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Allgemeine Zeitung, Nr. 84, 24. März 1848.

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[Spaltenumbruch] gelegt; in Folge des auf dem Land kundgemachten Standrechtes sollen
bereits 10 Hinrichtungen stattgesunden haben. Die größten Unord-
nungen fielen in Ortschaften vor wo Fabriken vorhanden waren. Gra-
nichstättens große Fabrik in Sechshaus ward von Grund aus zerstört,
alles darin befindliche vernichtet, verbrannt. Umsonst hatte die Frau
des Fabricanten dem wüthenden Pöbel 10,000 fl. zur alsbaldigen Ver-
theilung unter sich angeboten damit sie von der begonnenen Verwüstung
abstünden. Es wurde, wie es heißt, bei dieser Gelegenheit nichts ge-
raubt, sondern nur zerstört. Fürst v. Metternich soll sich gegenwärtig
auf einem Landgut in der Nähe der mährischen Gränze befinden. Wir
sind weit entfernt das von ihm repräsentirte System in Vertheidigung
zu nehmen, aber eines moralischen Ekels können wir uns nicht entweh-
ren wenn wir sehen daß anmaßende, sonst ganz talentlose Leute die der
Gunst des Fürsten alles was sie sind verdanken, nunmehr sich gerade
als seine wüthendsten Feinde gebärden und sich nicht entblöden in tol-
len Schmähschriften ihre Undankbarkeit, ihre Gemeinheit vor den Augen
der ganzen Welt zur Schau zu stellen. -- Heute wird die Danksagungs-
deputation der böhmischen Stände hier erwartet; ich höre, sie werde erst
morgen eintreffen. Manche befürchten sie könnte Veranlassung geben
zu neuen unruhigen Auftritten: Zu diesen Besorgnissen scheint mir
aber durchaus kein Grund vorhanden zu seyn.

Laut heutiger officieller Kundmachung in
der Wiener Zeitung ist der allgemein geachtete bisherige Staats- und
Conferenzminister Graf v. Kolowrat (provisorisch) zum Minister. Prä-
sidenten, Graf Fiquelmont zum Minister der auswärtigen Angelegen-
heiten und des Hauses, Frhr. v. Pillersdorf zum Minister des In-
nern, Graf Taaffe zum Minister der Justiz, und Baron Kübeck zum
Minister der Finanzen ernannt. (Die Nachricht vom Eintritt des Gra-
fen Franz Stadion war also leider eine irrige.) Die Ernennung des
Ministers des Kriegs hat sich Se. Majestät noch vorbehalten. Die Mei-
nung oder vielmehr Befürchtung daß die dießfällige Wahl auf den Für-
sten Windischgrätz fallen könnte, scheint bei der Unpopularität desselben
unter den jetzigen Umständen kaum begründet. So eben erfahre ich
daß unser hochherziger Kaiser mittelst eines eigenen Handbillets allen
politisch Verurtheilten in Oesterreich vollkommene Amnestie angedeihen
ließ. Gewiß die schönste Bestegelung des innigen Bundes zwischen Volk
und Herrscher! -- Heute ist endlich auch das k. k. Hofburgtheater geöff-
net worden. Aus Berlin fehlen uns gestern und heute die Nachrichten,
und es circuliren die beunruhigendsten Gerüchte über sehr blutige Auf-
tritte daselbst.

Wir haben schon bemerkt daß bei der ver-
änderten Politik der Monarchie dieselbe in eine viel engere Beziehung
zu der deutschen Nationalpolitik treten werde, als dieß früher der Fall
seyn konnte. Der neue Minister der auswärtigen Angelegenheiten,
Graf Ficquelmont hat, kaum ins Amt getreten, in dieser Beziehung schon
einen entschiedenen Schritt bei den andern deutschen Regierungen ge-
than, der darauf hinzielt die deutschen Interessen auf alle mögliche Weise
zu concentriren, und im Geiste der freiesten Discussion zu ordnen.

Oesterreichische Monarchie.

In der gestrigen Sitzung der Depu-
tirtentafel war bereits der Ministerpräsident Graf Ludwig Batthyanyi
anwesend und nahm an den Verhandlungen theil. Kossuth forderte
die Stände zu schnellen Maßregeln auf, damit in dieser bewegten Zeit
der Zustand des Landes gesichert und die öffentliche Ruhe aufrechter-
halten werde. Er ist überzeugt daß die gegenwärtige Deputirtentafel
nicht mehr die Kasten repräsentirt, und daß die Mission des Reichstags
nur solange dauern kann bis die Vertreter des ganzen Landes in Pesth
einberufen und die Verantwortlichkeit und der Wirkungskreis des
neu zu begründenden Ministeriums gesetzlich bestimmt sind. Der
Redner beantragt daher daß von diesem Augenblick an alle einzelnen
Mitglieder der Ständetafel, nämlich die bisherigen Reprä-
sentanten der Comitate, der Städte und der geistlichen Ca-
pitel persönliches Stimmrecht besitzen sollen.
Dieser Antrag
sowie der Vorschlag desselben Deputirten: daß sich die Deputirten-
tafel für permanent erklären soll, wurden einstimmig ange-
nommen.
Hierauf wurden diese sowie die beiden andern Gesetzvor-
schläge: daß fortan alle Steuern und öffentlichen Lasten von allen Ein-
wohnern Ungarns gleichmäßig getragen werden, sowie daß nach Ver-
kündigung dieses Gesetzes alle Urbariallasten und bäuerlichen Giebig-
keiten sowie die geistlichen Zehnten aufhören und die Grundbesitzer auf
Kosten des Staats entschädigt werden sollen, in der Reichssitzung authen-
[Spaltenumbruch] tificirt. Außerdem wurde beschlossen über die Ereignisse und Beschlüsse
der letzten Tage eine öffentliche Erklärung an das Land zu richten, dann
Se. Majestät in einer unterthänigsten Repräsentation zu bitten den
siebenbürgischen Landtag unverzüglich einzuberufen, damit dem nächsten
Reichstag ein vollständiger Vorschlag über die Vereinigung der beiden
Schwesterländer vorgelegt werden könne, und außerdem in einer be-
sondern Adresse Se. Majestät um Ertheilung einer vollständigen
Amnestie für die politischen Gefangenen aus Polen und Italien zu
bitten. Die Magnatentafel, welche gleichfalls fortwährend Sitzung
hält, trat allen diesen Beschlüssen einstimmig bei. Graf Szechen er-
klärte im Namen der Conservativen daß er und seine Meinungsgenossen
bei dem gegenwärtigen Zustand des Landes, ohne ihren Principien un-
getreu zu werden, den Beschlüssen der Deputirten nicht bloß mit Selbst-
verläugnung, sondern mit Begeisterung beitreten. Die Bischöfe erboten
sich ebenso wie die Capitelsdeputirten in der Ständetafel ohne alle Ent-
schädigung dem Zehnt zu entsagen, nur daß das Ministerium einen
Vorschlag zur Erhaltung jener Seelsorger machen möge, deren Ein-
künfte bisher hauptsächlich im Zehnt bestanden. In der Fortsetzung der
Deputirtensitzung erklärte Kossuth daß er keineswegs eine Vernichtung
oder Erschütterung des Adels in Ungarn beabsichtige, welches ohne Ge-
fährdung des Vaterlandes nicht ausführbar wäre, sondern er und seine
Partei wolle nur dem Volke die Freiheit wiedergeben und seine Inter-
essen mit denen des Adels vereinigen. Alle diese Beschlüsse wurden so-
gleich durch eine große Reichstagsdeputation nach Pesth gebracht, wo
auf den heutigen Tag eine große Volksversammlung auf dem Felde
Rakos angesagt war. So wäre denn die sechshundertjährige
ungarische Feudalverfassung
durch eine außerordentliche Ver-
kettung von Umständen binnen einigen Tagen von Grund aus um-
gewälzt und in die neuzeitliche Form der Volksvertretung
und des Constitutionalismus umgewandelt worden!
Es ist
zu hoffen und zu erwarten daß der Mann der jetzt das Ruder der unga-
rischen Regierung ergriffen, seiner ungeheuren Aufgabe gewachsen seyn
und mit dem Beistande aller Parteien und getragen von den Sympathien
der gebildeten Welt die begonnene friedliche Revolution glücklich voll-
enden, und Ungarn auf den Standpunkt erheben wird der ihm in der
Staatenfamilie Europa's von Natur aus gebührt. Das Ministerium
ist bis jetzt noch nicht gebildet; Graf Batthyanyi will erst die Ankunft
und den Rath des gefeierten Deak erwarten. Kossuth weigert sich stand-
haft ein Ministerportefeuille anzunehmen, und will abermals an die
Spitze eines großen Journalunternehmens treten. In einer neuen
Version nennt man den genialen Bischof Lonovics als Minister-
candidaten für den Cultus und die Volkserziehung. Dieser hochherzige
Prälat soll dem Grafen Batthyanyi seine Zustimmung zu der von dem-
selben angeblich beabsichtigten Säcularisation der geistlichen
Güter
gegeben haben. Der Landtag wird nur noch einige Tage
dauern und sich vorzüglich mit Errichtung und Organisirung einer
allgemeinen Wehrverfassung und Nationalgarde beschäftigen. Er wird
sodann aufgelöst und im Sommer nach dem neuen Wahlprincip in
Pesth zusammenberufen.

(über Breslau) meldet die Deutsche Ztg. daß
die Stadt Krakau in Aufstand begriffen sey und die Republik verkündigt
habe. Es seyen 15,000 Insurgenten beisammen. Wir selbst erhalten
eben von zuverlässiger Hand aus Krakau vom 18 März einen Bericht,
wonach dort auf die Kunde von den Ereignissen in Wien die Freilassung der
politischen Gefangenen verlangt und von den Behörden -- gegen Aus-
stellung eines Reverses sich auf Verlangen vor den Gerichten zu stellen
-- gewährt worden -- am 17. Abends war die ganze Stadt beleuchtet.
Am 18 Tedeum und großer Jubel über die Verkündigung der Consti-
tution. Doch habe auch große Aufregung geherrscht und man sey nicht
ohne Besorgniß gewesen.

Großbritannien.

Heute Nachmittags saß wieder ein Cabinetsrath auf dem auswärn-
gen Amte, was seit den Pariser Ereignissen beinahe täglich der Fall ist.
Die Admiralität hat den Hafenbehörden in Portsmouth und Plymouth
befohlen Schiffe zur Aufnahme nothleidender brittischer Unterthanen in
Bereitschaft zu halten, welche Frankreich zu verlassen in Folge der dorti-
gen Revolution genöthigt seyn möchten. Zwei rasirte Fregatten werden
nun zu diesem Zweck eingerichtet, und an die französische Küste sind einige
Dampfboote abgegangen. Die für die vertriebenen Arbeiter eröffnete
Geldsammlung liefert reichlichen Ertrag; die Königin und Prinz Albert

[Spaltenumbruch] gelegt; in Folge des auf dem Land kundgemachten Standrechtes ſollen
bereits 10 Hinrichtungen ſtattgeſunden haben. Die größten Unord-
nungen fielen in Ortſchaften vor wo Fabriken vorhanden waren. Gra-
nichſtättens große Fabrik in Sechshaus ward von Grund aus zerſtört,
alles darin befindliche vernichtet, verbrannt. Umſonſt hatte die Frau
des Fabricanten dem wüthenden Pöbel 10,000 fl. zur alsbaldigen Ver-
theilung unter ſich angeboten damit ſie von der begonnenen Verwüſtung
abſtünden. Es wurde, wie es heißt, bei dieſer Gelegenheit nichts ge-
raubt, ſondern nur zerſtört. Fürſt v. Metternich ſoll ſich gegenwärtig
auf einem Landgut in der Nähe der mähriſchen Gränze befinden. Wir
ſind weit entfernt das von ihm repräſentirte Syſtem in Vertheidigung
zu nehmen, aber eines moraliſchen Ekels können wir uns nicht entweh-
ren wenn wir ſehen daß anmaßende, ſonſt ganz talentloſe Leute die der
Gunſt des Fürſten alles was ſie ſind verdanken, nunmehr ſich gerade
als ſeine wüthendſten Feinde gebärden und ſich nicht entblöden in tol-
len Schmähſchriften ihre Undankbarkeit, ihre Gemeinheit vor den Augen
der ganzen Welt zur Schau zu ſtellen. — Heute wird die Dankſagungs-
deputation der böhmiſchen Stände hier erwartet; ich höre, ſie werde erſt
morgen eintreffen. Manche befürchten ſie könnte Veranlaſſung geben
zu neuen unruhigen Auftritten: Zu dieſen Beſorgniſſen ſcheint mir
aber durchaus kein Grund vorhanden zu ſeyn.

Laut heutiger officieller Kundmachung in
der Wiener Zeitung iſt der allgemein geachtete bisherige Staats- und
Conferenzminiſter Graf v. Kolowrat (proviſoriſch) zum Miniſter. Prä-
ſidenten, Graf Fiquelmont zum Miniſter der auswärtigen Angelegen-
heiten und des Hauſes, Frhr. v. Pillersdorf zum Miniſter des In-
nern, Graf Taaffe zum Miniſter der Juſtiz, und Baron Kübeck zum
Miniſter der Finanzen ernannt. (Die Nachricht vom Eintritt des Gra-
fen Franz Stadion war alſo leider eine irrige.) Die Ernennung des
Miniſters des Kriegs hat ſich Se. Majeſtät noch vorbehalten. Die Mei-
nung oder vielmehr Befürchtung daß die dießfällige Wahl auf den Für-
ſten Windiſchgrätz fallen könnte, ſcheint bei der Unpopularität desſelben
unter den jetzigen Umſtänden kaum begründet. So eben erfahre ich
daß unſer hochherziger Kaiſer mittelſt eines eigenen Handbillets allen
politiſch Verurtheilten in Oeſterreich vollkommene Amneſtie angedeihen
ließ. Gewiß die ſchönſte Beſtegelung des innigen Bundes zwiſchen Volk
und Herrſcher! — Heute iſt endlich auch das k. k. Hofburgtheater geöff-
net worden. Aus Berlin fehlen uns geſtern und heute die Nachrichten,
und es circuliren die beunruhigendſten Gerüchte über ſehr blutige Auf-
tritte daſelbſt.

Wir haben ſchon bemerkt daß bei der ver-
änderten Politik der Monarchie dieſelbe in eine viel engere Beziehung
zu der deutſchen Nationalpolitik treten werde, als dieß früher der Fall
ſeyn konnte. Der neue Miniſter der auswärtigen Angelegenheiten,
Graf Ficquelmont hat, kaum ins Amt getreten, in dieſer Beziehung ſchon
einen entſchiedenen Schritt bei den andern deutſchen Regierungen ge-
than, der darauf hinzielt die deutſchen Intereſſen auf alle mögliche Weiſe
zu concentriren, und im Geiſte der freieſten Discuſſion zu ordnen.

Oeſterreichiſche Monarchie.

In der geſtrigen Sitzung der Depu-
tirtentafel war bereits der Miniſterpräſident Graf Ludwig Batthyányi
anweſend und nahm an den Verhandlungen theil. Koſſuth forderte
die Stände zu ſchnellen Maßregeln auf, damit in dieſer bewegten Zeit
der Zuſtand des Landes geſichert und die öffentliche Ruhe aufrechter-
halten werde. Er iſt überzeugt daß die gegenwärtige Deputirtentafel
nicht mehr die Kaſten repräſentirt, und daß die Miſſion des Reichstags
nur ſolange dauern kann bis die Vertreter des ganzen Landes in Peſth
einberufen und die Verantwortlichkeit und der Wirkungskreis des
neu zu begründenden Miniſteriums geſetzlich beſtimmt ſind. Der
Redner beantragt daher daß von dieſem Augenblick an alle einzelnen
Mitglieder der Ständetafel, nämlich die bisherigen Reprä-
ſentanten der Comitate, der Städte und der geiſtlichen Ca-
pitel perſönliches Stimmrecht beſitzen ſollen.
Dieſer Antrag
ſowie der Vorſchlag desſelben Deputirten: daß ſich die Deputirten-
tafel für permanent erklären ſoll, wurden einſtimmig ange-
nommen.
Hierauf wurden dieſe ſowie die beiden andern Geſetzvor-
ſchläge: daß fortan alle Steuern und öffentlichen Laſten von allen Ein-
wohnern Ungarns gleichmäßig getragen werden, ſowie daß nach Ver-
kündigung dieſes Geſetzes alle Urbariallaſten und bäuerlichen Giebig-
keiten ſowie die geiſtlichen Zehnten aufhören und die Grundbeſitzer auf
Koſten des Staats entſchädigt werden ſollen, in der Reichsſitzung authen-
[Spaltenumbruch] tificirt. Außerdem wurde beſchloſſen über die Ereigniſſe und Beſchlüſſe
der letzten Tage eine öffentliche Erklärung an das Land zu richten, dann
Se. Majeſtät in einer unterthänigſten Repräſentation zu bitten den
ſiebenbürgiſchen Landtag unverzüglich einzuberufen, damit dem nächſten
Reichstag ein vollſtändiger Vorſchlag über die Vereinigung der beiden
Schweſterländer vorgelegt werden könne, und außerdem in einer be-
ſondern Adreſſe Se. Majeſtät um Ertheilung einer vollſtändigen
Amneſtie für die politiſchen Gefangenen aus Polen und Italien zu
bitten. Die Magnatentafel, welche gleichfalls fortwährend Sitzung
hält, trat allen dieſen Beſchlüſſen einſtimmig bei. Graf Széchen er-
klärte im Namen der Conſervativen daß er und ſeine Meinungsgenoſſen
bei dem gegenwärtigen Zuſtand des Landes, ohne ihren Principien un-
getreu zu werden, den Beſchlüſſen der Deputirten nicht bloß mit Selbſt-
verläugnung, ſondern mit Begeiſterung beitreten. Die Biſchöfe erboten
ſich ebenſo wie die Capitelsdeputirten in der Ständetafel ohne alle Ent-
ſchädigung dem Zehnt zu entſagen, nur daß das Miniſterium einen
Vorſchlag zur Erhaltung jener Seelſorger machen möge, deren Ein-
künfte bisher hauptſächlich im Zehnt beſtanden. In der Fortſetzung der
Deputirtenſitzung erklärte Koſſuth daß er keineswegs eine Vernichtung
oder Erſchütterung des Adels in Ungarn beabſichtige, welches ohne Ge-
fährdung des Vaterlandes nicht ausführbar wäre, ſondern er und ſeine
Partei wolle nur dem Volke die Freiheit wiedergeben und ſeine Inter-
eſſen mit denen des Adels vereinigen. Alle dieſe Beſchlüſſe wurden ſo-
gleich durch eine große Reichstagsdeputation nach Peſth gebracht, wo
auf den heutigen Tag eine große Volksverſammlung auf dem Felde
Rakos angeſagt war. So wäre denn die ſechshundertjährige
ungariſche Feudalverfaſſung
durch eine außerordentliche Ver-
kettung von Umſtänden binnen einigen Tagen von Grund aus um-
gewälzt und in die neuzeitliche Form der Volksvertretung
und des Conſtitutionalismus umgewandelt worden!
Es iſt
zu hoffen und zu erwarten daß der Mann der jetzt das Ruder der unga-
riſchen Regierung ergriffen, ſeiner ungeheuren Aufgabe gewachſen ſeyn
und mit dem Beiſtande aller Parteien und getragen von den Sympathien
der gebildeten Welt die begonnene friedliche Revolution glücklich voll-
enden, und Ungarn auf den Standpunkt erheben wird der ihm in der
Staatenfamilie Europa’s von Natur aus gebührt. Das Miniſterium
iſt bis jetzt noch nicht gebildet; Graf Batthyányi will erſt die Ankunft
und den Rath des gefeierten Deák erwarten. Koſſuth weigert ſich ſtand-
haft ein Miniſterportefeuille anzunehmen, und will abermals an die
Spitze eines großen Journalunternehmens treten. In einer neuen
Verſion nennt man den genialen Biſchof Lonovics als Miniſter-
candidaten für den Cultus und die Volkserziehung. Dieſer hochherzige
Prälat ſoll dem Grafen Batthyányi ſeine Zuſtimmung zu der von dem-
ſelben angeblich beabſichtigten Säculariſation der geiſtlichen
Güter
gegeben haben. Der Landtag wird nur noch einige Tage
dauern und ſich vorzüglich mit Errichtung und Organiſirung einer
allgemeinen Wehrverfaſſung und Nationalgarde beſchäftigen. Er wird
ſodann aufgelöst und im Sommer nach dem neuen Wahlprincip in
Peſth zuſammenberufen.

(über Breslau) meldet die Deutſche Ztg. daß
die Stadt Krakau in Aufſtand begriffen ſey und die Republik verkündigt
habe. Es ſeyen 15,000 Inſurgenten beiſammen. Wir ſelbſt erhalten
eben von zuverläſſiger Hand aus Krakau vom 18 März einen Bericht,
wonach dort auf die Kunde von den Ereigniſſen in Wien die Freilaſſung der
politiſchen Gefangenen verlangt und von den Behörden — gegen Aus-
ſtellung eines Reverſes ſich auf Verlangen vor den Gerichten zu ſtellen
— gewährt worden — am 17. Abends war die ganze Stadt beleuchtet.
Am 18 Tedeum und großer Jubel über die Verkündigung der Conſti-
tution. Doch habe auch große Aufregung geherrſcht und man ſey nicht
ohne Beſorgniß geweſen.

Großbritannien.

Heute Nachmittags ſaß wieder ein Cabinetsrath auf dem auswärn-
gen Amte, was ſeit den Pariſer Ereigniſſen beinahe täglich der Fall iſt.
Die Admiralität hat den Hafenbehörden in Portsmouth und Plymouth
befohlen Schiffe zur Aufnahme nothleidender brittiſcher Unterthanen in
Bereitſchaft zu halten, welche Frankreich zu verlaſſen in Folge der dorti-
gen Revolution genöthigt ſeyn möchten. Zwei raſirte Fregatten werden
nun zu dieſem Zweck eingerichtet, und an die franzöſiſche Küſte ſind einige
Dampfboote abgegangen. Die für die vertriebenen Arbeiter eröffnete
Geldſammlung liefert reichlichen Ertrag; die Königin und Prinz Albert

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[1335/0007] gelegt; in Folge des auf dem Land kundgemachten Standrechtes ſollen bereits 10 Hinrichtungen ſtattgeſunden haben. Die größten Unord- nungen fielen in Ortſchaften vor wo Fabriken vorhanden waren. Gra- nichſtättens große Fabrik in Sechshaus ward von Grund aus zerſtört, alles darin befindliche vernichtet, verbrannt. Umſonſt hatte die Frau des Fabricanten dem wüthenden Pöbel 10,000 fl. zur alsbaldigen Ver- theilung unter ſich angeboten damit ſie von der begonnenen Verwüſtung abſtünden. Es wurde, wie es heißt, bei dieſer Gelegenheit nichts ge- raubt, ſondern nur zerſtört. Fürſt v. Metternich ſoll ſich gegenwärtig auf einem Landgut in der Nähe der mähriſchen Gränze befinden. Wir ſind weit entfernt das von ihm repräſentirte Syſtem in Vertheidigung zu nehmen, aber eines moraliſchen Ekels können wir uns nicht entweh- ren wenn wir ſehen daß anmaßende, ſonſt ganz talentloſe Leute die der Gunſt des Fürſten alles was ſie ſind verdanken, nunmehr ſich gerade als ſeine wüthendſten Feinde gebärden und ſich nicht entblöden in tol- len Schmähſchriften ihre Undankbarkeit, ihre Gemeinheit vor den Augen der ganzen Welt zur Schau zu ſtellen. — Heute wird die Dankſagungs- deputation der böhmiſchen Stände hier erwartet; ich höre, ſie werde erſt morgen eintreffen. Manche befürchten ſie könnte Veranlaſſung geben zu neuen unruhigen Auftritten: Zu dieſen Beſorgniſſen ſcheint mir aber durchaus kein Grund vorhanden zu ſeyn. × Wien, 21 März.Laut heutiger officieller Kundmachung in der Wiener Zeitung iſt der allgemein geachtete bisherige Staats- und Conferenzminiſter Graf v. Kolowrat (proviſoriſch) zum Miniſter. Prä- ſidenten, Graf Fiquelmont zum Miniſter der auswärtigen Angelegen- heiten und des Hauſes, Frhr. v. Pillersdorf zum Miniſter des In- nern, Graf Taaffe zum Miniſter der Juſtiz, und Baron Kübeck zum Miniſter der Finanzen ernannt. (Die Nachricht vom Eintritt des Gra- fen Franz Stadion war alſo leider eine irrige.) Die Ernennung des Miniſters des Kriegs hat ſich Se. Majeſtät noch vorbehalten. Die Mei- nung oder vielmehr Befürchtung daß die dießfällige Wahl auf den Für- ſten Windiſchgrätz fallen könnte, ſcheint bei der Unpopularität desſelben unter den jetzigen Umſtänden kaum begründet. So eben erfahre ich daß unſer hochherziger Kaiſer mittelſt eines eigenen Handbillets allen politiſch Verurtheilten in Oeſterreich vollkommene Amneſtie angedeihen ließ. Gewiß die ſchönſte Beſtegelung des innigen Bundes zwiſchen Volk und Herrſcher! — Heute iſt endlich auch das k. k. Hofburgtheater geöff- net worden. Aus Berlin fehlen uns geſtern und heute die Nachrichten, und es circuliren die beunruhigendſten Gerüchte über ſehr blutige Auf- tritte daſelbſt. = Wien, 21 März.Wir haben ſchon bemerkt daß bei der ver- änderten Politik der Monarchie dieſelbe in eine viel engere Beziehung zu der deutſchen Nationalpolitik treten werde, als dieß früher der Fall ſeyn konnte. Der neue Miniſter der auswärtigen Angelegenheiten, Graf Ficquelmont hat, kaum ins Amt getreten, in dieſer Beziehung ſchon einen entſchiedenen Schritt bei den andern deutſchen Regierungen ge- than, der darauf hinzielt die deutſchen Intereſſen auf alle mögliche Weiſe zu concentriren, und im Geiſte der freieſten Discuſſion zu ordnen. Oeſterreichiſche Monarchie. * Preßburg, 19 März.In der geſtrigen Sitzung der Depu- tirtentafel war bereits der Miniſterpräſident Graf Ludwig Batthyányi anweſend und nahm an den Verhandlungen theil. Koſſuth forderte die Stände zu ſchnellen Maßregeln auf, damit in dieſer bewegten Zeit der Zuſtand des Landes geſichert und die öffentliche Ruhe aufrechter- halten werde. Er iſt überzeugt daß die gegenwärtige Deputirtentafel nicht mehr die Kaſten repräſentirt, und daß die Miſſion des Reichstags nur ſolange dauern kann bis die Vertreter des ganzen Landes in Peſth einberufen und die Verantwortlichkeit und der Wirkungskreis des neu zu begründenden Miniſteriums geſetzlich beſtimmt ſind. Der Redner beantragt daher daß von dieſem Augenblick an alle einzelnen Mitglieder der Ständetafel, nämlich die bisherigen Reprä- ſentanten der Comitate, der Städte und der geiſtlichen Ca- pitel perſönliches Stimmrecht beſitzen ſollen. Dieſer Antrag ſowie der Vorſchlag desſelben Deputirten: daß ſich die Deputirten- tafel für permanent erklären ſoll, wurden einſtimmig ange- nommen. Hierauf wurden dieſe ſowie die beiden andern Geſetzvor- ſchläge: daß fortan alle Steuern und öffentlichen Laſten von allen Ein- wohnern Ungarns gleichmäßig getragen werden, ſowie daß nach Ver- kündigung dieſes Geſetzes alle Urbariallaſten und bäuerlichen Giebig- keiten ſowie die geiſtlichen Zehnten aufhören und die Grundbeſitzer auf Koſten des Staats entſchädigt werden ſollen, in der Reichsſitzung authen- tificirt. Außerdem wurde beſchloſſen über die Ereigniſſe und Beſchlüſſe der letzten Tage eine öffentliche Erklärung an das Land zu richten, dann Se. Majeſtät in einer unterthänigſten Repräſentation zu bitten den ſiebenbürgiſchen Landtag unverzüglich einzuberufen, damit dem nächſten Reichstag ein vollſtändiger Vorſchlag über die Vereinigung der beiden Schweſterländer vorgelegt werden könne, und außerdem in einer be- ſondern Adreſſe Se. Majeſtät um Ertheilung einer vollſtändigen Amneſtie für die politiſchen Gefangenen aus Polen und Italien zu bitten. Die Magnatentafel, welche gleichfalls fortwährend Sitzung hält, trat allen dieſen Beſchlüſſen einſtimmig bei. Graf Széchen er- klärte im Namen der Conſervativen daß er und ſeine Meinungsgenoſſen bei dem gegenwärtigen Zuſtand des Landes, ohne ihren Principien un- getreu zu werden, den Beſchlüſſen der Deputirten nicht bloß mit Selbſt- verläugnung, ſondern mit Begeiſterung beitreten. Die Biſchöfe erboten ſich ebenſo wie die Capitelsdeputirten in der Ständetafel ohne alle Ent- ſchädigung dem Zehnt zu entſagen, nur daß das Miniſterium einen Vorſchlag zur Erhaltung jener Seelſorger machen möge, deren Ein- künfte bisher hauptſächlich im Zehnt beſtanden. In der Fortſetzung der Deputirtenſitzung erklärte Koſſuth daß er keineswegs eine Vernichtung oder Erſchütterung des Adels in Ungarn beabſichtige, welches ohne Ge- fährdung des Vaterlandes nicht ausführbar wäre, ſondern er und ſeine Partei wolle nur dem Volke die Freiheit wiedergeben und ſeine Inter- eſſen mit denen des Adels vereinigen. Alle dieſe Beſchlüſſe wurden ſo- gleich durch eine große Reichstagsdeputation nach Peſth gebracht, wo auf den heutigen Tag eine große Volksverſammlung auf dem Felde Rakos angeſagt war. So wäre denn die ſechshundertjährige ungariſche Feudalverfaſſung durch eine außerordentliche Ver- kettung von Umſtänden binnen einigen Tagen von Grund aus um- gewälzt und in die neuzeitliche Form der Volksvertretung und des Conſtitutionalismus umgewandelt worden! Es iſt zu hoffen und zu erwarten daß der Mann der jetzt das Ruder der unga- riſchen Regierung ergriffen, ſeiner ungeheuren Aufgabe gewachſen ſeyn und mit dem Beiſtande aller Parteien und getragen von den Sympathien der gebildeten Welt die begonnene friedliche Revolution glücklich voll- enden, und Ungarn auf den Standpunkt erheben wird der ihm in der Staatenfamilie Europa’s von Natur aus gebührt. Das Miniſterium iſt bis jetzt noch nicht gebildet; Graf Batthyányi will erſt die Ankunft und den Rath des gefeierten Deák erwarten. Koſſuth weigert ſich ſtand- haft ein Miniſterportefeuille anzunehmen, und will abermals an die Spitze eines großen Journalunternehmens treten. In einer neuen Verſion nennt man den genialen Biſchof Lonovics als Miniſter- candidaten für den Cultus und die Volkserziehung. Dieſer hochherzige Prälat ſoll dem Grafen Batthyányi ſeine Zuſtimmung zu der von dem- ſelben angeblich beabſichtigten Säculariſation der geiſtlichen Güter gegeben haben. Der Landtag wird nur noch einige Tage dauern und ſich vorzüglich mit Errichtung und Organiſirung einer allgemeinen Wehrverfaſſung und Nationalgarde beſchäftigen. Er wird ſodann aufgelöst und im Sommer nach dem neuen Wahlprincip in Peſth zuſammenberufen. * Aus Krakau(über Breslau) meldet die Deutſche Ztg. daß die Stadt Krakau in Aufſtand begriffen ſey und die Republik verkündigt habe. Es ſeyen 15,000 Inſurgenten beiſammen. Wir ſelbſt erhalten eben von zuverläſſiger Hand aus Krakau vom 18 März einen Bericht, wonach dort auf die Kunde von den Ereigniſſen in Wien die Freilaſſung der politiſchen Gefangenen verlangt und von den Behörden — gegen Aus- ſtellung eines Reverſes ſich auf Verlangen vor den Gerichten zu ſtellen — gewährt worden — am 17. Abends war die ganze Stadt beleuchtet. Am 18 Tedeum und großer Jubel über die Verkündigung der Conſti- tution. Doch habe auch große Aufregung geherrſcht und man ſey nicht ohne Beſorgniß geweſen. Großbritannien. London, 18 März. Abends. Heute Nachmittags ſaß wieder ein Cabinetsrath auf dem auswärn- gen Amte, was ſeit den Pariſer Ereigniſſen beinahe täglich der Fall iſt. Die Admiralität hat den Hafenbehörden in Portsmouth und Plymouth befohlen Schiffe zur Aufnahme nothleidender brittiſcher Unterthanen in Bereitſchaft zu halten, welche Frankreich zu verlaſſen in Folge der dorti- gen Revolution genöthigt ſeyn möchten. Zwei raſirte Fregatten werden nun zu dieſem Zweck eingerichtet, und an die franzöſiſche Küſte ſind einige Dampfboote abgegangen. Die für die vertriebenen Arbeiter eröffnete Geldſammlung liefert reichlichen Ertrag; die Königin und Prinz Albert

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 84, 24. März 1848, S. 1335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine84_1848/7>, abgerufen am 21.11.2024.