Allgemeine Zeitung, Nr. 81, 21. März 1848.[Spaltenumbruch]
wiederzukehren so lange hannover'sche Polizeigesetze das Leben harm- 17 März 1848,Arthur Breusing, Cand. d. Math." . Norddeutschland, 16 März. Es reckt und streckt und regt Preußen. Sun Köln, 16 März. Der jüngste Erlaß des Königs "Allerdurchlauchtigster, Groß- Köln, 15 März 1848." Hr. Eichmann, ist heute Morgen nach Berlin abgereist. Er theilt im wesentlichen die obigen Ansichten. Die Regierung zu Düsseldorf hat in ähnlichem Sinne nach Berlin berichtet. Möchten doch in diesem ent- scheidenden Augenblick alle Behörden so ihre Pflicht erkennen und aus- üben! Es ist bemerkenswerth daß das bisherige ängstlich bevormundende System unserer Verwaltung nicht bloß bei dem Volke selbst, sondern auch bei der Mehrheit der Beamten alles Ansehen verloren hat. Es ist ohne Stütze und muß fallen. Sun Köln, 17 März. Unsere Stadt ist in großer Aufregung Schleswig-Holstein. Kiel, 13 März. Die neueste Post hat Oesterreich. Wien, 15 März. Die heutige Wiener Zeitung [Spaltenumbruch]
wiederzukehren ſo lange hannover’ſche Polizeigeſetze das Leben harm- 17 März 1848,Arthur Breuſing, Cand. d. Math.“ . Norddeutſchland, 16 März. Es reckt und ſtreckt und regt Preußen. ☉ Köln, 16 März. Der jüngſte Erlaß des Königs „Allerdurchlauchtigſter, Groß- Köln, 15 März 1848.“ Hr. Eichmann, iſt heute Morgen nach Berlin abgereist. Er theilt im weſentlichen die obigen Anſichten. Die Regierung zu Düſſeldorf hat in ähnlichem Sinne nach Berlin berichtet. Möchten doch in dieſem ent- ſcheidenden Augenblick alle Behörden ſo ihre Pflicht erkennen und aus- üben! Es iſt bemerkenswerth daß das bisherige ängſtlich bevormundende Syſtem unſerer Verwaltung nicht bloß bei dem Volke ſelbſt, ſondern auch bei der Mehrheit der Beamten alles Anſehen verloren hat. Es iſt ohne Stütze und muß fallen. ☉ Köln, 17 März. Unſere Stadt iſt in großer Aufregung Schleswig-Holſtein. Kiel, 13 März. Die neueſte Poſt hat Oeſterreich. Wien, 15 März. Die heutige Wiener Zeitung <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <p> <floatingText> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0004" n="1284"/><cb/> wiederzukehren ſo lange hannover’ſche Polizeigeſetze das Leben harm-<lb/> loſer Menſchen gefährden können. Die Studirenden werden durch eine<lb/> in aller Kürze erſcheinende Darſtellung des Sachverhältniſſes, mit der<lb/> die HH. Baumgarten, Lauenſtein und Uhlhorn beauftragt ſind, ihren<lb/> Schritt rechtfertigen, und verweiſen auf dieſelbe mit der Bitte den bis-<lb/> herigen unvollſtändigen Zeitungsberichten nicht unbedingten Glauben<lb/> zu ſchenken. Kraft beſondern Auftrags der Göttinger Studirenden:<lb/> Göttingen, </p> <closer> <dateline>17 März 1848,</dateline> <signed><hi rendition="#g">Arthur Breuſing</hi>, Cand. d. Math.“</signed> </closer> </div> </body> </floatingText> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>. <hi rendition="#b">Norddeutſchland</hi>, 16 März.</dateline><lb/> <p>Es reckt und ſtreckt und regt<lb/> ſich auch in Norddeutſchland, wenngleich langſamer als die Freunde<lb/> der Freiheit gewünſcht und gehofft hatten. In Lauenburg freilich ha-<lb/> ben wir die merkwürdige Erſcheinung daß eine Petition zur Herbeifüh-<lb/> rung einer beſſern ſtändiſchen Verfaſſung aus Mangel an Theilnahme<lb/> unter Bürgern und Landleuten nicht zuſammenkam, aber dafür ſehen<lb/> wir in Osnabrück, Hildesheim, Lüneburg, Hameln, Celle, Stade, Mün-<lb/> den, Harburg, in den Landen Hadeln, Kehdingen und Oſten Petitionen<lb/> um die allgemeinen deutſchen Wünſche, ſelbſt nachdem der König ſeine An-<lb/> ſichten darüber und dawider bündig genug ausgeſprochen hat. Aus Schwe-<lb/> rin, Wismar, Güſtrow, Roſtock gehen Petitionen um Einberufung des<lb/> Landtags, um Erfüllung zeitgemäßer Bedürfniſſe mannichfacher Art<lb/> (deutſches Parlament, Miniſterverantwortlichkeit u. ſ. w.) hervor. In<lb/> Lübeck iſt die Cenſur aufgehoben. In Braunſchweig iſt am 13 März<lb/> eine Verordnung erſchienen welche proviſoriſch die Cenſur aufhebt, die<lb/> Stände auf den 25 k. M. zuſammenberuft und unter den Vorlagen für<lb/> dieſe nennt: allgemeine Landesbewaffnung, öffentliche und mündliche<lb/> Rechtspflege mit Geſchwornengerichten in Straſſachen, Oeffentlichkeit<lb/> der ſtändiſchen Verhandlungen, der Verhandlungen der Stadtverordne-<lb/> ten, Wechſelweſen. In Bückeburg ſammelte ſich am 14 März eine<lb/> Maſſe von 2 bis 3000 Menſchen vor dem Schloſſe des Fürſten, während<lb/> eine Deputation dieſem in ſiebenzehn Punkten die Wünſche des Volks<lb/> (die bekannten allgemein deutſchen vermiſcht mit einigen localen: Ab-<lb/> ſchaffung von Monopolen und feudalen Verhältniſſen) vorlegte. Der<lb/> Fürſt bewilligte alle Punkte bis auf Einen, der die Civilliſte betraf. In<lb/> Deſſau hat der Herzog am 16 auf die ihm am 10 überreichte Adreſſe<lb/> geantwortet. Er hat eine landſtändiſche Verfaſſung zugeſagt, und von<lb/> der Mitwirkung der künftigen Landſtände eine Anzahl von Zugeſtänd-<lb/> niſſen abhängig gemacht, ohne die Zeit ihrer Einberufung zu beſtim-<lb/> men. Er hat außerdem die Preßfreiheitseinführung aufgeſchoben bis<lb/> in den benachbarten größeren Staaten Preßgeſetze erſchienen ſind, die<lb/> ſpeciell auf Anhalt bezüglichen Wünſche aber meiſt unbedingt erfüllt.<lb/> Wahrſcheinlich wird indeß das Volk wiederum bei ihm petitioniren, und<lb/> er alsdann Preßfreiheit, öffentliches Verfahren u. ſ. w. augenblicklich ge-<lb/> währen. In Lippe-Detmold hat der Fürſt nach einigem Zaudern, wäh-<lb/> rend deſſen die Aufregung im Lande beſtändig ſtieg, faſt alle ihm vor-<lb/> getragenen Bürgerwünſche, unter denen außer mehr localen auch die all-<lb/> gemein deutſchen waren, unbedingt und ſogleich gewährt. 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Die Zeit ſchreitet<lb/> in Sturmeseile voran; kaum ſind wenige Tage verfloſſen ſeitdem die<lb/> treugehorſamſt Unterzeichneten Ew. k. Maj. ihre aus innerem Drange<lb/> und äußerer Nothwendigkeit hervorgehenden Wünſche darlegten, und<lb/> ſchon heute ſehen wir uns gezwungen, im Angeſichte hereinbrechenden<lb/> unſäglichen Unglückes, in anderer Form, mit anderen Bitten Ew.<lb/> Maj., als dem Rettungsanker für das zerfallende Deutſchland, für<lb/> die bedrohte Rheinprovinz, ehrfurchtsvoll zu nahen. Die Bewe-<lb/> gungen in Süddeutſchland müſſen bei einem fortgeſetzten Wider-<lb/> ſtande gegen die Nationalfreiheit zu einer Auflöſung des Bundes<lb/> führen, als deſſen nächſte Gefahr wir leider die Iſolirung und die<lb/> Abtrennung der Rheinprovinz bezeichnen müſſen. In ihr, in un-<lb/> ſerer Stadt, ſteigt die Aufregung, die ängſtliche Spannung, die<lb/> Furcht vor der Erſchütterung aller Zuſtände und mit ihr die Stockung<lb/> der Gewerbe von Stunde zu Stunde, und ſchon zu ihrer Beſchwichtigung<lb/> haben wir uns gedrungen ſehen müſſen perſönlich nach der Hauptſtadt<lb/> uns zu begeben, damit die Bevölkerung mit Hoffnung der Verkündigung<lb/><cb/> verheißungsvoller Worte entgegenſehen dürfe. Ein Wort geht jetzt in<lb/> Deutſchland von Mund zu Mund; ſo auch hier: es iſt die Einheit des<lb/> deutſchen Volkes. Vielleicht iſt bald der Augenblick vorüber wo ſie zu<lb/> erzielen die Vorſehung in die Hände Ew. k. Maj. gelegt hat; andere Ge-<lb/> walten treten an die Spitze, und der Augenblick hat ihnen die Macht ge-<lb/> geben. Wir beſchwören Ew. Maj.: die Fürſten Deutſchlands nach<lb/> Frankfurt a. M. zum Zwecke der Umgeſtaltung des deutſchen Bundes zu<lb/> berufen und zugleich die Verhältnißzahl der Vertreter zu beſtimmen,<lb/> welche jeder Bundesſtaat, kurz nach dem Zuſammentritt der Fürſten,<lb/> nach Frankfurt a. M. zum Beirathe und zur Mitwirkung an den Grund-<lb/> zügen der künftigen Verfaſſung des deutſchen Reiches zu entſenden hat.<lb/> Von dieſem Schritte hoffen wir die ſegensreichſte Wirkung, den Still-<lb/> ſtand aller particulären Beſtrebungen und die Concentrirung aller durch-<lb/> einander wogenden Kräfte und Anſtrengungen zu einem einzigen Punkte.<lb/> Was aber die Hoffnungen und Wünſche in Preußen, die Befürchtungen<lb/> in dem übrigen Deutſchland hinſichtlich der Ausbildung unſerer inneren<lb/> Bundesverfaſſung betrifft, ſo geben wir uns der Ueberzeugung hin daß<lb/> im ganzen Lande die Verzögerung der Einberufung des Vereinigten<lb/> Landtages mit Beruhigung aufgenommen werden wird, wenn Ew. Maj.<lb/> geruhen wollen, zugleich mit der Anordnung des Reichstages in Frank-<lb/> furt, eine klare und feſte Zuſicherung im Sinne der in den letzten Tagen<lb/> im ganzen Lande laut gewordenen Wünſche zu geben. Das Vertrauen<lb/> auf Preußens König wird in Deutſchland erwachen, im Inlande wird<lb/> das Vertrauen auf das königliche Wort unſeres Monarchen alle Gemü-<lb/> ther beruhigen, und wir werden hoffen dürfen aus dieſem Sturme<lb/> Deutſchland ſtark, Preußen groß und unſern König für alle kommenden<lb/> Geſchlechter als ein Muſter des Muthes und der entſchloſſenen Thatkraft<lb/> im entſcheidenden Augenblicke glorreich hervorgehen zu ſehen. Wir wer-<lb/> den hoffen dürfen daß die Rheinprovinz und unſere Stadt von der drohen-<lb/> den Vernichtung zum hochherzigſten Aufſchwung und zur Wiederher-<lb/> ſtellung ihrer langjährigen Blüthe kräftig und thätig hinüberſchreite.<lb/> In tiefſter Ehrfurcht verharren wir Ew. k. Maj. allerunterthänigſte<lb/> Oberbürgermeiſter, Beigeordnete und Gemeindeverordnete der Stadt<lb/> Köln. </p><closer><dateline>Köln, 15 März 1848.“</dateline></closer></div></body></floatingText> Auch der Oberpräſident der Rheinprovinz,<lb/> Hr. Eichmann, iſt heute Morgen nach Berlin abgereist. Er theilt im<lb/> weſentlichen die obigen Anſichten. Die Regierung zu Düſſeldorf hat in<lb/> ähnlichem Sinne nach Berlin berichtet. Möchten doch in dieſem ent-<lb/> ſcheidenden Augenblick alle Behörden ſo ihre Pflicht erkennen und aus-<lb/> üben! Es iſt bemerkenswerth daß das bisherige ängſtlich bevormundende<lb/> Syſtem unſerer Verwaltung nicht bloß bei dem Volke ſelbſt, ſondern<lb/> auch bei der Mehrheit der Beamten alles Anſehen verloren hat. Es iſt<lb/> ohne Stütze und muß fallen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>☉ <hi rendition="#b">Köln</hi>, 17 März.</dateline><lb/> <p>Unſere Stadt iſt in großer Aufregung<lb/> wegen deſſen was ſich in Berlin und Wien zugetragen haben ſoll. In<lb/> Berlin iſt man rathlos; jeder Schritt zu dem man ſich entſchließt, macht<lb/> man erſt wenn es zu ſpät iſt. Die hieſige Regierung iſt von Berlin aus<lb/> ſchon lange ohne alle Verhaltungsregeln. Das Uebel iſt uns ganz<lb/> nah’ gekommen. In Weſtfalen und in unſerer gewerbfleißigen Nachbar-<lb/> ſchaft ſind bedrohliche Unruhen unter den Arbeitern ausgebrochen, in<lb/> Solingen 5 Etabliſſements zerſtört. Der hieſige Gemeinderath hat ſo-<lb/> eben beſchloſſen ein Darlehen von 50,000 Thlr. durch freiwillige Unter-<lb/> zeichnung der wohlhabenden Bürger aufzunehmen, um die Arbeiter<lb/> durch öffentliche Bauten zu beſchäftigen.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Schleswig-Holſtein</hi>.</head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Kiel</hi>, 13 März.</dateline><lb/> <p>Die neueſte Poſt hat<lb/> drei Preßgeſetze von Kopenhagen gebracht: eins für Schleswig, eins für<lb/> Holſtein, eins für Lauenburg. Sie ſtimmen ſämmtlich überein und<lb/> ſind ſämmtlich ungenügend. Schriften welche keinen größeren Umfang<lb/> als ſechs Druckbogen haben, ſollen vor ihrem Verkauf oder Verthei-<lb/> lung der Polizeibehörde vorgelegt werden, damit ſie, wenn etwas geſetz-<lb/> widriges darin enthalten ſey, dieſelben mit Beſchlag belegen kann. 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Es kann niemand darüber im<lb/> Zweifel ſeyn daß ſie, fern von jedem Gedanken einer Einmiſchung in<lb/> die innern Angelegenheiten dieſes Staates, eben ſo entſchloſſen ſind jede<lb/> Verletzung der beſtehenden Verträge mit vereinten Kräften zurückzuwei-<lb/> ſen. Ihre weitere Betrachtung hat ſich auf die gegenwärtige Lage des<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1284/0004]
wiederzukehren ſo lange hannover’ſche Polizeigeſetze das Leben harm-
loſer Menſchen gefährden können. Die Studirenden werden durch eine
in aller Kürze erſcheinende Darſtellung des Sachverhältniſſes, mit der
die HH. Baumgarten, Lauenſtein und Uhlhorn beauftragt ſind, ihren
Schritt rechtfertigen, und verweiſen auf dieſelbe mit der Bitte den bis-
herigen unvollſtändigen Zeitungsberichten nicht unbedingten Glauben
zu ſchenken. Kraft beſondern Auftrags der Göttinger Studirenden:
Göttingen,
17 März 1848,Arthur Breuſing, Cand. d. Math.“
. Norddeutſchland, 16 März.
Es reckt und ſtreckt und regt
ſich auch in Norddeutſchland, wenngleich langſamer als die Freunde
der Freiheit gewünſcht und gehofft hatten. In Lauenburg freilich ha-
ben wir die merkwürdige Erſcheinung daß eine Petition zur Herbeifüh-
rung einer beſſern ſtändiſchen Verfaſſung aus Mangel an Theilnahme
unter Bürgern und Landleuten nicht zuſammenkam, aber dafür ſehen
wir in Osnabrück, Hildesheim, Lüneburg, Hameln, Celle, Stade, Mün-
den, Harburg, in den Landen Hadeln, Kehdingen und Oſten Petitionen
um die allgemeinen deutſchen Wünſche, ſelbſt nachdem der König ſeine An-
ſichten darüber und dawider bündig genug ausgeſprochen hat. Aus Schwe-
rin, Wismar, Güſtrow, Roſtock gehen Petitionen um Einberufung des
Landtags, um Erfüllung zeitgemäßer Bedürfniſſe mannichfacher Art
(deutſches Parlament, Miniſterverantwortlichkeit u. ſ. w.) hervor. In
Lübeck iſt die Cenſur aufgehoben. In Braunſchweig iſt am 13 März
eine Verordnung erſchienen welche proviſoriſch die Cenſur aufhebt, die
Stände auf den 25 k. M. zuſammenberuft und unter den Vorlagen für
dieſe nennt: allgemeine Landesbewaffnung, öffentliche und mündliche
Rechtspflege mit Geſchwornengerichten in Straſſachen, Oeffentlichkeit
der ſtändiſchen Verhandlungen, der Verhandlungen der Stadtverordne-
ten, Wechſelweſen. In Bückeburg ſammelte ſich am 14 März eine
Maſſe von 2 bis 3000 Menſchen vor dem Schloſſe des Fürſten, während
eine Deputation dieſem in ſiebenzehn Punkten die Wünſche des Volks
(die bekannten allgemein deutſchen vermiſcht mit einigen localen: Ab-
ſchaffung von Monopolen und feudalen Verhältniſſen) vorlegte. Der
Fürſt bewilligte alle Punkte bis auf Einen, der die Civilliſte betraf. In
Deſſau hat der Herzog am 16 auf die ihm am 10 überreichte Adreſſe
geantwortet. Er hat eine landſtändiſche Verfaſſung zugeſagt, und von
der Mitwirkung der künftigen Landſtände eine Anzahl von Zugeſtänd-
niſſen abhängig gemacht, ohne die Zeit ihrer Einberufung zu beſtim-
men. Er hat außerdem die Preßfreiheitseinführung aufgeſchoben bis
in den benachbarten größeren Staaten Preßgeſetze erſchienen ſind, die
ſpeciell auf Anhalt bezüglichen Wünſche aber meiſt unbedingt erfüllt.
Wahrſcheinlich wird indeß das Volk wiederum bei ihm petitioniren, und
er alsdann Preßfreiheit, öffentliches Verfahren u. ſ. w. augenblicklich ge-
währen. In Lippe-Detmold hat der Fürſt nach einigem Zaudern, wäh-
rend deſſen die Aufregung im Lande beſtändig ſtieg, faſt alle ihm vor-
getragenen Bürgerwünſche, unter denen außer mehr localen auch die all-
gemein deutſchen waren, unbedingt und ſogleich gewährt. Die Un-
ruhen und Exceſſe welche nichtsdeſtoweniger vom Proletariat begonnen
ſind, werden hoffentlich bald beſeitigt ſeyn.
Preußen.
☉ Köln, 16 März.
Der jüngſte Erlaß des Königs
von Preußen, welcher eine Regeneration des deutſchen Bundes auf einem
Fürſtencongreß in Dresden in Ausſicht ſtellt, hat hier nicht befriedigt. Er
erfüllt keinen einzigen der ausgeſprochenen Wünſche des Volkes, nicht ein-
mal den daß der Landtag ſofort berufen werde. Die heute Morgen als
Deputation nach Berlin abgereisten zwölf Stadträthe nahmen folgende
ſchriftliche Vorſtellung an den König mit: „Allerdurchlauchtigſter, Groß-
mächtiger König, Allergnädigſter König und Herr! Die Zeit ſchreitet
in Sturmeseile voran; kaum ſind wenige Tage verfloſſen ſeitdem die
treugehorſamſt Unterzeichneten Ew. k. Maj. ihre aus innerem Drange
und äußerer Nothwendigkeit hervorgehenden Wünſche darlegten, und
ſchon heute ſehen wir uns gezwungen, im Angeſichte hereinbrechenden
unſäglichen Unglückes, in anderer Form, mit anderen Bitten Ew.
Maj., als dem Rettungsanker für das zerfallende Deutſchland, für
die bedrohte Rheinprovinz, ehrfurchtsvoll zu nahen. Die Bewe-
gungen in Süddeutſchland müſſen bei einem fortgeſetzten Wider-
ſtande gegen die Nationalfreiheit zu einer Auflöſung des Bundes
führen, als deſſen nächſte Gefahr wir leider die Iſolirung und die
Abtrennung der Rheinprovinz bezeichnen müſſen. In ihr, in un-
ſerer Stadt, ſteigt die Aufregung, die ängſtliche Spannung, die
Furcht vor der Erſchütterung aller Zuſtände und mit ihr die Stockung
der Gewerbe von Stunde zu Stunde, und ſchon zu ihrer Beſchwichtigung
haben wir uns gedrungen ſehen müſſen perſönlich nach der Hauptſtadt
uns zu begeben, damit die Bevölkerung mit Hoffnung der Verkündigung
verheißungsvoller Worte entgegenſehen dürfe. Ein Wort geht jetzt in
Deutſchland von Mund zu Mund; ſo auch hier: es iſt die Einheit des
deutſchen Volkes. Vielleicht iſt bald der Augenblick vorüber wo ſie zu
erzielen die Vorſehung in die Hände Ew. k. Maj. gelegt hat; andere Ge-
walten treten an die Spitze, und der Augenblick hat ihnen die Macht ge-
geben. Wir beſchwören Ew. Maj.: die Fürſten Deutſchlands nach
Frankfurt a. M. zum Zwecke der Umgeſtaltung des deutſchen Bundes zu
berufen und zugleich die Verhältnißzahl der Vertreter zu beſtimmen,
welche jeder Bundesſtaat, kurz nach dem Zuſammentritt der Fürſten,
nach Frankfurt a. M. zum Beirathe und zur Mitwirkung an den Grund-
zügen der künftigen Verfaſſung des deutſchen Reiches zu entſenden hat.
Von dieſem Schritte hoffen wir die ſegensreichſte Wirkung, den Still-
ſtand aller particulären Beſtrebungen und die Concentrirung aller durch-
einander wogenden Kräfte und Anſtrengungen zu einem einzigen Punkte.
Was aber die Hoffnungen und Wünſche in Preußen, die Befürchtungen
in dem übrigen Deutſchland hinſichtlich der Ausbildung unſerer inneren
Bundesverfaſſung betrifft, ſo geben wir uns der Ueberzeugung hin daß
im ganzen Lande die Verzögerung der Einberufung des Vereinigten
Landtages mit Beruhigung aufgenommen werden wird, wenn Ew. Maj.
geruhen wollen, zugleich mit der Anordnung des Reichstages in Frank-
furt, eine klare und feſte Zuſicherung im Sinne der in den letzten Tagen
im ganzen Lande laut gewordenen Wünſche zu geben. Das Vertrauen
auf Preußens König wird in Deutſchland erwachen, im Inlande wird
das Vertrauen auf das königliche Wort unſeres Monarchen alle Gemü-
ther beruhigen, und wir werden hoffen dürfen aus dieſem Sturme
Deutſchland ſtark, Preußen groß und unſern König für alle kommenden
Geſchlechter als ein Muſter des Muthes und der entſchloſſenen Thatkraft
im entſcheidenden Augenblicke glorreich hervorgehen zu ſehen. Wir wer-
den hoffen dürfen daß die Rheinprovinz und unſere Stadt von der drohen-
den Vernichtung zum hochherzigſten Aufſchwung und zur Wiederher-
ſtellung ihrer langjährigen Blüthe kräftig und thätig hinüberſchreite.
In tiefſter Ehrfurcht verharren wir Ew. k. Maj. allerunterthänigſte
Oberbürgermeiſter, Beigeordnete und Gemeindeverordnete der Stadt
Köln.
Köln, 15 März 1848.“ Auch der Oberpräſident der Rheinprovinz,
Hr. Eichmann, iſt heute Morgen nach Berlin abgereist. Er theilt im
weſentlichen die obigen Anſichten. Die Regierung zu Düſſeldorf hat in
ähnlichem Sinne nach Berlin berichtet. Möchten doch in dieſem ent-
ſcheidenden Augenblick alle Behörden ſo ihre Pflicht erkennen und aus-
üben! Es iſt bemerkenswerth daß das bisherige ängſtlich bevormundende
Syſtem unſerer Verwaltung nicht bloß bei dem Volke ſelbſt, ſondern
auch bei der Mehrheit der Beamten alles Anſehen verloren hat. Es iſt
ohne Stütze und muß fallen.
☉ Köln, 17 März.
Unſere Stadt iſt in großer Aufregung
wegen deſſen was ſich in Berlin und Wien zugetragen haben ſoll. In
Berlin iſt man rathlos; jeder Schritt zu dem man ſich entſchließt, macht
man erſt wenn es zu ſpät iſt. Die hieſige Regierung iſt von Berlin aus
ſchon lange ohne alle Verhaltungsregeln. Das Uebel iſt uns ganz
nah’ gekommen. In Weſtfalen und in unſerer gewerbfleißigen Nachbar-
ſchaft ſind bedrohliche Unruhen unter den Arbeitern ausgebrochen, in
Solingen 5 Etabliſſements zerſtört. Der hieſige Gemeinderath hat ſo-
eben beſchloſſen ein Darlehen von 50,000 Thlr. durch freiwillige Unter-
zeichnung der wohlhabenden Bürger aufzunehmen, um die Arbeiter
durch öffentliche Bauten zu beſchäftigen.
Schleswig-Holſtein.
Kiel, 13 März.
Die neueſte Poſt hat
drei Preßgeſetze von Kopenhagen gebracht: eins für Schleswig, eins für
Holſtein, eins für Lauenburg. Sie ſtimmen ſämmtlich überein und
ſind ſämmtlich ungenügend. Schriften welche keinen größeren Umfang
als ſechs Druckbogen haben, ſollen vor ihrem Verkauf oder Verthei-
lung der Polizeibehörde vorgelegt werden, damit ſie, wenn etwas geſetz-
widriges darin enthalten ſey, dieſelben mit Beſchlag belegen kann. Ueber
die Rechtmäßigkeit dieſer Beſchlagnahme ſoll dann zunächſt auf Verwal-
tungswegen und ſpäter erſt durch Gerichte erkannt werden. (B. H.)
Oeſterreich.
Wien, 15 März.
Die heutige Wiener Zeitung
enthält in ihrem amtlichen Theil folgenden Artikel: „Nach einem am
10 März zwiſchen Oeſterreich und Preußen allhier getroffenen Ueberein-
kommen wird die nachſtehende gemeinſame Erklärung gleichzeitig zu
Wien und Berlin bekannt gemacht: die Regierungen von Oeſterreich
und Preußen haben ſich über ihre Stellung zu den Fragen welche ſich
an die in Frankreich eingetretene Verfaſſungsveränderung knüpfen, be-
reits offen und deutlich ausgeſprochen. Es kann niemand darüber im
Zweifel ſeyn daß ſie, fern von jedem Gedanken einer Einmiſchung in
die innern Angelegenheiten dieſes Staates, eben ſo entſchloſſen ſind jede
Verletzung der beſtehenden Verträge mit vereinten Kräften zurückzuwei-
ſen. Ihre weitere Betrachtung hat ſich auf die gegenwärtige Lage des
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(2022-04-08T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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