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Allgemeine Zeitung, Nr. 78, 18. März 1848.

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[Spaltenumbruch] ist es auch den Juden ergangen. Bei der Plünderung eines reichen
Judenhauses mußte der aus seinem Bett geschleppte Hausherr den Plün-
derern leuchten. Einer Judenfrau, welche eben niedergekommen war,
wurde das neugeborne Kind durch einen Steinwurf getödtet. Leider
hatten die Juden durch Ankauf der den Landleuten bei gerichtlicher
Pfändung abgenommenen Habe den Haß der Bevölkerung, zum guten
Theil aus ehemaligen Schmugglern, Wilddieben und den sehr derben
Floßern bestehend, auf sich gezogen, der, wie es scheint lange verhalten,
mit einemmal losbrach. Jn Lichtenfels selbst ist es ruhig gewesen, desto
ärger aber tobte es in der Nachbarschaft. Zwei Compagnien des in
Nürnberg garnisonirenden Jnfanterie-Regiments find schon heute
Morgen nach den unruhigen Orten auf der Eisenbahn befördert worden;
ebenso heute Nachmittag eine Schwadron Chevaulegers des Regiments
Herzog v. Leuchtenberg.

Württemberg.

Soeben wurde der
Bürgerschaft durch den Hrn. Oberamtmann folgende an das k. Ober-
amt ergangene hohe Entschließung des k. Ministeriums des Jnnern vom 14
d. M. eröffnet:

"Auf die Berichte vom 13 d. M., betreffend den Durchmarsch
österreichischer Truppen zur Besetzung der Bundesfestung Ulm, wird dem
Oberamt eröffnet daß die Besetzung der Bundesfestung durch jene
Truppen auf einem Bundesbeschlusse beruht, daß die Vollziehung des
letztern aber verschoben worden ist, und die öfterreichischen Truppen da-
her vorerst die Gränze nicht überschreiten werden."

(Ulm. Sch.)


Soeben kommen
wir aus der Kammer zurück. Als die Berathung über die Feudalfrage
begonnen werden wollte, beschloß die Kammer selbst, auf den Antrag des
Abgeordneten Hiller, die Staatsregierung um ihre alsbaldige Auflösung
zu bitten. (Beob.)

Gr. Baden.

Ueber das was die
Offenburger Versammlung thun wird oder thun soll geht mancherlei
Gerede, soviel aber ist gewiß daß unsere sämmtlichen Abgeordneten
welche die Versammlung besuchen wollen, namentlich v. Jtzstein, Wel-
cker, Kapp und auch Hecker, eine schriftliche Erklärung nach Offen-
burg an den dortigen Ausschuß geschickt haben, worin sie sich ent-
schieden gegen die republicanische Staatsform aussprechen, und nicht
dulden wollen daß sich Elsässer, die ohne Zweifel zahlreich von Straß-
burg herüberkommen werden, in die Berathung deutscher Angelegen-
heiten mischen. Jn ähnlichem Sinne schrieb Welcker auch an seine
Wähler im Seekreis.


Dreißig deutsche Staaten mit ei-
ner Bevölkerung von wenigstens 15 Millionen Menschen haben sich
zu einer Bewegung vereinigt welche unserem Vaterlande Volksfreiheit
und staatliche Einheit geben soll -- und noch immer zögert Preußen!
Während der letzten drei Wochen ist des Unbegreiflichen viel gesche-
hen, als das Unbegreiflichste von allem erscheint uns aber die gegen-
wärtige Haltung der preußischen Regierung. Wir finden es erklär-
lich daß man in Berlin Anstand genommen den Forderungen der Zeit
entgegenzukommen solange keine augenscheinliche Gefahr im Ver-
zuge war; jetzt aber wo tausend und aber tausend überwältigende
Kräfte mit Sturmeseile zur Entscheidung drängen, jetzt entfällt uns
der Maßstab für jene Politik des Zauderns, des Vertröstens, der
Halbheit. Die Lage der Dinge stellt sich jedem gesunden Auge so ein-
fach wie möglich dar. Entweder tritt Preußen offen und ohne Vor-
behalt in den Strom der deutschen Bewegung ein, oder es dämmt
sich gegen denselben ab. Jm ersten Falle ist Deutschlands Gegenwart
und Zukunft gegen jede Gefahr von innen und von außen gesichert,
im zweiten Falle kann -- vielleicht sollten wir sagen wird -- Deutsch-
land zu Grunde gehen, in dem Sinne wenigstens daß alle Bedin-
gungen seiner Größe und Macht und Einheit gesprengt werden. Das
große einige Deutschland wird zu Grunde gehen, das absolutistische Preu-
ßen aber, Preußen als europäische Macht, wird sich dadurch -- das
darf man beschwören -- wahrhaftig nicht retten. Das südliche und mitt-
lere Deutschland hat sich auf einen politischen Boden gestellt den es
nimmermehr wieder aufgeben, ja wir sagen es gerade heraus, von
dem es keinen Zollbreit abtreten wird. Könnte man irgendwo mit
dem Gedanken umgehen die Franken, Schwaben, Bayern, Hessen, Thü-
ringer aus der von ihnen eingenommenen Stellung gewaltsam wieder zu
verdrängen? Gewiß nicht. Einigung ist also nur dadurch möglich daß das
nördliche Deutschland in Uebereinstimmung mit dem entschiedenen Volks-
wunsche zu uns herübertritt. Alle lebendigen Volkskräfte in Preußen
arbeiten auf dieses Ziel hin, und wenn es hie und da eine träge Masse
[Spaltenumbruch] gibt die sich bei diesem Streben nicht betheiligt, so verhält sie sich wenig-
stens nicht feindlich gegen dasselbe. Ein Wort der preußischen Regie-
rung, und ganz Preußen ist einig in dem Gedanken und dem Willen
der bürgerlichen Verbrüderung der gesammten Nation. Welche Rolle
Preußen dabei vorbehalten bleibt brauchen wir nicht anzudeuten. Was
würde dagegen geschehen wenn Preußen seinen Beruf auch dießmal --
das letztemal daß die Weltgeschichte es an denselben mahnt -- wenn es
ihn auch jetzt wieder verkennte? Preußen kann auf sein Heer zählen,
und wir wünschen ihm und Deutschland Glück dazu -- was aber ver-
mag ein politisches System dem die Herzen und die Köpfe der Bürger
entfremdet sind, was vermag ein deutscher Staat der sich von der Na-
tion, der sich von seinem eigenen Volke lossagt! Eine furchtbare Ver-
antwortlichkeit ruht auf den Schultern der Männer welche das Heft der
preußischen Politik in der Hand haben, eine Verantwortlichkeit die frü-
her als man glauben mag den Segen oder den Fluch der Nation nach
sich ziehen wird.

Freie Städte.

Die Zustände in Paris sind,
sowohl nach brieflichen Mittheilungen von verlässiger Seite wie nach den
Schilderungen glaubwürdiger Reisenden die in diesen Tagen hier angekom-
men, keineswegs so beruhigend wie die Organe der republicanischen Regie-
rung die Lage darstellen möchten. Es ist ein allgemeines sauve qui peut
der Besitzenden, eine allgemeine Auswanderung derer welche sich und
ihre Habe in der Hauptstadt der Republik nicht mehr sicher glauben, ein-
getreten; und zwar nicht bloß eine Auswanderung der reichen Frem-
den welche seither täglich eine ungeheuere Geldsumme in dem Pariser
Körper umlausen ließen, sondern auch jener sehr zahlreichen Franzosen
selbst die mit den socialistischen Probestücken welche die gegenwärtigen
Gewalthaber machen, nicht im entferntesten einverstanden sind, weil
sie, und wohl mit Recht, voraussehen daß hier eine furchtbare Ge-
fahr droht für den Bestand dieser wie jeder ähnlich gesinnten Re-
gierung, für den Bestand einer jeden regelmäßigen gesellschaftlichen
Ordnung selbst. Die provisorische Regierung soll die lebhaftesten
Befürchtungen über die Folgen dieser Auswanderung hegen; freilich
treten sie auch schon in bedenklicher Weise hervor; der Verkehr ist
in völliges Stocken gerathen, die Mode, dieses wahre Lebenselement
von Paris, diese Hauptvulsader des franzöfischen Handels, siecht
hin; gesellschaftliche Zusammenkünfte werden von Tag zu Tag sel-
tener; eine düstere Stimmung lastet auf den Gemüthern welche die Zu-
kunft mehr noch als die Gegenwart mit Bangen erfüllt. Die nächste
Folge dieser Lage ist daß der Geldumlauf mehr und mehr stockt, dadurch
die allgemeine Bedrängniß der untern Classen mehr und mehr zunimmt,
und die provlsorische Regierung von Tag zu Tag mehr besorgen muß
ganz Paris werde über kurz oder lang nur noch eine große National-
werkstätte seyn, für welche der Schatz den Wochenlohn auszuzahlen hat!
So wird die Lage der Dinge in Paris geschildert. Die Farben mögen
von den Personen welche noch den unmittelbaren Eindruck einer
so plötzlichen Umgestaltung empfinden, stark, vielleicht zu stark auf-
getragen seyn; aber soviel ist gewiß daß der Grundton der
richtige ist. Greift doch die provisorische Regierung selbst schon
zu Gewaltmaßregeln um dem dahinschwindenden öffentlichen Credit wie-
der Jmpuls zu geben. Die Verfügung welche die Einleger der Spar-
cassen zwingt bei Rückforderungen den größeren Theil in 5procentigen
Schatzbons und 5procentigen Rentencoupons zu Pari, d. h. zu einem
förmlichen Zwangscurse auzunehmen, ist nichts anderes als eine Ge-
waltmaßregel; die Eröffnung eines 5procentigen Nationalanlehens von
100 Millionen zu Pari legt den großen Bankiers und Capitalisten ohne
allen Zweifel einen moralischen Zwang auf; sie müssen "freiwillig" sich
dazu herbeilassen ein solches Opfer auf dem Altar der provisorischen Re-
gierung niederzulegen. Und schon drohen die Organe der provisorischen
Regierung denen die sich von Paris entfernen um nicht in den Strudel
der Umwälzung zuletzt ganz hineingerissen zu werden, mit dem Schreck-
bilde von 1792; schon bezeichnen sie eine solche Abreise als eine Ver-
schwörung, als einen Verrath; schon stellen sie in Aussicht, eine solche
Emigration könne zuletzt die junge Republik nöthigen zu dem ihre Zu-
flucht zu nehmen wonach ihre Mutter von 1792 greifen mußte! Jst das
nicht deutlich genug gesprochen? Es zeigt klar genug daß die provisori-
sche Regierung auf einem Krater steht der jeden Augenblick sich furcht-
bar zu entladen droht! (Nürnb. C.)

K. Sachsen

So eben wird die Be-
kanntmachung gedruckt daß unser König den Minister v. Könneritz ent-
lassen, und die übrigen Minister nur noch solange provisorisch den Ge-

[Spaltenumbruch] iſt es auch den Juden ergangen. Bei der Plünderung eines reichen
Judenhauſes mußte der aus ſeinem Bett geſchleppte Hausherr den Plün-
derern leuchten. Einer Judenfrau, welche eben niedergekommen war,
wurde das neugeborne Kind durch einen Steinwurf getödtet. Leider
hatten die Juden durch Ankauf der den Landleuten bei gerichtlicher
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Theil aus ehemaligen Schmugglern, Wilddieben und den ſehr derben
Floßern beſtehend, auf ſich gezogen, der, wie es ſcheint lange verhalten,
mit einemmal losbrach. Jn Lichtenfels ſelbſt iſt es ruhig geweſen, deſto
ärger aber tobte es in der Nachbarſchaft. Zwei Compagnien des in
Nürnberg garniſonirenden Jnfanterie-Regiments find ſchon heute
Morgen nach den unruhigen Orten auf der Eiſenbahn befördert worden;
ebenſo heute Nachmittag eine Schwadron Chevaulegers des Regiments
Herzog v. Leuchtenberg.

Württemberg.

Soeben wurde der
Bürgerſchaft durch den Hrn. Oberamtmann folgende an das k. Ober-
amt ergangene hohe Entſchließung des k. Miniſteriums des Jnnern vom 14
d. M. eröffnet:

„Auf die Berichte vom 13 d. M., betreffend den Durchmarſch
öſterreichiſcher Truppen zur Beſetzung der Bundesfeſtung Ulm, wird dem
Oberamt eröffnet daß die Beſetzung der Bundesfeſtung durch jene
Truppen auf einem Bundesbeſchluſſe beruht, daß die Vollziehung des
letztern aber verſchoben worden iſt, und die öfterreichiſchen Truppen da-
her vorerſt die Gränze nicht überſchreiten werden.“

(Ulm. Sch.)


Soeben kommen
wir aus der Kammer zurück. Als die Berathung über die Feudalfrage
begonnen werden wollte, beſchloß die Kammer ſelbſt, auf den Antrag des
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zu bitten. (Beob.)

Gr. Baden.

Ueber das was die
Offenburger Verſammlung thun wird oder thun ſoll geht mancherlei
Gerede, ſoviel aber iſt gewiß daß unſere ſämmtlichen Abgeordneten
welche die Verſammlung beſuchen wollen, namentlich v. Jtzſtein, Wel-
cker, Kapp und auch Hecker, eine ſchriftliche Erklärung nach Offen-
burg an den dortigen Ausſchuß geſchickt haben, worin ſie ſich ent-
ſchieden gegen die republicaniſche Staatsform ausſprechen, und nicht
dulden wollen daß ſich Elſäſſer, die ohne Zweifel zahlreich von Straß-
burg herüberkommen werden, in die Berathung deutſcher Angelegen-
heiten miſchen. Jn ähnlichem Sinne ſchrieb Welcker auch an ſeine
Wähler im Seekreis.


Dreißig deutſche Staaten mit ei-
ner Bevölkerung von wenigſtens 15 Millionen Menſchen haben ſich
zu einer Bewegung vereinigt welche unſerem Vaterlande Volksfreiheit
und ſtaatliche Einheit geben ſoll — und noch immer zögert Preußen!
Während der letzten drei Wochen iſt des Unbegreiflichen viel geſche-
hen, als das Unbegreiflichſte von allem erſcheint uns aber die gegen-
wärtige Haltung der preußiſchen Regierung. Wir finden es erklär-
lich daß man in Berlin Anſtand genommen den Forderungen der Zeit
entgegenzukommen ſolange keine augenſcheinliche Gefahr im Ver-
zuge war; jetzt aber wo tauſend und aber tauſend überwältigende
Kräfte mit Sturmeseile zur Entſcheidung drängen, jetzt entfällt uns
der Maßſtab für jene Politik des Zauderns, des Vertröſtens, der
Halbheit. Die Lage der Dinge ſtellt ſich jedem geſunden Auge ſo ein-
fach wie möglich dar. Entweder tritt Preußen offen und ohne Vor-
behalt in den Strom der deutſchen Bewegung ein, oder es dämmt
ſich gegen denſelben ab. Jm erſten Falle iſt Deutſchlands Gegenwart
und Zukunft gegen jede Gefahr von innen und von außen geſichert,
im zweiten Falle kann — vielleicht ſollten wir ſagen wird — Deutſch-
land zu Grunde gehen, in dem Sinne wenigſtens daß alle Bedin-
gungen ſeiner Größe und Macht und Einheit geſprengt werden. Das
große einige Deutſchland wird zu Grunde gehen, das abſolutiſtiſche Preu-
ßen aber, Preußen als europäiſche Macht, wird ſich dadurch — das
darf man beſchwören — wahrhaftig nicht retten. Das ſüdliche und mitt-
lere Deutſchland hat ſich auf einen politiſchen Boden geſtellt den es
nimmermehr wieder aufgeben, ja wir ſagen es gerade heraus, von
dem es keinen Zollbreit abtreten wird. Könnte man irgendwo mit
dem Gedanken umgehen die Franken, Schwaben, Bayern, Heſſen, Thü-
ringer aus der von ihnen eingenommenen Stellung gewaltſam wieder zu
verdrängen? Gewiß nicht. Einigung iſt alſo nur dadurch möglich daß das
nördliche Deutſchland in Uebereinſtimmung mit dem entſchiedenen Volks-
wunſche zu uns herübertritt. Alle lebendigen Volkskräfte in Preußen
arbeiten auf dieſes Ziel hin, und wenn es hie und da eine träge Maſſe
[Spaltenumbruch] gibt die ſich bei dieſem Streben nicht betheiligt, ſo verhält ſie ſich wenig-
ſtens nicht feindlich gegen dasſelbe. Ein Wort der preußiſchen Regie-
rung, und ganz Preußen iſt einig in dem Gedanken und dem Willen
der bürgerlichen Verbrüderung der geſammten Nation. Welche Rolle
Preußen dabei vorbehalten bleibt brauchen wir nicht anzudeuten. Was
würde dagegen geſchehen wenn Preußen ſeinen Beruf auch dießmal —
das letztemal daß die Weltgeſchichte es an denſelben mahnt — wenn es
ihn auch jetzt wieder verkennte? Preußen kann auf ſein Heer zählen,
und wir wünſchen ihm und Deutſchland Glück dazu — was aber ver-
mag ein politiſches Syſtem dem die Herzen und die Köpfe der Bürger
entfremdet ſind, was vermag ein deutſcher Staat der ſich von der Na-
tion, der ſich von ſeinem eigenen Volke losſagt! Eine furchtbare Ver-
antwortlichkeit ruht auf den Schultern der Männer welche das Heft der
preußiſchen Politik in der Hand haben, eine Verantwortlichkeit die frü-
her als man glauben mag den Segen oder den Fluch der Nation nach
ſich ziehen wird.

Freie Städte.

Die Zuſtände in Paris ſind,
ſowohl nach brieflichen Mittheilungen von verläſſiger Seite wie nach den
Schilderungen glaubwürdiger Reiſenden die in dieſen Tagen hier angekom-
men, keineswegs ſo beruhigend wie die Organe der republicaniſchen Regie-
rung die Lage darſtellen möchten. Es iſt ein allgemeines sauve qui peut
der Beſitzenden, eine allgemeine Auswanderung derer welche ſich und
ihre Habe in der Hauptſtadt der Republik nicht mehr ſicher glauben, ein-
getreten; und zwar nicht bloß eine Auswanderung der reichen Frem-
den welche ſeither täglich eine ungeheuere Geldſumme in dem Pariſer
Körper umlauſen ließen, ſondern auch jener ſehr zahlreichen Franzoſen
ſelbſt die mit den ſocialiſtiſchen Probeſtücken welche die gegenwärtigen
Gewalthaber machen, nicht im entfernteſten einverſtanden ſind, weil
ſie, und wohl mit Recht, vorausſehen daß hier eine furchtbare Ge-
fahr droht für den Beſtand dieſer wie jeder ähnlich geſinnten Re-
gierung, für den Beſtand einer jeden regelmäßigen geſellſchaftlichen
Ordnung ſelbſt. Die proviſoriſche Regierung ſoll die lebhafteſten
Befürchtungen über die Folgen dieſer Auswanderung hegen; freilich
treten ſie auch ſchon in bedenklicher Weiſe hervor; der Verkehr iſt
in völliges Stocken gerathen, die Mode, dieſes wahre Lebenselement
von Paris, dieſe Hauptvulsader des franzöfiſchen Handels, ſiecht
hin; geſellſchaftliche Zuſammenkünfte werden von Tag zu Tag ſel-
tener; eine düſtere Stimmung laſtet auf den Gemüthern welche die Zu-
kunft mehr noch als die Gegenwart mit Bangen erfüllt. Die nächſte
Folge dieſer Lage iſt daß der Geldumlauf mehr und mehr ſtockt, dadurch
die allgemeine Bedrängniß der untern Claſſen mehr und mehr zunimmt,
und die provlſoriſche Regierung von Tag zu Tag mehr beſorgen muß
ganz Paris werde über kurz oder lang nur noch eine große National-
werkſtätte ſeyn, für welche der Schatz den Wochenlohn auszuzahlen hat!
So wird die Lage der Dinge in Paris geſchildert. Die Farben mögen
von den Perſonen welche noch den unmittelbaren Eindruck einer
ſo plötzlichen Umgeſtaltung empfinden, ſtark, vielleicht zu ſtark auf-
getragen ſeyn; aber ſoviel iſt gewiß daß der Grundton der
richtige iſt. Greift doch die proviſoriſche Regierung ſelbſt ſchon
zu Gewaltmaßregeln um dem dahinſchwindenden öffentlichen Credit wie-
der Jmpuls zu geben. Die Verfügung welche die Einleger der Spar-
caſſen zwingt bei Rückforderungen den größeren Theil in 5procentigen
Schatzbons und 5procentigen Rentencoupons zu Pari, d. h. zu einem
förmlichen Zwangscurſe auzunehmen, iſt nichts anderes als eine Ge-
waltmaßregel; die Eröffnung eines 5procentigen Nationalanlehens von
100 Millionen zu Pari legt den großen Bankiers und Capitaliſten ohne
allen Zweifel einen moraliſchen Zwang auf; ſie müſſen „freiwillig“ ſich
dazu herbeilaſſen ein ſolches Opfer auf dem Altar der proviſoriſchen Re-
gierung niederzulegen. Und ſchon drohen die Organe der proviſoriſchen
Regierung denen die ſich von Paris entfernen um nicht in den Strudel
der Umwälzung zuletzt ganz hineingeriſſen zu werden, mit dem Schreck-
bilde von 1792; ſchon bezeichnen ſie eine ſolche Abreiſe als eine Ver-
ſchwörung, als einen Verrath; ſchon ſtellen ſie in Ausſicht, eine ſolche
Emigration könne zuletzt die junge Republik nöthigen zu dem ihre Zu-
flucht zu nehmen wonach ihre Mutter von 1792 greifen mußte! Jſt das
nicht deutlich genug geſprochen? Es zeigt klar genug daß die proviſori-
ſche Regierung auf einem Krater ſteht der jeden Augenblick ſich furcht-
bar zu entladen droht! (Nürnb. C.)

K. Sachſen

So eben wird die Be-
kanntmachung gedruckt daß unſer König den Miniſter v. Könneritz ent-
laſſen, und die übrigen Miniſter nur noch ſolange proviſoriſch den Ge-

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[1235/0003] iſt es auch den Juden ergangen. Bei der Plünderung eines reichen Judenhauſes mußte der aus ſeinem Bett geſchleppte Hausherr den Plün- derern leuchten. Einer Judenfrau, welche eben niedergekommen war, wurde das neugeborne Kind durch einen Steinwurf getödtet. Leider hatten die Juden durch Ankauf der den Landleuten bei gerichtlicher Pfändung abgenommenen Habe den Haß der Bevölkerung, zum guten Theil aus ehemaligen Schmugglern, Wilddieben und den ſehr derben Floßern beſtehend, auf ſich gezogen, der, wie es ſcheint lange verhalten, mit einemmal losbrach. Jn Lichtenfels ſelbſt iſt es ruhig geweſen, deſto ärger aber tobte es in der Nachbarſchaft. Zwei Compagnien des in Nürnberg garniſonirenden Jnfanterie-Regiments find ſchon heute Morgen nach den unruhigen Orten auf der Eiſenbahn befördert worden; ebenſo heute Nachmittag eine Schwadron Chevaulegers des Regiments Herzog v. Leuchtenberg. Württemberg. Tettnang, 16 März. Soeben wurde der Bürgerſchaft durch den Hrn. Oberamtmann folgende an das k. Ober- amt ergangene hohe Entſchließung des k. Miniſteriums des Jnnern vom 14 d. M. eröffnet: „Auf die Berichte vom 13 d. M., betreffend den Durchmarſch öſterreichiſcher Truppen zur Beſetzung der Bundesfeſtung Ulm, wird dem Oberamt eröffnet daß die Beſetzung der Bundesfeſtung durch jene Truppen auf einem Bundesbeſchluſſe beruht, daß die Vollziehung des letztern aber verſchoben worden iſt, und die öfterreichiſchen Truppen da- her vorerſt die Gränze nicht überſchreiten werden.“ (Ulm. Sch.) Stuttgart, 16 März, Mittags halb 12 Uhr. Soeben kommen wir aus der Kammer zurück. Als die Berathung über die Feudalfrage begonnen werden wollte, beſchloß die Kammer ſelbſt, auf den Antrag des Abgeordneten Hiller, die Staatsregierung um ihre alsbaldige Auflöſung zu bitten. (Beob.) Gr. Baden. § Karlsruhe, 16 März. Ueber das was die Offenburger Verſammlung thun wird oder thun ſoll geht mancherlei Gerede, ſoviel aber iſt gewiß daß unſere ſämmtlichen Abgeordneten welche die Verſammlung beſuchen wollen, namentlich v. Jtzſtein, Wel- cker, Kapp und auch Hecker, eine ſchriftliche Erklärung nach Offen- burg an den dortigen Ausſchuß geſchickt haben, worin ſie ſich ent- ſchieden gegen die republicaniſche Staatsform ausſprechen, und nicht dulden wollen daß ſich Elſäſſer, die ohne Zweifel zahlreich von Straß- burg herüberkommen werden, in die Berathung deutſcher Angelegen- heiten miſchen. Jn ähnlichem Sinne ſchrieb Welcker auch an ſeine Wähler im Seekreis.  Heidelberg, 16 März. Dreißig deutſche Staaten mit ei- ner Bevölkerung von wenigſtens 15 Millionen Menſchen haben ſich zu einer Bewegung vereinigt welche unſerem Vaterlande Volksfreiheit und ſtaatliche Einheit geben ſoll — und noch immer zögert Preußen! Während der letzten drei Wochen iſt des Unbegreiflichen viel geſche- hen, als das Unbegreiflichſte von allem erſcheint uns aber die gegen- wärtige Haltung der preußiſchen Regierung. Wir finden es erklär- lich daß man in Berlin Anſtand genommen den Forderungen der Zeit entgegenzukommen ſolange keine augenſcheinliche Gefahr im Ver- zuge war; jetzt aber wo tauſend und aber tauſend überwältigende Kräfte mit Sturmeseile zur Entſcheidung drängen, jetzt entfällt uns der Maßſtab für jene Politik des Zauderns, des Vertröſtens, der Halbheit. Die Lage der Dinge ſtellt ſich jedem geſunden Auge ſo ein- fach wie möglich dar. Entweder tritt Preußen offen und ohne Vor- behalt in den Strom der deutſchen Bewegung ein, oder es dämmt ſich gegen denſelben ab. Jm erſten Falle iſt Deutſchlands Gegenwart und Zukunft gegen jede Gefahr von innen und von außen geſichert, im zweiten Falle kann — vielleicht ſollten wir ſagen wird — Deutſch- land zu Grunde gehen, in dem Sinne wenigſtens daß alle Bedin- gungen ſeiner Größe und Macht und Einheit geſprengt werden. Das große einige Deutſchland wird zu Grunde gehen, das abſolutiſtiſche Preu- ßen aber, Preußen als europäiſche Macht, wird ſich dadurch — das darf man beſchwören — wahrhaftig nicht retten. Das ſüdliche und mitt- lere Deutſchland hat ſich auf einen politiſchen Boden geſtellt den es nimmermehr wieder aufgeben, ja wir ſagen es gerade heraus, von dem es keinen Zollbreit abtreten wird. Könnte man irgendwo mit dem Gedanken umgehen die Franken, Schwaben, Bayern, Heſſen, Thü- ringer aus der von ihnen eingenommenen Stellung gewaltſam wieder zu verdrängen? Gewiß nicht. Einigung iſt alſo nur dadurch möglich daß das nördliche Deutſchland in Uebereinſtimmung mit dem entſchiedenen Volks- wunſche zu uns herübertritt. Alle lebendigen Volkskräfte in Preußen arbeiten auf dieſes Ziel hin, und wenn es hie und da eine träge Maſſe gibt die ſich bei dieſem Streben nicht betheiligt, ſo verhält ſie ſich wenig- ſtens nicht feindlich gegen dasſelbe. Ein Wort der preußiſchen Regie- rung, und ganz Preußen iſt einig in dem Gedanken und dem Willen der bürgerlichen Verbrüderung der geſammten Nation. Welche Rolle Preußen dabei vorbehalten bleibt brauchen wir nicht anzudeuten. Was würde dagegen geſchehen wenn Preußen ſeinen Beruf auch dießmal — das letztemal daß die Weltgeſchichte es an denſelben mahnt — wenn es ihn auch jetzt wieder verkennte? Preußen kann auf ſein Heer zählen, und wir wünſchen ihm und Deutſchland Glück dazu — was aber ver- mag ein politiſches Syſtem dem die Herzen und die Köpfe der Bürger entfremdet ſind, was vermag ein deutſcher Staat der ſich von der Na- tion, der ſich von ſeinem eigenen Volke losſagt! Eine furchtbare Ver- antwortlichkeit ruht auf den Schultern der Männer welche das Heft der preußiſchen Politik in der Hand haben, eine Verantwortlichkeit die frü- her als man glauben mag den Segen oder den Fluch der Nation nach ſich ziehen wird. Freie Städte. Frankfurt, 14 März. Die Zuſtände in Paris ſind, ſowohl nach brieflichen Mittheilungen von verläſſiger Seite wie nach den Schilderungen glaubwürdiger Reiſenden die in dieſen Tagen hier angekom- men, keineswegs ſo beruhigend wie die Organe der republicaniſchen Regie- rung die Lage darſtellen möchten. Es iſt ein allgemeines sauve qui peut der Beſitzenden, eine allgemeine Auswanderung derer welche ſich und ihre Habe in der Hauptſtadt der Republik nicht mehr ſicher glauben, ein- getreten; und zwar nicht bloß eine Auswanderung der reichen Frem- den welche ſeither täglich eine ungeheuere Geldſumme in dem Pariſer Körper umlauſen ließen, ſondern auch jener ſehr zahlreichen Franzoſen ſelbſt die mit den ſocialiſtiſchen Probeſtücken welche die gegenwärtigen Gewalthaber machen, nicht im entfernteſten einverſtanden ſind, weil ſie, und wohl mit Recht, vorausſehen daß hier eine furchtbare Ge- fahr droht für den Beſtand dieſer wie jeder ähnlich geſinnten Re- gierung, für den Beſtand einer jeden regelmäßigen geſellſchaftlichen Ordnung ſelbſt. Die proviſoriſche Regierung ſoll die lebhafteſten Befürchtungen über die Folgen dieſer Auswanderung hegen; freilich treten ſie auch ſchon in bedenklicher Weiſe hervor; der Verkehr iſt in völliges Stocken gerathen, die Mode, dieſes wahre Lebenselement von Paris, dieſe Hauptvulsader des franzöfiſchen Handels, ſiecht hin; geſellſchaftliche Zuſammenkünfte werden von Tag zu Tag ſel- tener; eine düſtere Stimmung laſtet auf den Gemüthern welche die Zu- kunft mehr noch als die Gegenwart mit Bangen erfüllt. Die nächſte Folge dieſer Lage iſt daß der Geldumlauf mehr und mehr ſtockt, dadurch die allgemeine Bedrängniß der untern Claſſen mehr und mehr zunimmt, und die provlſoriſche Regierung von Tag zu Tag mehr beſorgen muß ganz Paris werde über kurz oder lang nur noch eine große National- werkſtätte ſeyn, für welche der Schatz den Wochenlohn auszuzahlen hat! So wird die Lage der Dinge in Paris geſchildert. Die Farben mögen von den Perſonen welche noch den unmittelbaren Eindruck einer ſo plötzlichen Umgeſtaltung empfinden, ſtark, vielleicht zu ſtark auf- getragen ſeyn; aber ſoviel iſt gewiß daß der Grundton der richtige iſt. Greift doch die proviſoriſche Regierung ſelbſt ſchon zu Gewaltmaßregeln um dem dahinſchwindenden öffentlichen Credit wie- der Jmpuls zu geben. Die Verfügung welche die Einleger der Spar- caſſen zwingt bei Rückforderungen den größeren Theil in 5procentigen Schatzbons und 5procentigen Rentencoupons zu Pari, d. h. zu einem förmlichen Zwangscurſe auzunehmen, iſt nichts anderes als eine Ge- waltmaßregel; die Eröffnung eines 5procentigen Nationalanlehens von 100 Millionen zu Pari legt den großen Bankiers und Capitaliſten ohne allen Zweifel einen moraliſchen Zwang auf; ſie müſſen „freiwillig“ ſich dazu herbeilaſſen ein ſolches Opfer auf dem Altar der proviſoriſchen Re- gierung niederzulegen. Und ſchon drohen die Organe der proviſoriſchen Regierung denen die ſich von Paris entfernen um nicht in den Strudel der Umwälzung zuletzt ganz hineingeriſſen zu werden, mit dem Schreck- bilde von 1792; ſchon bezeichnen ſie eine ſolche Abreiſe als eine Ver- ſchwörung, als einen Verrath; ſchon ſtellen ſie in Ausſicht, eine ſolche Emigration könne zuletzt die junge Republik nöthigen zu dem ihre Zu- flucht zu nehmen wonach ihre Mutter von 1792 greifen mußte! Jſt das nicht deutlich genug geſprochen? Es zeigt klar genug daß die proviſori- ſche Regierung auf einem Krater ſteht der jeden Augenblick ſich furcht- bar zu entladen droht! (Nürnb. C.) K. Sachſen ⁑ Dresden, 14 März. So eben wird die Be- kanntmachung gedruckt daß unſer König den Miniſter v. Könneritz ent- laſſen, und die übrigen Miniſter nur noch ſolange proviſoriſch den Ge-

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 78, 18. März 1848, S. 1235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine78_1848/3>, abgerufen am 01.06.2024.