Allgemeine Zeitung, Nr. 80, 20. März 1848.[Spaltenumbruch]
vertriebenen Franzosenkönigs geschrieben wäre, so möchte in ihr stehen Die Stellung der Militärbeamten in Bayern. ||| Den Militärbeamten -- man bezeichnet mit dieser allgemeinen Be- Italien. Rom, 10 März. Die constitutionellen Vorarbeiten sind dem D Rom, 11 März. Das neue Ministerium ist nun endlich + Von der toscanischen Gränze, Anfangs März. Nach- [Spaltenumbruch]
vertriebenen Franzoſenkönigs geſchrieben wäre, ſo möchte in ihr ſtehen Die Stellung der Militärbeamten in Bayern. ||| Den Militärbeamten — man bezeichnet mit dieſer allgemeinen Be- Italien. ♀ Rom, 10 März. Die conſtitutionellen Vorarbeiten ſind dem Δ Rom, 11 März. Das neue Miniſterium iſt nun endlich † Von der toscaniſchen Gränze, Anfangs März. Nach- <TEI> <text> <body> <div type="jSupplement" n="1"> <floatingText> <body> <div type="jPoliticalNews" n="2"> <div type="jComment" n="3"> <p><pb facs="#f0014" n="1278"/><cb/> vertriebenen Franzoſenkönigs geſchrieben wäre, ſo möchte in ihr ſtehen<lb/> daß dieſe neue Freundſchaft zwiſchen Oſt und Weſt ein Bündniß zum<lb/> Verderben Deutſchlands war, und möge jetzt Rußland noch ſo ent-<lb/> ſchieden die Republik principiell haſſen — der Tag wird ſchwerlich aus-<lb/> bleiben, da Republik und abſolute Monarchie erſt geheim, dann offen<lb/> gegen Deutſchland wirken.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Stellung der Militärbeamten in Bayern.</hi> </head><lb/> <p>||| Den Militärbeamten — man bezeichnet mit dieſer allgemeinen Be-<lb/> nennung zunächſt das Juſtiz-, das ärztliche und das Verwaltungs-<lb/> perſonal unſerer Armee — iſt eine Stellung angewieſen die an ſich und<lb/> den Officieren der Linie gegenüber nicht mehr haltbar iſt, die den An-<lb/> forderungen der Zeit nicht genügt, und die, wie ſo manches andere Pro-<lb/> blem, vielleicht ſchon in dem königlichen Geſchenke vom 6 März eine<lb/> glückliche Löſung gefunden hat. Vor nicht gar langer Zeit öffentlich —<lb/> von gewiſſen Seiten ſogar mit Erbitterung beſprochen, dürfte die Sache<lb/> gleichwohl gerade jetzt noch einer kurzen Beleuchtung unterſtellt werden,<lb/> gerade jetzt weil die allgemeine freudige Erregung keinen Raum für<lb/> Gehäſſigkeit läßt, und weil Spaltungen und eintrachtſtörender Kaſten-<lb/> geiſt nicht ſorgfältig genug aus einer Armee entfernt werden können<lb/> die eben berufen ſeyn dürfte ſchlagfertig an der Gränze ſich aufzuſtellen.<lb/> Schon ihr äußeres Erſcheinen weist dem Militärbeamten eine ſecundäre<lb/> — wir möchten faſt ſagen demüthigende Stellung an. Von den jüng-<lb/> ſten Beſtimmungen über Equipirung und Bewaffnung, von der Einfüh-<lb/> rung mehrfacher Neuerungen und Abänderungen der Uniformen wurden<lb/> ſie, die Parias des Heeres, ſtillſchweigend ausgeſchloſſen. Die Epau-<lb/> lette — erſt vor kurzem auch dem Junker bewilligt — iſt den Militär-<lb/> beamten aller Grade nicht geſtattet, ihre Bewaffnung blieb dieſelbe als<lb/> den Officieren neue zweckmäßige Säbel gegeben wurden, ſelbſt den Grad-<lb/> auszeichnungen hat man mit ängſtlicher Kleinlichkeit den Stempel der<lb/> Ausſcheidung aufgedrückt. Warum aber dieſes hartnäckige Feſthalten<lb/> einer ſubtilen Ausſcheidung zwiſchen Fechtenden und Nichtfechtenden?<lb/> Warum durch dieſe Ueberbleibſel ariſtokratiſcher Traditionen einen<lb/> Stand verletzen der ebenſo wie der Officiersſtand ſelbſt hingewieſen iſt<lb/> auf die Geſetze der Ehre? Wir glauben keineswegs daß der Militärbe-<lb/> amte auf äußere Prärogative um ihrer ſelbſt willen einen Werth lege.<lb/> Allein in einem Stande wo eben das Aeußere ſo ſchwer in der Wagſchale<lb/> liegt muß nothwendig die äußere Gleichſtellung der innern, weſentlichern<lb/> vorangehen. Und dieſe Gleichſtellung, ohne Opfer für den Staat wie<lb/> ohne Verletzung der Rechte Einzelner — wir erwarten ſie von der gegen-<lb/> wärtigen emancipirenden Epoche. Wir erwarten ſie vor allem von der<lb/> freundlichen Geſinnung und der Weisheit unſeres Königs, der nicht län-<lb/> ger eine ganze Claſſe ſeiner treuen Diener dieſer drückenden, das Ehr-<lb/> gefühl ertödtenden Halbheit überlaſſen, der auch nach dieſer Seite das<lb/> Vertrauen erwiedern, rechtfertigen wird.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Italien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>♀ <hi rendition="#b">Rom,</hi> 10 März.</dateline><lb/> <p>Die conſtitutionellen Vorarbeiten ſind dem<lb/> heiligen Vater nach erfolgtem Abſchluß vorgelegt worden, und er hat<lb/> bereits heute ein Conſiſtorium zuſammenberufen welches davon Einſicht<lb/> nehmen und nächſten Montag ſich aufs neue verſammeln ſoll. Un-<lb/> mittelbar darnach wird zur Veröffentlichung der Verfaſſung geſchritten<lb/> werden, mit welcher nach Monſ. Gazola die dritte und vielleicht glor-<lb/> reichſte Epoche des Papſtthums beginnen wird. Die zweite, deren<lb/> Anfang er mit Sixtus <hi rendition="#aq">V</hi> anſetzt und welche mit Gregor <hi rendition="#aq">XVI</hi> ſchließt,<lb/> ſteht er nicht an die am wenigſten glückliche zu nennen. — D. Nero<lb/> Corſini, welcher als außerordentlicher Geſandter von dem Großherzog<lb/> von Toscana hierher geſandt war, iſt unmittelbar nach ſeiner Audienz<lb/> bei Plus <hi rendition="#aq">IX</hi> nach Neapel abgereist um den italieniſchen Fürſtenbund<lb/> möglichſt raſch zum Abſchluß zu bringen. — Der bisherige neapolita-<lb/> niſche Geſandte am heiligen Stuhl Graf Ludolph iſt von dieſem Poſten<lb/> abberufen worden. Sein Nachfolger iſt mit Gewißheit noch nicht be-<lb/> kannt. — Auch der Veröffentlichung des neuen Miniſteriums ſteht man<lb/> mit Erwartung entgegen. Cardinal Bofondi wird wohl bleiben. Alles<lb/> was man ihm zur Laſt legt, beſteht in dem von ihm ganz unab-<lb/> hängigen Umſtand daß ſein Diener ihn bei Eintreffen einer Staffette<lb/> nicht hat wecken wollen. Dagegen wird behauptet daß Monſ. Mo-<lb/> richini von ſeinem Poſten nicht weichen wolle. Vor vier Wochen habe<lb/> er ſeine Entlaſſung gefordert, damals habe man ſie ihm nicht geben<lb/><cb/> wollen, verlangen werde er ſie jetzt nicht. Dieß aber iſt die hier üb-<lb/> liche Form der Abberufung. — Der Fürſt D. Aleſſandro Torlonia hat zu<lb/> Errichtung einer Druckerei, welche die Verbreitung nützlicher Volks-<lb/> bücher zum Zwecke hat, für 8500 Scudi Actien genommen und auf<lb/> den ihm dadurch zuſtehenden Einfluß verzichtet. Er ſammelt eben Kohlen<lb/> auf das Haupt ſeiner Mitbürger.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>Δ <hi rendition="#b">Rom,</hi> 11 März.</dateline><lb/> <p>Das neue Miniſterium iſt nun endlich<lb/> zu Stande gekommen, und ſo ausgefallen wie die Reformpartei es<lb/> nur immer hat wünſchen können. Mit Ausnahme des Cardinal-Staats-<lb/> ſecretärs ſind nur zwei Geiſtliche in demſelben geblieben: Cardinal<lb/> Mezzofanti behält den öffentlichen Unterricht, wogegen ſich allerdings<lb/> ſchon geſtern Stimmen haben vernehmen laſſen, und Monſ. Mori-<lb/> chini, der bisher Pro-Teſoriere war, iſt nun definitiv zum Schatz-<lb/> meiſter ernannt worden. Letzteres hört man nur billigen, da er ſich<lb/> mit vielen Opfern von Zeit und Mühe erſt vor kurzem in dieſen<lb/> Geſchäftszweig eingearbeitet hat und überall nur Ernſt und Eifer<lb/> hat blicken laſſen um den Anforderungen der Zeit zu genügen. Zum<lb/> Staatsſecretär nun iſt jetzt Card. Antonelli, der bisherige Präſident<lb/> des Staats-Conſulta, ernannt worden. Die Wahl findet vollkommenen<lb/> Veifall. Er iſt ein ganzer, ein gewiſſenhafter und ein weiſer Ge-<lb/> ſchäftsmann. Zum Miniſter des Innern iſt Gaetano Recchi ernannt<lb/> worden. Sturbinetti, der bisher die öffentlichen Arbeiten unter ſich<lb/> hatte, iſt zum Miniſterium der Gnade und Gerechtigkeit verſetzt. An<lb/> ſeine Stelle tritt Marco Minghetti. Die Verwaltung des Polizei-<lb/> miniſteriums iſt dem Advocaten Galletti aus Bologna anvertraut wor-<lb/> den. Das Handelsminiſterium behält Paſolini bei, und die Kriegs-<lb/> verwaltung hat Prinz Aldobrandini, wie man ſagt gegen ſeinen Willen<lb/> und trotz ſeiner Zaghaftigkeit, übernehmen müſſen. Jetzt hat der<lb/> Fortſchritt keine Entſchuldigung mehr wenn es ſchlecht geht wie<lb/> bisher. Alle Mittel ſich die Sache zeitgemäß herzurichten hat er<lb/> in die Hände bekommen. Einen fähigern und redlichern Staats-<lb/> mann wie Antonelli dürfte man ſchwerlich ausfindig oder namhaft<lb/> zu machen wiſſen. Alle andern, mit Ausnahme Mezzofanti’s, deſſen<lb/> Sprachgeläufigkeit allerdings keine Garantien für die Leitung des<lb/> öffentlichen Unterrichts darbietet, ſind Männer des Tags und des<lb/> Vertrauens, oder wenigſtens der Volksmeinung und den Volks-<lb/> wünſchen zugänglich.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>† <hi rendition="#b">Von der toscaniſchen Gränze,</hi> Anfangs März.</dateline><lb/> <p>Nach-<lb/> richten von allen Theilen Toscana’s die ich erhalte zeugen wieder von<lb/> der ſteigenden Aufregung gegen Deutſche. Barbariſche Mißhandlungen<lb/> gegen einzelne Reiſende die man für Oeſterreicher hält kommen vor,<lb/> wie z. B. kürzlich in Piſtoja. Seit der Publication des Standrechts<lb/> in der Lombardei entbrennt die Wuth gegen Oeſterreich von neuem,<lb/> und jeder Augenblick kann die Bewegung in Toscana und in der<lb/> Romagna gegen Modena und Parma aggreſſiv machen. Die Profeſ-<lb/> ſoren in Piſa halten ſtatt wiſſenſchaftlicher politiſche Discurſe. So liegt<lb/> eine einleitende Vorleſung von einem berühmten Profeſſor der Phyſik<lb/> vor mir, in welcher geradezu ausgeſprochen iſt daß es beſſer ſey ein<lb/> paar ſolche kleine Staaten (wie Parma und Modena) zu zerſtören als<lb/> dieſelben als Bollwerke für Oeſterreichs Herrſchaft ſtehen zu laſſen.<lb/> Die fremden Deutſchen haben ſich von Piſa weg meiſt nach Florenz<lb/> gezogen, wo ſie ſich für ſicherer halten, weniger durch den Schutz der<lb/> ſchwachen Regierung als durch die natürliche Gaſtlichkeit und Urbanität<lb/> der Bewohner. Höchſt merkwürdig ſind die mannichfachen religiöſen<lb/> Fermente, die nothwendig auf den ganzen Zuſtand der katholiſchen Kirche<lb/> in Italien einwirken und eine allmähliche Zerſetzung derſelben bewirken<lb/> müſſen. Ein proteſtantiſches Conſiſtorium hat ſich conſtituirt und iſt<lb/> vom Großherzog freundlich empfangen worden. Eine wenn auch nur<lb/> kleine, aber durch Jntelligenz ausgezeichnete Anzahl von Männern hat<lb/> ſich der proteſtantiſchen Gemeinde angeſchloſſen und ſteht, was be-<lb/> ſonders merkwürdig iſt, auf kirchlich gläubigem Standpunkt. Die zahl-<lb/> reichen Engländer, die reformirten Schweizer haben hier ſeit Jahren<lb/> Proſelyten gemacht, die nun frei mit ihren Bekenntniſſen hervortreten.<lb/> Jch will die Namen nicht nennen, Sie würden ſich aber wundern welche<lb/> aus dem älteſten florentiniſchen Adel und Verwandte der höchſten, ſelbſt<lb/> jeſuitiſch gefinnter Würdenträger der katholiſchen Kirche darunter zu<lb/> finden. Seit Jahren ſchon beſtehen in Livorno, Piſa, Florenz Ehen<lb/> zwiſchen katholiſchen Toscanern und deutſchen und engliſchen Pro-<lb/> teſtantinnen, wenn auch in geringer Zahl. Als auffallendes Beiſpiel<lb/> der Toleranz kann Ihnen folgendes dienen. Ein Mönch der vor einigen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [1278/0014]
vertriebenen Franzoſenkönigs geſchrieben wäre, ſo möchte in ihr ſtehen
daß dieſe neue Freundſchaft zwiſchen Oſt und Weſt ein Bündniß zum
Verderben Deutſchlands war, und möge jetzt Rußland noch ſo ent-
ſchieden die Republik principiell haſſen — der Tag wird ſchwerlich aus-
bleiben, da Republik und abſolute Monarchie erſt geheim, dann offen
gegen Deutſchland wirken.
Die Stellung der Militärbeamten in Bayern.
||| Den Militärbeamten — man bezeichnet mit dieſer allgemeinen Be-
nennung zunächſt das Juſtiz-, das ärztliche und das Verwaltungs-
perſonal unſerer Armee — iſt eine Stellung angewieſen die an ſich und
den Officieren der Linie gegenüber nicht mehr haltbar iſt, die den An-
forderungen der Zeit nicht genügt, und die, wie ſo manches andere Pro-
blem, vielleicht ſchon in dem königlichen Geſchenke vom 6 März eine
glückliche Löſung gefunden hat. Vor nicht gar langer Zeit öffentlich —
von gewiſſen Seiten ſogar mit Erbitterung beſprochen, dürfte die Sache
gleichwohl gerade jetzt noch einer kurzen Beleuchtung unterſtellt werden,
gerade jetzt weil die allgemeine freudige Erregung keinen Raum für
Gehäſſigkeit läßt, und weil Spaltungen und eintrachtſtörender Kaſten-
geiſt nicht ſorgfältig genug aus einer Armee entfernt werden können
die eben berufen ſeyn dürfte ſchlagfertig an der Gränze ſich aufzuſtellen.
Schon ihr äußeres Erſcheinen weist dem Militärbeamten eine ſecundäre
— wir möchten faſt ſagen demüthigende Stellung an. Von den jüng-
ſten Beſtimmungen über Equipirung und Bewaffnung, von der Einfüh-
rung mehrfacher Neuerungen und Abänderungen der Uniformen wurden
ſie, die Parias des Heeres, ſtillſchweigend ausgeſchloſſen. Die Epau-
lette — erſt vor kurzem auch dem Junker bewilligt — iſt den Militär-
beamten aller Grade nicht geſtattet, ihre Bewaffnung blieb dieſelbe als
den Officieren neue zweckmäßige Säbel gegeben wurden, ſelbſt den Grad-
auszeichnungen hat man mit ängſtlicher Kleinlichkeit den Stempel der
Ausſcheidung aufgedrückt. Warum aber dieſes hartnäckige Feſthalten
einer ſubtilen Ausſcheidung zwiſchen Fechtenden und Nichtfechtenden?
Warum durch dieſe Ueberbleibſel ariſtokratiſcher Traditionen einen
Stand verletzen der ebenſo wie der Officiersſtand ſelbſt hingewieſen iſt
auf die Geſetze der Ehre? Wir glauben keineswegs daß der Militärbe-
amte auf äußere Prärogative um ihrer ſelbſt willen einen Werth lege.
Allein in einem Stande wo eben das Aeußere ſo ſchwer in der Wagſchale
liegt muß nothwendig die äußere Gleichſtellung der innern, weſentlichern
vorangehen. Und dieſe Gleichſtellung, ohne Opfer für den Staat wie
ohne Verletzung der Rechte Einzelner — wir erwarten ſie von der gegen-
wärtigen emancipirenden Epoche. Wir erwarten ſie vor allem von der
freundlichen Geſinnung und der Weisheit unſeres Königs, der nicht län-
ger eine ganze Claſſe ſeiner treuen Diener dieſer drückenden, das Ehr-
gefühl ertödtenden Halbheit überlaſſen, der auch nach dieſer Seite das
Vertrauen erwiedern, rechtfertigen wird.
Italien.
♀ Rom, 10 März.
Die conſtitutionellen Vorarbeiten ſind dem
heiligen Vater nach erfolgtem Abſchluß vorgelegt worden, und er hat
bereits heute ein Conſiſtorium zuſammenberufen welches davon Einſicht
nehmen und nächſten Montag ſich aufs neue verſammeln ſoll. Un-
mittelbar darnach wird zur Veröffentlichung der Verfaſſung geſchritten
werden, mit welcher nach Monſ. Gazola die dritte und vielleicht glor-
reichſte Epoche des Papſtthums beginnen wird. Die zweite, deren
Anfang er mit Sixtus V anſetzt und welche mit Gregor XVI ſchließt,
ſteht er nicht an die am wenigſten glückliche zu nennen. — D. Nero
Corſini, welcher als außerordentlicher Geſandter von dem Großherzog
von Toscana hierher geſandt war, iſt unmittelbar nach ſeiner Audienz
bei Plus IX nach Neapel abgereist um den italieniſchen Fürſtenbund
möglichſt raſch zum Abſchluß zu bringen. — Der bisherige neapolita-
niſche Geſandte am heiligen Stuhl Graf Ludolph iſt von dieſem Poſten
abberufen worden. Sein Nachfolger iſt mit Gewißheit noch nicht be-
kannt. — Auch der Veröffentlichung des neuen Miniſteriums ſteht man
mit Erwartung entgegen. Cardinal Bofondi wird wohl bleiben. Alles
was man ihm zur Laſt legt, beſteht in dem von ihm ganz unab-
hängigen Umſtand daß ſein Diener ihn bei Eintreffen einer Staffette
nicht hat wecken wollen. Dagegen wird behauptet daß Monſ. Mo-
richini von ſeinem Poſten nicht weichen wolle. Vor vier Wochen habe
er ſeine Entlaſſung gefordert, damals habe man ſie ihm nicht geben
wollen, verlangen werde er ſie jetzt nicht. Dieß aber iſt die hier üb-
liche Form der Abberufung. — Der Fürſt D. Aleſſandro Torlonia hat zu
Errichtung einer Druckerei, welche die Verbreitung nützlicher Volks-
bücher zum Zwecke hat, für 8500 Scudi Actien genommen und auf
den ihm dadurch zuſtehenden Einfluß verzichtet. Er ſammelt eben Kohlen
auf das Haupt ſeiner Mitbürger.
Δ Rom, 11 März.
Das neue Miniſterium iſt nun endlich
zu Stande gekommen, und ſo ausgefallen wie die Reformpartei es
nur immer hat wünſchen können. Mit Ausnahme des Cardinal-Staats-
ſecretärs ſind nur zwei Geiſtliche in demſelben geblieben: Cardinal
Mezzofanti behält den öffentlichen Unterricht, wogegen ſich allerdings
ſchon geſtern Stimmen haben vernehmen laſſen, und Monſ. Mori-
chini, der bisher Pro-Teſoriere war, iſt nun definitiv zum Schatz-
meiſter ernannt worden. Letzteres hört man nur billigen, da er ſich
mit vielen Opfern von Zeit und Mühe erſt vor kurzem in dieſen
Geſchäftszweig eingearbeitet hat und überall nur Ernſt und Eifer
hat blicken laſſen um den Anforderungen der Zeit zu genügen. Zum
Staatsſecretär nun iſt jetzt Card. Antonelli, der bisherige Präſident
des Staats-Conſulta, ernannt worden. Die Wahl findet vollkommenen
Veifall. Er iſt ein ganzer, ein gewiſſenhafter und ein weiſer Ge-
ſchäftsmann. Zum Miniſter des Innern iſt Gaetano Recchi ernannt
worden. Sturbinetti, der bisher die öffentlichen Arbeiten unter ſich
hatte, iſt zum Miniſterium der Gnade und Gerechtigkeit verſetzt. An
ſeine Stelle tritt Marco Minghetti. Die Verwaltung des Polizei-
miniſteriums iſt dem Advocaten Galletti aus Bologna anvertraut wor-
den. Das Handelsminiſterium behält Paſolini bei, und die Kriegs-
verwaltung hat Prinz Aldobrandini, wie man ſagt gegen ſeinen Willen
und trotz ſeiner Zaghaftigkeit, übernehmen müſſen. Jetzt hat der
Fortſchritt keine Entſchuldigung mehr wenn es ſchlecht geht wie
bisher. Alle Mittel ſich die Sache zeitgemäß herzurichten hat er
in die Hände bekommen. Einen fähigern und redlichern Staats-
mann wie Antonelli dürfte man ſchwerlich ausfindig oder namhaft
zu machen wiſſen. Alle andern, mit Ausnahme Mezzofanti’s, deſſen
Sprachgeläufigkeit allerdings keine Garantien für die Leitung des
öffentlichen Unterrichts darbietet, ſind Männer des Tags und des
Vertrauens, oder wenigſtens der Volksmeinung und den Volks-
wünſchen zugänglich.
† Von der toscaniſchen Gränze, Anfangs März.
Nach-
richten von allen Theilen Toscana’s die ich erhalte zeugen wieder von
der ſteigenden Aufregung gegen Deutſche. Barbariſche Mißhandlungen
gegen einzelne Reiſende die man für Oeſterreicher hält kommen vor,
wie z. B. kürzlich in Piſtoja. Seit der Publication des Standrechts
in der Lombardei entbrennt die Wuth gegen Oeſterreich von neuem,
und jeder Augenblick kann die Bewegung in Toscana und in der
Romagna gegen Modena und Parma aggreſſiv machen. Die Profeſ-
ſoren in Piſa halten ſtatt wiſſenſchaftlicher politiſche Discurſe. So liegt
eine einleitende Vorleſung von einem berühmten Profeſſor der Phyſik
vor mir, in welcher geradezu ausgeſprochen iſt daß es beſſer ſey ein
paar ſolche kleine Staaten (wie Parma und Modena) zu zerſtören als
dieſelben als Bollwerke für Oeſterreichs Herrſchaft ſtehen zu laſſen.
Die fremden Deutſchen haben ſich von Piſa weg meiſt nach Florenz
gezogen, wo ſie ſich für ſicherer halten, weniger durch den Schutz der
ſchwachen Regierung als durch die natürliche Gaſtlichkeit und Urbanität
der Bewohner. Höchſt merkwürdig ſind die mannichfachen religiöſen
Fermente, die nothwendig auf den ganzen Zuſtand der katholiſchen Kirche
in Italien einwirken und eine allmähliche Zerſetzung derſelben bewirken
müſſen. Ein proteſtantiſches Conſiſtorium hat ſich conſtituirt und iſt
vom Großherzog freundlich empfangen worden. Eine wenn auch nur
kleine, aber durch Jntelligenz ausgezeichnete Anzahl von Männern hat
ſich der proteſtantiſchen Gemeinde angeſchloſſen und ſteht, was be-
ſonders merkwürdig iſt, auf kirchlich gläubigem Standpunkt. Die zahl-
reichen Engländer, die reformirten Schweizer haben hier ſeit Jahren
Proſelyten gemacht, die nun frei mit ihren Bekenntniſſen hervortreten.
Jch will die Namen nicht nennen, Sie würden ſich aber wundern welche
aus dem älteſten florentiniſchen Adel und Verwandte der höchſten, ſelbſt
jeſuitiſch gefinnter Würdenträger der katholiſchen Kirche darunter zu
finden. Seit Jahren ſchon beſtehen in Livorno, Piſa, Florenz Ehen
zwiſchen katholiſchen Toscanern und deutſchen und engliſchen Pro-
teſtantinnen, wenn auch in geringer Zahl. Als auffallendes Beiſpiel
der Toleranz kann Ihnen folgendes dienen. Ein Mönch der vor einigen
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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