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Allgemeine Zeitung, Nr. 78, 18. März 1848.

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[Spaltenumbruch] nahme des Kriegsministeriums zu gewinnen scheinen den besten Erfolg
zu haben. General Changarnier wird von Algerien zurückberufen und
seinem Wunsche gemäß das Commando einer der Gränzbesatzungen er-
halten. Man wird ihn wahrscheinlich in das Norddepartement schi-
cken. Die Bank ist seit einigen Tagen nicht mehr so zähe wie vorige
Woche. Sie discontirt stark. Den Comptoiren in den Provinzen ist
die Weisung zugekommen einen Theil ihres Baarvorrathes so schleunig
als möglich hierher zu befördern.


Vier neue Bankierhäuser
haben ihre Zahlungen eingestellt, nämlich auch die Firmen A. Lerour
und Chadeaur und Comp., Jules Bechet und Beudin und Comp. Alle
Welt drängt sich heute der Bank zu, um die 500- und 1000 Fr.-Noten
gegen baares Geld umzutauschen. Wenn dieß so fortgeht, so wird all-
gemein gefürchtet daß die Bank in wenigen Tagen kein baares Geld
mehr haben werde. Jetzt werden täglich 5 bis 6 Millionen von ihr
ausgewechselt. Dazu kommt noch die Nachricht daß in Folge der uner-
hörten Anstrengung der Mitglieder der provisorischen Regierung die
weder Tag noch Nacht Ruhe haben, mehrere von ihnen ernstlich erkrankt
sind, besonders Hr. Flocon der ehemalige Redacteur der Reforme, der
beim Ausbruch der Revolution eben erst von einer schweren Krankheit
genesen war. Sein Zustand soll jetzt wieder sehr gefährlicher Art seyn.
Auch Hr. v. Lamartine ist ernstlich unwohl.


Die Truppenbewegungen
in den nahen preußischen Rheinlanden nehmen die Aufmerksamkeit
unserer Militärbehörden außerordentlich in Anspruch. Welches auch
die Gründe seyn mögen die die Regierung Preußens in diesem Au-
genblicke zu einer solcher Truppenanhäufung auf jenem Gebiete ver-
anlassen, so ist man doch innig überzeugt daß dieselben durchaus
nicht als ein kriegerische Demonstration gegen Frankreich zu be-
trachten sind. Eine Verstärkung der Besatzung in Metz ist zwar be-
antragt, allein vorderhand noch nicht genehmigt. Das Comite wel-
ches in Paris "pour la desense de la republique" gebildet wurde,
beschäftigt sich in diesem Augenblicke mit einer durchgreifenden Aen-
derung in Bezug auf Vertheilung der Besatzungen, da diese von der
letzten Regierung als Bestechungsmittel bei Deputirtenwahlen miß-
braucht wurden. Die Wahlen für die Nationalversammlung werden
bei uns ganz im Sinne der jetzigen Regierung ausfallen. Die Can-
didaten des ehemaligen linken Centrums haben wenig Aussicht zu sie-
gen. Der Redacteur des "Courrier de la Moselle" Hr. Blanc be-
findet sich unter den Bewerbern und er wird mit Bestimmtheit ge-
wählt. Die Presse wird im allgemeinen bei dem bevorstehenden Land-
tage sehr stark vertreten seyn. Fast jedes Devartement schickt einen
Zeitungsredacteur.

Belgien.

Bis jetzt ist die öffentliche Ruhe über Er-
warten gut aufrechterhalten worden. Die Regierung hat es sogar
nicht für nöthig gehalten den Fastnachtslustbarkeiten einige Schranken
zu setzen. Am vergangenen Sonntag und Dienstag wogten große Men-
schenmassen mit Masken untermischt nach gewohnter Weise bis in die
Nacht hinein durch die Hauptstraßen der Stadt, und nirgends fiel die
geringste Störung der Ordnung vor. Auch für heute den Schlußtag
des Carnevals nach Brüsseler Sitte ist man unbesorgt. Die Bürger-
garde ist freilich Tag und Nacht thätig und vom besten Geiste beseelt,
und die Regierung läßt es nicht an Wachsamkeit fehlen, und greift
gleich zu, wo Fremde die Umstände zur Untergrabung der öffentlichen
Ruhe ausbeuten wollen. Gestern wurde das Ministerium dieserhalb,
und namentlich wegen Ausweisung eines deutschen Anzettlers in der
Repräsentantenkammer zur Rede gestellt; es sprach sich aber von neuem
freimüthig dahin aus daß es von seiner Strenge gegen Fremde die Bel-
giens Gastfreiheit mißbrauchen wollen, nicht nachlassen werde. Deutsche
Communisten, die unter diesen Umständen hier ihre Rechnung nicht finden,
ziehen sich nun nach Frankreich, und ihr Organ, die hiefige deutsche
Zeitung, ist eingegangen. Jn Paris wird am offenen Tage geworben
um eine belgische Legion zur Revolutionirung Belgiens zu Stande zu
bringen. Verhindert die dortige Regierung dieses Treiben nicht, so
glauben wir doch auch versichern zu können daß sie ihm keinen Vorschub
leistet. Hr. Lamartine hat wiederholt dem diesseitigen Gesandten, Für-
sten v. Ligne, die bestimmtesten Versicherungen der Achtung der belgi-
schen Neutralität gegeben. Die Pariser provisorische Regierung hat
aber auch dringende Ursachen hiezu, denn Lord Normanby hat ihr im
Namen seines Cabinets förmlich erklärt daß jede Verletzung der
[Spaltenumbruch] hiesigen Neutralität vom englischen Ministerium als eine Kriegserklä-
rung angesehen werden würde. So ist also Belgien einstweilen ge-
sichert durch das allgemeine europäische Recht, das Frankreich ohne Ge-
fahr für sich selbst hier nicht verletzen darf, und gefichert durch den guten
Geist seiner Bevölkerung und die Eintracht zwischen Kammern und Re-
gierung. Wir haben zwar auch unsere Republicaner, aber auch von
ihnen möchte nicht einer seines Landes Unabhängigkeit opfern um seine
politischen Anfichten siegen zu sehen; ja vielleicht ist nirgends die Ab-
neigung gegen die Franzosen entschiedener als bei einigen dieser Re-
publicaner. Die Eintracht zwischen Kammern und Regierung hat sich
besonders noch bewährt durch die Einstimmigkeit womit in beiden die
allgemeine Herabsetzung des Wahlcensus auf den geringsten, von
der Verfassung zugegebenen Satz, 20 Gulden, angenommen wor-
den. Unter andern Verhältnissen würden die Conservativen hie-
gegen protestirt haben, denn das Gleichgewicht zwischen den Städten
und den Landgemeinden, das der Nationalcongreß durch einen zwischen ei-
nem Maximum und Minimum sich bewegende Wahlcensus hatten einfüh-
ren wollen, ist nun zum Vortheile der Städte gänzlich zerstört, und in-
sofern liegt in dieser Neuerung eine politische Herabsetzung der Land-
gemeinden, eine Abweichung von den Grundsätzen der Gleichheit die
der Nationalcongreß so aufrichtig gewollt. Angesichts der großen Zeit-
ereignisse aber ist diese Frage zurückgetreten, und die Conservativen
oder Katholiken sind zu gute Patrioten als daß sie nicht zu rechter
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tung Belgiens hat, wie wir vernehmen, auch schon die Anerkennung
auswärtiger Regierungen erhalten; es sind von denselben Aeußerun-
gen der wärmsten Theilnahme und Billigung eingegangen, und Bel-
gien wird sich, fährt es so fort, den Dank von ganz Europa verdienen.

Schweiz.

Die provisorische Regierung von Neuenburg
kann sich, wie es scheint, nicht aus eigener Kraft in allen Landestheilen
Ansehen und Anerkennung verschaffen, denn sie hat bei dem Vorort um
Hülfe nachgesucht. Besonders sind es die Bezirke Valangin und la Sagne,
welche mit aller Entschiedenheit ihre Unterwerfung unter das neue Re-
giment verweigern. Der Ruf: vive le roi! ertönt in vielen Gemein-
den und wurde sogar den eidgenössischen Repräsentanten bei ihren
Besuchen im Lande umher besonders von Frauen entgegengerufen. Eid-
genössische Fahnen werden an einzelnen Orten mit Pistolen durchschos-
sen; Beschimpfung und Entfernung derselben kann anderwärts nur
durch aufgestellte Wachen verhindert werden. Besonders die Geist-
lichen scheinen der neuen Ordnung Schwierigkeiten zu bereiten. Auf
Befehl der Regierung müssen sie in dem Kirchengebet die Fürbitte
für den König auslassen; viele halten nun an der betreffenden Stelle
ein, und fahren erst nach einer Pause weiter fort, wodurch die ge-
reizte Stimmung in den Gemeinden erhalten wird. Die Regierung selbst
zählt nur sehr wenige Glieder welche mit der Administration vertraut
find; viele Beamten im Lande wollen erst ihres Eides vom König ent-
bunden seyn ehe sie in ihren Amtsgeschäften unter der neuen Ordnung
fortfahren. Auch im Volk erregt der dem König von Preußen geleistete
Eid vielfache Bedenken, und trotz der Vorstellungen der eidgenössischen
Repräsentanten, daß der ausgesprochene Volkswille, der die Regierungs-
änderung hervorgerufen, Volk und Beamten ihres Eides entbunden
habe, wollen sich viele Gewissen nicht beruhigen. Zu diesen Schwierig-
keiten kommt nun noch die Nachricht daß Gouverneur und General Pfuel
und Kanzler Favarger mit einer königlichen Mission in Neuenburg an-
gekommen seyen, ob zum Handeln oder Unterhandeln, ist unbekannt.
Aus diesen Gründen hat die provisorische Regierung sich an den Vorort
gewendet und um Unterstützung gebeten. Derselbe hat sich in Folge der
eingegangenen Berichte veranlaßt gefunden gestern zwei eidgenöffische
Commissäre, die HH. Staatsrath Blanchenay von Lausanne und Ober-
richter Migy von Bern nach Neuenburg abzuordnen und ihnen vier Ba-
taillone zur Verfügung zu stellen. Der jetzige Redacteur des "Neucha-
chatelois" kündigt an daß Drohung von Feinden und Warnung von
Freunden ihn dazu vermocht hätte vorerst nichts von dem wahren Zu-
stande des Landes zu berichten, obschon er sehr vieles zu sagen hätte.
Der frühere Staatsrath von Neuenburg wird fortwährend gefangen
gehalten weil er seine Abdankung nicht unterzeichnen will, und gegen
alles Vorgegangene protestirt hat. -- Der eidgenössische Kriegsrath
hat die beiden an der französischen Gränze aufgestellten Bataillone wie-
der entlassen.

[Spaltenumbruch] nahme des Kriegsminiſteriums zu gewinnen ſcheinen den beſten Erfolg
zu haben. General Changarnier wird von Algerien zurückberufen und
ſeinem Wunſche gemäß das Commando einer der Gränzbeſatzungen er-
halten. Man wird ihn wahrſcheinlich in das Norddepartement ſchi-
cken. Die Bank iſt ſeit einigen Tagen nicht mehr ſo zähe wie vorige
Woche. Sie discontirt ſtark. Den Comptoiren in den Provinzen iſt
die Weiſung zugekommen einen Theil ihres Baarvorrathes ſo ſchleunig
als möglich hierher zu befördern.


Vier neue Bankierhäuſer
haben ihre Zahlungen eingeſtellt, nämlich auch die Firmen A. Lerour
und Chadeaur und Comp., Jules Bechet und Beudin und Comp. Alle
Welt drängt ſich heute der Bank zu, um die 500- und 1000 Fr.-Noten
gegen baares Geld umzutauſchen. Wenn dieß ſo fortgeht, ſo wird all-
gemein gefürchtet daß die Bank in wenigen Tagen kein baares Geld
mehr haben werde. Jetzt werden täglich 5 bis 6 Millionen von ihr
ausgewechſelt. Dazu kommt noch die Nachricht daß in Folge der uner-
hörten Anſtrengung der Mitglieder der proviſoriſchen Regierung die
weder Tag noch Nacht Ruhe haben, mehrere von ihnen ernſtlich erkrankt
ſind, beſonders Hr. Flocon der ehemalige Redacteur der Réforme, der
beim Ausbruch der Revolution eben erſt von einer ſchweren Krankheit
geneſen war. Sein Zuſtand ſoll jetzt wieder ſehr gefährlicher Art ſeyn.
Auch Hr. v. Lamartine iſt ernſtlich unwohl.


Die Truppenbewegungen
in den nahen preußiſchen Rheinlanden nehmen die Aufmerkſamkeit
unſerer Militärbehörden außerordentlich in Anſpruch. Welches auch
die Gründe ſeyn mögen die die Regierung Preußens in dieſem Au-
genblicke zu einer ſolcher Truppenanhäufung auf jenem Gebiete ver-
anlaſſen, ſo iſt man doch innig überzeugt daß dieſelben durchaus
nicht als ein kriegeriſche Demonſtration gegen Frankreich zu be-
trachten ſind. Eine Verſtärkung der Beſatzung in Metz iſt zwar be-
antragt, allein vorderhand noch nicht genehmigt. Das Comité wel-
ches in Paris „pour la déſense de la république“ gebildet wurde,
beſchäftigt ſich in dieſem Augenblicke mit einer durchgreifenden Aen-
derung in Bezug auf Vertheilung der Beſatzungen, da dieſe von der
letzten Regierung als Beſtechungsmittel bei Deputirtenwahlen miß-
braucht wurden. Die Wahlen für die Nationalverſammlung werden
bei uns ganz im Sinne der jetzigen Regierung ausfallen. Die Can-
didaten des ehemaligen linken Centrums haben wenig Ausſicht zu ſie-
gen. Der Redacteur des „Courrier de la Moſelle“ Hr. Blanc be-
findet ſich unter den Bewerbern und er wird mit Beſtimmtheit ge-
wählt. Die Preſſe wird im allgemeinen bei dem bevorſtehenden Land-
tage ſehr ſtark vertreten ſeyn. Faſt jedes Devartement ſchickt einen
Zeitungsredacteur.

Belgien.

Bis jetzt iſt die öffentliche Ruhe über Er-
warten gut aufrechterhalten worden. Die Regierung hat es ſogar
nicht für nöthig gehalten den Faſtnachtsluſtbarkeiten einige Schranken
zu ſetzen. Am vergangenen Sonntag und Dienſtag wogten große Men-
ſchenmaſſen mit Masken untermiſcht nach gewohnter Weiſe bis in die
Nacht hinein durch die Hauptſtraßen der Stadt, und nirgends fiel die
geringſte Störung der Ordnung vor. Auch für heute den Schlußtag
des Carnevals nach Brüſſeler Sitte iſt man unbeſorgt. Die Bürger-
garde iſt freilich Tag und Nacht thätig und vom beſten Geiſte beſeelt,
und die Regierung läßt es nicht an Wachſamkeit fehlen, und greift
gleich zu, wo Fremde die Umſtände zur Untergrabung der öffentlichen
Ruhe ausbeuten wollen. Geſtern wurde das Miniſterium dieſerhalb,
und namentlich wegen Ausweiſung eines deutſchen Anzettlers in der
Repräſentantenkammer zur Rede geſtellt; es ſprach ſich aber von neuem
freimüthig dahin aus daß es von ſeiner Strenge gegen Fremde die Bel-
giens Gaſtfreiheit mißbrauchen wollen, nicht nachlaſſen werde. Deutſche
Communiſten, die unter dieſen Umſtänden hier ihre Rechnung nicht finden,
ziehen ſich nun nach Frankreich, und ihr Organ, die hiefige deutſche
Zeitung, iſt eingegangen. Jn Paris wird am offenen Tage geworben
um eine belgiſche Legion zur Revolutionirung Belgiens zu Stande zu
bringen. Verhindert die dortige Regierung dieſes Treiben nicht, ſo
glauben wir doch auch verſichern zu können daß ſie ihm keinen Vorſchub
leiſtet. Hr. Lamartine hat wiederholt dem dieſſeitigen Geſandten, Für-
ſten v. Ligne, die beſtimmteſten Verſicherungen der Achtung der belgi-
ſchen Neutralität gegeben. Die Pariſer proviſoriſche Regierung hat
aber auch dringende Urſachen hiezu, denn Lord Normanby hat ihr im
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[Spaltenumbruch] hieſigen Neutralität vom engliſchen Miniſterium als eine Kriegserklä-
rung angeſehen werden würde. So iſt alſo Belgien einſtweilen ge-
ſichert durch das allgemeine europäiſche Recht, das Frankreich ohne Ge-
fahr für ſich ſelbſt hier nicht verletzen darf, und gefichert durch den guten
Geiſt ſeiner Bevölkerung und die Eintracht zwiſchen Kammern und Re-
gierung. Wir haben zwar auch unſere Republicaner, aber auch von
ihnen möchte nicht einer ſeines Landes Unabhängigkeit opfern um ſeine
politiſchen Anfichten ſiegen zu ſehen; ja vielleicht iſt nirgends die Ab-
neigung gegen die Franzoſen entſchiedener als bei einigen dieſer Re-
publicaner. Die Eintracht zwiſchen Kammern und Regierung hat ſich
beſonders noch bewährt durch die Einſtimmigkeit womit in beiden die
allgemeine Herabſetzung des Wahlcenſus auf den geringſten, von
der Verfaſſung zugegebenen Satz, 20 Gulden, angenommen wor-
den. Unter andern Verhältniſſen würden die Conſervativen hie-
gegen proteſtirt haben, denn das Gleichgewicht zwiſchen den Städten
und den Landgemeinden, das der Nationalcongreß durch einen zwiſchen ei-
nem Maximum und Minimum ſich bewegende Wahlcenſus hatten einfüh-
ren wollen, iſt nun zum Vortheile der Städte gänzlich zerſtört, und in-
ſofern liegt in dieſer Neuerung eine politiſche Herabſetzung der Land-
gemeinden, eine Abweichung von den Grundſätzen der Gleichheit die
der Nationalcongreß ſo aufrichtig gewollt. Angeſichts der großen Zeit-
ereigniſſe aber iſt dieſe Frage zurückgetreten, und die Conſervativen
oder Katholiken ſind zu gute Patrioten als daß ſie nicht zu rechter
Zeit dem Vaterlande ein Opfer zu bringen wüßten. Dieſe ſchöne Hal-
tung Belgiens hat, wie wir vernehmen, auch ſchon die Anerkennung
auswärtiger Regierungen erhalten; es ſind von denſelben Aeußerun-
gen der wärmſten Theilnahme und Billigung eingegangen, und Bel-
gien wird ſich, fährt es ſo fort, den Dank von ganz Europa verdienen.

Schweiz.

Die proviſoriſche Regierung von Neuenburg
kann ſich, wie es ſcheint, nicht aus eigener Kraft in allen Landestheilen
Anſehen und Anerkennung verſchaffen, denn ſie hat bei dem Vorort um
Hülfe nachgeſucht. Beſonders ſind es die Bezirke Valangin und la Sagne,
welche mit aller Entſchiedenheit ihre Unterwerfung unter das neue Re-
giment verweigern. Der Ruf: vive le roi! ertönt in vielen Gemein-
den und wurde ſogar den eidgenöſſiſchen Repräſentanten bei ihren
Beſuchen im Lande umher beſonders von Frauen entgegengerufen. Eid-
genöſſiſche Fahnen werden an einzelnen Orten mit Piſtolen durchſchoſ-
ſen; Beſchimpfung und Entfernung derſelben kann anderwärts nur
durch aufgeſtellte Wachen verhindert werden. Beſonders die Geiſt-
lichen ſcheinen der neuen Ordnung Schwierigkeiten zu bereiten. Auf
Befehl der Regierung müſſen ſie in dem Kirchengebet die Fürbitte
für den König auslaſſen; viele halten nun an der betreffenden Stelle
ein, und fahren erſt nach einer Pauſe weiter fort, wodurch die ge-
reizte Stimmung in den Gemeinden erhalten wird. Die Regierung ſelbſt
zählt nur ſehr wenige Glieder welche mit der Adminiſtration vertraut
find; viele Beamten im Lande wollen erſt ihres Eides vom König ent-
bunden ſeyn ehe ſie in ihren Amtsgeſchäften unter der neuen Ordnung
fortfahren. Auch im Volk erregt der dem König von Preußen geleiſtete
Eid vielfache Bedenken, und trotz der Vorſtellungen der eidgenöſſiſchen
Repräſentanten, daß der ausgeſprochene Volkswille, der die Regierungs-
änderung hervorgerufen, Volk und Beamten ihres Eides entbunden
habe, wollen ſich viele Gewiſſen nicht beruhigen. Zu dieſen Schwierig-
keiten kommt nun noch die Nachricht daß Gouverneur und General Pfuel
und Kanzler Favarger mit einer königlichen Miſſion in Neuenburg an-
gekommen ſeyen, ob zum Handeln oder Unterhandeln, iſt unbekannt.
Aus dieſen Gründen hat die proviſoriſche Regierung ſich an den Vorort
gewendet und um Unterſtützung gebeten. Derſelbe hat ſich in Folge der
eingegangenen Berichte veranlaßt gefunden geſtern zwei eidgenöffiſche
Commiſſäre, die HH. Staatsrath Blanchenay von Lauſanne und Ober-
richter Migy von Bern nach Neuenburg abzuordnen und ihnen vier Ba-
taillone zur Verfügung zu ſtellen. Der jetzige Redacteur des „Neucha-
chatelois“ kündigt an daß Drohung von Feinden und Warnung von
Freunden ihn dazu vermocht hätte vorerſt nichts von dem wahren Zu-
ſtande des Landes zu berichten, obſchon er ſehr vieles zu ſagen hätte.
Der frühere Staatsrath von Neuenburg wird fortwährend gefangen
gehalten weil er ſeine Abdankung nicht unterzeichnen will, und gegen
alles Vorgegangene proteſtirt hat. — Der eidgenöſſiſche Kriegsrath
hat die beiden an der franzöſiſchen Gränze aufgeſtellten Bataillone wie-
der entlaſſen.

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[0020] nahme des Kriegsminiſteriums zu gewinnen ſcheinen den beſten Erfolg zu haben. General Changarnier wird von Algerien zurückberufen und ſeinem Wunſche gemäß das Commando einer der Gränzbeſatzungen er- halten. Man wird ihn wahrſcheinlich in das Norddepartement ſchi- cken. Die Bank iſt ſeit einigen Tagen nicht mehr ſo zähe wie vorige Woche. Sie discontirt ſtark. Den Comptoiren in den Provinzen iſt die Weiſung zugekommen einen Theil ihres Baarvorrathes ſo ſchleunig als möglich hierher zu befördern. # Paris, 14 Mai. 5 Uhr Abends. Vier neue Bankierhäuſer haben ihre Zahlungen eingeſtellt, nämlich auch die Firmen A. Lerour und Chadeaur und Comp., Jules Bechet und Beudin und Comp. Alle Welt drängt ſich heute der Bank zu, um die 500- und 1000 Fr.-Noten gegen baares Geld umzutauſchen. Wenn dieß ſo fortgeht, ſo wird all- gemein gefürchtet daß die Bank in wenigen Tagen kein baares Geld mehr haben werde. Jetzt werden täglich 5 bis 6 Millionen von ihr ausgewechſelt. Dazu kommt noch die Nachricht daß in Folge der uner- hörten Anſtrengung der Mitglieder der proviſoriſchen Regierung die weder Tag noch Nacht Ruhe haben, mehrere von ihnen ernſtlich erkrankt ſind, beſonders Hr. Flocon der ehemalige Redacteur der Réforme, der beim Ausbruch der Revolution eben erſt von einer ſchweren Krankheit geneſen war. Sein Zuſtand ſoll jetzt wieder ſehr gefährlicher Art ſeyn. Auch Hr. v. Lamartine iſt ernſtlich unwohl. ∴ Aus Lothringen, 14 März. Die Truppenbewegungen in den nahen preußiſchen Rheinlanden nehmen die Aufmerkſamkeit unſerer Militärbehörden außerordentlich in Anſpruch. Welches auch die Gründe ſeyn mögen die die Regierung Preußens in dieſem Au- genblicke zu einer ſolcher Truppenanhäufung auf jenem Gebiete ver- anlaſſen, ſo iſt man doch innig überzeugt daß dieſelben durchaus nicht als ein kriegeriſche Demonſtration gegen Frankreich zu be- trachten ſind. Eine Verſtärkung der Beſatzung in Metz iſt zwar be- antragt, allein vorderhand noch nicht genehmigt. Das Comité wel- ches in Paris „pour la déſense de la république“ gebildet wurde, beſchäftigt ſich in dieſem Augenblicke mit einer durchgreifenden Aen- derung in Bezug auf Vertheilung der Beſatzungen, da dieſe von der letzten Regierung als Beſtechungsmittel bei Deputirtenwahlen miß- braucht wurden. Die Wahlen für die Nationalverſammlung werden bei uns ganz im Sinne der jetzigen Regierung ausfallen. Die Can- didaten des ehemaligen linken Centrums haben wenig Ausſicht zu ſie- gen. Der Redacteur des „Courrier de la Moſelle“ Hr. Blanc be- findet ſich unter den Bewerbern und er wird mit Beſtimmtheit ge- wählt. Die Preſſe wird im allgemeinen bei dem bevorſtehenden Land- tage ſehr ſtark vertreten ſeyn. Faſt jedes Devartement ſchickt einen Zeitungsredacteur. Belgien. † Brüſſel, 12 März. Bis jetzt iſt die öffentliche Ruhe über Er- warten gut aufrechterhalten worden. Die Regierung hat es ſogar nicht für nöthig gehalten den Faſtnachtsluſtbarkeiten einige Schranken zu ſetzen. Am vergangenen Sonntag und Dienſtag wogten große Men- ſchenmaſſen mit Masken untermiſcht nach gewohnter Weiſe bis in die Nacht hinein durch die Hauptſtraßen der Stadt, und nirgends fiel die geringſte Störung der Ordnung vor. Auch für heute den Schlußtag des Carnevals nach Brüſſeler Sitte iſt man unbeſorgt. Die Bürger- garde iſt freilich Tag und Nacht thätig und vom beſten Geiſte beſeelt, und die Regierung läßt es nicht an Wachſamkeit fehlen, und greift gleich zu, wo Fremde die Umſtände zur Untergrabung der öffentlichen Ruhe ausbeuten wollen. Geſtern wurde das Miniſterium dieſerhalb, und namentlich wegen Ausweiſung eines deutſchen Anzettlers in der Repräſentantenkammer zur Rede geſtellt; es ſprach ſich aber von neuem freimüthig dahin aus daß es von ſeiner Strenge gegen Fremde die Bel- giens Gaſtfreiheit mißbrauchen wollen, nicht nachlaſſen werde. Deutſche Communiſten, die unter dieſen Umſtänden hier ihre Rechnung nicht finden, ziehen ſich nun nach Frankreich, und ihr Organ, die hiefige deutſche Zeitung, iſt eingegangen. Jn Paris wird am offenen Tage geworben um eine belgiſche Legion zur Revolutionirung Belgiens zu Stande zu bringen. Verhindert die dortige Regierung dieſes Treiben nicht, ſo glauben wir doch auch verſichern zu können daß ſie ihm keinen Vorſchub leiſtet. Hr. Lamartine hat wiederholt dem dieſſeitigen Geſandten, Für- ſten v. Ligne, die beſtimmteſten Verſicherungen der Achtung der belgi- ſchen Neutralität gegeben. Die Pariſer proviſoriſche Regierung hat aber auch dringende Urſachen hiezu, denn Lord Normanby hat ihr im Namen ſeines Cabinets förmlich erklärt daß jede Verletzung der hieſigen Neutralität vom engliſchen Miniſterium als eine Kriegserklä- rung angeſehen werden würde. So iſt alſo Belgien einſtweilen ge- ſichert durch das allgemeine europäiſche Recht, das Frankreich ohne Ge- fahr für ſich ſelbſt hier nicht verletzen darf, und gefichert durch den guten Geiſt ſeiner Bevölkerung und die Eintracht zwiſchen Kammern und Re- gierung. Wir haben zwar auch unſere Republicaner, aber auch von ihnen möchte nicht einer ſeines Landes Unabhängigkeit opfern um ſeine politiſchen Anfichten ſiegen zu ſehen; ja vielleicht iſt nirgends die Ab- neigung gegen die Franzoſen entſchiedener als bei einigen dieſer Re- publicaner. Die Eintracht zwiſchen Kammern und Regierung hat ſich beſonders noch bewährt durch die Einſtimmigkeit womit in beiden die allgemeine Herabſetzung des Wahlcenſus auf den geringſten, von der Verfaſſung zugegebenen Satz, 20 Gulden, angenommen wor- den. Unter andern Verhältniſſen würden die Conſervativen hie- gegen proteſtirt haben, denn das Gleichgewicht zwiſchen den Städten und den Landgemeinden, das der Nationalcongreß durch einen zwiſchen ei- nem Maximum und Minimum ſich bewegende Wahlcenſus hatten einfüh- ren wollen, iſt nun zum Vortheile der Städte gänzlich zerſtört, und in- ſofern liegt in dieſer Neuerung eine politiſche Herabſetzung der Land- gemeinden, eine Abweichung von den Grundſätzen der Gleichheit die der Nationalcongreß ſo aufrichtig gewollt. Angeſichts der großen Zeit- ereigniſſe aber iſt dieſe Frage zurückgetreten, und die Conſervativen oder Katholiken ſind zu gute Patrioten als daß ſie nicht zu rechter Zeit dem Vaterlande ein Opfer zu bringen wüßten. Dieſe ſchöne Hal- tung Belgiens hat, wie wir vernehmen, auch ſchon die Anerkennung auswärtiger Regierungen erhalten; es ſind von denſelben Aeußerun- gen der wärmſten Theilnahme und Billigung eingegangen, und Bel- gien wird ſich, fährt es ſo fort, den Dank von ganz Europa verdienen. Schweiz. ∆ Bern, 14 März. Die proviſoriſche Regierung von Neuenburg kann ſich, wie es ſcheint, nicht aus eigener Kraft in allen Landestheilen Anſehen und Anerkennung verſchaffen, denn ſie hat bei dem Vorort um Hülfe nachgeſucht. Beſonders ſind es die Bezirke Valangin und la Sagne, welche mit aller Entſchiedenheit ihre Unterwerfung unter das neue Re- giment verweigern. Der Ruf: vive le roi! ertönt in vielen Gemein- den und wurde ſogar den eidgenöſſiſchen Repräſentanten bei ihren Beſuchen im Lande umher beſonders von Frauen entgegengerufen. Eid- genöſſiſche Fahnen werden an einzelnen Orten mit Piſtolen durchſchoſ- ſen; Beſchimpfung und Entfernung derſelben kann anderwärts nur durch aufgeſtellte Wachen verhindert werden. Beſonders die Geiſt- lichen ſcheinen der neuen Ordnung Schwierigkeiten zu bereiten. Auf Befehl der Regierung müſſen ſie in dem Kirchengebet die Fürbitte für den König auslaſſen; viele halten nun an der betreffenden Stelle ein, und fahren erſt nach einer Pauſe weiter fort, wodurch die ge- reizte Stimmung in den Gemeinden erhalten wird. Die Regierung ſelbſt zählt nur ſehr wenige Glieder welche mit der Adminiſtration vertraut find; viele Beamten im Lande wollen erſt ihres Eides vom König ent- bunden ſeyn ehe ſie in ihren Amtsgeſchäften unter der neuen Ordnung fortfahren. Auch im Volk erregt der dem König von Preußen geleiſtete Eid vielfache Bedenken, und trotz der Vorſtellungen der eidgenöſſiſchen Repräſentanten, daß der ausgeſprochene Volkswille, der die Regierungs- änderung hervorgerufen, Volk und Beamten ihres Eides entbunden habe, wollen ſich viele Gewiſſen nicht beruhigen. Zu dieſen Schwierig- keiten kommt nun noch die Nachricht daß Gouverneur und General Pfuel und Kanzler Favarger mit einer königlichen Miſſion in Neuenburg an- gekommen ſeyen, ob zum Handeln oder Unterhandeln, iſt unbekannt. Aus dieſen Gründen hat die proviſoriſche Regierung ſich an den Vorort gewendet und um Unterſtützung gebeten. Derſelbe hat ſich in Folge der eingegangenen Berichte veranlaßt gefunden geſtern zwei eidgenöffiſche Commiſſäre, die HH. Staatsrath Blanchenay von Lauſanne und Ober- richter Migy von Bern nach Neuenburg abzuordnen und ihnen vier Ba- taillone zur Verfügung zu ſtellen. Der jetzige Redacteur des „Neucha- chatelois“ kündigt an daß Drohung von Feinden und Warnung von Freunden ihn dazu vermocht hätte vorerſt nichts von dem wahren Zu- ſtande des Landes zu berichten, obſchon er ſehr vieles zu ſagen hätte. Der frühere Staatsrath von Neuenburg wird fortwährend gefangen gehalten weil er ſeine Abdankung nicht unterzeichnen will, und gegen alles Vorgegangene proteſtirt hat. — Der eidgenöſſiſche Kriegsrath hat die beiden an der franzöſiſchen Gränze aufgeſtellten Bataillone wie- der entlaſſen.

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 78, 18. März 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine78_1848/20>, abgerufen am 21.11.2024.