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Allgemeine Zeitung, Nr. 78, 18. März 1848.

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[Spaltenumbruch] Unsern Ständen stark fühlen, haben Wir beschlossen den Vereinigten
Landtag auf Donnerstag den 27 April d. J. in Unserer Haupt- und Re-
sidenzstadt Berlin zu eröffnen, und beauftragen das Staatsministerium
die Einberufung desselben durch den Minister des Jnnern zu veranlas-
sen, auch die sonst erforderlichen Vorbereitungen zu treffen. Gegeben

Friedrich Wilhelm. Prinz von
Preußen. Mühler. v. Rother. Eichhorn. v. Thile. v. Savigny.
v. Bodelschwingh. Graf zu Stolberg. Uhden. Frhr. v. Canitz.
v. Düesberg. v. Rohr.

Die Allg. Preuß. Zeitung vom 15 März enthält
folgenden halbofficiellen Artikel: "Die Regierungen von Oesterreich und
Preußen haben fich über ihre Stellung zu den Fragen welche sich an
die in Frankreich eingetretene Verfassungsveränderung knüpfen, bereits
offen und deutlich ausgesprochen. Es kann niemand darüber im Zwei-
fel seyn daß sie, fern von jedem Gedanken einer Einmischung in die in-
nern Angelegenheiten dieses Staates, eben so entschlossen sind jede Ver-
letzung der bestehenden Verträge mit vereinten Kräften zurückzuweisen.
Jhre weitere Betrachtung hat sich auf die gegenwärtige Lage des Bun-
des wenden müssen, welchem die Pflicht obliegt in einer so tief bewegten
Zeit für den äußern Schutz Deutschlands und dessen innere Wohlfahrt
Sorge zu tragen. Wenn je, so bedarf es jetzt der ganzen Weisheit der
Regierungen und der ganzen Eintracht der Nation um die Gefahren
abzuwenden mit denen das gemeinsame Vaterland bedroht ist. Oester-
reich und Preußen haben daher ihre deutschen Bundesgenossen ersucht
sich mit ihnen ungesäumt zu einer umfassenden Berathung alles dessen
zu vereinigen was unter den gegebenen Umständen das Wohl Deutsch-
lands erheischt. Diese Versammlung wird am 25 März zu Dresden
eröffnet werden. Beide Regierungen hegen die vertrauensvolle Erwar-
tung daß es auf diesem geordnetem Wege gelingen werde den wohlbe-
gründeten nationalen Bedürfnissen zu entsprechen, und diejenigen Jnsti-
tutionen zu sichern durch welche Deutschland gekräftigt und erhoben,
dem Auslande gegenüber aber in der ihm gebührenden Stellung unter
den europäischen Nationen befestigt werde. Sie werden aber auch im
Vereine mit ihren deutschen Bundesgenossen ebenso ernst und nachdrück-
lich solchen Versuchen entgegentreten die auf die Vernichtung der recht-
lichen Ordnung in Deutschand hinausgehen und im deutschen Bunde ei-
nen Zustand von Zwietracht und Auflösung erzeugen würden der ihn
wehrlos in die Hände jedes Feindes gäbe. Jndem die deutschen Regie-
rungen sich zu diesem Werke vereinigen, nehmen sie für dasselbe den
bessern Geist der Nation in Anspruch, die Einsicht und den Willen aller
welche es vermögen inmitten der Aufregungen und Täuschungen der
Gegenwart auch die Zukunft ins Auge zu fassen, und die Bedingungen
zu erkennen unter welchen allein eine heilsame Entwickelung des alle
deutschen Stämme umfassenden Bundes möglich ist."


Gestern Abend ist ein Mitglied der
Deputation, welche aus dem Oberbürgermeister und drei Stadtverord-
neten bestehend von hier nach Berlin gegangen war um die Wünsche des
Volks Sr. Majestät darzulegen, wieder in Breslau eingetroffen. Die
Nachrichten welche das Deputationsmitglied von der bei Sr. Majestät
gehabten Audienz überbringt, sind für alle unsere Hoffnungen äußerst
niederschlagend. Die Deputation hatte zuerst bei dem Justizminister
und bei dem Minister des Jnnern Zutritt. Bei letzterem wurde festge-
stellt daß die Audienz bei Sr. Maj. Sonnabends um 10 Uhr statthaben
solle. Bei derselben führte der Oberbürgermeister Pinder hauptsächlich
das Wort. Auf die drei Wünsche welche letzterer verläufig als die
dringendsien bezeichnete, nämlich: sofortige Einberufung des
Vereinigten Landtages, Preßfreiheit und Bewaffnung
der Bürger
, entgegnete Se. Maj.: daß eine baldige Einberufung des
Landtages schon deßhalb nicht möglich sey weil die dazu nöthigen Vor-
arbeiten nicht gemacht wären. Jn Bezug auf die Preßfreiheit müßten
ihnen seine letzten Entschließungen schon bekannt seyn, und was die Be-
waffnung der Bürgerschaft anbetreffe so erkenne er sie als unzweckmäßig.
Ueberhaupt sey der Augenblick nicht dazu geeignet um Concessionen zu
machen; in dem Augenblick wo der Feind die Marken des Landes be-
drohe, sey Preußen das Bollwerk Deutschlands, und diese Aufgabe könne
nur im innigsten Einverständniß zwischen Fürst und Volk gelöst werden.
Wiederholte Gegenrede hatte kein anderes Resultat; übrigens bewies
sich Se. Maj. gegen die Deputation sehr herablassend und freundlich.
Diese Meldung hat einen äußerst niederdrückenden Einfluß auf die Ge-
müther ausgeübt. Man erwartet mit Bangen das weitere. Heute
Abend soll eine große Volksversammlung stattfinden, ebenso wollen sich
[Spaltenumbruch] die Studirenden versammeln um auch Kundgebungen ihrerseits zu ver-
abreden.

Oesterreich.

Gegen das zur Erhaltung der
Ruhe am Ständehaus herbeigeeilte Militär fielen, wie allgemein mit Be-
stimmtheit versichert wird, von Seite des Volks nur unbedeutende Neckereien
vor; von wirklichen Verletzungen kann keine Rede seyn, da das Volk
ganz unbewaffnet in dicht gedrängten Massen vor dem landständischen
Gebäude in der Herrngasse und ihren Nebengassen stand. Durch ein un-
glückliches Mißverständniß und, wie es heißt, gegen den Befehl der Re-
gierung ward durch die Raschheit und Unüberlegtheit eines jungen Mi-
litärcommandanten Feuer auf diese Massen gegeben, und mehrere Men-
schen wurden verwundet oder getödtet. Es kann nicht anders seyn als
daß viele Soldaten abfichtlich zu hoch schossen, denn hätten diese gut ge-
zielt, so wäre das Blutbad in der dichtgedrängten Menge entsetzlich ge-
wesen. Von diesem Augenblick an ward die Bewegung allgemein in der
Stadt. Zum Theil erhob sich das Volk auch in einigen Vorstädten, nir-
gends jedoch mit Waffen in der Hand, sondern nur, wie durch ein wun-
derbares, nicht im voraus verabredetes Einverständniß, in der Absicht
durch einen allgemeinen Schrei des Unwillens und die Unermeßlichkeit
der Zahl zu imponiren. Natürlich benützte, wie bei solchen Gelegenhei-
ten gewöhnlich, eine geringe Anzahl die Verwirrung um an einigen
öffentlichen Gebäuden die Fenster zu zertrümmern. Dieß war der Fall
an der sogenannten Stallburg zwischen dem Josephs- und dem Michaeler-
platze, am alten magistratischen Criminalgebäude und an der Polizei-
Oberdirection, wo einige von der Polizeimannschaft aus den Fenstern
schossen und zwei oder drei Personen verwundeten. Noch ein blutiger
Zusammenstoß hatte am Judenplatz durch einen Angriff der Cavallerie
statt und auf dem Glacis bei den kaiserlichen Stallungen, wo auch meh-
rere Personen verwundet oder getödtet worden seyn sollen. Wiederholte
Befehle waren vom Hof und der Regierung aus an die Militärbehörden
ergangen mit aller Schonung gegen das Volk zu verfahren und jeden
blutigen Zusammenstoß zu vermeiden. Daß diese Befehle nicht befolgt
wurden, beweist wie schwer es seyn mag bei großen Bewegungen selbst
organisirte Kräfte zu leiten und zu beherrschen. Mehrere Deputationen,
die bei Sr. Maj. dem Kaiser vorgelassen wurden, bewirkten durch drin-
gende Vorstellungen die Entlassung des Fürsten-Staatskanzlers, die
Aufstellung eines Comite's zur Prüfung und Unterbreitung von Vor-
schlägen zu entsprechenden Reformen, und hatten die Ertheilung der Er-
laubniß zur Bewaffnung der Studirenden der Universität zur Folge.
Der Zudrang der Studirenden und einer großen Zahl von meist wohl-
gekleideten Personen am bürgerlichen Zeughaus auf dem Platz am Hof
war ungeheuer; Schreiber dieses gelangte durch die Menge in den Hof
des Arsenals und wohnte der Bewaffnung der Studirenden bei, die von
9 Uhr bis nach Mitternacht fortdauerte. Der Jubel und die Jnnigkeit
mit welcher hier das Bürgermilitär und die Studirenden, draußen Men-
schen aller Classen miteinander fraternisirten, war unbeschreiblich. Die ein-
zelnen Abtheilungen der Studirenden, von Bürgermilitär begleitet, ver-
ließen, sowie sie bewaffnet waren, den Hof und zogen unter Trommelschlag
und dem Jubel der Menge durch die Straßen der Stadt, wo sie aus den
erleuchteten Fenstern von den Einwohnern, vorzüglich von dem weiblichen
Theil derselben, mit Begeisterung begrüßt wurden. Durchaus anstän-
dige, elegant gekleidete Menschenmassen begleiteten die einzelnen Züge, so
daß sich die von vielen gemachte Bemerkung von selbst aufdrang daß dieß
eine Revolution von Gentlemen sey. Von einem uniformirten Herrn
wurde gestern noch spät Abends in den Gassen verkündet, es sey bereits
Preßfreiheit und eine reichsständische Vertretung bewilligt. Die Kund-
machung, die heute früh 4 Uhr angeschlagen wurde, enthält nichts da-
von, und bringt überhaupt nichts neues, außer daß das oben erwähnte
Comite auch aus dem Bürgerstand Mitglieder erhalten soll. Ebenso
verkündigte heute früh ein in Civil gekleideter Mann der an der
Spitze eines Zuges Bürgergarde ging: daß die Wachposten der Stadt
dem Bürgermilitär übergeben werden sollen; bis jetzt (3 Uhr Nach-
mittags) sind die meisten wichtigern Posten, als die Burg, das Hof-
kriegsgebäude, sämmtliche Stadtthorwachen vom Militär besetzt. Bürger-
wachen fand ich jedoch am Josephsplatz, wo sie mit Ausnahme des in den
Schweizerhof führenden Thores alles besetzt haben. Vor dem Hofkriegs-
gebäude bilden in diesem Augenblick die Bürger mit entblößten Degen
ein Viereck vor dem Eingang, die Wachzimmer sind noch vom Militär
besetzt. Wahrscheinlich wird daher auf diesem Punkt unverzüglich die
Ablösung durch die Bürger stattfinden. Die Vertheilung des Militärs
war gestern Nachts wie folgt. Vor dem Kriegsgebäude stand eine starke

[Spaltenumbruch] Unſern Ständen ſtark fühlen, haben Wir beſchloſſen den Vereinigten
Landtag auf Donnerſtag den 27 April d. J. in Unſerer Haupt- und Re-
ſidenzſtadt Berlin zu eröffnen, und beauftragen das Staatsminiſterium
die Einberufung desſelben durch den Miniſter des Jnnern zu veranlaſ-
ſen, auch die ſonſt erforderlichen Vorbereitungen zu treffen. Gegeben

Friedrich Wilhelm. Prinz von
Preußen. Mühler. v. Rother. Eichhorn. v. Thile. v. Savigny.
v. Bodelſchwingh. Graf zu Stolberg. Uhden. Frhr. v. Canitz.
v. Düesberg. v. Rohr.

Die Allg. Preuß. Zeitung vom 15 März enthält
folgenden halbofficiellen Artikel: „Die Regierungen von Oeſterreich und
Preußen haben fich über ihre Stellung zu den Fragen welche ſich an
die in Frankreich eingetretene Verfaſſungsveränderung knüpfen, bereits
offen und deutlich ausgeſprochen. Es kann niemand darüber im Zwei-
fel ſeyn daß ſie, fern von jedem Gedanken einer Einmiſchung in die in-
nern Angelegenheiten dieſes Staates, eben ſo entſchloſſen ſind jede Ver-
letzung der beſtehenden Verträge mit vereinten Kräften zurückzuweiſen.
Jhre weitere Betrachtung hat ſich auf die gegenwärtige Lage des Bun-
des wenden müſſen, welchem die Pflicht obliegt in einer ſo tief bewegten
Zeit für den äußern Schutz Deutſchlands und deſſen innere Wohlfahrt
Sorge zu tragen. Wenn je, ſo bedarf es jetzt der ganzen Weisheit der
Regierungen und der ganzen Eintracht der Nation um die Gefahren
abzuwenden mit denen das gemeinſame Vaterland bedroht iſt. Oeſter-
reich und Preußen haben daher ihre deutſchen Bundesgenoſſen erſucht
ſich mit ihnen ungeſäumt zu einer umfaſſenden Berathung alles deſſen
zu vereinigen was unter den gegebenen Umſtänden das Wohl Deutſch-
lands erheiſcht. Dieſe Verſammlung wird am 25 März zu Dresden
eröffnet werden. Beide Regierungen hegen die vertrauensvolle Erwar-
tung daß es auf dieſem geordnetem Wege gelingen werde den wohlbe-
gründeten nationalen Bedürfniſſen zu entſprechen, und diejenigen Jnſti-
tutionen zu ſichern durch welche Deutſchland gekräftigt und erhoben,
dem Auslande gegenüber aber in der ihm gebührenden Stellung unter
den europäiſchen Nationen befeſtigt werde. Sie werden aber auch im
Vereine mit ihren deutſchen Bundesgenoſſen ebenſo ernſt und nachdrück-
lich ſolchen Verſuchen entgegentreten die auf die Vernichtung der recht-
lichen Ordnung in Deutſchand hinausgehen und im deutſchen Bunde ei-
nen Zuſtand von Zwietracht und Auflöſung erzeugen würden der ihn
wehrlos in die Hände jedes Feindes gäbe. Jndem die deutſchen Regie-
rungen ſich zu dieſem Werke vereinigen, nehmen ſie für dasſelbe den
beſſern Geiſt der Nation in Anſpruch, die Einſicht und den Willen aller
welche es vermögen inmitten der Aufregungen und Täuſchungen der
Gegenwart auch die Zukunft ins Auge zu faſſen, und die Bedingungen
zu erkennen unter welchen allein eine heilſame Entwickelung des alle
deutſchen Stämme umfaſſenden Bundes möglich iſt.“


Geſtern Abend iſt ein Mitglied der
Deputation, welche aus dem Oberbürgermeiſter und drei Stadtverord-
neten beſtehend von hier nach Berlin gegangen war um die Wünſche des
Volks Sr. Majeſtät darzulegen, wieder in Breslau eingetroffen. Die
Nachrichten welche das Deputationsmitglied von der bei Sr. Majeſtät
gehabten Audienz überbringt, ſind für alle unſere Hoffnungen äußerſt
niederſchlagend. Die Deputation hatte zuerſt bei dem Juſtizminiſter
und bei dem Miniſter des Jnnern Zutritt. Bei letzterem wurde feſtge-
ſtellt daß die Audienz bei Sr. Maj. Sonnabends um 10 Uhr ſtatthaben
ſolle. Bei derſelben führte der Oberbürgermeiſter Pinder hauptſächlich
das Wort. Auf die drei Wünſche welche letzterer verläufig als die
dringendſien bezeichnete, nämlich: ſofortige Einberufung des
Vereinigten Landtages, Preßfreiheit und Bewaffnung
der Bürger
, entgegnete Se. Maj.: daß eine baldige Einberufung des
Landtages ſchon deßhalb nicht möglich ſey weil die dazu nöthigen Vor-
arbeiten nicht gemacht wären. Jn Bezug auf die Preßfreiheit müßten
ihnen ſeine letzten Entſchließungen ſchon bekannt ſeyn, und was die Be-
waffnung der Bürgerſchaft anbetreffe ſo erkenne er ſie als unzweckmäßig.
Ueberhaupt ſey der Augenblick nicht dazu geeignet um Conceſſionen zu
machen; in dem Augenblick wo der Feind die Marken des Landes be-
drohe, ſey Preußen das Bollwerk Deutſchlands, und dieſe Aufgabe könne
nur im innigſten Einverſtändniß zwiſchen Fürſt und Volk gelöst werden.
Wiederholte Gegenrede hatte kein anderes Reſultat; übrigens bewies
ſich Se. Maj. gegen die Deputation ſehr herablaſſend und freundlich.
Dieſe Meldung hat einen äußerſt niederdrückenden Einfluß auf die Ge-
müther ausgeübt. Man erwartet mit Bangen das weitere. Heute
Abend ſoll eine große Volksverſammlung ſtattfinden, ebenſo wollen ſich
[Spaltenumbruch] die Studirenden verſammeln um auch Kundgebungen ihrerſeits zu ver-
abreden.

Oeſterreich.

Gegen das zur Erhaltung der
Ruhe am Ständehaus herbeigeeilte Militär fielen, wie allgemein mit Be-
ſtimmtheit verſichert wird, von Seite des Volks nur unbedeutende Neckereien
vor; von wirklichen Verletzungen kann keine Rede ſeyn, da das Volk
ganz unbewaffnet in dicht gedrängten Maſſen vor dem landſtändiſchen
Gebäude in der Herrngaſſe und ihren Nebengaſſen ſtand. Durch ein un-
glückliches Mißverſtändniß und, wie es heißt, gegen den Befehl der Re-
gierung ward durch die Raſchheit und Unüberlegtheit eines jungen Mi-
litärcommandanten Feuer auf dieſe Maſſen gegeben, und mehrere Men-
ſchen wurden verwundet oder getödtet. Es kann nicht anders ſeyn als
daß viele Soldaten abfichtlich zu hoch ſchoſſen, denn hätten dieſe gut ge-
zielt, ſo wäre das Blutbad in der dichtgedrängten Menge entſetzlich ge-
weſen. Von dieſem Augenblick an ward die Bewegung allgemein in der
Stadt. Zum Theil erhob ſich das Volk auch in einigen Vorſtädten, nir-
gends jedoch mit Waffen in der Hand, ſondern nur, wie durch ein wun-
derbares, nicht im voraus verabredetes Einverſtändniß, in der Abſicht
durch einen allgemeinen Schrei des Unwillens und die Unermeßlichkeit
der Zahl zu imponiren. Natürlich benützte, wie bei ſolchen Gelegenhei-
ten gewöhnlich, eine geringe Anzahl die Verwirrung um an einigen
öffentlichen Gebäuden die Fenſter zu zertrümmern. Dieß war der Fall
an der ſogenannten Stallburg zwiſchen dem Joſephs- und dem Michaeler-
platze, am alten magiſtratiſchen Criminalgebäude und an der Polizei-
Oberdirection, wo einige von der Polizeimannſchaft aus den Fenſtern
ſchoſſen und zwei oder drei Perſonen verwundeten. Noch ein blutiger
Zuſammenſtoß hatte am Judenplatz durch einen Angriff der Cavallerie
ſtatt und auf dem Glacis bei den kaiſerlichen Stallungen, wo auch meh-
rere Perſonen verwundet oder getödtet worden ſeyn ſollen. Wiederholte
Befehle waren vom Hof und der Regierung aus an die Militärbehörden
ergangen mit aller Schonung gegen das Volk zu verfahren und jeden
blutigen Zuſammenſtoß zu vermeiden. Daß dieſe Befehle nicht befolgt
wurden, beweist wie ſchwer es ſeyn mag bei großen Bewegungen ſelbſt
organiſirte Kräfte zu leiten und zu beherrſchen. Mehrere Deputationen,
die bei Sr. Maj. dem Kaiſer vorgelaſſen wurden, bewirkten durch drin-
gende Vorſtellungen die Entlaſſung des Fürſten-Staatskanzlers, die
Aufſtellung eines Comite’s zur Prüfung und Unterbreitung von Vor-
ſchlägen zu entſprechenden Reformen, und hatten die Ertheilung der Er-
laubniß zur Bewaffnung der Studirenden der Univerſität zur Folge.
Der Zudrang der Studirenden und einer großen Zahl von meiſt wohl-
gekleideten Perſonen am bürgerlichen Zeughaus auf dem Platz am Hof
war ungeheuer; Schreiber dieſes gelangte durch die Menge in den Hof
des Arſenals und wohnte der Bewaffnung der Studirenden bei, die von
9 Uhr bis nach Mitternacht fortdauerte. Der Jubel und die Jnnigkeit
mit welcher hier das Bürgermilitär und die Studirenden, draußen Men-
ſchen aller Claſſen miteinander fraterniſirten, war unbeſchreiblich. Die ein-
zelnen Abtheilungen der Studirenden, von Bürgermilitär begleitet, ver-
ließen, ſowie ſie bewaffnet waren, den Hof und zogen unter Trommelſchlag
und dem Jubel der Menge durch die Straßen der Stadt, wo ſie aus den
erleuchteten Fenſtern von den Einwohnern, vorzüglich von dem weiblichen
Theil derſelben, mit Begeiſterung begrüßt wurden. Durchaus anſtän-
dige, elegant gekleidete Menſchenmaſſen begleiteten die einzelnen Züge, ſo
daß ſich die von vielen gemachte Bemerkung von ſelbſt aufdrang daß dieß
eine Revolution von Gentlemen ſey. Von einem uniformirten Herrn
wurde geſtern noch ſpät Abends in den Gaſſen verkündet, es ſey bereits
Preßfreiheit und eine reichsſtändiſche Vertretung bewilligt. Die Kund-
machung, die heute früh 4 Uhr angeſchlagen wurde, enthält nichts da-
von, und bringt überhaupt nichts neues, außer daß das oben erwähnte
Comité auch aus dem Bürgerſtand Mitglieder erhalten ſoll. Ebenſo
verkündigte heute früh ein in Civil gekleideter Mann der an der
Spitze eines Zuges Bürgergarde ging: daß die Wachpoſten der Stadt
dem Bürgermilitär übergeben werden ſollen; bis jetzt (3 Uhr Nach-
mittags) ſind die meiſten wichtigern Poſten, als die Burg, das Hof-
kriegsgebäude, ſämmtliche Stadtthorwachen vom Militär beſetzt. Bürger-
wachen fand ich jedoch am Joſephsplatz, wo ſie mit Ausnahme des in den
Schweizerhof führenden Thores alles beſetzt haben. Vor dem Hofkriegs-
gebäude bilden in dieſem Augenblick die Bürger mit entblößten Degen
ein Viereck vor dem Eingang, die Wachzimmer ſind noch vom Militär
beſetzt. Wahrſcheinlich wird daher auf dieſem Punkt unverzüglich die
Ablöſung durch die Bürger ſtattfinden. Die Vertheilung des Militärs
war geſtern Nachts wie folgt. Vor dem Kriegsgebäude ſtand eine ſtarke

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[1237/0005] Unſern Ständen ſtark fühlen, haben Wir beſchloſſen den Vereinigten Landtag auf Donnerſtag den 27 April d. J. in Unſerer Haupt- und Re- ſidenzſtadt Berlin zu eröffnen, und beauftragen das Staatsminiſterium die Einberufung desſelben durch den Miniſter des Jnnern zu veranlaſ- ſen, auch die ſonſt erforderlichen Vorbereitungen zu treffen. Gegeben Berlin, den 14 März 1848.Friedrich Wilhelm. Prinz von Preußen. Mühler. v. Rother. Eichhorn. v. Thile. v. Savigny. v. Bodelſchwingh. Graf zu Stolberg. Uhden. Frhr. v. Canitz. v. Düesberg. v. Rohr. Berlin. Die Allg. Preuß. Zeitung vom 15 März enthält folgenden halbofficiellen Artikel: „Die Regierungen von Oeſterreich und Preußen haben fich über ihre Stellung zu den Fragen welche ſich an die in Frankreich eingetretene Verfaſſungsveränderung knüpfen, bereits offen und deutlich ausgeſprochen. Es kann niemand darüber im Zwei- fel ſeyn daß ſie, fern von jedem Gedanken einer Einmiſchung in die in- nern Angelegenheiten dieſes Staates, eben ſo entſchloſſen ſind jede Ver- letzung der beſtehenden Verträge mit vereinten Kräften zurückzuweiſen. Jhre weitere Betrachtung hat ſich auf die gegenwärtige Lage des Bun- des wenden müſſen, welchem die Pflicht obliegt in einer ſo tief bewegten Zeit für den äußern Schutz Deutſchlands und deſſen innere Wohlfahrt Sorge zu tragen. Wenn je, ſo bedarf es jetzt der ganzen Weisheit der Regierungen und der ganzen Eintracht der Nation um die Gefahren abzuwenden mit denen das gemeinſame Vaterland bedroht iſt. Oeſter- reich und Preußen haben daher ihre deutſchen Bundesgenoſſen erſucht ſich mit ihnen ungeſäumt zu einer umfaſſenden Berathung alles deſſen zu vereinigen was unter den gegebenen Umſtänden das Wohl Deutſch- lands erheiſcht. Dieſe Verſammlung wird am 25 März zu Dresden eröffnet werden. Beide Regierungen hegen die vertrauensvolle Erwar- tung daß es auf dieſem geordnetem Wege gelingen werde den wohlbe- gründeten nationalen Bedürfniſſen zu entſprechen, und diejenigen Jnſti- tutionen zu ſichern durch welche Deutſchland gekräftigt und erhoben, dem Auslande gegenüber aber in der ihm gebührenden Stellung unter den europäiſchen Nationen befeſtigt werde. Sie werden aber auch im Vereine mit ihren deutſchen Bundesgenoſſen ebenſo ernſt und nachdrück- lich ſolchen Verſuchen entgegentreten die auf die Vernichtung der recht- lichen Ordnung in Deutſchand hinausgehen und im deutſchen Bunde ei- nen Zuſtand von Zwietracht und Auflöſung erzeugen würden der ihn wehrlos in die Hände jedes Feindes gäbe. Jndem die deutſchen Regie- rungen ſich zu dieſem Werke vereinigen, nehmen ſie für dasſelbe den beſſern Geiſt der Nation in Anſpruch, die Einſicht und den Willen aller welche es vermögen inmitten der Aufregungen und Täuſchungen der Gegenwart auch die Zukunft ins Auge zu faſſen, und die Bedingungen zu erkennen unter welchen allein eine heilſame Entwickelung des alle deutſchen Stämme umfaſſenden Bundes möglich iſt.“ *** Breslau, 13 März. Geſtern Abend iſt ein Mitglied der Deputation, welche aus dem Oberbürgermeiſter und drei Stadtverord- neten beſtehend von hier nach Berlin gegangen war um die Wünſche des Volks Sr. Majeſtät darzulegen, wieder in Breslau eingetroffen. Die Nachrichten welche das Deputationsmitglied von der bei Sr. Majeſtät gehabten Audienz überbringt, ſind für alle unſere Hoffnungen äußerſt niederſchlagend. Die Deputation hatte zuerſt bei dem Juſtizminiſter und bei dem Miniſter des Jnnern Zutritt. Bei letzterem wurde feſtge- ſtellt daß die Audienz bei Sr. Maj. Sonnabends um 10 Uhr ſtatthaben ſolle. Bei derſelben führte der Oberbürgermeiſter Pinder hauptſächlich das Wort. Auf die drei Wünſche welche letzterer verläufig als die dringendſien bezeichnete, nämlich: ſofortige Einberufung des Vereinigten Landtages, Preßfreiheit und Bewaffnung der Bürger, entgegnete Se. Maj.: daß eine baldige Einberufung des Landtages ſchon deßhalb nicht möglich ſey weil die dazu nöthigen Vor- arbeiten nicht gemacht wären. Jn Bezug auf die Preßfreiheit müßten ihnen ſeine letzten Entſchließungen ſchon bekannt ſeyn, und was die Be- waffnung der Bürgerſchaft anbetreffe ſo erkenne er ſie als unzweckmäßig. Ueberhaupt ſey der Augenblick nicht dazu geeignet um Conceſſionen zu machen; in dem Augenblick wo der Feind die Marken des Landes be- drohe, ſey Preußen das Bollwerk Deutſchlands, und dieſe Aufgabe könne nur im innigſten Einverſtändniß zwiſchen Fürſt und Volk gelöst werden. Wiederholte Gegenrede hatte kein anderes Reſultat; übrigens bewies ſich Se. Maj. gegen die Deputation ſehr herablaſſend und freundlich. Dieſe Meldung hat einen äußerſt niederdrückenden Einfluß auf die Ge- müther ausgeübt. Man erwartet mit Bangen das weitere. Heute Abend ſoll eine große Volksverſammlung ſtattfinden, ebenſo wollen ſich die Studirenden verſammeln um auch Kundgebungen ihrerſeits zu ver- abreden. Oeſterreich. *† Wien, 14 März. Gegen das zur Erhaltung der Ruhe am Ständehaus herbeigeeilte Militär fielen, wie allgemein mit Be- ſtimmtheit verſichert wird, von Seite des Volks nur unbedeutende Neckereien vor; von wirklichen Verletzungen kann keine Rede ſeyn, da das Volk ganz unbewaffnet in dicht gedrängten Maſſen vor dem landſtändiſchen Gebäude in der Herrngaſſe und ihren Nebengaſſen ſtand. Durch ein un- glückliches Mißverſtändniß und, wie es heißt, gegen den Befehl der Re- gierung ward durch die Raſchheit und Unüberlegtheit eines jungen Mi- litärcommandanten Feuer auf dieſe Maſſen gegeben, und mehrere Men- ſchen wurden verwundet oder getödtet. Es kann nicht anders ſeyn als daß viele Soldaten abfichtlich zu hoch ſchoſſen, denn hätten dieſe gut ge- zielt, ſo wäre das Blutbad in der dichtgedrängten Menge entſetzlich ge- weſen. Von dieſem Augenblick an ward die Bewegung allgemein in der Stadt. Zum Theil erhob ſich das Volk auch in einigen Vorſtädten, nir- gends jedoch mit Waffen in der Hand, ſondern nur, wie durch ein wun- derbares, nicht im voraus verabredetes Einverſtändniß, in der Abſicht durch einen allgemeinen Schrei des Unwillens und die Unermeßlichkeit der Zahl zu imponiren. Natürlich benützte, wie bei ſolchen Gelegenhei- ten gewöhnlich, eine geringe Anzahl die Verwirrung um an einigen öffentlichen Gebäuden die Fenſter zu zertrümmern. Dieß war der Fall an der ſogenannten Stallburg zwiſchen dem Joſephs- und dem Michaeler- platze, am alten magiſtratiſchen Criminalgebäude und an der Polizei- Oberdirection, wo einige von der Polizeimannſchaft aus den Fenſtern ſchoſſen und zwei oder drei Perſonen verwundeten. Noch ein blutiger Zuſammenſtoß hatte am Judenplatz durch einen Angriff der Cavallerie ſtatt und auf dem Glacis bei den kaiſerlichen Stallungen, wo auch meh- rere Perſonen verwundet oder getödtet worden ſeyn ſollen. Wiederholte Befehle waren vom Hof und der Regierung aus an die Militärbehörden ergangen mit aller Schonung gegen das Volk zu verfahren und jeden blutigen Zuſammenſtoß zu vermeiden. Daß dieſe Befehle nicht befolgt wurden, beweist wie ſchwer es ſeyn mag bei großen Bewegungen ſelbſt organiſirte Kräfte zu leiten und zu beherrſchen. Mehrere Deputationen, die bei Sr. Maj. dem Kaiſer vorgelaſſen wurden, bewirkten durch drin- gende Vorſtellungen die Entlaſſung des Fürſten-Staatskanzlers, die Aufſtellung eines Comite’s zur Prüfung und Unterbreitung von Vor- ſchlägen zu entſprechenden Reformen, und hatten die Ertheilung der Er- laubniß zur Bewaffnung der Studirenden der Univerſität zur Folge. Der Zudrang der Studirenden und einer großen Zahl von meiſt wohl- gekleideten Perſonen am bürgerlichen Zeughaus auf dem Platz am Hof war ungeheuer; Schreiber dieſes gelangte durch die Menge in den Hof des Arſenals und wohnte der Bewaffnung der Studirenden bei, die von 9 Uhr bis nach Mitternacht fortdauerte. Der Jubel und die Jnnigkeit mit welcher hier das Bürgermilitär und die Studirenden, draußen Men- ſchen aller Claſſen miteinander fraterniſirten, war unbeſchreiblich. Die ein- zelnen Abtheilungen der Studirenden, von Bürgermilitär begleitet, ver- ließen, ſowie ſie bewaffnet waren, den Hof und zogen unter Trommelſchlag und dem Jubel der Menge durch die Straßen der Stadt, wo ſie aus den erleuchteten Fenſtern von den Einwohnern, vorzüglich von dem weiblichen Theil derſelben, mit Begeiſterung begrüßt wurden. Durchaus anſtän- dige, elegant gekleidete Menſchenmaſſen begleiteten die einzelnen Züge, ſo daß ſich die von vielen gemachte Bemerkung von ſelbſt aufdrang daß dieß eine Revolution von Gentlemen ſey. Von einem uniformirten Herrn wurde geſtern noch ſpät Abends in den Gaſſen verkündet, es ſey bereits Preßfreiheit und eine reichsſtändiſche Vertretung bewilligt. Die Kund- machung, die heute früh 4 Uhr angeſchlagen wurde, enthält nichts da- von, und bringt überhaupt nichts neues, außer daß das oben erwähnte Comité auch aus dem Bürgerſtand Mitglieder erhalten ſoll. Ebenſo verkündigte heute früh ein in Civil gekleideter Mann der an der Spitze eines Zuges Bürgergarde ging: daß die Wachpoſten der Stadt dem Bürgermilitär übergeben werden ſollen; bis jetzt (3 Uhr Nach- mittags) ſind die meiſten wichtigern Poſten, als die Burg, das Hof- kriegsgebäude, ſämmtliche Stadtthorwachen vom Militär beſetzt. Bürger- wachen fand ich jedoch am Joſephsplatz, wo ſie mit Ausnahme des in den Schweizerhof führenden Thores alles beſetzt haben. Vor dem Hofkriegs- gebäude bilden in dieſem Augenblick die Bürger mit entblößten Degen ein Viereck vor dem Eingang, die Wachzimmer ſind noch vom Militär beſetzt. Wahrſcheinlich wird daher auf dieſem Punkt unverzüglich die Ablöſung durch die Bürger ſtattfinden. Die Vertheilung des Militärs war geſtern Nachts wie folgt. Vor dem Kriegsgebäude ſtand eine ſtarke

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 78, 18. März 1848, S. 1237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine78_1848/5>, abgerufen am 24.11.2024.