Allgemeine Zeitung, Nr. 78, 18. März 1848.[Spaltenumbruch]
Unsern Ständen stark fühlen, haben Wir beschlossen den Vereinigten Berlin, den 14 März 1848.Friedrich Wilhelm. Prinz von Preußen. Mühler. v. Rother. Eichhorn. v. Thile. v. Savigny. v. Bodelschwingh. Graf zu Stolberg. Uhden. Frhr. v. Canitz. v. Düesberg. v. Rohr. Berlin. Die Allg. Preuß. Zeitung vom 15 März enthält *** Breslau, 13 März. Gestern Abend ist ein Mitglied der Oesterreich. *+ Wien, 14 März. Gegen das zur Erhaltung der [Spaltenumbruch]
Unſern Ständen ſtark fühlen, haben Wir beſchloſſen den Vereinigten Berlin, den 14 März 1848.Friedrich Wilhelm. Prinz von Preußen. Mühler. v. Rother. Eichhorn. v. Thile. v. Savigny. v. Bodelſchwingh. Graf zu Stolberg. Uhden. Frhr. v. Canitz. v. Düesberg. v. Rohr. Berlin. Die Allg. Preuß. Zeitung vom 15 März enthält *** Breslau, 13 März. Geſtern Abend iſt ein Mitglied der Oeſterreich. *† Wien, 14 März. Gegen das zur Erhaltung der <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <floatingText> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0005" n="1237"/><cb/> Unſern Ständen ſtark fühlen, haben Wir beſchloſſen den Vereinigten<lb/> Landtag auf Donnerſtag den 27 April d. J. in Unſerer Haupt- und Re-<lb/> ſidenzſtadt Berlin zu eröffnen, und beauftragen das Staatsminiſterium<lb/> die Einberufung desſelben durch den Miniſter des Jnnern zu veranlaſ-<lb/> ſen, auch die ſonſt erforderlichen Vorbereitungen zu treffen. Gegeben</p><lb/> <closer> <dateline>Berlin, den 14 März 1848.</dateline> <signed><hi rendition="#g">Friedrich Wilhelm</hi>. Prinz von<lb/> Preußen. Mühler. v. Rother. Eichhorn. v. Thile. v. Savigny.<lb/> v. Bodelſchwingh. Graf zu Stolberg. Uhden. Frhr. v. Canitz.<lb/> v. Düesberg. v. Rohr.</signed> </closer> </div> </body> </floatingText> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline> <hi rendition="#b">Berlin.</hi> </dateline><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Allg. Preuß. Zeitung</hi> vom 15 März enthält<lb/> folgenden halbofficiellen Artikel: „Die Regierungen von Oeſterreich und<lb/> Preußen haben fich über ihre Stellung zu den Fragen welche ſich an<lb/> die in Frankreich eingetretene Verfaſſungsveränderung knüpfen, bereits<lb/> offen und deutlich ausgeſprochen. Es kann niemand darüber im Zwei-<lb/> fel ſeyn daß ſie, fern von jedem Gedanken einer Einmiſchung in die in-<lb/> nern Angelegenheiten dieſes Staates, eben ſo entſchloſſen ſind jede Ver-<lb/> letzung der beſtehenden Verträge mit vereinten Kräften zurückzuweiſen.<lb/> Jhre weitere Betrachtung hat ſich auf die gegenwärtige Lage des Bun-<lb/> des wenden müſſen, welchem die Pflicht obliegt in einer ſo tief bewegten<lb/> Zeit für den äußern Schutz Deutſchlands und deſſen innere Wohlfahrt<lb/> Sorge zu tragen. Wenn je, ſo bedarf es jetzt der ganzen Weisheit der<lb/> Regierungen und der ganzen Eintracht der Nation um die Gefahren<lb/> abzuwenden mit denen das gemeinſame Vaterland bedroht iſt. Oeſter-<lb/> reich und Preußen haben daher ihre deutſchen Bundesgenoſſen erſucht<lb/> ſich mit ihnen ungeſäumt zu einer umfaſſenden Berathung alles deſſen<lb/> zu vereinigen was unter den gegebenen Umſtänden das Wohl Deutſch-<lb/> lands erheiſcht. Dieſe Verſammlung wird am 25 März zu Dresden<lb/> eröffnet werden. Beide Regierungen hegen die vertrauensvolle Erwar-<lb/> tung daß es auf dieſem geordnetem Wege gelingen werde den wohlbe-<lb/> gründeten nationalen Bedürfniſſen zu entſprechen, und diejenigen Jnſti-<lb/> tutionen zu ſichern durch welche Deutſchland gekräftigt und erhoben,<lb/> dem Auslande gegenüber aber in der ihm gebührenden Stellung unter<lb/> den europäiſchen Nationen befeſtigt werde. Sie werden aber auch im<lb/> Vereine mit ihren deutſchen Bundesgenoſſen ebenſo ernſt und nachdrück-<lb/> lich ſolchen Verſuchen entgegentreten die auf die Vernichtung der recht-<lb/> lichen Ordnung in Deutſchand hinausgehen und im deutſchen Bunde ei-<lb/> nen Zuſtand von Zwietracht und Auflöſung erzeugen würden der ihn<lb/> wehrlos in die Hände jedes Feindes gäbe. Jndem die deutſchen Regie-<lb/> rungen ſich zu dieſem Werke vereinigen, nehmen ſie für dasſelbe den<lb/> beſſern Geiſt der Nation in Anſpruch, die Einſicht und den Willen aller<lb/> welche es vermögen inmitten der Aufregungen und Täuſchungen der<lb/> Gegenwart auch die Zukunft ins Auge zu faſſen, und die Bedingungen<lb/> zu erkennen unter welchen allein eine heilſame Entwickelung des alle<lb/> deutſchen Stämme umfaſſenden Bundes möglich iſt.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>*** <hi rendition="#b">Breslau</hi>, 13 März.</dateline><lb/> <p>Geſtern Abend iſt ein Mitglied der<lb/> Deputation, welche aus dem Oberbürgermeiſter und drei Stadtverord-<lb/> neten beſtehend von hier nach Berlin gegangen war um die Wünſche des<lb/> Volks Sr. Majeſtät darzulegen, wieder in Breslau eingetroffen. Die<lb/> Nachrichten welche das Deputationsmitglied von der bei Sr. Majeſtät<lb/> gehabten Audienz überbringt, ſind für alle unſere Hoffnungen äußerſt<lb/> niederſchlagend. Die Deputation hatte zuerſt bei dem Juſtizminiſter<lb/> und bei dem Miniſter des Jnnern Zutritt. Bei letzterem wurde feſtge-<lb/> ſtellt daß die Audienz bei Sr. Maj. Sonnabends um 10 Uhr ſtatthaben<lb/> ſolle. Bei derſelben führte der Oberbürgermeiſter Pinder hauptſächlich<lb/> das Wort. Auf die drei Wünſche welche letzterer verläufig als die<lb/> dringendſien bezeichnete, nämlich: <hi rendition="#g">ſofortige Einberufung des<lb/> Vereinigten Landtages, Preßfreiheit und Bewaffnung<lb/> der Bürger</hi>, entgegnete Se. Maj.: daß eine baldige Einberufung des<lb/> Landtages ſchon deßhalb nicht möglich ſey weil die dazu nöthigen Vor-<lb/> arbeiten nicht gemacht wären. Jn Bezug auf die Preßfreiheit müßten<lb/> ihnen ſeine letzten Entſchließungen ſchon bekannt ſeyn, und was die Be-<lb/> waffnung der Bürgerſchaft anbetreffe ſo erkenne er ſie als unzweckmäßig.<lb/> Ueberhaupt ſey der Augenblick nicht dazu geeignet um Conceſſionen zu<lb/> machen; in dem Augenblick wo der Feind die Marken des Landes be-<lb/> drohe, ſey Preußen das Bollwerk Deutſchlands, und dieſe Aufgabe könne<lb/> nur im innigſten Einverſtändniß zwiſchen Fürſt und Volk gelöst werden.<lb/> Wiederholte Gegenrede hatte kein anderes Reſultat; übrigens bewies<lb/> ſich Se. Maj. gegen die Deputation ſehr herablaſſend und freundlich.<lb/><hi rendition="#g">Dieſe</hi> Meldung hat einen äußerſt niederdrückenden Einfluß auf die Ge-<lb/> müther ausgeübt. Man erwartet mit Bangen das weitere. Heute<lb/> Abend ſoll eine große Volksverſammlung ſtattfinden, ebenſo wollen ſich<lb/><cb/> die Studirenden verſammeln um auch Kundgebungen ihrerſeits zu ver-<lb/> abreden.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Oeſterreich</hi>.</head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>*† <hi rendition="#b">Wien</hi>, 14 März.</dateline><lb/> <p>Gegen das zur Erhaltung der<lb/> Ruhe am Ständehaus herbeigeeilte Militär fielen, wie allgemein mit Be-<lb/> ſtimmtheit verſichert wird, von Seite des Volks nur unbedeutende Neckereien<lb/> vor; von wirklichen Verletzungen kann keine Rede ſeyn, da das Volk<lb/> ganz unbewaffnet in dicht gedrängten Maſſen vor dem landſtändiſchen<lb/> Gebäude in der Herrngaſſe und ihren Nebengaſſen ſtand. Durch ein un-<lb/> glückliches Mißverſtändniß und, wie es heißt, gegen den Befehl der Re-<lb/> gierung ward durch die Raſchheit und Unüberlegtheit eines jungen Mi-<lb/> litärcommandanten Feuer auf dieſe Maſſen gegeben, und mehrere Men-<lb/> ſchen wurden verwundet oder getödtet. Es kann nicht anders ſeyn als<lb/> daß viele Soldaten abfichtlich zu hoch ſchoſſen, denn hätten dieſe gut ge-<lb/> zielt, ſo wäre das Blutbad in der dichtgedrängten Menge entſetzlich ge-<lb/> weſen. Von dieſem Augenblick an ward die Bewegung allgemein in der<lb/> Stadt. Zum Theil erhob ſich das Volk auch in einigen Vorſtädten, nir-<lb/> gends jedoch mit Waffen in der Hand, ſondern nur, wie durch ein wun-<lb/> derbares, nicht im voraus verabredetes Einverſtändniß, in der Abſicht<lb/> durch einen allgemeinen Schrei des Unwillens und die Unermeßlichkeit<lb/> der Zahl zu imponiren. Natürlich benützte, wie bei ſolchen Gelegenhei-<lb/> ten gewöhnlich, eine geringe Anzahl die Verwirrung um an einigen<lb/> öffentlichen Gebäuden die Fenſter zu zertrümmern. Dieß war der Fall<lb/> an der ſogenannten Stallburg zwiſchen dem Joſephs- und dem Michaeler-<lb/> platze, am alten magiſtratiſchen Criminalgebäude und an der Polizei-<lb/> Oberdirection, wo einige von der Polizeimannſchaft aus den Fenſtern<lb/> ſchoſſen und zwei oder drei Perſonen verwundeten. Noch ein blutiger<lb/> Zuſammenſtoß hatte am Judenplatz durch einen Angriff der Cavallerie<lb/> ſtatt und auf dem Glacis bei den kaiſerlichen Stallungen, wo auch meh-<lb/> rere Perſonen verwundet oder getödtet worden ſeyn ſollen. Wiederholte<lb/> Befehle waren vom Hof und der Regierung aus an die Militärbehörden<lb/> ergangen mit aller Schonung gegen das Volk zu verfahren und jeden<lb/> blutigen Zuſammenſtoß zu vermeiden. Daß dieſe Befehle nicht befolgt<lb/> wurden, beweist wie ſchwer es ſeyn mag bei großen Bewegungen ſelbſt<lb/> organiſirte Kräfte zu leiten und zu beherrſchen. Mehrere Deputationen,<lb/> die bei Sr. Maj. dem Kaiſer vorgelaſſen wurden, bewirkten durch drin-<lb/> gende Vorſtellungen die Entlaſſung des Fürſten-Staatskanzlers, die<lb/> Aufſtellung eines Comite’s zur Prüfung und Unterbreitung von Vor-<lb/> ſchlägen zu entſprechenden Reformen, und hatten die Ertheilung der Er-<lb/> laubniß zur Bewaffnung der Studirenden der Univerſität zur Folge.<lb/> Der Zudrang der Studirenden und einer großen Zahl von meiſt wohl-<lb/> gekleideten Perſonen am bürgerlichen Zeughaus auf dem Platz am Hof<lb/> war ungeheuer; Schreiber dieſes gelangte durch die Menge in den Hof<lb/> des Arſenals und wohnte der Bewaffnung der Studirenden bei, die von<lb/> 9 Uhr bis nach Mitternacht fortdauerte. Der Jubel und die Jnnigkeit<lb/> mit welcher hier das Bürgermilitär und die Studirenden, draußen Men-<lb/> ſchen aller Claſſen miteinander fraterniſirten, war unbeſchreiblich. Die ein-<lb/> zelnen Abtheilungen der Studirenden, von Bürgermilitär begleitet, ver-<lb/> ließen, ſowie ſie bewaffnet waren, den Hof und zogen unter Trommelſchlag<lb/> und dem Jubel der Menge durch die Straßen der Stadt, wo ſie aus den<lb/> erleuchteten Fenſtern von den Einwohnern, vorzüglich von dem weiblichen<lb/> Theil derſelben, mit Begeiſterung begrüßt wurden. Durchaus anſtän-<lb/> dige, elegant gekleidete Menſchenmaſſen begleiteten die einzelnen Züge, ſo<lb/> daß ſich die von vielen gemachte Bemerkung von ſelbſt aufdrang daß dieß<lb/> eine Revolution von Gentlemen ſey. Von einem uniformirten Herrn<lb/> wurde geſtern noch ſpät Abends in den Gaſſen verkündet, es ſey bereits<lb/> Preßfreiheit und eine reichsſtändiſche Vertretung bewilligt. Die Kund-<lb/> machung, die heute früh 4 Uhr angeſchlagen wurde, enthält nichts da-<lb/> von, und bringt überhaupt nichts neues, außer daß das oben erwähnte<lb/> Comité auch aus dem Bürgerſtand Mitglieder erhalten ſoll. Ebenſo<lb/> verkündigte heute früh ein in Civil gekleideter Mann der an der<lb/> Spitze eines Zuges Bürgergarde ging: daß die Wachpoſten der Stadt<lb/> dem Bürgermilitär übergeben werden ſollen; bis jetzt (3 Uhr Nach-<lb/> mittags) ſind die meiſten wichtigern Poſten, als die Burg, das Hof-<lb/> kriegsgebäude, ſämmtliche Stadtthorwachen vom Militär beſetzt. Bürger-<lb/> wachen fand ich jedoch am Joſephsplatz, wo ſie mit Ausnahme des in den<lb/> Schweizerhof führenden Thores alles beſetzt haben. Vor dem Hofkriegs-<lb/> gebäude bilden in dieſem Augenblick die Bürger mit entblößten Degen<lb/> ein Viereck vor dem Eingang, die Wachzimmer ſind noch vom Militär<lb/> beſetzt. Wahrſcheinlich wird daher auf dieſem Punkt unverzüglich die<lb/> Ablöſung durch die Bürger ſtattfinden. Die Vertheilung des Militärs<lb/> war geſtern Nachts wie folgt. Vor dem Kriegsgebäude ſtand eine ſtarke<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1237/0005]
Unſern Ständen ſtark fühlen, haben Wir beſchloſſen den Vereinigten
Landtag auf Donnerſtag den 27 April d. J. in Unſerer Haupt- und Re-
ſidenzſtadt Berlin zu eröffnen, und beauftragen das Staatsminiſterium
die Einberufung desſelben durch den Miniſter des Jnnern zu veranlaſ-
ſen, auch die ſonſt erforderlichen Vorbereitungen zu treffen. Gegeben
Berlin, den 14 März 1848.Friedrich Wilhelm. Prinz von
Preußen. Mühler. v. Rother. Eichhorn. v. Thile. v. Savigny.
v. Bodelſchwingh. Graf zu Stolberg. Uhden. Frhr. v. Canitz.
v. Düesberg. v. Rohr.
Berlin.
Die Allg. Preuß. Zeitung vom 15 März enthält
folgenden halbofficiellen Artikel: „Die Regierungen von Oeſterreich und
Preußen haben fich über ihre Stellung zu den Fragen welche ſich an
die in Frankreich eingetretene Verfaſſungsveränderung knüpfen, bereits
offen und deutlich ausgeſprochen. Es kann niemand darüber im Zwei-
fel ſeyn daß ſie, fern von jedem Gedanken einer Einmiſchung in die in-
nern Angelegenheiten dieſes Staates, eben ſo entſchloſſen ſind jede Ver-
letzung der beſtehenden Verträge mit vereinten Kräften zurückzuweiſen.
Jhre weitere Betrachtung hat ſich auf die gegenwärtige Lage des Bun-
des wenden müſſen, welchem die Pflicht obliegt in einer ſo tief bewegten
Zeit für den äußern Schutz Deutſchlands und deſſen innere Wohlfahrt
Sorge zu tragen. Wenn je, ſo bedarf es jetzt der ganzen Weisheit der
Regierungen und der ganzen Eintracht der Nation um die Gefahren
abzuwenden mit denen das gemeinſame Vaterland bedroht iſt. Oeſter-
reich und Preußen haben daher ihre deutſchen Bundesgenoſſen erſucht
ſich mit ihnen ungeſäumt zu einer umfaſſenden Berathung alles deſſen
zu vereinigen was unter den gegebenen Umſtänden das Wohl Deutſch-
lands erheiſcht. Dieſe Verſammlung wird am 25 März zu Dresden
eröffnet werden. Beide Regierungen hegen die vertrauensvolle Erwar-
tung daß es auf dieſem geordnetem Wege gelingen werde den wohlbe-
gründeten nationalen Bedürfniſſen zu entſprechen, und diejenigen Jnſti-
tutionen zu ſichern durch welche Deutſchland gekräftigt und erhoben,
dem Auslande gegenüber aber in der ihm gebührenden Stellung unter
den europäiſchen Nationen befeſtigt werde. Sie werden aber auch im
Vereine mit ihren deutſchen Bundesgenoſſen ebenſo ernſt und nachdrück-
lich ſolchen Verſuchen entgegentreten die auf die Vernichtung der recht-
lichen Ordnung in Deutſchand hinausgehen und im deutſchen Bunde ei-
nen Zuſtand von Zwietracht und Auflöſung erzeugen würden der ihn
wehrlos in die Hände jedes Feindes gäbe. Jndem die deutſchen Regie-
rungen ſich zu dieſem Werke vereinigen, nehmen ſie für dasſelbe den
beſſern Geiſt der Nation in Anſpruch, die Einſicht und den Willen aller
welche es vermögen inmitten der Aufregungen und Täuſchungen der
Gegenwart auch die Zukunft ins Auge zu faſſen, und die Bedingungen
zu erkennen unter welchen allein eine heilſame Entwickelung des alle
deutſchen Stämme umfaſſenden Bundes möglich iſt.“
*** Breslau, 13 März.
Geſtern Abend iſt ein Mitglied der
Deputation, welche aus dem Oberbürgermeiſter und drei Stadtverord-
neten beſtehend von hier nach Berlin gegangen war um die Wünſche des
Volks Sr. Majeſtät darzulegen, wieder in Breslau eingetroffen. Die
Nachrichten welche das Deputationsmitglied von der bei Sr. Majeſtät
gehabten Audienz überbringt, ſind für alle unſere Hoffnungen äußerſt
niederſchlagend. Die Deputation hatte zuerſt bei dem Juſtizminiſter
und bei dem Miniſter des Jnnern Zutritt. Bei letzterem wurde feſtge-
ſtellt daß die Audienz bei Sr. Maj. Sonnabends um 10 Uhr ſtatthaben
ſolle. Bei derſelben führte der Oberbürgermeiſter Pinder hauptſächlich
das Wort. Auf die drei Wünſche welche letzterer verläufig als die
dringendſien bezeichnete, nämlich: ſofortige Einberufung des
Vereinigten Landtages, Preßfreiheit und Bewaffnung
der Bürger, entgegnete Se. Maj.: daß eine baldige Einberufung des
Landtages ſchon deßhalb nicht möglich ſey weil die dazu nöthigen Vor-
arbeiten nicht gemacht wären. Jn Bezug auf die Preßfreiheit müßten
ihnen ſeine letzten Entſchließungen ſchon bekannt ſeyn, und was die Be-
waffnung der Bürgerſchaft anbetreffe ſo erkenne er ſie als unzweckmäßig.
Ueberhaupt ſey der Augenblick nicht dazu geeignet um Conceſſionen zu
machen; in dem Augenblick wo der Feind die Marken des Landes be-
drohe, ſey Preußen das Bollwerk Deutſchlands, und dieſe Aufgabe könne
nur im innigſten Einverſtändniß zwiſchen Fürſt und Volk gelöst werden.
Wiederholte Gegenrede hatte kein anderes Reſultat; übrigens bewies
ſich Se. Maj. gegen die Deputation ſehr herablaſſend und freundlich.
Dieſe Meldung hat einen äußerſt niederdrückenden Einfluß auf die Ge-
müther ausgeübt. Man erwartet mit Bangen das weitere. Heute
Abend ſoll eine große Volksverſammlung ſtattfinden, ebenſo wollen ſich
die Studirenden verſammeln um auch Kundgebungen ihrerſeits zu ver-
abreden.
Oeſterreich.
*† Wien, 14 März.
Gegen das zur Erhaltung der
Ruhe am Ständehaus herbeigeeilte Militär fielen, wie allgemein mit Be-
ſtimmtheit verſichert wird, von Seite des Volks nur unbedeutende Neckereien
vor; von wirklichen Verletzungen kann keine Rede ſeyn, da das Volk
ganz unbewaffnet in dicht gedrängten Maſſen vor dem landſtändiſchen
Gebäude in der Herrngaſſe und ihren Nebengaſſen ſtand. Durch ein un-
glückliches Mißverſtändniß und, wie es heißt, gegen den Befehl der Re-
gierung ward durch die Raſchheit und Unüberlegtheit eines jungen Mi-
litärcommandanten Feuer auf dieſe Maſſen gegeben, und mehrere Men-
ſchen wurden verwundet oder getödtet. Es kann nicht anders ſeyn als
daß viele Soldaten abfichtlich zu hoch ſchoſſen, denn hätten dieſe gut ge-
zielt, ſo wäre das Blutbad in der dichtgedrängten Menge entſetzlich ge-
weſen. Von dieſem Augenblick an ward die Bewegung allgemein in der
Stadt. Zum Theil erhob ſich das Volk auch in einigen Vorſtädten, nir-
gends jedoch mit Waffen in der Hand, ſondern nur, wie durch ein wun-
derbares, nicht im voraus verabredetes Einverſtändniß, in der Abſicht
durch einen allgemeinen Schrei des Unwillens und die Unermeßlichkeit
der Zahl zu imponiren. Natürlich benützte, wie bei ſolchen Gelegenhei-
ten gewöhnlich, eine geringe Anzahl die Verwirrung um an einigen
öffentlichen Gebäuden die Fenſter zu zertrümmern. Dieß war der Fall
an der ſogenannten Stallburg zwiſchen dem Joſephs- und dem Michaeler-
platze, am alten magiſtratiſchen Criminalgebäude und an der Polizei-
Oberdirection, wo einige von der Polizeimannſchaft aus den Fenſtern
ſchoſſen und zwei oder drei Perſonen verwundeten. Noch ein blutiger
Zuſammenſtoß hatte am Judenplatz durch einen Angriff der Cavallerie
ſtatt und auf dem Glacis bei den kaiſerlichen Stallungen, wo auch meh-
rere Perſonen verwundet oder getödtet worden ſeyn ſollen. Wiederholte
Befehle waren vom Hof und der Regierung aus an die Militärbehörden
ergangen mit aller Schonung gegen das Volk zu verfahren und jeden
blutigen Zuſammenſtoß zu vermeiden. Daß dieſe Befehle nicht befolgt
wurden, beweist wie ſchwer es ſeyn mag bei großen Bewegungen ſelbſt
organiſirte Kräfte zu leiten und zu beherrſchen. Mehrere Deputationen,
die bei Sr. Maj. dem Kaiſer vorgelaſſen wurden, bewirkten durch drin-
gende Vorſtellungen die Entlaſſung des Fürſten-Staatskanzlers, die
Aufſtellung eines Comite’s zur Prüfung und Unterbreitung von Vor-
ſchlägen zu entſprechenden Reformen, und hatten die Ertheilung der Er-
laubniß zur Bewaffnung der Studirenden der Univerſität zur Folge.
Der Zudrang der Studirenden und einer großen Zahl von meiſt wohl-
gekleideten Perſonen am bürgerlichen Zeughaus auf dem Platz am Hof
war ungeheuer; Schreiber dieſes gelangte durch die Menge in den Hof
des Arſenals und wohnte der Bewaffnung der Studirenden bei, die von
9 Uhr bis nach Mitternacht fortdauerte. Der Jubel und die Jnnigkeit
mit welcher hier das Bürgermilitär und die Studirenden, draußen Men-
ſchen aller Claſſen miteinander fraterniſirten, war unbeſchreiblich. Die ein-
zelnen Abtheilungen der Studirenden, von Bürgermilitär begleitet, ver-
ließen, ſowie ſie bewaffnet waren, den Hof und zogen unter Trommelſchlag
und dem Jubel der Menge durch die Straßen der Stadt, wo ſie aus den
erleuchteten Fenſtern von den Einwohnern, vorzüglich von dem weiblichen
Theil derſelben, mit Begeiſterung begrüßt wurden. Durchaus anſtän-
dige, elegant gekleidete Menſchenmaſſen begleiteten die einzelnen Züge, ſo
daß ſich die von vielen gemachte Bemerkung von ſelbſt aufdrang daß dieß
eine Revolution von Gentlemen ſey. Von einem uniformirten Herrn
wurde geſtern noch ſpät Abends in den Gaſſen verkündet, es ſey bereits
Preßfreiheit und eine reichsſtändiſche Vertretung bewilligt. Die Kund-
machung, die heute früh 4 Uhr angeſchlagen wurde, enthält nichts da-
von, und bringt überhaupt nichts neues, außer daß das oben erwähnte
Comité auch aus dem Bürgerſtand Mitglieder erhalten ſoll. Ebenſo
verkündigte heute früh ein in Civil gekleideter Mann der an der
Spitze eines Zuges Bürgergarde ging: daß die Wachpoſten der Stadt
dem Bürgermilitär übergeben werden ſollen; bis jetzt (3 Uhr Nach-
mittags) ſind die meiſten wichtigern Poſten, als die Burg, das Hof-
kriegsgebäude, ſämmtliche Stadtthorwachen vom Militär beſetzt. Bürger-
wachen fand ich jedoch am Joſephsplatz, wo ſie mit Ausnahme des in den
Schweizerhof führenden Thores alles beſetzt haben. Vor dem Hofkriegs-
gebäude bilden in dieſem Augenblick die Bürger mit entblößten Degen
ein Viereck vor dem Eingang, die Wachzimmer ſind noch vom Militär
beſetzt. Wahrſcheinlich wird daher auf dieſem Punkt unverzüglich die
Ablöſung durch die Bürger ſtattfinden. Die Vertheilung des Militärs
war geſtern Nachts wie folgt. Vor dem Kriegsgebäude ſtand eine ſtarke
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |