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Allgemeine Zeitung, Nr. 83, 23. März 1848.

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[Spaltenumbruch] kel anbrach, und der Mond über die Dächer heraufstieg, seinen bleichen
Schein auf die Kämpfer werfend. Am hartnäckigsten scheint die Schlacht
auf der Friedrichsstadt, und in der breiten Straße getobt zu haben. Von
der letztern war ich Augenzeuge. Von 7 Uhr bis nach Mitternacht rück-
ten abwechselnd Infanteriebataillone und Artillerie vor, um die Barri-
cade am Schluß der Straße zu erobern. Sie wurde mit unglaublicher
Beharrlichkeit vertheidigt. Die Bürger trugen den Kämpfern Munition
und Eßwaaren zu, brachten ihnen Wein und andere Getränke. Düster
war dagegen die Haltung der Truppen, die mit männlicher Tapferkeit,
aber mit tiefem innern Schmerz ihre bittere Bestimmung erfüllten! Ge-
gen dreißig Barricaden hatten sie erstürmt. Doch das Volk war uner-
müdlich. Endlich nach der schreckenvollen Nacht brach der blaße Morgen
an. Die Ermattung hatte einen Waffenstillstand herbeigeführt, man
verkehrte wieder in den Straßen und sah die Kämpfer beider Parteien.
Was nur möglich war, wurde jetzt angewendet um den König dahin zu
bestimmen die Truppen zurückzuziehen, und durch diesen Beweis des Ver-
trauens das Volk zu bestimmen auch seinerseits die Barricaden niederzu-
reißen. Endlich gegen 11 Uhr Mittags entschloß sich der Monarch dazu.
Alle Truppen mußten den Kampfplatz verlassen, die fremden sogar die
Stadt. Officiere, von Bürgerdeputirten begleitet, ritten durch die ganze
Stadt, und verkündeten den Frieden. Nun Jubel, gemischt mit Jammer
und Grauen! Die Leichen wurden durch die Stadt getragen, und sämmt-
lich ins Schloß selbst gebracht daß der König sie sehen sollte! Jetzt folgte
aber auch Bewilligung auf Bewilligung, insbesondere Bürgerbewaffnung
und verändertes Ministerium (Graf Schwerin, Graf Arnim, Hr.
v. Auerswald sind eingetreten, Beckerath und Camphausen hofft man
noch). Schon Nachmittags zogen die Bürger, mit Gewehren aus dem
dem Zeughause, auf die Schloßwache. Jetzt ist die Stadt erleuchtet,
alles jubelt! Möge kein Unfall diese Freude so stören wie die gestrige.

Das Eigenthum ist überall verschont
worden, nur Wagen, Tonnen und Utenstlien ähnlicher Art hat man
überall weggenommen zu den hohen aufs kunstgerechteste construirten
und mit neuen tiefen Gräben versehenen Barricaden. Auch fanden es
die Schenkwirthe für gut dem Volke unentgeltlich Getränke zu reichen.
Dagegen blieben die Laternen sowie die Eisenbahnen unangetastet. Zwei
Casernen sind in Brand gesteckt worden. Wir haben das heiterste Wet-
ter. Die ganze Nacht war heller Mondschein. Viele Menschen sind
geblieben. Aüs einem einzigen Hause in der Leipzigerstraße trug man
diesen Morgen 26 todte Soldaten, aus einem andern 20 Studenten, die
hier sämmtlich von den eindringenden Soldaten niedergestochen worden
waren, nachdem sie aus dem Hause auf die Soldaten lebhaft gefeuert
hatten. Die dreifarbige deutsche Cocarde ist aufgetaucht, von Republik
aber nicht die Rede.

Unsere Revolution
scheint beendigt. Nach einem siebenstündigen mörderischen Flinten-
und Kartätschenfeuer, wodurch auf beiden Seiten schwere Verluste her-
beigeführt und ein großer Schaden in den Straßen angerichtet ward, ha-
ben wir heute folgende Resultate mitzutheilen: 1) Preßfreiheit, 2) Ein-
berufung des Vereinigten Landtags auf den 2 April, 3) Volksbewaffnung,
4) neues Ministerium, 5) Zurückziehung des Militärs aus den Stra-
ßen. Alle zum Theil ans Unglaubliche streifenden Details morgen. Eine
ungeheure Menschenschaar wogt durch die Straßen, und eine proviso-
rische Bürgerwache bezieht gemeinschaftlich mit dem Militär die Wach-
posten. Die Schützengilde, welche sich in der Revolutionsnacht am
tapfersten gehalten, genießt heute das Vertrauen das Schloß zu be-
hüten. Das neue Ministerium enthält den Grafen v. Arnim als Mi-
nister des Auswärtigen, den Landtagsabgeordneten Grafen v. Schwe-
rin als Minister des Cultus, den Abg. Landrath v. Auerswald als Mi-
nister des Innern, so daß dafür Eichhorn, Bodelschwingh und Canitz
ausscheiden, die Justizminister Uhden und Savigny, so wie der Kriegs-
minister Roher bleiben vorläufig. Alles genauere morgen; die furcht-
bare Erschöpfung dieses Tags übt auch auf Ihren Referenten ihr Recht.
Es wird allgemein illuminirt.

Seit Nachmittag ist alles
vom Grunde aus zu Gunsten der Volkswünsche geändert! Das Ministe-
rium ist entlassen. Auch die Bürgerbewaffnung ist Nachmittags be-
willigt und sofort zur Ausführung geschritten worden. Das Schloß,
die Hauptwache, die Paläste der Prinzen sind von Bürgern bewacht,
und eben solche machen zur Sicherheit die Runde durch die Stadt!
Welche Veränderung seit einigen Stunden! Die Mittagssonne be-
[Spaltenumbruch] leuchtete noch die Bajonnette einer Armee von Soldaten, und jetzt sind
die Soldaten wie verschwunden. Nur hie und da steht man noch
einen neben den Bürgerwachen, gleichsam als eine Antiquität im Hause der
Fürsten. Wenn wir die verschiedenartigsten Umwälzungen seit Mittag
betrachten, so schwebt vieles wie ein Traum uns vor. Der als Pöbel ver-
schriene Theil der Berliner Bevölkerung focht heldenmäßig, die als zahm
verschrienen Studenten waren entschlossene, kühne und geschickte Anfüh-
rer, die junkerschaftlichen Häuptlinge der Armee sind gedemüthigt, und die
Wünsche des Volks sind befriedigt, und das alles nachdem die Truppen eine
ganze Nacht hindurch gemetzelt und gestegt haben! Die hartnäckigen
Rathgeber der Krone mögen es verantworten daß sie noch vor dem Thor-
schlusse des Absolutismus, nachdem selbst Oesterreich soviel vorgerückt
war, mit dem Degen in der Hand einen Abgrund zwischen der Regierung
und dem Volke gruben, der aber noch rechtzeitig durch die Weisheit des
Königs ausgefüllt wird. Nächst den Ministern gehen mehrere hohe
Beamte aus ihrem jetzigen Wirkungskreise, und auch der Polizeipräsident
v. Minutoli, der sich unermüdlich gezeigt, und der nicht aufgehört haben
soll von Gewaltsmaßregeln abzurathen, will freiwillig ausscheiden. Eine
weit weniger ruhmvolle Energie sagt man unserm Oberbürgermeister
Krausnick nach, und sein Abtreten wird schwerlich umgangen werden
können.

* Der vorstehende Brief ist der letzte den wir -- heute früh 9 Uhr --
aus Berlin erhielten. Zwar sagt die obige Leipziger Correspondenz
vom 20 März, die Waffenruhe sey wieder gebrochen worden, und
der Hr. Correspondent fügte die Notiz bei, ein Gerücht sey verbreitet
der König sey auf der Flucht erschossen worden, aber er bemerkte zugleich
das Gerücht finde keinen Glauben. Leipz. Blätter hatten dasselbe Gerücht
erwähnt, ihre Daten aber sind nicht so neu als unsere Berliner Berichte
-- mindestens um 12 bis 15 Stunden älter -- daher wir sie als ent-
schieden salsch betrachten können. Sollte die heute Nachmittag ein-
treffende neue Berliner Post etwas von Bedeutung bringen, so werden
wir es unsern Lesern durch ein Extrablatt mittheilen; erscheint keines,
so dürfen sie dieß als glückliche Bestätigung betrachten daß jene Un-
glückskunde eine irrige ist, wie wir schon jetzt mit Sicherheit annehmen.

Gestern haben hier abermals, ohne weitere
Veranlassung, die Cuirassiere auf eine Schaar von Bürgern scharf ein-
gehauen und mehrere verwundet. Die Erbitterung ist groß. Die Für-
stin v. Metternich ist in Breslau am 15 d. angekommen. (D. Z.)

Die Hamb. Börsenh. meldet: "Einer uns so eben zugehenden
Mittheilung aus Königsberg vom 14 März zufolge hat dort am 13
Abends ein Angriff des Volkes auf das Polizeigebäude stattgehabt, wel-
ches demolirt worden ist. Die Menge wurde endlich durch eine heran-
sprengende Cuirassterabtheilung auseinandergetrieben, wobei mehrere
vom Volke Verwundungen erhielten. Einer der Verwundeten ist ge-
storben. Die Aufregung in der Stadt war sehr groß und ließ noch ern-
steres befürchten."

Der gestrige Tag war für uns von der
höchsten Wichtigkeit und hätte leicht bedenkliche Folgen nach sich ziehen
können wenn unsere Bürgerschaft, die polnische sowohl wie die deutsche,
nicht eine durchaus besonnene Haltung behauptet hätte. Es war näm-
lich im Publicum bekannt geworden daß in der Stadtverordnetenver-
sammlung der Antrag gestellt werden solle: eine Adresse mit den Wün-
schen der Stadt Posen an Se. Maj. den König zu richten. Ein überaus
zahlreiches Auditorium hatte sich in Folge dessen eingefunden. Der Vor-
steher, von seiner Befugniß Gebrauch machend, verwandelte die Sitzung
bald in eine geheime. Nach einstündiger Discussion, die mit großer
Lebhaftigkeit geführt worden seyn soll, stellte sich das gewiß den meisten
unerwartete Resultat heraus daß unter 24 Anwesenden nur 3 sich für,
21 dagegen gegen eine Adresse erklärten. -- Weil sich noch immer eine
Menge fremde Emissäre unter dem Titel von Privatlehrern in unserm
Großherzogthum aufhalten und hier böse Saat ausstreuen, so hat unsere
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lassen, wonach alle Privatlehrer, Erzieher, Erzieherinnen etc. einer be-
sondern Erlaubniß bedürfen.

Oesterreich.

Das kais. Patent über Preß-
freiheit mit der Verkündung einer Constitution für die gesammte Mon-
archie hat hier die freudigste Bewegung hervorgerufen. Man schien sie uns
anfänglich auf eine Weile vorenthalten zu wollen, wahrscheinlich um damit
von Seite des Präsidiums der Landesstelle eine anerkennende und pflichtge-

[Spaltenumbruch] kel anbrach, und der Mond über die Dächer heraufſtieg, ſeinen bleichen
Schein auf die Kämpfer werfend. Am hartnäckigſten ſcheint die Schlacht
auf der Friedrichsſtadt, und in der breiten Straße getobt zu haben. Von
der letztern war ich Augenzeuge. Von 7 Uhr bis nach Mitternacht rück-
ten abwechſelnd Infanteriebataillone und Artillerie vor, um die Barri-
cade am Schluß der Straße zu erobern. Sie wurde mit unglaublicher
Beharrlichkeit vertheidigt. Die Bürger trugen den Kämpfern Munition
und Eßwaaren zu, brachten ihnen Wein und andere Getränke. Düſter
war dagegen die Haltung der Truppen, die mit männlicher Tapferkeit,
aber mit tiefem innern Schmerz ihre bittere Beſtimmung erfüllten! Ge-
gen dreißig Barricaden hatten ſie erſtürmt. Doch das Volk war uner-
müdlich. Endlich nach der ſchreckenvollen Nacht brach der blaße Morgen
an. Die Ermattung hatte einen Waffenſtillſtand herbeigeführt, man
verkehrte wieder in den Straßen und ſah die Kämpfer beider Parteien.
Was nur möglich war, wurde jetzt angewendet um den König dahin zu
beſtimmen die Truppen zurückzuziehen, und durch dieſen Beweis des Ver-
trauens das Volk zu beſtimmen auch ſeinerſeits die Barricaden niederzu-
reißen. Endlich gegen 11 Uhr Mittags entſchloß ſich der Monarch dazu.
Alle Truppen mußten den Kampfplatz verlaſſen, die fremden ſogar die
Stadt. Officiere, von Bürgerdeputirten begleitet, ritten durch die ganze
Stadt, und verkündeten den Frieden. Nun Jubel, gemiſcht mit Jammer
und Grauen! Die Leichen wurden durch die Stadt getragen, und ſämmt-
lich ins Schloß ſelbſt gebracht daß der König ſie ſehen ſollte! Jetzt folgte
aber auch Bewilligung auf Bewilligung, insbeſondere Bürgerbewaffnung
und verändertes Miniſterium (Graf Schwerin, Graf Arnim, Hr.
v. Auerswald ſind eingetreten, Beckerath und Camphauſen hofft man
noch). Schon Nachmittags zogen die Bürger, mit Gewehren aus dem
dem Zeughauſe, auf die Schloßwache. Jetzt iſt die Stadt erleuchtet,
alles jubelt! Möge kein Unfall dieſe Freude ſo ſtören wie die geſtrige.

Das Eigenthum iſt überall verſchont
worden, nur Wagen, Tonnen und Utenſtlien ähnlicher Art hat man
überall weggenommen zu den hohen aufs kunſtgerechteſte conſtruirten
und mit neuen tiefen Gräben verſehenen Barricaden. Auch fanden es
die Schenkwirthe für gut dem Volke unentgeltlich Getränke zu reichen.
Dagegen blieben die Laternen ſowie die Eiſenbahnen unangetaſtet. Zwei
Caſernen ſind in Brand geſteckt worden. Wir haben das heiterſte Wet-
ter. Die ganze Nacht war heller Mondſchein. Viele Menſchen ſind
geblieben. Aüs einem einzigen Hauſe in der Leipzigerſtraße trug man
dieſen Morgen 26 todte Soldaten, aus einem andern 20 Studenten, die
hier ſämmtlich von den eindringenden Soldaten niedergeſtochen worden
waren, nachdem ſie aus dem Hauſe auf die Soldaten lebhaft gefeuert
hatten. Die dreifarbige deutſche Cocarde iſt aufgetaucht, von Republik
aber nicht die Rede.

Unſere Revolution
ſcheint beendigt. Nach einem ſiebenſtündigen mörderiſchen Flinten-
und Kartätſchenfeuer, wodurch auf beiden Seiten ſchwere Verluſte her-
beigeführt und ein großer Schaden in den Straßen angerichtet ward, ha-
ben wir heute folgende Reſultate mitzutheilen: 1) Preßfreiheit, 2) Ein-
berufung des Vereinigten Landtags auf den 2 April, 3) Volksbewaffnung,
4) neues Miniſterium, 5) Zurückziehung des Militärs aus den Stra-
ßen. Alle zum Theil ans Unglaubliche ſtreifenden Details morgen. Eine
ungeheure Menſchenſchaar wogt durch die Straßen, und eine proviſo-
riſche Bürgerwache bezieht gemeinſchaftlich mit dem Militär die Wach-
poſten. Die Schützengilde, welche ſich in der Revolutionsnacht am
tapferſten gehalten, genießt heute das Vertrauen das Schloß zu be-
hüten. Das neue Miniſterium enthält den Grafen v. Arnim als Mi-
niſter des Auswärtigen, den Landtagsabgeordneten Grafen v. Schwe-
rin als Miniſter des Cultus, den Abg. Landrath v. Auerswald als Mi-
niſter des Innern, ſo daß dafür Eichhorn, Bodelſchwingh und Canitz
ausſcheiden, die Juſtizminiſter Uhden und Savigny, ſo wie der Kriegs-
miniſter Roher bleiben vorläufig. Alles genauere morgen; die furcht-
bare Erſchöpfung dieſes Tags übt auch auf Ihren Referenten ihr Recht.
Es wird allgemein illuminirt.

Seit Nachmittag iſt alles
vom Grunde aus zu Gunſten der Volkswünſche geändert! Das Miniſte-
rium iſt entlaſſen. Auch die Bürgerbewaffnung iſt Nachmittags be-
willigt und ſofort zur Ausführung geſchritten worden. Das Schloß,
die Hauptwache, die Paläſte der Prinzen ſind von Bürgern bewacht,
und eben ſolche machen zur Sicherheit die Runde durch die Stadt!
Welche Veränderung ſeit einigen Stunden! Die Mittagsſonne be-
[Spaltenumbruch] leuchtete noch die Bajonnette einer Armee von Soldaten, und jetzt ſind
die Soldaten wie verſchwunden. Nur hie und da ſteht man noch
einen neben den Bürgerwachen, gleichſam als eine Antiquität im Hauſe der
Fürſten. Wenn wir die verſchiedenartigſten Umwälzungen ſeit Mittag
betrachten, ſo ſchwebt vieles wie ein Traum uns vor. Der als Pöbel ver-
ſchriene Theil der Berliner Bevölkerung focht heldenmäßig, die als zahm
verſchrienen Studenten waren entſchloſſene, kühne und geſchickte Anfüh-
rer, die junkerſchaftlichen Häuptlinge der Armee ſind gedemüthigt, und die
Wünſche des Volks ſind befriedigt, und das alles nachdem die Truppen eine
ganze Nacht hindurch gemetzelt und geſtegt haben! Die hartnäckigen
Rathgeber der Krone mögen es verantworten daß ſie noch vor dem Thor-
ſchluſſe des Abſolutismus, nachdem ſelbſt Oeſterreich ſoviel vorgerückt
war, mit dem Degen in der Hand einen Abgrund zwiſchen der Regierung
und dem Volke gruben, der aber noch rechtzeitig durch die Weisheit des
Königs ausgefüllt wird. Nächſt den Miniſtern gehen mehrere hohe
Beamte aus ihrem jetzigen Wirkungskreiſe, und auch der Polizeipräſident
v. Minutoli, der ſich unermüdlich gezeigt, und der nicht aufgehört haben
ſoll von Gewaltsmaßregeln abzurathen, will freiwillig ausſcheiden. Eine
weit weniger ruhmvolle Energie ſagt man unſerm Oberbürgermeiſter
Krausnick nach, und ſein Abtreten wird ſchwerlich umgangen werden
können.

* Der vorſtehende Brief iſt der letzte den wir — heute früh 9 Uhr —
aus Berlin erhielten. Zwar ſagt die obige Leipziger Correſpondenz
vom 20 März, die Waffenruhe ſey wieder gebrochen worden, und
der Hr. Correſpondent fügte die Notiz bei, ein Gerücht ſey verbreitet
der König ſey auf der Flucht erſchoſſen worden, aber er bemerkte zugleich
das Gerücht finde keinen Glauben. Leipz. Blätter hatten dasſelbe Gerücht
erwähnt, ihre Daten aber ſind nicht ſo neu als unſere Berliner Berichte
— mindeſtens um 12 bis 15 Stunden älter — daher wir ſie als ent-
ſchieden ſalſch betrachten können. Sollte die heute Nachmittag ein-
treffende neue Berliner Poſt etwas von Bedeutung bringen, ſo werden
wir es unſern Leſern durch ein Extrablatt mittheilen; erſcheint keines,
ſo dürfen ſie dieß als glückliche Beſtätigung betrachten daß jene Un-
glückskunde eine irrige iſt, wie wir ſchon jetzt mit Sicherheit annehmen.

Geſtern haben hier abermals, ohne weitere
Veranlaſſung, die Cuiraſſiere auf eine Schaar von Bürgern ſcharf ein-
gehauen und mehrere verwundet. Die Erbitterung iſt groß. Die Für-
ſtin v. Metternich iſt in Breslau am 15 d. angekommen. (D. Z.)

Die Hamb. Börſenh. meldet: „Einer uns ſo eben zugehenden
Mittheilung aus Königsberg vom 14 März zufolge hat dort am 13
Abends ein Angriff des Volkes auf das Polizeigebäude ſtattgehabt, wel-
ches demolirt worden iſt. Die Menge wurde endlich durch eine heran-
ſprengende Cuiraſſterabtheilung auseinandergetrieben, wobei mehrere
vom Volke Verwundungen erhielten. Einer der Verwundeten iſt ge-
ſtorben. Die Aufregung in der Stadt war ſehr groß und ließ noch ern-
ſteres befürchten.“

Der geſtrige Tag war für uns von der
höchſten Wichtigkeit und hätte leicht bedenkliche Folgen nach ſich ziehen
können wenn unſere Bürgerſchaft, die polniſche ſowohl wie die deutſche,
nicht eine durchaus beſonnene Haltung behauptet hätte. Es war näm-
lich im Publicum bekannt geworden daß in der Stadtverordnetenver-
ſammlung der Antrag geſtellt werden ſolle: eine Adreſſe mit den Wün-
ſchen der Stadt Poſen an Se. Maj. den König zu richten. Ein überaus
zahlreiches Auditorium hatte ſich in Folge deſſen eingefunden. Der Vor-
ſteher, von ſeiner Befugniß Gebrauch machend, verwandelte die Sitzung
bald in eine geheime. Nach einſtündiger Discuſſion, die mit großer
Lebhaftigkeit geführt worden ſeyn ſoll, ſtellte ſich das gewiß den meiſten
unerwartete Reſultat heraus daß unter 24 Anweſenden nur 3 ſich für,
21 dagegen gegen eine Adreſſe erklärten. — Weil ſich noch immer eine
Menge fremde Emiſſäre unter dem Titel von Privatlehrern in unſerm
Großherzogthum aufhalten und hier böſe Saat ausſtreuen, ſo hat unſere
Regierung ſich veranlaßt geſehen heute eine Bekanntmachung zu er-
laſſen, wonach alle Privatlehrer, Erzieher, Erzieherinnen ꝛc. einer be-
ſondern Erlaubniß bedürfen.

Oeſterreich.

Das kaiſ. Patent über Preß-
freiheit mit der Verkündung einer Conſtitution für die geſammte Mon-
archie hat hier die freudigſte Bewegung hervorgerufen. Man ſchien ſie uns
anfänglich auf eine Weile vorenthalten zu wollen, wahrſcheinlich um damit
von Seite des Präſidiums der Landesſtelle eine anerkennende und pflichtge-

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[1318/0006] kel anbrach, und der Mond über die Dächer heraufſtieg, ſeinen bleichen Schein auf die Kämpfer werfend. Am hartnäckigſten ſcheint die Schlacht auf der Friedrichsſtadt, und in der breiten Straße getobt zu haben. Von der letztern war ich Augenzeuge. Von 7 Uhr bis nach Mitternacht rück- ten abwechſelnd Infanteriebataillone und Artillerie vor, um die Barri- cade am Schluß der Straße zu erobern. Sie wurde mit unglaublicher Beharrlichkeit vertheidigt. Die Bürger trugen den Kämpfern Munition und Eßwaaren zu, brachten ihnen Wein und andere Getränke. Düſter war dagegen die Haltung der Truppen, die mit männlicher Tapferkeit, aber mit tiefem innern Schmerz ihre bittere Beſtimmung erfüllten! Ge- gen dreißig Barricaden hatten ſie erſtürmt. Doch das Volk war uner- müdlich. Endlich nach der ſchreckenvollen Nacht brach der blaße Morgen an. Die Ermattung hatte einen Waffenſtillſtand herbeigeführt, man verkehrte wieder in den Straßen und ſah die Kämpfer beider Parteien. Was nur möglich war, wurde jetzt angewendet um den König dahin zu beſtimmen die Truppen zurückzuziehen, und durch dieſen Beweis des Ver- trauens das Volk zu beſtimmen auch ſeinerſeits die Barricaden niederzu- reißen. Endlich gegen 11 Uhr Mittags entſchloß ſich der Monarch dazu. Alle Truppen mußten den Kampfplatz verlaſſen, die fremden ſogar die Stadt. Officiere, von Bürgerdeputirten begleitet, ritten durch die ganze Stadt, und verkündeten den Frieden. Nun Jubel, gemiſcht mit Jammer und Grauen! Die Leichen wurden durch die Stadt getragen, und ſämmt- lich ins Schloß ſelbſt gebracht daß der König ſie ſehen ſollte! Jetzt folgte aber auch Bewilligung auf Bewilligung, insbeſondere Bürgerbewaffnung und verändertes Miniſterium (Graf Schwerin, Graf Arnim, Hr. v. Auerswald ſind eingetreten, Beckerath und Camphauſen hofft man noch). Schon Nachmittags zogen die Bürger, mit Gewehren aus dem dem Zeughauſe, auf die Schloßwache. Jetzt iſt die Stadt erleuchtet, alles jubelt! Möge kein Unfall dieſe Freude ſo ſtören wie die geſtrige. ⁑ Berlin, 19 März. Mittag.Das Eigenthum iſt überall verſchont worden, nur Wagen, Tonnen und Utenſtlien ähnlicher Art hat man überall weggenommen zu den hohen aufs kunſtgerechteſte conſtruirten und mit neuen tiefen Gräben verſehenen Barricaden. Auch fanden es die Schenkwirthe für gut dem Volke unentgeltlich Getränke zu reichen. Dagegen blieben die Laternen ſowie die Eiſenbahnen unangetaſtet. Zwei Caſernen ſind in Brand geſteckt worden. Wir haben das heiterſte Wet- ter. Die ganze Nacht war heller Mondſchein. Viele Menſchen ſind geblieben. Aüs einem einzigen Hauſe in der Leipzigerſtraße trug man dieſen Morgen 26 todte Soldaten, aus einem andern 20 Studenten, die hier ſämmtlich von den eindringenden Soldaten niedergeſtochen worden waren, nachdem ſie aus dem Hauſe auf die Soldaten lebhaft gefeuert hatten. Die dreifarbige deutſche Cocarde iſt aufgetaucht, von Republik aber nicht die Rede. — Berlin, 19 März. Abends 6 Uhr.Unſere Revolution ſcheint beendigt. Nach einem ſiebenſtündigen mörderiſchen Flinten- und Kartätſchenfeuer, wodurch auf beiden Seiten ſchwere Verluſte her- beigeführt und ein großer Schaden in den Straßen angerichtet ward, ha- ben wir heute folgende Reſultate mitzutheilen: 1) Preßfreiheit, 2) Ein- berufung des Vereinigten Landtags auf den 2 April, 3) Volksbewaffnung, 4) neues Miniſterium, 5) Zurückziehung des Militärs aus den Stra- ßen. Alle zum Theil ans Unglaubliche ſtreifenden Details morgen. Eine ungeheure Menſchenſchaar wogt durch die Straßen, und eine proviſo- riſche Bürgerwache bezieht gemeinſchaftlich mit dem Militär die Wach- poſten. Die Schützengilde, welche ſich in der Revolutionsnacht am tapferſten gehalten, genießt heute das Vertrauen das Schloß zu be- hüten. Das neue Miniſterium enthält den Grafen v. Arnim als Mi- niſter des Auswärtigen, den Landtagsabgeordneten Grafen v. Schwe- rin als Miniſter des Cultus, den Abg. Landrath v. Auerswald als Mi- niſter des Innern, ſo daß dafür Eichhorn, Bodelſchwingh und Canitz ausſcheiden, die Juſtizminiſter Uhden und Savigny, ſo wie der Kriegs- miniſter Roher bleiben vorläufig. Alles genauere morgen; die furcht- bare Erſchöpfung dieſes Tags übt auch auf Ihren Referenten ihr Recht. Es wird allgemein illuminirt. * Berlin, 19 März, Abends 9 Uhr.Seit Nachmittag iſt alles vom Grunde aus zu Gunſten der Volkswünſche geändert! Das Miniſte- rium iſt entlaſſen. Auch die Bürgerbewaffnung iſt Nachmittags be- willigt und ſofort zur Ausführung geſchritten worden. Das Schloß, die Hauptwache, die Paläſte der Prinzen ſind von Bürgern bewacht, und eben ſolche machen zur Sicherheit die Runde durch die Stadt! Welche Veränderung ſeit einigen Stunden! Die Mittagsſonne be- leuchtete noch die Bajonnette einer Armee von Soldaten, und jetzt ſind die Soldaten wie verſchwunden. Nur hie und da ſteht man noch einen neben den Bürgerwachen, gleichſam als eine Antiquität im Hauſe der Fürſten. Wenn wir die verſchiedenartigſten Umwälzungen ſeit Mittag betrachten, ſo ſchwebt vieles wie ein Traum uns vor. Der als Pöbel ver- ſchriene Theil der Berliner Bevölkerung focht heldenmäßig, die als zahm verſchrienen Studenten waren entſchloſſene, kühne und geſchickte Anfüh- rer, die junkerſchaftlichen Häuptlinge der Armee ſind gedemüthigt, und die Wünſche des Volks ſind befriedigt, und das alles nachdem die Truppen eine ganze Nacht hindurch gemetzelt und geſtegt haben! Die hartnäckigen Rathgeber der Krone mögen es verantworten daß ſie noch vor dem Thor- ſchluſſe des Abſolutismus, nachdem ſelbſt Oeſterreich ſoviel vorgerückt war, mit dem Degen in der Hand einen Abgrund zwiſchen der Regierung und dem Volke gruben, der aber noch rechtzeitig durch die Weisheit des Königs ausgefüllt wird. Nächſt den Miniſtern gehen mehrere hohe Beamte aus ihrem jetzigen Wirkungskreiſe, und auch der Polizeipräſident v. Minutoli, der ſich unermüdlich gezeigt, und der nicht aufgehört haben ſoll von Gewaltsmaßregeln abzurathen, will freiwillig ausſcheiden. Eine weit weniger ruhmvolle Energie ſagt man unſerm Oberbürgermeiſter Krausnick nach, und ſein Abtreten wird ſchwerlich umgangen werden können. * Der vorſtehende Brief iſt der letzte den wir — heute früh 9 Uhr — aus Berlin erhielten. Zwar ſagt die obige Leipziger Correſpondenz vom 20 März, die Waffenruhe ſey wieder gebrochen worden, und der Hr. Correſpondent fügte die Notiz bei, ein Gerücht ſey verbreitet der König ſey auf der Flucht erſchoſſen worden, aber er bemerkte zugleich das Gerücht finde keinen Glauben. Leipz. Blätter hatten dasſelbe Gerücht erwähnt, ihre Daten aber ſind nicht ſo neu als unſere Berliner Berichte — mindeſtens um 12 bis 15 Stunden älter — daher wir ſie als ent- ſchieden ſalſch betrachten können. Sollte die heute Nachmittag ein- treffende neue Berliner Poſt etwas von Bedeutung bringen, ſo werden wir es unſern Leſern durch ein Extrablatt mittheilen; erſcheint keines, ſo dürfen ſie dieß als glückliche Beſtätigung betrachten daß jene Un- glückskunde eine irrige iſt, wie wir ſchon jetzt mit Sicherheit annehmen. Breslau, 17 März.Geſtern haben hier abermals, ohne weitere Veranlaſſung, die Cuiraſſiere auf eine Schaar von Bürgern ſcharf ein- gehauen und mehrere verwundet. Die Erbitterung iſt groß. Die Für- ſtin v. Metternich iſt in Breslau am 15 d. angekommen. (D. Z.) Die Hamb. Börſenh. meldet: „Einer uns ſo eben zugehenden Mittheilung aus Königsberg vom 14 März zufolge hat dort am 13 Abends ein Angriff des Volkes auf das Polizeigebäude ſtattgehabt, wel- ches demolirt worden iſt. Die Menge wurde endlich durch eine heran- ſprengende Cuiraſſterabtheilung auseinandergetrieben, wobei mehrere vom Volke Verwundungen erhielten. Einer der Verwundeten iſt ge- ſtorben. Die Aufregung in der Stadt war ſehr groß und ließ noch ern- ſteres befürchten.“ * Poſen, 16 März.Der geſtrige Tag war für uns von der höchſten Wichtigkeit und hätte leicht bedenkliche Folgen nach ſich ziehen können wenn unſere Bürgerſchaft, die polniſche ſowohl wie die deutſche, nicht eine durchaus beſonnene Haltung behauptet hätte. Es war näm- lich im Publicum bekannt geworden daß in der Stadtverordnetenver- ſammlung der Antrag geſtellt werden ſolle: eine Adreſſe mit den Wün- ſchen der Stadt Poſen an Se. Maj. den König zu richten. Ein überaus zahlreiches Auditorium hatte ſich in Folge deſſen eingefunden. Der Vor- ſteher, von ſeiner Befugniß Gebrauch machend, verwandelte die Sitzung bald in eine geheime. Nach einſtündiger Discuſſion, die mit großer Lebhaftigkeit geführt worden ſeyn ſoll, ſtellte ſich das gewiß den meiſten unerwartete Reſultat heraus daß unter 24 Anweſenden nur 3 ſich für, 21 dagegen gegen eine Adreſſe erklärten. — Weil ſich noch immer eine Menge fremde Emiſſäre unter dem Titel von Privatlehrern in unſerm Großherzogthum aufhalten und hier böſe Saat ausſtreuen, ſo hat unſere Regierung ſich veranlaßt geſehen heute eine Bekanntmachung zu er- laſſen, wonach alle Privatlehrer, Erzieher, Erzieherinnen ꝛc. einer be- ſondern Erlaubniß bedürfen. Oeſterreich. ☉ Innsbruck, 20 März.Das kaiſ. Patent über Preß- freiheit mit der Verkündung einer Conſtitution für die geſammte Mon- archie hat hier die freudigſte Bewegung hervorgerufen. Man ſchien ſie uns anfänglich auf eine Weile vorenthalten zu wollen, wahrſcheinlich um damit von Seite des Präſidiums der Landesſtelle eine anerkennende und pflichtge-

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 83, 23. März 1848, S. 1318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine83_1848/6>, abgerufen am 21.11.2024.