutſchen Ländern Oeſter- reichs. Sind Poſen und Preußen nicht auch im Zollverein? Und müß- ten nicht alle Länder Oeſterreichs ſich Glück wünſchen mit ganz Deutſch- land einen ſolchen zu bilden? Würde nicht Oeſterreich einen ungeheuren Schritt zur feſten Verbindung und Verkittung ſeiner Monarchie machen, würde nicht Preußen das Gleiche thun, wenn ſie ihre nichtdeutſchen Länder in den deutſchen Bund einwärfen? Nur ein einiges Deutſch- land von jetzt etlich und 40 Millionen und mit Einſchluß der ſeither nicht im Bunde befindlichen Länder Preußens von 4 Millionen, der gleichen Länder Oeſterreichs von 10 und, im Fall Ungarn, Sieben- bürgen und die Militärgränze dazu kämen, von weiteren 14 Millionen, ein Verband von 70 Mill. Menſchen — nur ein ſolcher Rieſenbund von etlich und 40—70 Mill. Einwohner, nur die Theilnahme an dem mäch- tigen deutſchen Parlamente und an den Wohlthaten der ſtaatsbürger- lichen Freiheit Deutſchlands dürften die widerſtrebenden Nationalitäten Oeſterreichs mit der deutſchen Herrſchaft zu verſöhnen vermögen. Was macht die Elſäßer, die Flamänder im Norden Frankreichs, die Bretonen, die Basken u. ſ. w. zu Franzoſen? Die Zeiten find ernſt genug daß dieſe Rückſicht verdienen dürfte von entſcheidendem Ge- wicht zu ſeyn. Bei der eigentlichen öſterreichiſchen Monarchie hätte der Anſchluß keine unüberwindlichen Schwierigkeiten, da ſie bereits nur einen Zollverband hat. Nur bei Ungarn, welches von letzterem noch getrennt iſt und wo die bekannte nationale verfaſſungsmäßige und finan- zielle Abſonderung beſteht, würden vielleicht noch ſolche Schwierigkeiten zu überwinden ſeyn welche ſich zur Zeit nicht wegräumen ließen. *) Jch über- gehe übrigens bei dieſem Gegenſtand von erſter nationaler Wichtigkeit für heute alle ſecundären Fragen, z. B. ob es gerathner ſey daß der Bund nur die Geſetzgebung in Zoll- und Schifffahrtsangelegenheiten ausübe, die Verwaltung aber, wie ſeither der Zollverein, den einzelnen Staaten unter den erforderlichen Bürgſchaften überlaſſe, oder ob der Bund, wie in Nord- amerika, die Verwaltung ſelbſt in die Hand nehme. Das weſentliche iſt daß die Geſetzgebung in Zoll- und Schifffahrtsſachen in den Händen des Bundes und ſomit des deutſchen Parlaments ſey, damit der National- wille und nicht Rückſichten auf fremde Mächte oder verkehrte Theorien einzelner Kanzleimänner über den Schutz der deutſchen Lebensintereſſen gegenüber vom Ausland entſcheiden. (Beſchluß folgt.) Hamburg. ** Hamburg, 11 März. Die politiſchen Ereigniſſe welche die Reform der hiefigen Verfaſſung vorbereiten und beſchleunigen, ſind ſich in der letzten Zeit Schlag auf Schlag gefolgt. Nachdem am Freitag (den 3 März) Abends eine an ſich nicht eben ſehr erheb- liche Ruheſtörung ſtattgefunden, verhandelten an den darauf fol- genden Tagen die hier beſtehenden verſchiedenen Vereine über De- monſtrationen, um eine ſofortige Reviſion der Verfaſſung und vor allem Freigebung der Preſſe herbeizuführen. In Folge der fort- geſetzten Agitation ward die Aufregung und Ungebuld immer allge- meiner. Als nun am Dienſtag Morgen der Bundesbeſchluß wegen Preßfreiheit bekannt geworden, zögerte der Senat nicht länger einen Rath- und Bürgerconvent auf Montag den 13 März anzuſetzen, und dabei zugleich ſeinen Antrag für denſelben, nämlich „Vorſchlag zu einer Rath- und Bürgerdeputation zur Begutachtung der Frage welche Re- formen in unſern Staatseinrichtungen erforderlich ſind, ſowie zur Ent- werfung eines Preßgeſetzes“ zu veröffentlichen. Die Rath- und Bür- gerdeputation ſoll aus 5 Mitgliedern des Senats und 15 aus und von der Bürgerſchaft nach der Kirchſpielseintheilung gewählten Bürgern, im ganzen alſo aus 20 Perſonen beſtehen. Als Aufgabe derſelben ward bezeichnet: den Entwurf des Preßgeſetzes binnen 4 Wochen, das Er- gebniß ihrer übrigen Berathungen innerhalb 6 Monaten zu übergeben und durch den Druck bekannt zu machen, worauf der Senat die weitern verfaſſungsmäßigen Berathungen unverzüglich einleiten werde. So höchſt willkommen dieſer Antrag vor einigen Wochen noch allſeitig auf- genommen worden wäre, ſo erſchien er unter den obwaltenden Umſtän- den und nach den vorangegangenen Maßregeln anderer deutſchen Staaten vielen ungenügend, ſowohl darin daß die Freigebung der Preſſe auf 6 Wochen verſchoben werde, als auch in Rückſicht des Wahlmodus für die Deputation und wegen Fehlens aller leitender Gefichtspunkte, von denen aus das Verfaſſungswerk begonnen werden ſolle. Die Kunde von den Bremer Ereigniſſen am 8 März ſcheint die nächſte Veranlaſſung geweſen zu ſeyn daß der Senatsantrag alsbald geändert wurde. Der Senat hielt am 9ten eine außerordentliche Abendfitzung, deren Reſultat *) *) Jn einem Auſſatz in dieſen Blättern vom Auguſt 1842: „über die brittiſche Speculation auf Erhaltung der Hanſeſtädte als Freihäfen im *) Zollverein und über eine nationale deutſche Handelspolitil“ habe ich einſt verſucht auch die Frage von den Schwierigkeiten welche dem Bei- tritt Oeſterreichs zum Zollverein entgegenſtehen könnten und von den Mitteln zu ihrer Wegräumung zu erörtern. Die Hauptſchwierigkeit dürfte ſich löſen wenn der deutſche Bund das öſterreichiſche Tabaks- monopol bei ſich einführen und wenn dasſelbe, wie die Zölle, für ge- meinſchaftliche Rechnung verwaltet würde, wodurch ganz Deutſchland ein ſehr großes Gefäll von einem Lurusgegenſtande und ſemit ein Mittel für die Beſtreitung nationaler Einrichtungen oder für die Auf- hebung drückender Steuern auf unentbehrliche Lebensbedürfniſſe erlangen würde. Ich habe dort erwähnt daß in Frankreich bei viel geringerm Tabaksverbrauch die Tabaksregie ſchon im Jahr 1839 dem Staat ein reines Einkommen von 64 Millionen Franken gewährte; daß dieſes Ein- kommen daſelbſt jährlich um Millionen wächſt; daß nach dem Verhält- niß des franzöfiſchen Tabaksverbrauchs zu dem des Zollvereins (in ſeiner gegenwärtigen Ausdehnung) dem letztern eine Tabaksregie bei gleichen Verkauspreiſen einen reinen Ertrag von 99 bis 120 Millienen Franken gewähren würde. Die durch den Zollanſchluß Oeſterreichs ge- botene Einführung des Tabaksmonopols — da Oeſterreich dieſer Ein- nahme nicht entbehren kann — wäre alſo nicht nur kein Unglück, ſon- dern ein weſentlicher Fortſchritt Deutſchlands, da es eine geſunde und menſchenfreundliche Finanzpolitik iſt die Abgaben ſoweit möglich auf Lurusartikel zu legen, Wäre es für Preußen nicht beſſer den Tabak mit einer hohen Steuer zu belegen (was bei dieſem Artikel ſeiner be- ſondern Natur wegen nur im Wege der Regie geſchehen kann) als durch Mahl- und Schlachtſteuern die erſten Lebensbedürfniſſe zu belaſten? Der Einſ.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 78, 18. März 1848, S. 1242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine78_1848/10>, abgerufen am 21.11.2024.