Allgemeine Zeitung, Nr. 80, 20. März 1848.[Spaltenumbruch]
Angriffe gegen Militär- und andere Personen, sowie gegen öffentliches München, 18 März 1848.Freiherr von Pechmann." Vorstehender Erlaß wurde auch gestern Abends 8 Uhr schon Württemberg. *** Stuttgart, 16 März. Die heutige Kam- Großh. Baden. § Karlsruhe, 18 März. Der Gesetzentwurf * Karlsruhe, 18 März. In Nr. 76 Jhrer geschätzten Zeitung Die liberalen Mitglieder der badischen Kammer der Abgeordneten *) Derselbe lautet: "Der König hat das Recht ohne die Mitwirkung der Stände die zur Vollstreckung und Handhabung der Gesetze erforder- lichen Verordnungen zu treffen, und in dringenden Fällen zur Sicherheit des Staats das Nöthige vorzukehren. **) Dieß kann um so mehr geschehen, da die Beschränkungen und Ver-
bote in dieser Hinsicht, eine Folge von Bundesbeschlüssen, von der libe- ralen Partei stets als verfassungswidrig betrachtet wurden. [Spaltenumbruch]
Angriffe gegen Militär- und andere Perſonen, ſowie gegen öffentliches München, 18 März 1848.Freiherr von Pechmann.“ Vorſtehender Erlaß wurde auch geſtern Abends 8 Uhr ſchon Württemberg. *** Stuttgart, 16 März. Die heutige Kam- Großh. Baden. § Karlsruhe, 18 März. Der Geſetzentwurf * Karlsruhe, 18 März. In Nr. 76 Jhrer geſchätzten Zeitung Die liberalen Mitglieder der badiſchen Kammer der Abgeordneten *) Derſelbe lautet: „Der König hat das Recht ohne die Mitwirkung der Stände die zur Vollſtreckung und Handhabung der Geſetze erforder- lichen Verordnungen zu treffen, und in dringenden Fällen zur Sicherheit des Staats das Nöthige vorzukehren. **) Dieß kann um ſo mehr geſchehen, da die Beſchränkungen und Ver-
bote in dieſer Hinſicht, eine Folge von Bundesbeſchlüſſen, von der libe- ralen Partei ſtets als verfaſſungswidrig betrachtet wurden. <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jComment" n="4"> <floatingText> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0002" n="1266"/><cb/> Angriffe gegen Militär- und andere Perſonen, ſowie gegen öffentliches<lb/> oder Privateigenthum <hi rendition="#g">ohne beſonderen Aufruf mit Gewalt der<lb/> Waffen zu begegnen</hi>.</p> <closer> <dateline>München, 18 März 1848.</dateline> <signed>Freiherr von<lb/> Pechmann.“</signed> </closer> </div> </body> </floatingText> <p>Vorſtehender Erlaß wurde auch geſtern Abends 8 Uhr ſchon<lb/> überall in den Straßen vertheilt, zu einer Zeit alſo wo es barer Wahnſinn<lb/> geweſen wäre wenn Aufrührer einen Angriff hätten wagen wollen, und wo<lb/> daher eine Abſchreckung durch Worte ganz überflüſſig war. Selbſt da wo<lb/> ein Theil der Bevölkerung den Boden des Geſetzes thatſächlich verlaſſen<lb/> hat und bewaffnet der geſetzlichen Macht gegenüberſteht, ſollten die Be-<lb/> hörden die Beſtimmungen des Geſetzes auch für keinen Augenblick beſei-<lb/> tigen. Man weiß wie viele Menſchen bei dergleichen Anläſſen bloß aus<lb/> Neugierde in den Straßen ſind, wie leicht ſolche ohne die geringſte Ab-<lb/> ſicht ſich an Exceſſen zu betheiligen von aufrühreriſchen Hauſen um-<lb/> ſchwärmt, ja vor ihnen hergetrieben werden können — welche entſetzliche<lb/> Verantwortlichkeit, wenn vielleicht in Folge eines einzelnen Steinwurfes<lb/> in einem ſolchen Augenblick <hi rendition="#g">ohne Aufforderung ſich zu zerſtreuen</hi><lb/> der blutige Befehl „Feuer“ gegeben würde! Es iſt zu erwarten daß auch<lb/> hieſige Blätter ſich in dieſem Sinn ausſprechen und eine Zurücknahme<lb/> dieſer Beſtimmung für jetzt und immer dringend verlangen werden. —<lb/> Heute Mittag überreichten auf dem Rathhauſe die Deputirten der Städte<lb/> und Landgemeinden der Rheinpfalz eine Adreſſe an die Bürger und Be-<lb/> wohner Münchens, von der ich Ihnen einen Abdruck beilege. (Wir tra-<lb/> gen ſie morgen nach.) Dieſelben Deputirten hatten auch eine Beſpre-<lb/> chung mit dem Miniſter des Innern bezüglich der Wünſche und Vorſchläge<lb/> ihrer Provinz, welche in einer beſondern Adreſſe dem König vorgelegt wer-<lb/> den ſollen. Es wurde denſelben indeß, wie ich vernehme, wenig Hoffnung ge-<lb/> geben daß Se. Maj. in die Ueberreichung ihrer Adreſſe <hi rendition="#aq">in corpore</hi> willigen<lb/> werde, beſonders deßwegen weil dieſes Beiſpiel möglicherweiſe von andern<lb/> Provinzen nachgeahmt werden möchte. Nichtsdeſtoweniger ſcheint es höchſt<lb/> wünſchenswerth daß dem König ſo klar und ſo vielſeitig wie möglich die<lb/> Lage des Landes und ſeine Bedürfniſſe vor Augen gelegt werden, was<lb/> bis jetzt leider nur zu ſelten und mit zu großer Zurückhaltung geſchehen<lb/> iſt. — <hi rendition="#g">Nachſchrift</hi>. Schon ſeit 4 Uhr Nachmittags hat man auch<lb/> heute begonnen dieſelben militäriſchen Maßregeln in der Stadt zu tref-<lb/> fen wie geſtern, obwohl von beabſichtigten Ruheſtörungen durchaus<lb/> nichts verlautet.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Württemberg</hi>.</head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>*** <hi rendition="#b">Stuttgart,</hi> 16 März.</dateline><lb/> <p>Die heutige Kam-<lb/> merſitzung zeigte im Gegenſatz zur vorgeſtrigen den Charakter einer Ver-<lb/> ſammlung welche ſich in die unvermeidliche Auflöſung unbedingt gefügt<lb/> und deßhalb jede Ausſicht auf irgendeine Wirkſamkeit aufgegeben hat.<lb/> Die in der vorigen Sitzung als beſtimmt vorherrſchende Beſtrebung die<lb/> Ablöſungen noch für dieſen Landtag in Anſpruch zu nehmen war aufge-<lb/> geben, und ſomit mußte auch der Wunſch ſo ſchnell wie möglich fertig<lb/> zu werden auch bei der alten Mehrheit der vorherrſchende ſeyn, da<lb/> dieſe empfinden muß daß ſie für die jetzigen Umſtände <hi rendition="#g">nicht</hi> ernannt<lb/> wurde. Die Sitzung wurde mit dem Bericht über Petitionen eröffnet,<lb/> in denen ſich die Aufregung des Landes durch einen ſtarken Zudrang<lb/> derjenigen kundgethan hatte worin Veränderungen unter dem allgemei-<lb/> nen Namen politiſcher Reform nachgeſucht wurden. Alsdann folgte der<lb/> Bericht der Feudalcommiſſion über die in voriger Sitzung behandelte Frage,<lb/> ob die Ablöſung der Grundlaſten noch in gegenwärtiger Verſammlung<lb/> zu erledigen ſey. Die Commiſſion ſtellte es der Regierung anheim, ob ſie<lb/> eine Geſetzvorlage in dieſer oder der nächſten Kammer einbringen wolle.<lb/> Römer erklärte: wenn die Kammer es in ihrer großen Mehrzahl wün-<lb/> ſche, ſo werde die Regierung in dieſer Hinſicht ſich fügen. Es ſey zu be-<lb/> dauern daß keine beſtimmte beruhigende Verſicherung gegeben werden<lb/> könne. Man werde ſich alle Mühe geben zwiſchen den Berechtigten und<lb/> Pflichtigen ein billiges Verhältniß herzuſtellen; was jedoch Exceſſe be-<lb/> treffe, ſo werde die neue Regierung darauf achten daß Geſetzübertretun-<lb/> gen nach der Strenge der Geſetze beſtraft werden. Mehrere vereinzelte<lb/> Aeußerungen über dieſen Gegenſtand, über die Geſetzvorlagen und über<lb/> die Unvermeidlichkeit der Kammerauflöſung fanden ſtatt, die man<lb/> kaum eine Discuſſion nennen kann. Hinſichtlich zweier Punkte welche<lb/> in dem Geſetz über Volksbewaffnung einige Mißſtimmung erregen<lb/> würden, nämlich Allgemeinheit der Bewaffnung und Verpflichtung<lb/> der Bürger für die Ausrüſtung ſelbſt zu ſorgen bemerkte Federer:<lb/> es ſtehe in der Befugniß der Gemeinden daß ſie für die Bewaffnung der<lb/> ärmeren Mitglieder Sorge tragen. Man könne auf das Gemeingefühl<lb/> der Württemberger vertrauen daß ſie Mittel zur Bewaffnung derer bei-<lb/> ſteuern würden die ohne die genügenden Mittel ſeyen, aber einen guten<lb/> Leumund hätten. Die Beiſteuer von freiwilligen Beiträgen zu dem Zweck<lb/><cb/> würde ohne Zweifel einen großen Ertrag geben, die Einführung aber<lb/> ſey dringlich, und man könne einfach in dieſer Hinſicht der Regierung<lb/> die Ausführung des §. 89 der Verfaſſungsurkunde<note place="foot" n="*)">Derſelbe lautet: „Der König hat das Recht <hi rendition="#g">ohne die Mitwirkung</hi><lb/> der Stände die zur Vollſtreckung und Handhabung der Geſetze erforder-<lb/> lichen Verordnungen zu treffen, und in <hi rendition="#g">dringenden Fällen zur<lb/> Sicherheit des Staats</hi> das Nöthige vorzukehren.</note> übertragen.<lb/> Als keine eigentliche Discuſſion über dieſen Gegenſtand veranlaßt wurde,<lb/> und nachdem von verſchiedenen Seiten her an das Verhältniß der Kam-<lb/> mer und deren unaufſchiebbare Auflöſung erinnert worden war, ſtellte<lb/> der Präſident als ſchließlichen Act der Kammerſitzung die Erlaſſung<lb/> einer Adreſſe an die Regierung auf; die Volksbewaffnung würde derſel-<lb/> ben nach §. 89 der Verfaſſung anheimgeſtellt werden, und das Recht<lb/> Verſammlungen zu bilden ſey durch eine bloße Verordnung herzuſtel-<lb/> len.<note place="foot" n="**)">Dieß kann um ſo mehr geſchehen, da die Beſchränkungen und Ver-<lb/> bote in dieſer Hinſicht, eine Folge von Bundesbeſchlüſſen, von der libe-<lb/> ralen Partei ſtets als verfaſſungswidrig betrachtet wurden.</note> Somit iſt die Wirkſamkeit der Kammer beendet, und nur noch<lb/> eine Sitzung zur Entwerfung der Adreſſe wird ſtattfinden.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Großh. Baden</hi>.</head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>§ <hi rendition="#b">Karlsruhe,</hi> 18 März.</dateline><lb/> <p>Der Geſetzentwurf<lb/> über die Bürgerwehr wurde heute von Staatsrath Bekk der zweiten Kam-<lb/> mer vorgelegt, und auf den einſtimmig ausgedrückten Wunſch der Abge-<lb/> ordneten die Zuſage gegeben daß noch heute Amneſtie für politiſche Ver-<lb/> gehen ertheilt werden ſolle. Außerdem wurde ein Geſetzentwurf über<lb/> die alsbaldige Abſchaffung ſämmtlicher noch vorhandenen Feudallaſten<lb/> gegen billige Entſchädigung der privatrechtlich Berechtigten von der Kam-<lb/> mer angenommen. Geſtern hatte dasſelbe ſtattgefunden in Bezug auf ein<lb/> von der Regierung vorgelegtes Geſetz über die Geſammtbürgſchaft oder<lb/> Geſammtverpflichtung der Einwohner zu Schadenerſatz in ſolchen Ge-<lb/> meinden in welchen auf gewaltthätige Weiſe das Eigenthum beſchädigt<lb/> wird. Die Kammer tritt nun Mitte nächſter Woche wieder zuſammen;<lb/> während dieſer Zeit wird ſich herausſtellen ob es den in das Oberland,<lb/> insbeſondere nach Offenburg zu der morgen dort ſtattfinhenden Volks-<lb/> verſammlung abgehenden Deputirten gelingen wird die Gemüther zu be-<lb/> ruhigen, und von der tollen Idee die Republik zu proclamiren abzu-<lb/> bringen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>* <hi rendition="#b">Karlsruhe</hi>, 18 März.</dateline><lb/> <p>In Nr. 76 Jhrer geſchätzten Zeitung<lb/> ſteht ein Artikel: „Bodenſee, 12 März,“ der die gröbſten Unwahrheiten<lb/> enthält. In Konſtanz haben ſich, wie es in einer ſo bewegten Zeit natür-<lb/> lich iſt, manche Stimmen für die Republik hören laſſen, aber ſie ſind ſehr<lb/> bald durch Huetlin und Kuenzer zur Ruhe gebracht worden. Der Amt-<lb/> mann iſt aus Radolfszell verjagt worden weil er ein höchſt unſitt-<lb/> liches Leben führte und ein ſchlechter Beamter zugleich war. Die Väter<lb/> oder Ehemänner der Gegenſtände ſeiner thieriſchen Gelüſte haben ihn<lb/> vertrieben, nicht die Republicaner. Alles ſteht bei uns auf die zweite<lb/> Kammer, und ihre Führer ſind auch die des Volks. Nur die Angſt kann<lb/> die Wahrnehmung dieſer großen und feſtſtehenden Wahrheit überſehen<lb/> machen und dem Ruf „zur Republik“ eine ſo große Wichtigkeit beilegen.<lb/> Die große Volksverſammlung die morgen in Offenburg abgehalten wer-<lb/> den ſoll, wird dafür den beſten Beweis liefern.</p><lb/> <p>Die liberalen Mitglieder der badiſchen Kammer der Abgeordneten<lb/> ſcheinen die republicaniſche Partei nicht ſo gering anzuſchlagen wie der<lb/> Einſender des obigen Schreibens. Welcker z. B. berichtete in der Si-<lb/> tzung vom 13 März aus dem Brief eines des Oberlandes kundigen Man-<lb/> nes: „Wir ſind nicht eine Minute ſicher daß uns die Bewegung nicht<lb/> über den Kopf wächst. Das Loſungswort deutſche Republik iſt gefal-<lb/> len und übt ſeinen Zauber“ ... Dann fuhr er ſelbſt fort: „Jede Nacht<lb/> wächst die Zahl unſer Republicaner.“ v. <hi rendition="#g">Itzſtein</hi> rief den Miniſtern zu:<lb/> „Hören Sie mich, einen alten Mann, der ſtets für Freiheit und Recht<lb/> des Volks gewirkt hat. Wenn Sie mit der Gewährung unſerer gerechten<lb/> Wünſche zögern, ſo wird ein Sturm aus dem Oberlande über uns her-<lb/> einbrechen der Ihnen ſchwere Stunden bereiten wird.“ Uebrigens iſt be-<lb/> kannt wie alle dieſe liberalen Leiter der Kammer ſich <hi rendition="#g">gegen</hi> die Republik<lb/> erklärt, Welcker namentlich in einem ebenſo energiſchen als warmen<lb/> Schreiben an „ſeine theuren Mitbürger in der Offenburger Verſammlung.“<lb/> Ueber die Verhältniſſe zu Frankreich erklärte Miniſter v. <hi rendition="#g">Duſch:</hi> die<lb/> freundſchaftlichen Beziehungen Badens zu Frankreich ſeyen nicht geſtört,<lb/> ſondern beſtünden unverändert fort; eine weitere Erklärung darüber werde<lb/> er ſpäter geben. Er und geheimer Kriegsrath Vogelmann erklärten ferner,<lb/> die Gerüchte über Verlegung der badiſchen und Herbeiziehung anderer<lb/> Bundestruppen ſeyen durchaus falſch. Hinſichtlich der Beſetzung der<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1266/0002]
Angriffe gegen Militär- und andere Perſonen, ſowie gegen öffentliches
oder Privateigenthum ohne beſonderen Aufruf mit Gewalt der
Waffen zu begegnen.
München, 18 März 1848.Freiherr von
Pechmann.“Vorſtehender Erlaß wurde auch geſtern Abends 8 Uhr ſchon
überall in den Straßen vertheilt, zu einer Zeit alſo wo es barer Wahnſinn
geweſen wäre wenn Aufrührer einen Angriff hätten wagen wollen, und wo
daher eine Abſchreckung durch Worte ganz überflüſſig war. Selbſt da wo
ein Theil der Bevölkerung den Boden des Geſetzes thatſächlich verlaſſen
hat und bewaffnet der geſetzlichen Macht gegenüberſteht, ſollten die Be-
hörden die Beſtimmungen des Geſetzes auch für keinen Augenblick beſei-
tigen. Man weiß wie viele Menſchen bei dergleichen Anläſſen bloß aus
Neugierde in den Straßen ſind, wie leicht ſolche ohne die geringſte Ab-
ſicht ſich an Exceſſen zu betheiligen von aufrühreriſchen Hauſen um-
ſchwärmt, ja vor ihnen hergetrieben werden können — welche entſetzliche
Verantwortlichkeit, wenn vielleicht in Folge eines einzelnen Steinwurfes
in einem ſolchen Augenblick ohne Aufforderung ſich zu zerſtreuen
der blutige Befehl „Feuer“ gegeben würde! Es iſt zu erwarten daß auch
hieſige Blätter ſich in dieſem Sinn ausſprechen und eine Zurücknahme
dieſer Beſtimmung für jetzt und immer dringend verlangen werden. —
Heute Mittag überreichten auf dem Rathhauſe die Deputirten der Städte
und Landgemeinden der Rheinpfalz eine Adreſſe an die Bürger und Be-
wohner Münchens, von der ich Ihnen einen Abdruck beilege. (Wir tra-
gen ſie morgen nach.) Dieſelben Deputirten hatten auch eine Beſpre-
chung mit dem Miniſter des Innern bezüglich der Wünſche und Vorſchläge
ihrer Provinz, welche in einer beſondern Adreſſe dem König vorgelegt wer-
den ſollen. Es wurde denſelben indeß, wie ich vernehme, wenig Hoffnung ge-
geben daß Se. Maj. in die Ueberreichung ihrer Adreſſe in corpore willigen
werde, beſonders deßwegen weil dieſes Beiſpiel möglicherweiſe von andern
Provinzen nachgeahmt werden möchte. Nichtsdeſtoweniger ſcheint es höchſt
wünſchenswerth daß dem König ſo klar und ſo vielſeitig wie möglich die
Lage des Landes und ſeine Bedürfniſſe vor Augen gelegt werden, was
bis jetzt leider nur zu ſelten und mit zu großer Zurückhaltung geſchehen
iſt. — Nachſchrift. Schon ſeit 4 Uhr Nachmittags hat man auch
heute begonnen dieſelben militäriſchen Maßregeln in der Stadt zu tref-
fen wie geſtern, obwohl von beabſichtigten Ruheſtörungen durchaus
nichts verlautet.
Württemberg.
*** Stuttgart, 16 März.
Die heutige Kam-
merſitzung zeigte im Gegenſatz zur vorgeſtrigen den Charakter einer Ver-
ſammlung welche ſich in die unvermeidliche Auflöſung unbedingt gefügt
und deßhalb jede Ausſicht auf irgendeine Wirkſamkeit aufgegeben hat.
Die in der vorigen Sitzung als beſtimmt vorherrſchende Beſtrebung die
Ablöſungen noch für dieſen Landtag in Anſpruch zu nehmen war aufge-
geben, und ſomit mußte auch der Wunſch ſo ſchnell wie möglich fertig
zu werden auch bei der alten Mehrheit der vorherrſchende ſeyn, da
dieſe empfinden muß daß ſie für die jetzigen Umſtände nicht ernannt
wurde. Die Sitzung wurde mit dem Bericht über Petitionen eröffnet,
in denen ſich die Aufregung des Landes durch einen ſtarken Zudrang
derjenigen kundgethan hatte worin Veränderungen unter dem allgemei-
nen Namen politiſcher Reform nachgeſucht wurden. Alsdann folgte der
Bericht der Feudalcommiſſion über die in voriger Sitzung behandelte Frage,
ob die Ablöſung der Grundlaſten noch in gegenwärtiger Verſammlung
zu erledigen ſey. Die Commiſſion ſtellte es der Regierung anheim, ob ſie
eine Geſetzvorlage in dieſer oder der nächſten Kammer einbringen wolle.
Römer erklärte: wenn die Kammer es in ihrer großen Mehrzahl wün-
ſche, ſo werde die Regierung in dieſer Hinſicht ſich fügen. Es ſey zu be-
dauern daß keine beſtimmte beruhigende Verſicherung gegeben werden
könne. Man werde ſich alle Mühe geben zwiſchen den Berechtigten und
Pflichtigen ein billiges Verhältniß herzuſtellen; was jedoch Exceſſe be-
treffe, ſo werde die neue Regierung darauf achten daß Geſetzübertretun-
gen nach der Strenge der Geſetze beſtraft werden. Mehrere vereinzelte
Aeußerungen über dieſen Gegenſtand, über die Geſetzvorlagen und über
die Unvermeidlichkeit der Kammerauflöſung fanden ſtatt, die man
kaum eine Discuſſion nennen kann. Hinſichtlich zweier Punkte welche
in dem Geſetz über Volksbewaffnung einige Mißſtimmung erregen
würden, nämlich Allgemeinheit der Bewaffnung und Verpflichtung
der Bürger für die Ausrüſtung ſelbſt zu ſorgen bemerkte Federer:
es ſtehe in der Befugniß der Gemeinden daß ſie für die Bewaffnung der
ärmeren Mitglieder Sorge tragen. Man könne auf das Gemeingefühl
der Württemberger vertrauen daß ſie Mittel zur Bewaffnung derer bei-
ſteuern würden die ohne die genügenden Mittel ſeyen, aber einen guten
Leumund hätten. Die Beiſteuer von freiwilligen Beiträgen zu dem Zweck
würde ohne Zweifel einen großen Ertrag geben, die Einführung aber
ſey dringlich, und man könne einfach in dieſer Hinſicht der Regierung
die Ausführung des §. 89 der Verfaſſungsurkunde *) übertragen.
Als keine eigentliche Discuſſion über dieſen Gegenſtand veranlaßt wurde,
und nachdem von verſchiedenen Seiten her an das Verhältniß der Kam-
mer und deren unaufſchiebbare Auflöſung erinnert worden war, ſtellte
der Präſident als ſchließlichen Act der Kammerſitzung die Erlaſſung
einer Adreſſe an die Regierung auf; die Volksbewaffnung würde derſel-
ben nach §. 89 der Verfaſſung anheimgeſtellt werden, und das Recht
Verſammlungen zu bilden ſey durch eine bloße Verordnung herzuſtel-
len. **) Somit iſt die Wirkſamkeit der Kammer beendet, und nur noch
eine Sitzung zur Entwerfung der Adreſſe wird ſtattfinden.
Großh. Baden.
§ Karlsruhe, 18 März.
Der Geſetzentwurf
über die Bürgerwehr wurde heute von Staatsrath Bekk der zweiten Kam-
mer vorgelegt, und auf den einſtimmig ausgedrückten Wunſch der Abge-
ordneten die Zuſage gegeben daß noch heute Amneſtie für politiſche Ver-
gehen ertheilt werden ſolle. Außerdem wurde ein Geſetzentwurf über
die alsbaldige Abſchaffung ſämmtlicher noch vorhandenen Feudallaſten
gegen billige Entſchädigung der privatrechtlich Berechtigten von der Kam-
mer angenommen. Geſtern hatte dasſelbe ſtattgefunden in Bezug auf ein
von der Regierung vorgelegtes Geſetz über die Geſammtbürgſchaft oder
Geſammtverpflichtung der Einwohner zu Schadenerſatz in ſolchen Ge-
meinden in welchen auf gewaltthätige Weiſe das Eigenthum beſchädigt
wird. Die Kammer tritt nun Mitte nächſter Woche wieder zuſammen;
während dieſer Zeit wird ſich herausſtellen ob es den in das Oberland,
insbeſondere nach Offenburg zu der morgen dort ſtattfinhenden Volks-
verſammlung abgehenden Deputirten gelingen wird die Gemüther zu be-
ruhigen, und von der tollen Idee die Republik zu proclamiren abzu-
bringen.
* Karlsruhe, 18 März.
In Nr. 76 Jhrer geſchätzten Zeitung
ſteht ein Artikel: „Bodenſee, 12 März,“ der die gröbſten Unwahrheiten
enthält. In Konſtanz haben ſich, wie es in einer ſo bewegten Zeit natür-
lich iſt, manche Stimmen für die Republik hören laſſen, aber ſie ſind ſehr
bald durch Huetlin und Kuenzer zur Ruhe gebracht worden. Der Amt-
mann iſt aus Radolfszell verjagt worden weil er ein höchſt unſitt-
liches Leben führte und ein ſchlechter Beamter zugleich war. Die Väter
oder Ehemänner der Gegenſtände ſeiner thieriſchen Gelüſte haben ihn
vertrieben, nicht die Republicaner. Alles ſteht bei uns auf die zweite
Kammer, und ihre Führer ſind auch die des Volks. Nur die Angſt kann
die Wahrnehmung dieſer großen und feſtſtehenden Wahrheit überſehen
machen und dem Ruf „zur Republik“ eine ſo große Wichtigkeit beilegen.
Die große Volksverſammlung die morgen in Offenburg abgehalten wer-
den ſoll, wird dafür den beſten Beweis liefern.
Die liberalen Mitglieder der badiſchen Kammer der Abgeordneten
ſcheinen die republicaniſche Partei nicht ſo gering anzuſchlagen wie der
Einſender des obigen Schreibens. Welcker z. B. berichtete in der Si-
tzung vom 13 März aus dem Brief eines des Oberlandes kundigen Man-
nes: „Wir ſind nicht eine Minute ſicher daß uns die Bewegung nicht
über den Kopf wächst. Das Loſungswort deutſche Republik iſt gefal-
len und übt ſeinen Zauber“ ... Dann fuhr er ſelbſt fort: „Jede Nacht
wächst die Zahl unſer Republicaner.“ v. Itzſtein rief den Miniſtern zu:
„Hören Sie mich, einen alten Mann, der ſtets für Freiheit und Recht
des Volks gewirkt hat. Wenn Sie mit der Gewährung unſerer gerechten
Wünſche zögern, ſo wird ein Sturm aus dem Oberlande über uns her-
einbrechen der Ihnen ſchwere Stunden bereiten wird.“ Uebrigens iſt be-
kannt wie alle dieſe liberalen Leiter der Kammer ſich gegen die Republik
erklärt, Welcker namentlich in einem ebenſo energiſchen als warmen
Schreiben an „ſeine theuren Mitbürger in der Offenburger Verſammlung.“
Ueber die Verhältniſſe zu Frankreich erklärte Miniſter v. Duſch: die
freundſchaftlichen Beziehungen Badens zu Frankreich ſeyen nicht geſtört,
ſondern beſtünden unverändert fort; eine weitere Erklärung darüber werde
er ſpäter geben. Er und geheimer Kriegsrath Vogelmann erklärten ferner,
die Gerüchte über Verlegung der badiſchen und Herbeiziehung anderer
Bundestruppen ſeyen durchaus falſch. Hinſichtlich der Beſetzung der
*) Derſelbe lautet: „Der König hat das Recht ohne die Mitwirkung
der Stände die zur Vollſtreckung und Handhabung der Geſetze erforder-
lichen Verordnungen zu treffen, und in dringenden Fällen zur
Sicherheit des Staats das Nöthige vorzukehren.
**) Dieß kann um ſo mehr geſchehen, da die Beſchränkungen und Ver-
bote in dieſer Hinſicht, eine Folge von Bundesbeſchlüſſen, von der libe-
ralen Partei ſtets als verfaſſungswidrig betrachtet wurden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |