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Allgemeine Zeitung, Nr. 78, 18. März 1848.

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[Spaltenumbruch] schäften vorstehen würden bis ihre Nachfolger ernannt worden wären.
Diese Nachricht erregt hier große Freude. Nun erst wird sich Leipzig
beruhigen. Hr. v. Karlowitz hat sich in Leipzig selbst überzeugt daß die
dortige Aufregung nicht bloß von einer Partei herrühre, sondern eine
allgemeine sey, welche besonders durch die Erinnerung an die unseligen
Augustereignisse begreiflich wird. So verdanken wir ihm wohl mit die
glückliche Entscheidung dieser Angelegenheit. Die Spannung in den
letzten Tagen war höchst bedenklich. Hier bemühte man sich auf jede
Weise durch Demonstrationen aller Art den König in Unkunde über die
Wünsche des Landes zu erhalten, und die Dresdener Spießbürger gegen
die Leipziger aufzuregen. Gott sey Dank daß unser König enttäuscht
worden ist. Als Minister werden unter andern Braun, Zschinsky, v.
Ehrenftein (zeither Finanzrath) und von der Pfordten aus Leipzig
genannt.


Die Truppen find aus der Umgegend
Leipzigs zurückgezogen. Braun ist Ministerpräfident, der Gesandte in
London Graf Beust Minister des Auswärtigen; die andern Mitglieder
find Hübel, v. Ehrenstein, v. d. Pfordten.

K. Hannover.

In Peine ist ein Gesuch
der Bürger mit den bekannten Wünschen an den König fertig, in Osna-
brück wird es betrieben. Im allgemeinen nimmt sich Hannover aufs ge-
mächlichste Zeit zur Betheiligung an dem was ganz Deutschland bewegt.
Der neulich erwähnten schriftlichen Antwort des Königs an den Magi-
strat und die Bürgervorsteher ging nur um wenige Minuten eine münd-
liche voraus. Durch diese, in der Hannoverischen Zeitung vom 8 März
abgedruckte werden die geringen Hoffnungen die jene in Betreff der
Censur erwecken konnte, noch heruntergedrückt. Ueber Preßfreiheit
nämlich äußerte der König: "Völlig ungeregelte Preßlicenz werden Sie
selbst nicht wollen. Die Aufhebung der Censur ist aber nicht ausrei-
chend um den Zustand der Presse zu regeln. Es bedarf dazu weiterer
Bestimmungen und Garantien gegen den Mißbrauch der Presse, rück-
sichtlich deren eine vorgängige Benehmung mit Meinen Nachbarn und
Verbündeten sowohl als mit Meinen Landständen unerläßlich ist. Jch
verspreche nichts was Ich nicht gewiß bin halten zu können. Jch kann
deßhalb auch in dieser Hinficht keine umfassenden Zusicherungen erthei-
len, so lange Jch nicht bestimmt weiß was Ich an die Stelle der Censur
setzen will. Die Versicherung aber ertheile Ich Ihnen daß Ich Ihren
Wünschen die thunlichste Berücksichtigung schenken werde."

Preußen.

Der Prinz von Preußen, von
seinem königl. Bruder zum Generalgouverneur der Rheinprovinz und
Westfalens ernannt, ist gestern Abend hier angekommen, und im Regie-
rungsgebäude abgestiegen. Gleichzeitig war eine neue Bürgerversamm-
lung angesagt von einer Partei welcher die neulich genehmigte nach-
drückliche Adresse an den König noch nicht stark genug war. Aeußer-
lich ist alles ruhig, nur find Truppen angekommen und die Einquartie-
rung ist verstärkt. Vorgestern wurde bei vollem Hause die Stumme
von Portici gegeben, und Stellen wie: "der Tag der Freiheit naht etc."
wurden mit tumultuarischem Jubel begrüßt. Die Abgeordneten der
Rheinprovinz haben sich in Bonn versammelt und beschlossen gemein-
schaftlich eine ehrerbietige aber eindringliche Vorstellung an den Kö-
nig zu richten und ihm das Eine was noththut anzurathen. In der
Stadt laufen Aufrufe um voll des wildesten Republicanismus; sie schei-
nen in Brüssel oder London gedruckt und werden mit der Post ins Haus
gesandt.


In der heutigen Mittagsstunde fand die
Audienz des hiesigen Magistrates und der Stadtwerordneten bei Sr.
Maj. dem König statt. Auf die Anrede des Oberbürgermeisters er-
wiederte Se. Majestät: "Es ist mir lieb daß die Bürger meiner lieben
Stadt Berlin die ersten sind die mir ihre Wünsche offen und treu dar-
legen. Wie überall, so ist gestern auch hier die Ruhe nicht von den
friedliebenden Bürgern, sondern von Plünderern und Ruhestörern ge-
stört worden, und ich habe meine Truppen zum Schutze des Eigenthums
einschreiten lassen. Wenn es in ganz Deutschland kocht, kann es hier
nicht unter Null bleiben. Was Jhre Wünsche betrifft, so bin ich Ihnen
schon zuvorgekommen. Ich habe meine getreuen Stände mit denen ich
gemeinschaftlich aller Wohl berathen will, zum 27 April zusammenbe-
rufen. Sie haben die Männer kennen gelernt die mein und Jhr Ver-
trauen verdienen. Ich will freie Völker, aber auch die Fürsten müssen
frei seyn. Halten Sie das was ich Jhnen hier sage für keine leere
Phrase etc." Der Minister v. Bodelschwingh sagte der Deputation au-
ßerdem daß, wenn nicht der Fürstencongreß in Dresden beabsichtigt
[Spaltenumbruch] wäre, der Landtag noch früher zusammentreten würde, und es sey mög-
lich daß wenn aus ersterem nichts werde, diese Einberufung auch früher
geschehen würde. Jedenfalls wird also der preußische Landtag gleich-
zeitig mit der Pariser Nationalversammlung (20 April) seine Bera-
thungen pflegen.


Der Vereinigte Landtag
ist auf den 26 April einberufen. Dieß ist gestern Mittags, also bereits
mehrere Stunden vor dem Ausbruch des Krawalls, im Staatsrath
beschlossen worden. Ein specieller Zweck der Einberufung wird nicht
angegeben, sondern Se. Majestät empfindet das Bedürfniß zur "Regene-
ration des deutschen Volks" sich mit den Vertretern des Landes zu ver-
einen. Heute Abends wird wahrscheinlich die Allg. Preuß. Zeitung be-
reits das Einberufungspatent enthalten. -- Auf den 25 März sollte ein
deutscher Fürstencongreß in Dresden stattfinden. Jn Anbetracht der
dringenden Verhältnisse wird es indeß schwerlich dazu kommen, und es ist
demnach sehr wahrscheinlich daß der Vereinigte Landtag noch früher zu-
sammentreten wird. Diese Entschließung wird dem Lande Ruhe und
Vertrauen und der Regierung Stärke geben. Berlin ist ruhig.


Berlin ist heute den gan-
zen Tag über durchaus ruhig gewesen, und nichts hat an die Scenen
des gestrigen Abends erinnert. Nach den Details welche uns noch im
Laufe des Tages über die gestrigen Ereignisse zugingen, scheint es aber
doch an manchen Stellen mit Kolbenstößen und Säbelhieben schärfer zu-
gegangen zu seyn als auf den ersten Blick erscheinen wollte. Leider
fürchten wir daß die Unruhen sich auch heute erneuen werden, wenig-
stens nimmt die Bewegung auf den Straßen mit Einbruch der Dunkel-
heit sichtlich zu und die gleichzeitig patrouillirenden starken Militärab-
theilungen sind nicht gerade geeignet besänftigend zu wirken. Es sind
diese militärischen Demonstrationen meistentheils der Anfangs- und An-
haltspunkt unserer Krawalle, ohne daß man bis jetzt davon abzustehen
veranlaßt wäre. Diesen Nachmittag um 4 Uhr ist an allen Straßen-
ecken eine große polizeiliche Bekanntmachung angeschlagen, worin die
bestehenden Gesetze über Tumult und Aufruhr in Erinnerung gebracht,
und zugleich alle Hausväter, Fabrikherren u. s. w. angewiesen wer-
den ihre Angehörigen zu Hause zu halten, und respective die Wohnun-
gen zu schließen. Den Hötelbesitzern, Speisewirthen und sonstigen Jn-
habern öffentlicher Locale ist mit Bezug auf ein bestehendes Gesetz aus
den dreißiger Jahren aufgegeben bei Verlust der Concession alle politi-
schen Unterhaltungen in ihren Localen zu verbieten. Das meiste ver-
spricht man sich von der vermuthlich heute Abend schon in der Allgemei-
nen Preußischen Zeitung erscheinenden Einberufung des Vereinigten
Landtages. Das Staatsministerium ist bereits heut Abend zusam-
men getreten, um im Verfolg der allerhöchsten Bestimmungen vom
8 d. M. über die Presse die nöthigen Vorbereitungen zur eventuellen
sofortigen Emanirung eines provisorischen Preßgesetzes zu treffen. Be-
kanntlich hat der König das letztere für den Fall in Aussicht gestellt daß
seine Bestrebungen für eine gemeinsame deutsche Bundesgesetzgebung sich
zu lang hinausziehen sollten. Die allgemeine Meinung fordert ein sol-
ches provisorisches Gesetz täglich dringlicher, da man eine Bundesgesetz-
gebung gerade im gegenwärtigen Augenblick wohl nicht mit Unrecht sehr
weit aussehend glaubt. Unsere Buchhändler und Buchdrucker hielten
heute Nachmittag eine große Versammlung zur Entwerfung einer Adresse
an den König, in welcher jene Anficht ebenfalls vertreten werden soll.


Patent wegen Einberufung des Vereinigten
Landtags
. Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König
von Preußen etc. haben im Verein mit der kaiserlich österreichischen Re-
gierung Unsere deutschen Bundesgenossen eingeladen sich unverzüglich
zu einer gemeinsamen Berathung über diejenigen Maßregeln zu verei-
nigen welche unter den gegenwärtigen schwierigen und gefahrvollen
Verhältnissen das Wohl des deutschen Vaterlandes erheischt, und sind
entschlossen mit allen Unsern Kräften dahin zu wirken daß diese Bera-
thungen zu einer wirklichen Regeneration des deutschen Bundes füh-
ren, damit das deutsche Volk in ihm wahrhaft vereinigt, durch freie
Jnstitutionen gekräftigt, nicht minder aber auch gegen die Gefahren des
Umsturzes und der Anarchie geschützt, die alte Größe wieder gewinne,
damit Deutschland den ihm gebührenden Rang in Europa einnehme.
Welches aber auch der Ersolg dieser Unserer Bemühungen seyn möge,
so werden jedenfalls dadurch Maßregeln für Unsere Staaten bedingt zu
deren Ausführung Wir der Mitwirkung Unserer getreuen Stände be-
dürfen. Dieserhalb und weil Wir überhaupt in so großen und entschei-
denden Epochen, wie die gegenwärtige, Uns nur in Vereinigung mit

[Spaltenumbruch] ſchäften vorſtehen würden bis ihre Nachfolger ernannt worden wären.
Dieſe Nachricht erregt hier große Freude. Nun erſt wird ſich Leipzig
beruhigen. Hr. v. Karlowitz hat ſich in Leipzig ſelbſt überzeugt daß die
dortige Aufregung nicht bloß von einer Partei herrühre, ſondern eine
allgemeine ſey, welche beſonders durch die Erinnerung an die unſeligen
Auguſtereigniſſe begreiflich wird. So verdanken wir ihm wohl mit die
glückliche Entſcheidung dieſer Angelegenheit. Die Spannung in den
letzten Tagen war höchſt bedenklich. Hier bemühte man ſich auf jede
Weiſe durch Demonſtrationen aller Art den König in Unkunde über die
Wünſche des Landes zu erhalten, und die Dresdener Spießbürger gegen
die Leipziger aufzuregen. Gott ſey Dank daß unſer König enttäuſcht
worden iſt. Als Miniſter werden unter andern Braun, Zſchinsky, v.
Ehrenftein (zeither Finanzrath) und von der Pfordten aus Leipzig
genannt.


Die Truppen find aus der Umgegend
Leipzigs zurückgezogen. Braun iſt Miniſterpräfident, der Geſandte in
London Graf Beuſt Miniſter des Auswärtigen; die andern Mitglieder
find Hübel, v. Ehrenſtein, v. d. Pfordten.

K. Hannover.

In Peine iſt ein Geſuch
der Bürger mit den bekannten Wünſchen an den König fertig, in Osna-
brück wird es betrieben. Im allgemeinen nimmt ſich Hannover aufs ge-
mächlichſte Zeit zur Betheiligung an dem was ganz Deutſchland bewegt.
Der neulich erwähnten ſchriftlichen Antwort des Königs an den Magi-
ſtrat und die Bürgervorſteher ging nur um wenige Minuten eine münd-
liche voraus. Durch dieſe, in der Hannoveriſchen Zeitung vom 8 März
abgedruckte werden die geringen Hoffnungen die jene in Betreff der
Cenſur erwecken konnte, noch heruntergedrückt. Ueber Preßfreiheit
nämlich äußerte der König: „Völlig ungeregelte Preßlicenz werden Sie
ſelbſt nicht wollen. Die Aufhebung der Cenſur iſt aber nicht ausrei-
chend um den Zuſtand der Preſſe zu regeln. Es bedarf dazu weiterer
Beſtimmungen und Garantien gegen den Mißbrauch der Preſſe, rück-
ſichtlich deren eine vorgängige Benehmung mit Meinen Nachbarn und
Verbündeten ſowohl als mit Meinen Landſtänden unerläßlich iſt. Jch
verſpreche nichts was Ich nicht gewiß bin halten zu können. Jch kann
deßhalb auch in dieſer Hinficht keine umfaſſenden Zuſicherungen erthei-
len, ſo lange Jch nicht beſtimmt weiß was Ich an die Stelle der Cenſur
ſetzen will. Die Verſicherung aber ertheile Ich Ihnen daß Ich Ihren
Wünſchen die thunlichſte Berückſichtigung ſchenken werde.“

Preußen.

Der Prinz von Preußen, von
ſeinem königl. Bruder zum Generalgouverneur der Rheinprovinz und
Weſtfalens ernannt, iſt geſtern Abend hier angekommen, und im Regie-
rungsgebäude abgeſtiegen. Gleichzeitig war eine neue Bürgerverſamm-
lung angeſagt von einer Partei welcher die neulich genehmigte nach-
drückliche Adreſſe an den König noch nicht ſtark genug war. Aeußer-
lich iſt alles ruhig, nur find Truppen angekommen und die Einquartie-
rung iſt verſtärkt. Vorgeſtern wurde bei vollem Hauſe die Stumme
von Portici gegeben, und Stellen wie: „der Tag der Freiheit naht ꝛc.“
wurden mit tumultuariſchem Jubel begrüßt. Die Abgeordneten der
Rheinprovinz haben ſich in Bonn verſammelt und beſchloſſen gemein-
ſchaftlich eine ehrerbietige aber eindringliche Vorſtellung an den Kö-
nig zu richten und ihm das Eine was noththut anzurathen. In der
Stadt laufen Aufrufe um voll des wildeſten Republicanismus; ſie ſchei-
nen in Brüſſel oder London gedruckt und werden mit der Poſt ins Haus
geſandt.


In der heutigen Mittagsſtunde fand die
Audienz des hieſigen Magiſtrates und der Stadtwerordneten bei Sr.
Maj. dem König ſtatt. Auf die Anrede des Oberbürgermeiſters er-
wiederte Se. Majeſtät: „Es iſt mir lieb daß die Bürger meiner lieben
Stadt Berlin die erſten ſind die mir ihre Wünſche offen und treu dar-
legen. Wie überall, ſo iſt geſtern auch hier die Ruhe nicht von den
friedliebenden Bürgern, ſondern von Plünderern und Ruheſtörern ge-
ſtört worden, und ich habe meine Truppen zum Schutze des Eigenthums
einſchreiten laſſen. Wenn es in ganz Deutſchland kocht, kann es hier
nicht unter Null bleiben. Was Jhre Wünſche betrifft, ſo bin ich Ihnen
ſchon zuvorgekommen. Ich habe meine getreuen Stände mit denen ich
gemeinſchaftlich aller Wohl berathen will, zum 27 April zuſammenbe-
rufen. Sie haben die Männer kennen gelernt die mein und Jhr Ver-
trauen verdienen. Ich will freie Völker, aber auch die Fürſten müſſen
frei ſeyn. Halten Sie das was ich Jhnen hier ſage für keine leere
Phraſe ꝛc.“ Der Miniſter v. Bodelſchwingh ſagte der Deputation au-
ßerdem daß, wenn nicht der Fürſtencongreß in Dresden beabſichtigt
[Spaltenumbruch] wäre, der Landtag noch früher zuſammentreten würde, und es ſey mög-
lich daß wenn aus erſterem nichts werde, dieſe Einberufung auch früher
geſchehen würde. Jedenfalls wird alſo der preußiſche Landtag gleich-
zeitig mit der Pariſer Nationalverſammlung (20 April) ſeine Bera-
thungen pflegen.


Der Vereinigte Landtag
iſt auf den 26 April einberufen. Dieß iſt geſtern Mittags, alſo bereits
mehrere Stunden vor dem Ausbruch des Krawalls, im Staatsrath
beſchloſſen worden. Ein ſpecieller Zweck der Einberufung wird nicht
angegeben, ſondern Se. Majeſtät empfindet das Bedürfniß zur „Regene-
ration des deutſchen Volks“ ſich mit den Vertretern des Landes zu ver-
einen. Heute Abends wird wahrſcheinlich die Allg. Preuß. Zeitung be-
reits das Einberufungspatent enthalten. — Auf den 25 März ſollte ein
deutſcher Fürſtencongreß in Dresden ſtattfinden. Jn Anbetracht der
dringenden Verhältniſſe wird es indeß ſchwerlich dazu kommen, und es iſt
demnach ſehr wahrſcheinlich daß der Vereinigte Landtag noch früher zu-
ſammentreten wird. Dieſe Entſchließung wird dem Lande Ruhe und
Vertrauen und der Regierung Stärke geben. Berlin iſt ruhig.


Berlin iſt heute den gan-
zen Tag über durchaus ruhig geweſen, und nichts hat an die Scenen
des geſtrigen Abends erinnert. Nach den Details welche uns noch im
Laufe des Tages über die geſtrigen Ereigniſſe zugingen, ſcheint es aber
doch an manchen Stellen mit Kolbenſtößen und Säbelhieben ſchärfer zu-
gegangen zu ſeyn als auf den erſten Blick erſcheinen wollte. Leider
fürchten wir daß die Unruhen ſich auch heute erneuen werden, wenig-
ſtens nimmt die Bewegung auf den Straßen mit Einbruch der Dunkel-
heit ſichtlich zu und die gleichzeitig patrouillirenden ſtarken Militärab-
theilungen ſind nicht gerade geeignet beſänftigend zu wirken. Es ſind
dieſe militäriſchen Demonſtrationen meiſtentheils der Anfangs- und An-
haltspunkt unſerer Krawalle, ohne daß man bis jetzt davon abzuſtehen
veranlaßt wäre. Dieſen Nachmittag um 4 Uhr iſt an allen Straßen-
ecken eine große polizeiliche Bekanntmachung angeſchlagen, worin die
beſtehenden Geſetze über Tumult und Aufruhr in Erinnerung gebracht,
und zugleich alle Hausväter, Fabrikherren u. ſ. w. angewieſen wer-
den ihre Angehörigen zu Hauſe zu halten, und reſpective die Wohnun-
gen zu ſchließen. Den Hötelbeſitzern, Speiſewirthen und ſonſtigen Jn-
habern öffentlicher Locale iſt mit Bezug auf ein beſtehendes Geſetz aus
den dreißiger Jahren aufgegeben bei Verluſt der Conceſſion alle politi-
ſchen Unterhaltungen in ihren Localen zu verbieten. Das meiſte ver-
ſpricht man ſich von der vermuthlich heute Abend ſchon in der Allgemei-
nen Preußiſchen Zeitung erſcheinenden Einberufung des Vereinigten
Landtages. Das Staatsminiſterium iſt bereits heut Abend zuſam-
men getreten, um im Verfolg der allerhöchſten Beſtimmungen vom
8 d. M. über die Preſſe die nöthigen Vorbereitungen zur eventuellen
ſofortigen Emanirung eines proviſoriſchen Preßgeſetzes zu treffen. Be-
kanntlich hat der König das letztere für den Fall in Ausſicht geſtellt daß
ſeine Beſtrebungen für eine gemeinſame deutſche Bundesgeſetzgebung ſich
zu lang hinausziehen ſollten. Die allgemeine Meinung fordert ein ſol-
ches proviſoriſches Geſetz täglich dringlicher, da man eine Bundesgeſetz-
gebung gerade im gegenwärtigen Augenblick wohl nicht mit Unrecht ſehr
weit ausſehend glaubt. Unſere Buchhändler und Buchdrucker hielten
heute Nachmittag eine große Verſammlung zur Entwerfung einer Adreſſe
an den König, in welcher jene Anficht ebenfalls vertreten werden ſoll.


Patent wegen Einberufung des Vereinigten
Landtags
. Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König
von Preußen ꝛc. haben im Verein mit der kaiſerlich öſterreichiſchen Re-
gierung Unſere deutſchen Bundesgenoſſen eingeladen ſich unverzüglich
zu einer gemeinſamen Berathung über diejenigen Maßregeln zu verei-
nigen welche unter den gegenwärtigen ſchwierigen und gefahrvollen
Verhältniſſen das Wohl des deutſchen Vaterlandes erheiſcht, und ſind
entſchloſſen mit allen Unſern Kräften dahin zu wirken daß dieſe Bera-
thungen zu einer wirklichen Regeneration des deutſchen Bundes füh-
ren, damit das deutſche Volk in ihm wahrhaft vereinigt, durch freie
Jnſtitutionen gekräftigt, nicht minder aber auch gegen die Gefahren des
Umſturzes und der Anarchie geſchützt, die alte Größe wieder gewinne,
damit Deutſchland den ihm gebührenden Rang in Europa einnehme.
Welches aber auch der Erſolg dieſer Unſerer Bemühungen ſeyn möge,
ſo werden jedenfalls dadurch Maßregeln für Unſere Staaten bedingt zu
deren Ausführung Wir der Mitwirkung Unſerer getreuen Stände be-
dürfen. Dieſerhalb und weil Wir überhaupt in ſo großen und entſchei-
denden Epochen, wie die gegenwärtige, Uns nur in Vereinigung mit

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[1236/0004] ſchäften vorſtehen würden bis ihre Nachfolger ernannt worden wären. Dieſe Nachricht erregt hier große Freude. Nun erſt wird ſich Leipzig beruhigen. Hr. v. Karlowitz hat ſich in Leipzig ſelbſt überzeugt daß die dortige Aufregung nicht bloß von einer Partei herrühre, ſondern eine allgemeine ſey, welche beſonders durch die Erinnerung an die unſeligen Auguſtereigniſſe begreiflich wird. So verdanken wir ihm wohl mit die glückliche Entſcheidung dieſer Angelegenheit. Die Spannung in den letzten Tagen war höchſt bedenklich. Hier bemühte man ſich auf jede Weiſe durch Demonſtrationen aller Art den König in Unkunde über die Wünſche des Landes zu erhalten, und die Dresdener Spießbürger gegen die Leipziger aufzuregen. Gott ſey Dank daß unſer König enttäuſcht worden iſt. Als Miniſter werden unter andern Braun, Zſchinsky, v. Ehrenftein (zeither Finanzrath) und von der Pfordten aus Leipzig genannt. ♂ Dresden, 14 März. Die Truppen find aus der Umgegend Leipzigs zurückgezogen. Braun iſt Miniſterpräfident, der Geſandte in London Graf Beuſt Miniſter des Auswärtigen; die andern Mitglieder find Hübel, v. Ehrenſtein, v. d. Pfordten. K. Hannover. Hannover, 9 März. In Peine iſt ein Geſuch der Bürger mit den bekannten Wünſchen an den König fertig, in Osna- brück wird es betrieben. Im allgemeinen nimmt ſich Hannover aufs ge- mächlichſte Zeit zur Betheiligung an dem was ganz Deutſchland bewegt. Der neulich erwähnten ſchriftlichen Antwort des Königs an den Magi- ſtrat und die Bürgervorſteher ging nur um wenige Minuten eine münd- liche voraus. Durch dieſe, in der Hannoveriſchen Zeitung vom 8 März abgedruckte werden die geringen Hoffnungen die jene in Betreff der Cenſur erwecken konnte, noch heruntergedrückt. Ueber Preßfreiheit nämlich äußerte der König: „Völlig ungeregelte Preßlicenz werden Sie ſelbſt nicht wollen. Die Aufhebung der Cenſur iſt aber nicht ausrei- chend um den Zuſtand der Preſſe zu regeln. Es bedarf dazu weiterer Beſtimmungen und Garantien gegen den Mißbrauch der Preſſe, rück- ſichtlich deren eine vorgängige Benehmung mit Meinen Nachbarn und Verbündeten ſowohl als mit Meinen Landſtänden unerläßlich iſt. Jch verſpreche nichts was Ich nicht gewiß bin halten zu können. Jch kann deßhalb auch in dieſer Hinficht keine umfaſſenden Zuſicherungen erthei- len, ſo lange Jch nicht beſtimmt weiß was Ich an die Stelle der Cenſur ſetzen will. Die Verſicherung aber ertheile Ich Ihnen daß Ich Ihren Wünſchen die thunlichſte Berückſichtigung ſchenken werde.“ Preußen. ☉ Köln, 14 März. Der Prinz von Preußen, von ſeinem königl. Bruder zum Generalgouverneur der Rheinprovinz und Weſtfalens ernannt, iſt geſtern Abend hier angekommen, und im Regie- rungsgebäude abgeſtiegen. Gleichzeitig war eine neue Bürgerverſamm- lung angeſagt von einer Partei welcher die neulich genehmigte nach- drückliche Adreſſe an den König noch nicht ſtark genug war. Aeußer- lich iſt alles ruhig, nur find Truppen angekommen und die Einquartie- rung iſt verſtärkt. Vorgeſtern wurde bei vollem Hauſe die Stumme von Portici gegeben, und Stellen wie: „der Tag der Freiheit naht ꝛc.“ wurden mit tumultuariſchem Jubel begrüßt. Die Abgeordneten der Rheinprovinz haben ſich in Bonn verſammelt und beſchloſſen gemein- ſchaftlich eine ehrerbietige aber eindringliche Vorſtellung an den Kö- nig zu richten und ihm das Eine was noththut anzurathen. In der Stadt laufen Aufrufe um voll des wildeſten Republicanismus; ſie ſchei- nen in Brüſſel oder London gedruckt und werden mit der Poſt ins Haus geſandt. Γ Berlin, 14 März. In der heutigen Mittagsſtunde fand die Audienz des hieſigen Magiſtrates und der Stadtwerordneten bei Sr. Maj. dem König ſtatt. Auf die Anrede des Oberbürgermeiſters er- wiederte Se. Majeſtät: „Es iſt mir lieb daß die Bürger meiner lieben Stadt Berlin die erſten ſind die mir ihre Wünſche offen und treu dar- legen. Wie überall, ſo iſt geſtern auch hier die Ruhe nicht von den friedliebenden Bürgern, ſondern von Plünderern und Ruheſtörern ge- ſtört worden, und ich habe meine Truppen zum Schutze des Eigenthums einſchreiten laſſen. Wenn es in ganz Deutſchland kocht, kann es hier nicht unter Null bleiben. Was Jhre Wünſche betrifft, ſo bin ich Ihnen ſchon zuvorgekommen. Ich habe meine getreuen Stände mit denen ich gemeinſchaftlich aller Wohl berathen will, zum 27 April zuſammenbe- rufen. Sie haben die Männer kennen gelernt die mein und Jhr Ver- trauen verdienen. Ich will freie Völker, aber auch die Fürſten müſſen frei ſeyn. Halten Sie das was ich Jhnen hier ſage für keine leere Phraſe ꝛc.“ Der Miniſter v. Bodelſchwingh ſagte der Deputation au- ßerdem daß, wenn nicht der Fürſtencongreß in Dresden beabſichtigt wäre, der Landtag noch früher zuſammentreten würde, und es ſey mög- lich daß wenn aus erſterem nichts werde, dieſe Einberufung auch früher geſchehen würde. Jedenfalls wird alſo der preußiſche Landtag gleich- zeitig mit der Pariſer Nationalverſammlung (20 April) ſeine Bera- thungen pflegen. — Berlin, 14 März Mittags 11 Uhr. Der Vereinigte Landtag iſt auf den 26 April einberufen. Dieß iſt geſtern Mittags, alſo bereits mehrere Stunden vor dem Ausbruch des Krawalls, im Staatsrath beſchloſſen worden. Ein ſpecieller Zweck der Einberufung wird nicht angegeben, ſondern Se. Majeſtät empfindet das Bedürfniß zur „Regene- ration des deutſchen Volks“ ſich mit den Vertretern des Landes zu ver- einen. Heute Abends wird wahrſcheinlich die Allg. Preuß. Zeitung be- reits das Einberufungspatent enthalten. — Auf den 25 März ſollte ein deutſcher Fürſtencongreß in Dresden ſtattfinden. Jn Anbetracht der dringenden Verhältniſſe wird es indeß ſchwerlich dazu kommen, und es iſt demnach ſehr wahrſcheinlich daß der Vereinigte Landtag noch früher zu- ſammentreten wird. Dieſe Entſchließung wird dem Lande Ruhe und Vertrauen und der Regierung Stärke geben. Berlin iſt ruhig. — Berlin, 14 März. Abends 7 Uhr. Berlin iſt heute den gan- zen Tag über durchaus ruhig geweſen, und nichts hat an die Scenen des geſtrigen Abends erinnert. Nach den Details welche uns noch im Laufe des Tages über die geſtrigen Ereigniſſe zugingen, ſcheint es aber doch an manchen Stellen mit Kolbenſtößen und Säbelhieben ſchärfer zu- gegangen zu ſeyn als auf den erſten Blick erſcheinen wollte. Leider fürchten wir daß die Unruhen ſich auch heute erneuen werden, wenig- ſtens nimmt die Bewegung auf den Straßen mit Einbruch der Dunkel- heit ſichtlich zu und die gleichzeitig patrouillirenden ſtarken Militärab- theilungen ſind nicht gerade geeignet beſänftigend zu wirken. Es ſind dieſe militäriſchen Demonſtrationen meiſtentheils der Anfangs- und An- haltspunkt unſerer Krawalle, ohne daß man bis jetzt davon abzuſtehen veranlaßt wäre. Dieſen Nachmittag um 4 Uhr iſt an allen Straßen- ecken eine große polizeiliche Bekanntmachung angeſchlagen, worin die beſtehenden Geſetze über Tumult und Aufruhr in Erinnerung gebracht, und zugleich alle Hausväter, Fabrikherren u. ſ. w. angewieſen wer- den ihre Angehörigen zu Hauſe zu halten, und reſpective die Wohnun- gen zu ſchließen. Den Hötelbeſitzern, Speiſewirthen und ſonſtigen Jn- habern öffentlicher Locale iſt mit Bezug auf ein beſtehendes Geſetz aus den dreißiger Jahren aufgegeben bei Verluſt der Conceſſion alle politi- ſchen Unterhaltungen in ihren Localen zu verbieten. Das meiſte ver- ſpricht man ſich von der vermuthlich heute Abend ſchon in der Allgemei- nen Preußiſchen Zeitung erſcheinenden Einberufung des Vereinigten Landtages. Das Staatsminiſterium iſt bereits heut Abend zuſam- men getreten, um im Verfolg der allerhöchſten Beſtimmungen vom 8 d. M. über die Preſſe die nöthigen Vorbereitungen zur eventuellen ſofortigen Emanirung eines proviſoriſchen Preßgeſetzes zu treffen. Be- kanntlich hat der König das letztere für den Fall in Ausſicht geſtellt daß ſeine Beſtrebungen für eine gemeinſame deutſche Bundesgeſetzgebung ſich zu lang hinausziehen ſollten. Die allgemeine Meinung fordert ein ſol- ches proviſoriſches Geſetz täglich dringlicher, da man eine Bundesgeſetz- gebung gerade im gegenwärtigen Augenblick wohl nicht mit Unrecht ſehr weit ausſehend glaubt. Unſere Buchhändler und Buchdrucker hielten heute Nachmittag eine große Verſammlung zur Entwerfung einer Adreſſe an den König, in welcher jene Anficht ebenfalls vertreten werden ſoll. Berlin. Patent wegen Einberufung des Vereinigten Landtags. Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. haben im Verein mit der kaiſerlich öſterreichiſchen Re- gierung Unſere deutſchen Bundesgenoſſen eingeladen ſich unverzüglich zu einer gemeinſamen Berathung über diejenigen Maßregeln zu verei- nigen welche unter den gegenwärtigen ſchwierigen und gefahrvollen Verhältniſſen das Wohl des deutſchen Vaterlandes erheiſcht, und ſind entſchloſſen mit allen Unſern Kräften dahin zu wirken daß dieſe Bera- thungen zu einer wirklichen Regeneration des deutſchen Bundes füh- ren, damit das deutſche Volk in ihm wahrhaft vereinigt, durch freie Jnſtitutionen gekräftigt, nicht minder aber auch gegen die Gefahren des Umſturzes und der Anarchie geſchützt, die alte Größe wieder gewinne, damit Deutſchland den ihm gebührenden Rang in Europa einnehme. Welches aber auch der Erſolg dieſer Unſerer Bemühungen ſeyn möge, ſo werden jedenfalls dadurch Maßregeln für Unſere Staaten bedingt zu deren Ausführung Wir der Mitwirkung Unſerer getreuen Stände be- dürfen. Dieſerhalb und weil Wir überhaupt in ſo großen und entſchei- denden Epochen, wie die gegenwärtige, Uns nur in Vereinigung mit

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 78, 18. März 1848, S. 1236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine78_1848/4>, abgerufen am 21.11.2024.