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Allgemeine Zeitung, Nr. 80, 20. März 1848.

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[Spaltenumbruch] lich -- unrichtig geschrieben und lautet:

"Allerdurchlauchtigster König!
In dieser schon seit Jahren für uns so schwer bedrängten und drückenden
Zeit wagen die Arbeiter jedes Standes eine Bitte an Ew. Majestät
zu richten. Diese Bitte ist um schleunige Abhülfe der jetzigen großen
Noth und Arbeitslosigkeit aller Arbeiter und Sicherstellung ihrer Zu-
kunft. Der Staat blüht und gedeiht nur da wo das Volk durch Arbeit
seine Lebensbedürfnisse befriedigen und als fühlender Mensch seine
Ansprüche geltend machen kann. Wir werden nämlich von Capitalisten
und Wucherern unterdrückt; die jetzigen bestehenden Gesetze sind nicht
im Stande uns vor ihnen zu schützen. Wir wagen daher Ew. Ma-
jestät unterthänigst vorzustellen ein Ministerium bestellen zu wollen,
ein Ministerium für Arbeiter, das aber nur von Arbeitgebenden
und Arbeitern zusammengesetzt werden darf und deren Mitglieder nur
aus beider Mitte selbst gewählt werden dürfen. Ein solches Mini-
sterium ist nur im Stande den wahren Grund der drückenden Lage
des Volks kennen zu lernen, das Loos der Arbeiter zu verbessern, den
Staat vor drohenden Gefahren zu schützen, Eigenthum und Leben
Aller bevorstehenden Verwüstungen nicht preiszugeben. In tiefster
Unterthänigkeit verharrend etc."


Der Kampf scheint
in der Nacht an mehreren Stellen ernsterer Natur gewesen zu seyn.
Man sieht heute an mehreren Häusern die Spuren der Kugeln, welche
theils in die Wände, theils durch die Fenster gegangen sind. Letzteres
soll dadurch motivirt seyn daß aus einzelnen Häusern auf das Militär
geworfen und sogar geschossen worden wäre. Die Zahl der Verwundeten
und Getödteten wird sehr verschieden angegeben, als das Maximum letz-
terer hört man die Zahl 17 bis 20 nennen. Mehrere Soldaten sollen
durch Steinwürfe stark beschädigt seyn. Die Aufregung ist in Folge dieser
nächtlichen Ereignisse heute sehr groß; man sieht überall Gruppen auf
der Straße stehen, welche eifrig zusammendiscutiren, obwohl der Schloß-
platz und die Brüderstraße von der gestrigen massenhaften Anfüllung
ganz frei blieben. Das Volk hat sich mehr an den einzelnen Punkten ver-
theilt wo die Spuren der Schüsse seine Aufmerksamkeit in Anspruch neh-
men. Neue Unruhen vor den Thoren, von welchen heute Morgen ver-
lautete, scheinen sich nicht zu bestätigen. Angriffe gegen das Privateigen-
thum sind nirgends versucht, doch ist das Local der Wache im sogenann-
ten Kölnischen Rathhause, welche zurückgezogen wurde, vollständig de-
molirt, auch sind einige Thüren vom Volke eingerannt worden um aus
den Häusern gegen das Militär zu operiren. Am Vormittag fand eine
sehr lebhafte und vom Publicum zahlreich besuchte Stadtverordnetenver-
sammlung statt, in welcher aufs neue über die von Seite der Bürger-
schaft zu ergreifenden Maßregeln berathen wurde. Man entschied sich
endlich für Einführung sogenannter Schutzcommissionen, welche dem
Einschreiten der bewaffneten Macht durch gütliches Zureden vorausgehen
sollen. Das Abzeichen der Schutzcommission ist ein Stab und ein brei-
tes schwarz-weißes Armband mit der Inschrift "Schutzbeamter." Zur
Commandirung dieser Schutzbeamten nach dem Ort des Tumults sind
dem Gouverneur zwei Stadträthe als Flügeladjutanten beigegeben. Wie
indeß verlautet, haben die Bürger in vielen Bezirken ihre Mitwirkung
abgelehnt, da es dazu schon zu spät sey. Dagegen wird die Forderung
eigentlicher Bürgerbewaffnung immer lauter. Auch die Studenten, aus
deren Mitte gestern Abends ebenfalls einer erschossen seyn soll, haben
heute beschlossen sich als bewaffnetes Corps zu constituiren. Sie sollen
den Commandanten um die Erlaubniß angegangen und ihn um Waffen ge-
beten haben; wie es aber heißt, wäre beides versagt worden. Abends
6 Uhr
. Die Physiognomie der Stadt wurde gegen Nachmittag merk-
lich friedlicher und freundlicher. Das schöne Frühlingswetter lockte zahl-
reiche Spaziergänger auf die Straßen, welche größtentheils den bessern
Ständen angehörten, die bedrohlichen Einzelgruppen hörten ganz auf, die
Gesichter verloren das ängstliche gepreßte Aussehen der letzten beiden
Tage. Dagegen versammelt sich vor dem Palast des Prinzen von Preu-
ßen, der Universität gegenüber, am Ausgang der Linden, seit heute Mittag
eine sehr bedeutende Menschenmasse. Ihre Haltung ist durchaus fried-
licher und ruhiger Natur, doch hat in dieser Zeit jedenfalls schon die bloße
Anhäufung ihr Bedenkliches, da man nicht annehmen kann daß sie ganz
grundlos ist. Wir werden die weitere Entwicklung erst am späten Abend
abwarten müssen. Sollte das Volk etwas gegen den Palast vorhaben,
so hat es sich einen gefährlichen Punkt gewählt, da der breite Opern-
platz der Entwicklung großer Streitkräfte ebenso günstig ist als die enge
Brüderstraße ungünstig. In der Stadtverordnetenversammlung wollte
man heute bestimmt wissen es sey bei Erneuerung der Unruhen am Abend
[Spaltenumbruch] mit Kartätschen zu schießen beschlossen. Wir können darüber erst mor-
gen Genaueres melden. Bemerkenswerth wird seit heute das Tragen
schwarz-roth-goldener Cocarden; auch scheint die verpönte Rauchfreiheit
allgemein usurpirt zu seyn. 71/2 Uhr. Der Postschluß drängt. Also
nur noch die Nachricht daß die Brüderstraße, gestern um diese Stunde
Schauplatz des wildesten Tumults, gegenwärtig ganz verlassen ist und
alles auf dem Opernplatz vor dem Palast des Prinzen von Preußen
concentrirt steht. Bis jetzt ist die Haltung friedlich. Einige Schutz-
commissäre wurden erblickt. Heute Mittag gegen Ende der Börse ver-
breitete sich die Nachricht von einer in Dresden und Brüssel gleichzeitig
proclamirten Republik. In Folge dessen sanken die Curse wieder um
mehrere Procent, nachdem sie nach den neuesten politischen Nachrichten
von Wien einen sehr namhaften Aufschwung erfahren hatten. Die Wie-
ner Nachrichten machen auf das Publicum einen tiefen Eindruck; man
findet es unerträglich daß Preußen dahinter zurückstehen solle. 73/4
Uhr. Vor dem Palast des Prinzen von Preußen wird gefeuert.

Oesterreichische Monarchie.

In der Circularsitzung vom 3 März machte der
conservative Deputirte vom Raaber Comitat, da bei dem letzten Wo-
chenmarkte das Volk die Banknoten entweder gar nicht oder nur mit
Mißtrauen angenommen hatte, die Motion: Se. Majestät möge in Hin-
sicht der ganzen Stellung der Bank, und speciell der Deckung der dem
Verkehr übergebenen Banknoten dem Lande eine beruhigende Aufklä-
rung gewähren. Darauf stand Kossuth auf und hielt folgende Rede:
Mit Dank begrüße ich die Motion des Raaber Deputirten, obgleich
ich, fest überzeugt daß die gegenwärtigen außerordentlichen Umstände
es gebieten daß wir uns über die speciellen Gegenstände erheben,
seine Motion nur als Gelegenheit gebrauchen will um die löblichen
Stände aufzufordern daß sie, im Gefühle der ungeheuren Verantwort-
lichkeit des Momentes, die Politik des Landtags auf jene Höhe er-
heben auf welche die Zeit uns weist. Von diesem Standpunkte aus-
gehend will ich mich in das Detail der Bankverhältnisse nicht einlas-
sen. Denn ich bin überzeugt daß die Besorgniß in Hinsicht des
Werthes der Banknoten, verbunden mit der einfachen Motion des
Raaber Comitats, hinreiche der Regierung die Erkenntniß zu geben
wie nöthig es sey, sobald das kleinste Mißtrauen in Hinsicht einer in
alle Privatverhältnisse so innig eingreifenden Institution Fuß faßt, wie
die Bank ist, dieses Mißtrauen augenblicklich zu zerstreuen, weil sonst
die Folgen unberechenbar sind. Zerstreuen aber kann man es weder
durch Abstimmungen noch durch Verheimlichungen, sondern bloß da-
durch daß der Stand der Dinge offen und ohne Rückhalt dem Pub-
licum dargelegt wird. Ich betrachte es als eine Bürgschaft daß die
Regierung dieselbe Auffassung habe, daß heute Morgens von Seite
der Bankdirection mehreren Deputirten die officiellen Ausweise über
den Stand der Bank mitgetheilt wurden, welche darthun daß die
214 Millionen Banknoten gedeckt und außerdem ein Activvermögen
von 30 Millionen da sey. Ich will es glauben daß die Regierung die
Nothwendigkeit fühle, wie es ihre unaufschiebbare Pflicht sey in
ihrem eigenem Interesse diesen beruhigenden Ausweis officiell zu pub-
liciren, und es wäre ein großer Fehler dieß unter dem Vorwand zu
versäumen daß die Bank ein Privatunternehmen sey für das die Re-
gierung nicht verantwortlich sey, denn das Publicum kennt wohl jene
Solidarität in welcher die Bank mit der Regierung steht, sie ist in Hin-
sicht der Banknoten-Emittirung nichts anderes als eine wenn gleich feh-
lerhafte, doch integrirende Institution des Finanzsystems der Monarchie.
Der andere Grund warum ich mich nicht tiefer in die Analyse dieser
Verhältnisse einlasse, ist weil ich weiß daß, insofern der Börsenstand
der Bankactien für den Thermometer der Bankzustände gelten kann,
die Bank 1830 viel schlechter stand als jetzt, und weil überhaupt ich
überzeugt bin daß sie in keiner Grund zu Besorgniß gebender Gefahr
stehe, sondern erst dann in Gefahr kommen könnte wenn die Wiener
Regierungspolitik hartnäckig fortgesetzt würde und der Staat, dessen
Finanzen auch schon im normalen Zustande ein fortwährendes De-
ficit ausweisen, dadurch zu täglich sich vergrößernden Opfern gezwun-
gen wäre, was unausweichlich zu einem neuen Bankrott führen müßte.
Wenn diese Politik durchaus geändert wird, dann können wir in Hin-
sicht der Bank vollkommen ruhig seyn, und darum wünsche ich daß
die löblichen Stände ihre Aufmerksamkeit auf jene Verhältnisse richten
welche das Anwachsen der öffentlichen Gefahr verhindern können.
Denn ich bin überzeugt daß wir, einsehend welchen Einfluß die öster-
reichischen Finanzverhältnisse auf unsere eigenen Geld- und Vermögens-

[Spaltenumbruch] lich — unrichtig geſchrieben und lautet:

„Allerdurchlauchtigſter König!
In dieſer ſchon ſeit Jahren für uns ſo ſchwer bedrängten und drückenden
Zeit wagen die Arbeiter jedes Standes eine Bitte an Ew. Majeſtät
zu richten. Dieſe Bitte iſt um ſchleunige Abhülfe der jetzigen großen
Noth und Arbeitsloſigkeit aller Arbeiter und Sicherſtellung ihrer Zu-
kunft. Der Staat blüht und gedeiht nur da wo das Volk durch Arbeit
ſeine Lebensbedürfniſſe befriedigen und als fühlender Menſch ſeine
Anſprüche geltend machen kann. Wir werden nämlich von Capitaliſten
und Wucherern unterdrückt; die jetzigen beſtehenden Geſetze ſind nicht
im Stande uns vor ihnen zu ſchützen. Wir wagen daher Ew. Ma-
jeſtät unterthänigſt vorzuſtellen ein Miniſterium beſtellen zu wollen,
ein Miniſterium für Arbeiter, das aber nur von Arbeitgebenden
und Arbeitern zuſammengeſetzt werden darf und deren Mitglieder nur
aus beider Mitte ſelbſt gewählt werden dürfen. Ein ſolches Mini-
ſterium iſt nur im Stande den wahren Grund der drückenden Lage
des Volks kennen zu lernen, das Loos der Arbeiter zu verbeſſern, den
Staat vor drohenden Gefahren zu ſchützen, Eigenthum und Leben
Aller bevorſtehenden Verwüſtungen nicht preiszugeben. In tiefſter
Unterthänigkeit verharrend ꝛc.“


Der Kampf ſcheint
in der Nacht an mehreren Stellen ernſterer Natur geweſen zu ſeyn.
Man ſieht heute an mehreren Häuſern die Spuren der Kugeln, welche
theils in die Wände, theils durch die Fenſter gegangen ſind. Letzteres
ſoll dadurch motivirt ſeyn daß aus einzelnen Häuſern auf das Militär
geworfen und ſogar geſchoſſen worden wäre. Die Zahl der Verwundeten
und Getödteten wird ſehr verſchieden angegeben, als das Maximum letz-
terer hört man die Zahl 17 bis 20 nennen. Mehrere Soldaten ſollen
durch Steinwürfe ſtark beſchädigt ſeyn. Die Aufregung iſt in Folge dieſer
nächtlichen Ereigniſſe heute ſehr groß; man ſieht überall Gruppen auf
der Straße ſtehen, welche eifrig zuſammendiscutiren, obwohl der Schloß-
platz und die Brüderſtraße von der geſtrigen maſſenhaften Anfüllung
ganz frei blieben. Das Volk hat ſich mehr an den einzelnen Punkten ver-
theilt wo die Spuren der Schüſſe ſeine Aufmerkſamkeit in Anſpruch neh-
men. Neue Unruhen vor den Thoren, von welchen heute Morgen ver-
lautete, ſcheinen ſich nicht zu beſtätigen. Angriffe gegen das Privateigen-
thum ſind nirgends verſucht, doch iſt das Local der Wache im ſogenann-
ten Kölniſchen Rathhauſe, welche zurückgezogen wurde, vollſtändig de-
molirt, auch ſind einige Thüren vom Volke eingerannt worden um aus
den Häuſern gegen das Militär zu operiren. Am Vormittag fand eine
ſehr lebhafte und vom Publicum zahlreich beſuchte Stadtverordnetenver-
ſammlung ſtatt, in welcher aufs neue über die von Seite der Bürger-
ſchaft zu ergreifenden Maßregeln berathen wurde. Man entſchied ſich
endlich für Einführung ſogenannter Schutzcommiſſionen, welche dem
Einſchreiten der bewaffneten Macht durch gütliches Zureden vorausgehen
ſollen. Das Abzeichen der Schutzcommiſſion iſt ein Stab und ein brei-
tes ſchwarz-weißes Armband mit der Inſchrift „Schutzbeamter.“ Zur
Commandirung dieſer Schutzbeamten nach dem Ort des Tumults ſind
dem Gouverneur zwei Stadträthe als Flügeladjutanten beigegeben. Wie
indeß verlautet, haben die Bürger in vielen Bezirken ihre Mitwirkung
abgelehnt, da es dazu ſchon zu ſpät ſey. Dagegen wird die Forderung
eigentlicher Bürgerbewaffnung immer lauter. Auch die Studenten, aus
deren Mitte geſtern Abends ebenfalls einer erſchoſſen ſeyn ſoll, haben
heute beſchloſſen ſich als bewaffnetes Corps zu conſtituiren. Sie ſollen
den Commandanten um die Erlaubniß angegangen und ihn um Waffen ge-
beten haben; wie es aber heißt, wäre beides verſagt worden. Abends
6 Uhr
. Die Phyſiognomie der Stadt wurde gegen Nachmittag merk-
lich friedlicher und freundlicher. Das ſchöne Frühlingswetter lockte zahl-
reiche Spaziergänger auf die Straßen, welche größtentheils den beſſern
Ständen angehörten, die bedrohlichen Einzelgruppen hörten ganz auf, die
Geſichter verloren das ängſtliche gepreßte Ausſehen der letzten beiden
Tage. Dagegen verſammelt ſich vor dem Palaſt des Prinzen von Preu-
ßen, der Univerſität gegenüber, am Ausgang der Linden, ſeit heute Mittag
eine ſehr bedeutende Menſchenmaſſe. Ihre Haltung iſt durchaus fried-
licher und ruhiger Natur, doch hat in dieſer Zeit jedenfalls ſchon die bloße
Anhäufung ihr Bedenkliches, da man nicht annehmen kann daß ſie ganz
grundlos iſt. Wir werden die weitere Entwicklung erſt am ſpäten Abend
abwarten müſſen. Sollte das Volk etwas gegen den Palaſt vorhaben,
ſo hat es ſich einen gefährlichen Punkt gewählt, da der breite Opern-
platz der Entwicklung großer Streitkräfte ebenſo günſtig iſt als die enge
Brüderſtraße ungünſtig. In der Stadtverordnetenverſammlung wollte
man heute beſtimmt wiſſen es ſey bei Erneuerung der Unruhen am Abend
[Spaltenumbruch] mit Kartätſchen zu ſchießen beſchloſſen. Wir können darüber erſt mor-
gen Genaueres melden. Bemerkenswerth wird ſeit heute das Tragen
ſchwarz-roth-goldener Cocarden; auch ſcheint die verpönte Rauchfreiheit
allgemein uſurpirt zu ſeyn. 7½ Uhr. Der Poſtſchluß drängt. Alſo
nur noch die Nachricht daß die Brüderſtraße, geſtern um dieſe Stunde
Schauplatz des wildeſten Tumults, gegenwärtig ganz verlaſſen iſt und
alles auf dem Opernplatz vor dem Palaſt des Prinzen von Preußen
concentrirt ſteht. Bis jetzt iſt die Haltung friedlich. Einige Schutz-
commiſſäre wurden erblickt. Heute Mittag gegen Ende der Börſe ver-
breitete ſich die Nachricht von einer in Dresden und Brüſſel gleichzeitig
proclamirten Republik. In Folge deſſen ſanken die Curſe wieder um
mehrere Procent, nachdem ſie nach den neueſten politiſchen Nachrichten
von Wien einen ſehr namhaften Aufſchwung erfahren hatten. Die Wie-
ner Nachrichten machen auf das Publicum einen tiefen Eindruck; man
findet es unerträglich daß Preußen dahinter zurückſtehen ſolle. 7¾
Uhr. Vor dem Palaſt des Prinzen von Preußen wird gefeuert.

Oeſterreichiſche Monarchie.

In der Circularſitzung vom 3 März machte der
conſervative Deputirte vom Raaber Comitat, da bei dem letzten Wo-
chenmarkte das Volk die Banknoten entweder gar nicht oder nur mit
Mißtrauen angenommen hatte, die Motion: Se. Majeſtät möge in Hin-
ſicht der ganzen Stellung der Bank, und ſpeciell der Deckung der dem
Verkehr übergebenen Banknoten dem Lande eine beruhigende Aufklä-
rung gewähren. Darauf ſtand Koſſuth auf und hielt folgende Rede:
Mit Dank begrüße ich die Motion des Raaber Deputirten, obgleich
ich, feſt überzeugt daß die gegenwärtigen außerordentlichen Umſtände
es gebieten daß wir uns über die ſpeciellen Gegenſtände erheben,
ſeine Motion nur als Gelegenheit gebrauchen will um die löblichen
Stände aufzufordern daß ſie, im Gefühle der ungeheuren Verantwort-
lichkeit des Momentes, die Politik des Landtags auf jene Höhe er-
heben auf welche die Zeit uns weist. Von dieſem Standpunkte aus-
gehend will ich mich in das Detail der Bankverhältniſſe nicht einlaſ-
ſen. Denn ich bin überzeugt daß die Beſorgniß in Hinſicht des
Werthes der Banknoten, verbunden mit der einfachen Motion des
Raaber Comitats, hinreiche der Regierung die Erkenntniß zu geben
wie nöthig es ſey, ſobald das kleinſte Mißtrauen in Hinſicht einer in
alle Privatverhältniſſe ſo innig eingreifenden Inſtitution Fuß faßt, wie
die Bank iſt, dieſes Mißtrauen augenblicklich zu zerſtreuen, weil ſonſt
die Folgen unberechenbar ſind. Zerſtreuen aber kann man es weder
durch Abſtimmungen noch durch Verheimlichungen, ſondern bloß da-
durch daß der Stand der Dinge offen und ohne Rückhalt dem Pub-
licum dargelegt wird. Ich betrachte es als eine Bürgſchaft daß die
Regierung dieſelbe Auffaſſung habe, daß heute Morgens von Seite
der Bankdirection mehreren Deputirten die officiellen Ausweiſe über
den Stand der Bank mitgetheilt wurden, welche darthun daß die
214 Millionen Banknoten gedeckt und außerdem ein Activvermögen
von 30 Millionen da ſey. Ich will es glauben daß die Regierung die
Nothwendigkeit fühle, wie es ihre unaufſchiebbare Pflicht ſey in
ihrem eigenem Intereſſe dieſen beruhigenden Ausweis officiell zu pub-
liciren, und es wäre ein großer Fehler dieß unter dem Vorwand zu
verſäumen daß die Bank ein Privatunternehmen ſey für das die Re-
gierung nicht verantwortlich ſey, denn das Publicum kennt wohl jene
Solidarität in welcher die Bank mit der Regierung ſteht, ſie iſt in Hin-
ſicht der Banknoten-Emittirung nichts anderes als eine wenn gleich feh-
lerhafte, doch integrirende Inſtitution des Finanzſyſtems der Monarchie.
Der andere Grund warum ich mich nicht tiefer in die Analyſe dieſer
Verhältniſſe einlaſſe, iſt weil ich weiß daß, inſofern der Börſenſtand
der Bankactien für den Thermometer der Bankzuſtände gelten kann,
die Bank 1830 viel ſchlechter ſtand als jetzt, und weil überhaupt ich
überzeugt bin daß ſie in keiner Grund zu Beſorgniß gebender Gefahr
ſtehe, ſondern erſt dann in Gefahr kommen könnte wenn die Wiener
Regierungspolitik hartnäckig fortgeſetzt würde und der Staat, deſſen
Finanzen auch ſchon im normalen Zuſtande ein fortwährendes De-
ficit ausweiſen, dadurch zu täglich ſich vergrößernden Opfern gezwun-
gen wäre, was unausweichlich zu einem neuen Bankrott führen müßte.
Wenn dieſe Politik durchaus geändert wird, dann können wir in Hin-
ſicht der Bank vollkommen ruhig ſeyn, und darum wünſche ich daß
die löblichen Stände ihre Aufmerkſamkeit auf jene Verhältniſſe richten
welche das Anwachſen der öffentlichen Gefahr verhindern können.
Denn ich bin überzeugt daß wir, einſehend welchen Einfluß die öſter-
reichiſchen Finanzverhältniſſe auf unſere eigenen Geld- und Vermögens-

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[0018] lich — unrichtig geſchrieben und lautet: „Allerdurchlauchtigſter König! In dieſer ſchon ſeit Jahren für uns ſo ſchwer bedrängten und drückenden Zeit wagen die Arbeiter jedes Standes eine Bitte an Ew. Majeſtät zu richten. Dieſe Bitte iſt um ſchleunige Abhülfe der jetzigen großen Noth und Arbeitsloſigkeit aller Arbeiter und Sicherſtellung ihrer Zu- kunft. Der Staat blüht und gedeiht nur da wo das Volk durch Arbeit ſeine Lebensbedürfniſſe befriedigen und als fühlender Menſch ſeine Anſprüche geltend machen kann. Wir werden nämlich von Capitaliſten und Wucherern unterdrückt; die jetzigen beſtehenden Geſetze ſind nicht im Stande uns vor ihnen zu ſchützen. Wir wagen daher Ew. Ma- jeſtät unterthänigſt vorzuſtellen ein Miniſterium beſtellen zu wollen, ein Miniſterium für Arbeiter, das aber nur von Arbeitgebenden und Arbeitern zuſammengeſetzt werden darf und deren Mitglieder nur aus beider Mitte ſelbſt gewählt werden dürfen. Ein ſolches Mini- ſterium iſt nur im Stande den wahren Grund der drückenden Lage des Volks kennen zu lernen, das Loos der Arbeiter zu verbeſſern, den Staat vor drohenden Gefahren zu ſchützen, Eigenthum und Leben Aller bevorſtehenden Verwüſtungen nicht preiszugeben. In tiefſter Unterthänigkeit verharrend ꝛc.“ — Berlin, 16 März Vormittags 10 Uhr. Der Kampf ſcheint in der Nacht an mehreren Stellen ernſterer Natur geweſen zu ſeyn. Man ſieht heute an mehreren Häuſern die Spuren der Kugeln, welche theils in die Wände, theils durch die Fenſter gegangen ſind. Letzteres ſoll dadurch motivirt ſeyn daß aus einzelnen Häuſern auf das Militär geworfen und ſogar geſchoſſen worden wäre. Die Zahl der Verwundeten und Getödteten wird ſehr verſchieden angegeben, als das Maximum letz- terer hört man die Zahl 17 bis 20 nennen. Mehrere Soldaten ſollen durch Steinwürfe ſtark beſchädigt ſeyn. Die Aufregung iſt in Folge dieſer nächtlichen Ereigniſſe heute ſehr groß; man ſieht überall Gruppen auf der Straße ſtehen, welche eifrig zuſammendiscutiren, obwohl der Schloß- platz und die Brüderſtraße von der geſtrigen maſſenhaften Anfüllung ganz frei blieben. Das Volk hat ſich mehr an den einzelnen Punkten ver- theilt wo die Spuren der Schüſſe ſeine Aufmerkſamkeit in Anſpruch neh- men. Neue Unruhen vor den Thoren, von welchen heute Morgen ver- lautete, ſcheinen ſich nicht zu beſtätigen. Angriffe gegen das Privateigen- thum ſind nirgends verſucht, doch iſt das Local der Wache im ſogenann- ten Kölniſchen Rathhauſe, welche zurückgezogen wurde, vollſtändig de- molirt, auch ſind einige Thüren vom Volke eingerannt worden um aus den Häuſern gegen das Militär zu operiren. Am Vormittag fand eine ſehr lebhafte und vom Publicum zahlreich beſuchte Stadtverordnetenver- ſammlung ſtatt, in welcher aufs neue über die von Seite der Bürger- ſchaft zu ergreifenden Maßregeln berathen wurde. Man entſchied ſich endlich für Einführung ſogenannter Schutzcommiſſionen, welche dem Einſchreiten der bewaffneten Macht durch gütliches Zureden vorausgehen ſollen. Das Abzeichen der Schutzcommiſſion iſt ein Stab und ein brei- tes ſchwarz-weißes Armband mit der Inſchrift „Schutzbeamter.“ Zur Commandirung dieſer Schutzbeamten nach dem Ort des Tumults ſind dem Gouverneur zwei Stadträthe als Flügeladjutanten beigegeben. Wie indeß verlautet, haben die Bürger in vielen Bezirken ihre Mitwirkung abgelehnt, da es dazu ſchon zu ſpät ſey. Dagegen wird die Forderung eigentlicher Bürgerbewaffnung immer lauter. Auch die Studenten, aus deren Mitte geſtern Abends ebenfalls einer erſchoſſen ſeyn ſoll, haben heute beſchloſſen ſich als bewaffnetes Corps zu conſtituiren. Sie ſollen den Commandanten um die Erlaubniß angegangen und ihn um Waffen ge- beten haben; wie es aber heißt, wäre beides verſagt worden. Abends 6 Uhr. Die Phyſiognomie der Stadt wurde gegen Nachmittag merk- lich friedlicher und freundlicher. Das ſchöne Frühlingswetter lockte zahl- reiche Spaziergänger auf die Straßen, welche größtentheils den beſſern Ständen angehörten, die bedrohlichen Einzelgruppen hörten ganz auf, die Geſichter verloren das ängſtliche gepreßte Ausſehen der letzten beiden Tage. Dagegen verſammelt ſich vor dem Palaſt des Prinzen von Preu- ßen, der Univerſität gegenüber, am Ausgang der Linden, ſeit heute Mittag eine ſehr bedeutende Menſchenmaſſe. Ihre Haltung iſt durchaus fried- licher und ruhiger Natur, doch hat in dieſer Zeit jedenfalls ſchon die bloße Anhäufung ihr Bedenkliches, da man nicht annehmen kann daß ſie ganz grundlos iſt. Wir werden die weitere Entwicklung erſt am ſpäten Abend abwarten müſſen. Sollte das Volk etwas gegen den Palaſt vorhaben, ſo hat es ſich einen gefährlichen Punkt gewählt, da der breite Opern- platz der Entwicklung großer Streitkräfte ebenſo günſtig iſt als die enge Brüderſtraße ungünſtig. In der Stadtverordnetenverſammlung wollte man heute beſtimmt wiſſen es ſey bei Erneuerung der Unruhen am Abend mit Kartätſchen zu ſchießen beſchloſſen. Wir können darüber erſt mor- gen Genaueres melden. Bemerkenswerth wird ſeit heute das Tragen ſchwarz-roth-goldener Cocarden; auch ſcheint die verpönte Rauchfreiheit allgemein uſurpirt zu ſeyn. 7½ Uhr. Der Poſtſchluß drängt. Alſo nur noch die Nachricht daß die Brüderſtraße, geſtern um dieſe Stunde Schauplatz des wildeſten Tumults, gegenwärtig ganz verlaſſen iſt und alles auf dem Opernplatz vor dem Palaſt des Prinzen von Preußen concentrirt ſteht. Bis jetzt iſt die Haltung friedlich. Einige Schutz- commiſſäre wurden erblickt. Heute Mittag gegen Ende der Börſe ver- breitete ſich die Nachricht von einer in Dresden und Brüſſel gleichzeitig proclamirten Republik. In Folge deſſen ſanken die Curſe wieder um mehrere Procent, nachdem ſie nach den neueſten politiſchen Nachrichten von Wien einen ſehr namhaften Aufſchwung erfahren hatten. Die Wie- ner Nachrichten machen auf das Publicum einen tiefen Eindruck; man findet es unerträglich daß Preußen dahinter zurückſtehen ſolle. 7¾ Uhr. Vor dem Palaſt des Prinzen von Preußen wird gefeuert. Oeſterreichiſche Monarchie. Preßburg. In der Circularſitzung vom 3 März machte der conſervative Deputirte vom Raaber Comitat, da bei dem letzten Wo- chenmarkte das Volk die Banknoten entweder gar nicht oder nur mit Mißtrauen angenommen hatte, die Motion: Se. Majeſtät möge in Hin- ſicht der ganzen Stellung der Bank, und ſpeciell der Deckung der dem Verkehr übergebenen Banknoten dem Lande eine beruhigende Aufklä- rung gewähren. Darauf ſtand Koſſuth auf und hielt folgende Rede: Mit Dank begrüße ich die Motion des Raaber Deputirten, obgleich ich, feſt überzeugt daß die gegenwärtigen außerordentlichen Umſtände es gebieten daß wir uns über die ſpeciellen Gegenſtände erheben, ſeine Motion nur als Gelegenheit gebrauchen will um die löblichen Stände aufzufordern daß ſie, im Gefühle der ungeheuren Verantwort- lichkeit des Momentes, die Politik des Landtags auf jene Höhe er- heben auf welche die Zeit uns weist. Von dieſem Standpunkte aus- gehend will ich mich in das Detail der Bankverhältniſſe nicht einlaſ- ſen. Denn ich bin überzeugt daß die Beſorgniß in Hinſicht des Werthes der Banknoten, verbunden mit der einfachen Motion des Raaber Comitats, hinreiche der Regierung die Erkenntniß zu geben wie nöthig es ſey, ſobald das kleinſte Mißtrauen in Hinſicht einer in alle Privatverhältniſſe ſo innig eingreifenden Inſtitution Fuß faßt, wie die Bank iſt, dieſes Mißtrauen augenblicklich zu zerſtreuen, weil ſonſt die Folgen unberechenbar ſind. Zerſtreuen aber kann man es weder durch Abſtimmungen noch durch Verheimlichungen, ſondern bloß da- durch daß der Stand der Dinge offen und ohne Rückhalt dem Pub- licum dargelegt wird. Ich betrachte es als eine Bürgſchaft daß die Regierung dieſelbe Auffaſſung habe, daß heute Morgens von Seite der Bankdirection mehreren Deputirten die officiellen Ausweiſe über den Stand der Bank mitgetheilt wurden, welche darthun daß die 214 Millionen Banknoten gedeckt und außerdem ein Activvermögen von 30 Millionen da ſey. Ich will es glauben daß die Regierung die Nothwendigkeit fühle, wie es ihre unaufſchiebbare Pflicht ſey in ihrem eigenem Intereſſe dieſen beruhigenden Ausweis officiell zu pub- liciren, und es wäre ein großer Fehler dieß unter dem Vorwand zu verſäumen daß die Bank ein Privatunternehmen ſey für das die Re- gierung nicht verantwortlich ſey, denn das Publicum kennt wohl jene Solidarität in welcher die Bank mit der Regierung ſteht, ſie iſt in Hin- ſicht der Banknoten-Emittirung nichts anderes als eine wenn gleich feh- lerhafte, doch integrirende Inſtitution des Finanzſyſtems der Monarchie. Der andere Grund warum ich mich nicht tiefer in die Analyſe dieſer Verhältniſſe einlaſſe, iſt weil ich weiß daß, inſofern der Börſenſtand der Bankactien für den Thermometer der Bankzuſtände gelten kann, die Bank 1830 viel ſchlechter ſtand als jetzt, und weil überhaupt ich überzeugt bin daß ſie in keiner Grund zu Beſorgniß gebender Gefahr ſtehe, ſondern erſt dann in Gefahr kommen könnte wenn die Wiener Regierungspolitik hartnäckig fortgeſetzt würde und der Staat, deſſen Finanzen auch ſchon im normalen Zuſtande ein fortwährendes De- ficit ausweiſen, dadurch zu täglich ſich vergrößernden Opfern gezwun- gen wäre, was unausweichlich zu einem neuen Bankrott führen müßte. Wenn dieſe Politik durchaus geändert wird, dann können wir in Hin- ſicht der Bank vollkommen ruhig ſeyn, und darum wünſche ich daß die löblichen Stände ihre Aufmerkſamkeit auf jene Verhältniſſe richten welche das Anwachſen der öffentlichen Gefahr verhindern können. Denn ich bin überzeugt daß wir, einſehend welchen Einfluß die öſter- reichiſchen Finanzverhältniſſe auf unſere eigenen Geld- und Vermögens-

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 80, 20. März 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine80_1848/18>, abgerufen am 21.11.2024.