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Allgemeine Zeitung, Nr. 81, 21. März 1848.

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Württemberg.

Soeben geht Uhland
von dem Könige; er ist zum Beirathe des Bundestagsgesandten ernannt.
So weit vortrefflich, und Deutschland wird diese Wahl seines großen
Dichters und des echt deutschen Mannes mit Vergnügen begrüßen. Daß
aber nicht auch ein neuer Bundestagsgesandter ernannt wurde ist, gelinde
gesagt, unbegreiflich. Baron Blomberg gehört wohl zu denjenigen Mit-
gliedern des bisherigen Bundestags welche den wenigsten Anklang in
der öffentlichen Meinung haben, und Niemand weiß besser als er selbst
daß man keinen neuen Wein in alte Schläuche schüttet. (D. Ztg.)

Gr. Baden.

Es war keineswegs die
Absicht des Ausschusses, welcher die gegenwärtigen und früheren Stän-
demitglieder zur Berathung der deutschen Nationalrepräsentation auf
den 30 März nach Frankfurt a. M. einlud, die Posen'schen früheren und
jetzigen Ständemitglieder auszuschließen, und zwar umsoweniger, da
wir deutlich die höchste politische Nothwendigkeit erkannten daß Preußen
mit allen seinen Landestheilen dem deutschen Nationalverein angehöre.
C. Welcker.

Freie Städte.

Unser Se-
nat hat nachträglich auch eine Amnestie für Forst- und Jagdfrevel ver-
kündigt. Mit der lebhaftesten Theilnahme steht man hier der auf den
30 d. festgesetzten Vorbereitung über die Errichtung eines deutschen
Parlaments entgegen. Bereits am 27 d. wird ein Anmeldungsbureau
unter Leitung der HH. Dr. Binding I und Jucho eröffnet. Die Ver-
sammlungen sollen in der St. Paulskirche gehalten werden und öffent-
lich seyn. -- In Hanau findet morgen der erste deutsch-katholische Got-
tesdienst statt, wobei die Geistlichen HH. Keilmann von Offenbach und
Floß von hier fungiren werden. -- Während, wie Ihr Blatt uns mel-
det, die Münchener auf Lola Montez Jagd machten, befand sie sich vor
einigen Tagen hier, und soll, dem Gerücht nach, noch immer incognito
unter uns verweilen. Unziemliche Begegnung, wie z. B. in Heidelberg,
hat sie hier nicht zu befürchten solange ihr Betragen nicht dazu her-
ausfordert.

S. Weimar.

Gestern Abend wurde
ein Theil der hiesigen Bürgergarde, die sich nun schon vollständig orga-
nisirt hat, mit Waffen -- 400 Percussionsgewehren -- versehen. Tumulte
aber haben sich nicht erneuert, selbst auf dem Lande ist nichts von Be-
deutung vorgefallen; einige Beamte freilich sind von den Bauern ge-
prügelt worden. Das Ministerium Wydenbrugk ist nun öffentlich pro-
clamirt; von den früheren Ministern ist nur der aus Dresden herge-
kommene liberale von Watzdorf geblieben, die übrigen Stellen sind noch
nicht besetzt. Der Landtag hat gestern eine Art Aufruhracte berathen,
welche alsbald von dem Großherzog bestätigt und öffentlich bekannt ge-
macht wurde. Die Polizei soll befugt seyn für die nächsten vier Wochen
keine Zusammenrottung von nur 15 Männern auf der Straße zu dulden;
nach der Ermahnung "im Namen des Gesetzes" ruhig auseinanderzu-
gehen soll nöthigenfalls Gewalt gebraucht werden. Für die bisherigen
Vorfälle ist eine allgemeine Amnestie ausgesprochen. Aber noch laufen
viele beunruhigende Gerüchte umher; die Städter fangen an einen mög-
lichen Bauernaufstand zu fürchten. Die Nachrichten aus Franken und
Schwaben lauten freilich beunruhigend genug, und auch in dem thüringischen
Städtchen Salzungen haben die Bauern arge Verwüstung, Plünderung
und Mißhandlungen verübt. Nicht nur öffentliche Gebäude wurden
demolirt und Cassen geplündert, so die angeblich 6000 fl. enthaltende
Salzcasse, sondern auch Privateigenthum ward nicht geschont. Das Eigen-
thümlichste ist daß die aufrührerischen Rotten meist aus dem Schmalkal-
dischen herübergekommen waren, also Kurhessen eine meiningische Stadt
angegriffen haben. Gestern Abend ist Bedauerliches in Erfurt vorge-
fallen. Ein Haufen Volks zerschlug den Bräuern die Fenster und Möbel;
ihr Zorn richtete sich gegen diese, weil trotz den niedrigeren Preisen der
Gerste das Bier noch ziemlich theuer ist. Sie zogen darauf vor die
Wohnung des Hrn. v. Ehrenberg, welcher seit dem Krackrügge'schen Pro-
cesse, der seiner Zeit in ganz Deutschland Aufsehen erregt hat, unpopulär
ist, drangen in das verrammelte Haus ein, beruhigten den Besitzer und
die übrigen Bewohner mit dem Versprechen ihnen persönlich nichts zu Leide
zu thun, was auch nicht geschah -- zertrümmerten aber in den Zimmern
Ehrenbergs alles was sie vorfanden. Spiegel und Schreibtische wurden
aus dem Fenster geworfen, Cassetten erbrochen und das vorgefundene
Geld von Weibern getheilt. Tausende von Neugierigen schauten zu,
keine Hand erhob sich zur Wehre; die Bürgerbewaffnung fehlte, mit ihr
Pflichtgefühl und Muth. Ein General oder sonstiger höherer Officier
wurde von dem Haufen aufgehalten und insultirt, weil man befürchtete
[Spaltenumbruch] er werde den Befehl zum Einschreiten des Militärs geben; er wurde ge-
packt und ihm "sein Flederwisch zum Ofenkehren abverlangt." Darauf
erst schritt die bewaffnete Macht ein; es wurde geschossen, drei Menschen
sollen geblieben, mehr verwundet worden seyn; leider -- wie schon oft
geschah -- auch Unschuldige. So berichten zuverlässige Reisende,
welche Augenzeugen waren. Man befürchtet schlimme Nachwehen. Rech-
nen Sie dazu die kritischen Zustände des beinahe belagerten Leipzigs,
und wir scheinen berechtigt zu sein uns auf alle Fälle gefaßt zu machen.
Die Gährung im Königreich steigt sehr, namentlich wird schon die
Forderung laut die königl. Familie solle wieder evangelisch werden.
Eher sey an herzliches und dauerndes Vertrauen nicht zu denken. Sie
sehen, die alten Sünden wachen auf und drohen wie Gespenster. Ich
enthalte mich jeder weitern Bemerkung, aber es ist Thatsache daß in
Sachsen ähnliche Forderungen, schon längst im Stillen gehegt, nun laut
werden. Besteht übrigens der wohlwollende, aber sehr übel berathene
König darauf seine Minister und ihr System nicht zu ändern, so sind
die Folgen nicht abzusehen; sein Thron könnte wanken.*) Und auch
Preußens Einmischung würde nur Oel ins Feuer gießen, zumal da man
nicht sicher ist ob nicht in Preußen selbst die Gluth der Unzufriedenheit
zur Flamme ausschlagen wird. Der Herzog von Altenburg hat die
Wünsche des Volks befriedigt, und alles ist ruhig. In Rudolstadt da-
gegen ist die Unzufriedenheit sehr stürmisch ausgebrochen; das Volk zog
vor das fürstliche Residenzschloß, das bekanntlich auf einem Hügel über
der Stadt wunderschön liegt, drang in Haufen ein, und verlangte
außer den bekannten Forderungen des deutschen Volks noch Abstellung
vieler Mißbräuche und Abtretung vieler fürstlichen Prärogativen. Der
Fürst bewilligte alles, legte dann in der größten Aufregung vor der an-
wesenden Menge ein Paar Pistolen auf den Tisch, und sagte: "Nehmet
ihr mir alles, so nehmt mir nur auch vollends das Leben." Allein
daran hatte wohl niemand gedacht, gegen die Person des durchaus nicht
verhaßten Landesfürsten irgendetwas zu unternehmen. Die Zustände
sind jetzt auch dort ruhiger, und nur die Bauern kühlen noch hie und da
ihr Müthchen an einigen gestrengen Herren mit dem Knüttel. Nach-
schrift
. Der Minister Wydenbrugk hat vor dem Landtage erklärt daß
er diese Stelle nur ungern und nur zeitweilig angenommen habe, bis
ein tauglicherer Mann liberaler Richtung sich finde. Es sey sein Wunsch
als Abgeordneter Weimars bei dem zu constituirenden deutschen Par-
lament entweder vom Fürsten oder vor den Ständen gewählt zu werden.
Wo nicht, so werde er seinen Sitz auf der Deputirtenbank wieder ein-
nehmen. Jung und Alt im ganzen Lande, namentlich auch die Bürger-
garde, trägt die schwarz-roth-goldne Cocarde.

K. Hannover.

Sie werden schon
mancherlei Berichte über die jüngsten Ereignisse bei uns erhalten haben.
Die Deputation kam vorgestern ohne eigentlichen Bescheid zurück. Der
König war krank. Man wußte nicht einmal, ob ein besonderer Com-
missär würde hergesendet werden. Doch traf als solcher gestern der Chef
des Justizministeriums Geh. Cabinetsrath v. Scheele ein. Der Polizei-
director hat zwar abgedankt, da aber der königliche Commissär den Stu-
direnden nicht zusichern konnte daß das ganze bisherige Verhältniß der
Universität zur Stadtpolizei würde geändert werden, das in der That im
höchsten Grad confus ist, so zogen heute sämmtliche Studirende ab, mit
der Erklärung nicht wiederzukommen, bis das genannte Verhältniß zu
ihrem Schutz vor ähnlicher Behandlung wie die erfahrene geordnet
seyn würde. Sie sammelten sich auf dem Markte, und zogen dann paar-
weise in lautloser Stille durch das Weenderthor fort. Die Professoren,
welche alle auf Seite der Studenten sind, standen in der Mitte des Mark-
tes, und wurden im Vorüberziehen freundlich begrüßt. Nachdem in Folge
der Revolution von 1831 und des unglücklichen Jahres 1837 die Zahl
der Studirenden sich fast auf die Hälfte vermindert hatte, kann die Geor-
gia Augusta im Sommer 1848 ihre Hörsäle vielleicht gänzlich schließen,
und die Professoren können auf der Leihbibliothek den Staub von den
Büchern klopfen. Während halb Europa in Flammen steht, und sich
in Reformen entweder neu verjüngt oder in Revolutionen zusammen-
bricht, wird man dann doch hier an eine neue Auflage von Schlözer's
Staatsanzeigen oder von Pütters deutscher Reichsgeschichte denken
können.

Wir werden um Aufnahme folgender Erklärung gebeten.

"Heute
12 Uhr Mittags haben die sämmtlichen Studirenden der Georgia-Au-
gusta in ernstem, würdigem Aufzuge die Universität verlassen, um nicht

*) Wir haben gestern gemeldet daß Minister und System gewechselt wurden.
[Spaltenumbruch]
Württemberg.

Soeben geht Uhland
von dem Könige; er iſt zum Beirathe des Bundestagsgeſandten ernannt.
So weit vortrefflich, und Deutſchland wird dieſe Wahl ſeines großen
Dichters und des echt deutſchen Mannes mit Vergnügen begrüßen. Daß
aber nicht auch ein neuer Bundestagsgeſandter ernannt wurde iſt, gelinde
geſagt, unbegreiflich. Baron Blomberg gehört wohl zu denjenigen Mit-
gliedern des bisherigen Bundestags welche den wenigſten Anklang in
der öffentlichen Meinung haben, und Niemand weiß beſſer als er ſelbſt
daß man keinen neuen Wein in alte Schläuche ſchüttet. (D. Ztg.)

Gr. Baden.

Es war keineswegs die
Abſicht des Ausſchuſſes, welcher die gegenwärtigen und früheren Stän-
demitglieder zur Berathung der deutſchen Nationalrepräſentation auf
den 30 März nach Frankfurt a. M. einlud, die Poſen’ſchen früheren und
jetzigen Ständemitglieder auszuſchließen, und zwar umſoweniger, da
wir deutlich die höchſte politiſche Nothwendigkeit erkannten daß Preußen
mit allen ſeinen Landestheilen dem deutſchen Nationalverein angehöre.
C. Welcker.

Freie Städte.

Unſer Se-
nat hat nachträglich auch eine Amneſtie für Forſt- und Jagdfrevel ver-
kündigt. Mit der lebhafteſten Theilnahme ſteht man hier der auf den
30 d. feſtgeſetzten Vorbereitung über die Errichtung eines deutſchen
Parlaments entgegen. Bereits am 27 d. wird ein Anmeldungsbureau
unter Leitung der HH. Dr. Binding I und Jucho eröffnet. Die Ver-
ſammlungen ſollen in der St. Paulskirche gehalten werden und öffent-
lich ſeyn. — In Hanau findet morgen der erſte deutſch-katholiſche Got-
tesdienſt ſtatt, wobei die Geiſtlichen HH. Keilmann von Offenbach und
Floß von hier fungiren werden. — Während, wie Ihr Blatt uns mel-
det, die Münchener auf Lola Montez Jagd machten, befand ſie ſich vor
einigen Tagen hier, und ſoll, dem Gerücht nach, noch immer incognito
unter uns verweilen. Unziemliche Begegnung, wie z. B. in Heidelberg,
hat ſie hier nicht zu befürchten ſolange ihr Betragen nicht dazu her-
ausfordert.

S. Weimar.

Geſtern Abend wurde
ein Theil der hieſigen Bürgergarde, die ſich nun ſchon vollſtändig orga-
niſirt hat, mit Waffen — 400 Percuſſionsgewehren — verſehen. Tumulte
aber haben ſich nicht erneuert, ſelbſt auf dem Lande iſt nichts von Be-
deutung vorgefallen; einige Beamte freilich ſind von den Bauern ge-
prügelt worden. Das Miniſterium Wydenbrugk iſt nun öffentlich pro-
clamirt; von den früheren Miniſtern iſt nur der aus Dresden herge-
kommene liberale von Watzdorf geblieben, die übrigen Stellen ſind noch
nicht beſetzt. Der Landtag hat geſtern eine Art Aufruhracte berathen,
welche alsbald von dem Großherzog beſtätigt und öffentlich bekannt ge-
macht wurde. Die Polizei ſoll befugt ſeyn für die nächſten vier Wochen
keine Zuſammenrottung von nur 15 Männern auf der Straße zu dulden;
nach der Ermahnung „im Namen des Geſetzes“ ruhig auseinanderzu-
gehen ſoll nöthigenfalls Gewalt gebraucht werden. Für die bisherigen
Vorfälle iſt eine allgemeine Amneſtie ausgeſprochen. Aber noch laufen
viele beunruhigende Gerüchte umher; die Städter fangen an einen mög-
lichen Bauernaufſtand zu fürchten. Die Nachrichten aus Franken und
Schwaben lauten freilich beunruhigend genug, und auch in dem thüringiſchen
Städtchen Salzungen haben die Bauern arge Verwüſtung, Plünderung
und Mißhandlungen verübt. Nicht nur öffentliche Gebäude wurden
demolirt und Caſſen geplündert, ſo die angeblich 6000 fl. enthaltende
Salzcaſſe, ſondern auch Privateigenthum ward nicht geſchont. Das Eigen-
thümlichſte iſt daß die aufrühreriſchen Rotten meiſt aus dem Schmalkal-
diſchen herübergekommen waren, alſo Kurheſſen eine meiningiſche Stadt
angegriffen haben. Geſtern Abend iſt Bedauerliches in Erfurt vorge-
fallen. Ein Haufen Volks zerſchlug den Bräuern die Fenſter und Möbel;
ihr Zorn richtete ſich gegen dieſe, weil trotz den niedrigeren Preiſen der
Gerſte das Bier noch ziemlich theuer iſt. Sie zogen darauf vor die
Wohnung des Hrn. v. Ehrenberg, welcher ſeit dem Krackrügge’ſchen Pro-
ceſſe, der ſeiner Zeit in ganz Deutſchland Aufſehen erregt hat, unpopulär
iſt, drangen in das verrammelte Haus ein, beruhigten den Beſitzer und
die übrigen Bewohner mit dem Verſprechen ihnen perſönlich nichts zu Leide
zu thun, was auch nicht geſchah — zertrümmerten aber in den Zimmern
Ehrenbergs alles was ſie vorfanden. Spiegel und Schreibtiſche wurden
aus dem Fenſter geworfen, Caſſetten erbrochen und das vorgefundene
Geld von Weibern getheilt. Tauſende von Neugierigen ſchauten zu,
keine Hand erhob ſich zur Wehre; die Bürgerbewaffnung fehlte, mit ihr
Pflichtgefühl und Muth. Ein General oder ſonſtiger höherer Officier
wurde von dem Haufen aufgehalten und inſultirt, weil man befürchtete
[Spaltenumbruch] er werde den Befehl zum Einſchreiten des Militärs geben; er wurde ge-
packt und ihm „ſein Flederwiſch zum Ofenkehren abverlangt.“ Darauf
erſt ſchritt die bewaffnete Macht ein; es wurde geſchoſſen, drei Menſchen
ſollen geblieben, mehr verwundet worden ſeyn; leider — wie ſchon oft
geſchah — auch Unſchuldige. So berichten zuverläſſige Reiſende,
welche Augenzeugen waren. Man befürchtet ſchlimme Nachwehen. Rech-
nen Sie dazu die kritiſchen Zuſtände des beinahe belagerten Leipzigs,
und wir ſcheinen berechtigt zu ſein uns auf alle Fälle gefaßt zu machen.
Die Gährung im Königreich ſteigt ſehr, namentlich wird ſchon die
Forderung laut die königl. Familie ſolle wieder evangeliſch werden.
Eher ſey an herzliches und dauerndes Vertrauen nicht zu denken. Sie
ſehen, die alten Sünden wachen auf und drohen wie Geſpenſter. Ich
enthalte mich jeder weitern Bemerkung, aber es iſt Thatſache daß in
Sachſen ähnliche Forderungen, ſchon längſt im Stillen gehegt, nun laut
werden. Beſteht übrigens der wohlwollende, aber ſehr übel berathene
König darauf ſeine Miniſter und ihr Syſtem nicht zu ändern, ſo ſind
die Folgen nicht abzuſehen; ſein Thron könnte wanken.*) Und auch
Preußens Einmiſchung würde nur Oel ins Feuer gießen, zumal da man
nicht ſicher iſt ob nicht in Preußen ſelbſt die Gluth der Unzufriedenheit
zur Flamme ausſchlagen wird. Der Herzog von Altenburg hat die
Wünſche des Volks befriedigt, und alles iſt ruhig. In Rudolſtadt da-
gegen iſt die Unzufriedenheit ſehr ſtürmiſch ausgebrochen; das Volk zog
vor das fürſtliche Reſidenzſchloß, das bekanntlich auf einem Hügel über
der Stadt wunderſchön liegt, drang in Haufen ein, und verlangte
außer den bekannten Forderungen des deutſchen Volks noch Abſtellung
vieler Mißbräuche und Abtretung vieler fürſtlichen Prärogativen. Der
Fürſt bewilligte alles, legte dann in der größten Aufregung vor der an-
weſenden Menge ein Paar Piſtolen auf den Tiſch, und ſagte: „Nehmet
ihr mir alles, ſo nehmt mir nur auch vollends das Leben.“ Allein
daran hatte wohl niemand gedacht, gegen die Perſon des durchaus nicht
verhaßten Landesfürſten irgendetwas zu unternehmen. Die Zuſtände
ſind jetzt auch dort ruhiger, und nur die Bauern kühlen noch hie und da
ihr Müthchen an einigen geſtrengen Herren mit dem Knüttel. Nach-
ſchrift
. Der Miniſter Wydenbrugk hat vor dem Landtage erklärt daß
er dieſe Stelle nur ungern und nur zeitweilig angenommen habe, bis
ein tauglicherer Mann liberaler Richtung ſich finde. Es ſey ſein Wunſch
als Abgeordneter Weimars bei dem zu conſtituirenden deutſchen Par-
lament entweder vom Fürſten oder vor den Ständen gewählt zu werden.
Wo nicht, ſo werde er ſeinen Sitz auf der Deputirtenbank wieder ein-
nehmen. Jung und Alt im ganzen Lande, namentlich auch die Bürger-
garde, trägt die ſchwarz-roth-goldne Cocarde.

K. Hannover.

Sie werden ſchon
mancherlei Berichte über die jüngſten Ereigniſſe bei uns erhalten haben.
Die Deputation kam vorgeſtern ohne eigentlichen Beſcheid zurück. Der
König war krank. Man wußte nicht einmal, ob ein beſonderer Com-
miſſär würde hergeſendet werden. Doch traf als ſolcher geſtern der Chef
des Juſtizminiſteriums Geh. Cabinetsrath v. Scheele ein. Der Polizei-
director hat zwar abgedankt, da aber der königliche Commiſſär den Stu-
direnden nicht zuſichern konnte daß das ganze bisherige Verhältniß der
Univerſität zur Stadtpolizei würde geändert werden, das in der That im
höchſten Grad confus iſt, ſo zogen heute ſämmtliche Studirende ab, mit
der Erklärung nicht wiederzukommen, bis das genannte Verhältniß zu
ihrem Schutz vor ähnlicher Behandlung wie die erfahrene geordnet
ſeyn würde. Sie ſammelten ſich auf dem Markte, und zogen dann paar-
weiſe in lautloſer Stille durch das Weenderthor fort. Die Profeſſoren,
welche alle auf Seite der Studenten ſind, ſtanden in der Mitte des Mark-
tes, und wurden im Vorüberziehen freundlich begrüßt. Nachdem in Folge
der Revolution von 1831 und des unglücklichen Jahres 1837 die Zahl
der Studirenden ſich faſt auf die Hälfte vermindert hatte, kann die Geor-
gia Auguſta im Sommer 1848 ihre Hörſäle vielleicht gänzlich ſchließen,
und die Profeſſoren können auf der Leihbibliothek den Staub von den
Büchern klopfen. Während halb Europa in Flammen ſteht, und ſich
in Reformen entweder neu verjüngt oder in Revolutionen zuſammen-
bricht, wird man dann doch hier an eine neue Auflage von Schlözer’s
Staatsanzeigen oder von Pütters deutſcher Reichsgeſchichte denken
können.

Wir werden um Aufnahme folgender Erklärung gebeten.

„Heute
12 Uhr Mittags haben die ſämmtlichen Studirenden der Georgia-Au-
guſta in ernſtem, würdigem Aufzuge die Univerſität verlaſſen, um nicht

*) Wir haben geſtern gemeldet daß Miniſter und Syſtem gewechſelt wurden.
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[1283/0003] Württemberg. Stuttgart, 17 März. Soeben geht Uhland von dem Könige; er iſt zum Beirathe des Bundestagsgeſandten ernannt. So weit vortrefflich, und Deutſchland wird dieſe Wahl ſeines großen Dichters und des echt deutſchen Mannes mit Vergnügen begrüßen. Daß aber nicht auch ein neuer Bundestagsgeſandter ernannt wurde iſt, gelinde geſagt, unbegreiflich. Baron Blomberg gehört wohl zu denjenigen Mit- gliedern des bisherigen Bundestags welche den wenigſten Anklang in der öffentlichen Meinung haben, und Niemand weiß beſſer als er ſelbſt daß man keinen neuen Wein in alte Schläuche ſchüttet. (D. Ztg.) Gr. Baden. Karlsruhe, 18 März. Es war keineswegs die Abſicht des Ausſchuſſes, welcher die gegenwärtigen und früheren Stän- demitglieder zur Berathung der deutſchen Nationalrepräſentation auf den 30 März nach Frankfurt a. M. einlud, die Poſen’ſchen früheren und jetzigen Ständemitglieder auszuſchließen, und zwar umſoweniger, da wir deutlich die höchſte politiſche Nothwendigkeit erkannten daß Preußen mit allen ſeinen Landestheilen dem deutſchen Nationalverein angehöre. C. Welcker. Freie Städte. || Frankfurt a. M., 18 März. Unſer Se- nat hat nachträglich auch eine Amneſtie für Forſt- und Jagdfrevel ver- kündigt. Mit der lebhafteſten Theilnahme ſteht man hier der auf den 30 d. feſtgeſetzten Vorbereitung über die Errichtung eines deutſchen Parlaments entgegen. Bereits am 27 d. wird ein Anmeldungsbureau unter Leitung der HH. Dr. Binding I und Jucho eröffnet. Die Ver- ſammlungen ſollen in der St. Paulskirche gehalten werden und öffent- lich ſeyn. — In Hanau findet morgen der erſte deutſch-katholiſche Got- tesdienſt ſtatt, wobei die Geiſtlichen HH. Keilmann von Offenbach und Floß von hier fungiren werden. — Während, wie Ihr Blatt uns mel- det, die Münchener auf Lola Montez Jagd machten, befand ſie ſich vor einigen Tagen hier, und ſoll, dem Gerücht nach, noch immer incognito unter uns verweilen. Unziemliche Begegnung, wie z. B. in Heidelberg, hat ſie hier nicht zu befürchten ſolange ihr Betragen nicht dazu her- ausfordert. S. Weimar. ▽ Weimar, 15 März. Geſtern Abend wurde ein Theil der hieſigen Bürgergarde, die ſich nun ſchon vollſtändig orga- niſirt hat, mit Waffen — 400 Percuſſionsgewehren — verſehen. Tumulte aber haben ſich nicht erneuert, ſelbſt auf dem Lande iſt nichts von Be- deutung vorgefallen; einige Beamte freilich ſind von den Bauern ge- prügelt worden. Das Miniſterium Wydenbrugk iſt nun öffentlich pro- clamirt; von den früheren Miniſtern iſt nur der aus Dresden herge- kommene liberale von Watzdorf geblieben, die übrigen Stellen ſind noch nicht beſetzt. Der Landtag hat geſtern eine Art Aufruhracte berathen, welche alsbald von dem Großherzog beſtätigt und öffentlich bekannt ge- macht wurde. Die Polizei ſoll befugt ſeyn für die nächſten vier Wochen keine Zuſammenrottung von nur 15 Männern auf der Straße zu dulden; nach der Ermahnung „im Namen des Geſetzes“ ruhig auseinanderzu- gehen ſoll nöthigenfalls Gewalt gebraucht werden. Für die bisherigen Vorfälle iſt eine allgemeine Amneſtie ausgeſprochen. Aber noch laufen viele beunruhigende Gerüchte umher; die Städter fangen an einen mög- lichen Bauernaufſtand zu fürchten. Die Nachrichten aus Franken und Schwaben lauten freilich beunruhigend genug, und auch in dem thüringiſchen Städtchen Salzungen haben die Bauern arge Verwüſtung, Plünderung und Mißhandlungen verübt. Nicht nur öffentliche Gebäude wurden demolirt und Caſſen geplündert, ſo die angeblich 6000 fl. enthaltende Salzcaſſe, ſondern auch Privateigenthum ward nicht geſchont. Das Eigen- thümlichſte iſt daß die aufrühreriſchen Rotten meiſt aus dem Schmalkal- diſchen herübergekommen waren, alſo Kurheſſen eine meiningiſche Stadt angegriffen haben. Geſtern Abend iſt Bedauerliches in Erfurt vorge- fallen. Ein Haufen Volks zerſchlug den Bräuern die Fenſter und Möbel; ihr Zorn richtete ſich gegen dieſe, weil trotz den niedrigeren Preiſen der Gerſte das Bier noch ziemlich theuer iſt. Sie zogen darauf vor die Wohnung des Hrn. v. Ehrenberg, welcher ſeit dem Krackrügge’ſchen Pro- ceſſe, der ſeiner Zeit in ganz Deutſchland Aufſehen erregt hat, unpopulär iſt, drangen in das verrammelte Haus ein, beruhigten den Beſitzer und die übrigen Bewohner mit dem Verſprechen ihnen perſönlich nichts zu Leide zu thun, was auch nicht geſchah — zertrümmerten aber in den Zimmern Ehrenbergs alles was ſie vorfanden. Spiegel und Schreibtiſche wurden aus dem Fenſter geworfen, Caſſetten erbrochen und das vorgefundene Geld von Weibern getheilt. Tauſende von Neugierigen ſchauten zu, keine Hand erhob ſich zur Wehre; die Bürgerbewaffnung fehlte, mit ihr Pflichtgefühl und Muth. Ein General oder ſonſtiger höherer Officier wurde von dem Haufen aufgehalten und inſultirt, weil man befürchtete er werde den Befehl zum Einſchreiten des Militärs geben; er wurde ge- packt und ihm „ſein Flederwiſch zum Ofenkehren abverlangt.“ Darauf erſt ſchritt die bewaffnete Macht ein; es wurde geſchoſſen, drei Menſchen ſollen geblieben, mehr verwundet worden ſeyn; leider — wie ſchon oft geſchah — auch Unſchuldige. So berichten zuverläſſige Reiſende, welche Augenzeugen waren. Man befürchtet ſchlimme Nachwehen. Rech- nen Sie dazu die kritiſchen Zuſtände des beinahe belagerten Leipzigs, und wir ſcheinen berechtigt zu ſein uns auf alle Fälle gefaßt zu machen. Die Gährung im Königreich ſteigt ſehr, namentlich wird ſchon die Forderung laut die königl. Familie ſolle wieder evangeliſch werden. Eher ſey an herzliches und dauerndes Vertrauen nicht zu denken. Sie ſehen, die alten Sünden wachen auf und drohen wie Geſpenſter. Ich enthalte mich jeder weitern Bemerkung, aber es iſt Thatſache daß in Sachſen ähnliche Forderungen, ſchon längſt im Stillen gehegt, nun laut werden. Beſteht übrigens der wohlwollende, aber ſehr übel berathene König darauf ſeine Miniſter und ihr Syſtem nicht zu ändern, ſo ſind die Folgen nicht abzuſehen; ſein Thron könnte wanken. *) Und auch Preußens Einmiſchung würde nur Oel ins Feuer gießen, zumal da man nicht ſicher iſt ob nicht in Preußen ſelbſt die Gluth der Unzufriedenheit zur Flamme ausſchlagen wird. Der Herzog von Altenburg hat die Wünſche des Volks befriedigt, und alles iſt ruhig. In Rudolſtadt da- gegen iſt die Unzufriedenheit ſehr ſtürmiſch ausgebrochen; das Volk zog vor das fürſtliche Reſidenzſchloß, das bekanntlich auf einem Hügel über der Stadt wunderſchön liegt, drang in Haufen ein, und verlangte außer den bekannten Forderungen des deutſchen Volks noch Abſtellung vieler Mißbräuche und Abtretung vieler fürſtlichen Prärogativen. Der Fürſt bewilligte alles, legte dann in der größten Aufregung vor der an- weſenden Menge ein Paar Piſtolen auf den Tiſch, und ſagte: „Nehmet ihr mir alles, ſo nehmt mir nur auch vollends das Leben.“ Allein daran hatte wohl niemand gedacht, gegen die Perſon des durchaus nicht verhaßten Landesfürſten irgendetwas zu unternehmen. Die Zuſtände ſind jetzt auch dort ruhiger, und nur die Bauern kühlen noch hie und da ihr Müthchen an einigen geſtrengen Herren mit dem Knüttel. Nach- ſchrift. Der Miniſter Wydenbrugk hat vor dem Landtage erklärt daß er dieſe Stelle nur ungern und nur zeitweilig angenommen habe, bis ein tauglicherer Mann liberaler Richtung ſich finde. Es ſey ſein Wunſch als Abgeordneter Weimars bei dem zu conſtituirenden deutſchen Par- lament entweder vom Fürſten oder vor den Ständen gewählt zu werden. Wo nicht, ſo werde er ſeinen Sitz auf der Deputirtenbank wieder ein- nehmen. Jung und Alt im ganzen Lande, namentlich auch die Bürger- garde, trägt die ſchwarz-roth-goldne Cocarde. K. Hannover. △ Göttingen, 17 März. Sie werden ſchon mancherlei Berichte über die jüngſten Ereigniſſe bei uns erhalten haben. Die Deputation kam vorgeſtern ohne eigentlichen Beſcheid zurück. Der König war krank. Man wußte nicht einmal, ob ein beſonderer Com- miſſär würde hergeſendet werden. Doch traf als ſolcher geſtern der Chef des Juſtizminiſteriums Geh. Cabinetsrath v. Scheele ein. Der Polizei- director hat zwar abgedankt, da aber der königliche Commiſſär den Stu- direnden nicht zuſichern konnte daß das ganze bisherige Verhältniß der Univerſität zur Stadtpolizei würde geändert werden, das in der That im höchſten Grad confus iſt, ſo zogen heute ſämmtliche Studirende ab, mit der Erklärung nicht wiederzukommen, bis das genannte Verhältniß zu ihrem Schutz vor ähnlicher Behandlung wie die erfahrene geordnet ſeyn würde. Sie ſammelten ſich auf dem Markte, und zogen dann paar- weiſe in lautloſer Stille durch das Weenderthor fort. Die Profeſſoren, welche alle auf Seite der Studenten ſind, ſtanden in der Mitte des Mark- tes, und wurden im Vorüberziehen freundlich begrüßt. Nachdem in Folge der Revolution von 1831 und des unglücklichen Jahres 1837 die Zahl der Studirenden ſich faſt auf die Hälfte vermindert hatte, kann die Geor- gia Auguſta im Sommer 1848 ihre Hörſäle vielleicht gänzlich ſchließen, und die Profeſſoren können auf der Leihbibliothek den Staub von den Büchern klopfen. Während halb Europa in Flammen ſteht, und ſich in Reformen entweder neu verjüngt oder in Revolutionen zuſammen- bricht, wird man dann doch hier an eine neue Auflage von Schlözer’s Staatsanzeigen oder von Pütters deutſcher Reichsgeſchichte denken können. Wir werden um Aufnahme folgender Erklärung gebeten. „Heute 12 Uhr Mittags haben die ſämmtlichen Studirenden der Georgia-Au- guſta in ernſtem, würdigem Aufzuge die Univerſität verlaſſen, um nicht *) Wir haben geſtern gemeldet daß Miniſter und Syſtem gewechſelt wurden.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 81, 21. März 1848, S. 1283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine81_1848/3>, abgerufen am 23.11.2024.